S 35 AL 1483/04

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
35
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 35 AL 1483/04
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Frage der Versicherungspflicht bei einer Beschäftigung im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM), die vor dem 31.12.2003 begonnen wurde und am 31.12.2003 durch Winterpause unterbrochen war;
I. Die Klage wird abgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Arbeitslosengeld und dabei insbesondere die Frage der Versicherungspflicht im Rahmen einer ABM-Beschäftigung streitig.

Die O. A. und I. GmbH ( ...) beantragte im Mai 2002 bei der Beklagten die Förderung einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) für Verschönerungs- und Sanierungsarbeiten im Gelände des Nord- und Südfriedhofs der Stadt H ... Mit Bescheid vom 08.08.2002 sprach die Beklagte die Förderung der Maßnahme (Nr. 150/02) aus und bewilligte die Beschäfti-gung für acht vom Arbeitsamt zuzuweisende Arbeitnehmer mit 34,2 Stunden wöchentlich. Die voraussichtlichen Gesamtkosten der Maßnahme betragen 174.532,00 EUR, davon bewil-ligte die Beklagte eine Gesamtförderung in Höhe von 157.082,00 EUR. Die Förderungsdauer soll ein Jahr betragen. Der Maßnahmebeginn war auf den 01.09.2002, das voraussichtliche Ende auf den 31.01.2004 - bei einer Winterunterbrechung der Maßnahme vom 01.11.2002 bis 31.03.2003 - festgelegt.

Durch Vermittlungsvorschlag vom 20.08.2002 wurde dem Kläger die ABM-Beschäftigung als Objektleiter bei der O. A. und I. GmbH – Zweigstelle H. angeboten. Der Kläger schloss daraufhin am 30.08.2002 mit der O. A. und I. GmbH einen befristeten Arbeitsvertrag ent-sprechend der Maßnahme Nr. 150/02. Nach § 1 Abs. 1 des Arbeitsvertrages beginnt das Arbeitsverhältnis am 01.09.2002 und endet voraussichtlich am 31.01.2004. Das Arbeits-verhältnis soll durch eine Winterpause vom 01.11.2002 bis 31.03.2003 unterbrochen wer-den. Sollten durch das Arbeitsamt weitere genehmigte Maßnahmeunterbrechungen eintre-ten, wird das Ende des Arbeitsverhältnisses um deren Dauer verschoben (§ 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages). Das Arbeitsverhältnis endet durch die Beendigung der dem Vertrag zugrunde liegenden geförderten Maßnahme, ohne dass es einer Kündigung bedarf (§ 7 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitsvertrages).

Der Kläger nahm die Beschäftigung im Rahmen der ABM am 01.09.2002 auf. Am 15.10.2002 meldete er sich für die Dauer der Winterpause (vom 01.11.2002 bis 31.03.2003) arbeitslos und bezog für den Zeitraum vom 01.11.2002 bis 31.03.2003 Ar-beitslosenhilfe von der Beklagten. Am 01.04.2003 nahm er erneut die ABM-Beschäftigung bei der O. A. und I. GmbH auf. Diese beantragte mit Schreiben vom 14.08.2003 bei der Beklagten eine zweite Winterpause für den Zeitraum vom 01.11.2003 bis 31.03.2004, was durch die Beklagte mit 1. Ergänzungsbescheid vom 18.08.2003 bewilligt wurde. Das Maß-nahmeende verschob sich daraufhin auf den 30.06.2004. Aufgrund der zweiten Winterpau-se meldete sich der Kläger am 22.10.2003 arbeitslos und bezog vom 01.11.2003 bis 31.03.2004 von der Beklagten Arbeitslosenhilfe. Vom 01.04.2004 bis 30.06.2004 war er erneut im Rahmen der ABM-Beschäftigung bei der O. A. und I. GmbH tätig. Während dieses Zeitraumes wurden für den Kläger keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung ab-geführt.

Der Kläger meldete sich am 19.05.2004 zum 01.07.2004 arbeitslos und beantragte Arbeits-losengeld bzw. Arbeitslosenhilfe. Mit Schreiben vom 17.06.2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass zum 01.01.2004 Neuregelungen, u.a. im § 27 SGB III, in Kraft getreten seien. Die im Jahr 2004 zugewiesenen Arbeitnehmer seien während ihrer Tätigkeit in ABM von der Zahlung des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung befreit und erwerben keinen neuen Leistungsanspruch. Dies gelte auch für ABM-Maßnahmen, die nach altem Recht bewilligt, durch Winterpause unterbrochen und erneut im Jahr 2004 zugewiesen wurden. Mit Bescheid vom 14.07.2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosen-hilfe ab 01.07.2004 bis zum Ablauf des Bewilligungsabschnittes (31.12.2004).

Gegen die Nichtanerkennung seines Anspruchs auf Arbeitslosengeld im Anschluss an eine ABM mit einjähriger Dauer hat der Kläger mit Schreiben vom 30.07.2004 am 03.08.2004 Klage erhoben. Wie aus seinem Arbeitsvertrag ersichtlich, habe sein Arbeitsverhältnis am 01.09.2002 begonnen und sollte am 31.01.2004 enden. Es sei durch Winterpausen unter-brochen. Die beiden Winterpausen werden von der Beklagten so gewertet, als hätte er seit September 2002 drei ABM absolviert und die letzte am 01.04.2004 begonnen. Der Kläger verweist auf § 434j Abs. 1 SGB III. Danach bleibe, wer bis zum 31.12.2003 eine ABM angetreten hat, bis zum Auslaufen der ABM versicherungspflichtig. Er habe seine ABM, wie aus dem Arbeitsvertrag ersichtlich, bereits im Jahre 2002 angetreten. In der Benachtei-ligung der ABM-Beschäftigung durch die Neuregelung des § 27 Abs. 3 Nr. 5 SGB III liege eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Arbeitnehmern. Er werde als ABM-Arbeitnehmer diskriminiert, da er für die letzten drei Monate seiner ABM-Tätigkeit keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zahlen dürfe und demzufolge keinen verlängerten Arbeitslosengeldanspruch erwerben konnte, wie es jedem Arbeitnehmer zusteht. Dies ver-stoße gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG).

Die Beklagte hat die Klage als Widerspruch ausgelegt und hierüber mit Widerspruchsbe-scheid vom 24.09.2004 im Sinne der Abweisung entschieden. Der Kläger sei in den Zeiten vom 01.09.2002 bis 31.10.2002 und vom 01.04.2003 bis 31.10.2003 innerhalb der Rah-menfrist insgesamt 275 Tage versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Die zuletzt aus-geübte Tätigkeit in ABM vom 01.04. bis 30.06.2004 begründe nach § 27 Abs. 3 Nr. 5 SGB III kein Versicherungspflichtverhältnis, sodass die Anwartschaftszeit nicht erfüllt sei. Da-her sei Arbeitslosenhilfe antragsgemäß in gesetzlicher Höhe bewilligt worden.

Der Kläger stellte seine Klage als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage um und gab im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 19.01.2007 u.a. an, dass er ab 01.01.2005 bis zum Rentenbeginn Leistungen nach dem SGB II bezogen hat. Sofern seine Klage auf Bewilligung von Arbeitslosengeld erfolgreich ist, müsse ihm auch ab 01.01.2005 der Zu-schlag nach § 24 SGB II bewilligt werden.

Der Kläger beantragt,

ihm unter Abänderung des Bescheides vom 14.07.2004 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 24.09.2004 Arbeitslosengeld ab 01.07.2004 in gesetzlicher Höhe für die gesetzliche Dauer zu gewähren und unter Anrechnung bereits geleiste-ter Zahlungen nachzuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, dass die Vertrauensschutzklausel des § 434j Abs. 1 SGB III zur Versiche-rungspflicht nach § 27 Abs. 3 Nr. 5 SGB III dahingehend eindeutig gefasst worden sei, dass sie eine Stichtagsregelung vorsehe. Der Ausnahmetatbestand gelte für Personen, die am 31.12.2004 tatsächlich in ABM beschäftigt waren. Bei einer Winterunterbrechung sei diese Voraussetzung nicht gegeben, unabhängig davon, ob die Winterpause planmäßig eingetreten ist. Der erneute Eintritt in die Maßnahme im Jahr 2004 sei zwar vorgesehen, jedoch nicht zwangsläufig feststehend. Auch bei einer zwischenzeitlichen Vermittlung einer Arbeitsaufnahme auf dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt wäre dann die Stelle in der ABM mit einem geeigneten neuen Arbeitnehmer zu besetzen gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die beigezogene ABM-Akte, Band 2 der Leistungsakte des Klägers sowie die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündli-chen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist in der Sache unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 14.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2004, der dem Kläger Arbeitslosenhilfe und nicht Arbeitslosengeld bewilligt, verletzt ihn nicht rechtswidrig in seinen Rechten im Sinne von § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Kläger hat zum 01.07.2004 keinen erneuten Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben. Die Beklagte hat ihm zu Recht im Anschluss an die ABM Arbeitslosenhilfe bewilligt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld ab 01.07.2004. Nach § 117 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, 3. Buch (SGB III) hat Anspruch auf Arbeitslosengeld der Arbeitnehmer, der 1. arbeitslos ist, sich 2. beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt hat.

Der Kläger war zwar zum 01.07.2004 arbeitslos und hat sich auch beim Arbeitsamt gemel-det. Jedoch war die Anwartschaftszeit für den Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht erfüllt. Die Anwartschaftszeit hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 123 Satz 1 SGB III). Dabei beträgt die Rahmenfrist zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraus-setzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld (§ 124 Abs. 1 SGB III). Hier lief die Rahmenfrist somit vom 01.07.2002 bis 30.06.2004. Innerhalb dieses Zeitraumes hat der Kläger unstrittig im Rahmen der ABM-Beschäftigung vom 01.09.2002 bis 31.10.2002 und vom 01.04.2003 bis 31.10.2003 in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung die An-wartschaftszeit von 275 Tagen erreicht.

Der Zeitraum vom 01.04.2004 bis 30.06.2004 kann jedoch nicht anwartschaftsbegründend berücksichtigt werden. Der Kläger hat in diesem Zeitraum, wie auch in den vorangegange-nen Zeiträumen ab 01.09.2002, eine Beschäftigung im Rahmen einer ABM ausgeübt. Nach § 27 Abs. 3 Nr. 5 SGB III (in der Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistun-gen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003, Bundesgesetzblatt I, Seite 2848) sind versiche-rungsfrei Personen in einer Beschäftigung, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme geför-dert wird. Der Kläger war unstrittig im Rahmen einer Beschäftigung tätig, die von der Be-klagten als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (Nr. 150/02) gefördert wurde. Mithin war er während der Zeit vom 01.04.2004 bis 30.06.2004 versicherungsfrei, sodass sein Arbeitge-ber zu Recht für diesen Zeitraum keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abführen musste. Mit der zum 01.01.2004 eingeführten Versicherungsfreiheit von Beschäftigungen, die als ABM gefördert werden, sollten nach dem Willen des Gesetzgebers Fehlanreize beseitigt werden. Zuvor konnten Beschäftigungen in einer ABM einen Anspruch auf Arbeitslosen-geld begründen. Diese Sicherung unterstützte das Entstehen von Leistungsketten, bei de-nen sich Arbeitnehmer in einem steten Wechsel von ABM und Arbeitslosigkeit befanden. Mit der Neuregelung werden sachwidrige Anreize, in eine ABM einzutreten, beseitigt: Nicht mehr der Aufbau neuer Versicherungsansprüche auf Arbeitslosengeld, sondern die Beschäftigung an sich und der damit verbundene Zugewinn an fachlichen und persönlichen Fähigkeiten und Qualifikationen solle nunmehr für Arbeitnehmer in ABM im Fordergrund stehen (vgl. Gesetzesbegründung in der Bundestagsdrucksache 15/1515 Seite 77).

Unerheblich ist dabei, dass der Kläger zum 01.09.2002, und damit vor Inkrafttreten der Neuregelung, einen Arbeitsvertrag mit der O. A. und I. GmbH geschlossen hatte, der ur-sprünglich bis 31.01.2004 laufen sollte. Der mit der O. A. und I. GmbH geschlossene zivil-rechtliche Arbeitsvertrag hat keinerlei Einfluss auf die Bewertung des Beschäftigungsver-hältnisses als versicherungspflichtig oder versicherungsfrei. Beschäftigungen in ABM sind immer Beschäftigungen besonderer Art, bei deren Bewertung die Vorgaben des Arbeits-förderungsrechts (SGB III) zu berücksichtigen sind. Deshalb gelten für Arbeitsverträge im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen einige Besonderheiten. Zwar finden auf Ar-beitsverhältnisse, die nach Zuweisung eine ABM geschlossen wurden, die allgemeinen arbeitsrechtlichen Regelungen Anwendung. Jedoch regelt gerade das Arbeitsförderungs-recht (SGB III) hiervon besondere Gestaltungsmöglichkeiten. So soll die Agentur für Ar-beit beispielsweise einen zugewiesenen Arbeitnehmer abberufen, wenn sie ihm einen zu-mutbaren Arbeitsplatz vermitteln kann (§ 269 Satz 1 SGB III). Auch kann das Arbeitsver-hältnis vom Arbeitnehmer ohne Einhaltung der üblichen arbeitsrechtlichen Fristen gekün-digt werden, wenn er eine Arbeit aufnehmen kann (§ 270 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Die Ar-beitsagenturen können ferner durch den Förderungsbescheid und die ihm beigefügten Be-dingungen mittelbar auf die Vertragsgestaltung der Arbeitsverträge Einfluss nehmen. So kann durch die Festlegungen zu Umfang und Inhalt der Maßname das Direktionsrecht des Arbeitsgebers mittelbar eingeschränkt werden (vgl. Düe in Niesel, SGB III Kommentar, 3. Auflage, § 270 Rand-Nr. 5). Diese Besonderheiten berücksichtigt auch der von dem Klä-ger mit der O. A. und I. GmbH geschlossene Arbeitsvertrag, wonach beispielsweise das Arbeitsverhältnis ohne Kündigung endet, wenn die zugrunde liegende geförderte Maß-nahme endet (§ 7 des Arbeitsvertrags).

Neben diesen Abweichungen vom allgemeinen Arbeitsrecht kann der Gesetzgeber im Rahmen seiner gestalterischen Freiheit entscheiden, welche Personen im Rahmen einer Beschäftigung versicherungsfrei bzw. versicherungspflichtig sind. Diese Entscheidung hat er mit der Neuregelung des § 27 Abs. 3 Nr. 5 SGB III mit Wirkung ab dem 01.01.2004 getroffen. Die Festlegung ab 01.01.2004 verstößt auch nicht gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG festgelegten Allgemeinen Gleichheitsgrundsatz. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet eine Gleichbehandlung von wesentlich gleichen Sachverhalten und erlaubt eine Differenzierung nur aus sachlichen Gründen (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 07.10.1980, BVerfGE 55, 72ff., 88ff.). Das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG enthält so-mit nicht nur das Verbot sachwidriger Differenzierungen, sondern ebenso das Gebot sach-gerechter Differenzierungen bei Vorliegen wesentlicher Unterschiede. Beschäftigungen in ABM unterscheiden sich jedoch wesentlich von Beschäftigungen im allgemeinen Arbeits-markt. Anders als in Beschäftigungen im allgemeinen Arbeitsmarkt ist Voraussetzung ei-ner ABM, dass die durchzuführenden Arbeiten zusätzlich sind und im öffentlichen Interes-se liegen (vgl. Bundestagsdrucksache 15/1515 Seite 77). Für die nunmehr vorliegende Differenzierung liegen somit sachgerechte Gründe vor. Ausgehend vom Gesetzeszweck der Neuregelung (Zugewinn an fachlicher und persönlicher Fähigkeiten) durfte der Ge-setzgeber diese Gruppe von Beschäftigten aus der Versicherungspflicht ausnehmen. Damit werden die in ABM Beschäftigten auch gleich behandelt mit anderen Teilnehmern an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung oder an Trainingsmaßnahmen, die ebenfalls keine Anwartschaftszeiten für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erwerben können, ob-wohl sie ihre Arbeitskraft ebenfalls für eine Reintegration in den Arbeitsmarkt einsetzen. Der Gesetzgeber hat somit die bisher nicht gerechtfertigte Besserstellung von ABM-Beschäftigungen zugunsten einer Gleichbehandlung mit den übrigen beruflichen Weiter-bildungs-/Trainingsmaßnahmen aufgehoben, was verfassungsrechtlich nicht zu beanstan-den ist.

Der Kläger kann sich insoweit auch nicht auf einen Vertrauensschutztatbestand berufen. Insbesondere konnte sich kein Vertrauensschutztatbestand aufgrund des im Jahre 2002 abgeschlossenen Arbeitsvertrages entwickeln. Der Gesetzgeber hat die Problematik des Vertrauensschutzes erkannt und hierzu in § 434j Abs. 1 SGB III eine Regelung getroffen. Danach bleiben Arbeitnehmer, "die am 31. Dezember 2003 in einer Arbeitsbeschaffungs-maßnahme versicherungspflichtig beschäftigt waren", abweichend von § 27 Abs. 3 Nr. 5 SGB III in dieser Beschäftigung versicherungspflichtig. Begünstigt werden nach dieser Übergangsregelung somit Arbeitnehmer, die am Stichtag (31.12.2003) in einer ABM ver-sicherungspflichtig beschäftigt waren.

Dies war bei dem Kläger jedoch nicht der Fall. "Versicherungspflichtig beschäftigt" sind Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind (§ 25 Satz 1 SGB III). Diese Voraussetzung hat der Kläger am 31.12.2003 nicht erfüllt. Unter dem Begriff der "Beschäftigung" ist die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis zu verstehen (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Hier lag zwar ein (unterbro-chenes) Arbeitsverhältnis mit der O. A. und I. GmbH vor. Eine Beschäftigung wurde je-doch am 31.12.2003 tatsächlich nicht ausgeübt. Zwar ist die tatsächliche Ausübung einer Beschäftigung nicht stets notwendige Voraussetzung für den Fortbestand eines Beschäfti-gungsverhältnisses im Rechtssinne. Voraussetzung dafür, dass das Arbeitsverhältnis fort-besteht, ist nach der Rechtsprechung, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Willen ha-ben, das Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen und das Arbeitsentgelt weiter entrichtet wird (vgl. Bundessozialgericht, BSG SozR 3-4100, § 104 Nr. 6). Gerade der Wille des Arbeitgebers, das Entgelt weiterzuzahlen, ist dabei maßgebliches Kriterium für das Fortbe-stehen einer Beschäftigung.

Dies war hier aber nicht der Fall. Der Kläger hat sich am 22.10.2003 arbeitssuchend ge-meldet, um die Arbeitslosenhilfe ab 01.11.2003 in Anspruch zu nehmen. Voraussetzung für den von dem Kläger geltend gemachten Anspruch auf Arbeitslosenhilfe ab 01.11.2003 ist u.a., dass er selbst arbeitslos ist. Arbeitslos ist ein Arbeitnehmer jedoch nur, wenn er vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und eine versicherungspflich-tige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht (§ 118 Abs. 1 SGB III). Der Kläger hat somit bereits durch die Arbeitslosmeldung zum 01.11.2003 und gleichzeitiger Stellung des Antrages auf Arbeitslosenhilfe kundgetan, dass er nicht (mehr) in einem Beschäftigungsverhältnis steht, eine Beschäftigung sucht und der Arbeitsvermitt-lung zur Verfügung steht. Somit hat definitiv am 31.12.2003 kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden, auf das sich der Kläger berufen könnte. Der von ihm geltend gemachte Arbeitslosenhilfeanspruch für den Zeitraum der Winterpause und der nunmehr geltend gemachte Vertrauensgesichtspunkt nach § 434 j Abs. 1 SGB III schließen sich gegenseitig aus. Der Kläger kann nicht zum einen die Arbeitslosenhilfe während der Winterpause beantragen und zum anderen vortragen, er stünde weiterhin in einem Beschäf-tigungsverhältnis mit der O. A. und I. GmbH.

Ein Vertrauensschutztatbestand besteht auch nicht aufgrund der Beschäftigung ab 01.04.2004. Der Kläger wusste bereits während der Beschäftigung, dass keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt werden und somit das Beschäftigungsverhältnis nicht (mehr) als versicherungspflichtig eingeschätzt wurde.

Schließlich ergibt sich ein schutzwürdiges Vertrauen, das zur Bewilligung von Arbeitslo-sengeld führen würde, auch nicht daraus, dass die Dauer der Förderung der Maßnahme gegenüber dem Maßnahmeträger (mit 1. Ergänzungsbescheid vom 18.08.2003) verlängert wurde. Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass es sich nicht um die Zuweisung zu einer, ggf. unterbrochenen ABM handelt, sondern, dass der Kläger jeweils dreimal einer neuen ABM zugewiesen wurde. Es mag sein, dass dies dem Kläger nicht offenkundig ge-worden ist. Die Zuweisung der jeweiligen Arbeitnehmer, wie auch die Abrechnung der Zuschüsse erfolgte jedoch, wie sich aus der Förderakte ergibt, jeweils für drei abgetrennte Zeiträume. So hat der Maßnahmeträger beispielsweise für den Förderzeitraum ab 01.09.2002 für die Arbeitnehmer ein geringeres Entgelt und damit eine geringere Zulage geltend gemacht, als für den Zeitraum ab 01.04.2004. Auch waren nicht alle Arbeitnehmer, die im Förderzeitraum ab 01.09.2002 zunächst zugewiesen wurden, erneut ab 01.04.2004 zugewiesen. So war die Arbeitnehmerin A.M. ab 01.09.2002 und statt ihrer ab 01.04.2004 die Arbeitnehmerin R.N. der ABM zugewiesen. Die Beklagte hat somit zu recht darauf hingewiesen, dass der erneute Eintritt der Arbeitnehmer und damit auch des Klägers in die Maßnahme im Jahr 2004 zwar vorgesehen, jedoch nicht zwangsläufig feststehend war. So wäre bei einer zwischenzeitlichen Vermittlung des Klägers auf dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt die Stelle in der ABM mit einem geeigneten neuen Arbeitnehmer zu besetzen gewesen. Eine erneute (dritte) Zuweisung in die ABM lag somit zum 01.04.2004 vor.

Da eine versicherungspflichtige Beschäftigung ab 01.04.2004 nicht ausgeübt wurde und die in § 434j Abs. 1 SGB III normierte Übergangsregelung als Vertrauensschutztatbestand auf den tatsächlich am Stichtag (31.12.2003) Beschäftigten abstellt, war die Klage auf Be-willigung von Arbeitslosengeld somit abzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und berücksichtigt den Umstand, dass die Klage im vollen Umfang abzuweisen war.

Die Berufung ist kraft Gesetzes zulässig (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).

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Rechtskraft
Aus
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