Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 2 U 21/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 B 233/06 U ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 24. Juli 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zum Geschäftszeichen des Sozialgerichts Potsdam S 2 U 68/06.
Die Antragsgegnerin zahlte an die Antragstellerin Verletztengeld aus Anlass der Folgen eines anerkannten Arbeitsunfalls vom 03. März 2003. Durch Bescheid vom 31. Januar 2005 hat die Antragsgegnerin die Zahlung von Verletztengeld mit Ablauf des Tages der Zustellung des Bescheides eingestellt. Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, gemäß § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) ende das Verletztengeld, wenn mit Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen sei und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen seien. Seit dem Arbeitsunfall bestehe durchgehend Arbeitsunfähigkeit. Vom behandelnden Arzt Dr. K sei letztmalig mit Schreiben vom 29. Dezember 2004 festgestellt worden, dass die Tätigkeit in der Buchhaltung im Evangelischen Krankenhaus L nicht mehr wettbewerbsvollschichtig ausgeführt werden könne, da die Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft seien und in den Unfallfolgen ein Beharrungszustand eingetreten sei. Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne des SGB IX seien im Hinblick auf das Alter und die bevorstehende Altersberentung nicht angezeigt. Somit ende das Verletztengeld mit Zustellung des vorliegenden Verwaltungsaktes. Zuvor war der Antragstellerin Gelegenheit zur Anhörung mit Fristsetzung bis 01. Februar 2005 gegeben worden.
Am 12. Januar 2005 war bei der Antragsgegnerin eine Mitteilung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eingegangen, worin die Gewährung einer Rente wegen Altersrente für Frauen (Vollrente) an die Antragstellerin für die Zeit ab 01. September 2004 und deren laufende Zahlung seit 1. Februar 2005 bekannt gegeben worden war.
Durch Widerspruchsbescheid vom 07. April 2005 hat die Antragsgegnerin den gegen den Bescheid vom 31. Januar 2005 gerichteten Widerspruch der Antragstellerin zurückgewiesen. Insbesondere wurde zur Begründung ausgeführt, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben kämen aufgrund des Alters nicht in Betracht. Die Erkenntnis, dass mit dem Wiedereintritt der Arbeitfähigkeit nicht zu rechnen sei, und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ausschieden, habe mit dem Eingang des Schreibens von Dr. K vom 29. Dezember 2004 objektiv vorgelegen. Bei Würdigung des gesamten Heilverfahrens sowie der erbrachten ärztlichen Leistungen und der zur Anwendung gebrachten Hilfsmittel sei der Vorwurf der unsubstantiierten Prognose des behandelnden Arztes nicht zu teilen. Sämtliche Maßnahmen zur Behandlung hätten zu keiner dauerhaften Besserung geführt. Nach fachärztlicher Einschätzung seien alle medizinischen Maßnahmen ausgereizt. Es sei davon auszugehen, dass durch weitere medizinische Maßnahmen keine wesentliche, nachhaltige Besserung der Gesundheitsstörungen mehr zu erreichen sei. Ab 03. Januar 2005 sei danach ein Beharrungszustand in den Unfallfolgen eingetreten. Gemäß § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VII ende damit der Anspruch auf Verletztengeld.
Mit der am 06. Mai 2005 beim Sozialgericht (SG) Potsdam eingegangenen Klage (Az.: S 2 U 68/05) hat die Antragstellerin die Aufhebung des Bescheides vom 31.Januar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. April 2005 und Weiterzahlung des Verletztengeldes über den 01. Februar 2005 hinaus weiterverfolgt. Zur Begründung hat sie sich auf die formelle und materielle Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide bezogen. Insbesondere habe die Antragsgegnerin vor Ablauf der Anhörungsfrist der Antragstellerin entschieden. Angesichts dieses gewollten Rechtsbruches der Antragsgegnerin komme eine Heilung des Anhörungsfehlers nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ((BSG) B 4 RA 43/01 R, 5 RknU 6/79) nicht in Betracht. Insbesondere sei eine Prüfung durch den einzig zuständigen Widerspruchsausschuss nicht erfolgt.
Mit Schreiben vom 14. Oktober 2005 hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin mitgeteilt, dass sie die mit Anhörungsschreiben vom 11. Januar 2005 zur Einstellung des Verletztengeldes gesetzte Frist nicht eingehalten habe. Hierbei handele es sich um einen Verfahrensfehler, der gemäß § 41 SGB X geheilt werde, indem in dem laufenden sozialgerichtlichen Verfahren die Anhörung nachgeholt werde. Nach § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VII ende das Verletztengeld, wenn mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen sei und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen seien, mit Ablauf der 78. Woche, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Am 03. März 2003 sei die Antragstellerin auf dem Weg zur Arbeit gestürzt und habe einen Schenkelhalsbruch erlitten. Seit diesem Zeitpunkt bestehe durchgängig Arbeitsunfähigkeit. Vom behandelnden Arzt Dr. K sei letztmalig mit Schreiben vom 29. Dezember 2004 festgestellt worden, dass die Tätigkeit der Buchhaltung im Evangelischen Krankenhaus L nicht mehr wettbewerbsfähig vollschichtig ausgeführt werden könne, da die Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft seien und in den Unfallfolgen ein Beharrungszustand eingetreten sei. Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne des SGB IX seien im Hinblick auf das Alter und vorstehende Altersberentung nicht angezeigt. Das Verletztengeld ende somit mit Zustellung des entsprechenden Verwaltungsaktes, der nach Ablauf der Anhörungsfrist zugehen werde. Gelegenheit zur Äußerung binnen drei Wochen wurde eingeräumt.
Durch Bescheid vom 08. Dezember 2005 hat die Antragsgegnerin die Zahlung von Verletztengeld mit Ablauf des 01. Februar 2005 eingestellt. Zur Begründung wurde ausgeführt, gemäß § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII ende das Verletztengeld, wenn mit Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen sei und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen seien, mit Ablauf der 78. Woche, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Am 03. März 2003 sei die Antragstellerin auf dem Weg zur Arbeit gestürzt und habe einen Schenkelhalsbruch rechts erlitten. Seit diesem Zeitpunkt bestehe durchgehend Arbeitsunfähigkeit. Vom behandelnden Arzt Dr. K sei letztmalig mit Schreiben vom 29. Dezember 2004 festgestellt worden, dass die Tätigkeit in der Buchhaltung im Evangelischen Krankenhaus L nicht mehr wettbewerbsfähig vollschichtig ausgeführt werden könne, da die Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft und in den Unfallfolgen ein Beharrungszustand eingetreten sei. Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne des SGB IX seien im Hinblick auf den Bezug von Altersrente nicht angezeigt. Mit Verwaltungsakt vom 31. Januar 2005 sei die Zahlung des Verletztengeldes eingestellt worden. Im Rahmen des anhängigen Klageverfahrens sei mit Datum vom 14. Oktober 2005 die Anhörung gemäß § 41 SGB X nachgeholt worden. Die Entscheidung über die Einstellung des Verletztengeldes zum 01. Februar 2005 habe daher weiter Bestand.
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 19.12.2005 erstinstanzlich beim Sozialgericht Potsdam beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen (Az.: S 2 U 21/06 ER). Sie hat insbesondere zur Begründung vorgetragen, der Verwaltungsakt vom 31. Januar 2005 sei mit Verwaltungsakt vom 08. Dezember 2005 aufgehoben worden und sei im Übrigen aus formellen und materiellen Gründen rechtswidrig. Das Verletztengeld sei nicht durch Verwaltungsakt eingestellt worden, obwohl der Erlass eines solchen Verwaltungsaktes die zwingende Voraussetzung dafür sei. In beiden Verwaltungsakten habe die Antragsgegnerin ihr Ermessen nicht erkannt und damit auch nicht ausgeübt. Sie habe nach ihrem Vortrag nur deklaratorisch Verwaltungsakte erlassen wollen und habe mithin überhaupt nicht über das Ende des Verletztengeldes oder die Beurteilung der Frage nach dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit entscheiden wollen. Sowohl die Beurteilung der Frage nach dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit als auch die auf einer solchen Beurteilung basierende Einstellung des Verletztengeldes seien jedoch Ermessensentscheidungen. Der Ermessensnichtgebrauch allein begründe als Ermessensfehler die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes. Die Anhörungsfehler seien nicht heilbar. Nachdem der Ermessensnichtgebrauch durch die Antragsgegnerin eingeräumt worden sei, sei die Rechtswidrigkeit der Verwaltungsakte offensichtlich. Rechtsgrundlage für die beantragte Anordnung sei § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG.
Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen. Sie hat unter anderem vorgetragen, der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zur Sicherung des Lebensunterhalts sei abzulehnen. Der Bezug der Vollrente wegen Alters sei bei der Antragstellerin mit der endgültigen Aufgabe ihrer Erwerbstätigkeit und der daraus resultierenden Einnahmequelle verbunden. Das Verletztengeld könne also seine Entgeltersatzfunktion ab dem Zeitpunkt des Bezugs der Vollrente wegen Alters nicht mehr erfüllen. Mit dem Eintritt in den Ruhestand gebe es keinen Ausfall von Arbeitsentgelt mehr, der durch Verletztengeld auszugleichen sei. Die wirtschaftliche Sicherung der Antragstellerin übernehme ab dem Zeitpunkt ihres Bezuges die Altersrente. Eine wirtschaftliche Notlage bestehe danach nach Ansicht der Antragsgegnerin nicht. Nach den vorliegenden medizinischen Befunden sei eindeutig davon auszugehen, dass in den Unfallfolgen ein Beharrungszustand eingetreten sei und demzufolge auch kein Verletztengeld über den 01. Februar 2005 hinaus mehr zu zahlen sei.
Mit dem am 02. Juni 2006 zum Aktenzeichen S 2 U 68/05 verkündeten Urteil hat das SG Potsdam die Klage in der Hauptsache abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der angefochtene Bescheid leide unter keinen formellen Mängeln. Der Anhörungsfehler sei geheilt worden, die Beklagte habe mit Durchführung des Widerspruchsverfahrens den Anhörungsfehler korrigiert. Insoweit habe es keiner weiteren Anhörung bedurft. Die Kammer teile nicht die Auffassung der Klägerin, dass ein gewollter Rechtsverstoß oder ein Organisationsverschulden der Beklagten vorliege, welches eine Heilung des Anhörungsfehlers von vornherein ausgeschlossen hätte. Selbst wenn die Kammer der Auffassung des Bundessozialgerichts zur Frage der Heilungsmöglichkeiten folgte, lägen diese Voraussetzungen nicht vor. Der Verwaltungsakt leide auch nicht an materiell-rechtlichen Fehlern. Die Voraussetzungen für die Beendigung der Zahlung von Verletztengeld hätten zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung vorgelegen. Insbesondere habe die Beklagte aufgrund der Umstände im Wege einer prognostischen Entscheidung - und nicht wie die Klägerin meine, im Rahmen einer Ermessensentscheidung - von einem Nichtwiedereintritt der Arbeitsfähigkeit ausgehen dürfen. Die Beklagte habe ihre Prognoseentscheidung auf die Feststellungen des behandelnden Arztes Dr. K gestützt. Der im Klageverfahren erlassene Bescheid vom 08. Dezember 2005 sei als wiederholender Verwaltungsakt ohne eigenständigen Regelungsgehalt zu beurteilen.
Durch Beschluss vom 24. Juli 2006 hat das SG Potsdam den Antrag auf aufschiebende Wirkung der Klage abgelehnt. Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, der nach § 86 a Abs. 2 Nr. 3 SGG zulässige Antrag sei unbegründet. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klageerhebung setze eine Güterabwägung zwischen dem privaten Aussetzungsinteresse und dem öffentlichen Interesse an dem Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes voraus. Die gesetzgeberische Entscheidung, der Anfechtungsklage bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen, keine aufschiebende Wirkung beizumessen, sei bei der Güterabwägung in der Weise zu berücksichtigen, dass der Sofortvollzug eines solchen Verwaltungsaktes im Klageverfahren die Regel sei und das Privatinteresse an einer Verschonung von den Rechtsfolgen eines solchen Verwaltungsaktes nur die Ausnahme sei. Bei der Bemessung und Abschätzung des privaten Interesses seien die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin insbesondere die Gesichtspunkte einer unbilligen Härte aber auch des Verhaltens der Behörde im Vorfeld, der Grundrechtsbezug und maßgeblich der Erfolgsaussichten der Klage zu berücksichtigen. Hiervon ausgehend sei kein Ausnahmefall zu erkennen. Die Antragstellerin beziehe Altersrente und sei auf Zahlung des Verletztengeldes nicht angewiesen. Der Antragsgegnerin könne für das vorliegende Verwaltungsverfahren kein Vorwurf gemacht werden. Die Klage habe ausweislich der Entscheidungsgründe zum Urteil vom 02. Juni 2006 keinen Erfolg gehabt. Eine Auszahlung des Verletztengeldes rückwirkend ab März 2005 wäre nicht zuletzt mit Blick auf die materiell-rechtliche Vorschrift des § 46 Abs. 3 Ziffer 3, welche im Regelfall einen längstmöglichen Bezug von Verletztengeld von eineinhalb Jahren vorsehe, unbillig.
Gegen den dem Bevollmächtigten der Klägerin am 26. Juli 2006 zugestellten Beschluss richtet sich die am 17. August 2006 beim SG Potsdam eingegangene Beschwerde. Zur Begründung wurde insbesondere vorgetragen, von einem ganz überwiegenden Erfolg der Hauptsache sei auszugehen, soweit man der Rechtsprechung von Bundessozialgericht und Landessozialgericht folge.
Das Versehen des Sachbearbeiters bei der Anhörung sei als Organisationsverschulden zu werten mit der Folge fehlender Heilbarkeit. In der Durchführung des Widerspruchsverfahrens liege keine wirksame Nachholung der Anhörung. Die Antragsgegnerin habe mit keinem Verwaltungsakt die Feststellung getroffen, dass mit Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen sei. Allein wegen dieses Ermessennichtsgebrauchs sei der Bescheid aufzuheben. Bei richtiger Würdigung des medizinischen Sachverhalts hätte die Beklagte eine Erfolg versprechende Behandlung letztlich in Form endoprothetischer Versorgung anregen müssen. Bei Einleitung solcher Behandlung wäre sehr wohl mit Wiedereintritt von Arbeitsfähigkeit zu rechnen gewesen.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des SG Potsdam vom 24. Juli 2006 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage zu Az. S 2 U 68/05 des SG Potsdam anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf den Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren. Insbesondere könne ihr ein Rechtsbruch nicht vorgeworfen werden. Der Verwaltungsakt sei schlicht und einfach einen Tag zu früh abgesandt worden. Hieran ändere nichts, dass er bereits am 26. Januar 2005 entworfen bzw. vorgefertigt worden sei. Er sei nicht an jenem Tag, sondern erst am 31. Januar 2005 abgesandt worden. Die Entwurffertigung sei allein aus verwaltungsökonomischen Gründen im Rahmen des Beschleunigungsgrundsatzes erfolgt. Insoweit sei die Heilung des Anhörungsfehlers im Verwaltungsverfahren in folgenden Instanzen möglich und wirksam.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten und den der Gerichtsakten zu den Geschäftszeichen L 27 B 233/06 U ER und L 27 U 226/06. Sie haben dem Senat bei seiner Beschlussfassung vorgelegen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Beschluss des SG ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage war nicht anzuordnen. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG.
Die aufschiebende Wirkung entfällt im vorliegenden Fall gemäß § 86 a Abs. 2 Nr. 3 SGG für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen. Letzteres ist hier erfolgt. Insoweit war hier die beantragte Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGG zu prüfen.
Eine Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verwaltungsentscheidung bestehen (arg. § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG; Conrades in Lehrbuch Praxis Kommentar (LPK) SGB II § 39 Rz. 11). Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung bestehen nur, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs der Hauptsache wahrscheinlicher als dessen Misserfolg ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 86 a Rz. 27 m.w.N.). Dies ist auch unter Berücksichtigung der in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren zu stellenden Anforderungen an die Sachaufklärung bei nur summarischer Prüfung hier nicht zu bejahen.
Formelle Gründe, die ein Obsiegen der Antragstellerin in der Hauptsache wahrscheinlicher machen als ein Unterliegen ergeben sich bei summarischer Prüfung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht. Dahinstehen kann, ob bereits im Verwaltungsverfahren oder während des laufenden Klageverfahrens eine Heilung des Anhörungsmangels erfolgt ist oder ob die Antragsgegnerin von ihrer Kompetenz Gebrauch gemacht hat, den mangels Anhörung fehlerhaften Verwaltungsakt aufzuheben und ihn durch einen neuen zu ersetzen. Für jede dieser Lösungen ergibt die summarische Prüfung Argumente. Eine Heilung des Anhörungsmangels dürfte hier auch unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin zitierten Rechtsprechung des BSG grundsätzlich zulässig sein. Insoweit hat das SG hinreichend begründet, dass sich die vom BSG geforderten Voraussetzungen, unter denen eine Heilung des Anhörungsmangels nicht in Betracht kommt, hier nicht feststellen lassen.
Bei summarischer Prüfung ist die Einstellung der Zahlung von Verletztengeld nach dem Sachverhalt, der in den angefochtenen Bescheiden zugrunde gelegt wird, und zu dem der Antragstellerin Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist, auch begründet.
Gemäß § 46 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) endet das Verletztengeld, wenn mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen ist und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen sind. Die Antragsgegnerin hat diese Voraussetzungen aufgrund einer Prognoseentscheidung festgestellt und durch Verwaltungsakt das Ende des Verletztengeldanspruchs festgestellt. Insbesondere hat sie eine entsprechende Prognoseentscheidung, dass mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen sei, in den angefochtenen Bescheiden getroffen. Zwar hat sie dies nicht ausdrücklich vom Wortlaut her erwähnt. Jedoch ergibt dies die Auslegung der Bescheide nach der Erkenntnismöglichkeit eines objektiven verständigen Erklärungsempfängers. Die Antragsgegnerin hat im Bescheid vom 31. Januar 2005 erkennbar die von ihr zu treffende Prognoseentscheidung getroffen, indem sie den gesetzlichen Wortlaut dargestellt und sich hinsichtlich der Prognose, dass mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen sei, auf die Ausführungen von Dr. K bezogen und ausgeführt hat, dieser habe die Auffassung vertreten, es sei ein "Beharrungszustand eingetreten", Arbeitsfähigkeit im bisherigen Beruf sei nicht gegeben.
Im Widerspruchsbescheid vom 07. April 2005 hat die Antragsgegnerin zusätzlich ausdrücklich ausgeführt: "Die Erkenntnis, dass mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht mehr zu rechnen ist und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ausscheiden, lag mit dem Eingang des Schreibens von Dr. K vom 29.12.2004 objektiv vor ".
Rechtlich unerheblich ist insoweit, ob die Antragsgegnerin eine einmalige Bewilligungsentscheidung getroffen hatte. Jedenfalls hat sie den Verletztengeldanspruch nach § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII durch Verwaltungsakt aufgrund der Prognoseentscheidung festgestellt.
Dass die Prognoseentscheidung aus medizinischer Sicht zweifelhaft ist, erschließt sich allein bei summarischer Prüfung im Verfahren nicht. Insoweit sind im Urteil des SG entsprechende Ausführungen gemacht worden. Dies schließt eine Prüfung medizinischer Beweiserhebung im Hauptsacheverfahren nicht aus.
Nach allem konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten worden, § 177 SGG.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zum Geschäftszeichen des Sozialgerichts Potsdam S 2 U 68/06.
Die Antragsgegnerin zahlte an die Antragstellerin Verletztengeld aus Anlass der Folgen eines anerkannten Arbeitsunfalls vom 03. März 2003. Durch Bescheid vom 31. Januar 2005 hat die Antragsgegnerin die Zahlung von Verletztengeld mit Ablauf des Tages der Zustellung des Bescheides eingestellt. Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, gemäß § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) ende das Verletztengeld, wenn mit Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen sei und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen seien. Seit dem Arbeitsunfall bestehe durchgehend Arbeitsunfähigkeit. Vom behandelnden Arzt Dr. K sei letztmalig mit Schreiben vom 29. Dezember 2004 festgestellt worden, dass die Tätigkeit in der Buchhaltung im Evangelischen Krankenhaus L nicht mehr wettbewerbsvollschichtig ausgeführt werden könne, da die Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft seien und in den Unfallfolgen ein Beharrungszustand eingetreten sei. Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne des SGB IX seien im Hinblick auf das Alter und die bevorstehende Altersberentung nicht angezeigt. Somit ende das Verletztengeld mit Zustellung des vorliegenden Verwaltungsaktes. Zuvor war der Antragstellerin Gelegenheit zur Anhörung mit Fristsetzung bis 01. Februar 2005 gegeben worden.
Am 12. Januar 2005 war bei der Antragsgegnerin eine Mitteilung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eingegangen, worin die Gewährung einer Rente wegen Altersrente für Frauen (Vollrente) an die Antragstellerin für die Zeit ab 01. September 2004 und deren laufende Zahlung seit 1. Februar 2005 bekannt gegeben worden war.
Durch Widerspruchsbescheid vom 07. April 2005 hat die Antragsgegnerin den gegen den Bescheid vom 31. Januar 2005 gerichteten Widerspruch der Antragstellerin zurückgewiesen. Insbesondere wurde zur Begründung ausgeführt, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben kämen aufgrund des Alters nicht in Betracht. Die Erkenntnis, dass mit dem Wiedereintritt der Arbeitfähigkeit nicht zu rechnen sei, und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ausschieden, habe mit dem Eingang des Schreibens von Dr. K vom 29. Dezember 2004 objektiv vorgelegen. Bei Würdigung des gesamten Heilverfahrens sowie der erbrachten ärztlichen Leistungen und der zur Anwendung gebrachten Hilfsmittel sei der Vorwurf der unsubstantiierten Prognose des behandelnden Arztes nicht zu teilen. Sämtliche Maßnahmen zur Behandlung hätten zu keiner dauerhaften Besserung geführt. Nach fachärztlicher Einschätzung seien alle medizinischen Maßnahmen ausgereizt. Es sei davon auszugehen, dass durch weitere medizinische Maßnahmen keine wesentliche, nachhaltige Besserung der Gesundheitsstörungen mehr zu erreichen sei. Ab 03. Januar 2005 sei danach ein Beharrungszustand in den Unfallfolgen eingetreten. Gemäß § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VII ende damit der Anspruch auf Verletztengeld.
Mit der am 06. Mai 2005 beim Sozialgericht (SG) Potsdam eingegangenen Klage (Az.: S 2 U 68/05) hat die Antragstellerin die Aufhebung des Bescheides vom 31.Januar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. April 2005 und Weiterzahlung des Verletztengeldes über den 01. Februar 2005 hinaus weiterverfolgt. Zur Begründung hat sie sich auf die formelle und materielle Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide bezogen. Insbesondere habe die Antragsgegnerin vor Ablauf der Anhörungsfrist der Antragstellerin entschieden. Angesichts dieses gewollten Rechtsbruches der Antragsgegnerin komme eine Heilung des Anhörungsfehlers nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ((BSG) B 4 RA 43/01 R, 5 RknU 6/79) nicht in Betracht. Insbesondere sei eine Prüfung durch den einzig zuständigen Widerspruchsausschuss nicht erfolgt.
Mit Schreiben vom 14. Oktober 2005 hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin mitgeteilt, dass sie die mit Anhörungsschreiben vom 11. Januar 2005 zur Einstellung des Verletztengeldes gesetzte Frist nicht eingehalten habe. Hierbei handele es sich um einen Verfahrensfehler, der gemäß § 41 SGB X geheilt werde, indem in dem laufenden sozialgerichtlichen Verfahren die Anhörung nachgeholt werde. Nach § 46 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VII ende das Verletztengeld, wenn mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen sei und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen seien, mit Ablauf der 78. Woche, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Am 03. März 2003 sei die Antragstellerin auf dem Weg zur Arbeit gestürzt und habe einen Schenkelhalsbruch erlitten. Seit diesem Zeitpunkt bestehe durchgängig Arbeitsunfähigkeit. Vom behandelnden Arzt Dr. K sei letztmalig mit Schreiben vom 29. Dezember 2004 festgestellt worden, dass die Tätigkeit der Buchhaltung im Evangelischen Krankenhaus L nicht mehr wettbewerbsfähig vollschichtig ausgeführt werden könne, da die Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft seien und in den Unfallfolgen ein Beharrungszustand eingetreten sei. Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne des SGB IX seien im Hinblick auf das Alter und vorstehende Altersberentung nicht angezeigt. Das Verletztengeld ende somit mit Zustellung des entsprechenden Verwaltungsaktes, der nach Ablauf der Anhörungsfrist zugehen werde. Gelegenheit zur Äußerung binnen drei Wochen wurde eingeräumt.
Durch Bescheid vom 08. Dezember 2005 hat die Antragsgegnerin die Zahlung von Verletztengeld mit Ablauf des 01. Februar 2005 eingestellt. Zur Begründung wurde ausgeführt, gemäß § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII ende das Verletztengeld, wenn mit Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen sei und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen seien, mit Ablauf der 78. Woche, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Am 03. März 2003 sei die Antragstellerin auf dem Weg zur Arbeit gestürzt und habe einen Schenkelhalsbruch rechts erlitten. Seit diesem Zeitpunkt bestehe durchgehend Arbeitsunfähigkeit. Vom behandelnden Arzt Dr. K sei letztmalig mit Schreiben vom 29. Dezember 2004 festgestellt worden, dass die Tätigkeit in der Buchhaltung im Evangelischen Krankenhaus L nicht mehr wettbewerbsfähig vollschichtig ausgeführt werden könne, da die Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft und in den Unfallfolgen ein Beharrungszustand eingetreten sei. Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne des SGB IX seien im Hinblick auf den Bezug von Altersrente nicht angezeigt. Mit Verwaltungsakt vom 31. Januar 2005 sei die Zahlung des Verletztengeldes eingestellt worden. Im Rahmen des anhängigen Klageverfahrens sei mit Datum vom 14. Oktober 2005 die Anhörung gemäß § 41 SGB X nachgeholt worden. Die Entscheidung über die Einstellung des Verletztengeldes zum 01. Februar 2005 habe daher weiter Bestand.
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 19.12.2005 erstinstanzlich beim Sozialgericht Potsdam beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen (Az.: S 2 U 21/06 ER). Sie hat insbesondere zur Begründung vorgetragen, der Verwaltungsakt vom 31. Januar 2005 sei mit Verwaltungsakt vom 08. Dezember 2005 aufgehoben worden und sei im Übrigen aus formellen und materiellen Gründen rechtswidrig. Das Verletztengeld sei nicht durch Verwaltungsakt eingestellt worden, obwohl der Erlass eines solchen Verwaltungsaktes die zwingende Voraussetzung dafür sei. In beiden Verwaltungsakten habe die Antragsgegnerin ihr Ermessen nicht erkannt und damit auch nicht ausgeübt. Sie habe nach ihrem Vortrag nur deklaratorisch Verwaltungsakte erlassen wollen und habe mithin überhaupt nicht über das Ende des Verletztengeldes oder die Beurteilung der Frage nach dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit entscheiden wollen. Sowohl die Beurteilung der Frage nach dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit als auch die auf einer solchen Beurteilung basierende Einstellung des Verletztengeldes seien jedoch Ermessensentscheidungen. Der Ermessensnichtgebrauch allein begründe als Ermessensfehler die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes. Die Anhörungsfehler seien nicht heilbar. Nachdem der Ermessensnichtgebrauch durch die Antragsgegnerin eingeräumt worden sei, sei die Rechtswidrigkeit der Verwaltungsakte offensichtlich. Rechtsgrundlage für die beantragte Anordnung sei § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG.
Die Antragsgegnerin hat beantragt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen. Sie hat unter anderem vorgetragen, der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zur Sicherung des Lebensunterhalts sei abzulehnen. Der Bezug der Vollrente wegen Alters sei bei der Antragstellerin mit der endgültigen Aufgabe ihrer Erwerbstätigkeit und der daraus resultierenden Einnahmequelle verbunden. Das Verletztengeld könne also seine Entgeltersatzfunktion ab dem Zeitpunkt des Bezugs der Vollrente wegen Alters nicht mehr erfüllen. Mit dem Eintritt in den Ruhestand gebe es keinen Ausfall von Arbeitsentgelt mehr, der durch Verletztengeld auszugleichen sei. Die wirtschaftliche Sicherung der Antragstellerin übernehme ab dem Zeitpunkt ihres Bezuges die Altersrente. Eine wirtschaftliche Notlage bestehe danach nach Ansicht der Antragsgegnerin nicht. Nach den vorliegenden medizinischen Befunden sei eindeutig davon auszugehen, dass in den Unfallfolgen ein Beharrungszustand eingetreten sei und demzufolge auch kein Verletztengeld über den 01. Februar 2005 hinaus mehr zu zahlen sei.
Mit dem am 02. Juni 2006 zum Aktenzeichen S 2 U 68/05 verkündeten Urteil hat das SG Potsdam die Klage in der Hauptsache abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der angefochtene Bescheid leide unter keinen formellen Mängeln. Der Anhörungsfehler sei geheilt worden, die Beklagte habe mit Durchführung des Widerspruchsverfahrens den Anhörungsfehler korrigiert. Insoweit habe es keiner weiteren Anhörung bedurft. Die Kammer teile nicht die Auffassung der Klägerin, dass ein gewollter Rechtsverstoß oder ein Organisationsverschulden der Beklagten vorliege, welches eine Heilung des Anhörungsfehlers von vornherein ausgeschlossen hätte. Selbst wenn die Kammer der Auffassung des Bundessozialgerichts zur Frage der Heilungsmöglichkeiten folgte, lägen diese Voraussetzungen nicht vor. Der Verwaltungsakt leide auch nicht an materiell-rechtlichen Fehlern. Die Voraussetzungen für die Beendigung der Zahlung von Verletztengeld hätten zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung vorgelegen. Insbesondere habe die Beklagte aufgrund der Umstände im Wege einer prognostischen Entscheidung - und nicht wie die Klägerin meine, im Rahmen einer Ermessensentscheidung - von einem Nichtwiedereintritt der Arbeitsfähigkeit ausgehen dürfen. Die Beklagte habe ihre Prognoseentscheidung auf die Feststellungen des behandelnden Arztes Dr. K gestützt. Der im Klageverfahren erlassene Bescheid vom 08. Dezember 2005 sei als wiederholender Verwaltungsakt ohne eigenständigen Regelungsgehalt zu beurteilen.
Durch Beschluss vom 24. Juli 2006 hat das SG Potsdam den Antrag auf aufschiebende Wirkung der Klage abgelehnt. Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, der nach § 86 a Abs. 2 Nr. 3 SGG zulässige Antrag sei unbegründet. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klageerhebung setze eine Güterabwägung zwischen dem privaten Aussetzungsinteresse und dem öffentlichen Interesse an dem Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes voraus. Die gesetzgeberische Entscheidung, der Anfechtungsklage bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen, keine aufschiebende Wirkung beizumessen, sei bei der Güterabwägung in der Weise zu berücksichtigen, dass der Sofortvollzug eines solchen Verwaltungsaktes im Klageverfahren die Regel sei und das Privatinteresse an einer Verschonung von den Rechtsfolgen eines solchen Verwaltungsaktes nur die Ausnahme sei. Bei der Bemessung und Abschätzung des privaten Interesses seien die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin insbesondere die Gesichtspunkte einer unbilligen Härte aber auch des Verhaltens der Behörde im Vorfeld, der Grundrechtsbezug und maßgeblich der Erfolgsaussichten der Klage zu berücksichtigen. Hiervon ausgehend sei kein Ausnahmefall zu erkennen. Die Antragstellerin beziehe Altersrente und sei auf Zahlung des Verletztengeldes nicht angewiesen. Der Antragsgegnerin könne für das vorliegende Verwaltungsverfahren kein Vorwurf gemacht werden. Die Klage habe ausweislich der Entscheidungsgründe zum Urteil vom 02. Juni 2006 keinen Erfolg gehabt. Eine Auszahlung des Verletztengeldes rückwirkend ab März 2005 wäre nicht zuletzt mit Blick auf die materiell-rechtliche Vorschrift des § 46 Abs. 3 Ziffer 3, welche im Regelfall einen längstmöglichen Bezug von Verletztengeld von eineinhalb Jahren vorsehe, unbillig.
Gegen den dem Bevollmächtigten der Klägerin am 26. Juli 2006 zugestellten Beschluss richtet sich die am 17. August 2006 beim SG Potsdam eingegangene Beschwerde. Zur Begründung wurde insbesondere vorgetragen, von einem ganz überwiegenden Erfolg der Hauptsache sei auszugehen, soweit man der Rechtsprechung von Bundessozialgericht und Landessozialgericht folge.
Das Versehen des Sachbearbeiters bei der Anhörung sei als Organisationsverschulden zu werten mit der Folge fehlender Heilbarkeit. In der Durchführung des Widerspruchsverfahrens liege keine wirksame Nachholung der Anhörung. Die Antragsgegnerin habe mit keinem Verwaltungsakt die Feststellung getroffen, dass mit Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen sei. Allein wegen dieses Ermessennichtsgebrauchs sei der Bescheid aufzuheben. Bei richtiger Würdigung des medizinischen Sachverhalts hätte die Beklagte eine Erfolg versprechende Behandlung letztlich in Form endoprothetischer Versorgung anregen müssen. Bei Einleitung solcher Behandlung wäre sehr wohl mit Wiedereintritt von Arbeitsfähigkeit zu rechnen gewesen.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des SG Potsdam vom 24. Juli 2006 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage zu Az. S 2 U 68/05 des SG Potsdam anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf den Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren. Insbesondere könne ihr ein Rechtsbruch nicht vorgeworfen werden. Der Verwaltungsakt sei schlicht und einfach einen Tag zu früh abgesandt worden. Hieran ändere nichts, dass er bereits am 26. Januar 2005 entworfen bzw. vorgefertigt worden sei. Er sei nicht an jenem Tag, sondern erst am 31. Januar 2005 abgesandt worden. Die Entwurffertigung sei allein aus verwaltungsökonomischen Gründen im Rahmen des Beschleunigungsgrundsatzes erfolgt. Insoweit sei die Heilung des Anhörungsfehlers im Verwaltungsverfahren in folgenden Instanzen möglich und wirksam.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten und den der Gerichtsakten zu den Geschäftszeichen L 27 B 233/06 U ER und L 27 U 226/06. Sie haben dem Senat bei seiner Beschlussfassung vorgelegen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Beschluss des SG ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage war nicht anzuordnen. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG.
Die aufschiebende Wirkung entfällt im vorliegenden Fall gemäß § 86 a Abs. 2 Nr. 3 SGG für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen. Letzteres ist hier erfolgt. Insoweit war hier die beantragte Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGG zu prüfen.
Eine Aussetzung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Verwaltungsentscheidung bestehen (arg. § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG; Conrades in Lehrbuch Praxis Kommentar (LPK) SGB II § 39 Rz. 11). Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung bestehen nur, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs der Hauptsache wahrscheinlicher als dessen Misserfolg ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 86 a Rz. 27 m.w.N.). Dies ist auch unter Berücksichtigung der in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren zu stellenden Anforderungen an die Sachaufklärung bei nur summarischer Prüfung hier nicht zu bejahen.
Formelle Gründe, die ein Obsiegen der Antragstellerin in der Hauptsache wahrscheinlicher machen als ein Unterliegen ergeben sich bei summarischer Prüfung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht. Dahinstehen kann, ob bereits im Verwaltungsverfahren oder während des laufenden Klageverfahrens eine Heilung des Anhörungsmangels erfolgt ist oder ob die Antragsgegnerin von ihrer Kompetenz Gebrauch gemacht hat, den mangels Anhörung fehlerhaften Verwaltungsakt aufzuheben und ihn durch einen neuen zu ersetzen. Für jede dieser Lösungen ergibt die summarische Prüfung Argumente. Eine Heilung des Anhörungsmangels dürfte hier auch unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin zitierten Rechtsprechung des BSG grundsätzlich zulässig sein. Insoweit hat das SG hinreichend begründet, dass sich die vom BSG geforderten Voraussetzungen, unter denen eine Heilung des Anhörungsmangels nicht in Betracht kommt, hier nicht feststellen lassen.
Bei summarischer Prüfung ist die Einstellung der Zahlung von Verletztengeld nach dem Sachverhalt, der in den angefochtenen Bescheiden zugrunde gelegt wird, und zu dem der Antragstellerin Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist, auch begründet.
Gemäß § 46 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) endet das Verletztengeld, wenn mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen ist und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erbringen sind. Die Antragsgegnerin hat diese Voraussetzungen aufgrund einer Prognoseentscheidung festgestellt und durch Verwaltungsakt das Ende des Verletztengeldanspruchs festgestellt. Insbesondere hat sie eine entsprechende Prognoseentscheidung, dass mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen sei, in den angefochtenen Bescheiden getroffen. Zwar hat sie dies nicht ausdrücklich vom Wortlaut her erwähnt. Jedoch ergibt dies die Auslegung der Bescheide nach der Erkenntnismöglichkeit eines objektiven verständigen Erklärungsempfängers. Die Antragsgegnerin hat im Bescheid vom 31. Januar 2005 erkennbar die von ihr zu treffende Prognoseentscheidung getroffen, indem sie den gesetzlichen Wortlaut dargestellt und sich hinsichtlich der Prognose, dass mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen sei, auf die Ausführungen von Dr. K bezogen und ausgeführt hat, dieser habe die Auffassung vertreten, es sei ein "Beharrungszustand eingetreten", Arbeitsfähigkeit im bisherigen Beruf sei nicht gegeben.
Im Widerspruchsbescheid vom 07. April 2005 hat die Antragsgegnerin zusätzlich ausdrücklich ausgeführt: "Die Erkenntnis, dass mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht mehr zu rechnen ist und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ausscheiden, lag mit dem Eingang des Schreibens von Dr. K vom 29.12.2004 objektiv vor ".
Rechtlich unerheblich ist insoweit, ob die Antragsgegnerin eine einmalige Bewilligungsentscheidung getroffen hatte. Jedenfalls hat sie den Verletztengeldanspruch nach § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII durch Verwaltungsakt aufgrund der Prognoseentscheidung festgestellt.
Dass die Prognoseentscheidung aus medizinischer Sicht zweifelhaft ist, erschließt sich allein bei summarischer Prüfung im Verfahren nicht. Insoweit sind im Urteil des SG entsprechende Ausführungen gemacht worden. Dies schließt eine Prüfung medizinischer Beweiserhebung im Hauptsacheverfahren nicht aus.
Nach allem konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten worden, § 177 SGG.
Rechtskraft
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