L 5 KR 4134/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 4 KR 3735/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 4134/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 5/07 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den anzurechnenden Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt zählen auch die Grundleistungen nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz;
Revision anhängig unter B 1 KR 5/07 R
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. August 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten steht die Befreiung des Klägers von der Zuzahlungspflicht für das Jahr 2004 in der gesetzlichen Krankenversicherung im Streit.

Der 1966 geborene Kläger ist seit dem 14. März 2002 für die Firma 3. GmbH in Stuttgart für ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 665,00 EUR (netto 546,62 EUR) sozialversicherungspflichtig beschäftigt und insoweit bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Daneben erhält der Kläger von der Landeshauptstadt S. aufstockend Grundleistungen gemäß den §§ 1, 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in Höhe von monatlich 448,25 EUR für sich, seine Ehefrau und seine drei Kinder (geboren 1993, 1995 und 1999). Dem liegt ein Gesamtbedarf in Höhe von 1.321,65 EUR zugrunde (Geldbetrag gem. § 3 Abs. 1 AsylbLG in Höhe von 143,15 DM sowie Zusatzleistungen nach § 3 Abs. 2 AsylbLG in Höhe von 718,35 EUR sowie Kosten der Unterkunft in Höhe von 460,15 EUR). Hiervon sind Einkünfte nach § 7 Abs. 2 AsylbLG in Höhe von 546,38 EUR (Nettoeinkünfte aus der Erwerbstätigkeit des Klägers) sowie 462,00 EUR Kindergeld abgezogen und auf der anderen Seite zu Gunsten des Klägers ein Freibetrag aus Erwerbstätigkeit in Höhe von 134,98 EUR berücksichtigt worden, sodass insgesamt Einkommen in Höhe von 873,40 EUR abgezogen wurde und ein Anspruch auf laufende Hilfe auf 448,25 EUR verblieb (Bescheid der Stadt S. vom 24. März 2004).

Mit Bescheid vom 11. Februar 2004 (ohne Rechtsbehelfsbelehrung) teilte die Beklagte dem Kläger mit, sein gesetzlich vorgeschriebener Eigenanteil an Zuzahlungen für Arzneimittel usw. betrage 71,36 EUR.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, als Flüchtling sei er nicht leistungsberechtigt nach dem Sozialhilfegesetz, er halte insbesondere auch keine Hilfe zum Lebensunterhalt, sondern sei nur aus dem AsylbLG leistungsberechtigt. Diese Geldleistung sei niedriger als die Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). In § 62 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) fänden sich keine Festsetzungen in Bezug auf einen Personenkreis, dem er angehöre. Im Übrigen errechne sich, wenn überhaupt bei ihm nur eine Belastungsgrenze in Höhe von 71,28 EUR.

Mit weiterem Bescheid vom 10. März 2004 hob die Beklagte ihren Bescheid vom 11. Februar 2004 auf und stellte nunmehr die Belastungsgrenze mit 71,28 EUR fest (dieser Bescheid enthält auch eine Rechtsbehelfsbelehrung).

Auch hiergegen erhob der Kläger erneut Widerspruch und wiederholte die bereits zuvor gemachten Ausführungen. Ergänzend führte er noch aus, es sei auch in jeder Beziehung unvertretbar, auch in seinem Fall von einem höheren, als dem von ihm tatsächlich erzielten "Bruttoeinkommen" auszugehen, um auf dieser Grundlage eine Belastungsgrenze festzusetzen. Die von der Beklagten eingenommene Linie werde den Besonderheiten seines Einzelfalles in keiner Weise gerecht.

Nachdem der Kläger im Rahmen des Widerspruchsverfahrens noch Unterlagen zu seinen Einkommensverhältnissen vorgelegt hatte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2004 den Widerspruch mit der Begründung zurück, seit dem 1. Januar 2004 regele § 62 SGB V, dass alle Versicherten während jedes Kalenderjahres Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze zu leisten hätten. Diese betrügen 2 % der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt. Die genaue Berechnung der Belastungsgrenze ergebe sich aus § 62 Abs. 2 SGB V. Nach dem gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zählten sowohl Arbeitsentgelt als auch Grundleistungen nach dem AsylbLG zu den Einnahmen. Hiernach verfüge der Kläger zwar nach Abzug der Abschläge für seine Ehefrau und die Kinder nur über ein negatives Einkommen. Die Berechnung sah im Einzelnen wie folgt aus:

Jährliche Bruttoeinnahmen = 12 x 665,00 EUR (monatl. Arbeitsentgelt) = 7 918,00 EUR Grundleistungen nach dem AsylbLG = 12 x 448,25 EUR = 5 379,00 EUR Gesamtbruttoeinnahmen = 13 359,00 EUR Abzüglich Abschlag (Ehegatten) im Jahr 2004 =./. 4 347,00 EUR Abzüglich Abschlag (3 Kinder) im Jahr 2004 =./. 10 944,00 EUR Negativeinkommen = - 1 932,00 EUR

Jedoch liege der Neuausrichtung der Härtefallregelungen mit Streichung der Möglichkeit der vollständigen Befreiung der politische Wille zugrunde, dass alle volljährigen Versicherten Zuzahlungen bis zur individuellen Belastungsgrenze zu leisten hätten. Dies gelte auch für Versicherte, die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG erhalten würden. Diese Berechnungsgröße komme auch in den Fällen zur Anwendung, in denen aufgrund der Familienabschläge der maßgebende Betrag der Einnahmen zum Lebensunterhalt unterhalb des Regelsatzes liege bzw. in denen sich rein rechnerisch ein so genanntes Negativeinkommen ergebe.

Dagegen hat der Kläger am 10. Juni 2004 Klage vor dem Sozialgericht (SG) erhoben. Zur Begründung hat er die Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.

Mit Urteil vom 25. August 2005 hat das SG der Klage statt gegeben, den Bescheid der Beklagten vom 10. März 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2004 aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger im Jahr 2004 von Zuzahlungen befreit sei. Das SG hat in dem Zusammenhang darauf verwiesen, dass sofern man § 62 Abs. 2 Satz 1 bis 3 SGB V in der seit dem 1. Januar 2004 maßgeblichen Fassung auf den Kläger und seine Familie anwende, sich wie die Beklagte zu Recht dargelegt habe, ein negatives Einkommen des Klägers ergebe (mit Hinweis auf die Berechnung im Widerspruchsbescheid Bl. 16 Verwaltungsakte -VA-). Somit sei zu entscheiden gewesen, ob trotz dieses Negativeinkommens von einer Mindestbelastungsgrenze im Sinne von § 62 Abs. 2 Satz 5 SGB V auszugehen sei, ob also stets der Regelsatz des Haushaltsvorstandes nach der Verordnung zur Durchführung des § 22 des BSHG maßgeblich sei. Dies sei nach Überzeugung des SG zu verneinen. So sei zunächst festzustellen, dass der Kläger nicht unter § 62 Abs. 2 Satz 5 SGB V falle, da er keine der dort genannten Leistungen beziehe und insbesondere auch nicht zu dem in § 264 SGB V genannten Personenkreis gehöre, da er aufgrund seiner Erwerbstätigkeit bei der Beklagten gesetzlich pflichtversichert sei und zudem insbesondere nicht Leistungen nach § 2 AsylbLG, sondern Grundleistungen nach § 3 AsylbLG erhalte. Solche Grundleistungen seien geringer als Leistungen nach § 2 AsylbLG. Auch spreche schon der Wortlaut des § 62 SGB V dafür, dass Versicherte mit einem negativen Einkommen keine Zuzahlungen zu leisten hätten. So ergebe sich auch nach der von der Beklagten angestellten Rechnung keine positive Belastungsgrenze mehr. § 62 Abs. 2 Satz 5 SGB V sei auch nicht etwa als Grundregel oder Auffangtatbestand formuliert, sondern vielmehr habe der Gesetzgeber die Hinzuziehung des Regelsatzes des Haushaltsvorstandes in Abweichung von den Sätzen 1 bis 3 geregelt. Hieraus lasse sich schließen, dass dieser Regelsatz für Personen, die nicht unter § 62 Abs. 2 Satz 5 fallen, gerade nicht gelten solle. Auch aus der Gesetzesbegründung ergebe sich die von der Beklagten vertretene Auffassung nicht. Dort werde lediglich (BT-Drs. 14/1525 S. 95) beschrieben, dass die Neuregelung die bisherige Überforderungsklausel ablöse und zu dem Ergebnis führe, dass niemand mehr als 2 % seiner Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt pro Kalenderjahr zu zahlen habe. Dass jeder mindestens wie ein Sozialhilfeempfänger zu behandeln sein solle, was die Höhe seiner Belastungsgrenze angehe, lasse sich nach der Auffassung des SG der Gesetzesbegründung nicht entnehmen. Es liege auch keine Regelungslücke vor, die etwa im Wege der Analogie zu schließen wäre (mit Hinweis hierzu auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Oktober 2004 - C 630/03). Gegen eine planwidrige Regelungslücke spreche vorliegend vor allem, dass nicht alle Versicherten, die ein Negativeinkommen zur Verfügung hätten, ohne weiteres mit Sozialhilfeempfängern bzw. Empfängern ähnlicher Leistungen gleichgestellt werden könnten. Bei § 62 Abs. 2 Satz 5 SGB V sei der Gesetzgeber offensichtlich davon ausgegangen, dass einem Sozialhilfeempfänger zugemutet werden könne, aus seinem Regelsatz Zuzahlungen in einer bestimmten Höhe zu leisten (mit Hinweis auf den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes vom 20. April 2004 - 10 TG 532/04 -). Diese gesetzgeberische Einschätzung des finanziellen Leistungsvermögens eines Sozialhilfeempfängers lasse sich jedoch nicht auch auf einen Versicherten im Sinne des § 62 Abs. 2 Satz 1 bis 4 SGB V übertragen, da solchen Versicherten nicht immer ein Mindestregelsatz zur Verfügung stehe, der auch noch für eine, wenn auch geringe Zuzahlung ausreiche. So seien Fälle denkbar, in denen ein Versicherter ein geringeres Einkommen als ein Sozialhilfeempfänger habe und keine zusätzliche Sozialhilfe oder eine ähnliche staatliche Leistung in Anspruch nehme. Einen solchen Versicherten dann so zu behandeln, als verfüge er über eben so viel Einkommen wie ein Sozialhilfeempfänger, überzeuge das SG nicht. So liege der Fall auch beim Kläger, der lediglich unter Anrechnung seines Arbeitseinkommens Grundleistungen nach § 3 AsylbLG erhalte, die niedriger seien als Sozialhilfeleistungen bzw. Leistungen nach dem SGB XII. Aus all diesen Gründen hat das SG der Klage daher statt gegeben. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hat das SG die Berufung zugelassen.

Die Beklagte hat gegen das ihr mit Empfangsbekenntnis am 14. September 2005 zugestellte Urteil am 7. Oktober 2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie geltend, dass der vom SG vorgenommenen Auslegung der gesetzlichen Norm nicht gefolgt werden könne. Der Wille des Gesetzgebers habe bei der Neuregelung des § 62 SGB V darin bestanden, dass alle volljährigen Versicherten Zuzahlungen bis zu ihrer individuellen Belastungsgrenze zu leisten hätten. Daher sei die bislang nach § 61 SGB V bestehende Möglichkeit der vollständigen Befreiung von der Zuzahlungspflicht gestrichen worden und als berücksichtigungsfähiges Einkommen der Regelsatz des Haushaltsvorstandes nach der Regelsatzverordnung festgeschrieben worden. Nach der Gesetzesbegründung habe es also eine vollständige Befreiung von Zuzahlungspflichten künftig nicht mehr geben sollen (m. H. auf BT-Drs. 14/1525 S. 95). Entgegen der Auffassung des SG ergebe sich auch dies ausdrücklich aus der Gesetzesbegründung zu § 62 SGB V. Darüber hinaus ergebe sich auch aus der Formulierung des § 62 Abs. 2 Satz 5 SGB V ("abweichend von den Sätzen 1 bis 3") keine Einschränkung auf den in §§ 62 Abs. 2 Satz 5 SGB V genannten Personenkreis. Entscheidend für die Auslegung sei vielmehr die Formulierung in § 62 Abs. 2 Satz 5 SGB V, dass für diese Personen nur der Regelsatz der Regelsatzverordnung gelte. Diese Gesetzesformulierung verdeutliche, dass es sich bei dem Einkommen der in § 62 Abs. 2 Satz 5 SGB V genannten Personen um eine Mindestgrenze handele. Für alle Versicherten mit einem Einkommen, das über dem Einkommen der in § 62 Abs. 2 Satz 5 SGB V genannten liege, würden die Ermittlungsgrundsätze für die Belastungsgrenze nach den Sätzen 1-3 des § 62 Abs. 2 SGB V gelten. Dagegen sei für diejenigen Personen, deren Einkommen dem Einkommen des in § 62 Abs. 2 Satz 5 SGB V genannten Personenkreises entspreche bzw. noch niedriger sei, nach der Gesetzesformulierung und dem gesetzgeberischen Willen, wonach es eine vollständige Befreiung nicht mehr geben solle, nur der Regelsatz für die Ermittlung der Belastungsgrenze heranzuziehen. Durch die Streichung der vollständigen Befreiung sei der Regelsatz als Mindesteinnahme für die Berechnung der Belastungsgrenze anzusetzen und gelte neben dem Personenkreis des § 62 Abs. 2 Satz 5 SGB V insbesondere auch in Fällen, in denen keine Einnahmen nachgewiesen werden könnten, berücksichtigungsfähiges Einkommen unterhalb des Eckregelsatzes liege, der maßgebende Betrag der Einnahmen zum Lebensunterhalt aufgrund der Familienabschläge unterhalb des Regelsatzes liege bzw. bei Bezügen, die derzeit nicht als Einnahmen zum Lebensunterhalt gewertet würden (z. B. Bafög, Kindergeld, Wohngeld), soweit nicht durch andere zu berücksichtigende Einnahmen der Eckregelsatz bereits überschritten werde.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. August 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Ergänzend verweist der Klägerbevollmächtigte darauf, dass § 62 Abs. 2 SGB V in der zum Entscheidungszeitpunkt maßgebenden Fassung in keiner Weise auf den Kläger anwendbar sei, da er nicht zu den an dieser Stelle vom Gesetzgeber dezidiert aufgelisteten Personengruppen gehöre. Wenn die Beklagte eine abweichende, vom angeblichen Willen des Gesetzgebers bei der Schaffung des § 62 SGB V geprägte Auslegung vortrage, derzufolge der Kläger sehr wohl zu derjenigen Klientel zu zählen sei, welche der Gesetzgeber bei der Erarbeitung des Gesundheits-Modernisierungsgesetzes 2004 mit im Blick gehabt habe, werfe sich die Frage auf, weshalb der Gesetzgeber Entsprechendes nicht in § 62 Abs. 2 SGB V in der Form zum Ausdruck gebracht habe, wie er dies - detailliert - in Bezug auf die anderen in § 62 Abs. 2 Satz 5 SGB V näher bezeichneten Personengruppen getan habe. Das AsylbLG sei überdies kein besonderer Teil des Sozialgesetzbuchs (§ 68 SGB I). Es handele sich hier um eine für eine bestimmte Gruppe von nichtdeutschen Personen geschaffene Sondernorm des Ausländer- und nicht des Sozialleistungsrechts. In der mündlichen Verhandlung vom 25. August 2005 vor dem SG sei vom Bevollmächtigten auch bereits auf die Sonderstellung des Klägers, der beispielsweise buchstäblich jeden Tag damit rechnen müsse, dass die zuständige Ausländerbehörde die Beendigung seines Aufenthalts im Bundesgebiet verfüge, verwiesen worden: Wenn nämlich ein Angehöriger des Personenkreises bis zum Erreichen der Belastungsgrenze nach § 72 Abs. 1 SGB V Kostenselbstbeteiligung zu entrichten habe, unmittelbar danach aber, als Ausfluss seines von vorneherein feststehenden, ungesicherten aufenthaltsrechtlichen Status aus Deutschland ausgewiesen werde, habe er eine in mehrfacher Hinsicht unbillige Behandlung erfahren, was nicht akzeptiert werden könne, denn er sei auf ein staatlich garantiertes Existenzminimum verwiesen, das unterhalb dem eines Sozialhilfeempfängers gelegen habe.

Die Beklagte hat auf Anfrage noch mitgeteilt, dass der Kläger im Jahr 2004 tatsächlich 35,64 EUR, im Jahr 2005 41,40 EUR und im Jahr 2006 ebenfalls 41,40 EUR an Zuzahlungen erbracht hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere aufgrund der Zulassung der Berufung durch das SG wegen grundsätzlicher Bedeutung, an die der Senat gebunden ist, statthaft.

II.

Die Berufung der Beklagten ist jedoch begründet. Entgegen der Auffassung des SG besteht ein Anspruch des Klägers auf generelle Befreiung von der Zuzahlungspflicht nach der seit dem 1. Januar 2004 in Kraft getretenen gesetzlichen Regelung in den §§ 61, 62 SGB V nicht (mehr).

Die Beklagte hat im Hinblick auf die zum 1. Januar 2004 eingetretene Gesetzesänderung in nicht zu beanstandender Weise für die Zeit ab 1. Januar 2004 eine Zuzahlungspflicht des Klägers mit einer Belastungsgrenze in Höhe von 71,28 EUR festgesetzt.

Gemäß § 61 SGB V in der ab 1. Januar 2004 geltenden Fassung aufgrund des GMG vom 14. November 2003 (BGBl. I Seite 2190) betragen Zuzahlungen, die Versicherte zu leisten haben, 10 v.H. des Abgabepreises, mindestens jedoch 5 EUR und höchstens 10 EUR; allerdings jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Als Zuzahlungen zu stationären Maßnahmen werden je Kalendertag 10 EUR erhoben. Bei Heilmitteln und häuslicher Krankenpflege beträgt die Zuzahlung 10 v.H. der Kosten sowie 10 EUR je Verordnung. Geleistete Zuzahlungen sind von dem zum Einzug Verpflichteten gegenüber dem Versicherten zu quittieren; ein Vergütungsanspruch hierfür besteht nicht.

Gemäß § 62 Abs. 1 SGB V in der seit 1. Januar 2004 aufgrund des GMG geltenden Fassung haben Versicherte während des Kalenderjahres nur Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze zu leisten; wird die Belastungsgrenze bereits innerhalb eines Kalenderjahres erreicht, hat die Krankenkasse eine Bescheinigung darüber zu erteilen, dass für den Rest des Kalenderjahres keine Zuzahlungen mehr zu leisten sind (Satz 1). Die Belastungsgrenze beträgt 2 v.H. der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt; für chronisch Kranke, die wegen derselben schwerwiegenden Krankheit in Dauerbehandlung sind, beträgt sie 1 v.H. der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt (Satz 2). Die weitere Dauer der in Satz 2 genannten Behandlung ist der Krankenkasse jeweils spätestens nach Ablauf eines Kalenderjahres nachzuweisen und vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung, soweit erforderlich, zu prüfen (Satz 3). Das Nähere zur Definition einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 (Satz 4).

Gem. § 62 Abs. 2 SGB V in der seit 1. Januar 2004 (und bis 31. Dezember 2004) maßgeblichen Fassung werden bei der Ermittlung der Belastungsgrenzen nach Abs. 1 die Zuzahlungen und die Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt der mit dem Versicherten im gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten und des Lebenspartners jeweils zusammengerechnet (Satz 1). Hierbei sind die jährlichen Bruttoeinnahmen für den 1. in dem gemeinsam im Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten um 15. v. H. und für jeden weiteren in dem gemeinsam im Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten und des Lebenspartners um 10 v. H. der jährlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches zu vermindern (Satz 2). Für jedes Kind des Versicherten und des Lebenspartners sind die jährlichen Bruttoeinnahmen um den sich nach § 32 Abs. 6 Satz 1 und 2 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) ergebenden Betrag zu vermindern; die nach Satz 2 bei der Ermittlung der Belastungsgrenze vorgesehene Berücksichtigung entfällt (Satz 3). Zu den Einnahmen zum Lebensunterhalt gehören nicht Grundrenten, die Beschädigte nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach anderen Gesetzen in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes erhalten, sowie Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schäden an Körper und Gesundheit gezahlt werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (Satz 4). Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist bei Versicherten,

1. die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) oder im Rahmen der Kriegsopferfürsorge nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach anderen Gesetzen in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes oder Leistungen nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erhalten, 2. bei denen die Kosten der Unterbringung in einem Heim oder ähnlichen Einrichtung von einem Träger der Sozialhilfe oder der Kriegsopferfürsorge getragen werden,

sowie für den in § 264 genannten Personenkreis als Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt für die gesamte Bedarfsgemeinschaft nur der Regelsatz des Haushaltsvorstandes nach der Verordnung zur Durchführung des § 22 des Bundessozialhilfegesetzes (Regelsatzverordnung) maßgeblich (Satz 5 in der bis 31. Dezember 2004 maßgeblichen Fassung).

Dem gegenüber bestimmte § 61 SGB V in der bis zum 31. Dezember 2003 maßgeblichen Fassung in Abs. 1 u. a., dass die Krankenkasse (Nr. 1) Versicherte von der Zuzahlung zu Arznei-, Verband- und Heilmitteln, Hilfsmittel sowie zu stationären Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen nach § 23 Abs. 4, § 24, 40 oder § 41 zu befreien hat, wenn die Versicherten unzumutbar belastet würden. Eine unzumutbare Belastung lag gemäß § 61 Satz 2 SGB V in der bis zum 31. Dezember 2003 maßgeblichen Fassung vor, wenn

1) die monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt des Versicherten 40 v.H. der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches nicht überschreiten, 2) der Versicherte Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz oder im Rahmen der Kriegsopferfürsorge nach dem Bundesversorgungsgesetz, Arbeitslosenhilfe nach dem Dritten Buch, Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz oder dem Dritten Buch erhält oder 3) die Kosten der Unterbringung in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung von einem Träger der Sozialhilfe oder der Kriegsopferfürsorge getragen werden.

Daneben hatte § 62 Abs. 1 in der bis zum 31. Dezember 2003 maßgeblichen Fassung bestimmt, dass die Krankenkasse die dem Versicherten während eines Kalenderjahres entstehenden notwendigen Fahrkosten und Zuzahlungen zu Arznei-, Verband- und Heilmitteln zu übernehmen habe, soweit sie die Belastungsgrenze übersteigen (Satz 1). Die Belastungsgrenze beträgt danach 2 v.H. der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt; für Versicherte, die wegen derselben Krankheit in Dauerbehandlung sind und ein Jahr lang Zuzahlungen in Höhe von mindestens 1 v.H. der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt geleistet haben, entfallen die in Satz 1 genannten Zuzahlungen nach Ablauf des ersten Jahres für die weitere Dauer dieser Behandlung, deren weitere Dauer der Krankenkasse jeweils spätestens vor Ablauf des zweiten Kalenderjahres nachzuweisen und vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung soweit erforderlich zu prüfen ist (Satz 2).

Zur Überzeugung des Senats ist entgegen der Auffassung des SG beim Kläger grundsätzlich ohne Berücksichtigung der insoweit konkreten finanziellen Verhältnisse ein Eigenanteil bei Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze in Höhe von 2 v. H. des Regel(Sozialhilfe-)satzes von 297,00 EUR (im Jahr 2004, gültig seit 1. Juli 2003) als Mindestansatz festzustellen.

Der Gesetzgeber hat nämlich im GMG zum 1. Januar 2004 ersatzlos die Möglichkeit der Befreiung von der Zuzahlung nach § 61 SGB V in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden alten Fassung abgeschafft. Er hat durch die Regelung, wonach selbst Sozialhilfeempfänger grundsätzlich auf der Grundlage des Regelsatzes Zuzahlungen zu erbringen haben, unmissverständlich dokumentiert, dass er keine Gruppe von der Zuzahlungspflicht herausnehmen will. So ist u. a. im Gesetzentwurf zum GMG (BT-Drs. 14/1525 S. 77 im Allgemeinen Teil) ausdrücklich ausgeführt:

- die Zuzahlungsregelungen werden neu gestaltet und deutlich vereinfacht: ...

- um die soziale Balance sicherzustellen, werden folgende Befreiungs- und Überforderungsregelungen vorgesehen: - für alle Versicherten einschließlich der Sozialhilfeempfänger gilt künftig für alle Zuzahlungen gleichermaßen eine Belastungsobergrenze in Höhe von 2 % des Bruttoeinkommens ... - Sozialhilfeempfänger die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, werden künftig mit GKV-Versicherten gleichbehandelt ...

Weiter ist auf S. 95 zu Nr. 40 (§ 62) in der BT-Drs. 14/1525 ausgeführt:

Es bleibt bei der bisherigen Orientierung der Überforderungsklausel am Familieneinkommen; für Kinder wird ein gesonderter Freibetrag (2003 = 3.648,00 EUR eingeführt, der an die Stelle der bisherigen prozentualen Berücksichtigung nach Abs. 2 Satz 1 tritt.

Für die bislang nach § 61 vollständig befreiten Empfänger von Fürsorgeleistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz, der Kriegsopferfürsorge oder dem Grundsicherungsgesetz sind als Bruttoeinnahmen für die Bedarfsgemeinschaft der Regelsatz des Haushaltsvorstandes nach der Regelsatzverordnung zu berücksichtigen.

Dass der Gesetzgeber auch keineswegs die Gruppe des Klägers, nämlich die Bezieher von Leistungen nach § 3 AsylbLG hat herausnehmen wollen, zeigt folgende Vergleichsberechnung. Nach der von der Beklagten vorgenommenen Berechnung ergab sich für den Kläger ein negatives Einkommen in Höhe von 1.932,00 EUR. Im Vergleich dazu würde sich bei einem Sozialhilfeempfänger mit ebenfalls einer Familie mit drei Kindern im gleichen Alter wie beim Kläger folgende Situation ergeben:

Bedarf insgesamt: Kläger als Haushaltsvorstand = 297,00 EUR Ehepartner: 238,00 EUR erstes Kind (geb.: 1993, 8-14 Jahre) 193,00 EUR zweites Kind (geb.: 1994, 8-14 Jahre) 193,00 EUR Drittes Kind (geb.:.1999, bis 7 Jahre) 149,00 EUR Gesamt: 1.070,00 EUR zuzüglich Kosten der Unterkunft: + 460,15 EUR zusammen 1.530,00 EUR abzüglich Kindergeld - 462,00 EUR verbleiben 1.068,00 EUR.

Bei Leistungen nach dem BSHG bzw. SGB XII (§ 20) und dem AsylbLG (§ 7 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 20 SGB XII bzw. §§ 22, 76, 77 BSHG) wird zwar Kindergeld bei der Prüfung der Bedürftigkeit als Einkommen der Eltern/des Haushaltsvorstandes berücksichtigt (ständige Rechtsprechung siehe BVerwG Urteil vom 16. Februar 1972 in BVerwGE 39, 314 und vom 7. Februar 1980 BVerwGE 60, 6; siehe auch Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 23. Juli 1998 in ESVGH 49, 24.) Im Gegensatz dazu ist das Kindergeld jedoch im Rahmen der Einkommensberechnung nach § 62 SGB V nicht zu berücksichtigen. Weder das Erziehungsgeld (s. Höfler in Kassler Kommentar § 62 SGB V Rdnr. 13 mit Hinweis auf BT-Drs. 11/3480 S. 57 des Berichtes des Ausschusses zum GRG in der Begründung zu § 69 Abs. 2 und 3) noch das Kindergeld werden als zweckgebundene Zuwendung als Einkommen hier angerechnet (siehe BT-Drs. 11/3237 Entwurf zum GRG S. 187 zu § 69 zu Abs. 2 und 3). Damit ist die von der Beklagten zunächst vorgenommene Einkommensberechnung nach § 62 Abs. 2 Sätze 2 und 3 SGB V - ohne Berücksichtigung des Kindergeldes als Einnahme - mit einem "Negativeinkommen" in Höhe von 1932,00 EUR nicht zu beanstanden.

Zur Höhe der Belastungsgrenze ergäbe sich damit nach der von der Beklagten auch vorgenommenen Berechnung nach § 62 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 SGB V (hier nun ohne Berücksichtigung des Kindergeldes als zusätzliches Einkommen) nunmehr Folgendes:

Einkommen (aus Sozialhilfe): 12 x 1.068,00 EUR =12.816,00 EUR Abschlag Ehegatten: - 4.347,00 EUR Abschlag Kinder -10.944,00 EUR verbleiben - 2.475,00 EUR.

Demnach hätte der Kläger als Sozialhilfeempfänger, obwohl hier sogar ein noch höheres negatives Einkommen vorliegen würde, nach der maßgeblichen Berechnung aufgrund der eindeutigen Regelung in § 62 Abs. 2 Satz 5 SGB V dennoch Zuzahlungen bis zu einer Belastungsgrenze in Höhe von 2 % aus dem monatlichen Regelsatz für den Haushaltsvorstand in Höhe von 297,00 EUR (x 12 = 3.564,00 EUR), also 71,28 EUR zu tragen.

Aus welchen Gründen nun ausgerechnet die Bezieher von (hier aufstockenden) Leistungen nach § 3 AsylbLG gegenüber anderen Beziehern staatlicher Fürsorgeleistungen (hier Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG bzw. nach dem SGB XII) privilegiert werden sollten, ist für den Senat weder aus der gesetzlichen Regelung noch aus der Gesetzesbegründung erkennbar. Es würde auch im Übrigen dem sich insgesamt gerade in der Einführung des Asylbewerberleistungsgesetzes 1993 (und den damit verbundenen im Vergleich zur allgemeinen Sozialhilfe niedrigeren Leistungen) dokumentierten Willen des Gesetzgebers, die "Einwanderung in die Sozialsysteme der Bundesrepublik Deutschland" möglichst unattraktiv zu machen, widersprechen.

Schließlich ist weiter zu berücksichtigen, dass in § 61 alter Fassung (bis 31. Dezember 2003), der die Voraussetzungen für eine vollständige Befreiung regelte, die Gruppe der Leistungsbezieher nach dem AsylbLG auch nicht genannt ist, sondern "nur" Sozialhilfeempfänger. Folglich hätte man durchaus - wollte man der jetzt hier vertretenen Rechtsauffassung des SG folgen - rückblickend die Auffassung vertreten können, dass seinerzeit zwar Sozialhilfeempfänger nach § 61 SGB V in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung von Zuzahlungen zu befreien sind, nicht aber die Gruppe der Asylbewerber, obwohl diese im Vergleich dazu niedrigere Leistungen nach dem AsylbLG bezogen haben. Tatsächlich waren aber auch diese von der Zuzahlungspflicht befreit.

Hätte der Gesetzgeber also diese Gruppe der Empfänger von Leistungen nach dem AsylbLG auch weiterhin (in Abweichung zu den übrigen Empfängern von staatlichen Fürsorgeleistungen) von der Zuzahlungspflicht generell befreien wollen, dann hätte er dies ausdrücklich in die gesetzliche Regelung auch hineingeschrieben. In § 62 Abs. 2 Satz 5 SGB V hat er zwar u. a. auch den in § 264 SGB V genannten Personenkreis ausdrücklich aufgeführt, bezüglich dessen auch der Regelsatz des Haushaltsvorstandes nach der Verordnung zur Durchführung des § 22 des Bundessozialhilfegesetzes bzw. jetzt SGB XII maßgeblich ist. Nun sind - worauf das SG auch zutreffend hingewiesen hat - in § 264 Abs. 2 SGB V nur die Empfänger von Leistungen nach dem 3. bis 9. Kapitel des Zwölften Buches (bzw. BSHG) und von Empfängern laufender Leistungen nach § 2 AsylbLG, die nicht versichert sind, genannt. Dort nicht benannt sind die Empfänger von Grundleistungen nach § 3 AsylbLG, die noch niedriger sind als die Leistungen nach § 2 AsylbLG. Auf der anderen Seite aber handelt es sich bei dem in § 264 SGB V genannten Personenkreis nur um solche Personen, die nicht pflichtversichert sind. Der Kläger aber ist über die von ihm ausgeübte sozialversicherungspflichtige Tätigkeit bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Insoweit gelten damit für ihn grundsätzlich - wie von der Beklagten auch richtig vorgenommen - die in § 62 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 SGB V aufgestellten Berechnungskriterien. Des weiteren ergibt sich aus der Regelung in § 62 Abs. 2 Satz 5 SGB V aus den oben dargestellten Gründen aber der eindeutige gesetzgeberische Wille, dass jede soziale Gruppe, auch Sozialhilfeempfänger, grundsätzlich - unabhängig von ihrer tatsächlich konkreten Leistungsfähigkeit - eine Zuzahlungspflicht in Höhe von zumindest 2 % auf der Grundlage des Regelsatzes für den Haushaltsvorstand trifft. Wie das vorhin dargestellte Rechenbeispiel zeigt, trifft nach dieser Regelung damit selbst einen Sozialhilfeempfänger, der unter Berücksichtigung der nach § 62 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 SGB V durchgeführten Berechnung sogar ein Negativeinkommen von fast 2.500,00 EUR aufweist, eine Zuzahlungspflicht. Weshalb den Kläger, der nach demselben Berechnungsmodell "lediglich" ein Negativeinkommen von 1.932,00 EUR aufweist, keine Zuzahlungspflicht treffen sollte, ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar.

Insgesamt bleibt damit zur Überzeugung des Senates festzustellen, dass der Gesetzgeber zum einen die Befreiung von der Zuzahlungspflicht für bestimmte Gruppen mit Wirkung vom 1. Januar 2004 ersatzlos gestrichen hat. Er hat des Weiteren in § 62 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 SGB V bestimmte Regelungen aufgestellt, wonach die für den Einzelnen maßgebliche Belastungsgrenze unter Berücksichtigung bestimmter Freibeträge für Familienangehörige festzusetzen ist. Er hat ferner in § 62 Abs. 2 Satz 5 ausdrücklich festgesetzt, dass selbst Sozialhilfeempfänger wie auch die Empfänger von Leistungen nach § 2 AsylbLG (§ 264 Abs. 2 SGB V), die nicht versichert sind, ebenso auch wie die Gruppe derer, die in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung auf Kosten eines Trägers der Sozialhilfe untergebracht sind (also Pflegefälle), bis zur Höhe von 2 v. H., berechnet auf der Grundlage des Regelsatzes für den Haushaltsvorstand, Zuzahlungen zu erbringen haben. In Übereinstimmung mit der Beklagten hat damit auch nach Auffassung des Senates der Gesetzgeber unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass jeder, der (ganz allgemein) Leistungen der Krankenkassen in Anspruch nimmt, mindestens bis zu einer Belastungsgrenze auf der Grundlage des Regelleistungssatzes 2 % pro Jahr als Zuzahlung zu erbringen hat. Auch in der in der Zwischenzeit mit Wirkung zum 30. März 2005 geltenden Fassung des § 62 Abs. 2 Satz 5 Nr. 1 SGB V ist lediglich u. a. das BSHG durch SGB XII ersetzt worden, im Übrigen die Regelung im Ergebnis unverändert.

Im übrigen hat der Gesetzgeber auch nicht etwa (alternativ) im AsylbLG eine Befreiungsregel aufgenommen. Im § 4 "Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt" sind die Leistungen zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände beschrieben, die zu gewähren sind. Eine Befreiung von der Zuzahlungspflicht ist dort dagegen nicht geregelt worden. Das heißt aber mit anderen Worten, dass es insoweit bei den Regelungen in § 62 SGB V auch bezüglich der Leistungsempfänger nach dem AsylbLG verbleibt.

Dieses Ergebnis stellt letztlich nach Überzeugung des Senates auch keineswegs eine unangemessene Härte dar. Denn eine jährliche Zuzahlungsverpflichtung in einer Größenordnung von 71,28 EUR bedeutet umgerechnet auf den Monat eine Zuzahlung von 5,94 EUR. Der Kläger hat im übrigen in den Jahren 2004,2005 und 2006 tatsächlich sogar nur Zuzahlungen in einer Größenordnung von 35 bis 41 EUR leisten müssen, im Schnitt pro Monat zwischen 3,00 und 3,50 EUR.

Aus all diesen Gründen ist daher auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung wird die Revision zugelassen. Denn auch in der inzwischen geltenden Fassung des § 62 Abs. 2 Satz 5 SGB V wird einerseits (Nr. 1) die Gruppe der Versicherten genannt, die Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch erhalten bzw. im Rahmen des Verweises auf den in § 264 genannten Personenkreis werden erneut u. a. die Empfänger laufender Leistungen nach § 2 AsylbLG, die nicht versichert sind, genannt. Die Gruppe des Klägers, versicherungspflichtig beschäftigt in Verbindung mit aufstockenden Leistungen nach § 3 AsylbLG, ist vom Wortlaut her nach wie vor nicht ausdrücklich erfasst.
Rechtskraft
Aus
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