L 11 KR 6522/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 2362/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 6522/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 18. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Kostenerstattung eines am 20. April 2006 durchgeführten refraktiven laserchirurgischen Eingriffs beider Augen (Lasik-Operation) in Höhe von 3.610,70 EUR streitig.

Bei der 1950 geborenen, bei der Beklagten krankenversicherten Klägerin bestand am rechten Auge eine Kurzsichtigkeit von - 4,75 dpt comb cyl - 1,0 dpt, Achse 11°, am linken Auge von - 4,5 dpt comb cyl - 1,0 dpt, Achse 172°.

Sie beantragte deswegen am 12. April 2006 bei der Beklagten unter Vorlage einer augenfachärztlichen Bescheinigung von Prof. Dr. W., Klinikum der Stadt L., die Kostenübernahme der Lasik-Operation in einer Größenordnung von 4.000,- EUR. Prof. Dr. W. führte aus, dass durch das hohe Gewicht der Gläser Druckekzeme auf dem Nasenrücken und hinter den Ohren entstanden seien. Kontaktlinsenversuche mit verschiedenen harten und weichen Kontaktlinsen hätten zu Druckveränderungen der Hornhaut und schlechter Benetzung geführt, so dass es zu chronischen Veränderungen der Bindehaut und Gefäßeinsprossungen in die Hornhaut als Zeichen von rezidivierenden Keratitiden gekommen sei. Beruflich wäre die Klägerin hauptsächlich mit PC-Arbeiten beschäftigt und hier insbesondere gestört. Im privaten Bereich übe sie Sportarten wie Tennis, Joggen, Schwimmen, Tauchen aus, wobei Brille und Kontaktlinsen sehr hinderlich seien. Beigefügt war weiter ein Attest der Dermatologin Dr. V., wonach es bei der Klägerin durch das Tragen der Brille zu ekzematisierten, nässenden und schmerzhaften Druckstellen gekommen sei. Das Tragen von Kontaktlinsen führe zu entzündeten Bindehäuten an beiden Augen. Deswegen könne die Klägerin aus dermatologischer Sicht weder eine Brille noch Kontaktlinsen tragen.

Mit Bescheid vom selben Tag wies die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, neue Behandlungsmaßnahmen könnten nur nach Prüfung, dass Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche, erstattet werden. Diese Beurteilung sei dem Gemeinsamen Bundesausschuss von Ärzten und Krankenkassen übertragen worden. Da die Wirksamkeit für das von der Klägerin beantragte Verfahren nicht durch eindeutige wirtschaftliche Studien bewiesen sei, sei die Methode vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht anerkannt worden. Eine Kostenübernahme sei daher nicht möglich.

Am 20. April 2006 ließ die Klägerin die Korrekturoperation durch Prof. Dr. W. durchführen. Für die Behandlung wurde ihr ein Betrag von 3.610,70 EUR in Rechnung gestellt (Schluss-Liquidation vom 9.11.2006).

Der Widerspruch der Klägerin bleib erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2006). Zur Begründung führte die Beklagte ergänzend aus, die Lasik-Operation werde privat außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung erbracht und sei damit den neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zuzuordnen. Diese dürften nur dann über die gesetzliche Krankenversicherung abgerechnet werden, wenn sie in ihrer Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspräche. Die Prüfung hierüber obliege dem Gemeinsamen Bundesausschuss, der das Ergebnis seiner Beurteilung in Richtlinien veröffentliche. In Anlage II der Richtlinien Methoden vertragsärztlicher Versorgung sei die Lasik-Operation aufgeführt, die damit nicht als Untersuchungs- und Behandlungsmethode anerkannt sei. Diese Richtlinien seien nach § 91 Abs. 9 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) verbindlich. Eine Kostenübernahme für die Lasik-Operation sei daher ausgeschlossen. Dass die Klägerin Kosten für Brillen bzw. Kontaktlinsen eingespart habe, könne ebenfalls keine andere Entscheidung rechtfertigen. Die gesetzliche Krankenversicherung kenne nicht das Prinzip des Finanzausgleichs zwischen Versicherten- und Kassenvermögen mit dem Effekt, dass die Krankenkasse den Versicherten - angeblich - ersparte Aufwendungen erstatte.

Deswegen erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) und machte geltend, ihre völlig außergewöhnlichen Dioptrienwerte von - 4,75 und - 4,5 machten es unmöglich, auf Dauer Sehhilfen in Anspruch zu nehmen, ohne mit unvermeidlichen ständigen Sehverschlechterungen rechnen zu müssen, was die Augen auf Dauer schädige. Somit gebe es überhaupt keine Alternative zu dem kleinen harmlosen ambulanten Eingriff einer Lasik-Operation, der mit vollem Erfolg durchgeführt worden sei. Künftig würden deswegen auch keine Kosten mehr für die Beklagte entstehen. Diese habe sich mit der medizinischen Indikation in keinster Weise auseinander gesetzt.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Dass es der Klägerin auf Dauer unmöglich sei, Sehhilfen in Anspruch zu nehmen, werde durch keine ärztliche Aussage gestützt. Prof. Dr. W. habe lediglich zum Ausdruck gebracht, dass eine Brillenversorgung bei diesen Werten mit großen gesundheitlichen Nachteilen verbunden wäre. Diese Aussage ließe nicht die Schlussfolgerung zu, dass eine Versorgung der Klägerin mit einer Brille unmöglich sei.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die im Parallelverfahren S 11 KR 2105/06 eingeholte Auskunft des Gemeinsamen Bundesausschuss eingeführt. Dieser teilte mit, dass der Bundesausschuss mit Beschluss vom 11. Mai 1993 die Verfahren der refraktiven Augenchirurgie den nicht anerkannten Behandlungsmethoden zugeordnet habe. Mit Beschluss des Bundesausschusses vom 10.12.1999 seien die Verfahren der refraktiven Augenchirurgie - also der brechkraftändernden Verfahren - aus der Anlage 2 (nicht anerkannte Untersuchung und Behandlungsmethoden) in die Anlage B ("nicht anerkannt") der Beschlüsse des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zu den Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 135 Abs. 1 SGB V (BUB-Richtlinien) überführt worden. Hiervon streng abzugrenzen sei das Verfahren der phototherapeutischen Keratektomie, welches für eine Behandlung der erkrankten Hornhaut des Auges in Frage komme, und zu dem der Gemeinsame Bundesausschuss am 18. Juli 2006 einen Beschluss zur Aufnahme in die Anlage 1 der zwischenzeitlich aus der vormaligen BUB-Richtlinien hervorgegangenen Richtlinie Methode vertragsärztliche Versorgung gefasst habe. Eine erneute Beratung von photorefraktiven Verfahren, insbesondere der angefragten Lasik-Operation, habe es in diesem Zusammenhang nicht gegeben.

Mit Gerichtsbescheid vom 18. Dezember 2006, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 22. Dezember 2006, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich um eine unaufschiebbare Leistung gehandelt habe. Die Beklagte habe die beantragte Leistung auch nicht zu Unrecht abgelehnt, denn die ambulante Augenoperation in Form der so genannten refraktiven Augenchirurgie nach der Lasik-Methode gehöre nicht zu den von den gesetzlichen Krankenkassen geschuldeten Leistungen. Dies ergebe sich aus § 135 SGB V in Verbindung mit den vom Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen erlassenen BUB-Richtlinien vom 10.12.1999, welche an die Stelle der früheren Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB-Richtlinien) vom 04.12.1990 getreten seien. Eine danach notwendige Empfehlung durch den Bundesausschuss liege für die vorliegende Methode nicht vor. Diese sei vielmehr als nicht anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethode eingestuft worden, weil es an den erforderlichen Langzeitbeobachtungen hinsichtlich eventueller Spätschäden fehle. Der Einwand, dass die Entscheidung bereits 1993 stattgefunden habe, führe zu keinem anderen Ergebnis. Der Bundesausschuss habe auf Nachfrage angegeben, dass neue Anträge bis zum September 2006 nicht gestellt worden seien. Der Beschluss vom 11. Mai 1993 sei auch nicht durch bloßen Zeitablauf rechtswidrig geworden. Nach wie vor lägen keine ausreichenden Studien darüber vor, wie die Langzeitwirkung der Lasik-Methode sei. Im übrigen erfordere die Annahme eines Ausnahmefalls von der Notwendigkeit einer positiven Empfehlung des Bundesausschusses, also das Vorliegen eines Systemversagens, dass die Wirksamkeit der neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode in eine für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen aufgrund wissenschaftlich einwandfrei geführter Statistiken belegt sei. Dieser erforderliche Wirksamkeitsnachweis müsse zum Behandlungszeitpunkt vorliegen. Dies sei vorliegend nicht der Fall.

Hiergegen richtet sich die am 29. Dezember 2006 eingelegte Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie ergänzend vorträgt, das SG habe zu Unrecht eine Notfallbehandlung verneint. Denn in der augenfachärztlichen Bescheinigung werde eine klare medizinische Indikation aufgeführt und von einer dauernden Sehverschlechterung gesprochen, wenn weiter Kontaktlinsen getragen würden. Auch eine Brillenversorgung sei mit großen gesundheitlichen Nachteilen verbunden. Deswegen habe sie möglichst schnell Abhilfe schaffen müssen. Die Operation erfülle auch das Kriterium der Zweckmäßigkeit. Kontaktlinsen und Brille seien nicht mehr nötig, die geschilderten Beschwerden seien verschwunden, dauernde Sehverschlechterungen könnten ausgeschlossen werden und für die nächsten Jahre und Jahrzehnte könne auf Sehhilfen verzichtet werden. Die Lasik-Methode sei in den letzten Jahren ständig verfeinert und verbessert worden. Allein in Deutschland wurden über 100.000 Verfahren pro Jahr durchgeführt. Es gäbe weder nachhaltige Schädigungen der Hornhaut noch Narbenbildungen. Die Entscheidungsfindung des Bundesausschusses sei folgerichtig fehlerhaft, da bei der Methode auf den Einzelfall abzustellen sei und die medizinische Indikation in Verbindung mit den augenfachärztlichen Bescheinigungen zu prüfen wäre, um über eine Zusage oder eine Ablehnung individuell entscheiden zu können. Deswegen habe die S.-Betriebskrankenkasse auch mitgeteilt, dass die Lasik-Behandlung von Hornhautnarben derzeit vom Bundesausschuss neu beraten werde.

Die Klägerin beantragt - teilweise sinngemäß -,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 18. Dezember 2006 sowie den Bescheid vom 12. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juli 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Lasik-Operation in Höhe von 3.610,70 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Auch ein Notfall habe bei der Klägerin nicht vorgelegen. Dies ergebe sich aus der augenfachärztlichen Bescheinigung von Prof. Dr. W., der angegeben habe, dass die Brillenversorgung nur mit großen gesundheitlichen Nachteilen möglich wäre. Das bedeute im Umkehrschluss, dass eine Versorgung mit einer Brille grundsätzlich möglich sei, wenn auch mit Nachteilen. Es treffe auch nicht zu, dass sachfremde Erwägungen in der ablehnenden Entscheidung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen aus dem Jahre 1993 schon deshalb gegeben seien und ein Systemversagen vorliege, weil diese Entscheidung mehr als zehn Jahre alt sei, so dass sie nicht mehr in das aktuelle Bild der heutigen medizinischen Möglichkeiten passe. Die Klägerin habe selber zum Ausdruck gebracht, dass die Lasik-Behandlung überprüft werde. Dies habe der Gemeinsame Bundesausschuss mit dem Ergebnis der Änderung der Richtlinie Methoden vertragsärztlicher Versorgung in Anlage 1 "Anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden" vom 18. Juli 2006 getan, wonach phototherapeutische Keratektomie mit dem Excimer-Laser zur vertragsärztlichen Behandlung zugelassen sei.

Die Berichterstatterin hat die vom Senat in dem Verfahren L 11 Kr 4509/06 eingeholte Auskunft des Gemeinsamen Bundesausschusses in das Verfahren eingeführt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG, da die Erstattungsforderung die erforderliche Berufungssumme von 500,- EUR übersteigt. Die damit insgesamt zulässige Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Erstattung der ihr durch die Lasik-Operation entstandenen Kosten.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V, den Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V sowie die Bedeutung der Entscheidung des (jetzt) Gemeinsamen Bundesausschusses (vormals Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen) und der BUB-Richtlinien (vormals NUB-Richtlinien) sowie der Erlaubnisvorbehalte in § 135 Abs. 1 SGB V, für den hier streitigen Anspruch sind im Gerichtsbescheid des SG zutreffend dargestellt. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

Nach Auffassung des Senats ist die Berufung bereits aus den vom SG ausführlich dargestellten Gründen als unbegründet zurückzuweisen. Insoweit nimmt der Senat nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des SG, denen er sich voll inhaltlich anschließt, Bezug und verzichtet auf deren erneute Darstellung.

Ergänzend ist im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren auszuführen, dass es auf die Frage einer Notfallbehandlung deswegen nicht ankommt, weil es an der erforderlichen Kausalität der Leistungsablehnung nach § 13 Abs. 1 2. Alternative SGB V nicht fehlt. Ungeachtet dessen liegen keine Anhaltspunkt für eine solche Notfallbehandlung vor. Der ärztlichen Bescheinigung des Prof. Dr. W. ist nämlich nicht zu entnehmen, dass medizinische Risiken drohen, wenn die Operation nicht sofort durchgeführt wird. Auch zeigt der konkrete Ablauf, dass es der Klägerin möglich war, die Entscheidung der Beklagten abzuwarten, die zeitgleich mit ihrem Antrag erging, um erst acht Tage später die Operation vornehmen zu lassen. Mithin bestanden keine zwingenden medizinischen Gründe für eine sofortige Behandlungsnotwendigkeit.

Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 2 SGB V scheitert daran, dass die Klägerin keinen Primäranspruch auf die streitige Lasik-Operation als Sachleistung hatte. Die Beklagte hat deswegen die Kostenübernahme für diese Behandlung auch nicht zu Unrecht verweigert, weil die begehrte Therapie zum Zeitpunkt der Behandlung nicht zu den im Rahmen des Leistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) durch zugelassene Leistungserbringer ambulant erbringbaren Leistungen gehörte.

Bei der von der Klägerin begehrten Lasik-Operation handelt es sich im Sinne des Krankenversicherungsrechts um eine "neue" Untersuchungs- und Behandlungsmethode, für die es zu dem für die Beurteilung der Leistungsansprüche maßgeblichen Zeitpunkt an einer positiven Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses fehlte. Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der erkennende Senat schließt, ist eine ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethode "neu", wenn sie zum Zeitpunkt der Behandlung nicht als abrechenbare Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) aufgeführt wird (BSGE 81, 54, 58 = SozR - 2500 § 135 Nr. 4). Das Verfahren der refraktiven Augenchirurgie, wozu die Lasik-Operation gehört, ist in diesem Sinne als neue Behandlungsmethode anzusehen und unterliegt daher dem Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Es war beim Inkrafttreten dieser Vorschrift nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung und ist seitdem nicht einbezogen worden. Dem Auftrag nach §§ 91, 92 SGB V ist der Bundesausschuss durch die Anlage B Nr. 13 der BUB-Richtlinie nachgekommen (Beschlüsse vom 11.05.1993 und 10.12.1999). War mithin für die streitige Therapie als neue Behandlungsmethode eine befürwortende Entscheidung des Bundesausschusses erforderlich, bevor sie in der vertragsärztlichen Versorgung auf Kosten der Krankenkasse erbracht werden konnte und fehlt eine solche Entscheidung in dieser Form zum Zeitpunkt der Behandlung der Klägerin, kann ihr Begehren keinen Erfolg haben. Verwaltung und Gerichte sind an die Entscheidungen des Bundesausschusses über bestimmte Methoden bereits nach § 91 Abs. 9 SGB V im Grundsatz ebenso gebunden, wie wenn der Gesetzgeber die Entscheidung selbst getroffen hätte (BSGE 86, 54).

Ein Kostenerstattungsanspruch ergibt sich auch nicht aus den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen eines so genannten Systemversagens. Ein solcher Systemmangel kann vorliegen, wenn das Verfahren vor dem Bundesausschuss von den antragsberechtigten Stellen bzw. dem Bundesausschuss selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß betrieben wurde und dies auf eine willkürliche oder sachfremde Untätigkeit bzw. Verfahrensverzögerung zurückzuführen ist (BSGE 81, 54, 65 f.). In einem derartigen Fall widersprechen die einschlägigen Richtlinien einer den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V genügenden Krankenbehandlung, die erfordert, dass Qualität und Wirksamkeit der streitbefangenen Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen, welche sich wiederum in zuverlässigen wissenschaftlich nachprüfbaren Aussagen niedergeschlagen haben müssen (ständige Rechtsprechung seit BSGE 76, 194, 199). Nach diesen rechtlichen Maßstäben liegt ein Systemversagen nicht vor. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sowohl dem Senat wie auch dem SG gegenüber ausgeführt, dass für die Behandlung der erkrankten Hornhaut des Auges das Verfahren des phototherapeutischen Keratektomie mit Beschluss vom 18. Juli 2006 anerkannt wurde. In diesem Zusammenhang ist eine Befassung mit der hier streitigen Therapie nicht erfolgt. Nichts anderes trägt auch der Klägervertreter mit der von ihm eingeführten Auskunft der S. Betriebskrankenkasse vor, denn diese bezieht sich auch nur auf Hornhautveränderungen. Hierbei darf auch nicht übersehen werden, dass die einschlägigen Anerkennungsverfahren nicht von Amts wegen durchzuführen sind und ein formeller Antrag über eine erneute Überprüfung nicht vorliegt. Angesichts der Vielzahl von Publikationen zu neuen und zu bestehenden Untersuchungs- und Behandlungsmethoden bestünde bei Prüfungen von Amts wegen zudem die Gefahr einer Überforderung und eines Lahmlegens der Arbeit des Bundesausschusses (so auch BSG, Urteil vom 26.09.2006 - B 1 KR 3/06 R). Nach den vom Senat wie auch dem SG eingeholten Auskünften bestand für den GBA keine Veranlassung, die Lasik-Behandlung erneut zu beraten. Die Klägerin hat dazu auch nichts vorgetragen. Allein der Umstand, dass der Beschluss des GBA über den Ausschluss der refraktiven Augenchirurgie längere Zeit zurückliegt und die Behandlungsmethode inzwischen verbessert wurde und vermehrt durchgeführt wird, begründet ebenfalls noch kein Systemversagen (Beschluss des LSG Rheinland-Pfalz vom 16.03.2006 - L 5 KR 20/06 - und Urteil des Thüringer LSG vom 27.03.2006 - L 6 KR 195/04 -). Das Vorbringen der Klägerin, dass die Lasik-Operation die einzige Möglichkeit war, um Schäden für die Augen abzuwenden, ist mangels positiver Empfehlung in den Richtlinien unbeachtlich und für das Ergebnis nicht relevant (vgl. BSG in SozR 3 - 2500 § 135 Nr. 4). Die gesetzliche Krankenversicherung kennt keine Leistung oder Erstattung nach dem Erfolgsprinzip, insoweit kommt es nicht auf den Einzelfall an.

Selbst wenn die Klägerin durch die durchgeführte Operation möglicherweise Folgekosten erspart hat, da sie in Zukunft keiner Sehhilfen mehr bedarf, begründet dies keinen Kostenerstattungsanspruch, denn ein solcher besteht nicht schon deshalb, weil eine Krankenkasse dadurch, dass der Versicherte Leistungen außerhalb des Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch genommen hat, vermeintlich Aufwendungen anderer Art erspart (vgl. zuletzt BSGE 79, 125).

Aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 (SozR 4 - 2500 § 27 Nr. 5) folgt ebenfalls nichts zugunsten der Klägerin. Danach ist es mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar, einem gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende medizinische Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Um eine derartige Konstellation geht es bei der Behandlung der Klägerin nicht. Denn ihre Sehschwäche ist nicht als lebensbedrohlich oder gar regelmäßig tödlich verlaufend einzuschätzen. Für eine Anspruchsbegründung aufgrund grundrechtsorientierter Auslegung ist bereits auch deswegen kein Raum mehr, weil der Bundesausschuss - nach nicht zu beanstandender Prüfung - zu der negativen Bewertung der Therapie gelangt ist. Dann ist auch verfassungsrechtlich gegen den Ausschluss einer Behandlungsmethode aus dem GKV-Leistungskatalog nichts einzuwenden, weil nach dem maßgeblichen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse medizinische Notwendigkeit, diagnostischer und therapeutischer Nutzen sowie Wirtschaftlichkeit nicht hinreichend gesichert sind (so BSG vom 07.11.2006 - B 1 KR 24/06 R).

Überdies stehen bei der Klägerin auch Behandlungsalternativen im Raum. Denn sie kann ihre Sehschwäche mit einer Brille ausgleichen. Zwar hat die Dermatologin Dr. V. ausgeführt, dass es zu ekzematisierten, nässenden und schmerzhaften Druckstellen durch das Tragen der Brille gekommen sei. Dies konnte aber bei der Untersuchung durch Prof. Dr. W. offenbar nicht bestätigt werden. Er hat lediglich ausgeführt, dass eine Brillenversorgung mit diesen Werten mit großen gesundheitlichen Nachteilen verbunden sei. Daraus folgt, worauf die Beklagte zu Recht hinweist, dass eine Brillenversorgung grundsätzlich möglich gewesen ist.

Die Berufung der Klägerin konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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