Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 5 U 819/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 4252/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 17. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 18. November 1993.
Der 1938 geborene Kläger erlitt am 18. November 1993 gegen 7:25 Uhr in der Nähe von S.-P. während einer bei der Beklagten versicherten Dienstfahrt einen Verkehrsunfall. Am 25. November 1993 ging bei der Beklagten die Unfallanzeige ein. In der beigefügten Unfallbeschreibung gab der Kläger an, er habe die linke Fahrspur der Autobahn mit einer Geschwindigkeit von ca. 100 km/h befahren. Nachdem er habe bremsen müssen, sei ein hinter ihm fahrender Verkehrsteilnehmer mit seinem Fahrzeug auf das Heck seines Fahrzeuges aufgeprallt. Dabei habe er diesen bereits im Rückspiegel als zu schnell auf ihn auffahrend erkannt. Durch die Aufprallwucht habe sich sein Fahrzeug gedreht und sei an die Mittelleitplanke gedrückt worden.
Noch am Unfalltag stellte sich der Kläger nachmittags beim Arzt für Allgemeinmedizin Dr. D. vor, wo schmerzhafte Muskelverspannungen im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) und des Schultergürtels, Schmerzen in der linken Schulter und im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS), von dort in den linken Oberschenkel und linken Fuß einstrahlend befundet und ein Schleudertrauma der HWS sowie eine LWS-Prellung mit Ischialgie diagnostiziert wurden (sachverständige Zeugenauskunft vom 14. Juni 2006). Die Weiterbehandlung erfolgte beim Orthopäden Dr. von S. und beim Neurologen Dr. R ... In seinem H-Arzt-Bericht vom 23. November 1993 teilte Dr. von S. mit, der Kläger habe nach dem Unfall seine Arbeit noch erledigt, sei von Dr. D. mit homöopathischen Medikamenten behandelt und arbeitsunfähig geschrieben worden. Dr. von S. befundete im Wesentlichen einen allgemeinen Bewegungsschmerz im Bereich der HWS, Brustwirbelsäule (BWS) und LWS mit Ausstrahlungen und einen Druck- und Dehnungsschmerz der vorderen Halsmuskulatur. Die Röntgenuntersuchung der Wirbelsäule und der linken Schulter habe keine frischen knöchernen Verletzungen und kaum degenerative Verletzungszeichen gezeigt. Der Neurologe Dr. R. gab in seinem Befundbericht vom 30. November 1993 als Ergebnis der von ihm wegen in das linke Bein ausstrahlender Kreuzschmerzen durchgeführten elektromyographischen Untersuchung eine leichte Wurzelirritation im Zusammenhang mit dem Unfallereignis an, ohne dass sich Hinweise für eine wesentliche Nervenkompression bei operationswürdigem Bandscheibenvorfall gefunden hätten. In seinem Befundbericht vom 16. Februar 1994 beschrieb Dr. R. etwas eingeschränkte Rotationsbewegungen ohne eindeutige Provozierbarkeit radikulärer Symptome, in der Motorik keine Paresen oder Atrophien, eine leichte Hypästhesie bei C 5 links sowie regelrechte und seitengleiche Reflexe. Laut Mitteilung von Dr. von S. vom 11. April 1994 trat die Arbeitsfähigkeit des Klägers am 11. Dezember 1993 wieder ein. In seinem Befundbericht vom 1. September 1994 beschrieb Dr. R. eine ausreichend bewegliche HWS ohne eindeutige Provozierbarkeit radikulärer Symptome, eine Verspannung und Druckempfindlichkeit der linksseitigen Nacken-Schultergürtelmuskulatur, in der Motorik keine Paresen oder Atrophien, eine angegebene leichte Verminderung der Berührungsempfindung im linken Ober- und Unterarm sowie seitengleiche und regelrechte Reflexe im Bereich der oberen Extremitäten. Ergänzend führte Dr. R. in seinem Befundbericht vom 20. Dezember 1994 aus, nach wie vor ergäben sich keine Hinweise für eine wesentliche Nerven- oder Wurzelläsion. Unter dem 13. April 1995 teilte Dr. von S. mit, bei der jetzigen Verlaufskontrolle sei eine wesentliche Besserung angegeben worden. In seinem Zwischenbericht vom 22. September 1997 führte Dr. von S. aus, als Folgen des Unfallereignisses bestünden Beschwerden im Sinne einer chronischen Cervikobrachialgie links mit rezidivierenden Parästhesien im Bereich des linken Armes sowie eine Interspinalligamentose des cervicothorakalen Übergangs und rezidivierende Cervicalblockierungen mit Kopfgelenksdysfunktion.
Die Beklagte zog die von Polizeiobermeister (POM) H. unter dem 22. November 1993 angefertigte Verkehrsunfallanzeige bei, welcher die Niederschrift über die am Unfalltag um 7:45 Uhr durchgeführte Vernehmung des Klägers beigefügt war. Daraus geht hervor, der Kläger habe angegeben, nicht verletzt worden zu sein.
Der Chirurig Dr. P. führte in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 6. Oktober 1997 aus, der Kläger habe sich bei dem Unfallereignis eine Contusion der linken Schulter, eine traumatische Läsion der HWS/BWS mit Brachialgie links sowie posttraumatischer Ischialgie links zugezogen. Knöcherne Verletzungen und relevante neurologische Schädigungsfolgen seien ausgeschlossen worden. Allenfalls wäre die Traumatisierung im Sinne eines Traumas nach Erdmann I-II zu bewerten, das spätestens nach Ablauf eines Jahres unfallbedingte Behandlungsmaßnahmen nicht mehr erwarten lasse.
Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. T. führte in seinem Arztbrief vom 3. November 1997 aus, klinisch und elektromyographisch habe sich kein pathologischer Befund, hätten sich allerdings Verspannungen im Bereich des M. Trapezius links gefunden. Eine eigentliche Nervenwurzelschädigung scheine aber noch nicht vorzuliegen.
Sodann ließ die Beklagte den Kläger untersuchen und begutachten. Prof. Dr. Dr. M., Chefarzt der Orthopädischen Klinik der H. Stiftung A., führte in seinem Gutachten vom 26. Januar 1998 aus, der Kläger habe sich bei dem Unfallereignis eine HWS-Zerrung nach HWS-Schleudertrauma max. Grad II, eine Prellung der linken Schulter und eine Prellung der LWS mit posttraumatischer Lumboischialgie zugezogen. Die jetzt noch vom Kläger vorgetragenen Beschwerden bzgl. der HWS-Zerrung seien nicht direkte Folge des Unfalles. Der Unfall sei sicher Anlass, nicht jedoch Ursache für diese Beschwerden. Diese hätten sich im Rahmen eines sog. "Teufelskreises" verselbständigt. Unfallbedingt habe für die Dauer von 6 Wochen eine Arbeitsunfähigkeit, bis zum Ende der ersten sechs posttraumatischen Monate eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vom Hundert (v. H.), bis zum Ende des ersten Unfalljahres eine MdE um 10 v. H. und ab Ende des ersten Unfalljahres keine MdE mehr vorgelegen.
Dr. von S. führte in seinem Zwischenbericht vom 9. März 1998 aus, nach wie vor bestünden posttraumatische Beschwerden cervicothorakal und im Sinne einer chronischen Cervikobrachialgie links.
Dr. P. schloss sich in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 16. März 1998 der Beurteilung von Prof. Dr. Dr. M. an und führte in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 30. März 1998 aus, über die 13. Woche nach dem Unfall hinaus habe eine MdE rentenberechtigenden Ausmaßes nicht vorgelegen.
Mit Bescheid vom 22. Juni 1998 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Rente ab und führte aus, der Kläger habe sich bei dem Arbeitsunfall eine HWS-Zerrung, eine Prellung der linken Schulter sowie eine Prellung der LWS zugezogen. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe vom 18. November bis zum 10. Dezember 1993 bestanden. Die Prellungen der linken Schulter sowie der LWS seien folgenlos ausgeheilt. Die jetzt noch vorgetragenen Beschwerden der HWS stünden nicht mehr in ursächlichem Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall. Unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit habe bis November 1994 vorgelegen.
Hiergegen erhob der Kläger am 21. Juli 1998 Widerspruch. Bislang sei die von Dr. von S. diagnostizierte Kopfgelenksdysfunktion nicht untersucht worden. Außerdem liege eine Schleuderverletzung der HWS im Sinne der Erdmann’schen Einteilung nur dann vor, wenn keine Kontaktverletzung stattgefunden habe. Vorliegend liege jedoch ein Kontakttrauma vor, was sich zwangsläufig aus der Schulterkontusion ergebe. Hierzu führte Dr. P. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 28. Dezember 1999 aus, wesentlich erscheine, dass die im Gutachten von Prof. Dr. Dr. M. beschriebenen Funktionseinschränkungen ohnehin selbst bei fiktiver Unterstellung als Traumafolge mit einer MdE unter 20 v. H. zu bewerten wären. Den Ausführungen des Klägers sei auch entgegenzuhalten, dass sich der Kläger entsprechend seiner Unfallbeschreibung auf das eingetretene Ereignis habe einstellen können. Unstrittig sei, dass sich bei derartigen Verletzungsmustern die kinetische Energie beim Heckanprall weitgehend verzögert und sich die zusätzlich im Rahmen des Seitenanpralls erlittenen Verletzungen als typische Prellungen darstellten, die - wie vorliegend - im typisch erwarteten Zeitverlauf folgenlos ausgeheilt seien. Hierauf gestützt wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2000 zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 17. April 2000 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG). Dem Gutachten von Prof. Dr. Dr. M. sei nicht zu entnehmen, in welcher Position dieser die Drehbeweglichkeit des Kopfes geprüft habe. Der Gutachter habe die Umfangsminderung des rechten Oberarmes nicht gewürdigt. Er habe nicht dargelegt, worauf sich seine Beurteilung, ein Unfallzusammenhang liege nicht vor, stütze. Degenerative Verschleißerscheinungen seien nicht mitgeteilt worden. Außerdem leide er nicht nur an einer eingeschränkten Beweglichkeit, sondern auch - wie von Dr. von S. mitgeteilt - an posttraumatischen Beschwerden cervico-thorakal und im Sinne einer chronischen Cervico-Brachialgie links. Es habe sich vorliegend auch nicht um einen Bagatellunfall gehandelt. Bei seinem Fahrzeug sei ein Schaden von ca. 25.000,00 DM entstanden, woraus sich ein Beschädigungsgrad von 3 ergebe. Außerdem sei nicht nachvollziehbar, warum sich die kinetische Energie vorliegend weitgehend verzehrt habe.
Das SG zog das Leistungsverzeichnis der Barmer Ersatzkasse bei und holte von Prof. Dr. U., Chefarzt der Unfallchirurgischen Klinik der Klinik am E. in G., das Gutachten vom 18. September 2001 ein. Aus dem Gutachten geht die Angabe des Klägers hervor, er habe unmittelbar nach dem Unfall keine Beschwerden verspürt und mit einem Leihwagen - wie ursprünglich beabsichtigt - die Fahrt nach S. fortgesetzt. Der Sachverständige führte unter Berücksichtigung des radiologischen Zusatzgutachtens von Dr. S. vom Radiologischen Zentralinstitut der Klinik am E. in G. vom 6. August 2001 aus, als Unfallfolgen lägen osteophytäre Anbaureaktionen am vorderen Atlasbogen, rechts mehr als links, mit Einengung des atlanto-dentalen Abstandes, eine radiologisch wie klinisch deutliche Einschränkung der Seitneigung nach links, eine erhebliche Einschränkung der Rotation nach links in Neutralstellung, Kopfvor- und Rückneigung, ein positiver Spurling-Test, Extensions-Test und Schulterabduktions-Test, Muskelverspannungen paravertebral von C 1 bis C 7 mit regionaler Druckdolenz im Punktum Maximum C 5 bis C 7 und C 0 bis C 2 sowie ein muskelbedingtes endgradiges Funktionsdefizit am linken Schultergelenk für Retroversion, Anteversion und Elevation vor. Für einen Zusammenhang der radiologischen Befunde mit dem Unfallereignis spreche, dass die an der Fahrgastzellenverformung, der abgebrochenen Rückenlehne und dem Totalschaden des Fahrzeugs erkennbaren einwirkenden Kräfte auf ein Ausmaß hindeuteten, das eine Beschleunigungsverletzung der HWS begründe, dass es sich nicht um eine isolierte Rear end Collision im Sinne eines einfachen Heckaufpralls, sondern um ein komplexeres Beschleunigungsmuster mit einer gleichzeitigen an der Fahrzeugpositionsveränderung nach dem Unfall erkennbaren Drehkomponente handle, dass der Kläger vor dem Unfallereignis keinerlei Arztkontakte wegen Vorerkrankungen an der HWS gehabt habe und dass die Symptomatik nach dem Unfall mit einer Zeitlatenz von 1 ½ Stunden auffällig geworden sei, die auch unter Berücksichtigung des Zeitintervalls bei Beschleunigungsverletzungen beobachtet werden könne und für diese typisch sei, dass in unmittelbarer Zeitnähe zum Unfall die Konsultation eines Arztes erforderlich geworden sei, dass unter Berücksichtigung des Unfallmechanismus die jetzt feststellbaren Funktionseinschränkungen der HWS mit geminderter Drehfähigkeit und Seitneigungsfähigkeit mit den bei dem Unfall einwirkenden Kräften vereinbar seien. Zwar zeigten sich computertomographisch Veränderungen zwischen dem 1. und 2. Halswirbelkörper, die einerseits die Funktionsminderung insbesondere für Rotation begründeten, andererseits in einer Höhe lokalisiert seien, die auf eine knöcherne oder ligamentäre Verletzung in diesem Bereich nicht schließen lasse. Selbst wenn ein Vorschaden in diesem Bereich unterstellt werde - radiologisch hätten sich geringe degenerative Veränderungen am Atlanto-axialen Gelenk gezeigt -, seien diese Veränderungen aber durch das Unfallereignis mit hoher Wahrscheinlichkeit richtunggebend beeinflusst worden, sodass die jetzt festgestellten Anbaureaktionen am Atlas in ihrem Ausmaß deutlich progredient seien. Die MdE betrage 20 v. H.
Hierzu legte die Beklagte die gutachtliche Stellungnahme des Arztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. L. vom 29. Dezember 2001 vor. Nicht richtig sei die im Gutachten von Prof. Dr. U. vorgenommene medizinische Deduktion, die aufgrund eines nicht verletzungsspezifischen Befundes, der fast 8 Jahre nach einem Unfall erhoben werde, auf eine stattgehabte Verletzung rückschließe. Es fehle die Angabe, welche Struktur verletzt worden und für die computertomographisch zur Darstellung kommenden degenerativen Veränderungen verantwortlich sein solle. Nicht berücksichtigt worden sei, dass die Röntgen-Nativ-Verlaufsaufnahmen keinen Hinweis für Verletzungen hätten erkennen lassen. Es könne nicht ausschließlich aus einer nach einem Intervall von 8 Jahren computertomographisch zur Darstellung kommenden degenerativen Veränderung der Schluss gezogen werden, diese Änderung habe in ihrer Entwicklung zum Unfallzeitpunkt nicht bestanden, nachdem unfallnah eine entsprechende Untersuchung nicht durchgeführt worden sei. Im Übrigen sei der bildtechnisch zur Darstellung kommende Befund nicht ausreichend für die im Gutachten von Prof. Dr. U. dokumentierten Bewegungseinschränkungen. Schließlich ergebe sich aus diesem Gutachten nicht, dass die Befunde im Bereich der HWS im Stehen, Sitzen und Liegen mit überhängendem Kopf erhobenen worden seien, wodurch sich deutlich bessere Rückschlüsse auf die dem Untersuchten möglichen Bewegungsausschläge ergäben.
Hierzu nahm Prof. Dr. U. unter dem 16. Mai 2002 Stellung.
Sodann legte der Kläger eine Bilddokumentation seines beschädigten Fahrzeuges und das unter dem 19. November 1993 erstellte Gutachten zur Ermittlung des Haftpflichtschadens vor.
Die Beklagte hat nach Beiziehung aller vorliegenden Röntgenaufnahmen das orthopädisch-traumatologische Zusammenhangsgutachten nach Aktenlage des Arztes für Orthopädie Dr. S. vom 11. April 2003 vorgelegt. Er führte aus, bei dem Kläger habe bereits zum Unfallzeitpunkt eine durchaus bemerkenswerte Arthrosis deformans im C 1/2-Drehgelenk vorbestanden, welche zum Unfalltag keine relevante Symptomatik bewirkt habe. Der Unfall habe nach Art, Richtung und Größe der einwirkenden Kräfte eine potentielle Verletzungsmöglichkeit im Sinne einer Distorsionsbelastung der HWS beinhaltet. Die völlige Beschwerdefreiheit unmittelbar nach dem Unfallgeschehen, die Möglichkeit zur Fortsetzung der Fahrt in einem Leihwagen und auch eine Anbehandlung durch den Hausarzt mit homöopathischen Mitteln spreche gegen den seinerzeitigen Eintritt einer strukturellen Verletzung im HWS-Bereich, die auch zu keinem Zeitpunkt befundmäßig habe belegt werden können. Die in der Frühphase des Unfallgeschehens vorhandene funktionelle Verletzung habe sich in Muskelzerrungen erschöpft, was einer Bagatellverletzung entspreche, die mit ihrer subjektiv erlebten Symptomatik in einem relativ kurzen Zeitraum abzuklingen pflege. Zusätzlich seien vorliegend Verstärkermechanismen, beispielsweise durch eine inadäquate Behandlung mit längerfristiger Tragedauer der Schanz’schen Krawatte, zu erkennen, was jedoch nur vorübergehend eine Prolongierung evtl. unfallbedingter Symptomenanteile bewirken könne. Die bereits von Anfang an beklagten Schulter-Arm-Beschwerden und anfänglich auch LWS-Beschwerden mit Ausstrahlung in das linke Bein hätten zu keinem Zeitpunkt ein Befundkorrelat gehabt. Solche Beschwerdebilder entsprächen am ehesten einem psychosomatischen Symptomkomplex infolge des Unfallerlebens und könnten somit allenfalls in der Frühphase nach dem Unfallgeschehen als Unfallfolgen gedeutet werden, hingegen nicht mehr nach Abschluss der seelischen Verarbeitung des Unfallerlebens. Das Fehlen jeglicher Organpathologie und die immer größer werdenden Abstände ärztlicher Konsultationen in den Monaten und Jahren nach dem Unfallgeschehen sprächen ebenfalls gegen eine nachhaltige Unfallschädigung mit bleibenden Unfallrückständen. Vielmehr ergäben sich aus den vorliegenden Berichten klare Indizien für eine schicksalhafte Ursächlichkeit der subjektiven Beschwerden. Das Gutachten von Prof. Dr. U. sei in der Kausalitätsbeurteilung fehlerhaft. Dieser habe insbesondere die mangelnde klinische Relevanz der erstmals in seinem Gutachten beschriebenen arthrotischen Veränderungen im C 1/2-Gelenk nicht erkannt, die nicht vorhandene Organpathologie zur Erklärung der eingeengten Kopfrückneigung und der Einschränkung der Kopfseitneigung nicht wahrgenommen, obwohl eine Arthrosis deformans C 1/2 ausschließlich die Kopfdrehung beeinträchtigen könne, und nicht wahrgenommen, dass eine Störung C 1/2 - außer über eine Schädigung des Rückenmarkes - niemals eine Schulter-Arm-Symptomatik bewirken könne. Daher lägen keine Verletzungsfolgen vor und sei die MdE mit 0 v. H. zu beziffern.
Mit Urteil vom 17. Oktober 2003 wies das SG die Klage ab. Die bei dem Unfall erlittene Schulter- und LWS-Prellung sei zwischenzeitlich folgenlos ausgeheilt. Die jetzt noch bestehenden Beschwerden an der HWS seien nicht dem Arbeitsunfall zuzurechnen. Die unfallnah erhobenen Befunde und Beurteilungen sprächen gegen eine so schwere Verletzung, welche nunmehr zu einer richtungweisenden Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens geführt haben solle. Es könne sich lediglich um eine HWS-Distorsion leichteren Grades gehandelt haben. Auch spreche die Tatsache, dass der Kläger zunächst unmittelbar nach dem Unfall keine Beschwerden verspürt habe, ganz deutlich dafür, dass eine wesentliche, also strukturelle Verletzung nicht vorgelegen haben könne. Das SG folgte den Gutachten von Prof. Dr. Dr. M. und Dr. S. und führte ergänzend aus, die von Prof. Dr. U. erhobenen Befunde rechtfertigten selbst bei Unterstellung des Ursachenzusammenhangs keine MdE um 20 v. H.
Hiergegen hat der Kläger am 23. Oktober 2003 Berufung eingelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 17. Oktober 2003 und den Bescheid vom 22. Juni 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen des Arbeitsunfalls vom 18. November 1993 Verletztenrente zu gewähren, hilfsweise von Amts wegen weiteren Beweis zu erheben durch die Einholung eines chirurgischen Gutachtens zu der Frage, ob die heute bei dem Kläger vorliegenden Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule auf den Unfall vom 18. November 1993 zurückzuführen sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat zunächst die Stellungnahme von Prof. Dr. U. vom 1. September 2004 eingeholt. Dieser hat u. a. ausgeführt, ein beschwerdefreies Intervall sei ein typisches aber nicht pathognomisches Merkmal für HWS-Verletzungen. Mikrostrukturelle Verletzungen könnten gerade an der oberen HWS übersehen werden und vorbestehende degenerative Veränderungen beeinflussen. Objektive Befundindizien für die Abstinenz einer mikrostrukturellen Verletzung seien bislang nicht angeführt worden. Aus dem fehlenden elektromyographischen Nachweis einer Armplexuszerrung, die sich nahtlos in den Unfallmechanismus einreihe und unabhängig von der C 1/2-Symptomatik vorgelegen habe, könne nicht automatisch auf die Abstinenz sensibler Störungen geschlossen werden. Dr. S. quantifiziere in unzulässiger Weise nicht quantifizierbare Röntgenbilder und beuge damit die diagnostische Bewertungszulässigkeit derartigen Bildmaterials. In unzulässiger Weise werde von Dr. S. persistierend der Versuch unternommen, eine C 1/2-Verletzung mit einer Schulter-Arm-Symptomatik in Verbindung zu bringen, ohne zu erkennen, dass auch zwei Verletzungen unabhängig voneinander auftreten könnten.
Hierzu hat die Beklagte die Stellungnahme von Dr. S. vom 4. November 2004 vorgelegt.
Sodann hat der Senat das orthopädische Gutachten nach Aktenlage von Prof. Dr. W. vom 18. Juli 2005 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, die Auswertung der ihm überlassenen Röntgenbilder zeige eine Skoliose (seitliche Verkrümmung) der HWS und BWS geringen Grades sowie in Bezug auf die HWS eine Arthrose in dem Gelenk zwischen 1. und 2. Halswirbel, eine leichtgradige Spondylose in den Segmenten C 2/3, C 5/6 und C 6/7, Spondylarthrosen an der unteren HWS und eine leichtgradige Chondrose in den Segmenten C 5/6 und C 6/7. Auch liege eine zystische Auflockerung der Knochenstruktur des 2. Halswirbelkörpers vor, welche nicht Verletzungsfolge sein könne. Prinzipiell sei es möglich, dass die spondylotischen, chondrotischen und spondylarthrotischen Veränderungen und die Arthrose im Atlantodentalgelenk Unfallfolge seien. Dies setze aber voraus, dass die betroffenen Wirbelsäulenabschnitte bei dem Unfall verletzt, also beschädigt worden seien. Dass sich der Kläger bei dem Unfall eine Verletzung des Bandapparates der HWS bzw. Bandscheibenzerreißungen an der HWS oder gar Wirbelfrakturen oder Wirbelgelenkverletzungen zugezogen habe, sei nach den vorliegenden Anknüpfungstatsachen sehr unwahrscheinlich. Bei der ersten ärztlichen Inanspruchnahme bei Dr. von S. am 22. November 1993 hätten keine äußeren Verletzungszeichen festgestellt werden können. Der Kläger habe über einen allgemeinen Bewegungsschmerz im Bereich der gesamten Wirbelsäule geklagt. An der vorderen Halsmuskulatur sei ein Druck- und Dehnungsschmerz festgestellt worden. Objektive pathologische Befunde von Seiten der HWS seien nicht mitgeteilt worden. Die seinerzeit angefertigten Röntgenaufnahmen hätten ebenso wie die später angefertigten keinen Hinweis für eine abgelaufene knöcherne Verletzung und auch keinen Hinweis für eine diskoligamentäre Verletzung gezeigt. Auch die Befundentwicklung nach dem Unfall spreche gegen eine ernsthaftere Verletzung der HWS. Der Kläger sei anfänglich beschwerdefrei gewesen. Unter ausschließlich physikalischen Behandlungsmaßnahmen und unter einer lokalen Injektionstherapie sei der Kläger innerhalb einiger Wochen ganz oder zumindest weitgehend beschwerdefrei geworden. Arbeitsunfähigkeit habe nur für etwa 3 Wochen bestanden. Dass es infolge einer leichtgradigen Verletzung der HWS im Sinne einer HWS-Distorsion zu solchen degenerativen Veränderungen komme, sei pathomechanisch ausgeschlossen. In Anbetracht dessen stelle sich die Frage, ob die degenerativen Veränderungen an der HWS erst nach dem Unfall entstanden seien bzw. sich schon vor dem Unfall entwickelt hätten. Die zur Diskussion stehenden Abschnitte der HWS seien auf den in den Jahren 1993 und 1998 angefertigten Röntgenaufnahmen nicht oder nur unvollständig abgebildet. Man könne bei der Auswertung allenfalls anhand einzelner Aufnahmen vermuten, dass die Veränderungen am Atlantodentalgelenk und im Segment C 5/6 schon zum Unfallzeitpunkt vorhanden gewesen seien. Retrospektiv und längsschnittmäßig betrachtet lasse sich anhand der Röntgenaufnahmen keine Progredienz von degenerativen Veränderungen nachweisen. Insgesamt spreche mehr dagegen als dafür (gemeint: dafür als dagegen), dass sich die in der HWS mit Hilfe der Bildgebung nachgewiesenen degenerativen Veränderungen aus inneren Ursachen und altersabhängig schon bis zum Unfallzeitpunkt entwickelt hätten. Verletzungsfolgen, die als Ursache der beschriebenen degenerativen Veränderungen in Frage kämen, seien nicht bewiesen. Es sei davon auszugehen, dass beim Kläger eine Grad-II-Störung nach der Quebec-Task-Force-Klassifikation vorgelegen habe. Dies bedeute, dass nach einer Beschleunigungsverletzung der HWS vom Unfallopfer bei gleichzeitigem Nachweis von klinischen Verletzungsfolgen wie Funktionsstörung und Muskelverspannung ohne Nachweis struktureller Verletzungsfolgen Beschwerden angegeben worden seien. Diese Störungen entsprächen in etwa der früher gebräuchlichen und mittlerweile obsoleten Grad-I-Distorsion nach Erdmann. Diese Distorsionen heilten regelmäßig folgenlos aus. Unfallfolgen seien damit nicht festzustellen.
Zu den hierzu vom Kläger vorgebrachten Einwänden hat Prof. Dr. W. unter dem 9. Januar 2006 Stellung genommen. Dort hat Prof. Dr. W. darauf hingewiesen, die von der Klägerseite behauptete kontinuierliche Einschränkung der Kopf-Hals-Beweglichkeit nach dem Arbeitsunfall sei nicht bewiesen. Dass der Kläger weiter behandelt worden sei, sei zwar dokumentiert, belege jedoch nicht zwangsläufig Behandlungsbedürftigkeit oder die Existenz pathologischer Befunde.
Schließlich hat der Senat die sachverständige Zeugenauskunft von Dr. D. vom 14. Juni 2006 eingeholt. Dort ist ausgeführt worden, er habe den Kläger am 18. November 1993, da Dr. von S. für den Kläger nicht erreichbar gewesen sei, behandelt. Er habe schmerzhafte Muskelverspannungen im Bereich der HWS und des Schultergürtels, Schmerzen in der linken Schulter und im Bereich der LWS, von dort in den linken Oberschenkel und linken Fuß einstrahlend, vorgefunden und ein Schleudertrauma der HWS sowie eine LWS-Prellung mit Ischialgie diagnostiziert.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten, der beigezogenen Akten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.
Die Frage, ob der Kläger Anspruch auf Verletztenrente hat, richtet sich gemäß § 212 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) nach der im Zeitpunkt des Versicherungsfalls geltenden Reichsversicherungsordnung (RVO).
Der Verletzte erhält eine Rente, wenn die zu entschädigende MdE über die 13. Woche nach dem Arbeitsunfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist (§ 580 Abs. 1 Satz 1 und § 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO). Arbeitsunfall ist ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet (§ 548 Abs. 1 Satz 1 RVO). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens, d. h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSG, Urteil vom 4. August 1955 - 2 RU 62/54 - BSGE 1, 174, 178; BSG, Urteil vom 14. November 1984 - 9b RU 38/84 - SozR 2200 § 581 Nr. 22). Für die Bewertung der unfallbedingten MdE kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen oder geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet (BSG, Urteil vom 26. Juni 1985 - 2 RU 60/84 - SozR 2200 § 581 RVO Nr. 23; BSG, Urteil vom 19. Dezember 2000 - B 2 U 49/99 R - HVBG-Info 2001, 499). Die Sachkunde des ärztlichen Sachverständigen bezieht sich in erster Linie darauf, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Schlüssige ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind zwar bedeutsame Anhaltspunkte, besitzen aber keine bindende Wirkung, auch wenn sie eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE darstellen (BSG, Beschluss vom 22. August 1989, - 2 BU 101/89 - HVBG-Info 1989, 2268). Bei der Bewertung der MdE sind schließlich auch die in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung und dem versicherungsrechtlichen oder versicherungsmedizinischen Schrifttum ausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten, um eine gerechte und gleiche Bewertung der zahlreichen Parallelfälle der täglichen Praxis zu gewährleisten.
Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich (BSG, Urteil vom 30. April 1985 - 2 RU 43/84 - BSGE 58, 80, 82; BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 - 2 RU 27/86 - BSGE 61, 127, 129; BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - HVBG-Info 2000, 2811). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, sodass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSG, Urteil vom 2. Februar 1978 - 8 RU 66/77 - BSGE 45, 285, 286). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt - in gleichem Maße - wesentlich beigetragen haben (BSG, Urteil vom 28. Juni 1988 - 2/9b RU 28/87 - BSGE 63, 277, 278). Kommt dagegen einer der Bedingungen gegenüber der oder den anderen Bedingung/en eine überwiegende Bedeutung zu, so ist sie allein wesentliche Bedingung und damit Ursache im Rechtssinne (BSG, Urteil vom 30. Juni 1960 - 2 RU 86/56 - SozR § 542 Nr. 27; BSG, Urteil vom 1. Dezember 1960 - 5 RKn 66/59 - SozR § 542 Nr. 32). Insoweit ist eine wertende Gegenüberstellung der ursächlichen Faktoren erforderlich (BSG, Urteil vom 29. März 1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52, 53; BSG, Urteil vom 31. Oktober 1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121, 123; BSG, Urteil vom 20. Januar 1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110, 112). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (BSG, Urteil vom 24. Oktober 1957 - 10 RV 945/55 - BSGE 6, 70, 72; BSG, Urteil vom 27. Juni 1991 - 2 RU 31/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Eine Auswertung der radiologischen Befunde hat ergeben, dass beim Kläger eine Skoliose (seitliche Verkrümmung) der HWS und BWS geringen Grades sowie im Bereich der HWS eine Arthrose in dem Gelenk zwischen 1. und 2. Halswirbel (Atlantodentalgelenk), eine leichtgradige Spondylose (knöcherne Anbauten an den Wirbelkörperkanten) in den Segmenten C 2/3 , C 5/6 und C 6/7, Spondylarthrosen (Verschleiß eines Wirbelgelenkes) an der unteren HWS sowie eine leichtgradige Chondrose (Höhenminderung eines Bandscheibenraumes) in den Segmenten C 5/6 und C 6/7 vorliegt. Nach Aktenlage und Befundbeschreibung liegt eine schmerzhafte Funktionsstörung der HWS vor. Dieses Krankheitsbild ergibt sich für den Senat aus dem Gutachten von Prof. Dr. W. vom 18. Juli 2005.
Dieses Krankheitsbild ist unter Berücksichtigung der oben dargelegten Grundsätze nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich auf das Unfallereignis vom 18. November 1993 zurückzuführen. Bei dieser Einschätzung stützt sich der Senat auf das Gutachten von Prof. Dr. Dr. M. vom 26. Januar 1998, die beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. P. vom 16. und 30. März 1998, die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. L. vom 29. Dezember 2001, das Gutachten von Dr. S. vom 11. April 2003 und dessen Stellungnahme vom 4. November 2004 sowie auf das Gutachten von Prof. Dr. W. vom 18. Juli 2005 und dessen Stellungnahme vom 9. Januar 2006.
Der Kausalitätsbeurteilung von verkehrsunfallbedingten Beeinträchtigungen der HWS legt der Senat die in den "Anhaltspunkten für die Begutachtung der Halswirbelsäulenverletzungen" (veröffentlicht in DGU - Mitteilungen und Nachrichten Suppl./2004, S. 11 - 26) dargestellten Kriterien zu Grunde. Demnach entfällt die Annahme einer Wirbelsäulenverletzung, wenn nach einem Unfall kein organischer Schaden nachzuweisen ist, der als Unfallfolge in Frage kommt (S. 13). Nackenbeschwerden (Schmerzen, Steifigkeitsgefühl und Druckempfindlichkeit - auch mit Bewegungseinschränkung der HWS durch Muskelspasmus und Druckpunkte - ohne neurologische Ausfälle, ohne Frakturen und ohne Verrenkungen, sind nach diesen Anhaltspunkten auch ohne vorausgegangenen Unfall in der Bevölkerung gleich häufig, also nicht unfalltypisch. Die Häufigkeit von Nackenbeschwerden vor einem Unfall wird von den Unfallopfern selbst wesentlich geringer angegeben. Dies sind Indizien dafür, dass die Ursachen der Chronifizierung im außermedizinischen Bereich liegen, also mit dem Unfall selbst nichts zu tun haben. Da die Inzidenz bandscheibenbedingter Erkrankungen der HWS in dem Lebensalter, in dem Beschleunigungsverletzungen am häufigsten geltend gemacht werden (dem 4. Dezennium), bereits groß ist, spricht das tatsächlich erstmalige Auftreten von Nackenschmerzen nach einem Unfall nicht zwangsläufig für den Unfallzusammenhang (S. 14). In diesen Anhaltspunkten wird auch darauf hingewiesen, dass organische, also morphologische und funktionell fassbare Verletzungsfolgen an der HWS, wie die an anderen Körperabschnitten, eindeutig nachvollziehbar sind. Bei chronischen somatischen, psychischen und kognitiven Beschwerden nach vermeintlicher oder leichtgradiger Verletzung der HWS ohne begleitendes Schädelhirntrauma ist davon auszugehen, dass diese nicht organisch bedingt sind (S. 18). Des Weiteren - und dies ist für den Senat entscheidend - ist eine Verletzung der HWS dann bewiesen, wenn sie morphologisch - meist mit Hilfe bildgebender Verfahren - festgestellt worden ist. Allein aufgrund klinischer Symptome oder ihrer Beschreibung ist die Beweisführung nicht möglich. Das Schmerzhaftwerden der HWS und der sie umgebenden Weichteile mit oder ohne Funktionsstörungen der cervicalen Bewegungssegmente mit reaktiven Veränderungen an den Weichteilen kann unterschiedlichste Ursachen haben, ist also nichts Verletzungsspezifisches (S. 20). In Bezug auf den Unfallhergang und Verletzungsmechanismus wird ausgeführt, dass ein verkehrstechnisches Gutachten mit kollisionsmechanischen Analysen überflüssig ist, wenn keine Befunde vorliegen, die als Unfallfolgen in Frage kommen oder eindeutige Unfallfolgen vorliegen (S. 21). Im Weiteren wird dargelegt, dass eine abgrenzbare Verschlimmerung immer voraussetzt, dass Vorschaden und Unfallschaden eindeutig definiert sind (S. 22).
Unter Würdigung dieser Kriterien spricht nach Einschätzung des Senats mehr dagegen als dafür, dass das klinisch, röntgenologisch und computertomographisch im Jahre 2001 beschriebene Krankheitsbild des Klägers auf das Unfallereignis aus dem Jahr 1993 zurückzuführen ist.
Nach dem Gutachten von Prof. Dr. W. vom 18. Juli 2005 stellen die Skoliose (S. 13) und - sich aus der radiologischen Morphologie ergebend - die Knochenläsion am 2. Halswirbel keine Verletzungsfolge dar. Dem schließt sich der Senat im Hinblick darauf an, dass auch Prof. Dr. U. in seinem Gutachten vom 18. September 2001 (S. 40) ausgeführt hat, die Veränderungen zwischen dem Halswirbelkörper 1 und 2 seien in einer Höhe lokalisiert, die auf eine knöcherne ligamentäre Verletzung dort nicht schließen lasse.
Auch die spondylotischen, chondrotischen und spondylarthrotischen Veränderungen und die Arthrose im Atlantodentalgelenk sind nicht wesentlich auf das Unfallereignis zurückzuführen. Denn dies hätte vorausgesetzt, dass die betroffenen Wirbelsäulenabschnitte bei dem Unfallereignis verletzt, also beschädigt worden wären. Prof. Dr. W. hat in seinem Gutachten vom 18. Juli 2005 (S. 14-16) schlüssig und für den Senat gut nachvollziehbar dargelegt, dass eine Verletzung des Bandapparates der HWS bzw. Bandscheibenzerreißungen an der HWS oder gar Wirbelfrakturen oder Wirbelgelenkverletzungen sehr unwahrscheinlich sind. So hat Dr. von S. in seinem H-Arzt-Bericht vom 23. November 1993 äußerlich keine Verletzungszeichen angegeben. Auch hat Dr. D. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 14. Juni 2006 keine äußerlichen Verletzungszeichen aufgeführt. Auch können den am 22. November 1993 erstellten Röntgenaufnahmen keine Hinweise für eine abgelaufene knöcherne Verletzung oder eine diskoligamentäre Verletzung entnommen werden, da dieses Bildmaterial - und hier sind sich die Gutachter einig - in dem relevanten HWS-Bereich nicht in diesem Sinne interpretationsfähig ist (Gutachten von Prof. Dr. U. vom 18. September 2001 [S. 21] und dessen Stellungnahme vom 1. September 2004 [S. 7 und 19], Gutachten von Dr. S. vom 11. April 2003 [S. 14 und 15] und Gutachten von Prof. Dr. W. vom 18. Juli 2005, [S. 5 und 6]). Auch hat Prof. Dr. W. zutreffend auf den gegen eine Wirbelsäulenverletzung sprechenden Krankheitsverlauf hingewiesen. Nach dem polizeilichen Vernehmungsprotokoll vom Unfalltag und den Ausführungen des Klägers gegenüber Prof. Dr. U. im Rahmen der Begutachtung (S. 6 des Gutachtens) hatte der Kläger unmittelbar nach dem Unfall keine Beschwerden verspürt, der Unfallaufnahme beiwohnen und mit einem Leihfahrzeug die Fahrt von S.-P. nach S. fortsetzen können. Die Beschwerden setzten nach seinen Angaben - nach Ansicht des Senats nicht schon, sondern erst - nach ca. 1 ½ Stunden nach dem Unfallereignis ein. Arbeitsunfähigkeit bestand lediglich für 3 Wochen. Wäre es durch das Unfallereignis zu einer schwerwiegenden Verletzung der HWS gekommen, hätte die initiale Symptomatologie und ihre Weiterentwicklung nach Einschätzung des Senats eine ganz andere sein müssen. Dies haben Dr. L. in seiner Stellungnahme vom 29. Dezember 2001 (S. 2) und Prof. Dr. W. in seinem Gutachten vom 18. Juli 2005 (S. 15) nachvollziehbar dargelegt. Insbesondere hat Dr. L. ausgeführt, eine Verletzung im Bereich der Kopfgelenke sei ein eindrucksvolles Schadensbild und führe zu einem sofortigen deutlichen Beschwerdebild und zu einem sofortigen Funktionsverlust. Auch der weitere Krankheitsverlauf spricht gegen einen Unfallzusammenhang. So hat der Kläger nach Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit am 11. Dezember 1993 gegenüber Dr. R. lediglich über gelegentliche Schmerzen im Nackenbereich geklagt und es konnten zum damaligen Zeitpunkt nur etwas eingeschränkte Rotationsbewegungen erhoben werden. Am 1. September 1994 und 19. Dezember 1994 hat Dr. R. eine ausreichend bewegliche HWS und nur eine Verspannung und Druckempfindlichkeit der linksseitigen Nacken-Schultergürtelmuskulatur beschrieben. Auch hat Dr. von S. in seinem Zwischenbericht vom 13. April 1995 eine wesentliche Besserung angegeben und in seiner Mitteilung vom 29. Mai 1995 ausgeführt, über die 13. Woche nach dem Unfall hinaus liege eine MdE um 10 v. H. vor. Es liegt mithin ein beschwerdefreies Intervall vor, welches als Indiz für eine lediglich harmlose Verletzung zu werten ist. Auch insoweit folgt der Senat der Einschätzung von Dr. L. in seiner Stellungnahme vom 29. Dezember 2001, wonach bei struktureller Läsion ein intensives und anhaltendes Schmerzerleben eintritt (S. 5). Hieraus hat Dr. L. zutreffend den Schluss gezogen, dass zwar eine unfallbedingte funktionelle Verletzung möglich sei, selbige aber - so wie dem Krankheitsverlauf des Klägers entsprechend - innerhalb weniger Tage folgenlos abheile. Insoweit hat auch Dr. S. in seinem Gutachten vom 11. April 2003 für den Senat nachvollziehbar von einem bagatellhaften Schadensbild gesprochen (S. 29) und den Mechanismus beschrieben, wie beklagte Befindlichkeitsstörungen wahrgenommen, als Unfallfolge gedeutet und dabei katastrophisiert werden (S. 28). Gegen eine schwerwiegende HWS-Verletzung spricht auch der Umstand, dass der Kläger von Dr. D. zunächst nur mit homöopathischen Medikamenten - was sich aus dem H-Arzt-Bericht von Dr. von S. vom 23. November 1993 ergibt - behandelt worden ist. Dr. L. hat in seiner Stellungnahme vom 29. Dezember 2001 zu Recht darauf hingewiesen, dass bei einer schwerwiegenderen Verletzung eine derartige Behandlung normalerweise nicht adäquat ist. Wesentlich sind für den Senat auch die Ausführungen von Prof. Dr. W. in seinem Gutachten vom 18. Juli 2005, wonach sich der Kläger im Zeitpunkt des Unfallereignisses bereits in einem Lebensabschnitt befunden hat, in dem bandscheibenbedingte Veränderungen an Wirbelsäulenabschnitten häufig vorkommen.
Nach alledem ist der Senat der Einschätzung von Prof. Dr. U. in seinem Gutachten vom 18. September 2001 und seiner Stellungnahme vom 1. September 2004 nicht gefolgt. Prof. Dr. U. hat über verkehrstechnische Zusammenhänge ohne den spezifischen Sachverstand spekuliert, selbst angegeben, dass das von ihm veranlasste CT keinen Anhalt für eine abgelaufene knöcherne Verletzung gegeben hat und für den Senat wenig nachvollziehbar darauf hingewiesen, die normüberschreitende Veränderungen an der oberen HWS würde sich von denjenigen der BWS und LWS abheben. Hierfür mag es acht Jahre nach dem Unfallereignis mannigfaltige Ursachen geben. Außerdem hat Prof. Dr. U. ebenso wie Prof. Dr. W. ausgeführt, dass die Veränderungen zwischen dem Halswirbelkörper 1 und 2 in einer Höhe lokalisiert seien, die auf eine knöcherne ligamentäre Verletzung dort nicht schließen lasse (S. 40). Wie er dann jedoch zu der Einschätzung kommt, diese Veränderungen seien durch den Unfall richtunggebend beeinflusst, ist für den Senat im Hinblick darauf nicht plausibel, dass wegen der fehlenden Interpretierbarkeit der im Jahr 1993 und 1994 durchgeführten Röntgenaufnahmen vorbestehende degenerative Veränderungen zwar wegen des fortgeschrittenen Alters des Klägers möglich, aber keineswegs gesichert sind. Auch führt der Hinweis von Prof. Dr. U. in seiner Stellungnahme vom 1. September 2004, objektive Befundindizien für die Abstinenz einer mikrostrukturellen Verletzung lägen nicht vor (S. 19) nicht weiter. Denn die objektive Beweislast/Feststellungslast für den Unfallzusammenhang trägt nicht die Beklagte, sondern der Kläger.
Dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsantrag hat der Senat nicht stattgegeben, weil der entscheidungserhebliche Sachverhalt wie dargelegt hinreichend aufgeklärt ist.
Nach alledem hat die Beklagte zu Recht mit Bescheid vom 22. Juni 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2000 die Gewährung einer Verletztenrente abgelehnt und das SG mit Urteil vom 17. Oktober 2003 die hiergegen erhobene Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung ist mithin unbegründet.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 18. November 1993.
Der 1938 geborene Kläger erlitt am 18. November 1993 gegen 7:25 Uhr in der Nähe von S.-P. während einer bei der Beklagten versicherten Dienstfahrt einen Verkehrsunfall. Am 25. November 1993 ging bei der Beklagten die Unfallanzeige ein. In der beigefügten Unfallbeschreibung gab der Kläger an, er habe die linke Fahrspur der Autobahn mit einer Geschwindigkeit von ca. 100 km/h befahren. Nachdem er habe bremsen müssen, sei ein hinter ihm fahrender Verkehrsteilnehmer mit seinem Fahrzeug auf das Heck seines Fahrzeuges aufgeprallt. Dabei habe er diesen bereits im Rückspiegel als zu schnell auf ihn auffahrend erkannt. Durch die Aufprallwucht habe sich sein Fahrzeug gedreht und sei an die Mittelleitplanke gedrückt worden.
Noch am Unfalltag stellte sich der Kläger nachmittags beim Arzt für Allgemeinmedizin Dr. D. vor, wo schmerzhafte Muskelverspannungen im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) und des Schultergürtels, Schmerzen in der linken Schulter und im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS), von dort in den linken Oberschenkel und linken Fuß einstrahlend befundet und ein Schleudertrauma der HWS sowie eine LWS-Prellung mit Ischialgie diagnostiziert wurden (sachverständige Zeugenauskunft vom 14. Juni 2006). Die Weiterbehandlung erfolgte beim Orthopäden Dr. von S. und beim Neurologen Dr. R ... In seinem H-Arzt-Bericht vom 23. November 1993 teilte Dr. von S. mit, der Kläger habe nach dem Unfall seine Arbeit noch erledigt, sei von Dr. D. mit homöopathischen Medikamenten behandelt und arbeitsunfähig geschrieben worden. Dr. von S. befundete im Wesentlichen einen allgemeinen Bewegungsschmerz im Bereich der HWS, Brustwirbelsäule (BWS) und LWS mit Ausstrahlungen und einen Druck- und Dehnungsschmerz der vorderen Halsmuskulatur. Die Röntgenuntersuchung der Wirbelsäule und der linken Schulter habe keine frischen knöchernen Verletzungen und kaum degenerative Verletzungszeichen gezeigt. Der Neurologe Dr. R. gab in seinem Befundbericht vom 30. November 1993 als Ergebnis der von ihm wegen in das linke Bein ausstrahlender Kreuzschmerzen durchgeführten elektromyographischen Untersuchung eine leichte Wurzelirritation im Zusammenhang mit dem Unfallereignis an, ohne dass sich Hinweise für eine wesentliche Nervenkompression bei operationswürdigem Bandscheibenvorfall gefunden hätten. In seinem Befundbericht vom 16. Februar 1994 beschrieb Dr. R. etwas eingeschränkte Rotationsbewegungen ohne eindeutige Provozierbarkeit radikulärer Symptome, in der Motorik keine Paresen oder Atrophien, eine leichte Hypästhesie bei C 5 links sowie regelrechte und seitengleiche Reflexe. Laut Mitteilung von Dr. von S. vom 11. April 1994 trat die Arbeitsfähigkeit des Klägers am 11. Dezember 1993 wieder ein. In seinem Befundbericht vom 1. September 1994 beschrieb Dr. R. eine ausreichend bewegliche HWS ohne eindeutige Provozierbarkeit radikulärer Symptome, eine Verspannung und Druckempfindlichkeit der linksseitigen Nacken-Schultergürtelmuskulatur, in der Motorik keine Paresen oder Atrophien, eine angegebene leichte Verminderung der Berührungsempfindung im linken Ober- und Unterarm sowie seitengleiche und regelrechte Reflexe im Bereich der oberen Extremitäten. Ergänzend führte Dr. R. in seinem Befundbericht vom 20. Dezember 1994 aus, nach wie vor ergäben sich keine Hinweise für eine wesentliche Nerven- oder Wurzelläsion. Unter dem 13. April 1995 teilte Dr. von S. mit, bei der jetzigen Verlaufskontrolle sei eine wesentliche Besserung angegeben worden. In seinem Zwischenbericht vom 22. September 1997 führte Dr. von S. aus, als Folgen des Unfallereignisses bestünden Beschwerden im Sinne einer chronischen Cervikobrachialgie links mit rezidivierenden Parästhesien im Bereich des linken Armes sowie eine Interspinalligamentose des cervicothorakalen Übergangs und rezidivierende Cervicalblockierungen mit Kopfgelenksdysfunktion.
Die Beklagte zog die von Polizeiobermeister (POM) H. unter dem 22. November 1993 angefertigte Verkehrsunfallanzeige bei, welcher die Niederschrift über die am Unfalltag um 7:45 Uhr durchgeführte Vernehmung des Klägers beigefügt war. Daraus geht hervor, der Kläger habe angegeben, nicht verletzt worden zu sein.
Der Chirurig Dr. P. führte in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 6. Oktober 1997 aus, der Kläger habe sich bei dem Unfallereignis eine Contusion der linken Schulter, eine traumatische Läsion der HWS/BWS mit Brachialgie links sowie posttraumatischer Ischialgie links zugezogen. Knöcherne Verletzungen und relevante neurologische Schädigungsfolgen seien ausgeschlossen worden. Allenfalls wäre die Traumatisierung im Sinne eines Traumas nach Erdmann I-II zu bewerten, das spätestens nach Ablauf eines Jahres unfallbedingte Behandlungsmaßnahmen nicht mehr erwarten lasse.
Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. T. führte in seinem Arztbrief vom 3. November 1997 aus, klinisch und elektromyographisch habe sich kein pathologischer Befund, hätten sich allerdings Verspannungen im Bereich des M. Trapezius links gefunden. Eine eigentliche Nervenwurzelschädigung scheine aber noch nicht vorzuliegen.
Sodann ließ die Beklagte den Kläger untersuchen und begutachten. Prof. Dr. Dr. M., Chefarzt der Orthopädischen Klinik der H. Stiftung A., führte in seinem Gutachten vom 26. Januar 1998 aus, der Kläger habe sich bei dem Unfallereignis eine HWS-Zerrung nach HWS-Schleudertrauma max. Grad II, eine Prellung der linken Schulter und eine Prellung der LWS mit posttraumatischer Lumboischialgie zugezogen. Die jetzt noch vom Kläger vorgetragenen Beschwerden bzgl. der HWS-Zerrung seien nicht direkte Folge des Unfalles. Der Unfall sei sicher Anlass, nicht jedoch Ursache für diese Beschwerden. Diese hätten sich im Rahmen eines sog. "Teufelskreises" verselbständigt. Unfallbedingt habe für die Dauer von 6 Wochen eine Arbeitsunfähigkeit, bis zum Ende der ersten sechs posttraumatischen Monate eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vom Hundert (v. H.), bis zum Ende des ersten Unfalljahres eine MdE um 10 v. H. und ab Ende des ersten Unfalljahres keine MdE mehr vorgelegen.
Dr. von S. führte in seinem Zwischenbericht vom 9. März 1998 aus, nach wie vor bestünden posttraumatische Beschwerden cervicothorakal und im Sinne einer chronischen Cervikobrachialgie links.
Dr. P. schloss sich in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 16. März 1998 der Beurteilung von Prof. Dr. Dr. M. an und führte in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 30. März 1998 aus, über die 13. Woche nach dem Unfall hinaus habe eine MdE rentenberechtigenden Ausmaßes nicht vorgelegen.
Mit Bescheid vom 22. Juni 1998 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Rente ab und führte aus, der Kläger habe sich bei dem Arbeitsunfall eine HWS-Zerrung, eine Prellung der linken Schulter sowie eine Prellung der LWS zugezogen. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe vom 18. November bis zum 10. Dezember 1993 bestanden. Die Prellungen der linken Schulter sowie der LWS seien folgenlos ausgeheilt. Die jetzt noch vorgetragenen Beschwerden der HWS stünden nicht mehr in ursächlichem Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall. Unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit habe bis November 1994 vorgelegen.
Hiergegen erhob der Kläger am 21. Juli 1998 Widerspruch. Bislang sei die von Dr. von S. diagnostizierte Kopfgelenksdysfunktion nicht untersucht worden. Außerdem liege eine Schleuderverletzung der HWS im Sinne der Erdmann’schen Einteilung nur dann vor, wenn keine Kontaktverletzung stattgefunden habe. Vorliegend liege jedoch ein Kontakttrauma vor, was sich zwangsläufig aus der Schulterkontusion ergebe. Hierzu führte Dr. P. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 28. Dezember 1999 aus, wesentlich erscheine, dass die im Gutachten von Prof. Dr. Dr. M. beschriebenen Funktionseinschränkungen ohnehin selbst bei fiktiver Unterstellung als Traumafolge mit einer MdE unter 20 v. H. zu bewerten wären. Den Ausführungen des Klägers sei auch entgegenzuhalten, dass sich der Kläger entsprechend seiner Unfallbeschreibung auf das eingetretene Ereignis habe einstellen können. Unstrittig sei, dass sich bei derartigen Verletzungsmustern die kinetische Energie beim Heckanprall weitgehend verzögert und sich die zusätzlich im Rahmen des Seitenanpralls erlittenen Verletzungen als typische Prellungen darstellten, die - wie vorliegend - im typisch erwarteten Zeitverlauf folgenlos ausgeheilt seien. Hierauf gestützt wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 2000 zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 17. April 2000 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG). Dem Gutachten von Prof. Dr. Dr. M. sei nicht zu entnehmen, in welcher Position dieser die Drehbeweglichkeit des Kopfes geprüft habe. Der Gutachter habe die Umfangsminderung des rechten Oberarmes nicht gewürdigt. Er habe nicht dargelegt, worauf sich seine Beurteilung, ein Unfallzusammenhang liege nicht vor, stütze. Degenerative Verschleißerscheinungen seien nicht mitgeteilt worden. Außerdem leide er nicht nur an einer eingeschränkten Beweglichkeit, sondern auch - wie von Dr. von S. mitgeteilt - an posttraumatischen Beschwerden cervico-thorakal und im Sinne einer chronischen Cervico-Brachialgie links. Es habe sich vorliegend auch nicht um einen Bagatellunfall gehandelt. Bei seinem Fahrzeug sei ein Schaden von ca. 25.000,00 DM entstanden, woraus sich ein Beschädigungsgrad von 3 ergebe. Außerdem sei nicht nachvollziehbar, warum sich die kinetische Energie vorliegend weitgehend verzehrt habe.
Das SG zog das Leistungsverzeichnis der Barmer Ersatzkasse bei und holte von Prof. Dr. U., Chefarzt der Unfallchirurgischen Klinik der Klinik am E. in G., das Gutachten vom 18. September 2001 ein. Aus dem Gutachten geht die Angabe des Klägers hervor, er habe unmittelbar nach dem Unfall keine Beschwerden verspürt und mit einem Leihwagen - wie ursprünglich beabsichtigt - die Fahrt nach S. fortgesetzt. Der Sachverständige führte unter Berücksichtigung des radiologischen Zusatzgutachtens von Dr. S. vom Radiologischen Zentralinstitut der Klinik am E. in G. vom 6. August 2001 aus, als Unfallfolgen lägen osteophytäre Anbaureaktionen am vorderen Atlasbogen, rechts mehr als links, mit Einengung des atlanto-dentalen Abstandes, eine radiologisch wie klinisch deutliche Einschränkung der Seitneigung nach links, eine erhebliche Einschränkung der Rotation nach links in Neutralstellung, Kopfvor- und Rückneigung, ein positiver Spurling-Test, Extensions-Test und Schulterabduktions-Test, Muskelverspannungen paravertebral von C 1 bis C 7 mit regionaler Druckdolenz im Punktum Maximum C 5 bis C 7 und C 0 bis C 2 sowie ein muskelbedingtes endgradiges Funktionsdefizit am linken Schultergelenk für Retroversion, Anteversion und Elevation vor. Für einen Zusammenhang der radiologischen Befunde mit dem Unfallereignis spreche, dass die an der Fahrgastzellenverformung, der abgebrochenen Rückenlehne und dem Totalschaden des Fahrzeugs erkennbaren einwirkenden Kräfte auf ein Ausmaß hindeuteten, das eine Beschleunigungsverletzung der HWS begründe, dass es sich nicht um eine isolierte Rear end Collision im Sinne eines einfachen Heckaufpralls, sondern um ein komplexeres Beschleunigungsmuster mit einer gleichzeitigen an der Fahrzeugpositionsveränderung nach dem Unfall erkennbaren Drehkomponente handle, dass der Kläger vor dem Unfallereignis keinerlei Arztkontakte wegen Vorerkrankungen an der HWS gehabt habe und dass die Symptomatik nach dem Unfall mit einer Zeitlatenz von 1 ½ Stunden auffällig geworden sei, die auch unter Berücksichtigung des Zeitintervalls bei Beschleunigungsverletzungen beobachtet werden könne und für diese typisch sei, dass in unmittelbarer Zeitnähe zum Unfall die Konsultation eines Arztes erforderlich geworden sei, dass unter Berücksichtigung des Unfallmechanismus die jetzt feststellbaren Funktionseinschränkungen der HWS mit geminderter Drehfähigkeit und Seitneigungsfähigkeit mit den bei dem Unfall einwirkenden Kräften vereinbar seien. Zwar zeigten sich computertomographisch Veränderungen zwischen dem 1. und 2. Halswirbelkörper, die einerseits die Funktionsminderung insbesondere für Rotation begründeten, andererseits in einer Höhe lokalisiert seien, die auf eine knöcherne oder ligamentäre Verletzung in diesem Bereich nicht schließen lasse. Selbst wenn ein Vorschaden in diesem Bereich unterstellt werde - radiologisch hätten sich geringe degenerative Veränderungen am Atlanto-axialen Gelenk gezeigt -, seien diese Veränderungen aber durch das Unfallereignis mit hoher Wahrscheinlichkeit richtunggebend beeinflusst worden, sodass die jetzt festgestellten Anbaureaktionen am Atlas in ihrem Ausmaß deutlich progredient seien. Die MdE betrage 20 v. H.
Hierzu legte die Beklagte die gutachtliche Stellungnahme des Arztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. L. vom 29. Dezember 2001 vor. Nicht richtig sei die im Gutachten von Prof. Dr. U. vorgenommene medizinische Deduktion, die aufgrund eines nicht verletzungsspezifischen Befundes, der fast 8 Jahre nach einem Unfall erhoben werde, auf eine stattgehabte Verletzung rückschließe. Es fehle die Angabe, welche Struktur verletzt worden und für die computertomographisch zur Darstellung kommenden degenerativen Veränderungen verantwortlich sein solle. Nicht berücksichtigt worden sei, dass die Röntgen-Nativ-Verlaufsaufnahmen keinen Hinweis für Verletzungen hätten erkennen lassen. Es könne nicht ausschließlich aus einer nach einem Intervall von 8 Jahren computertomographisch zur Darstellung kommenden degenerativen Veränderung der Schluss gezogen werden, diese Änderung habe in ihrer Entwicklung zum Unfallzeitpunkt nicht bestanden, nachdem unfallnah eine entsprechende Untersuchung nicht durchgeführt worden sei. Im Übrigen sei der bildtechnisch zur Darstellung kommende Befund nicht ausreichend für die im Gutachten von Prof. Dr. U. dokumentierten Bewegungseinschränkungen. Schließlich ergebe sich aus diesem Gutachten nicht, dass die Befunde im Bereich der HWS im Stehen, Sitzen und Liegen mit überhängendem Kopf erhobenen worden seien, wodurch sich deutlich bessere Rückschlüsse auf die dem Untersuchten möglichen Bewegungsausschläge ergäben.
Hierzu nahm Prof. Dr. U. unter dem 16. Mai 2002 Stellung.
Sodann legte der Kläger eine Bilddokumentation seines beschädigten Fahrzeuges und das unter dem 19. November 1993 erstellte Gutachten zur Ermittlung des Haftpflichtschadens vor.
Die Beklagte hat nach Beiziehung aller vorliegenden Röntgenaufnahmen das orthopädisch-traumatologische Zusammenhangsgutachten nach Aktenlage des Arztes für Orthopädie Dr. S. vom 11. April 2003 vorgelegt. Er führte aus, bei dem Kläger habe bereits zum Unfallzeitpunkt eine durchaus bemerkenswerte Arthrosis deformans im C 1/2-Drehgelenk vorbestanden, welche zum Unfalltag keine relevante Symptomatik bewirkt habe. Der Unfall habe nach Art, Richtung und Größe der einwirkenden Kräfte eine potentielle Verletzungsmöglichkeit im Sinne einer Distorsionsbelastung der HWS beinhaltet. Die völlige Beschwerdefreiheit unmittelbar nach dem Unfallgeschehen, die Möglichkeit zur Fortsetzung der Fahrt in einem Leihwagen und auch eine Anbehandlung durch den Hausarzt mit homöopathischen Mitteln spreche gegen den seinerzeitigen Eintritt einer strukturellen Verletzung im HWS-Bereich, die auch zu keinem Zeitpunkt befundmäßig habe belegt werden können. Die in der Frühphase des Unfallgeschehens vorhandene funktionelle Verletzung habe sich in Muskelzerrungen erschöpft, was einer Bagatellverletzung entspreche, die mit ihrer subjektiv erlebten Symptomatik in einem relativ kurzen Zeitraum abzuklingen pflege. Zusätzlich seien vorliegend Verstärkermechanismen, beispielsweise durch eine inadäquate Behandlung mit längerfristiger Tragedauer der Schanz’schen Krawatte, zu erkennen, was jedoch nur vorübergehend eine Prolongierung evtl. unfallbedingter Symptomenanteile bewirken könne. Die bereits von Anfang an beklagten Schulter-Arm-Beschwerden und anfänglich auch LWS-Beschwerden mit Ausstrahlung in das linke Bein hätten zu keinem Zeitpunkt ein Befundkorrelat gehabt. Solche Beschwerdebilder entsprächen am ehesten einem psychosomatischen Symptomkomplex infolge des Unfallerlebens und könnten somit allenfalls in der Frühphase nach dem Unfallgeschehen als Unfallfolgen gedeutet werden, hingegen nicht mehr nach Abschluss der seelischen Verarbeitung des Unfallerlebens. Das Fehlen jeglicher Organpathologie und die immer größer werdenden Abstände ärztlicher Konsultationen in den Monaten und Jahren nach dem Unfallgeschehen sprächen ebenfalls gegen eine nachhaltige Unfallschädigung mit bleibenden Unfallrückständen. Vielmehr ergäben sich aus den vorliegenden Berichten klare Indizien für eine schicksalhafte Ursächlichkeit der subjektiven Beschwerden. Das Gutachten von Prof. Dr. U. sei in der Kausalitätsbeurteilung fehlerhaft. Dieser habe insbesondere die mangelnde klinische Relevanz der erstmals in seinem Gutachten beschriebenen arthrotischen Veränderungen im C 1/2-Gelenk nicht erkannt, die nicht vorhandene Organpathologie zur Erklärung der eingeengten Kopfrückneigung und der Einschränkung der Kopfseitneigung nicht wahrgenommen, obwohl eine Arthrosis deformans C 1/2 ausschließlich die Kopfdrehung beeinträchtigen könne, und nicht wahrgenommen, dass eine Störung C 1/2 - außer über eine Schädigung des Rückenmarkes - niemals eine Schulter-Arm-Symptomatik bewirken könne. Daher lägen keine Verletzungsfolgen vor und sei die MdE mit 0 v. H. zu beziffern.
Mit Urteil vom 17. Oktober 2003 wies das SG die Klage ab. Die bei dem Unfall erlittene Schulter- und LWS-Prellung sei zwischenzeitlich folgenlos ausgeheilt. Die jetzt noch bestehenden Beschwerden an der HWS seien nicht dem Arbeitsunfall zuzurechnen. Die unfallnah erhobenen Befunde und Beurteilungen sprächen gegen eine so schwere Verletzung, welche nunmehr zu einer richtungweisenden Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens geführt haben solle. Es könne sich lediglich um eine HWS-Distorsion leichteren Grades gehandelt haben. Auch spreche die Tatsache, dass der Kläger zunächst unmittelbar nach dem Unfall keine Beschwerden verspürt habe, ganz deutlich dafür, dass eine wesentliche, also strukturelle Verletzung nicht vorgelegen haben könne. Das SG folgte den Gutachten von Prof. Dr. Dr. M. und Dr. S. und führte ergänzend aus, die von Prof. Dr. U. erhobenen Befunde rechtfertigten selbst bei Unterstellung des Ursachenzusammenhangs keine MdE um 20 v. H.
Hiergegen hat der Kläger am 23. Oktober 2003 Berufung eingelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 17. Oktober 2003 und den Bescheid vom 22. Juni 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen des Arbeitsunfalls vom 18. November 1993 Verletztenrente zu gewähren, hilfsweise von Amts wegen weiteren Beweis zu erheben durch die Einholung eines chirurgischen Gutachtens zu der Frage, ob die heute bei dem Kläger vorliegenden Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule auf den Unfall vom 18. November 1993 zurückzuführen sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat zunächst die Stellungnahme von Prof. Dr. U. vom 1. September 2004 eingeholt. Dieser hat u. a. ausgeführt, ein beschwerdefreies Intervall sei ein typisches aber nicht pathognomisches Merkmal für HWS-Verletzungen. Mikrostrukturelle Verletzungen könnten gerade an der oberen HWS übersehen werden und vorbestehende degenerative Veränderungen beeinflussen. Objektive Befundindizien für die Abstinenz einer mikrostrukturellen Verletzung seien bislang nicht angeführt worden. Aus dem fehlenden elektromyographischen Nachweis einer Armplexuszerrung, die sich nahtlos in den Unfallmechanismus einreihe und unabhängig von der C 1/2-Symptomatik vorgelegen habe, könne nicht automatisch auf die Abstinenz sensibler Störungen geschlossen werden. Dr. S. quantifiziere in unzulässiger Weise nicht quantifizierbare Röntgenbilder und beuge damit die diagnostische Bewertungszulässigkeit derartigen Bildmaterials. In unzulässiger Weise werde von Dr. S. persistierend der Versuch unternommen, eine C 1/2-Verletzung mit einer Schulter-Arm-Symptomatik in Verbindung zu bringen, ohne zu erkennen, dass auch zwei Verletzungen unabhängig voneinander auftreten könnten.
Hierzu hat die Beklagte die Stellungnahme von Dr. S. vom 4. November 2004 vorgelegt.
Sodann hat der Senat das orthopädische Gutachten nach Aktenlage von Prof. Dr. W. vom 18. Juli 2005 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, die Auswertung der ihm überlassenen Röntgenbilder zeige eine Skoliose (seitliche Verkrümmung) der HWS und BWS geringen Grades sowie in Bezug auf die HWS eine Arthrose in dem Gelenk zwischen 1. und 2. Halswirbel, eine leichtgradige Spondylose in den Segmenten C 2/3, C 5/6 und C 6/7, Spondylarthrosen an der unteren HWS und eine leichtgradige Chondrose in den Segmenten C 5/6 und C 6/7. Auch liege eine zystische Auflockerung der Knochenstruktur des 2. Halswirbelkörpers vor, welche nicht Verletzungsfolge sein könne. Prinzipiell sei es möglich, dass die spondylotischen, chondrotischen und spondylarthrotischen Veränderungen und die Arthrose im Atlantodentalgelenk Unfallfolge seien. Dies setze aber voraus, dass die betroffenen Wirbelsäulenabschnitte bei dem Unfall verletzt, also beschädigt worden seien. Dass sich der Kläger bei dem Unfall eine Verletzung des Bandapparates der HWS bzw. Bandscheibenzerreißungen an der HWS oder gar Wirbelfrakturen oder Wirbelgelenkverletzungen zugezogen habe, sei nach den vorliegenden Anknüpfungstatsachen sehr unwahrscheinlich. Bei der ersten ärztlichen Inanspruchnahme bei Dr. von S. am 22. November 1993 hätten keine äußeren Verletzungszeichen festgestellt werden können. Der Kläger habe über einen allgemeinen Bewegungsschmerz im Bereich der gesamten Wirbelsäule geklagt. An der vorderen Halsmuskulatur sei ein Druck- und Dehnungsschmerz festgestellt worden. Objektive pathologische Befunde von Seiten der HWS seien nicht mitgeteilt worden. Die seinerzeit angefertigten Röntgenaufnahmen hätten ebenso wie die später angefertigten keinen Hinweis für eine abgelaufene knöcherne Verletzung und auch keinen Hinweis für eine diskoligamentäre Verletzung gezeigt. Auch die Befundentwicklung nach dem Unfall spreche gegen eine ernsthaftere Verletzung der HWS. Der Kläger sei anfänglich beschwerdefrei gewesen. Unter ausschließlich physikalischen Behandlungsmaßnahmen und unter einer lokalen Injektionstherapie sei der Kläger innerhalb einiger Wochen ganz oder zumindest weitgehend beschwerdefrei geworden. Arbeitsunfähigkeit habe nur für etwa 3 Wochen bestanden. Dass es infolge einer leichtgradigen Verletzung der HWS im Sinne einer HWS-Distorsion zu solchen degenerativen Veränderungen komme, sei pathomechanisch ausgeschlossen. In Anbetracht dessen stelle sich die Frage, ob die degenerativen Veränderungen an der HWS erst nach dem Unfall entstanden seien bzw. sich schon vor dem Unfall entwickelt hätten. Die zur Diskussion stehenden Abschnitte der HWS seien auf den in den Jahren 1993 und 1998 angefertigten Röntgenaufnahmen nicht oder nur unvollständig abgebildet. Man könne bei der Auswertung allenfalls anhand einzelner Aufnahmen vermuten, dass die Veränderungen am Atlantodentalgelenk und im Segment C 5/6 schon zum Unfallzeitpunkt vorhanden gewesen seien. Retrospektiv und längsschnittmäßig betrachtet lasse sich anhand der Röntgenaufnahmen keine Progredienz von degenerativen Veränderungen nachweisen. Insgesamt spreche mehr dagegen als dafür (gemeint: dafür als dagegen), dass sich die in der HWS mit Hilfe der Bildgebung nachgewiesenen degenerativen Veränderungen aus inneren Ursachen und altersabhängig schon bis zum Unfallzeitpunkt entwickelt hätten. Verletzungsfolgen, die als Ursache der beschriebenen degenerativen Veränderungen in Frage kämen, seien nicht bewiesen. Es sei davon auszugehen, dass beim Kläger eine Grad-II-Störung nach der Quebec-Task-Force-Klassifikation vorgelegen habe. Dies bedeute, dass nach einer Beschleunigungsverletzung der HWS vom Unfallopfer bei gleichzeitigem Nachweis von klinischen Verletzungsfolgen wie Funktionsstörung und Muskelverspannung ohne Nachweis struktureller Verletzungsfolgen Beschwerden angegeben worden seien. Diese Störungen entsprächen in etwa der früher gebräuchlichen und mittlerweile obsoleten Grad-I-Distorsion nach Erdmann. Diese Distorsionen heilten regelmäßig folgenlos aus. Unfallfolgen seien damit nicht festzustellen.
Zu den hierzu vom Kläger vorgebrachten Einwänden hat Prof. Dr. W. unter dem 9. Januar 2006 Stellung genommen. Dort hat Prof. Dr. W. darauf hingewiesen, die von der Klägerseite behauptete kontinuierliche Einschränkung der Kopf-Hals-Beweglichkeit nach dem Arbeitsunfall sei nicht bewiesen. Dass der Kläger weiter behandelt worden sei, sei zwar dokumentiert, belege jedoch nicht zwangsläufig Behandlungsbedürftigkeit oder die Existenz pathologischer Befunde.
Schließlich hat der Senat die sachverständige Zeugenauskunft von Dr. D. vom 14. Juni 2006 eingeholt. Dort ist ausgeführt worden, er habe den Kläger am 18. November 1993, da Dr. von S. für den Kläger nicht erreichbar gewesen sei, behandelt. Er habe schmerzhafte Muskelverspannungen im Bereich der HWS und des Schultergürtels, Schmerzen in der linken Schulter und im Bereich der LWS, von dort in den linken Oberschenkel und linken Fuß einstrahlend, vorgefunden und ein Schleudertrauma der HWS sowie eine LWS-Prellung mit Ischialgie diagnostiziert.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten, der beigezogenen Akten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist unbegründet.
Die Frage, ob der Kläger Anspruch auf Verletztenrente hat, richtet sich gemäß § 212 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) nach der im Zeitpunkt des Versicherungsfalls geltenden Reichsversicherungsordnung (RVO).
Der Verletzte erhält eine Rente, wenn die zu entschädigende MdE über die 13. Woche nach dem Arbeitsunfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist (§ 580 Abs. 1 Satz 1 und § 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO). Arbeitsunfall ist ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet (§ 548 Abs. 1 Satz 1 RVO). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens, d. h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSG, Urteil vom 4. August 1955 - 2 RU 62/54 - BSGE 1, 174, 178; BSG, Urteil vom 14. November 1984 - 9b RU 38/84 - SozR 2200 § 581 Nr. 22). Für die Bewertung der unfallbedingten MdE kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen oder geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet (BSG, Urteil vom 26. Juni 1985 - 2 RU 60/84 - SozR 2200 § 581 RVO Nr. 23; BSG, Urteil vom 19. Dezember 2000 - B 2 U 49/99 R - HVBG-Info 2001, 499). Die Sachkunde des ärztlichen Sachverständigen bezieht sich in erster Linie darauf, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Schlüssige ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind zwar bedeutsame Anhaltspunkte, besitzen aber keine bindende Wirkung, auch wenn sie eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE darstellen (BSG, Beschluss vom 22. August 1989, - 2 BU 101/89 - HVBG-Info 1989, 2268). Bei der Bewertung der MdE sind schließlich auch die in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung und dem versicherungsrechtlichen oder versicherungsmedizinischen Schrifttum ausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten, um eine gerechte und gleiche Bewertung der zahlreichen Parallelfälle der täglichen Praxis zu gewährleisten.
Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich (BSG, Urteil vom 30. April 1985 - 2 RU 43/84 - BSGE 58, 80, 82; BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 - 2 RU 27/86 - BSGE 61, 127, 129; BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - HVBG-Info 2000, 2811). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, sodass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSG, Urteil vom 2. Februar 1978 - 8 RU 66/77 - BSGE 45, 285, 286). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt - in gleichem Maße - wesentlich beigetragen haben (BSG, Urteil vom 28. Juni 1988 - 2/9b RU 28/87 - BSGE 63, 277, 278). Kommt dagegen einer der Bedingungen gegenüber der oder den anderen Bedingung/en eine überwiegende Bedeutung zu, so ist sie allein wesentliche Bedingung und damit Ursache im Rechtssinne (BSG, Urteil vom 30. Juni 1960 - 2 RU 86/56 - SozR § 542 Nr. 27; BSG, Urteil vom 1. Dezember 1960 - 5 RKn 66/59 - SozR § 542 Nr. 32). Insoweit ist eine wertende Gegenüberstellung der ursächlichen Faktoren erforderlich (BSG, Urteil vom 29. März 1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52, 53; BSG, Urteil vom 31. Oktober 1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121, 123; BSG, Urteil vom 20. Januar 1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110, 112). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (BSG, Urteil vom 24. Oktober 1957 - 10 RV 945/55 - BSGE 6, 70, 72; BSG, Urteil vom 27. Juni 1991 - 2 RU 31/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Eine Auswertung der radiologischen Befunde hat ergeben, dass beim Kläger eine Skoliose (seitliche Verkrümmung) der HWS und BWS geringen Grades sowie im Bereich der HWS eine Arthrose in dem Gelenk zwischen 1. und 2. Halswirbel (Atlantodentalgelenk), eine leichtgradige Spondylose (knöcherne Anbauten an den Wirbelkörperkanten) in den Segmenten C 2/3 , C 5/6 und C 6/7, Spondylarthrosen (Verschleiß eines Wirbelgelenkes) an der unteren HWS sowie eine leichtgradige Chondrose (Höhenminderung eines Bandscheibenraumes) in den Segmenten C 5/6 und C 6/7 vorliegt. Nach Aktenlage und Befundbeschreibung liegt eine schmerzhafte Funktionsstörung der HWS vor. Dieses Krankheitsbild ergibt sich für den Senat aus dem Gutachten von Prof. Dr. W. vom 18. Juli 2005.
Dieses Krankheitsbild ist unter Berücksichtigung der oben dargelegten Grundsätze nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich auf das Unfallereignis vom 18. November 1993 zurückzuführen. Bei dieser Einschätzung stützt sich der Senat auf das Gutachten von Prof. Dr. Dr. M. vom 26. Januar 1998, die beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. P. vom 16. und 30. März 1998, die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. L. vom 29. Dezember 2001, das Gutachten von Dr. S. vom 11. April 2003 und dessen Stellungnahme vom 4. November 2004 sowie auf das Gutachten von Prof. Dr. W. vom 18. Juli 2005 und dessen Stellungnahme vom 9. Januar 2006.
Der Kausalitätsbeurteilung von verkehrsunfallbedingten Beeinträchtigungen der HWS legt der Senat die in den "Anhaltspunkten für die Begutachtung der Halswirbelsäulenverletzungen" (veröffentlicht in DGU - Mitteilungen und Nachrichten Suppl./2004, S. 11 - 26) dargestellten Kriterien zu Grunde. Demnach entfällt die Annahme einer Wirbelsäulenverletzung, wenn nach einem Unfall kein organischer Schaden nachzuweisen ist, der als Unfallfolge in Frage kommt (S. 13). Nackenbeschwerden (Schmerzen, Steifigkeitsgefühl und Druckempfindlichkeit - auch mit Bewegungseinschränkung der HWS durch Muskelspasmus und Druckpunkte - ohne neurologische Ausfälle, ohne Frakturen und ohne Verrenkungen, sind nach diesen Anhaltspunkten auch ohne vorausgegangenen Unfall in der Bevölkerung gleich häufig, also nicht unfalltypisch. Die Häufigkeit von Nackenbeschwerden vor einem Unfall wird von den Unfallopfern selbst wesentlich geringer angegeben. Dies sind Indizien dafür, dass die Ursachen der Chronifizierung im außermedizinischen Bereich liegen, also mit dem Unfall selbst nichts zu tun haben. Da die Inzidenz bandscheibenbedingter Erkrankungen der HWS in dem Lebensalter, in dem Beschleunigungsverletzungen am häufigsten geltend gemacht werden (dem 4. Dezennium), bereits groß ist, spricht das tatsächlich erstmalige Auftreten von Nackenschmerzen nach einem Unfall nicht zwangsläufig für den Unfallzusammenhang (S. 14). In diesen Anhaltspunkten wird auch darauf hingewiesen, dass organische, also morphologische und funktionell fassbare Verletzungsfolgen an der HWS, wie die an anderen Körperabschnitten, eindeutig nachvollziehbar sind. Bei chronischen somatischen, psychischen und kognitiven Beschwerden nach vermeintlicher oder leichtgradiger Verletzung der HWS ohne begleitendes Schädelhirntrauma ist davon auszugehen, dass diese nicht organisch bedingt sind (S. 18). Des Weiteren - und dies ist für den Senat entscheidend - ist eine Verletzung der HWS dann bewiesen, wenn sie morphologisch - meist mit Hilfe bildgebender Verfahren - festgestellt worden ist. Allein aufgrund klinischer Symptome oder ihrer Beschreibung ist die Beweisführung nicht möglich. Das Schmerzhaftwerden der HWS und der sie umgebenden Weichteile mit oder ohne Funktionsstörungen der cervicalen Bewegungssegmente mit reaktiven Veränderungen an den Weichteilen kann unterschiedlichste Ursachen haben, ist also nichts Verletzungsspezifisches (S. 20). In Bezug auf den Unfallhergang und Verletzungsmechanismus wird ausgeführt, dass ein verkehrstechnisches Gutachten mit kollisionsmechanischen Analysen überflüssig ist, wenn keine Befunde vorliegen, die als Unfallfolgen in Frage kommen oder eindeutige Unfallfolgen vorliegen (S. 21). Im Weiteren wird dargelegt, dass eine abgrenzbare Verschlimmerung immer voraussetzt, dass Vorschaden und Unfallschaden eindeutig definiert sind (S. 22).
Unter Würdigung dieser Kriterien spricht nach Einschätzung des Senats mehr dagegen als dafür, dass das klinisch, röntgenologisch und computertomographisch im Jahre 2001 beschriebene Krankheitsbild des Klägers auf das Unfallereignis aus dem Jahr 1993 zurückzuführen ist.
Nach dem Gutachten von Prof. Dr. W. vom 18. Juli 2005 stellen die Skoliose (S. 13) und - sich aus der radiologischen Morphologie ergebend - die Knochenläsion am 2. Halswirbel keine Verletzungsfolge dar. Dem schließt sich der Senat im Hinblick darauf an, dass auch Prof. Dr. U. in seinem Gutachten vom 18. September 2001 (S. 40) ausgeführt hat, die Veränderungen zwischen dem Halswirbelkörper 1 und 2 seien in einer Höhe lokalisiert, die auf eine knöcherne ligamentäre Verletzung dort nicht schließen lasse.
Auch die spondylotischen, chondrotischen und spondylarthrotischen Veränderungen und die Arthrose im Atlantodentalgelenk sind nicht wesentlich auf das Unfallereignis zurückzuführen. Denn dies hätte vorausgesetzt, dass die betroffenen Wirbelsäulenabschnitte bei dem Unfallereignis verletzt, also beschädigt worden wären. Prof. Dr. W. hat in seinem Gutachten vom 18. Juli 2005 (S. 14-16) schlüssig und für den Senat gut nachvollziehbar dargelegt, dass eine Verletzung des Bandapparates der HWS bzw. Bandscheibenzerreißungen an der HWS oder gar Wirbelfrakturen oder Wirbelgelenkverletzungen sehr unwahrscheinlich sind. So hat Dr. von S. in seinem H-Arzt-Bericht vom 23. November 1993 äußerlich keine Verletzungszeichen angegeben. Auch hat Dr. D. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 14. Juni 2006 keine äußerlichen Verletzungszeichen aufgeführt. Auch können den am 22. November 1993 erstellten Röntgenaufnahmen keine Hinweise für eine abgelaufene knöcherne Verletzung oder eine diskoligamentäre Verletzung entnommen werden, da dieses Bildmaterial - und hier sind sich die Gutachter einig - in dem relevanten HWS-Bereich nicht in diesem Sinne interpretationsfähig ist (Gutachten von Prof. Dr. U. vom 18. September 2001 [S. 21] und dessen Stellungnahme vom 1. September 2004 [S. 7 und 19], Gutachten von Dr. S. vom 11. April 2003 [S. 14 und 15] und Gutachten von Prof. Dr. W. vom 18. Juli 2005, [S. 5 und 6]). Auch hat Prof. Dr. W. zutreffend auf den gegen eine Wirbelsäulenverletzung sprechenden Krankheitsverlauf hingewiesen. Nach dem polizeilichen Vernehmungsprotokoll vom Unfalltag und den Ausführungen des Klägers gegenüber Prof. Dr. U. im Rahmen der Begutachtung (S. 6 des Gutachtens) hatte der Kläger unmittelbar nach dem Unfall keine Beschwerden verspürt, der Unfallaufnahme beiwohnen und mit einem Leihfahrzeug die Fahrt von S.-P. nach S. fortsetzen können. Die Beschwerden setzten nach seinen Angaben - nach Ansicht des Senats nicht schon, sondern erst - nach ca. 1 ½ Stunden nach dem Unfallereignis ein. Arbeitsunfähigkeit bestand lediglich für 3 Wochen. Wäre es durch das Unfallereignis zu einer schwerwiegenden Verletzung der HWS gekommen, hätte die initiale Symptomatologie und ihre Weiterentwicklung nach Einschätzung des Senats eine ganz andere sein müssen. Dies haben Dr. L. in seiner Stellungnahme vom 29. Dezember 2001 (S. 2) und Prof. Dr. W. in seinem Gutachten vom 18. Juli 2005 (S. 15) nachvollziehbar dargelegt. Insbesondere hat Dr. L. ausgeführt, eine Verletzung im Bereich der Kopfgelenke sei ein eindrucksvolles Schadensbild und führe zu einem sofortigen deutlichen Beschwerdebild und zu einem sofortigen Funktionsverlust. Auch der weitere Krankheitsverlauf spricht gegen einen Unfallzusammenhang. So hat der Kläger nach Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit am 11. Dezember 1993 gegenüber Dr. R. lediglich über gelegentliche Schmerzen im Nackenbereich geklagt und es konnten zum damaligen Zeitpunkt nur etwas eingeschränkte Rotationsbewegungen erhoben werden. Am 1. September 1994 und 19. Dezember 1994 hat Dr. R. eine ausreichend bewegliche HWS und nur eine Verspannung und Druckempfindlichkeit der linksseitigen Nacken-Schultergürtelmuskulatur beschrieben. Auch hat Dr. von S. in seinem Zwischenbericht vom 13. April 1995 eine wesentliche Besserung angegeben und in seiner Mitteilung vom 29. Mai 1995 ausgeführt, über die 13. Woche nach dem Unfall hinaus liege eine MdE um 10 v. H. vor. Es liegt mithin ein beschwerdefreies Intervall vor, welches als Indiz für eine lediglich harmlose Verletzung zu werten ist. Auch insoweit folgt der Senat der Einschätzung von Dr. L. in seiner Stellungnahme vom 29. Dezember 2001, wonach bei struktureller Läsion ein intensives und anhaltendes Schmerzerleben eintritt (S. 5). Hieraus hat Dr. L. zutreffend den Schluss gezogen, dass zwar eine unfallbedingte funktionelle Verletzung möglich sei, selbige aber - so wie dem Krankheitsverlauf des Klägers entsprechend - innerhalb weniger Tage folgenlos abheile. Insoweit hat auch Dr. S. in seinem Gutachten vom 11. April 2003 für den Senat nachvollziehbar von einem bagatellhaften Schadensbild gesprochen (S. 29) und den Mechanismus beschrieben, wie beklagte Befindlichkeitsstörungen wahrgenommen, als Unfallfolge gedeutet und dabei katastrophisiert werden (S. 28). Gegen eine schwerwiegende HWS-Verletzung spricht auch der Umstand, dass der Kläger von Dr. D. zunächst nur mit homöopathischen Medikamenten - was sich aus dem H-Arzt-Bericht von Dr. von S. vom 23. November 1993 ergibt - behandelt worden ist. Dr. L. hat in seiner Stellungnahme vom 29. Dezember 2001 zu Recht darauf hingewiesen, dass bei einer schwerwiegenderen Verletzung eine derartige Behandlung normalerweise nicht adäquat ist. Wesentlich sind für den Senat auch die Ausführungen von Prof. Dr. W. in seinem Gutachten vom 18. Juli 2005, wonach sich der Kläger im Zeitpunkt des Unfallereignisses bereits in einem Lebensabschnitt befunden hat, in dem bandscheibenbedingte Veränderungen an Wirbelsäulenabschnitten häufig vorkommen.
Nach alledem ist der Senat der Einschätzung von Prof. Dr. U. in seinem Gutachten vom 18. September 2001 und seiner Stellungnahme vom 1. September 2004 nicht gefolgt. Prof. Dr. U. hat über verkehrstechnische Zusammenhänge ohne den spezifischen Sachverstand spekuliert, selbst angegeben, dass das von ihm veranlasste CT keinen Anhalt für eine abgelaufene knöcherne Verletzung gegeben hat und für den Senat wenig nachvollziehbar darauf hingewiesen, die normüberschreitende Veränderungen an der oberen HWS würde sich von denjenigen der BWS und LWS abheben. Hierfür mag es acht Jahre nach dem Unfallereignis mannigfaltige Ursachen geben. Außerdem hat Prof. Dr. U. ebenso wie Prof. Dr. W. ausgeführt, dass die Veränderungen zwischen dem Halswirbelkörper 1 und 2 in einer Höhe lokalisiert seien, die auf eine knöcherne ligamentäre Verletzung dort nicht schließen lasse (S. 40). Wie er dann jedoch zu der Einschätzung kommt, diese Veränderungen seien durch den Unfall richtunggebend beeinflusst, ist für den Senat im Hinblick darauf nicht plausibel, dass wegen der fehlenden Interpretierbarkeit der im Jahr 1993 und 1994 durchgeführten Röntgenaufnahmen vorbestehende degenerative Veränderungen zwar wegen des fortgeschrittenen Alters des Klägers möglich, aber keineswegs gesichert sind. Auch führt der Hinweis von Prof. Dr. U. in seiner Stellungnahme vom 1. September 2004, objektive Befundindizien für die Abstinenz einer mikrostrukturellen Verletzung lägen nicht vor (S. 19) nicht weiter. Denn die objektive Beweislast/Feststellungslast für den Unfallzusammenhang trägt nicht die Beklagte, sondern der Kläger.
Dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsantrag hat der Senat nicht stattgegeben, weil der entscheidungserhebliche Sachverhalt wie dargelegt hinreichend aufgeklärt ist.
Nach alledem hat die Beklagte zu Recht mit Bescheid vom 22. Juni 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. März 2000 die Gewährung einer Verletztenrente abgelehnt und das SG mit Urteil vom 17. Oktober 2003 die hiergegen erhobene Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung ist mithin unbegründet.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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