Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 AS 301/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 5/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Würzburg vom 16.11.2005 die Klage der Klägerin abgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der zu bewilligenden Leistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Zeitraum vom 01.05.2005 bis 31.10.2005.
Die 1966 geborene Klägerin erhält seit dem 01.01.2005 Leistungen nach dem SGB II.
In ihrem Antrag vom 22.09.2004 hatte sie unter "persönliche Verhältnisse" angegeben, sie sei eine allein erziehende Mutter und wohne in der B.gasse, S ... Der 1972 geborene A sei ihr Partner in eheähnlicher Gemeinschaft. In der von ihr bewohnten Wohnung wohnten neben ihrem Lebensgefährten die Söhne T. M., B. M. und J. A. sowie die Töchter T. M., T. M., S. M., J. M. und C. A. Sie erhalte Kindergeld in Höhe von 1.257,00 EUR und habe im Jahr 2004 Arbeitslosenhilfe in Höhe von wöchentlich 153,23 EUR bezogen. Ausweislich des Mietvertrages besteht die Wohnung in der B.gasse, S. , aus fünf Zimmern, einer Küche, zwei Korridoren, einem Bad, zwei Toiletten und einem Kellerraum. Die Klägerin zahlt hierfür monatliche Miete in Höhe von 400,00 EUR zuzüglich Nebenkosten, die nicht im Einzelnen aufgeführt sind.
Im Antrag auf Fortzahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes vom 29.04.2005 ist unter "Änderungen in den persönlichen Verhältnissen" und "Änderungen in den persönlichen Verhältnissen der mit der Antragstellerin in Bedarfsgemeinschaft lebenden weiteren Personen" jeweils angekreuzt: "Keine Änderungen".
Die Bedarfsgemeinschaft der Klägerin erhielt ausweislich der in der Akte der Beklagten befindlichen Horizontalübersichten: Für Januar 2005 806,13 EUR, für Februar 2005 1.047,13 EUR, für März 2005 1.303,94 EUR und für April 2005 1.121,00 EUR.
Für den Zeitraum vom 01.05.2005 bis 31.10.2005 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 29.04.2005 monatlich 1.208,00 EUR.
In einer Veränderungsmitteilung, eingegangen bei der Beklagten am 18.05.2005, gab der Lebensgefährte der Klägerin an, er habe ab dem 01.05.2005 eine Tätigkeit/Ausbildung bei der Firma B. in O. angenommen. Ab diesem Zeitpunkt sei er umgezogen. Handschriftlich vermerkt ist hierbei, dass laut Anfrage bei der Klägerin, deren Lebensgefährte mit der Tochter T. in die neue Wohnung gezogen sei. Die neue Adresse laute L.straße, M ...
Mit Änderungsbescheid vom 23.05.2005 bewilligte die Beklagte für Mai 2005 1.344,00 EUR und für den Zeitraum vom 01.06.2005 bis 31.10.2005 monatlich 1.261,22 EUR mit Hinweis auf den Auszug des Lebensgefährten der Klägerin. Unter dem 24.05.2005 wurde die Klägerin aufgefordert, Unterhaltsvorschuss für ihre Tochter J. M. zu beantragen. Dem Lebensgefährten der Klägerin sandte die Beklagte eine Überleitungsanzeige nach § 33 SGB II mit Datum vom 08.06.2005 an die neue Anschrift.
Nachdem die Überleitungsanzeige mit dem Vermerk "Adressat unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln" zurück kam und die Beklagte Hinweise erhielt, dass sich der Lebensgefährte weiter bei der Klägerin aufhalte, beauftragte sie die Polizeiinspektion M. , in der Sache zu ermitteln.
Gleichzeitig verfügte sie mit Bescheid vom 18.07.2005 die Aufhebung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II ab dem 01.07.2005 gegenüber der Klägerin. Der Bescheid ist auf § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gestützt. Hiergegen erhob die Klägerin unter dem 27.07.2005 Widerspruch.
In der Kurzmitteilung vom 04.08.2005 berichtet die Polizeiinspektion M. , dass sich der Lebensgefährte der Klägerin nicht regelmäßig und auch nicht überwiegend in der Wohnung in der L.straße, M. , aufhalte. Er sei bisher unter der Woche nie in diesem Anwesen gesehen worden. Allerdings habe man des öfteren eine junge Frau - vermutlich die Tochter der Klägerin - mit ihrem vermeintlichen Freund beim Betreten des Anwesens beobachtet. Herr S. , der den Lebensgefährten der Klägerin kenne, habe bei einer Befragung am 27.07.2005 angegeben, dass der Lebensgefährte der Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt mit dem Fahrrad auf dem Radweg N. zu seiner Arbeitsstelle gefahren sei oder bis Anfang Juli von seiner Lebensgefährtin zur Arbeit gefahren worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.08.2005 hob die Beklagte ihren Bescheid vom 18.07.2005 auf und änderte den Bewilligungsbescheid vom 25.04.2005 (gemeint ist: 29.04.2005) in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.05.2005 mit Wirkung ab dem 01.07.2005 dahingehend ab, dass sie die monatlich zu zahlenden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ab dem 01.07.2005 bis zum Ende des Bewilligungsabschnittes am 31.10.2005 auf 74,20 EUR festsetze. Dieser Betrag berechne sich unter Berücksichtigung des Einkommens des Lebensgefährten der Klägerin, mit dem sie in eheähnlicher Gemeinschaft wohne. Für den Monat Juni 2005 bewilligte sie mit Änderungsbescheid vom 19.08.2005 296,31 EUR. Die Leistungen ab dem 01.07.2005 seien bereits durch den Widerspruchsbescheid vom 18.08.2005 festgesetzt worden. Dieser Bescheid ist gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens.
Beim Sozialgericht Würzburg (SG) beantragte die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Klagefrist und die Verurteilung der Beklagten, unter Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 25.04.2005 (gemeint ist: 29.04.2005) in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.05.2005 und in der Form des Widerspruchsbescheides vom 18.08.2005 ihr Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.
Aus dem Bericht des Sozialermittlers vom 31.10.2005 ergibt sich, dass die Klägerin ihm gegenüber erklärt habe, mit ihrem früheren Lebensgefährten A im Prinzip nichts mehr zu tun zu haben. Dieser wohne mit ihrer Tochter in M ... Hin und wieder stehe sie ihm aber mit ihrem eigenen Auto zur Verfügung. Auf weitere Diskussionen lasse sie sich nicht ein. Sie verweise auf den anstehenden Gerichtstermin. Der Ermittler gab weiter an, er habe in M. am 31.10.2005 die Tochter T. angetroffen, die spontan gesagt habe, die Mutter sei nicht hier. Hier wohne T. und K ... T. sei heute aber nicht hier; sie werde sicher noch eintreffen. Seinen Eindruck von der Wohnung schilderte er dahingehend, dass - soweit von außen ersichtlich - in der Wohnung völlige Unordnung geherrscht habe. Gleiches gelte für den Terras-senaußenbereich.
Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts und Beweisaufnahme vernahm das SG den Lebensgefährten A als Zeugen. Dieser führte aus, er habe nach einem Streit mit der Tochter S. am 25.04.2005 die gemeinsame Wohnung verlassen. Er sei zu einem Freund gezogen und habe am 01.05.2005 Gelegenheit erhalten, in M. eine Wohnung zu übernehmen. Am 01.06.2005 sei er dort eingezogen. Er bewohne diese Wohnung mit der ältesten Tochter der Klägerin. Sie teilten sich die Kosten der Wohnung. Hin und wieder sehe er auch die Klägerin, bei der er auch zum Teil übernachtet habe. Der Grund hierfür sei die Erkrankung eines gemeinsamen Kindes gewesen. Er zahle lediglich 396,00 EUR monatlich für die gemeinsamen Kinder und räume ein, dass die Klägerin ihn von ihrer Wohnung aus zur Arbeit gefahren habe. Er sei auch mit dem Fahrrad aus Richtung N. zur Arbeit gekommen, weil er bei einer Bekannten übernachtet habe. Es sei auch richtig, dass das Fahrzeug mit dem Kennzeichen N. vor der Wohnung der Klägerin geparkt worden sei, da er ihr das Fahrzeug ausgeliehen habe.
Mit Gerichtsbescheid vom 16.11.2005 verurteilte das SG die Beklagte, unter Abänderung der Bescheide vom 23.05. und 18.08.2005, der Klägerin Leistungen nach dem SGB II ab 01.05.2005 zu bewilligen, mit der Maßgabe, dass keine eheähnliche Gemeinschaft vorgelegen habe.
Hiergegen hat die Beklagte Berufung zum Bayer. Landessozialgericht erhoben. Sie macht weiterhin geltend, die frühere eheähnliche Gemeinschaft zwischen der Klägerin und ihrem Lebensgefährten habe fortbestanden. Die Wohnung in M. sei nur eine "Scheinwohnung". Zu dem tatsächlichen Aufenthalt der Klägerin und deren Kinder könne die unmittelbare Nachbarin T. W. als Zeugin vernommen werden.
Die Beklagte beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 07.12.2005 aufzuheben und die Klage der Klägerin abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Es gebe mehrere Zeugen dafür, "dass die Beklagte und der Zeuge A sicherlich noch befreundet sind und einen gewissen Umgang pflegen, darüberhinaus jedoch keine Bindung zwischen diesen Personen besteht und sie nicht zusammen leben."
In der mündlichen Verhandlung am 12.07.2006 wurde die Nachbarin der Klägerin T. W. als Zeugin einvernommen. Sie schildert, dass die Klägerin täglich Besuch von A gehabt habe oder sich gemeinsam mit ihm in der anderen Wohnung in M. aufhalte. Im Zeitraum vom Mai 2005 bis Oktober 2005 sei das Zusammensein weit häufiger gewesen als heute, wo A eine Arbeitsstelle habe. Im Zeitraum von Mai 2005 bis Oktober 2005 - das wisse sie aus eigenen Erkenntnissen - habe sich der frühere Lebensgefährte der Klägerin nahezu täglich bei der Klägerin aufgehalten. Sie erinnere sich genau, denn das sei die Zeit gewesen, als er bei B. gearbeitet hat. Sie habe auch beobachtet, dass die Klägerin ihn zur Arbeit gefahren habe. Auf Frage der Beklagten erklärt die Zeugin, dass es nicht richtig sei, dass die Tochter T. in. gewohnt habe. Sie habe nach wie vor zu Hause geschlafen. Im damaligen Zeitraum seien die schulpflichtigen Kinder entweder mit dem Bus von S. gefahren oder wurden von der Klägerin mit dem Auto zur Schule gebracht. Auch das habe sie beobachtet.
Auf Frage der Klägerseite legt die Zeugin dar, dass ihre Beobachtungen betreffend dem Schulweg der Kinder für das letzte Jahr zutreffe. Die Klägerin habe A früh um 7 Uhr zur Arbeit gefahren und abends zwischen vier und halb fünf abgeholt. Ihre Kenntnisse über den Aufenthalt in M. ziehe sie daraus, dass das Auto der Klägerin in M. stand, wenn sie einen Kunden nach Hause gefahren habe.
Die Klägerin stellte in der mündlichen Verhandlung keinen Beweisantrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Sie ist auch begründet, weil die Klägerin im hier streitgegenständlichen Zeitraum ihre eheähnliche Lebensgemeinschaft mit ihrem früheren Lebensgefährten nicht beendet hatte. Die Bescheide der Beklagten sind, soweit sie von der Klägerin angefochten worden oder gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens sind, rechtlich nicht zu beanstanden.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der individuelle Anspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten, ihr Leistungen nach dem SGB II zu gewähren, ohne von einer eheähnlichen Gemeinschaft mit A auszugehen. Allein hierüber hat das SG entschieden. Der streitgegenständliche Zeitraum erstreckt sich vom 01.05.2005 bis zum 31.10.2005, weil die Beklagte in den hier angefochtenen Bescheiden allein auf diesen Bewilligungszeitraum abgestellt hat. Die für den Zeitraum ab dem 01.11.2005 ergangenen Bescheide sind nicht Gegenstand des Verfahrens geworden, denn sie ändern oder ersetzen die für den Zeitraum vom 01.05.2005 bis 31.10.2005 ergangenen Bewilligungsbescheide nicht. Das wird aber von § 96 SGG vorausgesetzt. Allein Gründe der Prozessökonomie genügen nicht, die für die Zeit ab dem 01.11.2005 geltenden Bescheide zum Gegenstand eines bereits rechtshängigen Verfahrens zu machen. Hierfür wäre die Möglichkeit einer Klageänderung gegeben (§ 99 SGG). Eine solche Klageänderung wurde trotz Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung weder begehrt noch wurde ihr vom Beklagten zugestimmt, so dass die weiteren Verhandlungen und auch die Beweisaufnahme nur den o.a. Zeitraum umfassten.
Auf die Berufung der Beklagten ist das Urteil des SG aufzuheben, weil es rechtsfehlerhaft ist.
Soweit es die Beklagte verpflichtet, für den Zeitraum vom 01.05.2005 bis 31.05.2005 der Klägerin Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen, mit der Maßgabe, dass in diesem Zeitraum keine eheähnliche Gemeinschaft mit A bestanden hat, steht dieser Entscheidung die Bestandskraft des Bewilligungsbescheides vom 29.04.2005 (nicht: 25.04.2005) und insoweit des Änderungsbescheides vom 23.05.2005 entgegen. Beide Verwaltungsakte sind trotz ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung nicht angefochten worden. Die Beklagte hat die Leistungsgewährung in den hier angefochtenen Bescheiden auch nur für die Zeit ab dem 01.07.2005 geändert bzw. aufgehoben. Auch ein Antrag nach § 44 SGB X wurde nicht gestellt. Hingegen ist die Neufestsetzung der Leistung für den Monat Juni 2005 in den Änderungsbescheiden vom 23.05.2005 und vom 19.08.2005 vom streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid umfasst (§ 68 SGG).
Für den folgenden Bewilligungszeitraum vom 01.06.2005 bis 31.10.2005 - wie im Übrigen auch für den vorausgegangenen Monat - ist die Bewilligung der Hilfeleistung durch die Beklagte, wie sie im Widerspruchsbescheid vom 28.08.2005 festgestellt hat, nicht zu beanstanden. Der Senat legt den Widerspruchsbescheid vom 18.08.2005 in Nr 1 im Hinblick auf den mit Widerspruch angefochtenen Bescheid vom 18.07.2005 dahin aus, dass unter Teilaufhebung der benannten Bewilligungs- und Änderungsbescheide die Leistungen mit Wirkung ab dem 01.07.2005 neu festgesetzt werden.
Gemäß § 9 Abs 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Wer zur Bedarfsgemeinschaft gehört, ergibt sich dabei aus § 7 Abs 2 SGB II. Das ist insbesondere auch die Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebt (§ 7 Abs 3 Nr 3 Buchst b SGB II).
Der Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der dem Leistungsträger kein Ermessen bei der Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen einräumt und dessen Auslegung durch den Leistungsträger der vollen gerichtlichen Prüfung unterliegt. Durch die leistungsrechtliche Gleichstellung des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft mit dem nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten (§ 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II) und dem nicht dauernd getrennt lebenden Lebenspartner (§ 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB II) erfüllt der Gesetzgeber seine Verpflichtung aus Art 6 Abs 1 Grundgesetz (GG), Ehe und Familie dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung zu unterstellen.
Vor diesem Hintergrund ist der Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft auszulegen, weil sich eine gesetzliche Definition bislang nicht findet. Da mit In-Kraft-Treten des SGB II als Art 1 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I S 2954) die bisherige Arbeitslosenhilfe, zuletzt geregelt im Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), und die bisherige Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz in eine Grundsicherung für Arbeitsuchende für den in § 7 SGB II beschriebenen Personenkreis zusammengeführt worden ist (dazu BT-Drs. 15/1516 S 41 ff), bezieht der Senat in die Auslegung des Begriffes der eheähnlichen Gemeinschaft die bisherige Rechtsprechung zum Arbeitslosenversicherungsrecht und zum Sozialhilferecht ein.
Eheähnlich ist die Verbindung zweier Partner unterschiedlichen Geschlechts, wenn sie auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründet, also über die Beziehungen einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen (so insbesondere BVerfG vom 17.11.1992 BVerfGE 87, 234/264 zum früheren § 137 Abs 2 a AFG und vom 04.12.2004 NJW 2005, 462; BSG vom 24.04.1998 SozR 3-4100 § 119 Nr 15 und vom 17.10.2002 SozR 3-4100 § 119 Nr 26; BVerwG vom 17.05.1995 BVerwGE 98, 195 zum früheren § 122 BSHG in st.Rspr). Der Senat hält zudem bei verfassungsgemäßer Auslegung der Vorschrift eine eheähnliche Gemeinschaft auch zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern für möglich (BayLSG vom 14.06.2005 ZFSH/SGB 2005, 609), aber eine Berücksichtigung als eheähnliche Gemeinschaft aus verfassungsrechtlichen Gründen auch nicht zwingend für geboten (BayLSG vom 10.10.2005 Az: L 10 AS 22/05 mwN).
Ob eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt, ist anhand einer Gesamtwürdigung von Hinweistatsachen zu beurteilen. Solche - nicht abschließend aufzählbaren (vgl LSG NRW vom 21.04.2005, Breith 2005, 788 und vom selben Tag Az: L 9 B 4/05 SO ER) - Indizien können sich u.a. aus der Dauer des Zusammenlebens ergeben. Zur Beurteilung, wann eine derartige Beziehung als dauerhaft verfestigt bewertet werden kann, bot sich aus Sicht des Bundessozialgerichts (BSG) eine Orientierung an den Vorschriften des BGB an, die - gewissermaßen für den umgekehrten Fall - das Scheitern einer Ehe erst nach dreijähriger Trennung unwiderlegbar vermuten; dies lege nahe, diesen Gedanken insoweit nutzbar zu machen, als erst eine dreijährige Dauer der Beziehung genügende Ernsthaftigkeit und Kontinuität bezeugt (vgl zum Ganzen: BSG vom 29.04.1998 SozR 4100 § 119 nr 15) Hierbei ist aber nicht davon auszugehen, dass die Dreijahresgrenze im Sinne einer absoluten zeitlichen Mindestvoraussetzung zu verstehen ist, unterhalb derer das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft immer und in jedem Fall verneint werden müsse (vgl dazu LSG NRW vom 21.04.2005 aaO; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 7 RdNr 27; BSG vom 29.04.1998 SozR 3-4100 § 119 Nr 15, BayLSG vom 19.10.2005 Az: L 10 AL 352/04). Vielmehr kann eine dauerhafte Beziehung bereits ab dem ersten Tag des Zusammenlebens vorliegen. Nach dreijährigem Zusammenleben hingegen dürften ohne gegenteilige Anhaltspunkte keine Zweifel mehr an der Dauerhaftigkeit bestehen. Ebenso kann auch die Dauer und Intensität der Bekanntschaft vor der Gründung der Wohngemeinschaft (zum Fall des mehrmaligen gemeinsamen Umziehens LSG Niedersachsen-Bremen vom 30.05.2005 Az: L 8 AS 95/05 ER), der Anlass des Zusammenziehens, die Versorgung und Erziehung gemeinsamer Kinder oder sonstiger Angehöriger im gemeinsamen Haushalt (ebenso SächsLSG vom 28.05.2005 Az: L 3 B 269/05 AS ER; so schon VGH BW vom 14.04.1997 VBlBW 1998, 31) oder die Pflege des bedürftigen anderen Partners, die das Zusammenleben prägt (BVerwG vom 20.11.1984 BVerwGE 70, 278), zu berücksichtigen sein.
Weitere Hinweistatsachen können sich aus der Ausgestaltung des Mietverhältnisses oder der Art des (räumlichen) Zusammenlebens ergeben, wobei das bloße Zusammenleben unter derselben Meldeadresse regelmäßig nicht zur Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft (BVerfG vom 02.09.2004 FamRZ 2004, 1950; so schon BSG vom 24.03.1988 BSGE 63, 12) genügt. So spricht das Nichtvorhandensein einer eigenen Intimsphäre innerhalb der Wohnung oder die gemeinsame Nutzung mehrerer Räume, insbesondere eines Schlafzimmers, für eine innere Bindung, wobei jedoch auch getrennte Wohn- oder Schlafbereiche nicht zwangsläufig zur Ablehnung der Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft führen wird.
Auch der Frage, ob und inwieweit die Partner gemeinsam wirtschaften, ob etwa die Befugnis besteht, über Einkommen und Vermögen des jeweils anderen zu verfügen (dazu LSG Baden-Württemberg vom 12.01.2006 L 7 AS 5532/05 ER-B), oder ob gar ein gemeinsames Konto besteht, kann Bedeutung zukommen. So stellt das Vorhandensein eines gemeinsamen Kontos zwar ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft dar, dessen Fehlen schließt eine solche jedoch nicht aus.
Die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft setzt hingegen nicht voraus, dass zwischen den Partnern geschlechtliche Beziehungen bestehen (BSG vom 29.04.1998 SozR 3-4100 § 119 Nr 15 unter Hinweis auf BVerfG vom 17.11.1992 BVerfGE 87, 234/268). Sind solche jedoch - ohne dass Ermittlungen durch den Leistungsträger in diese Richtung vorzunehmen sind (vgl hierzu: BVerfG vom 17.04.1992 BVerfGE 97, 234) - bekannt und damit verwertbar, so kann auch dies Indiz für eine enge innere Bindung sein.
Der Leistungsträger hat unter Ausschöpfung der ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Amtsermittlung (§ 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch -SGB X-) den Sachverhalt im Hinblick auf das Vorliegen solcher Hinweistatsachen aufzuklären. Er darf sich insbesondere nicht auf die bloßen Erklärungen des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen oder seines Partners stützen, kann aber deren Angaben - etwa im Antragsformular oder zu den o.a. Wohnverhältnissen - heranziehen. Die Grenzen seiner Aufklärungspflicht finden sich dort, wo es ihm schlechterdings nicht mehr möglich ist, einen entsprechenden Nachweis beizubringen (so schon NdsOVG vom 26.01.1998 FEVS 48, 545). Andererseits kann gegen die Ermittlung der Indizien nicht eingewandt werden, dies führe zu einer verfassungsmäßigen Überlastung der Leistungsträger (vgl dazu: BSG vom 17.10.2002 SozR 3-4100 § 119 Nr 26).
Anhand der so ermittelten Hinweistatsachen hat der Leistungsträger zu prüfen, ob die o.a. Voraussetzungen für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft erfüllt sind. Alle von der Rechtsprechung entwickelten Merkmale einer eheähnlichen Gemeinschaft müssen gegeben sein. Der Leistungsträger hat im Rahmen einer Gesamtschau der für und auch gegen eine eheähnliche Gemeinschaft sprechenden Indizien nach den Grunstätzen der freien Beweiswürdigung seine Entscheidung zu treffen (vgl zum Ganzen: von Wulffen in von Wulffen, SGB X, 5.Aufl, § 20 RdNr 7 mwN). Er wird dabei zu beachten haben, dass den Hinweistatsachen in der Regel unterschiedliches Gewicht zukommt. Besonderes Augenmerk hat der Lesitungsträger auf etwaige Angaben, Umstände und Verhaltensweisen zu legen, die der erwerbsfähige Hilfebedürftige oder dessen Partner erst im Hinblick auf den erhofften Leistungsbezug ändert oder ausgestaltet.
Der Begriff der Hinweistatsache zeigt letztlich auch, dass nicht sämtliche Indizien umfassend nachgewiesen sein müssen, dass das Fehlen einzelner Indizien nicht zwangsläufig der Feststellung des Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft entgegensteht. Liegen nach einer erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung (§ 20 SGB X) hinreichende Indizien vor, die das Vorhandensein aller von der Rechtsprechung entwickelten Merkmale für die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft belegen, so ist es Sache des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen plausible Gründe darzulegen, die das Zusammenleben dementgegen als reine Zweckgemeinschaft erscheinen lassen (so schon Beschluss des Senats vom 14.06.2005 ZFSH/SGB 2005, 609).
Finden sich bei erschöpfender Sachverhaltsaufklärung keine solchen Hinweistatsachen, kann vom Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht ausgegangen werden. Das ergibt sich aus der materiellen Beweislastverteilung, die hier den Leistungsträger trifft (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl 2005, § 103 RdNr 19 a), die allerdings erst zur Anwendung kommt, wenn alle verfügbaren Erkenntnisquellen ausgeschöpft sind (BSG vom 29.06.1967 BSGE 27, 40).
Ob im Einzelfall ("non liquet") hiervon eine Ausnahme zu machen ist, wenn in der Sphäre des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen liegende Tatsachen nicht feststellbar sind, die der Leistungsträger in Ermangelung entsprechender Angaben des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nicht kennt und nicht kennen muss, so dass er letztlich gehindert ist, sich über diese bedeutsamen Tatsachen im Bewilligungszeitraum zeitnah ein zutreffendes Bild zu machen (siehe dazu LSG Niedersachsen-Bremen vom 30.05.2005 Az: L 8 AS 95/05 ER unter Hinweis auf BSG vom 26.11.1992 Breith 1993, 770), kann in dem hier zu entscheidenden Fall dahinstehen.
Nachdem zwischen der Klägerin und A unstreitig bis zum 30.04.2005 eine eheähnliche Lebensgemeinschaft in der Form bestand, dass sie über eine längere Zeitdauer u.a. zur Erziehung gemeinsamer Kinder zusammengelebt haben, ist es nach den o.a. Ausführungen Sache der Klägerin, eine Beendigung dieser eheähnlichen Lebensgemeinschaft im laufenden Bewilligungszeitraum darzulegen. Das ist ihr aber ersichtlich nicht gelungen. Vielmehr zeigen die Gesamtumstände, wie sie die Beklagte ermittelt hat, und die Zeugeneinvernahmen vor dem SG und dem Senat, dass jedenfalls im Zeitraum vom 01.05.2005 bis zum 31.10.2005 eine solche eheähnliche Gemeinschaft zwischen der Klägerin und A fortbestanden hat.
Die polizeilichen Ermittlungen und die Einlassungen unbeteiligter Dritter belegen, dass es sich bei der Wohnung in M. nicht um einen Ort handelt, an dem sich der Lebensgefährte der Klägerin dauerhaft oder über längere Zeit aufgehalten hat. Dass er nach einem Streit zu Hause vorübergehend, also für kurze Zeit, zu einem Bekannten gezogen ist, beendet nicht die bestehende Lebensgemeinschaft mit der Klägerin. Ebenso beendet es die eheähnliche Gemeinschaft nicht, wenn ein Partner - wie hier - wegen der Berufsausübung eine weitere Wohnung anmietet, sich dort angelegentlich aufhält, aber in der übrigen Zeit im bestehenden Haushalt weiterlebt. Den eigenen Aussagen des Lebensgefährten der Klägerin ist zu entnehmen, dass er im streitgegenständlichen Zeitraum nicht nur besuchsweise in der bisherigen Wohnung genächtigt und dabei sich um seine Kinder gekümmert hat. Auch aus den Aussagen seines Arbeitskollegen und den polizeilichen Ermittlungen ergibt sich, dass er zwar eine Wohnung in M. angemietet hat, sich aber weiterhin zum weit überwiegenden Teil zu Hause bei der Klägerin aufgehalten hat. Die Einlassungen der Zeugin T. W. bestätigen dies in eindrucksvoller Weise. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Zeugin Aversionen gegen die Klägerin offen gezeigt hat. Auch mögen ihre Angaben zu den beobachteten Geschehensabläufen nicht minutiös richtig sein. Dennoch hat der Senat den Eindruck gewonnen, dass ihre Aussagen - die sich im Übrigen mit den Ermittlungen der Beklagten im Wesentlichen decken - glaubhaft sind.
Letztlich auch entscheidend für die Beurteilung der Sachlage war zudem, dass die Klägerin den Ermittlungsergebnissen und Einlassungen Dritter nicht substantiiert entgegengetreten ist. Sie ist unglaubwürdig, wenn sie anfangs dem Sozialermittler erklärt, sie habe mit ihrem früheren Lebensgefährden nichts mehr zu tun, dieser wohne in M. , später aber einräumen muss, dass er auch weiterhin bei ihr übernachtet hat, weil sie Aussagen Dritter nicht anders begegnen kann.
Sie hat jeweils gerade das eingeräumt, was aufgrund von Sachverhaltsermittlungen festgestellt worden ist. Überzeugende Indizien, die ihre Version bestätigen, hat sie nicht aufgezeigt. Ihre bloße Beweisanregung im Schriftsatz vom 28.03.2006 hat sie nicht mehr aufgegriffen. Die unter Beweisankündigung gestellten Tatsachenbehauptungen sind vage, sodass im Ergebnis allenfalls von einem Beweiserforschungsantrag gesprochen werden kann. Nachdem die Klägerin vor dem Hintergrund der Zeugenaussage von T. W. ihre Beweisanregung selbst nicht mehr aufgegriffen hat, um der Zeugenaussage durch konkreten Beweisauftritt zu begegnen, sah der Senat keine Veranlassung, von sich aus dieser Anregung nachzukommen.
Die Beklagte hatte im Ergebnis keine Veranlassung, die Bewilligungsbescheide ab dem 01.05.2005 im Sinne des Klagebegehrens zu ändern. Die Anpassung der Bescheide für die Zeit ab dem 01.07.2005 bis zum 31.10.2005 gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 3 SGB X an die (neuen) Einkommensverhältnisse in der Bedarfsgemeinschaft ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte war hierzu kraft Gesetzes gemäß § 40 Abs 1 Nr 1 SGB II iVm § 330 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) verpflichtet. Im Übrigen ist die Anpassung der Leistung nicht rückwirkend erfolgt, weil der Aufhebungsbescheid vom 18.07.2005 insoweit - nach Auslegung des Senats - teilweise fortbesteht (siehe dazu oben).
Da die Berechnung der Leistungshöhe im Bewilligungszeitraum nicht bestritten und im Übrigen zutreffend ist, ist die Berufung insgesamt erfolgreich und die Klage der Klägerin abzuweisen. Die für folgende Bewilligungszeiträume ab dem 01.11.2005 erlassene Bescheide sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Ob die eheähnliche Gemeinschaft hier noch fortbestand, ist für die vorliegende Entscheidung nicht mehr erheblich.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 1 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe der zu bewilligenden Leistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Zeitraum vom 01.05.2005 bis 31.10.2005.
Die 1966 geborene Klägerin erhält seit dem 01.01.2005 Leistungen nach dem SGB II.
In ihrem Antrag vom 22.09.2004 hatte sie unter "persönliche Verhältnisse" angegeben, sie sei eine allein erziehende Mutter und wohne in der B.gasse, S ... Der 1972 geborene A sei ihr Partner in eheähnlicher Gemeinschaft. In der von ihr bewohnten Wohnung wohnten neben ihrem Lebensgefährten die Söhne T. M., B. M. und J. A. sowie die Töchter T. M., T. M., S. M., J. M. und C. A. Sie erhalte Kindergeld in Höhe von 1.257,00 EUR und habe im Jahr 2004 Arbeitslosenhilfe in Höhe von wöchentlich 153,23 EUR bezogen. Ausweislich des Mietvertrages besteht die Wohnung in der B.gasse, S. , aus fünf Zimmern, einer Küche, zwei Korridoren, einem Bad, zwei Toiletten und einem Kellerraum. Die Klägerin zahlt hierfür monatliche Miete in Höhe von 400,00 EUR zuzüglich Nebenkosten, die nicht im Einzelnen aufgeführt sind.
Im Antrag auf Fortzahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes vom 29.04.2005 ist unter "Änderungen in den persönlichen Verhältnissen" und "Änderungen in den persönlichen Verhältnissen der mit der Antragstellerin in Bedarfsgemeinschaft lebenden weiteren Personen" jeweils angekreuzt: "Keine Änderungen".
Die Bedarfsgemeinschaft der Klägerin erhielt ausweislich der in der Akte der Beklagten befindlichen Horizontalübersichten: Für Januar 2005 806,13 EUR, für Februar 2005 1.047,13 EUR, für März 2005 1.303,94 EUR und für April 2005 1.121,00 EUR.
Für den Zeitraum vom 01.05.2005 bis 31.10.2005 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 29.04.2005 monatlich 1.208,00 EUR.
In einer Veränderungsmitteilung, eingegangen bei der Beklagten am 18.05.2005, gab der Lebensgefährte der Klägerin an, er habe ab dem 01.05.2005 eine Tätigkeit/Ausbildung bei der Firma B. in O. angenommen. Ab diesem Zeitpunkt sei er umgezogen. Handschriftlich vermerkt ist hierbei, dass laut Anfrage bei der Klägerin, deren Lebensgefährte mit der Tochter T. in die neue Wohnung gezogen sei. Die neue Adresse laute L.straße, M ...
Mit Änderungsbescheid vom 23.05.2005 bewilligte die Beklagte für Mai 2005 1.344,00 EUR und für den Zeitraum vom 01.06.2005 bis 31.10.2005 monatlich 1.261,22 EUR mit Hinweis auf den Auszug des Lebensgefährten der Klägerin. Unter dem 24.05.2005 wurde die Klägerin aufgefordert, Unterhaltsvorschuss für ihre Tochter J. M. zu beantragen. Dem Lebensgefährten der Klägerin sandte die Beklagte eine Überleitungsanzeige nach § 33 SGB II mit Datum vom 08.06.2005 an die neue Anschrift.
Nachdem die Überleitungsanzeige mit dem Vermerk "Adressat unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln" zurück kam und die Beklagte Hinweise erhielt, dass sich der Lebensgefährte weiter bei der Klägerin aufhalte, beauftragte sie die Polizeiinspektion M. , in der Sache zu ermitteln.
Gleichzeitig verfügte sie mit Bescheid vom 18.07.2005 die Aufhebung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II ab dem 01.07.2005 gegenüber der Klägerin. Der Bescheid ist auf § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gestützt. Hiergegen erhob die Klägerin unter dem 27.07.2005 Widerspruch.
In der Kurzmitteilung vom 04.08.2005 berichtet die Polizeiinspektion M. , dass sich der Lebensgefährte der Klägerin nicht regelmäßig und auch nicht überwiegend in der Wohnung in der L.straße, M. , aufhalte. Er sei bisher unter der Woche nie in diesem Anwesen gesehen worden. Allerdings habe man des öfteren eine junge Frau - vermutlich die Tochter der Klägerin - mit ihrem vermeintlichen Freund beim Betreten des Anwesens beobachtet. Herr S. , der den Lebensgefährten der Klägerin kenne, habe bei einer Befragung am 27.07.2005 angegeben, dass der Lebensgefährte der Klägerin bis zu diesem Zeitpunkt mit dem Fahrrad auf dem Radweg N. zu seiner Arbeitsstelle gefahren sei oder bis Anfang Juli von seiner Lebensgefährtin zur Arbeit gefahren worden sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.08.2005 hob die Beklagte ihren Bescheid vom 18.07.2005 auf und änderte den Bewilligungsbescheid vom 25.04.2005 (gemeint ist: 29.04.2005) in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.05.2005 mit Wirkung ab dem 01.07.2005 dahingehend ab, dass sie die monatlich zu zahlenden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ab dem 01.07.2005 bis zum Ende des Bewilligungsabschnittes am 31.10.2005 auf 74,20 EUR festsetze. Dieser Betrag berechne sich unter Berücksichtigung des Einkommens des Lebensgefährten der Klägerin, mit dem sie in eheähnlicher Gemeinschaft wohne. Für den Monat Juni 2005 bewilligte sie mit Änderungsbescheid vom 19.08.2005 296,31 EUR. Die Leistungen ab dem 01.07.2005 seien bereits durch den Widerspruchsbescheid vom 18.08.2005 festgesetzt worden. Dieser Bescheid ist gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens.
Beim Sozialgericht Würzburg (SG) beantragte die Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Klagefrist und die Verurteilung der Beklagten, unter Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 25.04.2005 (gemeint ist: 29.04.2005) in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.05.2005 und in der Form des Widerspruchsbescheides vom 18.08.2005 ihr Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.
Aus dem Bericht des Sozialermittlers vom 31.10.2005 ergibt sich, dass die Klägerin ihm gegenüber erklärt habe, mit ihrem früheren Lebensgefährten A im Prinzip nichts mehr zu tun zu haben. Dieser wohne mit ihrer Tochter in M ... Hin und wieder stehe sie ihm aber mit ihrem eigenen Auto zur Verfügung. Auf weitere Diskussionen lasse sie sich nicht ein. Sie verweise auf den anstehenden Gerichtstermin. Der Ermittler gab weiter an, er habe in M. am 31.10.2005 die Tochter T. angetroffen, die spontan gesagt habe, die Mutter sei nicht hier. Hier wohne T. und K ... T. sei heute aber nicht hier; sie werde sicher noch eintreffen. Seinen Eindruck von der Wohnung schilderte er dahingehend, dass - soweit von außen ersichtlich - in der Wohnung völlige Unordnung geherrscht habe. Gleiches gelte für den Terras-senaußenbereich.
Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts und Beweisaufnahme vernahm das SG den Lebensgefährten A als Zeugen. Dieser führte aus, er habe nach einem Streit mit der Tochter S. am 25.04.2005 die gemeinsame Wohnung verlassen. Er sei zu einem Freund gezogen und habe am 01.05.2005 Gelegenheit erhalten, in M. eine Wohnung zu übernehmen. Am 01.06.2005 sei er dort eingezogen. Er bewohne diese Wohnung mit der ältesten Tochter der Klägerin. Sie teilten sich die Kosten der Wohnung. Hin und wieder sehe er auch die Klägerin, bei der er auch zum Teil übernachtet habe. Der Grund hierfür sei die Erkrankung eines gemeinsamen Kindes gewesen. Er zahle lediglich 396,00 EUR monatlich für die gemeinsamen Kinder und räume ein, dass die Klägerin ihn von ihrer Wohnung aus zur Arbeit gefahren habe. Er sei auch mit dem Fahrrad aus Richtung N. zur Arbeit gekommen, weil er bei einer Bekannten übernachtet habe. Es sei auch richtig, dass das Fahrzeug mit dem Kennzeichen N. vor der Wohnung der Klägerin geparkt worden sei, da er ihr das Fahrzeug ausgeliehen habe.
Mit Gerichtsbescheid vom 16.11.2005 verurteilte das SG die Beklagte, unter Abänderung der Bescheide vom 23.05. und 18.08.2005, der Klägerin Leistungen nach dem SGB II ab 01.05.2005 zu bewilligen, mit der Maßgabe, dass keine eheähnliche Gemeinschaft vorgelegen habe.
Hiergegen hat die Beklagte Berufung zum Bayer. Landessozialgericht erhoben. Sie macht weiterhin geltend, die frühere eheähnliche Gemeinschaft zwischen der Klägerin und ihrem Lebensgefährten habe fortbestanden. Die Wohnung in M. sei nur eine "Scheinwohnung". Zu dem tatsächlichen Aufenthalt der Klägerin und deren Kinder könne die unmittelbare Nachbarin T. W. als Zeugin vernommen werden.
Die Beklagte beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 07.12.2005 aufzuheben und die Klage der Klägerin abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Es gebe mehrere Zeugen dafür, "dass die Beklagte und der Zeuge A sicherlich noch befreundet sind und einen gewissen Umgang pflegen, darüberhinaus jedoch keine Bindung zwischen diesen Personen besteht und sie nicht zusammen leben."
In der mündlichen Verhandlung am 12.07.2006 wurde die Nachbarin der Klägerin T. W. als Zeugin einvernommen. Sie schildert, dass die Klägerin täglich Besuch von A gehabt habe oder sich gemeinsam mit ihm in der anderen Wohnung in M. aufhalte. Im Zeitraum vom Mai 2005 bis Oktober 2005 sei das Zusammensein weit häufiger gewesen als heute, wo A eine Arbeitsstelle habe. Im Zeitraum von Mai 2005 bis Oktober 2005 - das wisse sie aus eigenen Erkenntnissen - habe sich der frühere Lebensgefährte der Klägerin nahezu täglich bei der Klägerin aufgehalten. Sie erinnere sich genau, denn das sei die Zeit gewesen, als er bei B. gearbeitet hat. Sie habe auch beobachtet, dass die Klägerin ihn zur Arbeit gefahren habe. Auf Frage der Beklagten erklärt die Zeugin, dass es nicht richtig sei, dass die Tochter T. in. gewohnt habe. Sie habe nach wie vor zu Hause geschlafen. Im damaligen Zeitraum seien die schulpflichtigen Kinder entweder mit dem Bus von S. gefahren oder wurden von der Klägerin mit dem Auto zur Schule gebracht. Auch das habe sie beobachtet.
Auf Frage der Klägerseite legt die Zeugin dar, dass ihre Beobachtungen betreffend dem Schulweg der Kinder für das letzte Jahr zutreffe. Die Klägerin habe A früh um 7 Uhr zur Arbeit gefahren und abends zwischen vier und halb fünf abgeholt. Ihre Kenntnisse über den Aufenthalt in M. ziehe sie daraus, dass das Auto der Klägerin in M. stand, wenn sie einen Kunden nach Hause gefahren habe.
Die Klägerin stellte in der mündlichen Verhandlung keinen Beweisantrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Sie ist auch begründet, weil die Klägerin im hier streitgegenständlichen Zeitraum ihre eheähnliche Lebensgemeinschaft mit ihrem früheren Lebensgefährten nicht beendet hatte. Die Bescheide der Beklagten sind, soweit sie von der Klägerin angefochten worden oder gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens sind, rechtlich nicht zu beanstanden.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der individuelle Anspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten, ihr Leistungen nach dem SGB II zu gewähren, ohne von einer eheähnlichen Gemeinschaft mit A auszugehen. Allein hierüber hat das SG entschieden. Der streitgegenständliche Zeitraum erstreckt sich vom 01.05.2005 bis zum 31.10.2005, weil die Beklagte in den hier angefochtenen Bescheiden allein auf diesen Bewilligungszeitraum abgestellt hat. Die für den Zeitraum ab dem 01.11.2005 ergangenen Bescheide sind nicht Gegenstand des Verfahrens geworden, denn sie ändern oder ersetzen die für den Zeitraum vom 01.05.2005 bis 31.10.2005 ergangenen Bewilligungsbescheide nicht. Das wird aber von § 96 SGG vorausgesetzt. Allein Gründe der Prozessökonomie genügen nicht, die für die Zeit ab dem 01.11.2005 geltenden Bescheide zum Gegenstand eines bereits rechtshängigen Verfahrens zu machen. Hierfür wäre die Möglichkeit einer Klageänderung gegeben (§ 99 SGG). Eine solche Klageänderung wurde trotz Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung weder begehrt noch wurde ihr vom Beklagten zugestimmt, so dass die weiteren Verhandlungen und auch die Beweisaufnahme nur den o.a. Zeitraum umfassten.
Auf die Berufung der Beklagten ist das Urteil des SG aufzuheben, weil es rechtsfehlerhaft ist.
Soweit es die Beklagte verpflichtet, für den Zeitraum vom 01.05.2005 bis 31.05.2005 der Klägerin Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen, mit der Maßgabe, dass in diesem Zeitraum keine eheähnliche Gemeinschaft mit A bestanden hat, steht dieser Entscheidung die Bestandskraft des Bewilligungsbescheides vom 29.04.2005 (nicht: 25.04.2005) und insoweit des Änderungsbescheides vom 23.05.2005 entgegen. Beide Verwaltungsakte sind trotz ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung nicht angefochten worden. Die Beklagte hat die Leistungsgewährung in den hier angefochtenen Bescheiden auch nur für die Zeit ab dem 01.07.2005 geändert bzw. aufgehoben. Auch ein Antrag nach § 44 SGB X wurde nicht gestellt. Hingegen ist die Neufestsetzung der Leistung für den Monat Juni 2005 in den Änderungsbescheiden vom 23.05.2005 und vom 19.08.2005 vom streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid umfasst (§ 68 SGG).
Für den folgenden Bewilligungszeitraum vom 01.06.2005 bis 31.10.2005 - wie im Übrigen auch für den vorausgegangenen Monat - ist die Bewilligung der Hilfeleistung durch die Beklagte, wie sie im Widerspruchsbescheid vom 28.08.2005 festgestellt hat, nicht zu beanstanden. Der Senat legt den Widerspruchsbescheid vom 18.08.2005 in Nr 1 im Hinblick auf den mit Widerspruch angefochtenen Bescheid vom 18.07.2005 dahin aus, dass unter Teilaufhebung der benannten Bewilligungs- und Änderungsbescheide die Leistungen mit Wirkung ab dem 01.07.2005 neu festgesetzt werden.
Gemäß § 9 Abs 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Wer zur Bedarfsgemeinschaft gehört, ergibt sich dabei aus § 7 Abs 2 SGB II. Das ist insbesondere auch die Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebt (§ 7 Abs 3 Nr 3 Buchst b SGB II).
Der Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der dem Leistungsträger kein Ermessen bei der Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen einräumt und dessen Auslegung durch den Leistungsträger der vollen gerichtlichen Prüfung unterliegt. Durch die leistungsrechtliche Gleichstellung des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft mit dem nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten (§ 7 Abs 3 Nr 3 Buchst a SGB II) und dem nicht dauernd getrennt lebenden Lebenspartner (§ 7 Abs 3 Nr 3 Buchst c SGB II) erfüllt der Gesetzgeber seine Verpflichtung aus Art 6 Abs 1 Grundgesetz (GG), Ehe und Familie dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung zu unterstellen.
Vor diesem Hintergrund ist der Begriff der eheähnlichen Gemeinschaft auszulegen, weil sich eine gesetzliche Definition bislang nicht findet. Da mit In-Kraft-Treten des SGB II als Art 1 des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I S 2954) die bisherige Arbeitslosenhilfe, zuletzt geregelt im Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), und die bisherige Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz in eine Grundsicherung für Arbeitsuchende für den in § 7 SGB II beschriebenen Personenkreis zusammengeführt worden ist (dazu BT-Drs. 15/1516 S 41 ff), bezieht der Senat in die Auslegung des Begriffes der eheähnlichen Gemeinschaft die bisherige Rechtsprechung zum Arbeitslosenversicherungsrecht und zum Sozialhilferecht ein.
Eheähnlich ist die Verbindung zweier Partner unterschiedlichen Geschlechts, wenn sie auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründet, also über die Beziehungen einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen (so insbesondere BVerfG vom 17.11.1992 BVerfGE 87, 234/264 zum früheren § 137 Abs 2 a AFG und vom 04.12.2004 NJW 2005, 462; BSG vom 24.04.1998 SozR 3-4100 § 119 Nr 15 und vom 17.10.2002 SozR 3-4100 § 119 Nr 26; BVerwG vom 17.05.1995 BVerwGE 98, 195 zum früheren § 122 BSHG in st.Rspr). Der Senat hält zudem bei verfassungsgemäßer Auslegung der Vorschrift eine eheähnliche Gemeinschaft auch zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern für möglich (BayLSG vom 14.06.2005 ZFSH/SGB 2005, 609), aber eine Berücksichtigung als eheähnliche Gemeinschaft aus verfassungsrechtlichen Gründen auch nicht zwingend für geboten (BayLSG vom 10.10.2005 Az: L 10 AS 22/05 mwN).
Ob eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt, ist anhand einer Gesamtwürdigung von Hinweistatsachen zu beurteilen. Solche - nicht abschließend aufzählbaren (vgl LSG NRW vom 21.04.2005, Breith 2005, 788 und vom selben Tag Az: L 9 B 4/05 SO ER) - Indizien können sich u.a. aus der Dauer des Zusammenlebens ergeben. Zur Beurteilung, wann eine derartige Beziehung als dauerhaft verfestigt bewertet werden kann, bot sich aus Sicht des Bundessozialgerichts (BSG) eine Orientierung an den Vorschriften des BGB an, die - gewissermaßen für den umgekehrten Fall - das Scheitern einer Ehe erst nach dreijähriger Trennung unwiderlegbar vermuten; dies lege nahe, diesen Gedanken insoweit nutzbar zu machen, als erst eine dreijährige Dauer der Beziehung genügende Ernsthaftigkeit und Kontinuität bezeugt (vgl zum Ganzen: BSG vom 29.04.1998 SozR 4100 § 119 nr 15) Hierbei ist aber nicht davon auszugehen, dass die Dreijahresgrenze im Sinne einer absoluten zeitlichen Mindestvoraussetzung zu verstehen ist, unterhalb derer das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft immer und in jedem Fall verneint werden müsse (vgl dazu LSG NRW vom 21.04.2005 aaO; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 7 RdNr 27; BSG vom 29.04.1998 SozR 3-4100 § 119 Nr 15, BayLSG vom 19.10.2005 Az: L 10 AL 352/04). Vielmehr kann eine dauerhafte Beziehung bereits ab dem ersten Tag des Zusammenlebens vorliegen. Nach dreijährigem Zusammenleben hingegen dürften ohne gegenteilige Anhaltspunkte keine Zweifel mehr an der Dauerhaftigkeit bestehen. Ebenso kann auch die Dauer und Intensität der Bekanntschaft vor der Gründung der Wohngemeinschaft (zum Fall des mehrmaligen gemeinsamen Umziehens LSG Niedersachsen-Bremen vom 30.05.2005 Az: L 8 AS 95/05 ER), der Anlass des Zusammenziehens, die Versorgung und Erziehung gemeinsamer Kinder oder sonstiger Angehöriger im gemeinsamen Haushalt (ebenso SächsLSG vom 28.05.2005 Az: L 3 B 269/05 AS ER; so schon VGH BW vom 14.04.1997 VBlBW 1998, 31) oder die Pflege des bedürftigen anderen Partners, die das Zusammenleben prägt (BVerwG vom 20.11.1984 BVerwGE 70, 278), zu berücksichtigen sein.
Weitere Hinweistatsachen können sich aus der Ausgestaltung des Mietverhältnisses oder der Art des (räumlichen) Zusammenlebens ergeben, wobei das bloße Zusammenleben unter derselben Meldeadresse regelmäßig nicht zur Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft (BVerfG vom 02.09.2004 FamRZ 2004, 1950; so schon BSG vom 24.03.1988 BSGE 63, 12) genügt. So spricht das Nichtvorhandensein einer eigenen Intimsphäre innerhalb der Wohnung oder die gemeinsame Nutzung mehrerer Räume, insbesondere eines Schlafzimmers, für eine innere Bindung, wobei jedoch auch getrennte Wohn- oder Schlafbereiche nicht zwangsläufig zur Ablehnung der Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft führen wird.
Auch der Frage, ob und inwieweit die Partner gemeinsam wirtschaften, ob etwa die Befugnis besteht, über Einkommen und Vermögen des jeweils anderen zu verfügen (dazu LSG Baden-Württemberg vom 12.01.2006 L 7 AS 5532/05 ER-B), oder ob gar ein gemeinsames Konto besteht, kann Bedeutung zukommen. So stellt das Vorhandensein eines gemeinsamen Kontos zwar ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft dar, dessen Fehlen schließt eine solche jedoch nicht aus.
Die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft setzt hingegen nicht voraus, dass zwischen den Partnern geschlechtliche Beziehungen bestehen (BSG vom 29.04.1998 SozR 3-4100 § 119 Nr 15 unter Hinweis auf BVerfG vom 17.11.1992 BVerfGE 87, 234/268). Sind solche jedoch - ohne dass Ermittlungen durch den Leistungsträger in diese Richtung vorzunehmen sind (vgl hierzu: BVerfG vom 17.04.1992 BVerfGE 97, 234) - bekannt und damit verwertbar, so kann auch dies Indiz für eine enge innere Bindung sein.
Der Leistungsträger hat unter Ausschöpfung der ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Amtsermittlung (§ 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch -SGB X-) den Sachverhalt im Hinblick auf das Vorliegen solcher Hinweistatsachen aufzuklären. Er darf sich insbesondere nicht auf die bloßen Erklärungen des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen oder seines Partners stützen, kann aber deren Angaben - etwa im Antragsformular oder zu den o.a. Wohnverhältnissen - heranziehen. Die Grenzen seiner Aufklärungspflicht finden sich dort, wo es ihm schlechterdings nicht mehr möglich ist, einen entsprechenden Nachweis beizubringen (so schon NdsOVG vom 26.01.1998 FEVS 48, 545). Andererseits kann gegen die Ermittlung der Indizien nicht eingewandt werden, dies führe zu einer verfassungsmäßigen Überlastung der Leistungsträger (vgl dazu: BSG vom 17.10.2002 SozR 3-4100 § 119 Nr 26).
Anhand der so ermittelten Hinweistatsachen hat der Leistungsträger zu prüfen, ob die o.a. Voraussetzungen für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft erfüllt sind. Alle von der Rechtsprechung entwickelten Merkmale einer eheähnlichen Gemeinschaft müssen gegeben sein. Der Leistungsträger hat im Rahmen einer Gesamtschau der für und auch gegen eine eheähnliche Gemeinschaft sprechenden Indizien nach den Grunstätzen der freien Beweiswürdigung seine Entscheidung zu treffen (vgl zum Ganzen: von Wulffen in von Wulffen, SGB X, 5.Aufl, § 20 RdNr 7 mwN). Er wird dabei zu beachten haben, dass den Hinweistatsachen in der Regel unterschiedliches Gewicht zukommt. Besonderes Augenmerk hat der Lesitungsträger auf etwaige Angaben, Umstände und Verhaltensweisen zu legen, die der erwerbsfähige Hilfebedürftige oder dessen Partner erst im Hinblick auf den erhofften Leistungsbezug ändert oder ausgestaltet.
Der Begriff der Hinweistatsache zeigt letztlich auch, dass nicht sämtliche Indizien umfassend nachgewiesen sein müssen, dass das Fehlen einzelner Indizien nicht zwangsläufig der Feststellung des Vorliegens einer eheähnlichen Gemeinschaft entgegensteht. Liegen nach einer erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung (§ 20 SGB X) hinreichende Indizien vor, die das Vorhandensein aller von der Rechtsprechung entwickelten Merkmale für die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft belegen, so ist es Sache des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen plausible Gründe darzulegen, die das Zusammenleben dementgegen als reine Zweckgemeinschaft erscheinen lassen (so schon Beschluss des Senats vom 14.06.2005 ZFSH/SGB 2005, 609).
Finden sich bei erschöpfender Sachverhaltsaufklärung keine solchen Hinweistatsachen, kann vom Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht ausgegangen werden. Das ergibt sich aus der materiellen Beweislastverteilung, die hier den Leistungsträger trifft (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl 2005, § 103 RdNr 19 a), die allerdings erst zur Anwendung kommt, wenn alle verfügbaren Erkenntnisquellen ausgeschöpft sind (BSG vom 29.06.1967 BSGE 27, 40).
Ob im Einzelfall ("non liquet") hiervon eine Ausnahme zu machen ist, wenn in der Sphäre des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen liegende Tatsachen nicht feststellbar sind, die der Leistungsträger in Ermangelung entsprechender Angaben des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nicht kennt und nicht kennen muss, so dass er letztlich gehindert ist, sich über diese bedeutsamen Tatsachen im Bewilligungszeitraum zeitnah ein zutreffendes Bild zu machen (siehe dazu LSG Niedersachsen-Bremen vom 30.05.2005 Az: L 8 AS 95/05 ER unter Hinweis auf BSG vom 26.11.1992 Breith 1993, 770), kann in dem hier zu entscheidenden Fall dahinstehen.
Nachdem zwischen der Klägerin und A unstreitig bis zum 30.04.2005 eine eheähnliche Lebensgemeinschaft in der Form bestand, dass sie über eine längere Zeitdauer u.a. zur Erziehung gemeinsamer Kinder zusammengelebt haben, ist es nach den o.a. Ausführungen Sache der Klägerin, eine Beendigung dieser eheähnlichen Lebensgemeinschaft im laufenden Bewilligungszeitraum darzulegen. Das ist ihr aber ersichtlich nicht gelungen. Vielmehr zeigen die Gesamtumstände, wie sie die Beklagte ermittelt hat, und die Zeugeneinvernahmen vor dem SG und dem Senat, dass jedenfalls im Zeitraum vom 01.05.2005 bis zum 31.10.2005 eine solche eheähnliche Gemeinschaft zwischen der Klägerin und A fortbestanden hat.
Die polizeilichen Ermittlungen und die Einlassungen unbeteiligter Dritter belegen, dass es sich bei der Wohnung in M. nicht um einen Ort handelt, an dem sich der Lebensgefährte der Klägerin dauerhaft oder über längere Zeit aufgehalten hat. Dass er nach einem Streit zu Hause vorübergehend, also für kurze Zeit, zu einem Bekannten gezogen ist, beendet nicht die bestehende Lebensgemeinschaft mit der Klägerin. Ebenso beendet es die eheähnliche Gemeinschaft nicht, wenn ein Partner - wie hier - wegen der Berufsausübung eine weitere Wohnung anmietet, sich dort angelegentlich aufhält, aber in der übrigen Zeit im bestehenden Haushalt weiterlebt. Den eigenen Aussagen des Lebensgefährten der Klägerin ist zu entnehmen, dass er im streitgegenständlichen Zeitraum nicht nur besuchsweise in der bisherigen Wohnung genächtigt und dabei sich um seine Kinder gekümmert hat. Auch aus den Aussagen seines Arbeitskollegen und den polizeilichen Ermittlungen ergibt sich, dass er zwar eine Wohnung in M. angemietet hat, sich aber weiterhin zum weit überwiegenden Teil zu Hause bei der Klägerin aufgehalten hat. Die Einlassungen der Zeugin T. W. bestätigen dies in eindrucksvoller Weise. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Zeugin Aversionen gegen die Klägerin offen gezeigt hat. Auch mögen ihre Angaben zu den beobachteten Geschehensabläufen nicht minutiös richtig sein. Dennoch hat der Senat den Eindruck gewonnen, dass ihre Aussagen - die sich im Übrigen mit den Ermittlungen der Beklagten im Wesentlichen decken - glaubhaft sind.
Letztlich auch entscheidend für die Beurteilung der Sachlage war zudem, dass die Klägerin den Ermittlungsergebnissen und Einlassungen Dritter nicht substantiiert entgegengetreten ist. Sie ist unglaubwürdig, wenn sie anfangs dem Sozialermittler erklärt, sie habe mit ihrem früheren Lebensgefährden nichts mehr zu tun, dieser wohne in M. , später aber einräumen muss, dass er auch weiterhin bei ihr übernachtet hat, weil sie Aussagen Dritter nicht anders begegnen kann.
Sie hat jeweils gerade das eingeräumt, was aufgrund von Sachverhaltsermittlungen festgestellt worden ist. Überzeugende Indizien, die ihre Version bestätigen, hat sie nicht aufgezeigt. Ihre bloße Beweisanregung im Schriftsatz vom 28.03.2006 hat sie nicht mehr aufgegriffen. Die unter Beweisankündigung gestellten Tatsachenbehauptungen sind vage, sodass im Ergebnis allenfalls von einem Beweiserforschungsantrag gesprochen werden kann. Nachdem die Klägerin vor dem Hintergrund der Zeugenaussage von T. W. ihre Beweisanregung selbst nicht mehr aufgegriffen hat, um der Zeugenaussage durch konkreten Beweisauftritt zu begegnen, sah der Senat keine Veranlassung, von sich aus dieser Anregung nachzukommen.
Die Beklagte hatte im Ergebnis keine Veranlassung, die Bewilligungsbescheide ab dem 01.05.2005 im Sinne des Klagebegehrens zu ändern. Die Anpassung der Bescheide für die Zeit ab dem 01.07.2005 bis zum 31.10.2005 gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 3 SGB X an die (neuen) Einkommensverhältnisse in der Bedarfsgemeinschaft ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte war hierzu kraft Gesetzes gemäß § 40 Abs 1 Nr 1 SGB II iVm § 330 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) verpflichtet. Im Übrigen ist die Anpassung der Leistung nicht rückwirkend erfolgt, weil der Aufhebungsbescheid vom 18.07.2005 insoweit - nach Auslegung des Senats - teilweise fortbesteht (siehe dazu oben).
Da die Berechnung der Leistungshöhe im Bewilligungszeitraum nicht bestritten und im Übrigen zutreffend ist, ist die Berufung insgesamt erfolgreich und die Klage der Klägerin abzuweisen. Die für folgende Bewilligungszeiträume ab dem 01.11.2005 erlassene Bescheide sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Ob die eheähnliche Gemeinschaft hier noch fortbestand, ist für die vorliegende Entscheidung nicht mehr erheblich.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 1 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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