L 3 RJ 133/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 25 RJ 35/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 3 RJ 133/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 RJ 141/01 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.07.2000 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Dauer der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten (KEZ) in einem Kontenklärungsverfahren.

Die am ...1953 geborene Klägerin ist die Mutter des am ...1985 geborenen A ... K ... und des am ...1990 geborenen M ... K ...

Nachdem die Klägerin gegen einen Feststellungsbescheid über die im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten vom 28.5.1997 Widerspruch eingelegt hatte, weil hierin keine KEZ vorgemerkt waren, erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 13.07.1998 die Zeit vom 01.12.1985 bis zum 30.11.1986 und die Zeit vom 01.11.1990 bis zum 31.10.1991 als KEZ an.

Die Klägerin hielt den Widerspruch aufrecht. Sie begehrte die Anerkennung von jeweils 36 Monaten KEZ mit der Begründung, die Ungleichbehandlung von Müttern, deren Kinder vor dem 01.01.1992 geboren wurden, gegenüber Müttern, deren Kinder nach diesem Zeitpunkt geboren wurden, und die eine KEZ von 36 Monaten anerkannt bekommen, sei verfassungswidrig.

Mit Bescheid vom 04.02.1999 wies die Beklagte den Widerspruch unter Hinweis auf die gesetzliche Regelung und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 07.07.1992 (BVerfGE 87, 1 f.) zurück.

Im Klageverfahren hat die Klägerin die Auffassung vertreten, die Regelung des § 249 Abs. 1 SGB VI verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 GG. Die unterschiedliche Behandlung der Mütter nach dem Geburtsdatum der Kinder sei nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Zwar habe das BVerfG mit Urteil vom 07.07.1992 anerkannt, dass der Gesetzgeber befugt sei, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen. Dies setze jedoch sachliche Gründe für die vorgenommene Stichtagsregelung voraus, welche im vorliegenden Fall nicht zu erkennen seien. Sie hat eine Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an das BVerfG angeregt.

Mit Urteil vom 28.07.2000 hat das Sozialgericht die Klage unter Bezugnahme auf die in der Entscheidung des BVerfG vom 07.07.1992 aufgestellten Grundsätze abgewiesen. Es hat ausgeführt, es sei offenkundig, dass die Einbeziehung aller Mütter in die Begünstigung des § 56 Abs. 1 SGB VI einen erheblichen finanziellen Mehrbedarf verursacht hätte. Daher seien sowohl die Einführung des Stichtages als auch die Wahl des Zeitpunktes - 01.01.1992, gekoppelt an das Inkrafttreten des § 249 Abs. 1 SGB VI - sachlich vertretbar.

Gegen das ihr am 16.08.2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11.09.2000 Berufung eingelegt. Sie wiederholt ihr bisheriges Vorbringen und führt ergänzend aus, haushaltspolitische Gründe allein seien nicht geeignet, eine Differenzierung zwischen gleichartigen Personengruppen zu rechtfertigen. Ihr werde im Vergleich zu den von § 56 SGB VI begünstigten Müttern ein unverhältnismäßiges Opfer abverlangt. Ergänzend rügt sie die Verletzung von Art. 6 GG. Diese Vorschrift fordere, die wirtschaftliche Benachteiligung von Eltern mit Kindern gegenüber Kinderlosen abzubauen. Auch deshalb habe sie einen Anspruch auf eine stärkere Berücksichtigung ihrer Erziehungsleistung.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.07.2000 zu ändern und die Beklagte unter entsprechender Änderung der Bescheide vom 28.05.1997 und 13.07.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.02.1999 zu verurteilen, für die Kinder A ..., geboren am ...1985 die Zeit vom 01.12.1985 bis 30.11.1988 und M ..., geboren am ...1990 die Zeit vom 01.11.1990 bis zum 31.10.1993 als Kindererziehungszeit zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie folgt der Begründung des Urteils des Sozialgerichts.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet, weil das Sozialgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat.

Die Regelung des § 149 Abs 5 Satz 3 SGB VI steht der Klagebefugnis und damit der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen, denn Tatbestände von Pflichtbeitrags- und von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung sind nach § 149 Abs 5 Satz 1 SGB VI vorzumerken (BSG, Urteil vom 31.8.2000 - B 4 RA 51/99 R -; BSG, Urteil vom 10.11.1998, SozR 3 2600 § 56 Nr. 13).

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist nicht rechtswidrig i.S.d. § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vormerkung weiterer KEZ.

Die Beklagte hat die KEZ im durch § 249 Abs. 1 SGB VI vorgegebenen Umfang berücksichtigt. Nach dieser Vorschrift endet die KEZ für ein vor dem 01. Januar 1992 geborenes Kind 12 Kalendermonate nach Ablauf des Monats der Geburt.

§ 249 SGB VI ist weder im Vergleich mit § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VI noch für sich betrachtet verfassungswidrig. Dies hat das BVerfG mit Nichtannahmebeschluß vom 29.03.1996 - 1 BvR 1238/95 - unter weitgehender Bezugnahme auf die Entscheidungen des BVerfG vom 07.07.1992 (a.a.O.) bestätigt. Mit der Anerkennung von KEZ als rentenbegründendem und rentensteigerndem Tatbestand im HEZG vom 11.07.1985 hat der Gesetzgeber einen ersten Schritt zur Verbesserung der Alterssicherung kindererziehender Personen im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung getan. Eine gegen das Grundgesetz verstoßende Ungleichbehandlung der Tatbestände der Kindererziehung in der Zeit vor und nach Inkrafttreten des SGB VI am 01.01.1992 liegt nicht vor. Zwar ist der Gesetzgeber nach Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG verpflichtet, den Mangel des Rentenversicherungssystems, der in dem durch Kindererziehung bedingten Nachteil bei der Altersversorgung liegt, in weiterem Umfang als bisher auszugleichen. Dem ist der Gesetzgeber mit der zeitlichen Ausdehnung ab dem Stichtag 01.01.1992 nachgekommen. Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers würde unzulässig beschränkt, wenn es ihm verwehrt wäre, eine derart komplexe Reform wie die Berücksichtigung von KEZ bei der Altersversorgung in mehreren Stufen zu verwirklichen. In der derzeitigen Lage der Rentenversicherung hat der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass auch Art. 6 Abs. 1 GG, wonach Ehe und Familie unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung stehen, eine längere Anerkennung von KEZ für vor dem 01.01.1992 geborene Kinder nicht gebietet (BVerfGE 87, S. 35).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ein Grund zur Zulassung der Revision nach § 160 SGG besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
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