Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 3425/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 3920/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. Juli 2003 sowie der Bescheid vom 24. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Februar 2003 aufgehoben. Als weitere Unfallfolgen werden Konzentrationseinbußen, intellektuelle Verlangsamung sowie Nacken- und Kopfschmerzen, eine Critical-illness-Polyneuropathie und eine deutlich ausgeprägte Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule als Unfallfolgen festgestellt. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ab 1. März 1999 eine Verletztenrente nach einer MdE um 50 v. H. zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte dem Kläger eine höhere Rente zu gewähren hat.
Der 1962 geborene Kläger hatte am 19. Januar 1981 als Schüler des Wirtschaftsgymnasiums S.-O. beim Schulsport einen Unfall erlitten, indem er beim Hochsprung im so genannten Flop-Stil statt mit dem Rücken mit dem Genick auf die Matte aufkam und sich dabei eine Luxation der Halswirbelsäule (HWS) zwischen dem 4. und 5. Wirbelkörper mit inkompletter Querschnittssymptomatik zuzog. Mit Bescheid vom 18. Mai 1982 hatte die Beklagte eine vorläufige Verletztenrente vom 20. Januar bis zum 31. Mai 1981 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 vom Hundert (v. H.), vom 1. Juni bis zum 31. August 1981 von 80 v. H. und ab 1. September 1981 von 50 v. H. bewilligt. Diesem Bescheid hatten das orthopädische Gutachten von Prof. Dr. P., Ärztlicher Direktor der Orthopädischen Klink des O.-Hospitals in S., vom 21. Oktober 1981, dessen Stellungnahme vom 18. Januar 1982, das neurologische Zusatzgutachten von Dr. K., Ärztlicher Direktor der Kinderklinik des O.-Hospitals in S., vom 10. Dezember 1981 und die beratungsärztliche Stellungnahme des Facharztes für Chirurgie Dr. K. vom 2. März 1982 zugrunde gelegen.
Mit Bescheid vom 23. November 1982 hatte die Beklagte eine Verletztenrente auf Dauer nach einer MdE von 50 v. H. festgestellt und eine endgradige Bewegungseinschränkung der HWS bei Rotation und Seitneigung, ein ataktisch spastisches Gangbild mit Sensibilitätsstörungen im Bereich der unteren Extremität, eine seitengleiche muskuläre Schwäche im Bereich der linken und rechten unteren Extremität, eine leichte Schwäche der kleinen Handmuskulatur links mit Einschränkung der Fingergeläufigkeit beidseits sowie eine geringgradige Dekontraktionshemmung der Hände und eine geringe Einschränkung der Blasen- und Mastdarmfunktion als Folgen des Arbeitsunfalls anerkannt. Die Beklagte hatte sich auf das orthopädische Gutachten von Prof. Dr. P. vom 27. Juli 1982, das neurologische Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. R. vom 3. September 1982 und die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. K. vom 12. Oktober 1982 gestützt.
Mit Bescheid vom 19. Dezember 1984 hatte die Beklagte mit Wirkung vom 1. Februar 1985 die dem Kläger gewährte Verletztenrente auf 20 v. H. wegen einer Veränderung der zugrunde liegenden Verhältnisse herabgesetzt und zur Begründung mitgeteilt, funktionsbehindernde motorische Störungen an der Handmuskulatur, eine Einschränkung der Fingergeläufigkeit, eine Dekontraktionshemmung der Hände und isolierte Muskelschwächen an den Beinen hätten nicht mehr bestanden und die Sensibilitätsstörungen hätten sich geringgradig zurückgebildet. Diesem Bescheid hatten das neurologische Gutachten von Dr. R. vom 26. November 1984 und die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. K. vom 11. Dezember 1984 zugrunde gelegen. Den hiergegen am 22. Dezember 1984 erhobenen Widerspruch hatte die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 1985 zurückgewiesen. Hiergegen hatte der Kläger am 5. März 1985 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben, welches unter Zugrundelegung des nervenärztlichen Gutachtens nach Aktenlage des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. vom 21. August 1985, der gutachtlichen Stellungnahme von Dr. R. vom 27. Februar 1986 und des nervenärztlichen Gutachtens von Prof. Dr. A., Neurologe und Psychiater in der Neurologischen Ambulanz der Universität U., vom 17. April 1986 mit Urteil vom 30. Juli 1986 die Klage abgewiesen hatte.
Der Behandlungsbericht von Dr. R. vom 17. Dezember 1986 hatte die Beklagte veranlasst, das Gutachten von Prof. Dr. Dr. M., Ärztlicher Direktor der Abteilung Neuropsychologie mit Neurologischer Poliklinik der Neurologischen Universitätsklinik T., vom 12. März 1987 und dessen Stellungnahme vom 28. April 1987 einzuholen.
Am 22. Juli 1999 beantragte der Kläger die rückwirkende Erhöhung der MdE. Durch die durch den Unfall notwendig gewordene Versteifung der Halswirbel bestehe ein akutes orthopädisches Krankheitsbild. Die Beklagte zog die Arztbriefe der Radiologen Dr. M./Dr. S./Dipl.-Med. S. vom 11. März 1999 (hauptbefundlich zeige sich in Höhe der Diskusebene C 4/5 eine spindelförmige zystische Höhlenbildung des Markraumes im Sinne einer wahrscheinlich posttraumatisch entstandenen Syringo-Hydromyelie) und vom Radiologen Dr. U. vom 29. März 1999 (kein Hinweis für einen suspekten frischen Prozess, dabei offenbar vorbestehende ischämische Strukturdefekte am oberen Hirnstamm, in den Kleinhirnhemisphären sowie in den Großhirnhemisphären rechtsbetont) bei. Sodann ließ die Beklagte den Kläger untersuchen und begutachten. Prof. Dr. H., Ärztlicher Direktor der Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des K.-Hospitals S., führte in seinem Zweiten Rentengutachten vom 20. November 1999 aus, als Unfallfolge bestehe eine knöchern fest verheilte Luxationsfraktur C 4/5 mit Blockwirbelbildung ohne wesentliche degenerative Veränderungen und mit fehlenden Arthrosezeichen der angrenzenden Gelenke. Orthopädisch lägen wenig Folgeerscheinungen oder Bewegungseinschränkungen vor bzw. seien die discoligamentären Veränderungen ausgeheilt. Die geschilderten starken Symptome lägen auf neurologischem Gebiet. Von orthopädischer Seite sei keine Befundänderung eingetreten. Prof. Dr. W., Ärztlicher Direktor der Neurologischen Klinik des Bürgerhospitals in S., beschrieb in seinem neurologischen Gutachten vom 17. Juli 2000 eine Sensibilitätsstörung mit sensiblem Niveau ab Höhe Th 9 nach distal beidseits mit Abschwächung des Vibrationsempfindens am Großzehengrundgelenk rechts auf 4/8, links auf 5/8 sowie eine dissoziierte Empfindungsstörung mit im Vordergrund stehender Thermhypästhesie sowie Hypalgesie im Bereich beider Arme sowie rechts abgeschwächte Armeigenreflexe und Fremdreflexe (Bauchhautreflexe) als auf das Unfallereignis zurückzuführende Befunde und führte aus, auf neurologischem Fachgebiet sei bei im Wesentlichen vergleichbaren Befunden im Hinblick auf das Vergleichsgutachten vom September 1984 weiterhin eine MdE von 20 v. H. gerechtfertigt. Ergänzend führte Prof. Dr. W. aus, in einer Kernspintomographie der HWS habe sich keine wesentliche Progredienz der posttraumatischen Myelomalazie des Halsmarkes in Höhe CWK 4/5 ergeben. Die elektrophysiologischen Zusatzuntersuchungen betreffs eines Tibialis-SEP und eines fraktionierten Medianus-SEP seien ohne pathologischen Befund. Die vom Kläger vorgebrachten zunehmenden Nacken- und Kopfschmerzen seien im Rahmen eines unfallunabhängigen, episodischen Spannungskopfschmerzes zu erklären. Auch den zusätzlich vorgebrachten Tinnitus sehe er als unfallunabhängig an. Prof. Dr. H. schlug daher in seiner Stellungnahme vom 7. Dezember 2000 eine Gesamt-MdE von weiterhin 20 v. H. vor. Dieser Einschätzung stimmte der Facharzt für Chirurgie Dr. F. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 11. April 2001 zu. Mit Bescheid vom 24. April 2001 lehnte die Beklagte den Antrag auf Rentenerhöhung mit der Begründung, eine wesentliche Verschlimmerung liege nicht vor. ab.
Hiergegen erhob der Kläger am 2. Mai 2001 Widerspruch. Wegen der sich über Jahre verstärkenden Unfallfolgen sei er seit dem 4. Februar 1999 arbeitsunfähig. Die Schmerzen verstärkten sich bei jeglicher Belastung, so dass es unmöglich sei, einer Tätigkeit nachzugehen. Er beantrage daher eine rückwirkende Rentenerhöhung. Sodann holte die Beklagte weitere Gutachten ein. Dr. S., Chefarzt des Radiologischen Sozialinstituts der Klinik a. E. in G., führte in seinem röntgenologischen Gutachten vom 4. August 2001 aus, es sei bei einem Zustand nach HWK-4-Fraktur eine Fusion zwischen HWK 4 und 5 erfolgt. Die Verblockung der Wirbelkörper sei stabil. Der Spinalkanal sei nicht relevant beengt. Es bestehe eine mäßige Osteochondrose im darunter gelegenen Bandscheibenfach und keine Verlegung der Neuroforamina. Weitgehend liege eine altersentsprechende Darstellung der Brustwirbelsäule (BWS) und Lendenwirbelsäule (LWS) vor. Die vom Kläger angegebenen Beschwerden mit Pelzigkeit und Schmerzen könnten anhand der Knochenaufnahmen weder ausgeschlossen noch bestätigt werden. Weiterführend wäre eventuell eine Darstellung des Myelons mit einem Schnittbildverfahren. Dr. B., Chefarzt der Neuroradiologischen Abteilung des Fachkrankenhauses Neurologie und Psychiatrie C. in G., nahm in seinem neuroradiologischen Gutachten vom 28. August 2001 nach Durchführung einer magnetresonanztomographischen Untersuchung von HWS und Schädel an, es handle sich um Folgeerscheinungen einer lokalen Verletzung des Rückenmarkes. Eine intramedulläre Kontusionsblutung werde angenommen, aus der sich eine posttraumatische Syrinx in der Verletzungshöhe als Defekt herausgebildet habe. Darüber hinaus sei eine lokale Verschmächtigung der Medulla spinalis eingetreten und eine sekundäre Atrophie in kranialer und kaudaler Richtung anzunehmen. Die intracraniellen Defekte in der rechten Kleinhirnhemisphäre und im rechten Occipitalhirn würden als Folgeerscheinungen dieses HWS-Traumas eingeschätzt. Anzunehmen seien ischämische Infarzierungen, die sich in der rechten Kleinhirnhemisphäre im Versorgungsgebiet der A. cerebelli posterior inferior und in einem umschriebenen Areal im rechten Occipitallappen eingestellt hätten. Diese als mittelbare Verletzungsfolge einzuschätzenden Defekte seien nicht nur bei eingreifenden Verletzungen der HWS bzw. der Wirbelarterien nicht ungewöhnlich. Der im rechten Occipitallappen gelegene Defekt könne soeben in die Radiatio optica hineinreichen, sodass eventuelle vorliegende Gesichtsfelddefekte eine Erklärung fänden. Die ausgedehnten lokalen Verletzungen der rechten Kleinhirnhemisphäre und die sekundären atrophischen Veränderungen, die nicht nur die rechte, sondern auch die linke Kleinhirnhemisphäre beträfen, könnten verantwortlich für Gleichgewichtsstörungen sein. Unter Zugrundelegung dieser Zusatzgutachten führte Prof. Dr. S., Chefarzt der Klinik für Neurologie, Neurophysiologie und Frührehabilitation des Krankenhauses C. in G., in seinem neurologischen Gutachten vom 28. August 2001 aus, eine Verschlimmerung der Unfallfolgen auf neurologischem Gebiet sei insofern aufgetreten, als eindeutig zusätzlich gedeckte Hirnverletzungsfolgen im Bereich des Groß- und Kleinhirns und des Hirnstammes bestünden, die bislang nicht berücksichtigt worden seien. Diese Unfallfolgen bestünden sicher seit Anbeginn und damit auch schon zum Zeitpunkt der ersten Festsetzung der Dauerrente. Gegenüber dem neurologischen Gutachten vom 26. November 1984 sei eine grundsätzlich andere Beurteilung korrekt. In diesem Gutachten würden die Unfallfolgen am Gehirn nicht berücksichtigt, ebenso wenig wie die Folgen einer peripher neurogenen Schädigung, die er im Rahmen einer Critical-illness-Polyneuropathie deute. Die Gutachterin beschreibe wohl in ihrem Befund gegenüber den Patellarsehnenreflexen abgeschwächte Achillessehnenreflexe. In dem damaligen Gutachten würden Paresen der Handbinnenmuskulatur und an den Beinen nicht festgestellt, was im Gegensatz zu den jetzt erhobenen Befunden stehe. Für eine andere Ursache dieser peripher neurogenen Störung als die Folgen des Unfalles ergäben sich auch nach erneuter Anamneseerhebung keine Anhaltspunkte. Nach den nun erhobenen Befunden mit Atrophie der Muskulatur des Kopfhalteapparates und deutlich schmerzhaft eingeschränkter Bewegung der HWS in allen Ebenen sowie den objektiven neurophysiologischen Befunden seien die vorgebrachten Nacken- und Kopfschmerzen als unfallbedingt anzusehen. Ein Tinnitus sei jetzt nicht mehr belangvoll geklagt worden. Insofern könne man nicht von einer wesentlichen Unfallfolge ausgehen. Allerdings fänden sich Hinweise für eine Hirnstammfunktionsstörung, wie jetzt auch neurophysiologisch objektiviert, ohne im Doppler nachweisbare Vertebralis- bzw. Basilarisschädigung, so dass es offenbar durch den heftigen Unfall mit Überdehnung der HWS und Aufschlagen des Hinterkopfes nicht zu einer Dissektion der A. vertebralis gekommen sei. Prof. Dr. S. schätzte die unfallbedingte MdE höher ein und schlug unter Berücksichtigung der Kriterien zum erstmaligen Festsetzen der Dauerrente eine MdE von 40 v. H. ein, wobei die Unfallfolgen nicht nur am Rückenmark zu berücksichtigen seien, sondern auch an den peripheren Nerven, an den Halsnervenwurzeln sowie im Groß- und Kleinhirn mit objektivierten belangvollen Traumafolgen.
Prof. Dr. U., Chefarzt der Unfallchirurgischen Klinik der Klinik a. E. in G., gelangte in seinem Zweiten Rentengutachten vom 23. Oktober 2001 zu dem Ergebnis, dass die MdE allein auf orthopädischem Gebiet bislang nicht adäquat bemessen worden sei. Durch Fusionsoperationen an der HWS würden erhebliche strukturelle wie auch funktionelle Veränderungen an der HWS induziert, die den jetzt auch feststellbaren segmentalen Bewegungsverlust erklärten und aufgrund der konsekutiven Hypermobilität in den Nachbarsegmenten auch eine Schmerzsymptomatik durch reaktive Verspannungen der Muskulatur begründeten. Die vom Kläger reklamierten Funktionseinschränkungen der HWS ließen sich klinisch wie auch radiologisch belegen. Der Zeitpunkt der Verschlimmerung sei in dem Zeitpunkt der Wiederaufnahme physiotherapeutischer und chirotherapeutischer Behandlungsmaßnahmen im Jahr 1999 zu sehen. Ab diesem Zeitpunkt befinde sich der Kläger nach eigenen Angaben regelmäßig in orthopädischer Behandlung. Die vom Kläger vorgebrachten Nacken- und Kopfschmerzen seien im Zusammenhang mit der Funktionsstörung an der HWS erklärbar. Prinzipiell könnten Veränderungen an der HWS zu dem geklagten Tinnitus führen. Im Schrifttum seien hierüber zahllose Berichterstattungen in der Fachliteratur auf hals-nasen-ohrenärztlichem Gebiet zu finden. Folgerichtig würden die vom Kläger angegebenen Ohrgeräusche bereits schon bei der neurologischen Begutachtung durch Prof. Dr. S. als Unfallfolge gewürdigt. Prof. Dr. U. schlug eine MdE allein auf unfallchirurgischem Gebiet von 20 v. H. und unter Berücksichtigung der MdE auf neurologischem Fachgebiet von 40 v. H. eine Gesamt-MdE von 50 v. H. vor. Diese Einschätzung beinhalte auch eine etwaige MdE auf Hals-Nasen-Ohrenärztlichem Gebiet, da in der neurologischen Begutachtung diese Beschwerden mitbewertet worden seien. Dr. F. stimmte dieser Einschätzung in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 13. November 2001 zu und nahm eine Gesamt-MdE von 50 v. H. ab 1. März 1999 an.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 4. April 2002 mit, dass sie weitere Begutachtungen für erforderlich halte. Dies lehnte der Kläger in seiner E-Mail vom 12. April 2002 ab. Am 25. April 2002 erhob der Kläger Untätigkeitsklage bei dem Verwaltungsgericht Stuttgart (VG), das den Verwaltungsrechtsweg mit Beschluss vom 3. Juni 2001 für unzulässig erklärte und den Rechtsstreit an das SG verwies. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, ohne die weiterhin notwendigen Begutachtungen könne keine andere Entscheidung getroffen werden. Nach Überprüfung des streitgegenständlichen Bescheides in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht werde dem Widerspruch nicht abgeholfen. Mit Urteil vom 25. Juli 2003 wies das SG die Klage ab. Es sei nicht nachgewiesen, dass die von Prof. Dr. S. angenommene Schädelhirnverletzung Folge des streitgegenständlichen Unfalls sei. Es stelle sich die Frage, warum bei den zahlreichen Untersuchungen des Klägers eine solche nach den Darlegungen von Prof. Dr. S. nicht ungewöhnliche Verletzungsfolge nahezu 20 Jahre übersehen worden sei. Anders würde sich der Sachverhalt darstellen, wenn sich die gedeckte Schädelhirnverletzung als Verschlimmerungsfolge hätte einstellen können. Dies sei aber mit Sicherheit nicht der Fall.
Gegen das ihm am 25. September 2003 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 30. September 2003 Berufung eingelegt. Die Entscheidung über die Dauerrente nach einer MdE nach 20 v. H. sei von Anfang an unrichtig gewesen. Einem fähigen Gutachter wäre aufgefallen, dass eine unfallbedingte Hirnverletzung vorliege und die orthopädischen Behinderungen nicht in die Gesamt-MdE von 20 v. H. eingeflossen seien.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. Juli 2003 und den Bescheid vom 24. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2003 aufzuheben, weitere Unfallfolgen festzustellen und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 19. Dezember 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 1985 zurückzunehmen, hilfsweise abzuändern und wegen einer Verschlimmerung die Verletztenrente nach einer MdE um 50 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Prof. Dr. W. um Stellungnahme als Sachverständiger gebeten. Dieser hat in seiner Stellungnahme vom 4. Februar 2004 nach Lage der Akten ausgeführt, es sei anzunehmen, dass der Kläger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit am 19. Januar 1981 auch eine gedeckte Hirnverletzung im Bereich des Großhirns und Kleinhirns sowie des Hirnstamms erlitten habe, da im neuroradiologischen Gutachten von Dr. B. die Läsionen beschreiben würden und es keinen Hinweis auf eine andersartige Ätiologie gebe. Bei der von ihm selbst vorgenommenen klinisch-neurologischen Untersuchung im Jahr 2000 habe sich kein Hinweis auf eine gedeckte Hirnverletzung im Bereich des Groß- und Kleinhirns sowie des Hirnstammes gefunden. Als relevant seien die von Prof. Dr. S. beschriebenen Atrophien des Kopfhalteapparates sowie der Schultermuskulatur zu erachten, die in der neurologischen Voruntersuchung aus dem Jahr 2000 nicht aufgefallen seien, sich jedoch durchaus noch innerhalb des folgenden Zeitraumes gebildet oder verstärkt haben könnten. Prof. Dr. S. belege diese klinische Einschätzung durch elektromyographische Untersuchungen. Diese Muskelveränderungen könnten als Folge einer posttraumatischen Myelomalazie auftreten, die auch nach langer Latenz symptomatisch werden könne. Da die in der Bildgebung nachgewiesenen Defekte nicht eindeutig mit den neurologischen Untersuchungsergebnissen aus seinem Gutachten in Einklang zu bringen seien, halte er eine erneute Begutachtung für sinnvoll. Hierbei solle ebenfalls eine elektromyographische Untersuchung erfolgen, um das Ausmaß und möglicherweise auch das Alter des muskulären Umbaus zu bestimmen. Die Messung evozierter Potenziale könne ferner Auskunft darüber geben, inwieweit die in der Bildgebung beschriebenen Defekte und die aktuellen klinischen Beschwerden übereinstimmten. Nach dem Gutachten von Prof. Dr. S. habe seit September 1984 eine Veränderung des Gesundheitszustandes des Klägers stattgefunden. Aufgrund der ihm selbst vorliegenden Unterlagen sei diese Vermutung ausreichend belegt. Eine Beurteilung ohne erneute klinisch-neurologische Untersuchung sei ihm jedoch nicht möglich.
Die Beklagte hat ausgeführt, bei dem Unfallereignis sei weder eine Bewusstlosigkeit noch eine Amnesie aufgetreten. Auch über Kopfschmerzen und Tinnitus habe der Kläger bis 1987 nicht geklagt. Nach den bis zu diesem Zeitpunkt durchgeführten EEG’s, dem Heilverlauf und den weiteren erhobenen Befunden bestehe kein Anhalt für eine gedeckte Hirnverletzung. Von 1988 bis 1998 seien nach den Aktenunterlagen keine Befunde erhoben und Behandlungen durchgeführt worden. Ohne sich in seinem Gutachten damit auseinanderzusetzen, dass eine Syringomyelie in der Regel eine angeborene Erkrankung sei, die häufiger bei Männern und im mittleren Alter sowie bevorzugt im Hals- und Brustmark auftrete und diese auch zu Veränderungen des Gehirnes führe, nehme Prof. Dr. S. als weitere Unfallfolgen eine Syringomyelie sowie eine gedeckte Hirnverletzung an. Nach dem neuroradiologischen Zusatzgutachten von Dr. B. seien die Gehirndefekte dagegen nicht auf eine direkte kontusionelle Schädigung zurückzuführen, sondern Folge einer Rückenmarksschädigung, die Durchblutungsstörungen im Gehirn verursacht habe. Nach den derzeit vorliegenden Aktenunterlagen sei nicht erwiesen, welche konkreten Erkrankungen im Bereich des Halsmarkes und des Gehirns vorlägen. Solle durch weitere Aufnahmen die gedeckte Hirnverletzung und die Syringomyelie bestätigt werden, würde es sich bei diesen Erkrankungen trotzdem nicht um Unfallfolgen handeln. Eine unfallbedingte gedeckte Hirnverletzung könne anhand der erhobenen Befunde und des Heilverlaufes bis 1987 ausgeschlossen werden. Eine unfallbedingte Syringomyelie sei auch wegen der langen Latenzzeit unwahrscheinlich.
In seiner vom Senat eingeholten Stellungnahme vom 5. Januar 2005 hat Prof. Dr. W. ausgeführt, eine gedeckte Hirnverletzung als Unfallfolge habe nicht zur Diskussion gestanden, sondern eine durch den Unfall bedingte Störung der Gefäßversorgung. Unzweifelhaft liege beim Kläger eine Syringomyelie vor, die in typischer Weise im Gefolge des HWS-Traumas aufgetreten sei. Die Feststellung, dass es sich bei der Syringomyelie in der Regel um eine angeborene Erkrankung handle, sei in dieser Form falsch, ebenso die Annahme, dass selbst eine Bestätigung der Syringomyelie einen kausalen Zusammenhang mit dem Unfall ausschließen lasse. Es sei nahezu typisch für die posttraumatische Syringomyelie, dass sie als Spätkomplikation zu betrachten sei, die noch Jahrzehnte nach einem Trauma auftreten könne. Eine zunehmende spinale Symptomatik lasse sich somit zwanglos auf eine posttraumatische Syringomyelie zurückführen. Da einige Befunde, die von Prof. Dr. S. erhoben worden seien, in seinem Vorgutachten noch nicht dokumentiert seien, könne erst die Verlaufsdynamik im Zusammenhang eines erneuten Gutachtens über einen Zusammenhang der Syringomyelie mit dem Unfall hinaus etwas über die Progredienz aussagen.
Der den Kläger seit September 1998 behandelnde Arzt für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren Dr. A. hat dem Senat gegenüber unter dem 14. März 2005 mitgeteilt, beim Kläger sei seit den Jahren 2000 und 2001 eine deutliche Befundveränderung bzw. -verschlechterung eingetreten. Wahrscheinlich beruhe diese Veränderung überwiegend auf der destruktiven Persönlichkeitsentwicklung und der psychosozialen Desintegration, die der Kläger in den Jahren seit 2002 bis 2004 durchgemacht habe. Beigefügt waren der Arztbrief von der Ärztin für Anästhesiologie Dr. K. vom 3. Februar 2001 (Diagnosen: chronisches Schmerzsyndrom nach Spondylodese C 4/C 5, posttraumatische Synringo-Hydromyelie, cervicale muskuläre Insuffizienz) und der ärztliche Entlassungsbericht der Kliniken S. über die vom 25. November bis zum 20. Dezember 2001 durchlaufene stationäre Rehabilitationsmaßnahme (Diagnosen: chronifizierte Kopfschmerzen mit somatoformer Überformung bei Zustand nach HWS-Luxation mit Tetraplegie und posttraumatischer Syringohydromyelie, Dysthymie mit Zügen psychosozialer Desintegration und Fettleber).
Prof. Dr. W. hat zuletzt in seiner ergänzend vom Senat eingeholten Stellungnahme vom 26. April 2006 nochmals darauf hingewiesen, dass eine direkte Hirnkontusion nicht zur Diskussion gestanden habe, sondern eine durch den Unfall bedingte Störung der Gefäßversorgung. Die Ausführungen von Dr. B. in seinem Gutachten vom 28. August 2001, die intracraniellen Defekte in der rechten Kleinhirnhemisphäre und im rechten Occipitalhirn würden als Folgeerscheinungen des HWS-Traumas eingeschätzt und anzunehmen seien ischämische Infarzierungen, die sich in der rechten Kleinhirnhemisphäre im Versorgungsgebiet der Arteria cerebelli posterior inferior und in einem umschriebenen Areal im rechten Occipitallappen eingestellt hätten, belegten diese Einschätzung. Über den Pathomechanismus (z. B. Dissektion, posttraumatische Thrombose und Embolie der Arteria vertebralis) sei in dem Gutachten keine Aussage gemacht. Für eine entsprechende, erst sehr viel später, unabhängig vom Unfall aufgetretene ischämische Läsion (Schlaganfall) habe sich anamnestisch kein Hinweis ergeben. Eine weitere Begutachtung würde keine zusätzliche Erklärung bringen. Des Weiteren hat Prof. Dr. W. ausgeführt, die posttraumatische Myelomalazie münde in aller Regel in eine Syringomyelie. Ursprünglich werde bei der Myelomalazie zerstörtes Gewebe abgebaut und es entstehe eine Höhle (= Syrinx). Es sei nahezu typisch für die posttraumatische Syringomyelie, dass sie als Spätkomplikation noch Jahrzehnte nach einem Trauma auftreten könne und dass sie ein progredientes Beschwerdebild aufweisen könne. Dies sei in der Literatur belegt. An dem Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Syringomyelie gebe es sicher keinen berechtigten Zweifel. Bei der nochmaligen Durchführung von Untersuchungen gehe es darum, ob die Beschwerden und damit die Höhe der MdE richtig eingeschätzt worden seien und wie sie gegebenenfalls zum jetzigen Zeitpunkt einzuschätzen seien. Schließlich hat Prof. Dr. W. ausgeführt, die Unterstellung eines wesentlichen Zusammenhangs zwischen den beklagten Beschwerden und dem Unfallereignis sei berechtigt und zu bestätigen. In Anbetracht der Tatsache, dass bei Prof. Dr. S. einige Beschwerden angegeben worden seien, die von ihm in dieser Form noch nicht erfasst worden seien, schließe er sich der Einschätzung von Prof. Dr. S. an, die MdE auf neurologischem Fachgebiet auf 40 v. H. einzuschätzen. Diese Einschätzung beziehe sich auf die pathologisch nachweisbaren motorisch evozierten Potentiale zum Musculus tibialis anterior, die zu einer rechtsbetonten Pyramidenbahnläsion passten und im Verein mit dem pathologischen klinischen Befund dafür sprächen. Die elektromyographischen Untersuchungen belegten zudem eine Wurzelläsion C 7 bis C 8 linksbetont.
Der Senat hat die unter dem Az.: S 6 SB 3538/01 geführten Akten des SG beigezogen, welche das in einem auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung gerichteten Verfahren eingeholte Gutachten des Arztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. vom 10. August 2001 enthalten. Dr. M. diagnostizierte einen Zustand nach Spondylodese C 4/5 mit partieller Fusion der Wirbelkörper mit einer posttraumatischen Syryngo-Hydro-Myelie ohne sensomotorische Defekte nach initialer Tetraplegie.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist begründet.
Das Begehren des Klägers richtet sich sinngemäß neben einer Feststellung weiterer Unfallfolgen auf eine Überprüfung des Bescheides vom 19. Dezember 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 1985 nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), hilfsweise darauf, dass seither eine wesentliche Verschlimmerung im Sinne des § 48 SGB X eingetreten ist. Dabei war der Bescheid vom 19. Dezember 1984, in welchem einzelne Gesundheitsstörungen nicht mehr als Unfallfolgen aufgeführt wurden, unter Berücksichtigung des Bescheides vom 23. Dezember 1982, in welchem erstmals Unfallfolgen festgestellt wurden, auszulegen.
Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X).
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Er soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SGB X). Die Frage, ob eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten ist, richtet sich gemäß §§ 214 Abs. 3 Satz 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) nach § 73 SGB VII. Ändern sich aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Voraussetzungen für die Höhe einer Rente nach ihrer Feststellung, wird die Rente in neuer Höhe nach Ablauf des Monats geleistet, in dem die Änderung wirksam geworden ist (§ 73 Abs. 1 SGB VII). Bei der Feststellung der MdE ist eine Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X nur wesentlich, wenn sie mehr als 5 v. H. beträgt; bei Renten auf unbestimmte Zeit muss die Veränderung der MdE länger als drei Monate andauern (§ 73 Abs. 3 SGB VII).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (BSG, Urteil vom 4. August 1955 - 2 RU 62/54 - BSGE 1, 174, 178; BSG, Urteil vom 14. November 1984 - 9b RU 38/84 - SozR 2200 § 581 Nr. 22).
Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich (BSG, Urteil vom 30. April 1985 - 2 RU 43/84 - BSGE 58, 80, 82; BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 - 2 RU 27/86 - BSGE 61, 127, 129; BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - HVBG-Info 2000, 2811). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, sodass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSG, Urteil vom 2. Februar 1978 - 8 RU 66/77 - BSGE 45, 285, 286). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt - in gleichem Maße - wesentlich beigetragen haben (BSG, Urteil vom 28. Juni 1988 - 2/9b RU 28/87 - BSGE 63, 277, 278). Kommt dagegen einer der Bedingungen gegenüber der oder den anderen Bedingung/en eine überwiegende Bedeutung zu, so ist sie allein wesentliche Bedingung und damit Ursache im Rechtssinne (BSG, Urteil vom 30. Juni 1960 - 2 RU 86/56 - SozR § 542 Nr. 27; BSG, Urteil vom 1. Dezember 1960 - 5 RKn 66/59 - SozR § 542 Nr. 32). Insoweit ist eine wertende Gegenüberstellung der ursächlichen Faktoren erforderlich (BSG, Urteil vom 29. März 1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52, 53; BSG, Urteil vom 31. Oktober 1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121, 123; BSG, Urteil vom 20. Januar 1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110, 112). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (BSG, Urteil vom 24. Oktober 1957 - 10 RV 945/55 - BSGE 6, 70, 72; BSG, Urteil vom 27. Juni 1991 - 2 RU 31/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass neben den mit Bescheid vom 23. November 1982 anerkannten Unfallfolgen zusätzlich Konzentrationseinbußen, intellektuelle Verlangsamung sowie Nacken- und Kopfschmerzen wegen Veränderungen im Bereich des Groß- und Kleinhirns und des Hirnstammes infolge einer Syryngomyelie, eine Critical-illness-Polyneuropathie und statt einer endgradigen eine deutlich ausgeprägte Bewegungseinschränkung der HWS bei Rotation und Seitneigung als Unfallfolgen festzustellen sind und dem Kläger seit dem 26. März 1999 eine Verletztenrente statt nach einer MdE von 20 v. H. nach einer MdE von 50 v. H. wegen einer wesentlichen Verschlimmerung zu gewähren ist.
Der Kläger hat bei dem streitgegenständlichen Unfall eine Luxationsfraktur mit inkompletter Tetraplegie erlitten. Posttraumatisch entwickelten sich eine Myelomalazie (= Rückenmarkserweichung) und Ischämien (= Durchblutungsstörungen) cerebellär (= im Kleinhirn), occipital (= im Hinterhaupt) und im Hirnstamm. Insoweit stützt sich der Senat auf das neurologische Gutachten von Prof. Dr. S. vom 28. August 2001, in welchem dieser für den Senat nachvollziehbar dargelegt hat, dass diese Verletzungen durch die Art des Unfalls mit wuchtigem Aufprall des Schädels auf den Hinterkopf und die Abknickung der HWS nicht ungewöhnlich und damit zwanglos erklärbar seien. Er hat sich für den Senat in sich widerspruchsfrei auf das neurologische Zusatzgutachten von Dr. B. vom 28. August 2001 gestützt, in welchem dieser nach Durchführung einer Magnetresonanztomographie des Schädels und der HWS ausgeführt hat, es handle sich um Folgeerscheinungen einer lokalen Verletzung des Rückenmarkes. Dr. B. hat eine intramedulläre Kontusionsblutung (= aufprallbedingte Blutung im Rückenmark) angenommen, aus der sich eine posttraumatische Syrinx (= Höhle) in der Verletzungshöhe als Defekt herausgebildet hat. Darüber hinaus ist nach Dr. B. eine lokale Verschmächtigung der Medulla spinalis (= Rückenmark) eingetreten und eine sekundäre Atrophie in cranialer (= kopfwärts) und kaudaler (= abwärts) Richtung anzunehmen. Die intracraniellen (= im Schädel vorhandenen) Defekte in der rechten Kleinhirnhemisphäre und im rechten Occipitalhirn hat Dr. B. als Folgeerscheinungen des HWS-Traumas eingeschätzt und ischämische Infarzierungen (= Blutstauungen) angenommen, die sich in der rechten Kleinhirnhemisphäre im Versorgungsgebiet der A. cerebelli posterior inferior und in einem umschriebenen Areal im rechten Occipitallappen eingestellt haben. Es ist daher davon auszugehen, dass die Gehirnveränderungen nicht auf eine aufprallbedingten Hirnkontusion - wie möglicherweise auch von Prof. Dr. S. wegen seines Hinweises auf einen "Aufprall des Schädels auf den Hinterkopf" angenommen - zurückzuführen, sondern mittelbare Folge der unfallbedingten Rückenmarksveränderungen sind. Deshalb ist es für den Senat nicht entscheidend, dass nach dem Unfall weder eine Bewusstlosigkeit noch eine Amnesie auftrat und deswegen nicht von einer aufprallbedingten Hirnverletzung auszugehen ist (siehe dazu Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, 5.3.2.2, Seite 262). Vielmehr folgt der Senat der Einschätzung von Dr. B., dass die von ihm beschriebenen (Gehirn-)Defekte bei eingreifenden Verletzungen der HWS bzw. der Wirbelarterien nicht ungewöhnlich sind. Auch hat Prof. Dr. W. in seiner Stellungnahme vom 4. Februar 2004 eine ischämische Infarzierung als direkte Folge des Traumas oder als Folge der Operation für möglich erachtet. In seinen Stellungnahmen vom 5. Januar 2005 und 26. April 2006 hat Prof. Dr. W. ausgeführt, unzweifelhaft liege beim Kläger eine Syringomyelie vor, die in typischer Weise im Gefolge des HWS-Traumas aufgetreten sei. Es sei nahezu typisch für die posttraumatische Syringomyelie, dass sie als Spätkomplikation zu betrachten sei, die noch Jahrzehnte nach einem Trauma auftreten könne. Eine zunehmende spinale Symptomatik lasse sich somit zwanglos auf eine posttraumatische Syringomyelie zurückführen. Da es weder anamnestisch noch aufgrund der aktenkundigen Untersuchungsbefunde einen Hinweis auf eine andere Ätiologie zur Erklärung dieser Defekte gibt, hat sich nach Ansicht des Senats die Möglichkeit einer posttraumatischen Syryngomyelie zur Wahrscheinlichkeit verdichtet. Dem steht auch der Einwand der Beklagten, dass eine Syringomyelie (= Höhlenbildung innerhalb der die Nervenzellen und ihre Verzweigungen führenden Substanz des Rückenmarks) in der Regel eine angeborene Erkrankung sei, die häufiger bei Männern und im mittleren Alter sowie bevorzugt im Hals- und Brustmark auftrete und die auch zu Veränderungen des Gehirnes führe, nicht entgegen. Denn neben einer angeborenen Missbildung, Tumoren im oder am Rückenmark oder einer Arachnoiditis (= verletzungs- oder infektionsbedingte Erkrankung der Rückenmarkshaut) kommt als Ursache für eine Syringomyelie eine Verletzung der Wirbelsäule, die das Rückenmark in Mitleidenschaft zieht, in Betracht (www.intern.involva.de/syring). Eine derartige schwere Verletzung der Wirbelsäule ist vorliegend im Gegensatz zu den anderen in Betracht kommenden Ursachen aber gerade bewiesen. Entgegen der Ansicht der Beklagten hält der Senat eine weitere Begutachtung des Klägers nicht für erforderlich, zumal bereits Dr. M./Dr. S./Dipl. med. S. aufgrund der am 11. März 1999 durchgeführten Magnetresonanztomographie der HWS in Höhe der Diskusebene C 4/5 eine spindelförmige zystische Höhlenbildung des Markraumes im Sinne einer "wahrscheinlich posttraumatisch entstandenen" Syringo-Hydromyelie objektivierten und das am 26. März 1999 durchgeführte Schädel-CT durch Dr. U. als "alt vorbestehend ischämische Strukturdefekte am oberen Hirnstamm, in den Kleinhirnhemisphären sowie auch in den Großhirnhemisphären re. betont".
Somit waren weitere Unfallfolgen festzustellen. Allerdings wurden die Gehirnveränderungen im Bescheid vom 19. Dezember 1984 zu Recht nicht als Unfallfolgen aufgeführt, sodass dieser Bescheid nicht von Anfang rechtswidrig im Sinne des § 44 SGB X gewesen ist. Zwar hat Prof. Dr. S. in seinem Gutachten vom 26. August 2001 für den Senat nachvollziehbar dargelegt hat, dass "die Hirnverletzungsfolgen" bereits seit Anbeginn bestünden. Der Senat interpretiert diese Einschätzung allerdings dahingehend, dass zunächst nur eine Rückenmarksveränderung vorlag und sich hieraus erst sehr viel später die Gerhirnveränderungen entwickelt haben. Soweit der Bescheid vom 19. Dezember 1984 nicht die durch die Veränderungen im Bereich des Groß- und Kleinhirns und des Hirnstammes bedingte/n Konzentrationseinbußen, intellektuelle Verlangsamung sowie Nacken- und Kopfschmerzen, eine Critical-illness-Polyneuropathie und nur eine endgradige Bewegungseinschränkung der HWS als Unfallfolgen aufführte, liegt aber eine wesentliche Verschlimmerung im Sinne des § 48 SGB X vor.
Die unfallbedingte MdE ist nach Überzeugung des Senats von 20 auf 50 v. H. heraufzusetzen.
Auf orthopädischem Fachgebiet war die Teil-MdE von 0 auf 20 v. H. heraufzusetzen. Denn die Bewegungseinschränkung der HWS hat sich gegenüber dem orthopädischen Gutachten von Prof. Dr. P. vom 27. Juli 1982 (endgradige Bewegungseinschränkung der HWS bei Rotation und Seitneigung) derart verschlimmert, dass sie nicht mehr nur endgradig, sondern deutlich ausgeprägt vorliegt. Der Senat folgt dabei dem orthopädischen Gutachten von Prof. Dr. U. vom 23. Oktober 2001. Demnach bestehen eine Funktionseinschränkung der HWS endgradigen Ausmaßes für Inklination und Reklination, eine symmetrische mäßige Einschränkung der Lateralneigung, eine deutliche Einschränkung der Rotation nach rechts und im geringen Ausmaß nach links mit erheblichem Funktionsdefizit der Rotationsfähigkeit an der oberen und unteren HWS, paravertebrale Muskelverspannungen mit Muskelwulstbildung an der HWS links und eine funktionelle muskulärbedingte Seitauslenkung der HWS. Im Gegensatz zum chirurgischen Gutachten von Prof. Dr. H. vom 16. November 1999 sind die Bewegungseinschränkungen des Klägers recht deutlich ausgeprägt. Prof. Dr. U. hat für den Senat nachvollziehbar dargelegt, dass durch Fusionsoperationen der HWS erhebliche strukturelle wie auch funktionelle Veränderungen an der HWS induziert werden, die den feststellbaren segmentalen Bewegungsverlust erklären und aufgrund der konsekutiven Hypermobilität in den Nachbarsegmenten auch eine Schmerzsymptomatik durch reaktive Verspannungen der Muskulatur begründen. Die Funktionseinschränkungen der HWS sind ausweislich des Gutachtens von Prof. Dr. U. auch radiologisch belegt. Daher bedingen nach Überzeugung des Senats die Funktionseinschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet eine MdE von 20 v. H. Für den Senat nachvollziehbar hat Prof. Dr. U. den Zeitpunkt der Verschlimmerung auf das Jahr 1999 gelegt, in welchem der Kläger nach seinen eigenen Angaben physio- und chirotherapeutische Behandlungsmaßnahmen aufgenommen hat.
Auf neurologischem Fachgebiet war die Teil-MdE von 20 auf 40 v. H. heraufzusetzen. Denn die neurologisch-bedingten Beeinträchtigungen haben sich seit dem neurologischen Gutachten von Dr. R. vom 26. November 1984 (Reflexstörungen und geringe spastische Paraparese, Sensibilitätssörungen mit Herabsetzung der Berührungs- und Schmerzwahrnehmung distal Th 9, Einschränkung der Vibrationsempfindung an den unteren Extremitäten und geringe Beeinträchtigung der Blasen- und Mastdarm- sowie Sexualfunktion) verschlimmert. Der Kläger leidet infolge der unfallbedingten Veränderungen im Bereich des Groß- und Kleinhirns und des Hirnstammes an Konzentrationseinbußen, einer intellektuellen Verlangsamung sowie an Nacken- und Kopfschmerzen. Zusätzlich liegt im Bereich der HWS eine Schädigung der paravertebralen Muskulatur bzw. der radikulären Nervenäste, eine Myelomalazie mit Irritation des Rückenmarks mit leichter Myelopathie und auch radikulärer Läsionen im Bereich der oberen Extremitäten ab C6, links betont, eine peripher-neurogene Schädigung (Critical-illness-Polyneuropathie) in Form von Paresen der Handbinnenmuskulatur und an den Beinen, beginnenden Missempfindungen an den Fußrücken beidseits und einer Atrophie der Muskulatur des Kopfhalteapparates sowie ein ataktisches Gangbild vor. Dabei stützt sich der Senat auf das Gutachten von Prof. Dr. S. vom 26. August 2001. Dieser hat ausführlich dargelegt, dass neurophysiologisch objektivierbare Defekte mit leichter Pyramidenbahnschädigung, nachweisbar sowohl durch die motorisch-evozierten und fraktionierten Medianus-evozierten Potentiale, vorliegen. Er hat auch ausgeführt, dass mit der Wurzelschädigung auch die neurophysiologischen Befunde mit dem von ihm näher dargelegten chronischen neurogenen Umbau und damit auch die leichten trophischen Störungen und die geringe Muskelatrophie links betont der Handbinnenmuskulatur gut vereinbar sind. Auch hat er erläutert, dass die im EEG objektivierte diskrete herdförmige Störung einen Restbefund der Hirnveränderungen darstellt. Im Übrigen hat auch Prof. Dr. W. in seiner Stellungnahme vom 4. Februar 2004 die Einschätzung von Prof. Dr. S. für nachvollziehbar gehalten, indem er dessen klinische Einschätzung durch die elektromyographischen Untersuchungen für belegt erachtet hat. Der Senat geht davon aus, dass die neurologischbedingte Verschlimmerung im Februar 1999 eingetreten ist. Denn der Kläger gab gegenüber Prof. Dr. W. bei der Anamneseerhebung am 3. Mai 2000 an, ab Februar 1999 sei es zu einer deutlichen Verschlechterung in Bezug auf die Frequenz und Dauer seiner seit dem Unfall bestehenden Kopf- und Nackenschmerzen gekommen, was zu dem am 21. Juni 1999 gestellten Verschlimmerungsantrag geführt hat. Im Übrigen hat der Kläger in seinem am 2. Mai 2001 erhobenen Widerspruch ausgeführt, wegen der Unfallfolgen seit dem 4. Februar 1999 arbeitsunfähig zu sein. Objektiviert wurden die hinzugetretenen Unfallfolgen erstmals durch die am 11. März 1999 durch Dr. M./Dr. S./Dipl. med. S. durchgeführte Magnetresonanztomographie der HWS und das am 26. März 1999 durch Dr. U. durchgeführte Schädel-CT.
Die unfallbedingte Gesamt-MdE beträgt 50 v. H., wie Prof. Dr. U. überzeugend dargelegt hat, dem auch Dr. F. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 13. November 2001 zugestimmt hat.
Nach alledem war das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. Juli 2003 sowie der Bescheid vom 24. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2003 aufzuheben und als weitere Unfallfolgen Konzentrationseinbußen, intellektuelle Verlangsamung sowie Nacken- und Kopfschmerzen, eine Critical-illness-Polyneuropathie und eine deutlich ausgeprägte Bewegungseinschränkung der HWS als Unfallfolgen festzustellen. Des Weiteren war die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 1. März 1999 eine Verletztenrente nach einer MdE von 50 v. H. zu gewähren, da gemäß § 73 Abs. 1 SGB VII die Rente in der neuen Höhe erst nach Ablauf des Monats geleistet wird, in dem die Änderung wirksam geworden ist. Soweit der Kläger eine Verletztenrente nach einer MdE von 50 v. H. ab einem früheren Zeitpunkt begehrt, war die die Berufung zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte dem Kläger eine höhere Rente zu gewähren hat.
Der 1962 geborene Kläger hatte am 19. Januar 1981 als Schüler des Wirtschaftsgymnasiums S.-O. beim Schulsport einen Unfall erlitten, indem er beim Hochsprung im so genannten Flop-Stil statt mit dem Rücken mit dem Genick auf die Matte aufkam und sich dabei eine Luxation der Halswirbelsäule (HWS) zwischen dem 4. und 5. Wirbelkörper mit inkompletter Querschnittssymptomatik zuzog. Mit Bescheid vom 18. Mai 1982 hatte die Beklagte eine vorläufige Verletztenrente vom 20. Januar bis zum 31. Mai 1981 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 vom Hundert (v. H.), vom 1. Juni bis zum 31. August 1981 von 80 v. H. und ab 1. September 1981 von 50 v. H. bewilligt. Diesem Bescheid hatten das orthopädische Gutachten von Prof. Dr. P., Ärztlicher Direktor der Orthopädischen Klink des O.-Hospitals in S., vom 21. Oktober 1981, dessen Stellungnahme vom 18. Januar 1982, das neurologische Zusatzgutachten von Dr. K., Ärztlicher Direktor der Kinderklinik des O.-Hospitals in S., vom 10. Dezember 1981 und die beratungsärztliche Stellungnahme des Facharztes für Chirurgie Dr. K. vom 2. März 1982 zugrunde gelegen.
Mit Bescheid vom 23. November 1982 hatte die Beklagte eine Verletztenrente auf Dauer nach einer MdE von 50 v. H. festgestellt und eine endgradige Bewegungseinschränkung der HWS bei Rotation und Seitneigung, ein ataktisch spastisches Gangbild mit Sensibilitätsstörungen im Bereich der unteren Extremität, eine seitengleiche muskuläre Schwäche im Bereich der linken und rechten unteren Extremität, eine leichte Schwäche der kleinen Handmuskulatur links mit Einschränkung der Fingergeläufigkeit beidseits sowie eine geringgradige Dekontraktionshemmung der Hände und eine geringe Einschränkung der Blasen- und Mastdarmfunktion als Folgen des Arbeitsunfalls anerkannt. Die Beklagte hatte sich auf das orthopädische Gutachten von Prof. Dr. P. vom 27. Juli 1982, das neurologische Gutachten der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. R. vom 3. September 1982 und die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. K. vom 12. Oktober 1982 gestützt.
Mit Bescheid vom 19. Dezember 1984 hatte die Beklagte mit Wirkung vom 1. Februar 1985 die dem Kläger gewährte Verletztenrente auf 20 v. H. wegen einer Veränderung der zugrunde liegenden Verhältnisse herabgesetzt und zur Begründung mitgeteilt, funktionsbehindernde motorische Störungen an der Handmuskulatur, eine Einschränkung der Fingergeläufigkeit, eine Dekontraktionshemmung der Hände und isolierte Muskelschwächen an den Beinen hätten nicht mehr bestanden und die Sensibilitätsstörungen hätten sich geringgradig zurückgebildet. Diesem Bescheid hatten das neurologische Gutachten von Dr. R. vom 26. November 1984 und die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. K. vom 11. Dezember 1984 zugrunde gelegen. Den hiergegen am 22. Dezember 1984 erhobenen Widerspruch hatte die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 1985 zurückgewiesen. Hiergegen hatte der Kläger am 5. März 1985 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben, welches unter Zugrundelegung des nervenärztlichen Gutachtens nach Aktenlage des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. vom 21. August 1985, der gutachtlichen Stellungnahme von Dr. R. vom 27. Februar 1986 und des nervenärztlichen Gutachtens von Prof. Dr. A., Neurologe und Psychiater in der Neurologischen Ambulanz der Universität U., vom 17. April 1986 mit Urteil vom 30. Juli 1986 die Klage abgewiesen hatte.
Der Behandlungsbericht von Dr. R. vom 17. Dezember 1986 hatte die Beklagte veranlasst, das Gutachten von Prof. Dr. Dr. M., Ärztlicher Direktor der Abteilung Neuropsychologie mit Neurologischer Poliklinik der Neurologischen Universitätsklinik T., vom 12. März 1987 und dessen Stellungnahme vom 28. April 1987 einzuholen.
Am 22. Juli 1999 beantragte der Kläger die rückwirkende Erhöhung der MdE. Durch die durch den Unfall notwendig gewordene Versteifung der Halswirbel bestehe ein akutes orthopädisches Krankheitsbild. Die Beklagte zog die Arztbriefe der Radiologen Dr. M./Dr. S./Dipl.-Med. S. vom 11. März 1999 (hauptbefundlich zeige sich in Höhe der Diskusebene C 4/5 eine spindelförmige zystische Höhlenbildung des Markraumes im Sinne einer wahrscheinlich posttraumatisch entstandenen Syringo-Hydromyelie) und vom Radiologen Dr. U. vom 29. März 1999 (kein Hinweis für einen suspekten frischen Prozess, dabei offenbar vorbestehende ischämische Strukturdefekte am oberen Hirnstamm, in den Kleinhirnhemisphären sowie in den Großhirnhemisphären rechtsbetont) bei. Sodann ließ die Beklagte den Kläger untersuchen und begutachten. Prof. Dr. H., Ärztlicher Direktor der Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des K.-Hospitals S., führte in seinem Zweiten Rentengutachten vom 20. November 1999 aus, als Unfallfolge bestehe eine knöchern fest verheilte Luxationsfraktur C 4/5 mit Blockwirbelbildung ohne wesentliche degenerative Veränderungen und mit fehlenden Arthrosezeichen der angrenzenden Gelenke. Orthopädisch lägen wenig Folgeerscheinungen oder Bewegungseinschränkungen vor bzw. seien die discoligamentären Veränderungen ausgeheilt. Die geschilderten starken Symptome lägen auf neurologischem Gebiet. Von orthopädischer Seite sei keine Befundänderung eingetreten. Prof. Dr. W., Ärztlicher Direktor der Neurologischen Klinik des Bürgerhospitals in S., beschrieb in seinem neurologischen Gutachten vom 17. Juli 2000 eine Sensibilitätsstörung mit sensiblem Niveau ab Höhe Th 9 nach distal beidseits mit Abschwächung des Vibrationsempfindens am Großzehengrundgelenk rechts auf 4/8, links auf 5/8 sowie eine dissoziierte Empfindungsstörung mit im Vordergrund stehender Thermhypästhesie sowie Hypalgesie im Bereich beider Arme sowie rechts abgeschwächte Armeigenreflexe und Fremdreflexe (Bauchhautreflexe) als auf das Unfallereignis zurückzuführende Befunde und führte aus, auf neurologischem Fachgebiet sei bei im Wesentlichen vergleichbaren Befunden im Hinblick auf das Vergleichsgutachten vom September 1984 weiterhin eine MdE von 20 v. H. gerechtfertigt. Ergänzend führte Prof. Dr. W. aus, in einer Kernspintomographie der HWS habe sich keine wesentliche Progredienz der posttraumatischen Myelomalazie des Halsmarkes in Höhe CWK 4/5 ergeben. Die elektrophysiologischen Zusatzuntersuchungen betreffs eines Tibialis-SEP und eines fraktionierten Medianus-SEP seien ohne pathologischen Befund. Die vom Kläger vorgebrachten zunehmenden Nacken- und Kopfschmerzen seien im Rahmen eines unfallunabhängigen, episodischen Spannungskopfschmerzes zu erklären. Auch den zusätzlich vorgebrachten Tinnitus sehe er als unfallunabhängig an. Prof. Dr. H. schlug daher in seiner Stellungnahme vom 7. Dezember 2000 eine Gesamt-MdE von weiterhin 20 v. H. vor. Dieser Einschätzung stimmte der Facharzt für Chirurgie Dr. F. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 11. April 2001 zu. Mit Bescheid vom 24. April 2001 lehnte die Beklagte den Antrag auf Rentenerhöhung mit der Begründung, eine wesentliche Verschlimmerung liege nicht vor. ab.
Hiergegen erhob der Kläger am 2. Mai 2001 Widerspruch. Wegen der sich über Jahre verstärkenden Unfallfolgen sei er seit dem 4. Februar 1999 arbeitsunfähig. Die Schmerzen verstärkten sich bei jeglicher Belastung, so dass es unmöglich sei, einer Tätigkeit nachzugehen. Er beantrage daher eine rückwirkende Rentenerhöhung. Sodann holte die Beklagte weitere Gutachten ein. Dr. S., Chefarzt des Radiologischen Sozialinstituts der Klinik a. E. in G., führte in seinem röntgenologischen Gutachten vom 4. August 2001 aus, es sei bei einem Zustand nach HWK-4-Fraktur eine Fusion zwischen HWK 4 und 5 erfolgt. Die Verblockung der Wirbelkörper sei stabil. Der Spinalkanal sei nicht relevant beengt. Es bestehe eine mäßige Osteochondrose im darunter gelegenen Bandscheibenfach und keine Verlegung der Neuroforamina. Weitgehend liege eine altersentsprechende Darstellung der Brustwirbelsäule (BWS) und Lendenwirbelsäule (LWS) vor. Die vom Kläger angegebenen Beschwerden mit Pelzigkeit und Schmerzen könnten anhand der Knochenaufnahmen weder ausgeschlossen noch bestätigt werden. Weiterführend wäre eventuell eine Darstellung des Myelons mit einem Schnittbildverfahren. Dr. B., Chefarzt der Neuroradiologischen Abteilung des Fachkrankenhauses Neurologie und Psychiatrie C. in G., nahm in seinem neuroradiologischen Gutachten vom 28. August 2001 nach Durchführung einer magnetresonanztomographischen Untersuchung von HWS und Schädel an, es handle sich um Folgeerscheinungen einer lokalen Verletzung des Rückenmarkes. Eine intramedulläre Kontusionsblutung werde angenommen, aus der sich eine posttraumatische Syrinx in der Verletzungshöhe als Defekt herausgebildet habe. Darüber hinaus sei eine lokale Verschmächtigung der Medulla spinalis eingetreten und eine sekundäre Atrophie in kranialer und kaudaler Richtung anzunehmen. Die intracraniellen Defekte in der rechten Kleinhirnhemisphäre und im rechten Occipitalhirn würden als Folgeerscheinungen dieses HWS-Traumas eingeschätzt. Anzunehmen seien ischämische Infarzierungen, die sich in der rechten Kleinhirnhemisphäre im Versorgungsgebiet der A. cerebelli posterior inferior und in einem umschriebenen Areal im rechten Occipitallappen eingestellt hätten. Diese als mittelbare Verletzungsfolge einzuschätzenden Defekte seien nicht nur bei eingreifenden Verletzungen der HWS bzw. der Wirbelarterien nicht ungewöhnlich. Der im rechten Occipitallappen gelegene Defekt könne soeben in die Radiatio optica hineinreichen, sodass eventuelle vorliegende Gesichtsfelddefekte eine Erklärung fänden. Die ausgedehnten lokalen Verletzungen der rechten Kleinhirnhemisphäre und die sekundären atrophischen Veränderungen, die nicht nur die rechte, sondern auch die linke Kleinhirnhemisphäre beträfen, könnten verantwortlich für Gleichgewichtsstörungen sein. Unter Zugrundelegung dieser Zusatzgutachten führte Prof. Dr. S., Chefarzt der Klinik für Neurologie, Neurophysiologie und Frührehabilitation des Krankenhauses C. in G., in seinem neurologischen Gutachten vom 28. August 2001 aus, eine Verschlimmerung der Unfallfolgen auf neurologischem Gebiet sei insofern aufgetreten, als eindeutig zusätzlich gedeckte Hirnverletzungsfolgen im Bereich des Groß- und Kleinhirns und des Hirnstammes bestünden, die bislang nicht berücksichtigt worden seien. Diese Unfallfolgen bestünden sicher seit Anbeginn und damit auch schon zum Zeitpunkt der ersten Festsetzung der Dauerrente. Gegenüber dem neurologischen Gutachten vom 26. November 1984 sei eine grundsätzlich andere Beurteilung korrekt. In diesem Gutachten würden die Unfallfolgen am Gehirn nicht berücksichtigt, ebenso wenig wie die Folgen einer peripher neurogenen Schädigung, die er im Rahmen einer Critical-illness-Polyneuropathie deute. Die Gutachterin beschreibe wohl in ihrem Befund gegenüber den Patellarsehnenreflexen abgeschwächte Achillessehnenreflexe. In dem damaligen Gutachten würden Paresen der Handbinnenmuskulatur und an den Beinen nicht festgestellt, was im Gegensatz zu den jetzt erhobenen Befunden stehe. Für eine andere Ursache dieser peripher neurogenen Störung als die Folgen des Unfalles ergäben sich auch nach erneuter Anamneseerhebung keine Anhaltspunkte. Nach den nun erhobenen Befunden mit Atrophie der Muskulatur des Kopfhalteapparates und deutlich schmerzhaft eingeschränkter Bewegung der HWS in allen Ebenen sowie den objektiven neurophysiologischen Befunden seien die vorgebrachten Nacken- und Kopfschmerzen als unfallbedingt anzusehen. Ein Tinnitus sei jetzt nicht mehr belangvoll geklagt worden. Insofern könne man nicht von einer wesentlichen Unfallfolge ausgehen. Allerdings fänden sich Hinweise für eine Hirnstammfunktionsstörung, wie jetzt auch neurophysiologisch objektiviert, ohne im Doppler nachweisbare Vertebralis- bzw. Basilarisschädigung, so dass es offenbar durch den heftigen Unfall mit Überdehnung der HWS und Aufschlagen des Hinterkopfes nicht zu einer Dissektion der A. vertebralis gekommen sei. Prof. Dr. S. schätzte die unfallbedingte MdE höher ein und schlug unter Berücksichtigung der Kriterien zum erstmaligen Festsetzen der Dauerrente eine MdE von 40 v. H. ein, wobei die Unfallfolgen nicht nur am Rückenmark zu berücksichtigen seien, sondern auch an den peripheren Nerven, an den Halsnervenwurzeln sowie im Groß- und Kleinhirn mit objektivierten belangvollen Traumafolgen.
Prof. Dr. U., Chefarzt der Unfallchirurgischen Klinik der Klinik a. E. in G., gelangte in seinem Zweiten Rentengutachten vom 23. Oktober 2001 zu dem Ergebnis, dass die MdE allein auf orthopädischem Gebiet bislang nicht adäquat bemessen worden sei. Durch Fusionsoperationen an der HWS würden erhebliche strukturelle wie auch funktionelle Veränderungen an der HWS induziert, die den jetzt auch feststellbaren segmentalen Bewegungsverlust erklärten und aufgrund der konsekutiven Hypermobilität in den Nachbarsegmenten auch eine Schmerzsymptomatik durch reaktive Verspannungen der Muskulatur begründeten. Die vom Kläger reklamierten Funktionseinschränkungen der HWS ließen sich klinisch wie auch radiologisch belegen. Der Zeitpunkt der Verschlimmerung sei in dem Zeitpunkt der Wiederaufnahme physiotherapeutischer und chirotherapeutischer Behandlungsmaßnahmen im Jahr 1999 zu sehen. Ab diesem Zeitpunkt befinde sich der Kläger nach eigenen Angaben regelmäßig in orthopädischer Behandlung. Die vom Kläger vorgebrachten Nacken- und Kopfschmerzen seien im Zusammenhang mit der Funktionsstörung an der HWS erklärbar. Prinzipiell könnten Veränderungen an der HWS zu dem geklagten Tinnitus führen. Im Schrifttum seien hierüber zahllose Berichterstattungen in der Fachliteratur auf hals-nasen-ohrenärztlichem Gebiet zu finden. Folgerichtig würden die vom Kläger angegebenen Ohrgeräusche bereits schon bei der neurologischen Begutachtung durch Prof. Dr. S. als Unfallfolge gewürdigt. Prof. Dr. U. schlug eine MdE allein auf unfallchirurgischem Gebiet von 20 v. H. und unter Berücksichtigung der MdE auf neurologischem Fachgebiet von 40 v. H. eine Gesamt-MdE von 50 v. H. vor. Diese Einschätzung beinhalte auch eine etwaige MdE auf Hals-Nasen-Ohrenärztlichem Gebiet, da in der neurologischen Begutachtung diese Beschwerden mitbewertet worden seien. Dr. F. stimmte dieser Einschätzung in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 13. November 2001 zu und nahm eine Gesamt-MdE von 50 v. H. ab 1. März 1999 an.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 4. April 2002 mit, dass sie weitere Begutachtungen für erforderlich halte. Dies lehnte der Kläger in seiner E-Mail vom 12. April 2002 ab. Am 25. April 2002 erhob der Kläger Untätigkeitsklage bei dem Verwaltungsgericht Stuttgart (VG), das den Verwaltungsrechtsweg mit Beschluss vom 3. Juni 2001 für unzulässig erklärte und den Rechtsstreit an das SG verwies. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Februar 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, ohne die weiterhin notwendigen Begutachtungen könne keine andere Entscheidung getroffen werden. Nach Überprüfung des streitgegenständlichen Bescheides in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht werde dem Widerspruch nicht abgeholfen. Mit Urteil vom 25. Juli 2003 wies das SG die Klage ab. Es sei nicht nachgewiesen, dass die von Prof. Dr. S. angenommene Schädelhirnverletzung Folge des streitgegenständlichen Unfalls sei. Es stelle sich die Frage, warum bei den zahlreichen Untersuchungen des Klägers eine solche nach den Darlegungen von Prof. Dr. S. nicht ungewöhnliche Verletzungsfolge nahezu 20 Jahre übersehen worden sei. Anders würde sich der Sachverhalt darstellen, wenn sich die gedeckte Schädelhirnverletzung als Verschlimmerungsfolge hätte einstellen können. Dies sei aber mit Sicherheit nicht der Fall.
Gegen das ihm am 25. September 2003 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 30. September 2003 Berufung eingelegt. Die Entscheidung über die Dauerrente nach einer MdE nach 20 v. H. sei von Anfang an unrichtig gewesen. Einem fähigen Gutachter wäre aufgefallen, dass eine unfallbedingte Hirnverletzung vorliege und die orthopädischen Behinderungen nicht in die Gesamt-MdE von 20 v. H. eingeflossen seien.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. Juli 2003 und den Bescheid vom 24. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2003 aufzuheben, weitere Unfallfolgen festzustellen und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 19. Dezember 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 1985 zurückzunehmen, hilfsweise abzuändern und wegen einer Verschlimmerung die Verletztenrente nach einer MdE um 50 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat Prof. Dr. W. um Stellungnahme als Sachverständiger gebeten. Dieser hat in seiner Stellungnahme vom 4. Februar 2004 nach Lage der Akten ausgeführt, es sei anzunehmen, dass der Kläger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit am 19. Januar 1981 auch eine gedeckte Hirnverletzung im Bereich des Großhirns und Kleinhirns sowie des Hirnstamms erlitten habe, da im neuroradiologischen Gutachten von Dr. B. die Läsionen beschreiben würden und es keinen Hinweis auf eine andersartige Ätiologie gebe. Bei der von ihm selbst vorgenommenen klinisch-neurologischen Untersuchung im Jahr 2000 habe sich kein Hinweis auf eine gedeckte Hirnverletzung im Bereich des Groß- und Kleinhirns sowie des Hirnstammes gefunden. Als relevant seien die von Prof. Dr. S. beschriebenen Atrophien des Kopfhalteapparates sowie der Schultermuskulatur zu erachten, die in der neurologischen Voruntersuchung aus dem Jahr 2000 nicht aufgefallen seien, sich jedoch durchaus noch innerhalb des folgenden Zeitraumes gebildet oder verstärkt haben könnten. Prof. Dr. S. belege diese klinische Einschätzung durch elektromyographische Untersuchungen. Diese Muskelveränderungen könnten als Folge einer posttraumatischen Myelomalazie auftreten, die auch nach langer Latenz symptomatisch werden könne. Da die in der Bildgebung nachgewiesenen Defekte nicht eindeutig mit den neurologischen Untersuchungsergebnissen aus seinem Gutachten in Einklang zu bringen seien, halte er eine erneute Begutachtung für sinnvoll. Hierbei solle ebenfalls eine elektromyographische Untersuchung erfolgen, um das Ausmaß und möglicherweise auch das Alter des muskulären Umbaus zu bestimmen. Die Messung evozierter Potenziale könne ferner Auskunft darüber geben, inwieweit die in der Bildgebung beschriebenen Defekte und die aktuellen klinischen Beschwerden übereinstimmten. Nach dem Gutachten von Prof. Dr. S. habe seit September 1984 eine Veränderung des Gesundheitszustandes des Klägers stattgefunden. Aufgrund der ihm selbst vorliegenden Unterlagen sei diese Vermutung ausreichend belegt. Eine Beurteilung ohne erneute klinisch-neurologische Untersuchung sei ihm jedoch nicht möglich.
Die Beklagte hat ausgeführt, bei dem Unfallereignis sei weder eine Bewusstlosigkeit noch eine Amnesie aufgetreten. Auch über Kopfschmerzen und Tinnitus habe der Kläger bis 1987 nicht geklagt. Nach den bis zu diesem Zeitpunkt durchgeführten EEG’s, dem Heilverlauf und den weiteren erhobenen Befunden bestehe kein Anhalt für eine gedeckte Hirnverletzung. Von 1988 bis 1998 seien nach den Aktenunterlagen keine Befunde erhoben und Behandlungen durchgeführt worden. Ohne sich in seinem Gutachten damit auseinanderzusetzen, dass eine Syringomyelie in der Regel eine angeborene Erkrankung sei, die häufiger bei Männern und im mittleren Alter sowie bevorzugt im Hals- und Brustmark auftrete und diese auch zu Veränderungen des Gehirnes führe, nehme Prof. Dr. S. als weitere Unfallfolgen eine Syringomyelie sowie eine gedeckte Hirnverletzung an. Nach dem neuroradiologischen Zusatzgutachten von Dr. B. seien die Gehirndefekte dagegen nicht auf eine direkte kontusionelle Schädigung zurückzuführen, sondern Folge einer Rückenmarksschädigung, die Durchblutungsstörungen im Gehirn verursacht habe. Nach den derzeit vorliegenden Aktenunterlagen sei nicht erwiesen, welche konkreten Erkrankungen im Bereich des Halsmarkes und des Gehirns vorlägen. Solle durch weitere Aufnahmen die gedeckte Hirnverletzung und die Syringomyelie bestätigt werden, würde es sich bei diesen Erkrankungen trotzdem nicht um Unfallfolgen handeln. Eine unfallbedingte gedeckte Hirnverletzung könne anhand der erhobenen Befunde und des Heilverlaufes bis 1987 ausgeschlossen werden. Eine unfallbedingte Syringomyelie sei auch wegen der langen Latenzzeit unwahrscheinlich.
In seiner vom Senat eingeholten Stellungnahme vom 5. Januar 2005 hat Prof. Dr. W. ausgeführt, eine gedeckte Hirnverletzung als Unfallfolge habe nicht zur Diskussion gestanden, sondern eine durch den Unfall bedingte Störung der Gefäßversorgung. Unzweifelhaft liege beim Kläger eine Syringomyelie vor, die in typischer Weise im Gefolge des HWS-Traumas aufgetreten sei. Die Feststellung, dass es sich bei der Syringomyelie in der Regel um eine angeborene Erkrankung handle, sei in dieser Form falsch, ebenso die Annahme, dass selbst eine Bestätigung der Syringomyelie einen kausalen Zusammenhang mit dem Unfall ausschließen lasse. Es sei nahezu typisch für die posttraumatische Syringomyelie, dass sie als Spätkomplikation zu betrachten sei, die noch Jahrzehnte nach einem Trauma auftreten könne. Eine zunehmende spinale Symptomatik lasse sich somit zwanglos auf eine posttraumatische Syringomyelie zurückführen. Da einige Befunde, die von Prof. Dr. S. erhoben worden seien, in seinem Vorgutachten noch nicht dokumentiert seien, könne erst die Verlaufsdynamik im Zusammenhang eines erneuten Gutachtens über einen Zusammenhang der Syringomyelie mit dem Unfall hinaus etwas über die Progredienz aussagen.
Der den Kläger seit September 1998 behandelnde Arzt für Allgemeinmedizin und Naturheilverfahren Dr. A. hat dem Senat gegenüber unter dem 14. März 2005 mitgeteilt, beim Kläger sei seit den Jahren 2000 und 2001 eine deutliche Befundveränderung bzw. -verschlechterung eingetreten. Wahrscheinlich beruhe diese Veränderung überwiegend auf der destruktiven Persönlichkeitsentwicklung und der psychosozialen Desintegration, die der Kläger in den Jahren seit 2002 bis 2004 durchgemacht habe. Beigefügt waren der Arztbrief von der Ärztin für Anästhesiologie Dr. K. vom 3. Februar 2001 (Diagnosen: chronisches Schmerzsyndrom nach Spondylodese C 4/C 5, posttraumatische Synringo-Hydromyelie, cervicale muskuläre Insuffizienz) und der ärztliche Entlassungsbericht der Kliniken S. über die vom 25. November bis zum 20. Dezember 2001 durchlaufene stationäre Rehabilitationsmaßnahme (Diagnosen: chronifizierte Kopfschmerzen mit somatoformer Überformung bei Zustand nach HWS-Luxation mit Tetraplegie und posttraumatischer Syringohydromyelie, Dysthymie mit Zügen psychosozialer Desintegration und Fettleber).
Prof. Dr. W. hat zuletzt in seiner ergänzend vom Senat eingeholten Stellungnahme vom 26. April 2006 nochmals darauf hingewiesen, dass eine direkte Hirnkontusion nicht zur Diskussion gestanden habe, sondern eine durch den Unfall bedingte Störung der Gefäßversorgung. Die Ausführungen von Dr. B. in seinem Gutachten vom 28. August 2001, die intracraniellen Defekte in der rechten Kleinhirnhemisphäre und im rechten Occipitalhirn würden als Folgeerscheinungen des HWS-Traumas eingeschätzt und anzunehmen seien ischämische Infarzierungen, die sich in der rechten Kleinhirnhemisphäre im Versorgungsgebiet der Arteria cerebelli posterior inferior und in einem umschriebenen Areal im rechten Occipitallappen eingestellt hätten, belegten diese Einschätzung. Über den Pathomechanismus (z. B. Dissektion, posttraumatische Thrombose und Embolie der Arteria vertebralis) sei in dem Gutachten keine Aussage gemacht. Für eine entsprechende, erst sehr viel später, unabhängig vom Unfall aufgetretene ischämische Läsion (Schlaganfall) habe sich anamnestisch kein Hinweis ergeben. Eine weitere Begutachtung würde keine zusätzliche Erklärung bringen. Des Weiteren hat Prof. Dr. W. ausgeführt, die posttraumatische Myelomalazie münde in aller Regel in eine Syringomyelie. Ursprünglich werde bei der Myelomalazie zerstörtes Gewebe abgebaut und es entstehe eine Höhle (= Syrinx). Es sei nahezu typisch für die posttraumatische Syringomyelie, dass sie als Spätkomplikation noch Jahrzehnte nach einem Trauma auftreten könne und dass sie ein progredientes Beschwerdebild aufweisen könne. Dies sei in der Literatur belegt. An dem Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Syringomyelie gebe es sicher keinen berechtigten Zweifel. Bei der nochmaligen Durchführung von Untersuchungen gehe es darum, ob die Beschwerden und damit die Höhe der MdE richtig eingeschätzt worden seien und wie sie gegebenenfalls zum jetzigen Zeitpunkt einzuschätzen seien. Schließlich hat Prof. Dr. W. ausgeführt, die Unterstellung eines wesentlichen Zusammenhangs zwischen den beklagten Beschwerden und dem Unfallereignis sei berechtigt und zu bestätigen. In Anbetracht der Tatsache, dass bei Prof. Dr. S. einige Beschwerden angegeben worden seien, die von ihm in dieser Form noch nicht erfasst worden seien, schließe er sich der Einschätzung von Prof. Dr. S. an, die MdE auf neurologischem Fachgebiet auf 40 v. H. einzuschätzen. Diese Einschätzung beziehe sich auf die pathologisch nachweisbaren motorisch evozierten Potentiale zum Musculus tibialis anterior, die zu einer rechtsbetonten Pyramidenbahnläsion passten und im Verein mit dem pathologischen klinischen Befund dafür sprächen. Die elektromyographischen Untersuchungen belegten zudem eine Wurzelläsion C 7 bis C 8 linksbetont.
Der Senat hat die unter dem Az.: S 6 SB 3538/01 geführten Akten des SG beigezogen, welche das in einem auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung gerichteten Verfahren eingeholte Gutachten des Arztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. vom 10. August 2001 enthalten. Dr. M. diagnostizierte einen Zustand nach Spondylodese C 4/5 mit partieller Fusion der Wirbelkörper mit einer posttraumatischen Syryngo-Hydro-Myelie ohne sensomotorische Defekte nach initialer Tetraplegie.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist begründet.
Das Begehren des Klägers richtet sich sinngemäß neben einer Feststellung weiterer Unfallfolgen auf eine Überprüfung des Bescheides vom 19. Dezember 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 1985 nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), hilfsweise darauf, dass seither eine wesentliche Verschlimmerung im Sinne des § 48 SGB X eingetreten ist. Dabei war der Bescheid vom 19. Dezember 1984, in welchem einzelne Gesundheitsstörungen nicht mehr als Unfallfolgen aufgeführt wurden, unter Berücksichtigung des Bescheides vom 23. Dezember 1982, in welchem erstmals Unfallfolgen festgestellt wurden, auszulegen.
Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X).
Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Er soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zu Gunsten des Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SGB X). Die Frage, ob eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten ist, richtet sich gemäß §§ 214 Abs. 3 Satz 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) nach § 73 SGB VII. Ändern sich aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Voraussetzungen für die Höhe einer Rente nach ihrer Feststellung, wird die Rente in neuer Höhe nach Ablauf des Monats geleistet, in dem die Änderung wirksam geworden ist (§ 73 Abs. 1 SGB VII). Bei der Feststellung der MdE ist eine Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 SGB X nur wesentlich, wenn sie mehr als 5 v. H. beträgt; bei Renten auf unbestimmte Zeit muss die Veränderung der MdE länger als drei Monate andauern (§ 73 Abs. 3 SGB VII).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (BSG, Urteil vom 4. August 1955 - 2 RU 62/54 - BSGE 1, 174, 178; BSG, Urteil vom 14. November 1984 - 9b RU 38/84 - SozR 2200 § 581 Nr. 22).
Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich (BSG, Urteil vom 30. April 1985 - 2 RU 43/84 - BSGE 58, 80, 82; BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 - 2 RU 27/86 - BSGE 61, 127, 129; BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - HVBG-Info 2000, 2811). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, sodass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSG, Urteil vom 2. Februar 1978 - 8 RU 66/77 - BSGE 45, 285, 286). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt - in gleichem Maße - wesentlich beigetragen haben (BSG, Urteil vom 28. Juni 1988 - 2/9b RU 28/87 - BSGE 63, 277, 278). Kommt dagegen einer der Bedingungen gegenüber der oder den anderen Bedingung/en eine überwiegende Bedeutung zu, so ist sie allein wesentliche Bedingung und damit Ursache im Rechtssinne (BSG, Urteil vom 30. Juni 1960 - 2 RU 86/56 - SozR § 542 Nr. 27; BSG, Urteil vom 1. Dezember 1960 - 5 RKn 66/59 - SozR § 542 Nr. 32). Insoweit ist eine wertende Gegenüberstellung der ursächlichen Faktoren erforderlich (BSG, Urteil vom 29. März 1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52, 53; BSG, Urteil vom 31. Oktober 1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121, 123; BSG, Urteil vom 20. Januar 1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110, 112). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (BSG, Urteil vom 24. Oktober 1957 - 10 RV 945/55 - BSGE 6, 70, 72; BSG, Urteil vom 27. Juni 1991 - 2 RU 31/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass neben den mit Bescheid vom 23. November 1982 anerkannten Unfallfolgen zusätzlich Konzentrationseinbußen, intellektuelle Verlangsamung sowie Nacken- und Kopfschmerzen wegen Veränderungen im Bereich des Groß- und Kleinhirns und des Hirnstammes infolge einer Syryngomyelie, eine Critical-illness-Polyneuropathie und statt einer endgradigen eine deutlich ausgeprägte Bewegungseinschränkung der HWS bei Rotation und Seitneigung als Unfallfolgen festzustellen sind und dem Kläger seit dem 26. März 1999 eine Verletztenrente statt nach einer MdE von 20 v. H. nach einer MdE von 50 v. H. wegen einer wesentlichen Verschlimmerung zu gewähren ist.
Der Kläger hat bei dem streitgegenständlichen Unfall eine Luxationsfraktur mit inkompletter Tetraplegie erlitten. Posttraumatisch entwickelten sich eine Myelomalazie (= Rückenmarkserweichung) und Ischämien (= Durchblutungsstörungen) cerebellär (= im Kleinhirn), occipital (= im Hinterhaupt) und im Hirnstamm. Insoweit stützt sich der Senat auf das neurologische Gutachten von Prof. Dr. S. vom 28. August 2001, in welchem dieser für den Senat nachvollziehbar dargelegt hat, dass diese Verletzungen durch die Art des Unfalls mit wuchtigem Aufprall des Schädels auf den Hinterkopf und die Abknickung der HWS nicht ungewöhnlich und damit zwanglos erklärbar seien. Er hat sich für den Senat in sich widerspruchsfrei auf das neurologische Zusatzgutachten von Dr. B. vom 28. August 2001 gestützt, in welchem dieser nach Durchführung einer Magnetresonanztomographie des Schädels und der HWS ausgeführt hat, es handle sich um Folgeerscheinungen einer lokalen Verletzung des Rückenmarkes. Dr. B. hat eine intramedulläre Kontusionsblutung (= aufprallbedingte Blutung im Rückenmark) angenommen, aus der sich eine posttraumatische Syrinx (= Höhle) in der Verletzungshöhe als Defekt herausgebildet hat. Darüber hinaus ist nach Dr. B. eine lokale Verschmächtigung der Medulla spinalis (= Rückenmark) eingetreten und eine sekundäre Atrophie in cranialer (= kopfwärts) und kaudaler (= abwärts) Richtung anzunehmen. Die intracraniellen (= im Schädel vorhandenen) Defekte in der rechten Kleinhirnhemisphäre und im rechten Occipitalhirn hat Dr. B. als Folgeerscheinungen des HWS-Traumas eingeschätzt und ischämische Infarzierungen (= Blutstauungen) angenommen, die sich in der rechten Kleinhirnhemisphäre im Versorgungsgebiet der A. cerebelli posterior inferior und in einem umschriebenen Areal im rechten Occipitallappen eingestellt haben. Es ist daher davon auszugehen, dass die Gehirnveränderungen nicht auf eine aufprallbedingten Hirnkontusion - wie möglicherweise auch von Prof. Dr. S. wegen seines Hinweises auf einen "Aufprall des Schädels auf den Hinterkopf" angenommen - zurückzuführen, sondern mittelbare Folge der unfallbedingten Rückenmarksveränderungen sind. Deshalb ist es für den Senat nicht entscheidend, dass nach dem Unfall weder eine Bewusstlosigkeit noch eine Amnesie auftrat und deswegen nicht von einer aufprallbedingten Hirnverletzung auszugehen ist (siehe dazu Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, 5.3.2.2, Seite 262). Vielmehr folgt der Senat der Einschätzung von Dr. B., dass die von ihm beschriebenen (Gehirn-)Defekte bei eingreifenden Verletzungen der HWS bzw. der Wirbelarterien nicht ungewöhnlich sind. Auch hat Prof. Dr. W. in seiner Stellungnahme vom 4. Februar 2004 eine ischämische Infarzierung als direkte Folge des Traumas oder als Folge der Operation für möglich erachtet. In seinen Stellungnahmen vom 5. Januar 2005 und 26. April 2006 hat Prof. Dr. W. ausgeführt, unzweifelhaft liege beim Kläger eine Syringomyelie vor, die in typischer Weise im Gefolge des HWS-Traumas aufgetreten sei. Es sei nahezu typisch für die posttraumatische Syringomyelie, dass sie als Spätkomplikation zu betrachten sei, die noch Jahrzehnte nach einem Trauma auftreten könne. Eine zunehmende spinale Symptomatik lasse sich somit zwanglos auf eine posttraumatische Syringomyelie zurückführen. Da es weder anamnestisch noch aufgrund der aktenkundigen Untersuchungsbefunde einen Hinweis auf eine andere Ätiologie zur Erklärung dieser Defekte gibt, hat sich nach Ansicht des Senats die Möglichkeit einer posttraumatischen Syryngomyelie zur Wahrscheinlichkeit verdichtet. Dem steht auch der Einwand der Beklagten, dass eine Syringomyelie (= Höhlenbildung innerhalb der die Nervenzellen und ihre Verzweigungen führenden Substanz des Rückenmarks) in der Regel eine angeborene Erkrankung sei, die häufiger bei Männern und im mittleren Alter sowie bevorzugt im Hals- und Brustmark auftrete und die auch zu Veränderungen des Gehirnes führe, nicht entgegen. Denn neben einer angeborenen Missbildung, Tumoren im oder am Rückenmark oder einer Arachnoiditis (= verletzungs- oder infektionsbedingte Erkrankung der Rückenmarkshaut) kommt als Ursache für eine Syringomyelie eine Verletzung der Wirbelsäule, die das Rückenmark in Mitleidenschaft zieht, in Betracht (www.intern.involva.de/syring). Eine derartige schwere Verletzung der Wirbelsäule ist vorliegend im Gegensatz zu den anderen in Betracht kommenden Ursachen aber gerade bewiesen. Entgegen der Ansicht der Beklagten hält der Senat eine weitere Begutachtung des Klägers nicht für erforderlich, zumal bereits Dr. M./Dr. S./Dipl. med. S. aufgrund der am 11. März 1999 durchgeführten Magnetresonanztomographie der HWS in Höhe der Diskusebene C 4/5 eine spindelförmige zystische Höhlenbildung des Markraumes im Sinne einer "wahrscheinlich posttraumatisch entstandenen" Syringo-Hydromyelie objektivierten und das am 26. März 1999 durchgeführte Schädel-CT durch Dr. U. als "alt vorbestehend ischämische Strukturdefekte am oberen Hirnstamm, in den Kleinhirnhemisphären sowie auch in den Großhirnhemisphären re. betont".
Somit waren weitere Unfallfolgen festzustellen. Allerdings wurden die Gehirnveränderungen im Bescheid vom 19. Dezember 1984 zu Recht nicht als Unfallfolgen aufgeführt, sodass dieser Bescheid nicht von Anfang rechtswidrig im Sinne des § 44 SGB X gewesen ist. Zwar hat Prof. Dr. S. in seinem Gutachten vom 26. August 2001 für den Senat nachvollziehbar dargelegt hat, dass "die Hirnverletzungsfolgen" bereits seit Anbeginn bestünden. Der Senat interpretiert diese Einschätzung allerdings dahingehend, dass zunächst nur eine Rückenmarksveränderung vorlag und sich hieraus erst sehr viel später die Gerhirnveränderungen entwickelt haben. Soweit der Bescheid vom 19. Dezember 1984 nicht die durch die Veränderungen im Bereich des Groß- und Kleinhirns und des Hirnstammes bedingte/n Konzentrationseinbußen, intellektuelle Verlangsamung sowie Nacken- und Kopfschmerzen, eine Critical-illness-Polyneuropathie und nur eine endgradige Bewegungseinschränkung der HWS als Unfallfolgen aufführte, liegt aber eine wesentliche Verschlimmerung im Sinne des § 48 SGB X vor.
Die unfallbedingte MdE ist nach Überzeugung des Senats von 20 auf 50 v. H. heraufzusetzen.
Auf orthopädischem Fachgebiet war die Teil-MdE von 0 auf 20 v. H. heraufzusetzen. Denn die Bewegungseinschränkung der HWS hat sich gegenüber dem orthopädischen Gutachten von Prof. Dr. P. vom 27. Juli 1982 (endgradige Bewegungseinschränkung der HWS bei Rotation und Seitneigung) derart verschlimmert, dass sie nicht mehr nur endgradig, sondern deutlich ausgeprägt vorliegt. Der Senat folgt dabei dem orthopädischen Gutachten von Prof. Dr. U. vom 23. Oktober 2001. Demnach bestehen eine Funktionseinschränkung der HWS endgradigen Ausmaßes für Inklination und Reklination, eine symmetrische mäßige Einschränkung der Lateralneigung, eine deutliche Einschränkung der Rotation nach rechts und im geringen Ausmaß nach links mit erheblichem Funktionsdefizit der Rotationsfähigkeit an der oberen und unteren HWS, paravertebrale Muskelverspannungen mit Muskelwulstbildung an der HWS links und eine funktionelle muskulärbedingte Seitauslenkung der HWS. Im Gegensatz zum chirurgischen Gutachten von Prof. Dr. H. vom 16. November 1999 sind die Bewegungseinschränkungen des Klägers recht deutlich ausgeprägt. Prof. Dr. U. hat für den Senat nachvollziehbar dargelegt, dass durch Fusionsoperationen der HWS erhebliche strukturelle wie auch funktionelle Veränderungen an der HWS induziert werden, die den feststellbaren segmentalen Bewegungsverlust erklären und aufgrund der konsekutiven Hypermobilität in den Nachbarsegmenten auch eine Schmerzsymptomatik durch reaktive Verspannungen der Muskulatur begründen. Die Funktionseinschränkungen der HWS sind ausweislich des Gutachtens von Prof. Dr. U. auch radiologisch belegt. Daher bedingen nach Überzeugung des Senats die Funktionseinschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet eine MdE von 20 v. H. Für den Senat nachvollziehbar hat Prof. Dr. U. den Zeitpunkt der Verschlimmerung auf das Jahr 1999 gelegt, in welchem der Kläger nach seinen eigenen Angaben physio- und chirotherapeutische Behandlungsmaßnahmen aufgenommen hat.
Auf neurologischem Fachgebiet war die Teil-MdE von 20 auf 40 v. H. heraufzusetzen. Denn die neurologisch-bedingten Beeinträchtigungen haben sich seit dem neurologischen Gutachten von Dr. R. vom 26. November 1984 (Reflexstörungen und geringe spastische Paraparese, Sensibilitätssörungen mit Herabsetzung der Berührungs- und Schmerzwahrnehmung distal Th 9, Einschränkung der Vibrationsempfindung an den unteren Extremitäten und geringe Beeinträchtigung der Blasen- und Mastdarm- sowie Sexualfunktion) verschlimmert. Der Kläger leidet infolge der unfallbedingten Veränderungen im Bereich des Groß- und Kleinhirns und des Hirnstammes an Konzentrationseinbußen, einer intellektuellen Verlangsamung sowie an Nacken- und Kopfschmerzen. Zusätzlich liegt im Bereich der HWS eine Schädigung der paravertebralen Muskulatur bzw. der radikulären Nervenäste, eine Myelomalazie mit Irritation des Rückenmarks mit leichter Myelopathie und auch radikulärer Läsionen im Bereich der oberen Extremitäten ab C6, links betont, eine peripher-neurogene Schädigung (Critical-illness-Polyneuropathie) in Form von Paresen der Handbinnenmuskulatur und an den Beinen, beginnenden Missempfindungen an den Fußrücken beidseits und einer Atrophie der Muskulatur des Kopfhalteapparates sowie ein ataktisches Gangbild vor. Dabei stützt sich der Senat auf das Gutachten von Prof. Dr. S. vom 26. August 2001. Dieser hat ausführlich dargelegt, dass neurophysiologisch objektivierbare Defekte mit leichter Pyramidenbahnschädigung, nachweisbar sowohl durch die motorisch-evozierten und fraktionierten Medianus-evozierten Potentiale, vorliegen. Er hat auch ausgeführt, dass mit der Wurzelschädigung auch die neurophysiologischen Befunde mit dem von ihm näher dargelegten chronischen neurogenen Umbau und damit auch die leichten trophischen Störungen und die geringe Muskelatrophie links betont der Handbinnenmuskulatur gut vereinbar sind. Auch hat er erläutert, dass die im EEG objektivierte diskrete herdförmige Störung einen Restbefund der Hirnveränderungen darstellt. Im Übrigen hat auch Prof. Dr. W. in seiner Stellungnahme vom 4. Februar 2004 die Einschätzung von Prof. Dr. S. für nachvollziehbar gehalten, indem er dessen klinische Einschätzung durch die elektromyographischen Untersuchungen für belegt erachtet hat. Der Senat geht davon aus, dass die neurologischbedingte Verschlimmerung im Februar 1999 eingetreten ist. Denn der Kläger gab gegenüber Prof. Dr. W. bei der Anamneseerhebung am 3. Mai 2000 an, ab Februar 1999 sei es zu einer deutlichen Verschlechterung in Bezug auf die Frequenz und Dauer seiner seit dem Unfall bestehenden Kopf- und Nackenschmerzen gekommen, was zu dem am 21. Juni 1999 gestellten Verschlimmerungsantrag geführt hat. Im Übrigen hat der Kläger in seinem am 2. Mai 2001 erhobenen Widerspruch ausgeführt, wegen der Unfallfolgen seit dem 4. Februar 1999 arbeitsunfähig zu sein. Objektiviert wurden die hinzugetretenen Unfallfolgen erstmals durch die am 11. März 1999 durch Dr. M./Dr. S./Dipl. med. S. durchgeführte Magnetresonanztomographie der HWS und das am 26. März 1999 durch Dr. U. durchgeführte Schädel-CT.
Die unfallbedingte Gesamt-MdE beträgt 50 v. H., wie Prof. Dr. U. überzeugend dargelegt hat, dem auch Dr. F. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 13. November 2001 zugestimmt hat.
Nach alledem war das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. Juli 2003 sowie der Bescheid vom 24. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Februar 2003 aufzuheben und als weitere Unfallfolgen Konzentrationseinbußen, intellektuelle Verlangsamung sowie Nacken- und Kopfschmerzen, eine Critical-illness-Polyneuropathie und eine deutlich ausgeprägte Bewegungseinschränkung der HWS als Unfallfolgen festzustellen. Des Weiteren war die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 1. März 1999 eine Verletztenrente nach einer MdE von 50 v. H. zu gewähren, da gemäß § 73 Abs. 1 SGB VII die Rente in der neuen Höhe erst nach Ablauf des Monats geleistet wird, in dem die Änderung wirksam geworden ist. Soweit der Kläger eine Verletztenrente nach einer MdE von 50 v. H. ab einem früheren Zeitpunkt begehrt, war die die Berufung zurückzuweisen.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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