Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 5 SB 1927/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2155/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 2. April 2004 aufgehoben und der Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 2003 verurteilt, beim Kläger den Grad der Behinderung mit 30 seit dem 10. Mai 2006 festzusetzen sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz ab dem 10. Mai 2006 festzustellen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) streitig.
Der 1949 geborene Kläger, der im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltsberechtigung ist, beantragte am 30. September 2002 beim Versorgungsamt Ulm (VA) wegen einer Silikose und chronischer Bronchitis sowie eines HWS- und Schulter-Arm-Syndroms die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB). Das VA holte ärztliche Befundscheine (Dr. P. und Dr. O. mit Befundberichten) ein. Außerdem zog das VA Unterlagen der Süddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft Stuttgart zu der als Berufskrankheit anerkannten Silikose des Klägers bei (Bescheid vom 28. August 2002, Gutachten des Dr. S. vom 31. Mai 2002). Nach versorgungsärztlicher Auswertung stellte das VA mit Bescheid vom 18. Februar 2003 beim Kläger wegen degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen (Teil-GdB 20) und einer Funktionsbehinderung des linken Schultergelenks (Teil-GdB 10) den GdB mit 20 seit 30. September 2002 fest.
Hiergegen legte der Kläger am 25. Februar 2003 Widerspruch ein, mit dem er geltend machte, der Bescheid sei nicht hinreichend begründet. Er rügte unter Verweis auf die vorliegenden ärztlichen Unterlagen, dass die bestehenden Behinderungen nicht vollständig anerkannt bzw. nicht zutreffend bewertet worden seien, dass der Gesamt-GdB nicht richtig gebildet worden sei und regte die Einholung ärztlicher Befundberichte an.
Nach Einholung einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme, in der die zusätzliche Berücksichtigung einer chronischen Bronchitis mit einem Teil-GdB von 10 bei verbleibendem Gesamt-GdB von 20 empfohlen wurde, wurde der Widerspruch des Klägers durch Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamtes Baden-Württemberg vom 18. Juli 2003 zurückgewiesen. Die Auswertung der ärztlichen Unterlagen habe ergeben, dass die beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 angemessen bewertet seien.
Hiergegen erhob der Kläger am 6. August 2003 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG). Er führte zur Begründung aus, der GdB hätte über 20 bewertet werden müssen. Die Auswirkungen der Funktionsbehinderungen im linken Schultergelenk, der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, der Bandscheibenschaden sowie die Nervenwurzelreizerscheinungen, die ihn ganz massiv und dauernd beeinträchtigten, seien nicht angemessen bewertet. Die Silikose führe zu massiven Funktionsbeeinträchtigungen und sei mit häufigen Brustschmerzen, Husten und Auswurf verbunden. Weiter sei die Atmung wesentlich erschwert. Die Bewertung des Beklagten sei unzutreffend. Allein wegen dieser Gesundheitsstörung sei ein GdB von 20 bis 40 gerechtfertigt. Der Gesamt-GdB betrage bei ihm mindestens 30.
Das SG hörte den Orthopäden Dr. B., die Allgemeinärztin Dr. O. und den Arzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde sowie Allergologie Dr. P. schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. B. teilte in seiner Stellungnahme vom 30. Oktober 2003 die von ihm erhobenen Befunde mit. Er schätzte für die orthopädischen Beschwerden des Klägers den GdB auf 10 ein. Dr. O. teilte in ihrer Stellungnahme vom 12. November 2003 unter Vorlage von ärztlichen Befundberichten die Diagnosen mit. Wegen der Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule und wegen der Silikose schätzte sie den GdB auf über 20 ein. Dr. P. teilte in seiner Stellungnahme vom 24. November 2003 die erhobenen Lungenbefunde mit und schätzte den GdB auf 20 ein.
Mit Urteil vom 2. April 2004 wies das SG die Klage ab. Der Beklagte habe den GdB von 20 für das Wirbelsäulenleiden des Klägers eher großzügig bemessen. Für die Funktionsbeeinträchtigungen der linken Schulter sei ein GdB von 10 in Ansatz zu bringen. Selbst wenn auf lungenärztlichem Gebiet mit Dr. P. ein GdB von 20 angenommen werde, verbleibe es bei einem Gesamt-GdB von 20, da der GdB von 20 für das Wirbelsäulenleiden sehr großzügig bemessen sei, sodass keine Erhöhung des Gesamt-GdB erfolgen könne.
Gegen das am 13. Mai 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. Juni 2004 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung ausgeführt, das SG hätte die Ansicht von Dr. O. berücksichtigen müssen. Bei der Silikose sei es zwischenzeitlich zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen. Nach dem Befund von Dr. P. sei ein Teil-GdB von 20 anzusetzen. Dennoch sei das SG fehlerhaft der Ansicht, es habe bei einem Gesamt-GdB von 20 zu verbleiben. Seine Annahme, dass der Einzel-GdB von 20 bei seinem Wirbelsäulenleiden großzügig bemessen sei, sei mit Rücksicht auf die Ausführungen von Dr. O. nicht haltbar. Ein Gesamt-GdB von mehr als 20 sei gerechtfertigt.
Während des Berufungsverfahrens stellte der Kläger am 2. Mai 2005 einen Neufeststellungsantrag.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat der Senat das orthopädische Gutachten des Dr. W., S. G., vom 14. Juni 2005 eingeholt. Der Sachverständige diagnostizierte beim Kläger ein chronisches HWS-Syndrom mit deutlichen Myogelosen paravertebral, eine pseudoradikuläre nicht dermatom bezogene Hyposensibilitätsangabe mit geringer Schwächeangabe links, eine Spondylarthrose C3 bis C7 mit Bandscheibenverschmälerung insbesondere C5/C6, ein Impingementsyndrom linke Schulter mit leichter Omarthrose, ein chronisches LWS-Syndrom mit rezidivierender Ischialgie links, sowie eine beginnende Gonarthrose links retropatellar betont. Er gelangte zu der Bewertung, aufgrund des Impingementsyndroms der linken Schulter, welches mit dem chronischen HWS-Syndrom zusammenhinge, bei nachgewiesener Spondylarthrose mit pseudoradikulärer Ausstrahlung in den linken Arm sei ein Gesamt-GdB von 30 gegeben. Der GdB für das chronische LWS-Syndrom mit Ischialgie sowie die retropatellare Gonarthrose betrage 10.
Der Beklagte ist der Bewertung von Dr. W. unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. F. vom 25. August 2005 entgegen getreten. Der Kläger hat sich der Ansicht von Dr. W. angeschlossen.
Der Senat hat Dr. P. und Dr. O. schriftlich als sachverständige Zeugen zu zwischenzeitlichen Veränderungen im Gesundheitszustand des Klägers gehört. Dr. P. hat in seiner Stellungnahme vom 6. Oktober 2005 eine Veränderung des Gesundheitszustandes des Klägers verneint. Dr. O. hat in ihrer Stellungnahme vom 11. Oktober 2005 unter Vorlage ärztlicher Befundberichte mitgeteilt, eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes sei eingetreten und neue Erkrankungen (Diabetes mellitus, V.a. diabetische Polyneuropathie, Hyperlipoproteinämie) seien zwischenzeitlich hinzugetreten. Den GdB schätzte sie nunmehr auf mindestens 50 ein. Außerdem hat der Senat den Reha-Entlassungsbericht der R.klinik Bad Rappenau über eine stationäre Behandlung des Klägers vom 8. Dezember 2004 bis 5. Januar 2005 beigezogen.
Der Beklagte ist unter Vorlage der Stellungnahme des Versorgungsarztes D. vom 27. Januar 2006 der Berufung des Klägers weiter entgegen getreten.
Der Senat hat daraufhin das Gutachten des Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie, Sozialmedizin und Umweltmedizin Dr. K., G., vom 21. Juni 2006 eingeholt. Er gelangte in seinem Gutachten nach einer Untersuchung des Klägers am 10. Mai 2006 zu der Bewertung, beim Kläger bestehe eine leichtgradige Silikose und ein leichtgradiges Asthma bronchiale. Die Störungen seien geringgradig. Für das Asthma bronchiale betrage der GdB 20, für die Silikose unter 20. Auf seinem Fachgebiet betrage der GdB 20 seit dem 10. Mai 2006.
Der Beklagte hat daraufhin dem Kläger am 12. Oktober 2006 ein Vergleichsangebot dahin unterbreitet, dass der Gesamt-GdB auf 30 (Bronchialasthma, chronische Bronchitis nunmehr Teil-GdB 20 ab 10. Mai 2006) festgesetzt und eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit jeweils ab 10. Mai 2006 bestätigt wird. Dieses Angebot hat der Kläger nicht angenommen.
Der Kläger beantragt zuletzt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 2. April 2004 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 18. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Juli 2003 zu verurteilen den Grad der Behinderung höher als mit 30 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen, soweit sie über das Angebot hinausgeht.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtstreites ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten der ersten und zweiten Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist insgesamt zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Sie ist jedoch nur teilweise begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 30 ab dem 10. Mai 2006.
Der Beklagte wird seit 01.01.2005 wirksam durch das Regierungspräsidium Stuttgart vertreten. Nach § 71 Abs. 5 SGG wird in Angelegenheiten des Schwerbehindertenrechts das Land durch das Landesversorgungsamt oder durch die Stelle, der dessen Aufgaben übertragen worden sind, vertreten. In Baden-Württemberg sind die Aufgaben des Landesversorgungsamts durch Art 2 Abs. 2 des Gesetzes zur Reform der Verwaltungsstruktur, zur Justizreform und zur Erweiterung des kommunalen Handlungsspielraums (Verwaltungsstruktur Reformgesetz -VRG-) vom 01.07.2004 (GBl S. 469) mit Wirkung ab 01.01.2005 (Art 187 VRG) auf das Regierungspräsidium Stuttgart übergegangen.
Gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX stellen auf Antrag des Behinderten die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den daraus resultierenden GdB fest. Materiell-rechtlich sind nach § 2 Abs. 1 SGB IX Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung, nach Zehnergraden abgestuft, festgestellt (§ 69 Abs. 1 Satz 3 SGB IX). Die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe gelten entsprechend (§ 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX), so dass auch hier die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" - Ausgabe 2004 - (AHP) heranzuziehen sind.
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet (vgl. Nr. 19 Abs. 1 der AHP). In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden (Nr. 19 Abs. 3 der AHP). Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Nr. 19 Abs. 4 der AHP). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5).
Hiervon ausgehend gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass die beim Kläger bestehenden Behinderungen mit einem GdB von 30 ab dem 10. Mai 2006 entsprechend dem Vergleichsangebot des Beklagten angemessen und ausreichend bewertet sind.
Die Gesundheitsstörungen des Klägers im Bereich der Wirbelsäule (Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden und Nervenwurzelreizerscheinungen) bedingen nach den AHP einen Teil-GdB von 20. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund der zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen und den von Dr. W. bei der Begutachtung des Klägers erhobenen Funktionsdaten. Nach den AHP (Nr. 26.18, S. 116) beträgt bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) der GdB 10, bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) der GdB 20, bei schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) der GdB 30 und bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten der GdB 30 - 40. Danach ist beim Kläger wegen seines Wirbelsäulenleidens ein GdB von 20 angemessen und ausreichend. Nach den im Gutachten von Dr. W. bezüglich der Wirbelsäule des Klägers mitgeteilten Funktionsdaten im Bereich der HWS besteht beim Vorneigen/Rückneigen eine endgradige und beim Seitneigen rechts eine schmerzhafte endgradige Bewegungseinschränkung sowie eine schmerzhafte Drehbeweglichkeit. Weiter bestehen Verspannungen im HWS-Bereich. Der Kläger gab in den linken Arm ausstrahlende Schmerzen bis in die Finger sowie eine Hyposensibilität der gesamten Hand bei eingeschränkter Kraft (4/5) beim Faustschluss rechts an. Der Finger-Boden-Abstand betrug 15 cm. Die Beweglichkeit der LWS nach rechts ist hälftig und nach links ca. ein Drittel eingeschränkt. Bei maximaler Flexion sowie Reklination der Wirbelsäule gab der Kläger endgradig Schmerzen an. Dem entsprechen auch die in anderen Befundunterlagen mitgeteilten Funktionsdaten der Wirbelsäule, insbesondere im Reha-Entlassungsbericht der R.klinik (HWS-Beweglichkeit endgradig eingeschränkt; LWS-Beweglichkeit gut; FBA 15 cm; Schulter-, Nacken- und Schürzengriff unauffällig). Diese Funktionseinschränkungen rechtfertigen nach den AHP zur Überzeugung des Senates einen GdB von 20. Sie stellen keine schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt bzw. mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelabschnitten im Sinne der AHP dar. Hiervon geht auch Dr. W. in seinem Gutachten aus. Er bewertet das LWS-Syndrom mit Ischialgien mit einem Teil-GdB von 10, was nach den AHP geringen funktionellen Auswirkungen entspricht. Der Senat folgt der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. F. vom 25. August 2005, die der Senat als sachverständiges Parteivorbringen verwertet, die überzeugend davon ausgeht, dass aufgrund der Funktionswerte der Wirbelsäule am Teil-GdB von 20 festzuhalten ist. Der abweichenden Ansicht von Dr. W., der von einem Teil-GdB von 30 ausgeht, vermag sich der Senat dagegen nicht anzuschließen. Er berücksichtigte bei seiner GdB-Bewertung zusätzlich eine Einschränkung der Schulterbeweglichkeit, die aufgrund der von ihm erhobenen Funktionsdaten nach den AHP allein noch keinen Teil-GdB rechtfertigt, worauf Dr. F. in ihrer Stellungnahme vom 25. August 2005 weiter überzeugend hingewiesen hat. Damit kann beim Kläger allenfalls von bestehenden mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (HWS) ausgegangen werden, die nach den AHP einen GdB von 20 für das Wirbelsäulenorgan rechtfertigen.
Die Atemwegserkrankung des Klägers (chronische Bronchitis, Silikose) rechtfertigt nach den AHP einen bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigenden Teil-GdB von 20 seit dem 10. Mai 2006. Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund des Gutachtens des Dr. K. vom 21. Juni 2006 fest. Nach den von ihm bei der Untersuchung des Klägers erhobenen Befunden bestehen ein leichtgradiges Asthma bronchiale und Silikose, die der Sachverständige in Übereinstimmung mit den AHP mit einem GdB von 20 bewertet. So stellte Dr. K. ein bronchiales Atemgeräusch ohne Anhalt für ein Cor pulmonale fest. Die Blutgaswerte liegen im Normalbereich. Die Lungenfunktion ergab eine leichte Restriktion, eine Obstruktion bestand nicht. Hierfür sehen die AHP (allenfalls) einen GdB von 20 bis 40 vor (Nr. 26.8, Seite 68). Gesichtspunkte, die eine teilweise oder volle Ausschöpfung dieses Rahmens rechtfertigen, sind nicht ersichtlich. Der Senat schließt sich der Bewertung von Dr. K. an. Diese Bewertung gilt ab dem 10. Mai 2006, wie Dr. K. in seinem Gutachten auf der Grundlage der ihm überlassenen Akten festgestellt hat. Anlass hiervon abzuweichen besteht nicht.
Sonstige Behinderungen, die eine Erhöhung des GdB auf über 30 rechtfertigen, bestehen beim Kläger nicht.
Die Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk begründet, wie bereits ausgeführt, nach den AHP für sich noch keinen GdB. Soweit der Beklagte insoweit von einem Teil-GdB von 10 ausgeht, erfolgt dies aufgrund einer Schmerzsymptomatik, wie Dr. F. in ihrer Stellungnahme vom 25. August 2005 ausgeführt hat. Dem entspricht auch die Stellungnahme von Dr. E. vom 30. Oktober 2003 an das SG, der eine GdB-relevante Funktionseinschränkung der Schulter nicht genannt hat. Gesichtspunkte, die dafür sprechen, wegen der bestehenden Schmerzsymp-tomatik einen höheren Teil-GdB anzunehmen, sind nicht ersichtlich.
Entsprechendes gilt hinsichtlich des Knorpelschadens am rechten Knie des Klägers, für den der Beklagte einen Teil-GdB von 10 annimmt. Diese Bewertung wird durch Dr. W. in seinem Gutachten bestätigt. Einen höheren Teil-GdB erachtet auch der Senat für nicht angemessen, da beim Kläger eine seitengleiche freie Beweglichkeit der Kniegelenke besteht, wie Dr. W. bei der Untersuchung des Klägers festgestellt hat. Dem entsprechen auch die hierzu sonst vorliegenden medizinischen Befundunterlagen (insbesondere Reha-Entlassungsbericht der R.klinik).
Auch der beim Kläger im Verlaufe des Verfahrens diagnostizierte Diabetes mellitus Typ II rechtfertigt die Erhöhung des GdB auf über 30 nicht. Nach den Angaben des Klägers im Neufeststellungsantrag vom 2. Mai 2005 erfolgt eine Behandlung durch Diät. Der von Dr. O. in ihrer Stellungnahme an den Senat vom 10. Oktober 2005 mitgeteilte Verdacht einer diabetischen Polyneuropathie ist nach den Befundberichten des Dr. S. vom 17. Juni 2005 und Dr. S. vom 3. März 2005 nicht bestätigt. Zudem bestehen nach den genannten Berichten deswegen beim Kläger keine relevanten Funktionseinbußen. Nach dem Reha-Entlassungsbericht der R.klinik war der Blutzuckerwert in den Tagesprofilen weitgehend unauffällig. Die Labordiagnostik am 10. Dezember 2004 ergab einen HbA1c-Wert von 6,1% und am 13. Juli 2005 von 6,4%, was nach dem Laborbericht einer guten Diabeteseinstellung entspricht. Diese Befunde rechtfertigen nach den AHP (Nr. 26.15, Seite 99) einen Teil-GdB von 10, der nach den dargestellten Grundsätzen zur Bildung des Gesamt-GdB nicht erhöhend zu berücksichtigen ist. Im Übrigen hat sich der Kläger auf seine Diabeteserkrankung zur Begründung seiner Berufung auch nicht substantiiert berufen.
Entsprechendes gilt für das von Dr. O. in ihrer Stellungnahme an den Senat vom 11. Oktober 2005 als neu hinzugetretene Erkrankung mitgeteilte depressive Syndrom des Klägers. Nach dem Befundbericht von Dr. S. vom 03. März 2005 ergab der psychiatrische Befund, dass der Kläger voll orientiert sowie bewusstseinsklar ist. Ein Hinweis auf ein hirnorganisches Psychosyndrom bestand nicht. Nach dem Reha-Entlassungsbericht der R.klinik wirkte der Kläger lediglich psychisch etwas gedrückt, wobei eine weiterführende psychologische Betreuung nicht für erforderlich gehalten wurde. Danach kann beim Kläger allenfalls von leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen ausgegangen werden, für die nach den AHP (Nr. 26.3, Seite 48) ein GdB von 0 bis 20 vorgesehen ist. Diesen Rahmen nach oben auszuschöpfen, besteht nach den dargestellten Befunden kein Anlass, zumal sich der Kläger im Übrigen auf eine psychische Erkrankung zur Begründung seiner Berufung nicht substantiiert berufen hat.
Der Ansicht von Dr. O. in ihrer Stellungnahme vom 11. Oktober 2005, beim Kläger ergebe sich ein GdB von mindestens 50, auf die sich der Kläger zur Fortführung seiner Berufung beruft, kann nicht gefolgt werden. Ihrer Stellungnahme lassen sich über das oben Ausgeführte hinaus keine neuen Gesichtspunkte entnehmen, die ihre GdB-Bewertung plausibel machen.
Beim Kläger sind seit dem 10. Mai 2006 unstreitig die Voraussetzungen für eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz erfüllt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass der Beklagte auf die im Gutachten von Dr. K. festgestellte neue Befundlage hinsichtlich der Atemwegserkrankung des Klägers durch ein sofortiges, der Sach- und Rechtslage entsprechendes Angebot reagiert hat, weshalb es nicht sachgerecht ist, ihm außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens ganz oder teilweise aufzuerlegen.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) streitig.
Der 1949 geborene Kläger, der im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltsberechtigung ist, beantragte am 30. September 2002 beim Versorgungsamt Ulm (VA) wegen einer Silikose und chronischer Bronchitis sowie eines HWS- und Schulter-Arm-Syndroms die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB). Das VA holte ärztliche Befundscheine (Dr. P. und Dr. O. mit Befundberichten) ein. Außerdem zog das VA Unterlagen der Süddeutschen Metall-Berufsgenossenschaft Stuttgart zu der als Berufskrankheit anerkannten Silikose des Klägers bei (Bescheid vom 28. August 2002, Gutachten des Dr. S. vom 31. Mai 2002). Nach versorgungsärztlicher Auswertung stellte das VA mit Bescheid vom 18. Februar 2003 beim Kläger wegen degenerativer Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen (Teil-GdB 20) und einer Funktionsbehinderung des linken Schultergelenks (Teil-GdB 10) den GdB mit 20 seit 30. September 2002 fest.
Hiergegen legte der Kläger am 25. Februar 2003 Widerspruch ein, mit dem er geltend machte, der Bescheid sei nicht hinreichend begründet. Er rügte unter Verweis auf die vorliegenden ärztlichen Unterlagen, dass die bestehenden Behinderungen nicht vollständig anerkannt bzw. nicht zutreffend bewertet worden seien, dass der Gesamt-GdB nicht richtig gebildet worden sei und regte die Einholung ärztlicher Befundberichte an.
Nach Einholung einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme, in der die zusätzliche Berücksichtigung einer chronischen Bronchitis mit einem Teil-GdB von 10 bei verbleibendem Gesamt-GdB von 20 empfohlen wurde, wurde der Widerspruch des Klägers durch Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamtes Baden-Württemberg vom 18. Juli 2003 zurückgewiesen. Die Auswertung der ärztlichen Unterlagen habe ergeben, dass die beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 angemessen bewertet seien.
Hiergegen erhob der Kläger am 6. August 2003 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG). Er führte zur Begründung aus, der GdB hätte über 20 bewertet werden müssen. Die Auswirkungen der Funktionsbehinderungen im linken Schultergelenk, der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule, der Bandscheibenschaden sowie die Nervenwurzelreizerscheinungen, die ihn ganz massiv und dauernd beeinträchtigten, seien nicht angemessen bewertet. Die Silikose führe zu massiven Funktionsbeeinträchtigungen und sei mit häufigen Brustschmerzen, Husten und Auswurf verbunden. Weiter sei die Atmung wesentlich erschwert. Die Bewertung des Beklagten sei unzutreffend. Allein wegen dieser Gesundheitsstörung sei ein GdB von 20 bis 40 gerechtfertigt. Der Gesamt-GdB betrage bei ihm mindestens 30.
Das SG hörte den Orthopäden Dr. B., die Allgemeinärztin Dr. O. und den Arzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde sowie Allergologie Dr. P. schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. B. teilte in seiner Stellungnahme vom 30. Oktober 2003 die von ihm erhobenen Befunde mit. Er schätzte für die orthopädischen Beschwerden des Klägers den GdB auf 10 ein. Dr. O. teilte in ihrer Stellungnahme vom 12. November 2003 unter Vorlage von ärztlichen Befundberichten die Diagnosen mit. Wegen der Gesundheitsstörungen im Bereich der Wirbelsäule und wegen der Silikose schätzte sie den GdB auf über 20 ein. Dr. P. teilte in seiner Stellungnahme vom 24. November 2003 die erhobenen Lungenbefunde mit und schätzte den GdB auf 20 ein.
Mit Urteil vom 2. April 2004 wies das SG die Klage ab. Der Beklagte habe den GdB von 20 für das Wirbelsäulenleiden des Klägers eher großzügig bemessen. Für die Funktionsbeeinträchtigungen der linken Schulter sei ein GdB von 10 in Ansatz zu bringen. Selbst wenn auf lungenärztlichem Gebiet mit Dr. P. ein GdB von 20 angenommen werde, verbleibe es bei einem Gesamt-GdB von 20, da der GdB von 20 für das Wirbelsäulenleiden sehr großzügig bemessen sei, sodass keine Erhöhung des Gesamt-GdB erfolgen könne.
Gegen das am 13. Mai 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. Juni 2004 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung ausgeführt, das SG hätte die Ansicht von Dr. O. berücksichtigen müssen. Bei der Silikose sei es zwischenzeitlich zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen. Nach dem Befund von Dr. P. sei ein Teil-GdB von 20 anzusetzen. Dennoch sei das SG fehlerhaft der Ansicht, es habe bei einem Gesamt-GdB von 20 zu verbleiben. Seine Annahme, dass der Einzel-GdB von 20 bei seinem Wirbelsäulenleiden großzügig bemessen sei, sei mit Rücksicht auf die Ausführungen von Dr. O. nicht haltbar. Ein Gesamt-GdB von mehr als 20 sei gerechtfertigt.
Während des Berufungsverfahrens stellte der Kläger am 2. Mai 2005 einen Neufeststellungsantrag.
Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat der Senat das orthopädische Gutachten des Dr. W., S. G., vom 14. Juni 2005 eingeholt. Der Sachverständige diagnostizierte beim Kläger ein chronisches HWS-Syndrom mit deutlichen Myogelosen paravertebral, eine pseudoradikuläre nicht dermatom bezogene Hyposensibilitätsangabe mit geringer Schwächeangabe links, eine Spondylarthrose C3 bis C7 mit Bandscheibenverschmälerung insbesondere C5/C6, ein Impingementsyndrom linke Schulter mit leichter Omarthrose, ein chronisches LWS-Syndrom mit rezidivierender Ischialgie links, sowie eine beginnende Gonarthrose links retropatellar betont. Er gelangte zu der Bewertung, aufgrund des Impingementsyndroms der linken Schulter, welches mit dem chronischen HWS-Syndrom zusammenhinge, bei nachgewiesener Spondylarthrose mit pseudoradikulärer Ausstrahlung in den linken Arm sei ein Gesamt-GdB von 30 gegeben. Der GdB für das chronische LWS-Syndrom mit Ischialgie sowie die retropatellare Gonarthrose betrage 10.
Der Beklagte ist der Bewertung von Dr. W. unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. F. vom 25. August 2005 entgegen getreten. Der Kläger hat sich der Ansicht von Dr. W. angeschlossen.
Der Senat hat Dr. P. und Dr. O. schriftlich als sachverständige Zeugen zu zwischenzeitlichen Veränderungen im Gesundheitszustand des Klägers gehört. Dr. P. hat in seiner Stellungnahme vom 6. Oktober 2005 eine Veränderung des Gesundheitszustandes des Klägers verneint. Dr. O. hat in ihrer Stellungnahme vom 11. Oktober 2005 unter Vorlage ärztlicher Befundberichte mitgeteilt, eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes sei eingetreten und neue Erkrankungen (Diabetes mellitus, V.a. diabetische Polyneuropathie, Hyperlipoproteinämie) seien zwischenzeitlich hinzugetreten. Den GdB schätzte sie nunmehr auf mindestens 50 ein. Außerdem hat der Senat den Reha-Entlassungsbericht der R.klinik Bad Rappenau über eine stationäre Behandlung des Klägers vom 8. Dezember 2004 bis 5. Januar 2005 beigezogen.
Der Beklagte ist unter Vorlage der Stellungnahme des Versorgungsarztes D. vom 27. Januar 2006 der Berufung des Klägers weiter entgegen getreten.
Der Senat hat daraufhin das Gutachten des Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie, Sozialmedizin und Umweltmedizin Dr. K., G., vom 21. Juni 2006 eingeholt. Er gelangte in seinem Gutachten nach einer Untersuchung des Klägers am 10. Mai 2006 zu der Bewertung, beim Kläger bestehe eine leichtgradige Silikose und ein leichtgradiges Asthma bronchiale. Die Störungen seien geringgradig. Für das Asthma bronchiale betrage der GdB 20, für die Silikose unter 20. Auf seinem Fachgebiet betrage der GdB 20 seit dem 10. Mai 2006.
Der Beklagte hat daraufhin dem Kläger am 12. Oktober 2006 ein Vergleichsangebot dahin unterbreitet, dass der Gesamt-GdB auf 30 (Bronchialasthma, chronische Bronchitis nunmehr Teil-GdB 20 ab 10. Mai 2006) festgesetzt und eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit jeweils ab 10. Mai 2006 bestätigt wird. Dieses Angebot hat der Kläger nicht angenommen.
Der Kläger beantragt zuletzt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 2. April 2004 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 18. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Juli 2003 zu verurteilen den Grad der Behinderung höher als mit 30 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen, soweit sie über das Angebot hinausgeht.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtstreites ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten der ersten und zweiten Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist insgesamt zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Sie ist jedoch nur teilweise begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 30 ab dem 10. Mai 2006.
Der Beklagte wird seit 01.01.2005 wirksam durch das Regierungspräsidium Stuttgart vertreten. Nach § 71 Abs. 5 SGG wird in Angelegenheiten des Schwerbehindertenrechts das Land durch das Landesversorgungsamt oder durch die Stelle, der dessen Aufgaben übertragen worden sind, vertreten. In Baden-Württemberg sind die Aufgaben des Landesversorgungsamts durch Art 2 Abs. 2 des Gesetzes zur Reform der Verwaltungsstruktur, zur Justizreform und zur Erweiterung des kommunalen Handlungsspielraums (Verwaltungsstruktur Reformgesetz -VRG-) vom 01.07.2004 (GBl S. 469) mit Wirkung ab 01.01.2005 (Art 187 VRG) auf das Regierungspräsidium Stuttgart übergegangen.
Gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX stellen auf Antrag des Behinderten die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den daraus resultierenden GdB fest. Materiell-rechtlich sind nach § 2 Abs. 1 SGB IX Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung, nach Zehnergraden abgestuft, festgestellt (§ 69 Abs. 1 Satz 3 SGB IX). Die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe gelten entsprechend (§ 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX), so dass auch hier die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" - Ausgabe 2004 - (AHP) heranzuziehen sind.
Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet (vgl. Nr. 19 Abs. 1 der AHP). In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden (Nr. 19 Abs. 3 der AHP). Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Nr. 19 Abs. 4 der AHP). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5).
Hiervon ausgehend gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass die beim Kläger bestehenden Behinderungen mit einem GdB von 30 ab dem 10. Mai 2006 entsprechend dem Vergleichsangebot des Beklagten angemessen und ausreichend bewertet sind.
Die Gesundheitsstörungen des Klägers im Bereich der Wirbelsäule (Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden und Nervenwurzelreizerscheinungen) bedingen nach den AHP einen Teil-GdB von 20. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund der zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen und den von Dr. W. bei der Begutachtung des Klägers erhobenen Funktionsdaten. Nach den AHP (Nr. 26.18, S. 116) beträgt bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) der GdB 10, bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) der GdB 20, bei schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) der GdB 30 und bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten der GdB 30 - 40. Danach ist beim Kläger wegen seines Wirbelsäulenleidens ein GdB von 20 angemessen und ausreichend. Nach den im Gutachten von Dr. W. bezüglich der Wirbelsäule des Klägers mitgeteilten Funktionsdaten im Bereich der HWS besteht beim Vorneigen/Rückneigen eine endgradige und beim Seitneigen rechts eine schmerzhafte endgradige Bewegungseinschränkung sowie eine schmerzhafte Drehbeweglichkeit. Weiter bestehen Verspannungen im HWS-Bereich. Der Kläger gab in den linken Arm ausstrahlende Schmerzen bis in die Finger sowie eine Hyposensibilität der gesamten Hand bei eingeschränkter Kraft (4/5) beim Faustschluss rechts an. Der Finger-Boden-Abstand betrug 15 cm. Die Beweglichkeit der LWS nach rechts ist hälftig und nach links ca. ein Drittel eingeschränkt. Bei maximaler Flexion sowie Reklination der Wirbelsäule gab der Kläger endgradig Schmerzen an. Dem entsprechen auch die in anderen Befundunterlagen mitgeteilten Funktionsdaten der Wirbelsäule, insbesondere im Reha-Entlassungsbericht der R.klinik (HWS-Beweglichkeit endgradig eingeschränkt; LWS-Beweglichkeit gut; FBA 15 cm; Schulter-, Nacken- und Schürzengriff unauffällig). Diese Funktionseinschränkungen rechtfertigen nach den AHP zur Überzeugung des Senates einen GdB von 20. Sie stellen keine schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt bzw. mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelabschnitten im Sinne der AHP dar. Hiervon geht auch Dr. W. in seinem Gutachten aus. Er bewertet das LWS-Syndrom mit Ischialgien mit einem Teil-GdB von 10, was nach den AHP geringen funktionellen Auswirkungen entspricht. Der Senat folgt der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. F. vom 25. August 2005, die der Senat als sachverständiges Parteivorbringen verwertet, die überzeugend davon ausgeht, dass aufgrund der Funktionswerte der Wirbelsäule am Teil-GdB von 20 festzuhalten ist. Der abweichenden Ansicht von Dr. W., der von einem Teil-GdB von 30 ausgeht, vermag sich der Senat dagegen nicht anzuschließen. Er berücksichtigte bei seiner GdB-Bewertung zusätzlich eine Einschränkung der Schulterbeweglichkeit, die aufgrund der von ihm erhobenen Funktionsdaten nach den AHP allein noch keinen Teil-GdB rechtfertigt, worauf Dr. F. in ihrer Stellungnahme vom 25. August 2005 weiter überzeugend hingewiesen hat. Damit kann beim Kläger allenfalls von bestehenden mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (HWS) ausgegangen werden, die nach den AHP einen GdB von 20 für das Wirbelsäulenorgan rechtfertigen.
Die Atemwegserkrankung des Klägers (chronische Bronchitis, Silikose) rechtfertigt nach den AHP einen bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigenden Teil-GdB von 20 seit dem 10. Mai 2006. Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund des Gutachtens des Dr. K. vom 21. Juni 2006 fest. Nach den von ihm bei der Untersuchung des Klägers erhobenen Befunden bestehen ein leichtgradiges Asthma bronchiale und Silikose, die der Sachverständige in Übereinstimmung mit den AHP mit einem GdB von 20 bewertet. So stellte Dr. K. ein bronchiales Atemgeräusch ohne Anhalt für ein Cor pulmonale fest. Die Blutgaswerte liegen im Normalbereich. Die Lungenfunktion ergab eine leichte Restriktion, eine Obstruktion bestand nicht. Hierfür sehen die AHP (allenfalls) einen GdB von 20 bis 40 vor (Nr. 26.8, Seite 68). Gesichtspunkte, die eine teilweise oder volle Ausschöpfung dieses Rahmens rechtfertigen, sind nicht ersichtlich. Der Senat schließt sich der Bewertung von Dr. K. an. Diese Bewertung gilt ab dem 10. Mai 2006, wie Dr. K. in seinem Gutachten auf der Grundlage der ihm überlassenen Akten festgestellt hat. Anlass hiervon abzuweichen besteht nicht.
Sonstige Behinderungen, die eine Erhöhung des GdB auf über 30 rechtfertigen, bestehen beim Kläger nicht.
Die Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk begründet, wie bereits ausgeführt, nach den AHP für sich noch keinen GdB. Soweit der Beklagte insoweit von einem Teil-GdB von 10 ausgeht, erfolgt dies aufgrund einer Schmerzsymptomatik, wie Dr. F. in ihrer Stellungnahme vom 25. August 2005 ausgeführt hat. Dem entspricht auch die Stellungnahme von Dr. E. vom 30. Oktober 2003 an das SG, der eine GdB-relevante Funktionseinschränkung der Schulter nicht genannt hat. Gesichtspunkte, die dafür sprechen, wegen der bestehenden Schmerzsymp-tomatik einen höheren Teil-GdB anzunehmen, sind nicht ersichtlich.
Entsprechendes gilt hinsichtlich des Knorpelschadens am rechten Knie des Klägers, für den der Beklagte einen Teil-GdB von 10 annimmt. Diese Bewertung wird durch Dr. W. in seinem Gutachten bestätigt. Einen höheren Teil-GdB erachtet auch der Senat für nicht angemessen, da beim Kläger eine seitengleiche freie Beweglichkeit der Kniegelenke besteht, wie Dr. W. bei der Untersuchung des Klägers festgestellt hat. Dem entsprechen auch die hierzu sonst vorliegenden medizinischen Befundunterlagen (insbesondere Reha-Entlassungsbericht der R.klinik).
Auch der beim Kläger im Verlaufe des Verfahrens diagnostizierte Diabetes mellitus Typ II rechtfertigt die Erhöhung des GdB auf über 30 nicht. Nach den Angaben des Klägers im Neufeststellungsantrag vom 2. Mai 2005 erfolgt eine Behandlung durch Diät. Der von Dr. O. in ihrer Stellungnahme an den Senat vom 10. Oktober 2005 mitgeteilte Verdacht einer diabetischen Polyneuropathie ist nach den Befundberichten des Dr. S. vom 17. Juni 2005 und Dr. S. vom 3. März 2005 nicht bestätigt. Zudem bestehen nach den genannten Berichten deswegen beim Kläger keine relevanten Funktionseinbußen. Nach dem Reha-Entlassungsbericht der R.klinik war der Blutzuckerwert in den Tagesprofilen weitgehend unauffällig. Die Labordiagnostik am 10. Dezember 2004 ergab einen HbA1c-Wert von 6,1% und am 13. Juli 2005 von 6,4%, was nach dem Laborbericht einer guten Diabeteseinstellung entspricht. Diese Befunde rechtfertigen nach den AHP (Nr. 26.15, Seite 99) einen Teil-GdB von 10, der nach den dargestellten Grundsätzen zur Bildung des Gesamt-GdB nicht erhöhend zu berücksichtigen ist. Im Übrigen hat sich der Kläger auf seine Diabeteserkrankung zur Begründung seiner Berufung auch nicht substantiiert berufen.
Entsprechendes gilt für das von Dr. O. in ihrer Stellungnahme an den Senat vom 11. Oktober 2005 als neu hinzugetretene Erkrankung mitgeteilte depressive Syndrom des Klägers. Nach dem Befundbericht von Dr. S. vom 03. März 2005 ergab der psychiatrische Befund, dass der Kläger voll orientiert sowie bewusstseinsklar ist. Ein Hinweis auf ein hirnorganisches Psychosyndrom bestand nicht. Nach dem Reha-Entlassungsbericht der R.klinik wirkte der Kläger lediglich psychisch etwas gedrückt, wobei eine weiterführende psychologische Betreuung nicht für erforderlich gehalten wurde. Danach kann beim Kläger allenfalls von leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen ausgegangen werden, für die nach den AHP (Nr. 26.3, Seite 48) ein GdB von 0 bis 20 vorgesehen ist. Diesen Rahmen nach oben auszuschöpfen, besteht nach den dargestellten Befunden kein Anlass, zumal sich der Kläger im Übrigen auf eine psychische Erkrankung zur Begründung seiner Berufung nicht substantiiert berufen hat.
Der Ansicht von Dr. O. in ihrer Stellungnahme vom 11. Oktober 2005, beim Kläger ergebe sich ein GdB von mindestens 50, auf die sich der Kläger zur Fortführung seiner Berufung beruft, kann nicht gefolgt werden. Ihrer Stellungnahme lassen sich über das oben Ausgeführte hinaus keine neuen Gesichtspunkte entnehmen, die ihre GdB-Bewertung plausibel machen.
Beim Kläger sind seit dem 10. Mai 2006 unstreitig die Voraussetzungen für eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz erfüllt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass der Beklagte auf die im Gutachten von Dr. K. festgestellte neue Befundlage hinsichtlich der Atemwegserkrankung des Klägers durch ein sofortiges, der Sach- und Rechtslage entsprechendes Angebot reagiert hat, weshalb es nicht sachgerecht ist, ihm außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens ganz oder teilweise aufzuerlegen.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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