Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 4 KR 1674/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2327/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass außergerichtliche Kosten des Klageverfahrens nicht zu erstatten sind. Auch außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Rückerstattung von Pflegegeld streitig.
Der am 1925 geborene Beklagte ist als früherer Postbeamter Mitglied der klagenden Postbeamtenkrankenkasse (PBeaKK), einer Sozialeinrichtung der früheren Bundespost in der Form einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Diese berechnet und zahlt zu Gunsten ihrer Mitglieder in Auftragsverwaltung Beihilfen nach den Beihilfevorschriften des Bundes. Privat pflegeversichert ist der Beklagte bei der Gemeinschaft privater Versicherungsunternehmen (GPV), für die nach außen die PBeaKK auftritt und im eigenen Namen den Beitragseinzug sowie die Leistungsfälle abwickelt. Der beamtenrechtliche Beihilfeanspruch des Beklagten beträgt 70 vom Hundert (v.H.), sein Anspruch aus der ergänzenden privaten Pflegepflichtversicherung (PV) 30 v.H. Grundlage des privaten PV-Vertrages zwischen dem Beklagten und der GPV sind die "Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegepflichtversicherung - Bedingungsteil - (MB/PPV 1996)", die in § 5 Abs. 1 Buchst. b regeln, dass eine Leistungspflicht nicht besteht, soweit versicherte Personen Entschädigungsleistungen wegen Pflegebedürftigkeit unmittelbar nach § 35 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) oder nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen, aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder aus öffentlichen Kassen aufgrund gesetzlich geregelter Unfallversorgung oder Unfallfürsorge erhalten.
Beim Beklagten sind bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 v.H. Schädigungsfolgen im Sinne des BVG wie folgt anerkannt: 1. Hirnverletzung mit Hirnleistungsschwäche, 2. Zertrümmerung des linken Augapfels, 3. Zerstörung des rechten Sehnervs, 4. Fast völlige Herabsetzung des Geruchsvermögens durch Zerstörung der Geruchsnerven, 5. Hochgradige Schwerhörigkeit links, 6. Mittel- bis hochgradige Schwerhörigkeit rechts, 7. Verlust des linken Eckzahnes im Oberkiefer und des zweiten Schneidezahnes rechts oben, 8. Narben nach Stecksplitterverletzung im Bereich des Gesichts sowie des linken Beines und Fußes. Deshalb bezieht der Beklagte Beschädigtenversorgung einschließlich Pflegezulage nach § 35 BVG; diese wurde bereits bei Inkrafttreten des Pflege-Versicherungsgesetzes (PflegeVG) zum 01. Januar 1995 nach der Stufe VI gewährt.
Nachdem der Beklagte bei der Klägerin zuvor schon formlos Leistungen aus der PV geltend gemacht hatte, stellte er unter dem 25. September 1995 förmlich "Antrag auf Pflegeleistungen". In dem entsprechenden Formblatt der Klägerin machte er im Zusammenhang mit dem Text "Es bestehen (bzw. wurden beantragt) noch anderweitige Ansprüche wegen Pflegebedürftigkeit (ggf. welche? Z.B. nach dem Bundesversorgungsgesetz, aus gesetzlicher Unfallversicherung, privatrechtlicher Art?):", der mit "Ja" bzw. " Nein" zu kennzeichnen war, und zu dem weiteren Text "Art und Höhe der Ansprüche (ggf. Bitte Kopie des Anerkennungsbescheides bzw. Antrages beilegen):" keine Angaben. Zur Vorlage gelangte ferner die "Bescheinigung der Pflegebedürftigkeit durch den behandelnden Arzt" vom 25. September 1995, in der Dr. Ilg, Facharzt für Innere Medizin, auf die Frage nach anderweitigen Entschädigung des Pflegebedürftige angab, er glaube, dass der Beklagte noch Beihilfe durch die Landesblindenhilfe erhalte. Nachdem die Klägerin sich mit Leistungszusage vom 13. Oktober 1995 bereit erklärt hatte, im Hinblick auf die erwähnte Bescheinigung vorläufig sei 01. April 1995 Pflegegeld nach Pflegestufe III zu erbringen, sagte sie nach Vorlage des Gutachtens des Praktischen Arztes/Naturheilverfahren und Facharzt für Arbeitsmedizin Dr. M. vom 08. Februar 1996 mit Schreiben vom 08. März 1996 die Gewährung eines monatlichen Pflegegeldes aus der PV von DM 1.300 zu 30 v.H. zu. Entsprechend dieser Zusage zahlte die Klägerin dem Beklagten einschließlich der anteiligen Beihilfeleistungen monatlich Pflegegeld nach Pflegestufe III von insgesamt DM 1.300,00.
Unter dem 17. März 2000 erstattete Dr. G. im Rahmen einer Nachuntersuchung ein weiteres Gutachten zum Hilfebedarf des Beklagten, in dessen Folge die Klägerin ab April 2000 lediglich noch Leistungen nach Pflegestufe II in Höhe von insgesamt DM 800.00 gewährte (Leistungszusage vom 28. März 2000). Den in diesem Gutachten enthaltenen Hinweis auf eine Granatsplitterverletzung 1945 als Grund der Erblindung des Beklagten nahm die Klägerin zum Anlass, eine Auskunft beim früheren Versorgungsamt (VA) Rottweil wegen möglicherweise gezahlter Entschädigungsleistungen wegen Pflegebedürftigkeit einzuholen (Schreiben vom 03. August 2000). Mit am 14. August 2000 bei der Klägerin eingegangenem Schreiben vom 09. August 2000 teilte das VA Rottweil dann mit, dass der Beklagte seit Jahren eine Pflegezulage der Höchststufe VI beziehe, die ab 01. Juli 1994 DM 2.326,00 betragen und sich seither entsprechend den jährlichen Anpassungen weiter erhöht habe. Pflegegeld an den Beklagten hatte die Klägerin letztmals für den Monat Mai 2000 gezahlt.
Mit Schreiben vom 27. April 2001 wandte sich die Klägerin mit dem Hinweis an den Beklagten, er habe in der Zeit vom 01. April 1995 bis 31. Mai 2000 Leistungen wegen Pflegebedürftigkeit in Höhe von DM 79.600,00 (DM 55.720,00 Beihilfeleistungen; DM 23.880,00 PV-Leistungen) zu Unrecht erhalten, da ein vorrangiger Leistungsanspruch nach § 35 Abs. 1 BVG bestehe. Der genannte Betrag sei zurückzuzahlen. Nachdem der Beklagte auch auf die Erinnerung mit Schreiben vom 17. Juli 2001 keine Zahlung leistete, forderte sie den genannten Betrag, zuzüglich der durch den Zahlungsverzug entstandenen Postentgelte (insgesamt DM 79.612,10 [= EUR 40.705,02]), mit Leistungsbescheid vom 24. August 2001. Dagegen erhob der Beklagte Widerspruch; Zahlungen leistete er nicht.
Am 28. Juni 2002 machte die Klägerin die Rückzahlung der aus der privaten PV zu Unrecht gewährten Leistungen in einer Gesamthöhe von EUR 12.209,65 (April 1995 bis März 2000 monatlich jeweils EUR 664,68, April und Mai 2000 jeweils EUR 409,03, insgesamt EUR 40.698,86 hieraus 30 v.H.) beim Sozialgericht (SG) Reutlingen geltend und führte aus, die PV-Leistungen seien gegenüber den in Anspruch genommenen Leistungen nach § 35 Abs. 1 BVG nachrangig und daher zu Unrecht gewährt worden. Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, sie über seine Ansprüche nach dem BVG zu informieren, habe es in seinem Antrag vom 25. September 1995 es jedoch unterlassen, die geforderten Angaben zu machen. Damit habe er in eklatanter Weise gegen seine Obliegenheit nach § 9 Abs. 2 i.V.m. § 5 Abs. 1 Buchst. b der MB/PPV 1996 verstoßen. Sämtliche Zahlungen seien zu Unrecht erfolgt und daher zurückzuzahlen. Der Rückzahlungsanspruch ergebe sich aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), wobei der entsprechende Anspruch auch nicht gemäß § 814 BGB ausgeschlossen sei, nachdem sie die erforderliche positive Kenntnis über die Leistungen nach § 35 BVG erst mit Zugang des Schreibens des VA Rottweil vom 09. August 2000 erhalten habe. Auf die Möglichkeit einer früheren Kenntnisnahme komme es nicht an. Der Beklagte trat der Klage mit dem Hinweis entgegen, der Klägerin sei bekannt gewesen, dass an ihn Pflegegeld gezahlt worden sei. Mit seinem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 30. Januar 1995, das er in Kopie vorlegte, habe er nochmals auf die Pflegebedürftigkeit hingewiesen. Ihr sei im Übrigen bekannt gewesen, dass er vom Krieg erblindet sei. Auf seinen monatlichen Anträgen für das Pflegegeld sei auch Kriegserblindung eingetragen worden. Da der Fehler bei der Klägerin liege, könne er nicht zu einer Rückforderung herangezogen werden. Zudem sei die Rückforderung nur innerhalb von zwei Jahren nach Bescheiderteilung möglich. Für den bei der Klägerin entstandene Schaden habe der Beamte aufzukommen, der die Anträge bearbeitet habe. Das Pflegegeld habe er zudem an seine Pflegeperson weitergegeben. Weitere Angaben hierzu, insbesondere zu seinen Einkommensverhältnissen und den jeweiligen monatlichen Ausgaben machte er auf die ausdrückliche Anforderung des SG nicht. Mit Urteil vom 27. Mai 2004 verurteilte das SG den Beklagten, der Klägerin EUR 12.209,65 EUR nebst 5 v.H. Zinsen über dem Basiszinssatz seit 01. August 2001 zu zahlen. Der Beklagte sei gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Herausgabe des geltend gemachten Pflegegeldes verpflichtet, nachdem er diese Leistung im Hinblick auf ihre Nachrangigkeit gegenüber den Leistungen nach dem BVG ohne objektiv rechtfertigenden Grund lediglich zur Erfüllung einer in Wirklichkeit nicht bestehenden Verbindlichkeit erhalten habe. Der Zahlungspflicht stehe auch § 814 BGB nicht entgegen, da die auf Klägerseite im Hinblick auf den offensichtlich unvollständig ausgefüllten Antrag in Betracht kommende grobe Fahrlässigkeit nicht ausreiche. Eine Entreicherung sei nicht festzustellen, nachdem der Beklagte Angaben zu seinen Vermögensdispositionen verweigert habe. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des zum Zwecke der Zustellung an den Beklagten mit Übergabe-Einschreiben gegen Rückschein am 18. Juni 2004 zur Post gegebenen Urteils verwiesen.
Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner am 15. Juni 2004 schriftlich beim Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung, zu deren Begründung er vorträgt, die Klägerin habe erhebliche Fehler bei der Anwendung des PflegeVG gemacht. Er sei u.a. kriegsblind und hirnverletzt und erhalte nach dem BVG Pflegestufe VI. Nach dem PflegeVG sei er Pflegestufe III. Er leide zudem seit 1993 an einer schweren Parkinson’schen Krankheit. Höhere Pflegezulage nach dem BVG sei beantragt, jedoch abgelehnt worden. Von Pflegebedürftigen dürfe kein Pflegegeld zurückgeordert werden. Dies sei nur möglich, wenn der Fehler innerhalb von zwei Jahren nach Bescheiderteilung bekannt werde. Entsprechendes ergebe sich aus § 34 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI), was auch durch das Bundessozialgericht (BSG) in mehreren Entscheidungen bestätigt worden sei. Bei den monatlichen Auszahlungen des Pflegegeldes habe er im Antrag auf S. 2 unter Nr. 1,5 jeweils gewissenhaft BVG angekreuzt und kriegsblind eingetragen. Die Klägerin habe gewusst, dass er kriegsblind sei; sie habe nämlich nur für schädigungsunabhängige Erkrankungen Erstattung geleistet.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 27. Mai 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig. Der Rückforderungsanspruch sei auch nicht verjährt. Lediglich aus dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) könne sich eine zweijährige Verjährungsfrist ergeben, wobei deren Ablauf jedoch durch die Klageerhebung gehemmt worden sei. Die Verjährungsfrist beginne erst mit Ende des Jahres, in dem sie Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen erlangt habe. Dies sei nach dem Eingangsstempel des Schreibens des VA Rottweil vom 09. August 2000 am 14. August 2000 gewesen. Damit habe erst zum Jahresende 2002 Verjährung eintreten können. Durch die Klageerhebung beim SG Reutlingen am 28. Juni 2002 sei der Ablauf der Verjährung jedoch gehemmt worden. Die Rückforderung sei auch nicht gemäß § 814 BGB ausgeschlossen, nachdem sie keine positive Kenntnis von der Kriegsverletzung des Beklagten gehabt habe. Diese sei in dem erstmaligen Antrag auf Pflegeleistung verschwiegen worden. Soweit der Beklagte angegeben habe, in seinen Anträgen auf monatliche Auszahlung des Pflegegelds die Kriegsblindheit vermerkt zu haben, sei dies nur zum Teil richtig, da beispielsweise der Beihilfeantrag vom 27. November 1996 zeige, dass darin die entsprechende Angabe fehle. Die besagten Anträge hätten im Übrigen nicht die PV betroffen und hätten daher auch nicht zu der erforderlichen positiven Kenntnis führen können. Der Beklagte beziehe Beihilfeleistungen, wobei sie einen Teil der Zahlungen leiste, die ihm eigentlich aus der PV zustünden. Allerdings handle es sich bei den Leistungen aus der Beihilfe und der PV um zwei getrennte Systeme; dabei würden die Beihilfeleistungen aus der Krankenversicherung bezahlt, die sie als eigene Angelegenheit ausführe. Die Leistungen der PV gewähre die GPV; insoweit führe sie nur im Auftrag der GPV die notwendigen Maßnahmen gegenüber ihren Mitgliedern aus. Streng genommen handle es sich um Tätigkeiten zweier verschiedener Unternehmen, zwischen denen kein Abgleich stattfinde. Ein Kontakt bestehe auch nicht zu den Stellen, die die Versorgung nach dem BVG abwickle.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat den Beklagten zu Recht verurteilt, das von der Klägerin für die GPV in der Zeit vom April 1995 bis März 2000 im Umfang von 30 v.H. aus DM 1.300,00 (= EUR 664,68) und für April und Mai 2000 im Umfang von 30 v.H. aus DM 800,00 (= EUR 409,03), d.h. mit insgesamt EUR 12.209,65 (30 v.H. aus EUR 40.598,86), an den Beklagten zur Auszahlung gebrachte Pflegegeld zurückzuzahlen. Denn dem Beklagten stand im Hinblick auf die Nachrangigkeit des Leistungsanspruchs aus dem privaten PV-Vertrag mit der GPV wegen der in demselben Zeitraum von April 1995 bis Mai 2000 in Anspruch genommenen Leistungen nach dem BVG kein Pflegegeld zu. Die zu Unrecht bezogenen Leistungen sind daher zurückzuerstatten.
Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Rückforderungsanspruch ist § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB. Danach ist derjenige zur Herausgabe verpflichtet, der durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat. Nach Abs. 2 der Regelung gilt als Leistung auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses. § 812 Abs. 2 BGB erfasst nur das konstitutive Schuldanerkenntnis im Sinne des § 781 BGB. Die Leistungszusagen der Klägerin aus den Schreiben vom 08. März 1996 und 28. März 2000, dem Beklagten Pflegegeld nach Pflegestufe III bzw. II zu gewähren, stellen deklaratorische bzw. kausale Schuldanerkenntnisse dar, die als solche Rechtsgrundlage für die Zahlung des entsprechenden Pflegegeldes waren. Ein derartiges kausales Schuldanerkenntnis schließt im Bereicherungsrecht nur die Geltendmachung der Einwendungen aus, die der Klägerin bei Abgabe der entsprechenden Leistungszusage bekannt waren oder mit denen sie rechnete (vgl. Bundesgerichtshof [BGH] NJW 1995, 961; Bundesarbeitsgericht [BAG] NJW 1999, 2059, 2060). Demnach sind die erwähnten Leistungszusagen dahin auszulegen, dass Einwendungen der Klägerin gegen das Vorliegen der Pflegestufe III von April 1995 bis März 2000 bzw. Pflegestufe II ab April 2000 ausgeschlossen waren. Denn insoweit wurde im Hinblick auf die durchgeführten Begutachtungen ein rechtsgeschäftlicher schuldbestätigender Bindungswille bekundet. Hingegen waren der Klägerin Leistungsausschließungsgründe nach § 5 Abs. 1 Buchst. b der MB/PPV 1996, nämlich der Bezug von Pflegezulage der Stufe VI nach dem BVG, nicht bekannt. Denn der Beklagte hatte in dem Formblatt "Antrag auf Pflegeleistungen" die Frage nach dem Bezug von anderweitigen Leistungen wegen Pflegebedürftigkeit, insbesondere nach dem BVG, nicht beantwortet. Wie den vorgelegten Akten entnommen werden kann, ist der Klägerin dieser Umstand vor den erteilten Leistungszusagen auch nicht anderweitig bekannt geworden. Mithin war es der Klägerin auch nicht verwehrt, gegen die deklaratorischen Schuldanerkenntnisse den Leistungsausschließungsgrund des Bezugs von Pflegezulage nach Stufe VI gemäß § 35 BVG einzuwenden, diese wegen rechtsgrundloser Bereicherung zurückzufordernden und den gezahlten Betrag nach § 818 BGB herauszuverlangen.
Wie das SG zutreffend dargelegt hat, kann der Beklagte sich auch nicht auf seine Entreicherung berufen. Denn den ihm obliegenden Nachweis, nicht mehr bereichert zu sein, hat er nicht geführt. Der Senat verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 SGG). Die Regelungen des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) über die Rücknahme von Verwaltungsakten (§ 44 ff SGB X) finden in der privaten PV keine Anwendung. Entsprechendes gilt auch für die vom Kläger herangezogene Regelung des § 34 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI).
Der Beklagte kann dem Anspruch der Klägerin - wie das SG zutreffend weiter dargelegt hat - insbesondere auch nicht die Kenntnis von der Nichtschuld entgegenhalten. Denn es ist nicht festzustellen, dass die Klägerin zum jeweiligen Leistungszeitpunkt im Sinne des § 814 BGB positive Kenntnis von dem Umstand hatte, dass der Beklagte im Zeitraum von April 1995 bis Mai 2000 neben den in Anspruch genommenen Leistungen aus der PV auch Pflegezulage nach dem BVG bezogen hatte. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auch insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung. Zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals "positive Kenntnis" ist insbesondere nicht ausreichend, dass der Klägerin zum Zeitpunkt der jeweiligen Leistung positiv bekannt war, dass der Beklagte kriegsblind ist. Denn die Nachrangigkeit des in Rede stehenden Pflegegeldes setzt die tatsächliche Gewährung von Leistungen wegen Pflegebedürftigkeit nach dem BVG voraus. Dass der Beklagte derartige Leistungen tatsächlich bezogen hat, ist der Klägerin positiv erst im Anschluss an ihr an das VA Rottweil gerichtete Auskunftsersuchen bekannt geworden, nämlich mit dessen Antwortschreiben vom 09. August 2000, das bei der Klägerin am 14. August 2000 eingegangen ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin bereits zu einem davor liegenden Zeitpunkt Kenntnis von dem Umstand erlangt hatte, dass der Beklagte wegen seiner Schädigungsfolgen auch eine Pflegezulage der Stufe VI nach dem BVG bezieht, sind den Verwaltungsakten der Klägerin nicht zu entnehmen. Auch der Beklagte selbst hat nicht vorgetragen, die Klägerin zu irgend einem Zeitpunkt davon in Kenntnis gesetzt zu haben, Pflegezulagenempfänger nach dem BVG zu sein.
Letztlich kann der Beklagte der geltend gemachten Forderung auch nicht die Einrede der Verjährung entgegenhalten. Für Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung galt bis zum 31. Dezember 2001 die regelmäßige 30jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F., nicht aber die Frist von zwei Jahren nach § 12 Abs. 1 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG). Nach § 198 Satz 1 BGB a.F. begann diese Frist mit der Entstehung des Anspruchs. Im Zeitpunkt der Klageerhebung am 28. Juni 2002, der die Unterbrechung bzw. Hemmung der Verjährung bewirkte (vgl. § 209 Abs. 1 BGB a.F.; § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB in der seit 01. Januar 2002 geltenden Fassung [n.F.]), galt dann allerdings die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB n.F., die gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Für den Fall, dass die Verjährungsfrist nach dem BGB in der seit 01. Januar 2002 geltenden Fassung kürzer ist, als nach dem BGB in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung, regelt Art 234 § 6 Abs. 4 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum BGB (EGBGB), dass die kürzere Frist vom 01. Januar 2002 an berechnet wird. Mithin begann die neue dreijährige Frist nach § 195 BGB n.F., nachdem die Klägerin am 14. August 2000 Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen erhalten hatte, am 01. Januar 2002, war daher bei Klageerhebung noch nicht abgelaufen und wurde demnach im Ablauf gehemmt.
Zutreffend hat das SG letztlich auch den Zinsanspruch der Klägerin bejaht, weshalb der Senat auch insoweit nach § 153 Abs. 2 SGG auf die angefochtene Entscheidung Bezug nimmt.
Da die Berufung nach alledem keinen Erfolg haben konnte, war diese zurückzuweisen. Da die Aufwendungen der Klägerin, die nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört und im Sinne des § 184 Abs. 1 Satz 1 SGG daher gebührenpflichtig ist, gemäß § 193 Abs. 4 SGG nicht erstattungsfähig sind, war die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass außergerichtliche Kosten des Klageverfahrens nicht zu erstatten sind. Entsprechend sind auch außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten.
Der Senat hat die Revision im Hinblick auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil er der Frage, unter welchen Voraussetzungen in der privaten PV Leistungen zurückgefordert werden können, grundsätzliche Bedeutung beimisst und die hier zu beurteilende Frage der Rückforderung von Pflegegeld trotz einer erteilten Leistungszusage höchstrichterlich noch nicht geklärt ist.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Rückerstattung von Pflegegeld streitig.
Der am 1925 geborene Beklagte ist als früherer Postbeamter Mitglied der klagenden Postbeamtenkrankenkasse (PBeaKK), einer Sozialeinrichtung der früheren Bundespost in der Form einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Diese berechnet und zahlt zu Gunsten ihrer Mitglieder in Auftragsverwaltung Beihilfen nach den Beihilfevorschriften des Bundes. Privat pflegeversichert ist der Beklagte bei der Gemeinschaft privater Versicherungsunternehmen (GPV), für die nach außen die PBeaKK auftritt und im eigenen Namen den Beitragseinzug sowie die Leistungsfälle abwickelt. Der beamtenrechtliche Beihilfeanspruch des Beklagten beträgt 70 vom Hundert (v.H.), sein Anspruch aus der ergänzenden privaten Pflegepflichtversicherung (PV) 30 v.H. Grundlage des privaten PV-Vertrages zwischen dem Beklagten und der GPV sind die "Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die private Pflegepflichtversicherung - Bedingungsteil - (MB/PPV 1996)", die in § 5 Abs. 1 Buchst. b regeln, dass eine Leistungspflicht nicht besteht, soweit versicherte Personen Entschädigungsleistungen wegen Pflegebedürftigkeit unmittelbar nach § 35 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) oder nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen, aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder aus öffentlichen Kassen aufgrund gesetzlich geregelter Unfallversorgung oder Unfallfürsorge erhalten.
Beim Beklagten sind bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 v.H. Schädigungsfolgen im Sinne des BVG wie folgt anerkannt: 1. Hirnverletzung mit Hirnleistungsschwäche, 2. Zertrümmerung des linken Augapfels, 3. Zerstörung des rechten Sehnervs, 4. Fast völlige Herabsetzung des Geruchsvermögens durch Zerstörung der Geruchsnerven, 5. Hochgradige Schwerhörigkeit links, 6. Mittel- bis hochgradige Schwerhörigkeit rechts, 7. Verlust des linken Eckzahnes im Oberkiefer und des zweiten Schneidezahnes rechts oben, 8. Narben nach Stecksplitterverletzung im Bereich des Gesichts sowie des linken Beines und Fußes. Deshalb bezieht der Beklagte Beschädigtenversorgung einschließlich Pflegezulage nach § 35 BVG; diese wurde bereits bei Inkrafttreten des Pflege-Versicherungsgesetzes (PflegeVG) zum 01. Januar 1995 nach der Stufe VI gewährt.
Nachdem der Beklagte bei der Klägerin zuvor schon formlos Leistungen aus der PV geltend gemacht hatte, stellte er unter dem 25. September 1995 förmlich "Antrag auf Pflegeleistungen". In dem entsprechenden Formblatt der Klägerin machte er im Zusammenhang mit dem Text "Es bestehen (bzw. wurden beantragt) noch anderweitige Ansprüche wegen Pflegebedürftigkeit (ggf. welche? Z.B. nach dem Bundesversorgungsgesetz, aus gesetzlicher Unfallversicherung, privatrechtlicher Art?):", der mit "Ja" bzw. " Nein" zu kennzeichnen war, und zu dem weiteren Text "Art und Höhe der Ansprüche (ggf. Bitte Kopie des Anerkennungsbescheides bzw. Antrages beilegen):" keine Angaben. Zur Vorlage gelangte ferner die "Bescheinigung der Pflegebedürftigkeit durch den behandelnden Arzt" vom 25. September 1995, in der Dr. Ilg, Facharzt für Innere Medizin, auf die Frage nach anderweitigen Entschädigung des Pflegebedürftige angab, er glaube, dass der Beklagte noch Beihilfe durch die Landesblindenhilfe erhalte. Nachdem die Klägerin sich mit Leistungszusage vom 13. Oktober 1995 bereit erklärt hatte, im Hinblick auf die erwähnte Bescheinigung vorläufig sei 01. April 1995 Pflegegeld nach Pflegestufe III zu erbringen, sagte sie nach Vorlage des Gutachtens des Praktischen Arztes/Naturheilverfahren und Facharzt für Arbeitsmedizin Dr. M. vom 08. Februar 1996 mit Schreiben vom 08. März 1996 die Gewährung eines monatlichen Pflegegeldes aus der PV von DM 1.300 zu 30 v.H. zu. Entsprechend dieser Zusage zahlte die Klägerin dem Beklagten einschließlich der anteiligen Beihilfeleistungen monatlich Pflegegeld nach Pflegestufe III von insgesamt DM 1.300,00.
Unter dem 17. März 2000 erstattete Dr. G. im Rahmen einer Nachuntersuchung ein weiteres Gutachten zum Hilfebedarf des Beklagten, in dessen Folge die Klägerin ab April 2000 lediglich noch Leistungen nach Pflegestufe II in Höhe von insgesamt DM 800.00 gewährte (Leistungszusage vom 28. März 2000). Den in diesem Gutachten enthaltenen Hinweis auf eine Granatsplitterverletzung 1945 als Grund der Erblindung des Beklagten nahm die Klägerin zum Anlass, eine Auskunft beim früheren Versorgungsamt (VA) Rottweil wegen möglicherweise gezahlter Entschädigungsleistungen wegen Pflegebedürftigkeit einzuholen (Schreiben vom 03. August 2000). Mit am 14. August 2000 bei der Klägerin eingegangenem Schreiben vom 09. August 2000 teilte das VA Rottweil dann mit, dass der Beklagte seit Jahren eine Pflegezulage der Höchststufe VI beziehe, die ab 01. Juli 1994 DM 2.326,00 betragen und sich seither entsprechend den jährlichen Anpassungen weiter erhöht habe. Pflegegeld an den Beklagten hatte die Klägerin letztmals für den Monat Mai 2000 gezahlt.
Mit Schreiben vom 27. April 2001 wandte sich die Klägerin mit dem Hinweis an den Beklagten, er habe in der Zeit vom 01. April 1995 bis 31. Mai 2000 Leistungen wegen Pflegebedürftigkeit in Höhe von DM 79.600,00 (DM 55.720,00 Beihilfeleistungen; DM 23.880,00 PV-Leistungen) zu Unrecht erhalten, da ein vorrangiger Leistungsanspruch nach § 35 Abs. 1 BVG bestehe. Der genannte Betrag sei zurückzuzahlen. Nachdem der Beklagte auch auf die Erinnerung mit Schreiben vom 17. Juli 2001 keine Zahlung leistete, forderte sie den genannten Betrag, zuzüglich der durch den Zahlungsverzug entstandenen Postentgelte (insgesamt DM 79.612,10 [= EUR 40.705,02]), mit Leistungsbescheid vom 24. August 2001. Dagegen erhob der Beklagte Widerspruch; Zahlungen leistete er nicht.
Am 28. Juni 2002 machte die Klägerin die Rückzahlung der aus der privaten PV zu Unrecht gewährten Leistungen in einer Gesamthöhe von EUR 12.209,65 (April 1995 bis März 2000 monatlich jeweils EUR 664,68, April und Mai 2000 jeweils EUR 409,03, insgesamt EUR 40.698,86 hieraus 30 v.H.) beim Sozialgericht (SG) Reutlingen geltend und führte aus, die PV-Leistungen seien gegenüber den in Anspruch genommenen Leistungen nach § 35 Abs. 1 BVG nachrangig und daher zu Unrecht gewährt worden. Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, sie über seine Ansprüche nach dem BVG zu informieren, habe es in seinem Antrag vom 25. September 1995 es jedoch unterlassen, die geforderten Angaben zu machen. Damit habe er in eklatanter Weise gegen seine Obliegenheit nach § 9 Abs. 2 i.V.m. § 5 Abs. 1 Buchst. b der MB/PPV 1996 verstoßen. Sämtliche Zahlungen seien zu Unrecht erfolgt und daher zurückzuzahlen. Der Rückzahlungsanspruch ergebe sich aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), wobei der entsprechende Anspruch auch nicht gemäß § 814 BGB ausgeschlossen sei, nachdem sie die erforderliche positive Kenntnis über die Leistungen nach § 35 BVG erst mit Zugang des Schreibens des VA Rottweil vom 09. August 2000 erhalten habe. Auf die Möglichkeit einer früheren Kenntnisnahme komme es nicht an. Der Beklagte trat der Klage mit dem Hinweis entgegen, der Klägerin sei bekannt gewesen, dass an ihn Pflegegeld gezahlt worden sei. Mit seinem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 30. Januar 1995, das er in Kopie vorlegte, habe er nochmals auf die Pflegebedürftigkeit hingewiesen. Ihr sei im Übrigen bekannt gewesen, dass er vom Krieg erblindet sei. Auf seinen monatlichen Anträgen für das Pflegegeld sei auch Kriegserblindung eingetragen worden. Da der Fehler bei der Klägerin liege, könne er nicht zu einer Rückforderung herangezogen werden. Zudem sei die Rückforderung nur innerhalb von zwei Jahren nach Bescheiderteilung möglich. Für den bei der Klägerin entstandene Schaden habe der Beamte aufzukommen, der die Anträge bearbeitet habe. Das Pflegegeld habe er zudem an seine Pflegeperson weitergegeben. Weitere Angaben hierzu, insbesondere zu seinen Einkommensverhältnissen und den jeweiligen monatlichen Ausgaben machte er auf die ausdrückliche Anforderung des SG nicht. Mit Urteil vom 27. Mai 2004 verurteilte das SG den Beklagten, der Klägerin EUR 12.209,65 EUR nebst 5 v.H. Zinsen über dem Basiszinssatz seit 01. August 2001 zu zahlen. Der Beklagte sei gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Herausgabe des geltend gemachten Pflegegeldes verpflichtet, nachdem er diese Leistung im Hinblick auf ihre Nachrangigkeit gegenüber den Leistungen nach dem BVG ohne objektiv rechtfertigenden Grund lediglich zur Erfüllung einer in Wirklichkeit nicht bestehenden Verbindlichkeit erhalten habe. Der Zahlungspflicht stehe auch § 814 BGB nicht entgegen, da die auf Klägerseite im Hinblick auf den offensichtlich unvollständig ausgefüllten Antrag in Betracht kommende grobe Fahrlässigkeit nicht ausreiche. Eine Entreicherung sei nicht festzustellen, nachdem der Beklagte Angaben zu seinen Vermögensdispositionen verweigert habe. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des zum Zwecke der Zustellung an den Beklagten mit Übergabe-Einschreiben gegen Rückschein am 18. Juni 2004 zur Post gegebenen Urteils verwiesen.
Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner am 15. Juni 2004 schriftlich beim Landessozialgericht (LSG) eingelegten Berufung, zu deren Begründung er vorträgt, die Klägerin habe erhebliche Fehler bei der Anwendung des PflegeVG gemacht. Er sei u.a. kriegsblind und hirnverletzt und erhalte nach dem BVG Pflegestufe VI. Nach dem PflegeVG sei er Pflegestufe III. Er leide zudem seit 1993 an einer schweren Parkinson’schen Krankheit. Höhere Pflegezulage nach dem BVG sei beantragt, jedoch abgelehnt worden. Von Pflegebedürftigen dürfe kein Pflegegeld zurückgeordert werden. Dies sei nur möglich, wenn der Fehler innerhalb von zwei Jahren nach Bescheiderteilung bekannt werde. Entsprechendes ergebe sich aus § 34 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI), was auch durch das Bundessozialgericht (BSG) in mehreren Entscheidungen bestätigt worden sei. Bei den monatlichen Auszahlungen des Pflegegeldes habe er im Antrag auf S. 2 unter Nr. 1,5 jeweils gewissenhaft BVG angekreuzt und kriegsblind eingetragen. Die Klägerin habe gewusst, dass er kriegsblind sei; sie habe nämlich nur für schädigungsunabhängige Erkrankungen Erstattung geleistet.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 27. Mai 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig. Der Rückforderungsanspruch sei auch nicht verjährt. Lediglich aus dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) könne sich eine zweijährige Verjährungsfrist ergeben, wobei deren Ablauf jedoch durch die Klageerhebung gehemmt worden sei. Die Verjährungsfrist beginne erst mit Ende des Jahres, in dem sie Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen erlangt habe. Dies sei nach dem Eingangsstempel des Schreibens des VA Rottweil vom 09. August 2000 am 14. August 2000 gewesen. Damit habe erst zum Jahresende 2002 Verjährung eintreten können. Durch die Klageerhebung beim SG Reutlingen am 28. Juni 2002 sei der Ablauf der Verjährung jedoch gehemmt worden. Die Rückforderung sei auch nicht gemäß § 814 BGB ausgeschlossen, nachdem sie keine positive Kenntnis von der Kriegsverletzung des Beklagten gehabt habe. Diese sei in dem erstmaligen Antrag auf Pflegeleistung verschwiegen worden. Soweit der Beklagte angegeben habe, in seinen Anträgen auf monatliche Auszahlung des Pflegegelds die Kriegsblindheit vermerkt zu haben, sei dies nur zum Teil richtig, da beispielsweise der Beihilfeantrag vom 27. November 1996 zeige, dass darin die entsprechende Angabe fehle. Die besagten Anträge hätten im Übrigen nicht die PV betroffen und hätten daher auch nicht zu der erforderlichen positiven Kenntnis führen können. Der Beklagte beziehe Beihilfeleistungen, wobei sie einen Teil der Zahlungen leiste, die ihm eigentlich aus der PV zustünden. Allerdings handle es sich bei den Leistungen aus der Beihilfe und der PV um zwei getrennte Systeme; dabei würden die Beihilfeleistungen aus der Krankenversicherung bezahlt, die sie als eigene Angelegenheit ausführe. Die Leistungen der PV gewähre die GPV; insoweit führe sie nur im Auftrag der GPV die notwendigen Maßnahmen gegenüber ihren Mitgliedern aus. Streng genommen handle es sich um Tätigkeiten zweier verschiedener Unternehmen, zwischen denen kein Abgleich stattfinde. Ein Kontakt bestehe auch nicht zu den Stellen, die die Versorgung nach dem BVG abwickle.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat den Beklagten zu Recht verurteilt, das von der Klägerin für die GPV in der Zeit vom April 1995 bis März 2000 im Umfang von 30 v.H. aus DM 1.300,00 (= EUR 664,68) und für April und Mai 2000 im Umfang von 30 v.H. aus DM 800,00 (= EUR 409,03), d.h. mit insgesamt EUR 12.209,65 (30 v.H. aus EUR 40.598,86), an den Beklagten zur Auszahlung gebrachte Pflegegeld zurückzuzahlen. Denn dem Beklagten stand im Hinblick auf die Nachrangigkeit des Leistungsanspruchs aus dem privaten PV-Vertrag mit der GPV wegen der in demselben Zeitraum von April 1995 bis Mai 2000 in Anspruch genommenen Leistungen nach dem BVG kein Pflegegeld zu. Die zu Unrecht bezogenen Leistungen sind daher zurückzuerstatten.
Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Rückforderungsanspruch ist § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB. Danach ist derjenige zur Herausgabe verpflichtet, der durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat. Nach Abs. 2 der Regelung gilt als Leistung auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses. § 812 Abs. 2 BGB erfasst nur das konstitutive Schuldanerkenntnis im Sinne des § 781 BGB. Die Leistungszusagen der Klägerin aus den Schreiben vom 08. März 1996 und 28. März 2000, dem Beklagten Pflegegeld nach Pflegestufe III bzw. II zu gewähren, stellen deklaratorische bzw. kausale Schuldanerkenntnisse dar, die als solche Rechtsgrundlage für die Zahlung des entsprechenden Pflegegeldes waren. Ein derartiges kausales Schuldanerkenntnis schließt im Bereicherungsrecht nur die Geltendmachung der Einwendungen aus, die der Klägerin bei Abgabe der entsprechenden Leistungszusage bekannt waren oder mit denen sie rechnete (vgl. Bundesgerichtshof [BGH] NJW 1995, 961; Bundesarbeitsgericht [BAG] NJW 1999, 2059, 2060). Demnach sind die erwähnten Leistungszusagen dahin auszulegen, dass Einwendungen der Klägerin gegen das Vorliegen der Pflegestufe III von April 1995 bis März 2000 bzw. Pflegestufe II ab April 2000 ausgeschlossen waren. Denn insoweit wurde im Hinblick auf die durchgeführten Begutachtungen ein rechtsgeschäftlicher schuldbestätigender Bindungswille bekundet. Hingegen waren der Klägerin Leistungsausschließungsgründe nach § 5 Abs. 1 Buchst. b der MB/PPV 1996, nämlich der Bezug von Pflegezulage der Stufe VI nach dem BVG, nicht bekannt. Denn der Beklagte hatte in dem Formblatt "Antrag auf Pflegeleistungen" die Frage nach dem Bezug von anderweitigen Leistungen wegen Pflegebedürftigkeit, insbesondere nach dem BVG, nicht beantwortet. Wie den vorgelegten Akten entnommen werden kann, ist der Klägerin dieser Umstand vor den erteilten Leistungszusagen auch nicht anderweitig bekannt geworden. Mithin war es der Klägerin auch nicht verwehrt, gegen die deklaratorischen Schuldanerkenntnisse den Leistungsausschließungsgrund des Bezugs von Pflegezulage nach Stufe VI gemäß § 35 BVG einzuwenden, diese wegen rechtsgrundloser Bereicherung zurückzufordernden und den gezahlten Betrag nach § 818 BGB herauszuverlangen.
Wie das SG zutreffend dargelegt hat, kann der Beklagte sich auch nicht auf seine Entreicherung berufen. Denn den ihm obliegenden Nachweis, nicht mehr bereichert zu sein, hat er nicht geführt. Der Senat verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 SGG). Die Regelungen des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) über die Rücknahme von Verwaltungsakten (§ 44 ff SGB X) finden in der privaten PV keine Anwendung. Entsprechendes gilt auch für die vom Kläger herangezogene Regelung des § 34 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI).
Der Beklagte kann dem Anspruch der Klägerin - wie das SG zutreffend weiter dargelegt hat - insbesondere auch nicht die Kenntnis von der Nichtschuld entgegenhalten. Denn es ist nicht festzustellen, dass die Klägerin zum jeweiligen Leistungszeitpunkt im Sinne des § 814 BGB positive Kenntnis von dem Umstand hatte, dass der Beklagte im Zeitraum von April 1995 bis Mai 2000 neben den in Anspruch genommenen Leistungen aus der PV auch Pflegezulage nach dem BVG bezogen hatte. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auch insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung. Zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals "positive Kenntnis" ist insbesondere nicht ausreichend, dass der Klägerin zum Zeitpunkt der jeweiligen Leistung positiv bekannt war, dass der Beklagte kriegsblind ist. Denn die Nachrangigkeit des in Rede stehenden Pflegegeldes setzt die tatsächliche Gewährung von Leistungen wegen Pflegebedürftigkeit nach dem BVG voraus. Dass der Beklagte derartige Leistungen tatsächlich bezogen hat, ist der Klägerin positiv erst im Anschluss an ihr an das VA Rottweil gerichtete Auskunftsersuchen bekannt geworden, nämlich mit dessen Antwortschreiben vom 09. August 2000, das bei der Klägerin am 14. August 2000 eingegangen ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin bereits zu einem davor liegenden Zeitpunkt Kenntnis von dem Umstand erlangt hatte, dass der Beklagte wegen seiner Schädigungsfolgen auch eine Pflegezulage der Stufe VI nach dem BVG bezieht, sind den Verwaltungsakten der Klägerin nicht zu entnehmen. Auch der Beklagte selbst hat nicht vorgetragen, die Klägerin zu irgend einem Zeitpunkt davon in Kenntnis gesetzt zu haben, Pflegezulagenempfänger nach dem BVG zu sein.
Letztlich kann der Beklagte der geltend gemachten Forderung auch nicht die Einrede der Verjährung entgegenhalten. Für Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung galt bis zum 31. Dezember 2001 die regelmäßige 30jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F., nicht aber die Frist von zwei Jahren nach § 12 Abs. 1 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG). Nach § 198 Satz 1 BGB a.F. begann diese Frist mit der Entstehung des Anspruchs. Im Zeitpunkt der Klageerhebung am 28. Juni 2002, der die Unterbrechung bzw. Hemmung der Verjährung bewirkte (vgl. § 209 Abs. 1 BGB a.F.; § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB in der seit 01. Januar 2002 geltenden Fassung [n.F.]), galt dann allerdings die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB n.F., die gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Für den Fall, dass die Verjährungsfrist nach dem BGB in der seit 01. Januar 2002 geltenden Fassung kürzer ist, als nach dem BGB in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung, regelt Art 234 § 6 Abs. 4 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum BGB (EGBGB), dass die kürzere Frist vom 01. Januar 2002 an berechnet wird. Mithin begann die neue dreijährige Frist nach § 195 BGB n.F., nachdem die Klägerin am 14. August 2000 Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen erhalten hatte, am 01. Januar 2002, war daher bei Klageerhebung noch nicht abgelaufen und wurde demnach im Ablauf gehemmt.
Zutreffend hat das SG letztlich auch den Zinsanspruch der Klägerin bejaht, weshalb der Senat auch insoweit nach § 153 Abs. 2 SGG auf die angefochtene Entscheidung Bezug nimmt.
Da die Berufung nach alledem keinen Erfolg haben konnte, war diese zurückzuweisen. Da die Aufwendungen der Klägerin, die nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört und im Sinne des § 184 Abs. 1 Satz 1 SGG daher gebührenpflichtig ist, gemäß § 193 Abs. 4 SGG nicht erstattungsfähig sind, war die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass außergerichtliche Kosten des Klageverfahrens nicht zu erstatten sind. Entsprechend sind auch außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten.
Der Senat hat die Revision im Hinblick auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil er der Frage, unter welchen Voraussetzungen in der privaten PV Leistungen zurückgefordert werden können, grundsätzliche Bedeutung beimisst und die hier zu beurteilende Frage der Rückforderung von Pflegegeld trotz einer erteilten Leistungszusage höchstrichterlich noch nicht geklärt ist.
Rechtskraft
Aus
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