Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 2 R 3073/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 1628/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob dem Kläger vom 19. Januar bis 30. April 2001 (Sterbevierteljahr) Witwerrente aus der Versicherung seiner am 1944 geborenen und am 2001 verstorbenen Ehefrau U. B., geborene G. (U.B.) steht.
Der am 1945 geborene Kläger und U.B. hatten am 1969 geheiratet. Aus der Ehe sind drei Kinder hervorgegangen, geboren am 1970 (B.), am 1972 (M.) und am 1975 (I.). U.B. war seit 08. April 1962 rentenversicherungspflichtig beschäftigt und zwar bis zu ihrem Tod; sie war zuletzt privat krankenversichert. Bei der früheren Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (jetzt Deutsche Rentenversicherung Bund [DRVB], im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) wurde U.B. unter der Versicherungsnummer ... geführt. Schon im Zeitpunkt der Eheschließung bis dann zum Tod der Ehefrau wohnten die Eheleute in der F.-straße 6 in O ...
Der Kläger hatte am 25. August 1989 bei der Beklagten einen Antrag auf Kontenklärung wegen Vormerkung weiterer Versicherungszeiten gestellt, nachdem ihm am 07. August 1989 ein Versicherungsverlauf (Versicherungsnummer) ausgestellt worden war. Am 07. September 1989 hatte die Beklagte den Kläger im Rahmen dieses Kontenklärungsverfahrens aufgefordert, seine Geburts- oder Heiratsurkunde vorzulegen. Diese Unterlage reichte der Kläger mit Schreiben vom 14. September 1989 ein. Es erging dann der Vormerkungsbescheid vom 27. September 1989. Auch U.B. hatte seinerzeit Kontenklärung beantragt. Die Beklagte hatte ihr am 03. Mai und 13. September 1989 jeweils Versicherungsverläufe erteilt. Mit Schreiben vom 13. September 1989 hatte die Beklagte U.B. aufgefordert, ihre eigene Geburts- oder Heiratsurkunde vorzulegen, was unter dem 16. September 1989 geschah.
Nach dem Tod der U.B. meldete die IKK Baden-Württemberg als Einzugsstelle am 16. Februar 2001 elektronisch an die Beklagte, dass eine Abmeldung der Versicherten wegen Todes erfolgt sei. Der Empfang dieser Datei wurde von der Beklagten am 20. Februar 2001 bestätigt. Am 07. Oktober 2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten Witwerrente aus der Versicherung der U.B ... Ferner beantragte er die Feststellung von Kindererziehungszeiten. Er gab sein Bruttoarbeitsentgelt für 2001 mit 102.334,98 EUR und für 2002 mit 99.223,35 EUR an. Mit Bescheid vom 12. Januar 2004 anerkannte die Beklagte beim Kläger Anspruch auf große Witwerrente, lehnte jedoch die Zahlung von Rente ab 01. Oktober 2002 (Rentenbeginn) ab, weil das anzurechnende eigene Einkommen des Klägers höher als die Rente sei. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch begehrte der Kläger Witwerrente für das Sterbevierteljahr. Er trug vor, seine Ehefrau sei am 19. Januar 2001 verstorben. Die Witwerrente könne längstens für zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Antragstellung gemäß § 99 Abs. 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) geleistet werden. Nach § 115 Abs. 6 SGB VI solle der Träger der Rentenversicherung die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten könnten, wenn diese beantragt würde. Der Gesetzgeber sei von typischen Sachverhalten ausgegangen, bei denen eine Hinweispflicht bestehen solle. Sowohl bei der beispielhaft genannten Regelaltersrente als auch bei der Hinterbliebenenrente verfüge der Versicherungsträger in der Regel über alle Daten, die erforderlich seien, um das Vorliegen der Rentenanspruchsvoraussetzungen festzustellen. Bei der Hinterbliebenenrente erfahre der Rentenversicherungsträger in der Regel von den Hinterbliebenen oder von der Krankenkasse vom Ableben des Versicherten. Nach einem Hinweisschreiben der Beklagten an den Kläger vom 09. März 2004 blieb dessen Widerspruch erfolglos. Im Widerspruchsbescheid der bei der Beklagten bestimmten Widerspruchsstelle vom 11. Mai 2004 wurde ausgeführt, eine Hinweispflicht nach § 115 Abs. 6 SGB VI bestehe nur in geeigneten Fällen, in denen es nahe liege, dass der Berechtigte Leistungen in Anspruch nehmen wolle und der Rentenversicherungsträger über die entsprechenden Daten verfüge, die erforderlich seien, um das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen. Das sei in der Regel bei Hinterbliebenen (nach vorausgegangenem Versichertenrentenbezug) und der Regelaltersrente der Fall, wenn ohne Rückfragen bei den Versicherten der Anspruch festgestellt werden könne. Mit der Rentenantragstellung vom 07. Oktober 2003 habe sie erstmals Kenntnis vom Tod der Ehefrau und dem damit verbundenen Anspruch auf Hinterbliebenenrente erhalten. Eine vorherige Hinweispflicht scheide somit aus; es liege kein Fall vor, der von § 115 Abs. 6 SGB VI erfasst werde.
Mit der am 17. Mai 2004 beim Sozialgericht (SG) Stuttgart erhobenen Klage begehrte der Kläger die Zahlung von Witwerrente für das Sterbevierteljahr. Der Kläger trug vor, er sei jetzt selbstständig tätig. Zunächst habe er im Hinblick auf die Höhe seines Einkommens und die vorzunehmende Einkommensanrechnung keine Witwerrente beantragt. Erst später habe er von seinem Steuerberater erfahren, dass im Sterbevierteljahr wohl keine Anrechnung erfolge. Daraufhin habe er den Antrag gestellt. Die Beklagte sei ihrer Hinweispflicht aus § 115 Abs. 6 SGB VI in Verbindung mit den "Gemeinsamen Richtlinien der Rentenversicherungsträger gemäß § 115 Abs. 6 Satz 2 SGB VI" nicht nachgekommen. In den Richtlinien sei bestimmt, dass Witwen und Witwer, deren versicherte Ehegatten die allgemeine Wartezeit erfüllt hätten, darauf hinzuweisen seien, dass sie Hinterbliebenenrente erhalten könnten, wenn sie diese beantragen würden. Ein entsprechender Hinweis werde erteilt, wenn nicht innerhalb von sechs Monaten nach dem Tod des Ehegatten ein Rentenantrag gestellt sei. Dies entspreche auch dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung. Ein Hinweis auf den Tod der Versicherten sei in deren Konto bei der Beklagten maschinell gespeichert gewesen. Die Beklagte habe insoweit die maßgeblichen Daten jederzeit abrufen können.
Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage der Versichertenakte der U.B. entgegen, wobei sie auch die genannten Richtlinien einreichte. Sie trug vor, vom Tod der Ehefrau erst durch die Rentenantragsstellung am 07. Oktober 2003 Kenntnis erhalten zu haben, weshalb auch § 3 der Richtlinien nicht einschlägig sei. Ausweislich des bei ihr geführten Versichertenkontos der U.B. sei am 01. März 2001 eine Meldung von einmalig gezahltem Entgelt für den Monat Dezember 2000 eingegangen. Nach diesem Zeitpunkt lägen keine weiteren Meldungen vor. Aus der vorgelegten Gesamtübersicht des Versichertenkontos der U.B. sei auch ersichtlich, dass ihr von der IKK als Einzugsstelle der angeblich gemeldete Datensatz mit der Abmeldung wegen Tod nicht zugegangen sei. Abgesehen davon sehe auch die Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung (DEÜV) einen Meldegrund "Tod" nicht vor. Auch unter Berücksichtigung der vom SG eingeholten Auskünfte der IKK könne der Kläger die Vorverlegung des Rentenbeginns im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nach § 115 Abs. 6 SGB VI nicht beanspruchen. Ein entsprechender maschineller Antragshinweis setze voraus, dass die Rentenversicherungsträger die hierfür erforderlichen Daten auch übermittelt bekämen. Dazu wäre jedoch eine Änderung der Bundesmeldedatenübermittlungsverordnung vom 31. Juli 1995 notwendig, die jedoch nicht erfolgt sei. Die Hinweiserteilung an Hinterbliebene würde auch zusätzlich Daten zum Ehegatten des verstorbenen Versicherten, wie beispielsweise Name und Wohnort benötigen. Zu einer Änderung der Meldeverordnung liege derzeit lediglich ein Änderungsentwurf der maßgebenden Vorschriften vom September 2004 vor. Insoweit habe sie vor Oktober 2003 keine Kenntnis vom Vorhandensein eines anspruchsberechtigten Witwers gehabt. Ihr könne nicht angelastet werden, dass bisher eine Änderung der Meldevorschriften nicht erfolgt sei. Zwar sei im Konto der Versicherten der Hinweis zum Tod mit dem Datum: "00.00.00" gespeichert gewesen. Eine so genannte Folgebearbeitung in Form einer Anzeige für die Sachbearbeitung bestehe für diese Fallgruppe jedoch nicht, weshalb der Vorgang der Sachbearbeitung nicht angezeigt worden sei. Erst durch den am 07. Oktober 2003 gestellten Antrag auf Hinterbliebenenrente und die beigefügte Sterbeurkunde sei der Sachbearbeitung in dem zuständigen Bearbeitungsdezernat bekannt gewesen, dass die Versicherte verstorben sei und es einen hinterbliebenen Ehegatten gäbe. Auch dann, wenn ihr sogleich ein beurkundetes Sterbedatum mitgeteilt und der Sachbearbeitung dieses vorgelegt worden wäre, hätte dem Kläger ein entsprechender Hinweis auf einen Hinterbliebenenrentenanspruch nicht gegeben werden können. Aus dem Konto der Versicherten sei nicht hervorgegangen, dass sie zum Zeitpunkt des Todes verheiratet gewesen sei; auch habe sich daraus Name, Vorname sowie die Anschrift des Ehegatten nicht ergeben. Diese Daten seien aber bei verstorbenen Versicherten ohne Rentenbezug für einen Hinweis nach § 115 Abs. 6 SGB VI erforderlich. Das Bundessozialgericht (BSG) habe im Urteil vom 14. November 2002 (B 13 RJ 39/01 R - SozR 3-2600 § 115 Nr. 9) bestätigt, dass eine Hinweispflicht nach § 115 Abs. 6 SGB VI nur bejaht werden könne, wenn die maßgeblichen Daten der Versicherten beim Rentenversicherungsträger gespeichert und aufgrund allgemeiner Kriterien abrufbar gewesen seien. Solange die Daten des Ehepartners aufgrund eines Sterbefalles nicht übermittelt würden, werde den Berechtigten immer nur dann ein entsprechender Hinweis auf die Antragstellung gegeben werden können, wenn er sich aufgrund sonstiger Erkenntnisse aufdränge. Solche Erkenntnisse hätten jedoch beim Kläger nicht vorgelegen.
Das SG erhob Auskünfte der IKK Stuttgart vom 20. September 2004 und 19. Januar 2005 sowie vom IKK-Bundesverband vom 21. Februar 2005.
Mit Urteil vom 20. Februar 2006, das den Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 27. März 2006 zugestellt wurde, wies das SG die Klage ab. Es führte aus, der Kläger könne nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs unter Berücksichtigung des § 115 Abs. 6 Satz 1 SGB VI so gestellt werden, als hätte er den Antrag auf Witwerrente rechtzeitig gestellt. Die Beklagte habe im vorliegenden Fall das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nicht generell aufgrund des Versicherungskontos der U.B. ohne Befragen des Klägers feststellen können, da sie keine Hinweise auf das Vorhandensein des Klägers als Ehemann hatte. Aus dem Konto der Versicherten sei nicht hervorgegangen, dass sie zum Zeitpunkt des Todes verheiratet gewesen sei; auch der Name, Vorname sowie die Anschrift des Ehemannes seien aus dem Versicherungskonto nicht hervorgegangen. Diese Daten seien bei der Beklagten nicht gespeichert und auch nicht aufgrund allgemeiner Kriterien abrufbar gewesen. Nach der Rechtsprechung des BSG liege jedoch eine Verletzung der Hinweispflicht nur dann vor, wenn die maßgeblichen Daten der Versicherten beim Rentenversicherungsträger gespeichert und aufgrund allgemeiner Kriterien abrufbar seien. Ein anderes Ergebnis ergebe sich auch nicht aus den Richtlinien. Nach § 4 der Richtlinien trete § 3 erst in Kraft, wenn den Rentenversicherungsträgern nach einer entsprechenden Änderung der Meldeverordnung vom 31. Juli 1995 die für die Hinweiserteilung erforderlichen Daten übermittelt würden. Da eine Änderung dieser Meldeverordnung im streitgegenständlichen Zeitraum nicht erfolgt sei, könne sich aus diesem Gesichtspunkt keine Hinweispflicht ergeben. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, den Kläger zu ermitteln und auf die Möglichkeit einer Antragstellung hinzuweisen. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger von dem Antragserfordernis Kenntnis gehabt habe und eine Antragstellung nur deswegen zunächst unterlassen habe, weil ihm von Dritten mitgeteilt worden sei, dass er aufgrund übersteigenden Einkommens keinen Anspruch auf Witwerrente habe. Er habe die Möglichkeit gehabt, bei der Beklagten um eine Beratung nachzusuchen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 03. April 2006 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er trägt vor, die Beklagte sei ihrer Hinweispflicht nicht nachgekommen. Zeitnah sei sie vom Tod der Versicherten unterrichtet worden. Diese Mitteilung hätte eine Hinweispflicht im Sinne des § 115 Abs. 6 SGB VI auslösen müssen. Es sei der Beklagten auch bekannt gewesen, dass U.B. verheiratet gewesen sei. Bis zum Eintritt in das Berufsleben am 08. April 1962 sei sie zunächst unter ihrem Mädchennamen "G." bei der Beklagten bekannt gewesen. Aufgrund der Heirat sei der Beklagten der neue Familienname "B." mitgeteilt worden. Die Beklagte habe aus den Daten, die über seine Ehefrau gespeichert worden seien, nämlich Geburtsname, Familienname, Anschrift, Meldung vom Tod, ohne Weiteres erkennen können, dass die anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale für die Witwerrente während des Sterbevierteljahres erfüllt gewesen seien. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Meldeverordnung im Hinblick auf die Regeln des § 115 Abs. 6 SGB VI bisher noch nicht geändert worden sei. Der Kläger hat die ihm sowie seiner verstorbenen Ehefrau von der Beklagten erteilten Versicherungsverläufe aus dem Jahre 1989 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 12. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Mai 2004 zu verurteilen, ihm vom 19. Januar bis 30. April 2001 Witwerrente aus der Versicherung der U. B. zu gewähren, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend. Ein "geeigneter Fall" im Sinne des § 115 Abs. 6 SGB VI habe hier nicht vorgelegen. In Bezug auf die für eine Bescheiderteilung notwendigen Daten, insbesondere die Adressdaten des Klägers, wären noch Ermittlungen erforderlich gewesen, selbst bei Kenntnis der Heirat der verstorbenen Versicherten hätten zumindest bezüglich der Anschrift des Witwers wie auch im Bezug auf dessen Status noch Ermittlungen geführt werden müssen, da jedenfalls der Status "Ehegatte" des Klägers seinerzeit nach Aktenlage nicht nachgewiesen gewesen wäre und außerdem selbstverständlich nicht ohne Weiteres davon habe ausgegangen werden können, dass die Eheleute noch zuletzt vor dem Tod der Versicherten eine gemeinsame Wohnung innegehabt hätten. Dieser Gesamtsachverhalt hätte daher zunächst noch über das zuständige Einwohnermeldeamt ermittelt werden müssen. Seien jedoch noch Ermittlungen zur Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen notwendig, könne nicht mehr von einem geeigneten Fall gesprochen werden. Dies würde nicht der Intention des Gesetzgebers entsprechen, der eine Hinweispflicht der Rentenversicherungsträger eben nur dann für begründet gehalten habe, wenn diese ohne Weiteres, das heißt allein nach Aktenlage, realisiert werden könne. Auch im Versicherungskonto des Klägers seien Name, Vorname und Anschrift des Ehegatten nicht gespeichert gewesen und hätten somit nicht aufgrund allgemeiner Kriterien abgerufen werden können. Die entsprechenden Adress- und Personenstandsdaten hätten, und zwar ausschließlich bezogen auf das Jahr 1989 und eben nicht auf den Todeszeitpunkt, allein dem mikroverfilmten Vorgang des Klägers entnommen werden können. Für eine Reproduzierung der klägerischen Rentenakte wie sie jetzt vorgenommen worden sei, habe aus Sicht der für die Bearbeitung des Vorgangs der U.B. zuständigen Sachbearbeitung seinerzeit jedoch keine Veranlassung bestanden, zumal sie im Jahr 2001 auch nicht mit dem Vorgang der verstorbenen Ehefrau befasst gewesen sei. Die Beklagte hat auch die den Kläger betreffende Versichertenakte vorgelegt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten, den Kläger sowie U.B. betreffend, sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft, zumal der Beschwerdewert von mehr als 500 EUR nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG vorliegt, und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht Witwerrente aus der Versicherung der U.B. für das Sterbevierteljahr vom 19. Januar bis 30. April 2001 nicht zu. Insoweit ist der Bescheid der Beklagten vom 12. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Mai 2004 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Das SG hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger eine einkommensanrechnungsfreie Witwerrente für das Sterbevierteljahr deswegen nicht zusteht, weil er den nach § 46 SGB VI und § 19 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) i.V.m. § 115 Abs. 1 SGB VI notwendigen Rentenantrag erst am 07. Oktober 2003 gestellt hat, weshalb aufgrund des § 99 Abs. 2 Satz 3 SGB VI, wonach eine Hinterbliebenenrente nicht für mehr als zwölf Monate vor dem Monat, in dem die Rente beantragt wird, geleistet wird, eine Rentenzahlung für die weiter zurückliegende streitige Zeit ausgeschlossen war.
Der Rentenanspruch für die streitige Zeit besteht auch nicht aufgrund des Umstands, dass der Kläger im Wege des so genannten Herstellungsanspruchs wegen Verletzung einer notwendigen Informationspflicht der Beklagten so zu stellen wäre, als ob er im Hinblick auf die Information den Rentenantrag rechtzeitig gestellt hätte. Der Senat lässt dahingestellt, ob die Beklagte verpflichtet war, den Kläger nach § 115 Abs. 6 SGB VI vor dem 07. Oktober 2003 darauf hinzuweisen, dass er jedenfalls für das Sterbevierteljahr Hinterbliebenenrente beantragen könne. § 115 Abs. 6 SGB VI bestimmt: Die Träger der Rentenversicherung sollen die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen. In gemeinsamen Richtlinien der Träger der Rentenversicherung kann bestimmt werden, unter welchen Voraussetzungen solche Hinweise erfolgen sollen. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) knüpft für die Hinweispflichten nach § 115 Abs. 6 SGB VI als Sonderfall der so genannten Spontanberatung daran an, dass der Rentenversicherungsträger (im Einzelfall oder) bei abgegrenzten Gruppen die jeweils bestehende Antragsproblematik allein anhand der im Versicherungskonto gespeicherten Daten nach abstrakten Abrufkriterien erkennen und durch einen Hinweis typischerweise die Gesetzesverwirklichung fördern kann. Voraussetzung ist danach, dass die maßgeblichen Daten der Versicherten beim Rentenversicherungsträger gespeichert und aufgrund allgemeiner Kriterien abrufbar sind (vgl. BSG SozR 4-2600 § 115 Nr. 1 Rdnr. 37). Der Senat geht davon aus, dass nach dem Tod der U.B. die IKK Baden-Württemberg als Einzugsstelle am 16. Februar 2001 elektronisch an die Beklagte gemeldet hat, dass eine Abmeldung der U.B. als Versicherte wegen Todes erfolgt sei. Von der Beklagten wurde auch der Empfang dieser übermittelten Datei am 20. Februar 2001 bestätigt. Ferner geht der Senat davon aus, dass der Beklagten jedenfalls aufgrund der 1989 bei den Eheleuten durchgeführten Feststellungsverfahren, in denen sowohl unter der Versicherungsnummer des Klägers als auch unter der eigenen Versicherungsnummer der U.B. die Heiratsurkunde eingereicht worden war, bekannt war, dass U.B. seit 19. September 1969 mit dem Kläger verheiratet war. Aufgrund dieser Vorgänge, d. h. des damals geführten Schriftwechsels, war der Beklagten auch die damalige gemeinsame Anschrift der Eheleute bekannt, die auch noch die Anschrift der Eheleute im Zeitpunkt des Todes der Ehefrau und danach die des Klägers war. Es kommt jedoch nicht darauf an, ob diese konkreten Umstände auch ohne die von der Beklagten geltend gemachten Ermittlungen beim Einwohnermeldeamt die Beklagte verpflichtet hatten, den Kläger auf die Beantragung von Witwerrente hinzuweisen. Denn selbst wenn aufgrund dieser besonderen Umstände eine Hinweispflicht bejaht würde, scheidet ein Herstellungsanspruch, der aufgrund einer Fiktion zur rechtzeitigen Antragstellung führen würde, aus. Denn ein solcher Anspruch, d. h. ein Herstellungsrecht, kommt nur dann in Betracht, wenn die Pflichtverletzung durch den Rentenversicherungsträger wesentliche, d. h. zumindest gleichwertige, Bedingung für die Beeinträchtigung eines sozialen Rechts war. Dies ist nicht der Fall, wenn der Versicherte wissentlich oder fahrlässig gegen sich selbst einen erforderlichen Antrag nicht gestellt oder Informationen nicht eingeholt hat (BSG SozR 4 2600 § 115 Nr. 1 Rdnrn. 61 f.). Hier jedoch hat der Kläger dann die entscheidende Bedingung für seinen sozialrechtlichen Nachteil selbst gesetzt. Er hat nämlich angegeben, vor dem 07. Oktober 2003 habe er den Antrag nicht gestellt, weil er überall gehört habe, dass sein Einkommen auf eine Witwerrente angerechnet werden würde. Insoweit sei er davon ausgegangen, dass er keine Witwerrente beziehen würde, da sein Einkommen zu hoch sein würde. Erst später habe er durch seinen Steuerberater erfahren, dass im Sterbevierteljahr wohl keine Anrechnung erfolgen würde. Daraufhin sei er zu seinem Rentenberater, der dann auch sein Verfahrens- bzw. Prozessbevollmächtigter sei, gegangen, der ihm dies bestätigt habe. Erst daraufhin habe er einen Antrag gestellt. Daraus entnimmt der Senat, dass der Kläger an sich von dem Antragsprinzip für die Hinterbliebenenrente Kenntnis hatte. Er hat es jedoch aus Fahrlässigkeit gegen sich selbst unterlassen, sich die erforderlichen Informationen für die Einkommensanrechnung bereits zeitnah bei seinem Steuerberater, bei seinem Rentenberater bzw. bei den Auskunfts- und Beratungsstellen der Beklagten, also bei dieser direkt einzuholen. Damit hatte es der Kläger selbst in der Hand, sich aufgrund seiner Informationsrechte auch bei der Beklagten die notwendigen Informationen zu beschaffen. Indem er dieses unterlassen hat, hat er fahrlässig gegen sich selbst gehandelt. Mithin wäre eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht wesentliche Ursache dafür gewesen, dass der streitige Anspruch nicht besteht. Diesen Gesichtspunkt der Fahrlässigkeit gegen sich selbst hat im Übrigen auch das SG zutreffend hervorgehoben.
Danach war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Revisionszulassung liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob dem Kläger vom 19. Januar bis 30. April 2001 (Sterbevierteljahr) Witwerrente aus der Versicherung seiner am 1944 geborenen und am 2001 verstorbenen Ehefrau U. B., geborene G. (U.B.) steht.
Der am 1945 geborene Kläger und U.B. hatten am 1969 geheiratet. Aus der Ehe sind drei Kinder hervorgegangen, geboren am 1970 (B.), am 1972 (M.) und am 1975 (I.). U.B. war seit 08. April 1962 rentenversicherungspflichtig beschäftigt und zwar bis zu ihrem Tod; sie war zuletzt privat krankenversichert. Bei der früheren Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (jetzt Deutsche Rentenversicherung Bund [DRVB], im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) wurde U.B. unter der Versicherungsnummer ... geführt. Schon im Zeitpunkt der Eheschließung bis dann zum Tod der Ehefrau wohnten die Eheleute in der F.-straße 6 in O ...
Der Kläger hatte am 25. August 1989 bei der Beklagten einen Antrag auf Kontenklärung wegen Vormerkung weiterer Versicherungszeiten gestellt, nachdem ihm am 07. August 1989 ein Versicherungsverlauf (Versicherungsnummer) ausgestellt worden war. Am 07. September 1989 hatte die Beklagte den Kläger im Rahmen dieses Kontenklärungsverfahrens aufgefordert, seine Geburts- oder Heiratsurkunde vorzulegen. Diese Unterlage reichte der Kläger mit Schreiben vom 14. September 1989 ein. Es erging dann der Vormerkungsbescheid vom 27. September 1989. Auch U.B. hatte seinerzeit Kontenklärung beantragt. Die Beklagte hatte ihr am 03. Mai und 13. September 1989 jeweils Versicherungsverläufe erteilt. Mit Schreiben vom 13. September 1989 hatte die Beklagte U.B. aufgefordert, ihre eigene Geburts- oder Heiratsurkunde vorzulegen, was unter dem 16. September 1989 geschah.
Nach dem Tod der U.B. meldete die IKK Baden-Württemberg als Einzugsstelle am 16. Februar 2001 elektronisch an die Beklagte, dass eine Abmeldung der Versicherten wegen Todes erfolgt sei. Der Empfang dieser Datei wurde von der Beklagten am 20. Februar 2001 bestätigt. Am 07. Oktober 2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten Witwerrente aus der Versicherung der U.B ... Ferner beantragte er die Feststellung von Kindererziehungszeiten. Er gab sein Bruttoarbeitsentgelt für 2001 mit 102.334,98 EUR und für 2002 mit 99.223,35 EUR an. Mit Bescheid vom 12. Januar 2004 anerkannte die Beklagte beim Kläger Anspruch auf große Witwerrente, lehnte jedoch die Zahlung von Rente ab 01. Oktober 2002 (Rentenbeginn) ab, weil das anzurechnende eigene Einkommen des Klägers höher als die Rente sei. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch begehrte der Kläger Witwerrente für das Sterbevierteljahr. Er trug vor, seine Ehefrau sei am 19. Januar 2001 verstorben. Die Witwerrente könne längstens für zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Antragstellung gemäß § 99 Abs. 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) geleistet werden. Nach § 115 Abs. 6 SGB VI solle der Träger der Rentenversicherung die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten könnten, wenn diese beantragt würde. Der Gesetzgeber sei von typischen Sachverhalten ausgegangen, bei denen eine Hinweispflicht bestehen solle. Sowohl bei der beispielhaft genannten Regelaltersrente als auch bei der Hinterbliebenenrente verfüge der Versicherungsträger in der Regel über alle Daten, die erforderlich seien, um das Vorliegen der Rentenanspruchsvoraussetzungen festzustellen. Bei der Hinterbliebenenrente erfahre der Rentenversicherungsträger in der Regel von den Hinterbliebenen oder von der Krankenkasse vom Ableben des Versicherten. Nach einem Hinweisschreiben der Beklagten an den Kläger vom 09. März 2004 blieb dessen Widerspruch erfolglos. Im Widerspruchsbescheid der bei der Beklagten bestimmten Widerspruchsstelle vom 11. Mai 2004 wurde ausgeführt, eine Hinweispflicht nach § 115 Abs. 6 SGB VI bestehe nur in geeigneten Fällen, in denen es nahe liege, dass der Berechtigte Leistungen in Anspruch nehmen wolle und der Rentenversicherungsträger über die entsprechenden Daten verfüge, die erforderlich seien, um das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen. Das sei in der Regel bei Hinterbliebenen (nach vorausgegangenem Versichertenrentenbezug) und der Regelaltersrente der Fall, wenn ohne Rückfragen bei den Versicherten der Anspruch festgestellt werden könne. Mit der Rentenantragstellung vom 07. Oktober 2003 habe sie erstmals Kenntnis vom Tod der Ehefrau und dem damit verbundenen Anspruch auf Hinterbliebenenrente erhalten. Eine vorherige Hinweispflicht scheide somit aus; es liege kein Fall vor, der von § 115 Abs. 6 SGB VI erfasst werde.
Mit der am 17. Mai 2004 beim Sozialgericht (SG) Stuttgart erhobenen Klage begehrte der Kläger die Zahlung von Witwerrente für das Sterbevierteljahr. Der Kläger trug vor, er sei jetzt selbstständig tätig. Zunächst habe er im Hinblick auf die Höhe seines Einkommens und die vorzunehmende Einkommensanrechnung keine Witwerrente beantragt. Erst später habe er von seinem Steuerberater erfahren, dass im Sterbevierteljahr wohl keine Anrechnung erfolge. Daraufhin habe er den Antrag gestellt. Die Beklagte sei ihrer Hinweispflicht aus § 115 Abs. 6 SGB VI in Verbindung mit den "Gemeinsamen Richtlinien der Rentenversicherungsträger gemäß § 115 Abs. 6 Satz 2 SGB VI" nicht nachgekommen. In den Richtlinien sei bestimmt, dass Witwen und Witwer, deren versicherte Ehegatten die allgemeine Wartezeit erfüllt hätten, darauf hinzuweisen seien, dass sie Hinterbliebenenrente erhalten könnten, wenn sie diese beantragen würden. Ein entsprechender Hinweis werde erteilt, wenn nicht innerhalb von sechs Monaten nach dem Tod des Ehegatten ein Rentenantrag gestellt sei. Dies entspreche auch dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung. Ein Hinweis auf den Tod der Versicherten sei in deren Konto bei der Beklagten maschinell gespeichert gewesen. Die Beklagte habe insoweit die maßgeblichen Daten jederzeit abrufen können.
Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage der Versichertenakte der U.B. entgegen, wobei sie auch die genannten Richtlinien einreichte. Sie trug vor, vom Tod der Ehefrau erst durch die Rentenantragsstellung am 07. Oktober 2003 Kenntnis erhalten zu haben, weshalb auch § 3 der Richtlinien nicht einschlägig sei. Ausweislich des bei ihr geführten Versichertenkontos der U.B. sei am 01. März 2001 eine Meldung von einmalig gezahltem Entgelt für den Monat Dezember 2000 eingegangen. Nach diesem Zeitpunkt lägen keine weiteren Meldungen vor. Aus der vorgelegten Gesamtübersicht des Versichertenkontos der U.B. sei auch ersichtlich, dass ihr von der IKK als Einzugsstelle der angeblich gemeldete Datensatz mit der Abmeldung wegen Tod nicht zugegangen sei. Abgesehen davon sehe auch die Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung (DEÜV) einen Meldegrund "Tod" nicht vor. Auch unter Berücksichtigung der vom SG eingeholten Auskünfte der IKK könne der Kläger die Vorverlegung des Rentenbeginns im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nach § 115 Abs. 6 SGB VI nicht beanspruchen. Ein entsprechender maschineller Antragshinweis setze voraus, dass die Rentenversicherungsträger die hierfür erforderlichen Daten auch übermittelt bekämen. Dazu wäre jedoch eine Änderung der Bundesmeldedatenübermittlungsverordnung vom 31. Juli 1995 notwendig, die jedoch nicht erfolgt sei. Die Hinweiserteilung an Hinterbliebene würde auch zusätzlich Daten zum Ehegatten des verstorbenen Versicherten, wie beispielsweise Name und Wohnort benötigen. Zu einer Änderung der Meldeverordnung liege derzeit lediglich ein Änderungsentwurf der maßgebenden Vorschriften vom September 2004 vor. Insoweit habe sie vor Oktober 2003 keine Kenntnis vom Vorhandensein eines anspruchsberechtigten Witwers gehabt. Ihr könne nicht angelastet werden, dass bisher eine Änderung der Meldevorschriften nicht erfolgt sei. Zwar sei im Konto der Versicherten der Hinweis zum Tod mit dem Datum: "00.00.00" gespeichert gewesen. Eine so genannte Folgebearbeitung in Form einer Anzeige für die Sachbearbeitung bestehe für diese Fallgruppe jedoch nicht, weshalb der Vorgang der Sachbearbeitung nicht angezeigt worden sei. Erst durch den am 07. Oktober 2003 gestellten Antrag auf Hinterbliebenenrente und die beigefügte Sterbeurkunde sei der Sachbearbeitung in dem zuständigen Bearbeitungsdezernat bekannt gewesen, dass die Versicherte verstorben sei und es einen hinterbliebenen Ehegatten gäbe. Auch dann, wenn ihr sogleich ein beurkundetes Sterbedatum mitgeteilt und der Sachbearbeitung dieses vorgelegt worden wäre, hätte dem Kläger ein entsprechender Hinweis auf einen Hinterbliebenenrentenanspruch nicht gegeben werden können. Aus dem Konto der Versicherten sei nicht hervorgegangen, dass sie zum Zeitpunkt des Todes verheiratet gewesen sei; auch habe sich daraus Name, Vorname sowie die Anschrift des Ehegatten nicht ergeben. Diese Daten seien aber bei verstorbenen Versicherten ohne Rentenbezug für einen Hinweis nach § 115 Abs. 6 SGB VI erforderlich. Das Bundessozialgericht (BSG) habe im Urteil vom 14. November 2002 (B 13 RJ 39/01 R - SozR 3-2600 § 115 Nr. 9) bestätigt, dass eine Hinweispflicht nach § 115 Abs. 6 SGB VI nur bejaht werden könne, wenn die maßgeblichen Daten der Versicherten beim Rentenversicherungsträger gespeichert und aufgrund allgemeiner Kriterien abrufbar gewesen seien. Solange die Daten des Ehepartners aufgrund eines Sterbefalles nicht übermittelt würden, werde den Berechtigten immer nur dann ein entsprechender Hinweis auf die Antragstellung gegeben werden können, wenn er sich aufgrund sonstiger Erkenntnisse aufdränge. Solche Erkenntnisse hätten jedoch beim Kläger nicht vorgelegen.
Das SG erhob Auskünfte der IKK Stuttgart vom 20. September 2004 und 19. Januar 2005 sowie vom IKK-Bundesverband vom 21. Februar 2005.
Mit Urteil vom 20. Februar 2006, das den Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 27. März 2006 zugestellt wurde, wies das SG die Klage ab. Es führte aus, der Kläger könne nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs unter Berücksichtigung des § 115 Abs. 6 Satz 1 SGB VI so gestellt werden, als hätte er den Antrag auf Witwerrente rechtzeitig gestellt. Die Beklagte habe im vorliegenden Fall das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nicht generell aufgrund des Versicherungskontos der U.B. ohne Befragen des Klägers feststellen können, da sie keine Hinweise auf das Vorhandensein des Klägers als Ehemann hatte. Aus dem Konto der Versicherten sei nicht hervorgegangen, dass sie zum Zeitpunkt des Todes verheiratet gewesen sei; auch der Name, Vorname sowie die Anschrift des Ehemannes seien aus dem Versicherungskonto nicht hervorgegangen. Diese Daten seien bei der Beklagten nicht gespeichert und auch nicht aufgrund allgemeiner Kriterien abrufbar gewesen. Nach der Rechtsprechung des BSG liege jedoch eine Verletzung der Hinweispflicht nur dann vor, wenn die maßgeblichen Daten der Versicherten beim Rentenversicherungsträger gespeichert und aufgrund allgemeiner Kriterien abrufbar seien. Ein anderes Ergebnis ergebe sich auch nicht aus den Richtlinien. Nach § 4 der Richtlinien trete § 3 erst in Kraft, wenn den Rentenversicherungsträgern nach einer entsprechenden Änderung der Meldeverordnung vom 31. Juli 1995 die für die Hinweiserteilung erforderlichen Daten übermittelt würden. Da eine Änderung dieser Meldeverordnung im streitgegenständlichen Zeitraum nicht erfolgt sei, könne sich aus diesem Gesichtspunkt keine Hinweispflicht ergeben. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, den Kläger zu ermitteln und auf die Möglichkeit einer Antragstellung hinzuweisen. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger von dem Antragserfordernis Kenntnis gehabt habe und eine Antragstellung nur deswegen zunächst unterlassen habe, weil ihm von Dritten mitgeteilt worden sei, dass er aufgrund übersteigenden Einkommens keinen Anspruch auf Witwerrente habe. Er habe die Möglichkeit gehabt, bei der Beklagten um eine Beratung nachzusuchen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 03. April 2006 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er trägt vor, die Beklagte sei ihrer Hinweispflicht nicht nachgekommen. Zeitnah sei sie vom Tod der Versicherten unterrichtet worden. Diese Mitteilung hätte eine Hinweispflicht im Sinne des § 115 Abs. 6 SGB VI auslösen müssen. Es sei der Beklagten auch bekannt gewesen, dass U.B. verheiratet gewesen sei. Bis zum Eintritt in das Berufsleben am 08. April 1962 sei sie zunächst unter ihrem Mädchennamen "G." bei der Beklagten bekannt gewesen. Aufgrund der Heirat sei der Beklagten der neue Familienname "B." mitgeteilt worden. Die Beklagte habe aus den Daten, die über seine Ehefrau gespeichert worden seien, nämlich Geburtsname, Familienname, Anschrift, Meldung vom Tod, ohne Weiteres erkennen können, dass die anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale für die Witwerrente während des Sterbevierteljahres erfüllt gewesen seien. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Meldeverordnung im Hinblick auf die Regeln des § 115 Abs. 6 SGB VI bisher noch nicht geändert worden sei. Der Kläger hat die ihm sowie seiner verstorbenen Ehefrau von der Beklagten erteilten Versicherungsverläufe aus dem Jahre 1989 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 12. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Mai 2004 zu verurteilen, ihm vom 19. Januar bis 30. April 2001 Witwerrente aus der Versicherung der U. B. zu gewähren, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend. Ein "geeigneter Fall" im Sinne des § 115 Abs. 6 SGB VI habe hier nicht vorgelegen. In Bezug auf die für eine Bescheiderteilung notwendigen Daten, insbesondere die Adressdaten des Klägers, wären noch Ermittlungen erforderlich gewesen, selbst bei Kenntnis der Heirat der verstorbenen Versicherten hätten zumindest bezüglich der Anschrift des Witwers wie auch im Bezug auf dessen Status noch Ermittlungen geführt werden müssen, da jedenfalls der Status "Ehegatte" des Klägers seinerzeit nach Aktenlage nicht nachgewiesen gewesen wäre und außerdem selbstverständlich nicht ohne Weiteres davon habe ausgegangen werden können, dass die Eheleute noch zuletzt vor dem Tod der Versicherten eine gemeinsame Wohnung innegehabt hätten. Dieser Gesamtsachverhalt hätte daher zunächst noch über das zuständige Einwohnermeldeamt ermittelt werden müssen. Seien jedoch noch Ermittlungen zur Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen notwendig, könne nicht mehr von einem geeigneten Fall gesprochen werden. Dies würde nicht der Intention des Gesetzgebers entsprechen, der eine Hinweispflicht der Rentenversicherungsträger eben nur dann für begründet gehalten habe, wenn diese ohne Weiteres, das heißt allein nach Aktenlage, realisiert werden könne. Auch im Versicherungskonto des Klägers seien Name, Vorname und Anschrift des Ehegatten nicht gespeichert gewesen und hätten somit nicht aufgrund allgemeiner Kriterien abgerufen werden können. Die entsprechenden Adress- und Personenstandsdaten hätten, und zwar ausschließlich bezogen auf das Jahr 1989 und eben nicht auf den Todeszeitpunkt, allein dem mikroverfilmten Vorgang des Klägers entnommen werden können. Für eine Reproduzierung der klägerischen Rentenakte wie sie jetzt vorgenommen worden sei, habe aus Sicht der für die Bearbeitung des Vorgangs der U.B. zuständigen Sachbearbeitung seinerzeit jedoch keine Veranlassung bestanden, zumal sie im Jahr 2001 auch nicht mit dem Vorgang der verstorbenen Ehefrau befasst gewesen sei. Die Beklagte hat auch die den Kläger betreffende Versichertenakte vorgelegt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten, den Kläger sowie U.B. betreffend, sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft, zumal der Beschwerdewert von mehr als 500 EUR nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG vorliegt, und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht Witwerrente aus der Versicherung der U.B. für das Sterbevierteljahr vom 19. Januar bis 30. April 2001 nicht zu. Insoweit ist der Bescheid der Beklagten vom 12. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Mai 2004 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Das SG hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger eine einkommensanrechnungsfreie Witwerrente für das Sterbevierteljahr deswegen nicht zusteht, weil er den nach § 46 SGB VI und § 19 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) i.V.m. § 115 Abs. 1 SGB VI notwendigen Rentenantrag erst am 07. Oktober 2003 gestellt hat, weshalb aufgrund des § 99 Abs. 2 Satz 3 SGB VI, wonach eine Hinterbliebenenrente nicht für mehr als zwölf Monate vor dem Monat, in dem die Rente beantragt wird, geleistet wird, eine Rentenzahlung für die weiter zurückliegende streitige Zeit ausgeschlossen war.
Der Rentenanspruch für die streitige Zeit besteht auch nicht aufgrund des Umstands, dass der Kläger im Wege des so genannten Herstellungsanspruchs wegen Verletzung einer notwendigen Informationspflicht der Beklagten so zu stellen wäre, als ob er im Hinblick auf die Information den Rentenantrag rechtzeitig gestellt hätte. Der Senat lässt dahingestellt, ob die Beklagte verpflichtet war, den Kläger nach § 115 Abs. 6 SGB VI vor dem 07. Oktober 2003 darauf hinzuweisen, dass er jedenfalls für das Sterbevierteljahr Hinterbliebenenrente beantragen könne. § 115 Abs. 6 SGB VI bestimmt: Die Träger der Rentenversicherung sollen die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen. In gemeinsamen Richtlinien der Träger der Rentenversicherung kann bestimmt werden, unter welchen Voraussetzungen solche Hinweise erfolgen sollen. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) knüpft für die Hinweispflichten nach § 115 Abs. 6 SGB VI als Sonderfall der so genannten Spontanberatung daran an, dass der Rentenversicherungsträger (im Einzelfall oder) bei abgegrenzten Gruppen die jeweils bestehende Antragsproblematik allein anhand der im Versicherungskonto gespeicherten Daten nach abstrakten Abrufkriterien erkennen und durch einen Hinweis typischerweise die Gesetzesverwirklichung fördern kann. Voraussetzung ist danach, dass die maßgeblichen Daten der Versicherten beim Rentenversicherungsträger gespeichert und aufgrund allgemeiner Kriterien abrufbar sind (vgl. BSG SozR 4-2600 § 115 Nr. 1 Rdnr. 37). Der Senat geht davon aus, dass nach dem Tod der U.B. die IKK Baden-Württemberg als Einzugsstelle am 16. Februar 2001 elektronisch an die Beklagte gemeldet hat, dass eine Abmeldung der U.B. als Versicherte wegen Todes erfolgt sei. Von der Beklagten wurde auch der Empfang dieser übermittelten Datei am 20. Februar 2001 bestätigt. Ferner geht der Senat davon aus, dass der Beklagten jedenfalls aufgrund der 1989 bei den Eheleuten durchgeführten Feststellungsverfahren, in denen sowohl unter der Versicherungsnummer des Klägers als auch unter der eigenen Versicherungsnummer der U.B. die Heiratsurkunde eingereicht worden war, bekannt war, dass U.B. seit 19. September 1969 mit dem Kläger verheiratet war. Aufgrund dieser Vorgänge, d. h. des damals geführten Schriftwechsels, war der Beklagten auch die damalige gemeinsame Anschrift der Eheleute bekannt, die auch noch die Anschrift der Eheleute im Zeitpunkt des Todes der Ehefrau und danach die des Klägers war. Es kommt jedoch nicht darauf an, ob diese konkreten Umstände auch ohne die von der Beklagten geltend gemachten Ermittlungen beim Einwohnermeldeamt die Beklagte verpflichtet hatten, den Kläger auf die Beantragung von Witwerrente hinzuweisen. Denn selbst wenn aufgrund dieser besonderen Umstände eine Hinweispflicht bejaht würde, scheidet ein Herstellungsanspruch, der aufgrund einer Fiktion zur rechtzeitigen Antragstellung führen würde, aus. Denn ein solcher Anspruch, d. h. ein Herstellungsrecht, kommt nur dann in Betracht, wenn die Pflichtverletzung durch den Rentenversicherungsträger wesentliche, d. h. zumindest gleichwertige, Bedingung für die Beeinträchtigung eines sozialen Rechts war. Dies ist nicht der Fall, wenn der Versicherte wissentlich oder fahrlässig gegen sich selbst einen erforderlichen Antrag nicht gestellt oder Informationen nicht eingeholt hat (BSG SozR 4 2600 § 115 Nr. 1 Rdnrn. 61 f.). Hier jedoch hat der Kläger dann die entscheidende Bedingung für seinen sozialrechtlichen Nachteil selbst gesetzt. Er hat nämlich angegeben, vor dem 07. Oktober 2003 habe er den Antrag nicht gestellt, weil er überall gehört habe, dass sein Einkommen auf eine Witwerrente angerechnet werden würde. Insoweit sei er davon ausgegangen, dass er keine Witwerrente beziehen würde, da sein Einkommen zu hoch sein würde. Erst später habe er durch seinen Steuerberater erfahren, dass im Sterbevierteljahr wohl keine Anrechnung erfolgen würde. Daraufhin sei er zu seinem Rentenberater, der dann auch sein Verfahrens- bzw. Prozessbevollmächtigter sei, gegangen, der ihm dies bestätigt habe. Erst daraufhin habe er einen Antrag gestellt. Daraus entnimmt der Senat, dass der Kläger an sich von dem Antragsprinzip für die Hinterbliebenenrente Kenntnis hatte. Er hat es jedoch aus Fahrlässigkeit gegen sich selbst unterlassen, sich die erforderlichen Informationen für die Einkommensanrechnung bereits zeitnah bei seinem Steuerberater, bei seinem Rentenberater bzw. bei den Auskunfts- und Beratungsstellen der Beklagten, also bei dieser direkt einzuholen. Damit hatte es der Kläger selbst in der Hand, sich aufgrund seiner Informationsrechte auch bei der Beklagten die notwendigen Informationen zu beschaffen. Indem er dieses unterlassen hat, hat er fahrlässig gegen sich selbst gehandelt. Mithin wäre eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht wesentliche Ursache dafür gewesen, dass der streitige Anspruch nicht besteht. Diesen Gesichtspunkt der Fahrlässigkeit gegen sich selbst hat im Übrigen auch das SG zutreffend hervorgehoben.
Danach war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Revisionszulassung liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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