L 5 R 423/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 3675/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 423/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 4. Januar 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin bereits ab Zuzug nach Deutschland am 29.04.1994 eine Witwenrente zu gewähren ist.

Die 1911 geborene Klägerin ist Witwe des I. A., gestorben 1943. Sie ist am 26.04.1994 als Spätaussiedlerin nach Deutschland zugezogen und als solche anerkannt. Sie beantragte am 09.06.1994 eine eigene Regelaltersrente bei der Ortsbehörde in G. (vgl. Bl. 20 SG-Akte), die mit Bescheid vom 20.03.1995 bewilligt wurde (Bl. 22 der Leistungsakte der Klägerin, Bl. 32 LSG-Akte). Bei der Frage Nr. 11.1, ob andere Leistungen bezogen würden, kreuzte die Klägerin im Antragsformular weder ja noch nein an, sondern machte dafür die Angabe, dass eine Hinterbliebenenrente nach dem verstorbenen Versicherten I. A. beantragt werde. Das geschah in der Folgezeit nicht.

Die Klägerin beantragte stattdessen am 21.6.1994 Witwenrente nach dem BVG. Den Aufforderungen des Versorgungsamts vom 06.04.1995 und 07.08.1995, auch bei der Beklagten eine Witwenrente zu beantragen (vgl. Bl. 25 und 35 der Verwaltungsakte des Versorgungsamtes), sei sie damals nicht nachgekommen, weil ihr Mann bereits in jungen Jahren verstorben sei (vgl. Schreiben der Klägerin vom 22.08.1995, Bl. 36 der Verwaltungsakte des Versorgungsamtes und Bl. 36 LSG-Akte).

Erst mit Schreiben vom 12.02.2004, eingegangen am Folgetag, beantragte die Klägerin Witwenrente nach ihrem verstorbenen Ehemann. Die Beklagte zog die Unterlagen des Versorgungsamtes bei und bewilligte mit Bescheid vom 21.07.2004 eine große Witwenrente ab dem 01.02.2003 in Höhe von 414,79 EUR monatlich. Eine Nachzahlung für die Zeit vom 01.02.2003 bis 31.08.2004 wurde angewiesen. Zum Beginn der Rente teilte sie mit, diese werde nach § 99 Abs. 2 SGB VI längstens für 12 Kalendermonate vor dem Monat der Antragstellung geleistet. Die Klägerin erhob Widerspruch und machte geltend, die Rente müsse ab der Aussiedlung im April 1994 gezahlt werden. Denn der Sachbearbeiter im Kreissozialamt hätte die Klägerin zur nächsten Rentenberatungsstelle schicken oder einen formlosen Rentenantrag aufnehmen müssen. Auch sei fraglich, ob nicht das eventuell günstigere Rentenrecht früherer Zeiten anzuwenden sei.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11.11.2004 zurück. Bei der erstmaligen Feststellung einer Rente sei nach § 300 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) das Recht heranzuziehen, welches bei Beginn der Leistung von Bedeutung sei. Gemäß § 99 Abs. 2 SGB VI werde eine Hinterbliebenenrente von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt seien und eine Hinterbliebenenrente werde nicht für mehr als 12 Monate vor dem Monat, in dem die Rente beantragt werde, gezahlt. Der Antrag sei erst im Februar 2004 gestellt worden. Ein früherer Rentenbeginn aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sei nicht gegeben, denn die Klägerin sei mit Schreiben des Versorgungsamtes vom 07.08.1995 (vgl. auch Bl. 35 LSG-Akte) gefragt worden, ob sie einen Rentenantrag bei der Beklagten gestellt habe und das habe sie verneint, weil der Ehemann jung verstorben sei. Spätestens zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin nachfragen können, ob eventuell ein Anspruch auf Witwenrente bei der Beklagten bestehe. Der unterlassene frühere Witwenrentenantrag könne also nicht dem Versicherungsträger angelastet werden.

Dagegen hat die Klägerin am 09.12.2004 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und verlangt, die Witwenrente bereits ab dem 29.04.1994 und nicht erst ab dem 01.02.2003 zu zahlen. Im Jahr 1994 sei sie als betagte und unerfahrene Frau in Deutschland angekommen und habe deswegen mehr Beratung und Aufklärung über ihre Rentenansprüche benötigt als andere. Erste Anlaufstation für einen Aussiedler sei das Rathaus, welches auch als so genannte Ortsbehörde für die Rentenversicherung fungiere. Ein Rentenantrag aus eigener Versicherung sei für die Klägerin aufgenommen worden; es habe daher nahe gelegen, auch Witwenrente zu beantragen. Es habe auch dem Sachbearbeiter bei der Beklagten, im Kreissozialamt und beim Versorgungsamt auffallen müssen, dass die Klägerin Witwe sei, aber keine Witwenrente beantragt habe. Die Klägerin sei im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als ob sie den Rentenantrag rechtzeitig nach der Übersiedelung gestellt habe. Die Formulierung im Antragsformular auf eigene Versichertenrente aus dem Jahr 1994 unter Punkt 11.1 "Hinterbliebenenrente - wird beantragt" genüge als Witwenrentenantrag, denn nach § 16 SGB I genüge jede Erklärung des Begehrens einer Sozialleistung. Die Handschrift auf dem Formular sei nicht die der Klägerin, sondern der Behördenmitarbeiterin. Die Klägerin habe sie (gemeint ist der Passus "Hinterbliebenenrente - wird beantragt") dann wohl vergessen, denn sie sei 1994 des Schreibens und Lesens nicht mächtig gewesen. Die Klägerin hat eine Liste des Bürgermeisteramts Ga. mit zu erledigenden Anträgen und Anmeldungen für Aussiedler beigefügt (vgl. Bl. 31 SG-Akte): Punkt 17 betrifft Renten u.a. aus eigener Versicherung und Witwenrenten.

Die Beklagte hat dagegen eingewandt, aufgrund des am 09.06.1994 bei der Ortsbehörde gestellten Altersrentenantrags der Klägerin habe sich keine Veranlassung für die Verwaltung ergeben, auch einen eventuell bestehenden Witwenrentenanspruch zu prüfen. Allein aus der Angabe, verwitwet zu sein, könne kein Anspruch auf weitere Aufklärungspflichten der Behörden folgen. Ursache des nicht gestellten Antrags sei die eigene Entscheidung der Klägerin und nicht ein fehlender Hinweis der Beklagten gewesen.

Mit Rentenbescheid vom 22.09.2005 (vgl. Bl. 44 SG-Akte) wurde die Höhe der Rente neu festgestellt.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 04.01.2006 abgewiesen. Es hat entschieden, die Klägerin habe erst im Jahr 2004 einen wirksamen Witwenrentenantrag bei der Beklagten gestellt. Aus dem im Antragsformular auf Rente aus eigener Versicherung im Jahr 1994 gegebenen Hinweis, dass Hinterbliebenenrente beantragt werde, könne entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin kein wirksamer Rentenantrag entnommen werden, weil der Klägerin der entsprechende Erklärungswille gefehlt habe. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch könne nicht eingreifen, weil es am Nachweis der Pflichtverletzung der Beklagten fehle und auch keine Kausalität zwischen einer (unterstellten) Pflichtverletzung und dem Schaden bestehe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Gerichtsbescheids wird ergänzend auf dessen Entscheidungsgründe verwiesen.

Gegen den am 14.1.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 26.1.2006 Berufung eingelegt. Ihr Bevollmächtigter trägt vor, ohne die Mitarbeiter auf dem Rathaus hätte die Klägerin 1994 ihren Witwenrentenantrag überhaupt nicht verwirklichen können, diese hätten in geeigneter Weise auf eine Antragstellung hinwirken müssen. Für einen Herstellungsanspruch reiche es aus, wenn die begehrte Leistung deutlich gemacht werde.

Die Klägerin habe bereits seit dem Tod ihres Ehemannes im Jahre 1943 Anspruch auf Witwenrente gehabt, ihr Anspruch beginne mit dem Tag des Zuzugs in die Bundesrepublik, also am 29.4.1994. Für die Entstehung des Zahlungsanspruchs reiche es aus, wenn dieser überhaupt geltend gemacht werde. Dies sei hier im Jahre 2004 der Fall gewesen, so dass Zahlungsbeginn der 29.4.1994 sei. Auf die Einrede der Verjährung könne sich die Beklagte nicht berufen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 4. Januar 2006 aufzuheben und den Bescheid vom 21. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. November 2004 und den Bescheids vom 22. September 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr Witwenrente bereits ab dem 29. April 1994 zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Zwar habe der bis zum 31.12.1991 geltende § 1290 Reichsversicherungsordnung (RVO) bei Witwenrenten ebenso wie bei Regelaltersrente keinen Antrag vorausgesetzt, die Klägerin sei aber erst im Jahr 1994 aus der ehemaligen UdSSR nach Deutschland zugezogen und könne ihren Witwenrentenanspruch allein auf Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) ihres verstorbenen Ehemannes stützen. Für Fälle der Anspruchsberechtigung ausschließlich nach dem FRG - wie hier - habe § 30 FRG in der bis zum 31.12.1992 geltenden Fassung bezüglich § 1290 RVO bestimmt, dass dieser mit der Maßgabe gelte, dass die Rente frühestens vom Tag des Zuzugs an geleistet werde, so dass die Klägerin vor In-Kraft-Treten des SGB VI keinen Anspruch auf Witwenrente erworben habe. Maßgeblich seien damit allein die Vorschriften des SGB VI.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist gem. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG statthaft, denn die Klägerin begehrt Leistungen für mehr als ein Jahr. Die auch sonst zulässige Berufung ist jedoch in der Sache unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Witwenrente bereits ab dem Zeitpunkt ihres Zuzugs in die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1994.

Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, dass die Klägerin als Witwe ihres verstorbenen Ehemanns I. Anspruch auf Witwenrente gegen die Beklagte hat. Streitig ist allein, ob ihr Witwenrente bereits ab dem 29.04.1994 nach den Vorschriften der RVO zuzuerkennen und nachträglich auszuzahlen ist.

Witwen erhielten nach dem Tod des versicherten Ehemannes gemäß § 1264 Abs. 1 RVO in seiner bis 31.12.1992 gültigen Fassung eine Witwenrente. Die Vorschrift galt auch für Versicherungsfälle vor dem Inkrafttreten dieser Vorschrift. Bei Tod des Versicherten vor dem 01.04.1945 galt das zur Zeit des Todes geltende Anwartschaftsrecht gemäß Art. 2 § 17 Abs. 1 Satz 2 ArVNG (vgl. dazu Verband der Deutschen Rentenversicherungsträger -VdR-, Kommentar zur Reichsversicherungsordnung, § 1263 Anm. 11, Stand: Januar 1991). Ein Antrag war nicht Leistungsvoraussetzung (§ 1290 RVO), der Anspruch entstand kraft Gesetzes. Gemäß § 1290 Abs. 1 RVO waren Renten vom Ablauf des Monats an zu gewähren, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt waren. Hinterbliebenenrenten waren vom Zeitpunkt des Todes des Versicherten an zu gewähren (Satz 5 dieser Vorschrift). Abweichend hiervon traf - was die Klägerin übersieht - § 30 FRG in der bis zum 31.12.1991 gültigen Fassung die Regelung, dass die Rente in Fällen von Fremdrentnern frühestens vom Tage des Zuzugs an geleistet wurde. Die Klägerin zog erst im April 1994 und damit nach dem Außerkrafttreten der Vorschriften der RVO nach Deutschland zu, so dass ein Witwenrentenanspruch aus den §§ 1264 Abs. 1, 1290 Abs. 1 RVO, 30 FRG, der allein auf FRG-Zeiten des verstorbenen Ehemannes beruht, nicht mehr begründet werden konnte.

Die genannten Vorschriften der RVO sind ab 1.1.1992 durch die Regelungen des SGB VI ersetzt worden. Nach der Übergangsvorschrift des § 300 Abs. 2 SGB VI gilt, dass durch das SGB VI ersetzte Vorschriften auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden Anspruch anzuwenden sind, wenn der Anspruch bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht wird. Diese am 31.03.1992 abgelaufene Frist wird wegen des Zuzugs erst im Jahre 1994 hier deutlich überschritten.

Somit kommt vorliegend § 300 Abs. 1 SGB VI zur Anwendung. Danach sind die Vorschriften des SGB VI anstelle der früheren der RVO von dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des SGB VI an (mit Wirkung vom 01.01.1992 durch das Rentenreformgesetz 1992 vom 18.12.1989, BGBl. I., S. 2261) auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Bei der erstmaligen Feststellung einer (Witwen-)Rente ist daher nach § 300 Abs. 1 SGB VI für die Beurteilung, welches Recht heranzuziehen ist, der Beginn der Leistung von Bedeutung. Der Rentenbeginn einer Hinterbliebenenrente ist in § 99 Abs. 2 SGB VI näher geregelt. Eine Hinterbliebenenrente wird danach von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind; nach Satz 3 wird die Hinterbliebenenrente nicht für mehr als zwölf Monate vor dem Monat, in dem die Rente beantragt wird, gezahlt. Der ausdrückliche Rentenantrag wurde am 12.02.2004 gestellt, die Beklagte hat den Rentenbeginn damit zutreffend auf den 01.02.2003 festgelegt und ausschließlich nach den Vorschriften des SGB VI beurteilt.

Soweit die Klägerin meint, sie habe bereits zu einem früheren Zeitpunkt Antrag auf Witwenrente bei der Beklagten gestellt, kann dem nicht gefolgt werden. Sie hat am 09.06.1994 (nur) eine eigene Regelaltersrente wegen Vollendung des 65. Lebensjahrs bei der Ortsbehörde in G. beantragt. Im Antragsformular hat sie zwar angekreuzt, seit 1943 verwitwet zu sein und angegeben, eine Hinterbliebenenrente nach dem Versicherten "wird beantragt". Daraus ist aber entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin nicht zu folgern, dass hiermit konkludent (§ 16 SGB I) ein konkreter Witwenrentenantrag gestellt worden wäre. Statt dessen beinhaltet das "wird beantragt" die Formulierung einer künftigen, dann doch nicht verwirklichten, Absicht. Denn die Klägerin hat gleichzeitig weder die Kästchen "Ja" noch "Nein" für die Frage angekreuzt, ob sie eine Hinterbliebenenrente beziehe oder beantragt habe. Dies macht auch Sinn, denn die Klägerin hatte damals die betragsmäßig deutlich höhere Hinterbliebenenrenten nach dem BVG beantragt, bei der im Rahmen des Schadensausgleichs die Hinterbliebenenrente der Beklagten hätte ganz oder teilweise angerechnet werden müssen (vgl. §§ 38, 40a BVG i. V. m § 33 BVG sowie den Erstattungsanspruch des VA Ulm vom 29.7.2004 - Bl. 33 der Verwaltungsakten). Den ausdrücklichen Aufforderungen des Versorgungsamts, auch bei der Beklagten eine Witwenrente zu beantragen, ist sie mit dem Argument, ihr Ehemann sei so jung gestorben, ausdrücklich nicht nachgekommen. Sie hat sich in den Folgejahren nach dem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland also mehrfach bewusst dagegen entschieden, eine Witwenrente bei der Beklagten zu beantragen. Noch zur Begründung ihres Widerspruchs vom 25.07.2004 hat sie vortragen lassen, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, einen formlosen Witwenrentenantrag aufzunehmen, woraus sich im Umkehrschluss ergibt, dass auch die Klägerin nicht davon ausging, selbst vor Februar 2004 einen wirksamen Antrag auf Witwenrente bei der Beklagten gestellt zu haben. Desgleichen hat sie mit Klageerhebung beim SG verlangt, sie über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch so zu stellen, als ob sie rechtzeitig einen Witwenrentenantrag gestellt hätte, was nur Sinn macht, wenn sie selbst tatsächlich keinen Antrag an die Beklagte gerichtet hat. Mit der Klagbegründung hat die Klägerin betont (vgl. Bl. 7 SG-Akte), einen ggf. formlosen Antrag habe die Beklagte nicht aufgenommen und auch nicht nachgehakt und sie habe den Antrag "vergessen" (vgl. Bl. 29 SG-Akte), also gerade nicht gestellt. Der Witwenrentenantrag beim Versorgungsamt ist nicht geeignet, den Witwenrentenantrag bei der Beklagten zu ersetzen.

Ein früherer Rentenbeginn lässt sich auch nicht aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründen. Der Senat weist die Berufung hinsichtlich des geltend gemachten Herstellungsanspruchs aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung und der Begründung des Widerspruchsbescheids folgend als unbegründet zurück und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 SGG i.V.m. § 153 Abs. 1 und 2 SGG).

Soweit die Klägerin meint, aus den von ihr vorgelegten bzw. zitierten Entscheidungen des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vom 20.04.2004 (L 13 RJ 737/03), des Sozialgerichts Freiburg vom 31.05.2001 (S 2 KN 1667/99) und des Bundessozialgerichts (BSG) vom 08.12.2005 (B 13 RJ 41/04 R) ergebe sich etwas anderes, kann dem nicht gefolgt werden. Das LSG hat in der zitierten Entscheidung ein Anerkenntnis-Urteil erlassen, weil der Kläger das von der Beklagte abgegebene Anerkenntnis wegen der Annahme eines Beratungsfehlers nicht angenommen hatte. Ein solcher Beratungsfehler, der einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch rechtfertigte, ist im vorliegenden Fall, wo die Klägerin trotz mehrfacher Aufforderung, doch einen Witwenrentenantrag zu stellen, dem aus persönlichen Gründen nicht nachgekommen ist, gerade nicht erkennbar. Der Entscheidung des SG Freiburg lag ein Sachverhalt zugrunde, in welchem die Klägerin glaubhaft versichert hat, gleichzeitig mit dem Regelaltersrentenantrag auch einen Witwenrentenantrag gestellt zu haben, der durch das Verschulden eines Sachbearbeiters unterging. Der Sachverhalt ist verschieden von dem hier zu entscheidenden, weil die Klägerin gerade nicht behauptet hat, gleichzeitig mit der Altersrente auch ausdrücklich einen Witwenrentenantrag gestellt zu haben, der dann aber im Behördenablauf verloren ging, sondern es unterließ, den ihr angeratenen Antrag zu stellen. Der Entscheidung des BSG liegt ein Fall von Altersruhegeld aus eigener Versicherung zugrunde, der sich schon deshalb rechtlich vom hiesigen Sachverhalt unterscheidet, weil diese Rente zwar auch kein Antragserfordernis kannte, aber nicht über § 30 FRG auf den Zeitpunkt des Zuzugs beschränkt war und die dort diskutierten Verjährungsfragen hier mangels bestehenden Leistungsanspruchs nicht mehr zu erörtern waren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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