L 11 KR 4005/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 1602/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 4005/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25. April 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die Kosten einer photodynamischen Therapie (PDT) mit dem Arzneimittelwirkstoff Verteporfin (Handelsname: Visudyne) zu erstatten hat.

Der am 26.10.1943 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Kläger leidet am linken Auge an einem Aderhauthämangiom, welches Ursache für eine progrediente und im Jahre 2004 deutliche Sehverschlechterung war (Sehvermögen im Februar 2004 0,3 und im Oktober/November 2004 1/50 bzw. mit eigener Brille 1/40 Lesetafel). Eine Augenuntersuchung in der U.-A.-Klinik U. ergab eine große seröse Abhebung der Netzhaut und Beteiligung der Fovea.

Am 03.02.2004 beantragte der Kläger unter Vorlage einer augenärztlichen Bescheinigung von Prof. Dr. L., Leiterin der Sektion Konservative Retinologie und Laserchirurgie, U.-A.-Klinik U., die Kostenübernahme für die PDT bei chorioidalem Hämangiom. Dr. L. führt darin aus, in der augenärztlichen Literatur gebe es Berichte, dass mit Hilfe der photodynamischen Therapie mit Visudyne die Netzhaut wieder trocken gelegt werden könne. Die Behandlung eines Aderhauthämangioms mit photodynamischer Therapie sei bisher nicht zugelassen, so dass es sich um eine off-Lable-Behandlung handle. Die Kosten für eine Behandlungseinheit betrügen 407,30 EUR, der Farbstoff Visudyne werde rezeptiert (Kosten 1.702,10 EUR). Seitens der Krankenkasse sei zu prüfen, ob eine Kostenübernahme für die PDT erfolgen könne, um eine Erblindung des Auges zu verhindern.

Die Beklagte schaltete den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein. Dr. G. führte in seiner Beratung aus, bei vorliegender Diagnose liege weder eine Zulassung des Verfahrens durch den Bundesausschuss vor noch eine Zulassung des erforderlichen Medikamentes durch die Europäische Arzneimittelbehörde. Es handle sich daher um keine vertragsärztliche Behandlung. Da offenbar nur ein Auge betroffen und das andere Auge zu 100 % sehtüchtig sei, sei mit einer Erblindung des Patienten nicht zu rechnen.

Mit Bescheid vom 16.02.2004 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme für die beantragte Behandlung ab. Verfahren, deren Wirksamkeit nicht ausreichend bewiesen seien, seien von der Kostenübernahme ausgeschlossen. Der vom Gesetzgeber eingesetzte Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten und Krankenkassen beurteile neue Verfahren und Therapien unter Berücksichtigung aller medizinischen Erkenntnisse auf ihren diagnostischen und therapeutischen Nutzen. Die PDT sei in der Anlage B der Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien) aufgenommen und dort bei den Maßnahmen aufgeführt, die nicht als vertragsärztliche Behandlungsmethode erbracht werden dürften.

Zur Begründung seines dagegen erhobenen Widerspruchs machte der Kläger geltend, ihm drohe die Erblindung des linken Auges binnen kürzester Zeit. Als einzige mögliche Maßnahme zur Erhaltung des Augenlichts komme die beantragte Therapie in Frage. Diese sei sowohl von der U.-A.-Klinik U. als auch vom behandelnden Augenarzt Dr. B. befürwortet worden. Aufgrund der zwingenden und unaufschiebbaren Indikation werde er die notwendige Therapie durchführen lassen. Der Kläger legte u.a. Befundberichte der U.-A.-Klinik U. vom 05.02.2004 (LA: makuläres Aderhaut-Hämangiom, Fern-Visus LA: 0,3 p), der Augenärzte Dres. B. vom 26.01.2004 (Diagnose: links Aderhaut-Tumor (kavernöses Hämangiom); Akromegalie; Z.n. Hypophysen-OP 1994; allergische Diathese; Angina pectoris; der ophtalmologische Fundusbefund ist seit Jahren unverändert. Subjektiv und visusmäßig ist eine Verschlechterung eingetreten) und Kopien von Studienergebnissen vor.

Dr. G. führte hierzu in einer weiteren Stellungnahme aus, als alternative Behandlungsmöglichkeit könne eine konventionelle Laser- bzw. Kryokoagulation genannt werden. Manchmal werde auch eine Strahlentherapie durchgeführt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.05.2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück: Die Prüfung und Feststellung, ob eine neue Behandlungsmethode dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche, obliege nicht der einzelnen Krankenkasse, sondern dem Gemeinsamen Bundesausschuss (§ 135 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V -). Die Abrechnung einer noch nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode sei grundsätzlich ausgeschlossen, solange sich der Bundesausschuss zur Notwendigkeit und zum therapeutischen Nutzen der bestimmten Methode noch nicht geäußert habe. Der Gemeinsame Bundesausschuss habe die Wirksamkeit der PDT nur bei altersabhängiger feuchter Makuladegeneration mit subfoveolärer klassischer choriodaler Neovaskularisation als wirksame Behandlungsmethode anerkannt. Beim Kläger liege diese Form der Erkrankung jedoch nicht vor. Die PDT solle vorliegend vielmehr in einem Bereich Anwendung finden, für den keine Empfehlung des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vorliege. Eine Kostenübernahme sei daher ausgeschlossen.

Deswegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Ulm (SG), mit der er unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung von Prof. Dr. L. vom Mai 2004 und einer Notiz über ein Telefongespräch seines Prozessbevollmächtigten mit Prof. Dr. L. sein Begehren weiterverfolgte.

Am 23.11.2004 wurde in der U.-A.-Klinik U. die PDT am linken Auge des Klägers durchgeführt. Der Kläger legte hierzu Befundberichte von Prof. Dr. L. vom 02.11.2004 (Fern-Visus: LA 1/40), 07.12.2004 (Fern-Visus: LA 1/30), 10.02.2005 (Fern-Visus: LA 1/20) und vom 28.02.2005 (Fern-Visus: LA 1/40 LT) sowie das Informationsblatt/Kostenübernahmeerklärung zur Abrechnung der PDT als außervertragliche Leistung vom 23.11.2004 (Gesamtbetrag 1.651,33 EUR) vor.

Dr. G. vom MDK äußerte sich dazu in einer sozialmedizinischen Beratung des Beklagten dahingehend, dass es sich bei dem Aderhauthämangiom um keine exotische Erkrankung handle, so dass "Studien diese Erkrankung mittels PDT zu behandeln möglich" seien und auch bereits durchgeführt worden seien.

Das SG hörte Prof. Dr. L., Direktor der U.-A.-Klinik U., als sachverständigen Zeugen. Dieser teilte mit, dass das Aderhauthämangiom eine seltene Erkrankung sei, deren genaue Häufigkeit des Auftretens unbekannt sei. Als heute relevante Therapiemöglichkeiten bestünden die Bestrahlung, Laserkoagulation, transpupillare Thermotherapie und seit neuestem auch die photodynamische Therapie. Mit der Bestrahlung stehe zwar eine Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung, die in 38,9 % zu einer Verbesserung, in 38,9 % zu einer Stabilisierung und in 22,2 % der Fälle zu einer Verschlechterung der Sehschärfe führe. Auf der anderen Seite könne es dadurch zu erheblichen Nebenwirkungen und Spätfolgen in den umliegenden Geweben, insbesondere im Bereich der Linse und der Netzhaut kommen. Bei der konventionellen Lasertherapie sei der Verlauf insgesamt eher ungünstig, so werde bei 72 % der Patienten von einem Sehschärfeergebnis nach Behandlung von weniger als 40 % berichtet und ein weiterer Sehschärfeabfall bei 1/3 der Patienten über den Verlauf von 10 Jahren beschrieben. Es sei zu beachten, dass dabei nicht der Tumor selbst, sondern nur die ihn begleitende Netzhautabhebung therapiert werde. Die transpupillare Thermotherapie (Laserbehandlung, die über eine reine Überwärmung des Gewebes einen Effekt erziele) zeige in einer Studie von Garcia-Arumi im Jahr 2000 zwar einen Rückgang der Tumorgröße, die Sehschärfeergebnisse seien jedoch enttäuschend. Das Aderhauthämangiom werde sowohl im nationalen als auch im internationalen Rahmen erforscht. Insbesondere im Hinblick auf eine photodynamische Therapie fänden sich 15 Studien, verteilt über die letzten fünf Jahre. In einer aktuellen Studie von Michels et al, 2005, habe bei 13 von 15 Patienten durch die photodynamische Therapie eine Visusverbesserung erzielt werden können, bei den restlichen Patienten habe sich eine stabile Sehschärfe gefunden. In einer anderen Studie von Singh, 2004, habe ebenfalls in 80 % der Patienten die Sehschärfe stabil gehalten bzw. verbessert werden können, wobei sich darunter auch Patienten befunden hätten, die zuvor erfolglos mittels Bestrahlungstherapie und transpupillärer Thermotherapie behandelt worden seien. Insgesamt lasse sich sagen, dass mittels photodynamischer Therapie eine langfristige vollständige Rückbildung von Aderhauthämangiomen erreicht werden könne. Die Nachteile anderer Methoden, wie ein gehäuftes Wiederauftreten und therapiebedingte Gewebeschäden, hätten nicht festgestellt werden können. Die PDT erscheine daher auch im Langzeitverlauf eine der derzeit am besten geeigneten Behandlungsmethoden von Aderhauthämangiomen zu sein (Michel et al 2005).

Das SG holte ferner eine Auskunft des Gemeinsamen Bundesausschusses (Rechtsnachfolger des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen) - Unterausschuss "Ärztliche Behandlung" - ein. Danach habe der vormals zuständige Bundesausschuss mit Beschluss vom 16.10.2000 die photodynamische Therapie mit Verteporfin bei altersabhängiger feuchter Makuladegeneration mit subfoveolärer klassischer choriodaler Neovaskularisation in die vertragsärztliche Versorgung aufgenommen und der Anlage A der BUB-Richtlinien zugewiesen. Die damalige Überprüfung habe sich auf die für Verteporfin zu diesem Zeitpunkt zugelassene Indikation beschränkt. Derzeit werde die PDT mit Verteporfin für folgende Indikationen gemäß § 135 Abs. 1 SGB V überprüft: Bei pathologischer Myopie, bei rein okkulter CNV bei AMD, bei juxtafoveolärer CNV und bei sekundärer CNV nach Chorioretinitis unklarer Genese (Antrag vom 06.05.2002 und erweiterter Antrag aufgrund der veränderten Zulassungen von Verteporfin § 135 Abs. 1 SGB V vom 18.09.2003). Bei der Diagnose "Aderhauthämangiom" handle es sich um eine Erkrankung, die durch den Beratungsantrag nicht erfasst werde. Der Geschäftsführung lägen keine Informationen über diese Methode für die genannten Indikationen vor. Beigefügt wurde ein Schreiben des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zum Zulassungsstatus für Verteporfin vom Oktober 2004.

Mit Urteil vom 25.04.2006, den Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 17.07.2006, wies das SG die Klage ab. In den Entscheidungsgründen führte es im wesentlichen aus, die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für eine PDT mit Verteporfin hänge wegen der Eigenart dieser Therapie im Grundsatz sowohl von einer deutschen arzneimittelrechtlichen Zulassung ab als auch von einer Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses. Beide Voraussetzungen seien zum Zeitpunkt der Durchführung nicht erfüllt. Aber auch im Jahre 2006 bestünde kein Anspruch auf Kostenübernahme bzw. Kostenerstattung im Falle des Klägers, da der Gemeinsame Bundesausschuss mit Beschluss vom 21.02.2006 die PDT mit Verteporfin nur bei subfovealer chorioidaler Neovaskularisation infolge pathologischer Myopie und bei rein okkulter Neovaskularisation aufgrund von altersabhängiger feuchter Makuladegeneration als Untersuchungs- und Behandlungsmethode anerkannt habe. Bei dem Aderhauthämangiom handle es sich auch nicht um eine sehr seltene Krankheit, die sich wegen ihrer Seltenheit der systematischen wissenschaftlichen Untersuchung entziehe und für die deshalb keine wissenschaftlich auf ihre Wirkung überprüfte Behandlungsmethode zur Verfügung stehen könne. Aus dem Befundbericht des Prof. Dr. L. ergebe sich, dass die beim Kläger vorliegende Erkrankung sowohl im nationalen als auch im internationalen Rahmen erforscht werde und zum anderen, dass alternative Therapiemöglichkeiten wie z.B. Bestrahlung, Laserkoagulation sowie transpupillare Thermotherapie zur Verfügung stünden. Eine Leistungspflicht der Beklagten scheide somit aus. Die bei der Bestrahlungstherapie möglicherweise auftretenden Nebenwirkungen und Spätfolgen könnten daher an diesem Ergebnis nichts ändern. Auch der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 könne für den Kläger keinen Anspruch auf Kostenerstattung begründen, da es sich beim Aderhauthämangiom weder um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung handle noch keine dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechende Behandlung existiere.

Hiergegen richtet sich die am 09.08.2006 eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor, entgegen dem SG sei die bei ihm im Behandlungszeitpunkt bestehende Krankheitssituation einzigartig gewesen, da die Häufigkeit des Aderhauthämangioms in weniger Fällen als zwischen fünf und sieben pro einer Million Menschen auftrete. Die vom SG vorgenommene Interpretation des Urteils des Bundessozialgerichts vom 19.10.2004 (B 1 KR 27/02 R) könne nicht geteilt werden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25. April 2006 sowie den Bescheid vom 16. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Mai 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die im Rahmen der photodynamischen Therapie entstandenen Kosten in Höhe von 1.651,33 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat Prof. Dr. L. und Dr. B. als sachverständige Zeugen gehört.

Prof. Dr. L. hat dargelegt, vor Durchführung der photodynamischen Therapie am 23.11.2004 habe die Sehschärfe am linken Auge am 02.11.2004 mit eigener Brille 1/40 Lesetafel betragen. Bei der letzten Untersuchung am 09.03.2006 habe sich eine Sehschärfe am linken Auge mit eigener Brille 1/10 Lesetafel ergeben. Die exsudative Amotio habe sich durch die photodynamische Therapie zurückgebildet. Die zystoide Makulopathie sei weitgehend abgeheilt. Die photodynamische Therapie habe somit zu einer Befundbesserung am linken Auge geführt. Vor der PDT sei in der U.-Klinik U. keine weitere Therapie durchgeführt worden, da eine off-label Therapie als eines der besten Therapieverfahren angesehen werde. Als heute relevante Therapiemöglichkeiten stünden die Bestrahlung, Laserkoagulation, transpupillare Thermotherapie und die photodynamische Therapie zur Verfügung. Eine Laserbehandlung sei nicht möglich gewesen und die Strahlentherapie und die transpupillare Thermotherapie hätten ein ungünstigeres Nebenwirkungsprofil. Bei der photodynamischen Therapie komme es dagegen häufig zu einer kompletten Rückbildung des Hämangioms wie beim Kläger. Das Aderhauthämangiom sei eine seltene Erkrankung, deren genaue Häufigkeit des Auftretens unbekannt sei. Daher gebe es nur Fallberichte in der Literatur. Eine Zulassungsstudie könne aufgrund der weltweit geringen Fallzahl nicht durchgeführt werden. Bezüglich des Behandlungskonzeptes der photodynamischen Therapie beim Aderhauthämangiom seien in letzter Zeit weitere Studien durchgeführt worden. Diese seien u.a. von Michels S. (2005), von Kubika-Trzaska (2006) sowie Vicuna-Kojchen (2006). Diese zeigten auf, dass die photodynamische Therapie bei einem Aderhauthämangiom zu einer Stabilisierung des Befundes führen könne und die Behandlung zusätzlich sehr komplikationsarm sei. Eine randomisierte Studie sei nicht bekannt. Aufgrund der Erfolge der photodynamischen Therapie bei einem Aderhauthämangiom hinsichtlich einer Befundstabilisierung sowie der Tatsache, dass die Therapiemaßnahme sehr risikoarm sei, bestehe in den einschlägigen medizinischen Fachkreisen Konsens, dass derzeit die off-label Behandlung der photodynamischen Therapie die erste Therapieoption sei. Bei Zunahme des Befundes, insbesondere der begleitenden exsudativen Amotio bei Aderhauthämangiom hätte beim Kläger die Gefahr einer Erblindung des linken Auges bestanden.

Dr. B. hat unter Beifügung eines Computerausdrucks und weiterer Arztunterlagen (u.a. Arztbriefe der U.-A.-Klinik U. vom 05.02., 07.12. und 02.11.2004, 10.02. und 28.02.2005) über Behandlungen des Klägers seit Anfang 1990 berichtet. Bei der letzten Untersuchung im November 2006 habe sich eine Sehschärfe R = 0,9 - 1,0 und L = 1/50 ergeben. Nach seiner Kenntnis sei vor der PDT keine aktive Therapie durchgeführt worden. Der Kläger habe sich in der A.-Klinik M., in L. und in der A.-Klinik U. vorgestellt. Die Sehschärfe am linken Auge habe sich im Jahr 2004 von 0,2 (26.01.2004) auf 0,1 (03.08.2004) und schließlich auf 1/50 (22.10.2004) verschlechtert. Aufgrund der über die Jahre progredienten Sehschärfenverschlechterung habe man ohne Behandlung mit einem Fortgang der Verschlechterung rechnen müssen. Nach den Richtlinien der Deutschen Ophtalmologischen Gesellschaft sei die Herabsetzung der Sehschärfe auf 1/50 oder weniger als Erblindung anzusehen. Die Herabsetzung auf 1/50 habe bereits bei der Untersuchung am 22.10.2004 vorgelegen, also vor Durchführung der PDT. Der Aderhauttumor am linken Auge sei nach der PDT ophtalmoskopisch etwas kleiner (flacher) geworden, die Sehschärfe sei auf dem Stand vor der PDT bei 1/50 geblieben. Subjektiv habe der Kläger erst eine leichte Verschlechterung, später eine leichte Besserung empfunden.

Hierzu hat die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. G. vorgelegt, derzufolge es sich bei dem sehr langsam wachsenden Tumor nicht um eine lebensgefährliche Erkrankung handle, auch sei eine Blindheit im Sinne des Gesetzes nicht zu erwarten, da es sich um eine einseitige Augenerkrankung handle. Das Aderhauthämangiom sei keine "singuläre Erkrankung", da eine ganze Reihe wissenschaftlicher Untersuchungen vorliege. Therapiemöglichkeiten stellten konventionelle Laserkoagulation sowie Kryokoagulation und fraktionierte niedrig dosierte Strahlentherapie dar. Es seien Erfolge mit der PDT bei Hämangiomen der Aderhaut in der Literatur beschrieben worden.

Der Kläger hat zuletzt noch Unterlagen über seine Vorstellung in der A.-Klinik J. G. in L. von 1991, eine Terminkarte über Vorstellungen in der U.-A.-Klinik M. (September und Dezember 1988), ferner Unterlagen bezüglich seiner Wehrdienstfähigkeit und Arztbriefe der U.-A.-Klinik U. vom September 1991 und des Dr. B. vom Dezember 1994 vorgelegt.

Die U.-.-Klinik M. hat auf Anfrage des Senats mitgeteilt, keine Unterlagen über den Kläger gefunden zu haben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG, da die Erstattungsforderung die Berufungssumme von 500,- EUR übersteigt. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die im November 2004 durchgeführte PDT mit Verteporfin (Visudyne).

Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Krankenbehandlung gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V, für eine Kostenerstattung gemäß § 13 Abs. 3 SGB V sowie die Bedeutung der Entscheidung des (jetzt) Gemeinsamen Bundesausschusses (vormals Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen) und der BUB-Richtlinie - Erlaubnisvorbehalt in § 135 Abs. 1 SGB V - für den hier streitigen Anspruch sind im Urteil des SG zutreffend dargestellt. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

Nach Auffassung des Senats ist die Berufung bereits aus den vom SG ausführlich dargestellten Gründen als unbegründet zurückzuweisen. Insoweit nimmt der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des SG, denen er sich vollinhaltlich anschließt, Bezug und verzichtet auf deren erneute Darstellung.

Ergänzend ist auszuführen, dass die PDT mit Verteporfin nicht isoliert nur als Arzneimittelgabe bewertet werden kann mit der Folge eines möglichen zulassungsüberschreitenden Einsatzes von Verteporfin (Off-Label-Use). Es handelt sich hier um eine einheitlich zu erbringende zusammengesetzte Therapie. Nur durch das Zusammenspiel von Medikament und niedrig energetischem Diodenlaser tritt die Wirkung der Therapie ein. Der Handhabung durch den Arzt kommt für den Therapieerfolg ein mindestens ebenso großes Gewicht zu wie dem Wirkprinzip des in den Körper eingebrachten Stoffes und kennzeichnet die PDT als eine über die schlichte Verabreichung eines Arzneimittels hinausreichende neue Behandlungsmethode, die infolge dessen eine über das Arzneimittelrecht hinausreichende Prüfung verlangt. In einem solchen Fall kommt eine Leistungspflicht erst dann in Betracht, wenn die leistungsrechtlichen Mindestvoraussetzungen für ein neues Arzneimittel und diejenigen für eine neue Behandlungsmethode kumulativ erfüllt sind. Dies bedeutet, dass neben der arzneimittelrechtlichen Zulassung der PDT eine Empfehlung des Bundesausschusses ausgesprochen worden sein muss, um die Zugehörigkeit zur vertragsärztlichen Versorgung zu begründen. Die PDT ist nicht vom Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V ausgenommen (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2005 - B 1 KR 27/02 R -).

Hiervon ausgehend fehlte dem Arzneimittel Visudyne (R) zum Zeitpunkt der Behandlung des Klägers im November 2004 die Zulassung für die Indikation "Aderhauthämangiom". Vielmehr beschränkte sich die Zulassung, wie sich aus der Stellungnahme des Gemeinsamen Bundesausschusses im erstinstanzlichen Verfahren ergibt, auf die Indikationen: zur Behandlung von Patienten mit vorwiegend klassischen subfovealren chorioidalen Neovaskularisation (CNV) und subfoveale CNV infolge pathologischer Myopie sowie "occult subfoveal CNV due to age-related macular degeneration".

Insbesondere steht einer Leistungspflicht der Beklagten aber auch entgegen, dass es bezüglich der PDT mit Verteporfin zur Behandlung eines Aderhauthämangioms an einem positiven Votum des Gemeinsamen Bundesausschusses fehlt. Bisher wurde die PDT bei altersabhängiger feuchter Makuladegeneration mit subfoveolärer klassischer choriodaler Neovaskularisation (Beschluss vom 16.10.2000) und bei subfovealer chorioidaler Neovaskularisation (CNV) aufgrund von pathologischer Myopie sowie subfovealer okkulter CNV ohne klassischen Anteil aufgrund von altersabhängiger feuchter Makuladegeneration (Beschluss vom 21.02.2006) in die vertragsärztliche Versorgung aufgenommen und der Anlage A der BUB-Richtlinien zugewiesen (Nr. 8 und Nr. 11). Durch die Richtlinien des Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V wird nach der ständigen Rechtssprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, der Umfang der dem Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2002 - B 1 KR 16/00 R - in SozR 3 - 2500 § 92 Nr. 12). Diese Richtlinien sind nunmehr nach § 91 Abs. 9 SGB V in der seit 01.01.2004 gültigen Fassung für die Versicherten verbindlich. Diese Vorschrift setzt lediglich die Rechtsprechung des BSG um, wonach der Bundesausschuss über den therapeutischen Nutzen neuer Behandlungsmethoden verbindlich auch für die Gerichte entscheidet, so dass ihnen die Qualität untergesetzlicher Rechtsnormen zukommt (vgl. BSG SozR 3 - 2500 § 138 Nr. 2; BSG, Urteil vom 04.04.2006 - B 1 KR 12/05 R -). Dies bedeutet, dass der Vertragsarzt die Anwendung einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode nur abrechnen darf, wenn sie in den sog. Positiv-Katalog (Anlage A der BUB-Richtlinien) aufgenommen wurde, und auch die versicherten Leistungsempfänger können die Anwendung einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode zu Lasten der Krankenkassen - von dem Sonderfall eines "Systemversagens" abgesehen - nur beanspruchen, wenn eine positive Empfehlung in den Richtlinien vorliegt. Der Einwand des Versicherten, die Methode sei gleichwohl zweckmäßig oder in seinem konkreten Fall wirksam, ist hiernach grundsätzlich unbeachtlich und für das Ergebnis nicht relevant (vgl. BSG, Urteil vom 16.09.1997 - 1 RK 28/95, SozR 3 - 2500 § 135 Nr. 4). Eine Empfehlung des Bundesausschusses kann dabei grundsätzlich nur Wirkung für die Zukunft entfalten. Vor Aufnahme in die Richtlinien war die Methode gerade noch nicht hinreichend erprobt und gesichert (vgl. BSG SozR 3 - 2500 § 135 Nr. 12).

Anhaltspunkte für ein Systemversagen bestehen vorliegend nicht. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V auf Antrag einer kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer kassenärztlichen Vereinigung oder eines Spitzenverbandes der Krankenkassen tätig wird und nur bei einer entsprechenden Antragstellung in Richtlinien nach § 92 SGB V Empfehlungen abgibt über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu den bereits von den Krankenkassen erbrachten Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung. Ein solcher Antrag gemäß § 135 SGB V für die Behandlung eines Aderhauthämangioms mittels photodynamischer Therapie mit Verteporfin ist bisher nicht gestellt worden. Nach der Auskunft des Gemeinsamen Bundesausschusses im erstinstanzlichen Verfahren handelt es sich bei dem Aderhauthämangiom um eine Erkrankung, die durch den bisherigen erweiterten Beratungsantrag nicht erfasst wird. Insoweit ist nämlich der Nachweis wissenschaftlich geführter Studien erforderlich. Der Bundesausschuss hat nicht selbst über den medizinischen Nutzen einer bestimmten Methode zu urteilen. Seine Aufgabe ist es vielmehr, sich einen Überblick über die veröffentlichte Literatur und die Meinung der einschlägigen Fachkreise zu verschaffen und danach festzustellen, ob ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens über die Qualität und Wirksamkeit der in Rede stehenden Behandlungsweise besteht (BSG, Urteil vom 04.04.2006 - B 1 KR 12/05 R -). Allein der Umstand, dass die PDT auch bei Aderhauthämangiomen Erfolge zeitigt, begründet noch kein Systemversagen. Lediglich für die nunmehr in Nr. 11 der Anlage A zur Anerkennung gekommene Indikation hat sich der Gemeinsame Bundesausschuss nach den vorliegenden Studien von der Wirksamkeit überzeugen können.

Die fehlende Empfehlung des Bundesausschusses stünde dem Anspruch des Klägers nur dann nicht entgegen, wenn es sich beim Aderhauthämangiom um eine sehr seltene Erkrankung handeln würde, die sich wegen ihrer Seltenheit der systematischen wissenschaftlichen Untersuchung entzieht und für die deshalb keine wissenschaftlich auf ihre Wirkung überprüfte Behandlungsmethode zur Verfügung stehen kann. Hiervon vermochte sich indes auch der Senat wie das SG nicht zu überzeugen. Aus den Darlegungen von Prof. Dr. L. ergibt sich zwar, dass das Aderhauthämangiom eine sehr seltene Erkrankung ist, deren genaue Häufigkeit des Auftretens unbekannt ist. Die Behandlung dieser Erkrankung wird jedoch sowohl im nationalen wie im internationalen Rahmen erforscht. Dies zeigen zum einen die Studien zu den alternativen Behandlungskonzepten (Bestrahlung, Laserkoagulation, transpupillare Thermotherapie), wobei insbesondere mit der Bestrahlung in etwa 78 % der Behandlungen eine Verbesserung bzw. Stabilisierung erreicht werden kann, und neuerdings die genannten 3 Studien 2005/2006 zum Behandlungskonzept der PDT beim Aderhauthämangiom. Die Therapie intraokularer Hämangiome, wie der solitären Aderhauthämangiome, war auch Gegenstand der Augenärztlichen Akademie Deutschland (AAD) im März 2005, wie eine Internet-Recherche ergab. Die Krankheitssituation des Klägers war mithin im Zeitpunkt der Behandlung weder einzigartig noch einer anderen Therapiemöglichkeit nicht zugänglich. Letztere wurden vielmehr gar nicht versucht. Insoweit kann sich der Kläger nicht auf die Entscheidung des BSG vom 19.10.2004 - B 1 KR 27/02 R - stützen. Das BSG hat deutlich gemacht, dass der Einsatz einer derartigen Therapie außerhalb des vom SGB V vorgegebenen Leistungsrahmens nur in notstandähnlichen Situationen zuzulassen ist, wenn eine schwerwiegende (lebensbedrohliche oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende) Erkrankung behandelt werden soll, für die keine andere Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung steht (BSG, a.a.O., Juris Rdnr. 34).

Schließlich kann der Kläger einen Leistungsanspruch auch nicht aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 - 1 BvR 347/98 - herleiten. Dieser ist nicht einschlägig in Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Erkrankung den Versicherten zwar erheblich beeinträchtigt, aber weder lebensbedrohlich ist noch regelmäßig tödlich verläuft noch wertungsmäßig vergleichbar schwer und folgenreich ist.

Die Berufung des Klägers konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved