S 12 KR 127/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 KR 127/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 26. Januar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. April 2005 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Zahlung von Eigenanteilen zur Krankenhausbehandlung im Jahr 2001 in Höhe von 104,31 EUR.

Der bei der Beklagten versicherte Kläger befand sich im Zeitraum vom 13.02. bis 15.02.2001 im Krankenhaus F. und vom 17.04. bis 25.04.2001 im Zentralklinikum A. zur stationären Krankenhausbehandlung. Zuzahlungsbeträge wurden von den Krankenhäusern jeweils nicht vereinnahmt. Mit Schreiben vom 17.01.2005 forderte die Beklagte den Kläger zur Zahlung von insgesamt 243,38 EUR rückständiger Zuzahlungsbeträge für Krankenhausbehandlungen in den Jahren 1999 bis 2001 auf. Im Rahmen einer Forderungsaufstellung bezifferte sie dabei die Zuzahlung für die Krankenhausbehandlung 2001 in F. mit 26,08 EUR und für diejenige im Zentralklinikum A. mit 78,23 EUR. Per E-Mail erhoben die Bevollmächtigten am 19.01.2005 die Einrede der Verjährung. Daraufhin ließ die Beklagte die Zuzahlungsforderung für die Jahre 1999 und 2000 fallen und setzte mit Bescheid vom 26.01.2005 noch einen Gesamtbetrag von 104,31 EUR an Zuzahlungen für die Krankenhausaufenthalte im Jahr 2001 fest.

Hiergegen erhoben die Bevollmächtigten am 16.02.2005 Widerspruch. Sie vertraten die Auffassung, dass Verjährung eingetreten sei. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 07.04.2005 zurück.

Zur Begründung der am 09.05.2005 zum Sozialgericht Augsburg erhobenen Klage haben sich die Bevollmächtigten erneut auf den Eintritt von Verjährung berufen. Es müsse auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zurückgegriffen werden, wenn das Sozialversicherungsrecht eine einschlägige speziellere Regelung nicht enthalte. Weder § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) noch § 45 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) seien anwendbar, sodass über § 69 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) auf die Verjährungsvorschriften des BGB abzustellen sei. Damit sei zum 31.12.2003 Verjährung eingetreten. Die Beklagte geht dagegen von einer vierjährigen Verjährungsfrist aus.

Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 26. Januar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. April 2005 aufzuheben.

Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Akte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das angerufene Gericht ist gemäß §§ 57 Abs. 1, 51 Abs. 1, 8 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Entscheidung des Rechtsstreits örtlich und sachlich zuständig. Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.

Der Kläger hat an die Beklagte die noch offenen Zuzahlungen für Krankenhausaufenthalte im Jahr 2001 in Höhe von 104,31 EUR zu leisten. Der Bescheid der Beklagten vom 26.01.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.04.2005 ist rechtmäßig.

Die Höhe der Forderung ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Hinsichtlich der Rechtsgrundlage für die Zuzahlung nimmt das Gericht zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 136 Abs. 3 SGG auf die im Widerspruchsbescheid dargestellten Gründe Bezug.

Verjährung ist nicht eingetreten.

Im SGB fehlt eine ausdrückliche Verjährungsregelung für die vorliegende Fallkonstellation, in der ein Versicherungsträger eine Zuzahlung zu einer Sozialleistung vom Versicherten verlangt. Weder sind § 25 Abs. 1 oder § 27 Abs. 2 SGB IV einschlägig, noch § 45 SGB I. §§ 25 Abs. 1 und 27 Abs. 2 SGB IV betreffen Beitragsforderungen bzw. einen Anspruch auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge. § 45 SGB I betrifft die Verjährung eines Anspruches des Versicherten gegenüber einem Sozialleistungsträger auf eine Sozialleistung. Hier geht es aber um genau den umgekehrten Fall, dass Leistungen (Zuzahlung) durch den Versicherten zu erbringen sind, nicht durch den Sozialleistungsträger. Es sind auch nicht über § 69 Satz 3 SGB V die Verjährungsfristen des BGB anwendbar, denn § 69 SGB V betrifft ausdrücklich nur das Verhältnis zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern (z. B. Ärzte, Krankenhäuser, Hilfsmittellieferanten), zu denen der Kläger nicht zählt.

Da eine ausdrückliche Regelung zur Verjährung fehlt, andererseits aber auch nicht hinnehmbar wäre, dass die Krankenkasse für die Vergangenheit zeitlich unbegrenzt Zuzahlungen vom Versicherten fordern könnte, ist diese Lücke durch analoge Anwendung der Verjährungsvorschriften des SGB zu schließen. Dabei bietet sich eine analoge Anwendung der vierjährigen Verjährungsfrist des § 45 SGB I an, da die Zuzahlung mit der Sozialleistung Krankenhausaufenthalt verknüpft ist. Dagegen sind die kürzeren Verjährungsfristen des BGB nicht anwendbar. Denn zwischen Versichertem und Krankenkasse besteht eine Rechtsbeziehung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. Zivilrechtliche Vorschriften sind für derartige öffentlich-rechtliche Rechtsbeziehungen nicht maßgebend und können daher im Bereich der Verjährung auch nicht lückenfüllend herangezogen werden. Im Sozialrecht gilt das allgemeine Rechtsprinzip der vierjährigen Verjährung. Das Bundessozialgericht (BSG) hat in ständiger Rechtsprechung dieses Rechtsprinzip entwickelt und auf diverse Fallkonstellationen öffentlich-rechtlicher Rechtsbeziehungen, vornehmlich im Leistungserbringerrecht, angewandt. Dabei hat sich das BSG darauf gestützt, dass die vierjährige Verjährungsfrist nicht nur in § 45 SGB I für Ansprüche auf Sozialleistungen, sondern auch in den §§ 25 und 27 SGB IV, in § 113 SGB X und in § 13 Lohnfortzahlungsgesetz enthalten ist und dass auch die Regelung des § 44 Abs. 4 SGB X die rückwirkende Erbringung zunächst rechtswidrig versagter Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum von vier Jahren vorsieht. Zuletzt hat das BSG diese Rechtsprechung in seinem Urteil vom 12.05.2005 (B 3 KR 32/04 R; m.w.N. zur st. Rspr.) bestätigt und ausdrücklich auch eine Anwendung der Verjährungsfristen des BGB für die Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und den Leistungserbringern über § 69 Satz 3 SGB V wegen des öffentlich-rechtlichen Charakters der Rechtsbeziehung im Bereich des Sozialrechts verneint.

Da eine vierjährige Verjährungsfrist gilt, waren die Zuzahlungen für die Krankenhausaufenthalte im Jahr 2001 noch nicht verjährt.

Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Berufung ist nicht zulässig, da der Streitwert weniger als 500,00 EUR beträgt. Die Berufung war nicht zuzulassen, da das Gericht weder von obergerichtlicher Rechtsprechung abweicht, noch die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 144 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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