Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KR 75/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten eine Operation zur Korrektur ihrer Augenlider (Blepharoplastik).
Die am 00.00.1961 geborene Klägerin leidet an einer augeprägten Erschlaffung der Augenlider (Blepharochalasis). Sie ist bei der Beklagten krankenversichert. Im Februar 2006 beantragte sie eine Operation zur Korrektur der Augenlider (Blepharoplastik). Sie legte einen Bericht des Chefarztes der Klinik für plastische Chirurgie des Luisenhospitals Aachen, Dr. H., vom 31.01.2006 vor, in dem dieser "eine zweifelsfreie Indikation zur Blepharoplastik sowohl der Ober- als auch der Unterlider" stellte. Desweiteren überreichte sie ein die Operation befürwortendes Attest ihres Hausarztes Dr. G. vom 09.02.2006. Im Juni 2006 erhielt die Beklagte zwei großformatige Fotos, auf denen das Gesicht der Klägerin abgebildet ist, und einen augenärztlichen Befundbericht von Dr. Q. vom 16.06.2006; darin heißt es, eine Kassenindikation zur Blepharochalase-Operation liege nicht vor, da keine Bedeckung/Teilbedeckung der Pupille bestehe. Die Beklagte forderte ein sozialmedizinisches Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) an; Dr. N. kam am 30.06.2006 zu dem Ergebnis, auf der Fotodokumentation sei eine leichte Erschlaffung der Oberlid- und Unterlidhaut beidseits mit Ausbildung von sogenannten beginnenden "Tränensäcken" im Bereich der Unterlider erkennbar. Die Funktion der Augen sei hierdurch in keinster Weise beeinträchtigt. Die Pupillen seien vollständig frei und würden durch die Oberlidhaut nicht bedeckt. Dieses werde vom behandelnden Augenarzt im Befundbericht vom 16.06.2006 bestätigt. Es bestehe somit keine medizinische Indikation für die vorgesehene Operation.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Antrag durch Bescheid vom 04.07.2006 ab. Den dagegen am 07.08.2006 eingelegten Widerspruch wies sie nach Einholung einer ergänzenden MDK-Stellungnahme durch Widerspruchsbescheid vom 10.10.2006 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 06.11.2006 Klage erhoben.
Sie trägt vor, unter einer Lymphabflussstörung zu leiden, in deren Folge sich Tränensäcke unter ihren Augen bildeten und sie beim Sehen behinderten. Durch die beantragte operative Straffung der Ober- und Unterlider würde Abhilfe geschaffen. Abgesehen davon würde sie durch die ausgeprägte Erschlaffung der Ober- und Unterlider entstellt; sie habe sich schon wiederholt bei Bewerbungsgesprächen anhören müssen, dass sie nicht eingestellt werde, weil man ihr ihre Krankheit förmlich ansehe.
Die Klägerin beantragt dem Sinne ihres schriftsätzlichen Vorbringens nach,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.07.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2006 zu verpflichten, ihr eine Operation zur Straffung der Ober- und Unterlider beidseits zu ge- währen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verbleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Auffassung.
Mit Schreiben vom 18.12.2006 sind die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.
II. Gemäß § 105 Abs. 1 SGG kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher angehört worden.
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer beidseitigen Ober- und Unterlidstraffungsoperation (Blepharoplastik) zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung.
Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Krankenbehandlung in Form der beidseitigen Augenlid-Korrektur-Operation, weil diese nicht "notwendig" im Sinne der genannten Vorschriften ist.
Eine Korrektur der Augenlider (Blepharoplastik) ist in der Regel eine kosmetische Operation, die nicht in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung fällt. Denn hängende Augenlider (Schlupflider) sind eine natürliche Folge des Alterns der Haut. Nur wenn - ausnahmsweise - die hängenden Oberlider zu einer Beeinträchtigung beim Sehen führen, kann eine "Erkrankung" vorliegen, die eine Leistungspflicht der Krankenkasse auslöst. Ein solcher Ausnahmefall liegt nach dem von dem Augenarzt Dr. Q. erhobenen Befund und seiner Beurteilung vom 16.06.2006 nicht vor; Dr. Q. hat eine die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung begründende Indikation zur Operation verneint. Nach seiner augenärztlichen Feststellung wird die Pupille in keiner Blickrichtung durch Lider oder Blepharochalase verdeckt. Es liegt also keine Gesichtsfeldeinschränkung vor.
Die in der Verwaltungsakte der Beklagten befindlichen großflächigen Fotos, auf denen die Augen und das Augenumfeld der Klägerin deutlich zu erkennen sind, wirken auch nicht entstellend. Wenn das Aussehen ihrer Ober- und Unterlider die Klägerin psychisch belastet, rechtfertigt dies keinen operativen Eingriff auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung. Versicherte haben keinen Leistungsanspruch auf Heilbehandlung in Form körperlicher Eingriffe, wenn diese Maßnahme nicht durch Fehlfunktionen oder durch Entstellung, also nicht durch einen regelwidrigen Körperzustand veranlasst werden (BSG, Urteil vom 19.10.2004 - B 1 KR 3/03 R = BSGE 93, 252 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 3 m.w.N.; vgl. zur Ablehnung einer Blepharoplastik auch: SG Aachen, Urteil vom 25.04.2005 - S 6 KR 40/04, bestätigt durch LSG NRW, Urteil vom 26.04.2006 - L 11 KR 22/05).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 105 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 193 SGG.
Gründe:
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten eine Operation zur Korrektur ihrer Augenlider (Blepharoplastik).
Die am 00.00.1961 geborene Klägerin leidet an einer augeprägten Erschlaffung der Augenlider (Blepharochalasis). Sie ist bei der Beklagten krankenversichert. Im Februar 2006 beantragte sie eine Operation zur Korrektur der Augenlider (Blepharoplastik). Sie legte einen Bericht des Chefarztes der Klinik für plastische Chirurgie des Luisenhospitals Aachen, Dr. H., vom 31.01.2006 vor, in dem dieser "eine zweifelsfreie Indikation zur Blepharoplastik sowohl der Ober- als auch der Unterlider" stellte. Desweiteren überreichte sie ein die Operation befürwortendes Attest ihres Hausarztes Dr. G. vom 09.02.2006. Im Juni 2006 erhielt die Beklagte zwei großformatige Fotos, auf denen das Gesicht der Klägerin abgebildet ist, und einen augenärztlichen Befundbericht von Dr. Q. vom 16.06.2006; darin heißt es, eine Kassenindikation zur Blepharochalase-Operation liege nicht vor, da keine Bedeckung/Teilbedeckung der Pupille bestehe. Die Beklagte forderte ein sozialmedizinisches Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) an; Dr. N. kam am 30.06.2006 zu dem Ergebnis, auf der Fotodokumentation sei eine leichte Erschlaffung der Oberlid- und Unterlidhaut beidseits mit Ausbildung von sogenannten beginnenden "Tränensäcken" im Bereich der Unterlider erkennbar. Die Funktion der Augen sei hierdurch in keinster Weise beeinträchtigt. Die Pupillen seien vollständig frei und würden durch die Oberlidhaut nicht bedeckt. Dieses werde vom behandelnden Augenarzt im Befundbericht vom 16.06.2006 bestätigt. Es bestehe somit keine medizinische Indikation für die vorgesehene Operation.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Antrag durch Bescheid vom 04.07.2006 ab. Den dagegen am 07.08.2006 eingelegten Widerspruch wies sie nach Einholung einer ergänzenden MDK-Stellungnahme durch Widerspruchsbescheid vom 10.10.2006 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 06.11.2006 Klage erhoben.
Sie trägt vor, unter einer Lymphabflussstörung zu leiden, in deren Folge sich Tränensäcke unter ihren Augen bildeten und sie beim Sehen behinderten. Durch die beantragte operative Straffung der Ober- und Unterlider würde Abhilfe geschaffen. Abgesehen davon würde sie durch die ausgeprägte Erschlaffung der Ober- und Unterlider entstellt; sie habe sich schon wiederholt bei Bewerbungsgesprächen anhören müssen, dass sie nicht eingestellt werde, weil man ihr ihre Krankheit förmlich ansehe.
Die Klägerin beantragt dem Sinne ihres schriftsätzlichen Vorbringens nach,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.07.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2006 zu verpflichten, ihr eine Operation zur Straffung der Ober- und Unterlider beidseits zu ge- währen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verbleibt bei ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Auffassung.
Mit Schreiben vom 18.12.2006 sind die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen die Klägerin betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.
II. Gemäß § 105 Abs. 1 SGG kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher angehört worden.
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer beidseitigen Ober- und Unterlidstraffungsoperation (Blepharoplastik) zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung.
Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Krankenbehandlung in Form der beidseitigen Augenlid-Korrektur-Operation, weil diese nicht "notwendig" im Sinne der genannten Vorschriften ist.
Eine Korrektur der Augenlider (Blepharoplastik) ist in der Regel eine kosmetische Operation, die nicht in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung fällt. Denn hängende Augenlider (Schlupflider) sind eine natürliche Folge des Alterns der Haut. Nur wenn - ausnahmsweise - die hängenden Oberlider zu einer Beeinträchtigung beim Sehen führen, kann eine "Erkrankung" vorliegen, die eine Leistungspflicht der Krankenkasse auslöst. Ein solcher Ausnahmefall liegt nach dem von dem Augenarzt Dr. Q. erhobenen Befund und seiner Beurteilung vom 16.06.2006 nicht vor; Dr. Q. hat eine die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung begründende Indikation zur Operation verneint. Nach seiner augenärztlichen Feststellung wird die Pupille in keiner Blickrichtung durch Lider oder Blepharochalase verdeckt. Es liegt also keine Gesichtsfeldeinschränkung vor.
Die in der Verwaltungsakte der Beklagten befindlichen großflächigen Fotos, auf denen die Augen und das Augenumfeld der Klägerin deutlich zu erkennen sind, wirken auch nicht entstellend. Wenn das Aussehen ihrer Ober- und Unterlider die Klägerin psychisch belastet, rechtfertigt dies keinen operativen Eingriff auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung. Versicherte haben keinen Leistungsanspruch auf Heilbehandlung in Form körperlicher Eingriffe, wenn diese Maßnahme nicht durch Fehlfunktionen oder durch Entstellung, also nicht durch einen regelwidrigen Körperzustand veranlasst werden (BSG, Urteil vom 19.10.2004 - B 1 KR 3/03 R = BSGE 93, 252 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 3 m.w.N.; vgl. zur Ablehnung einer Blepharoplastik auch: SG Aachen, Urteil vom 25.04.2005 - S 6 KR 40/04, bestätigt durch LSG NRW, Urteil vom 26.04.2006 - L 11 KR 22/05).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 105 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 193 SGG.
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