Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 13 RJ 179/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 RJ 98/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 19.06.2000 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind zwischen den Beteiligten auch für den Berufungsrechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob dem Kläger ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit zusteht; insbesondere geht es um die Frage, ob die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
Der am ... geborene Kläger absolvierte vom ... bis ... eine Lehre als Metzger und arbeitete bis ...ganz überwiegend versicherungspflichtig als Fleischergeselle. Von ... bis ... arbeitete er als Ausbeiner in der Schweiz, den Niederlanden, in Österreich, Belgien und Deutschland. In diesem Zeitraum sind Versicherungszeiten vom niederländischen Versicherungsträger vom ... bis ..., vom ... bis ..., vom ... bis ... und vom ... bis ... anerkannt worden (vgl. Bescheinigung 205 der GAK Nederland b.v. vom ... - Verwaltungsakte Bl. 161). Der österreichische und belgische Versicherungsträger haben eine Anerkennung von Versicherungszeiten abgelehnt (Bl. 50, 51, 165 der Rentenakte). Nachweise für Beitragsentrichtungen zur Schweizerischen Rentenversicherungsanstalt liegen nicht vor. Beiträge zur deutschen Rentenversicherung sind bis einschließlich ... und erneut vom ... bis ... entrichtet worden ... nahm der Kläger mit seinem bisherigen Partner ... eine Tätigkeit als selbstständiger Feinkosthändler auf. Im Rahmen dieser Tätigkeit importierten die Partner u.a. Lachs, Hummer und andere Meerestiere aus Übersee und belieferten damit Gastronomiebetriebe und Fluggesellschaften. Daneben betrieben sie eine Fleischerei und eine Wurstküche. Beiträge zur Rentenversicherung entrichtete der Kläger nicht. Am ... erlitt er einen Arbeitsunfall (HWS-Schleudertrauma bei einem Verkehrsunfall). Die zuständige Berufsgenossenschaft erkannte eine unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit vom ... bis ... an, verneinte jedoch zunächst die Anerkennung darüber hinausgehender Unfallfolgen. In einem in dem Rechtsstreit beim Sozialgericht Dortmund - S 21 U 203/93 - geschlossenen Vergleich verpflichtete sich die Berufsgenossenschaft zur Gewährung einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v.H. für die Zeit vom ... bis ... Von ... bis ... absolvierte der Kläger mit Erfolg eine Ausbildung zum Metzgermeister. Er gab zunächst an, die Wurstküche nach Ablauf des Pachtvertrages geschlossen zu haben und danach als Markthändler tätig geworden zu sein (Erörterungstermin am 17.11.1999). Im Verhandlungstermin vor dem Sozialgericht gab er dagegen an, die erfolgreich betriebene Feinkosthandlung mit Fleischerei und Wurstküche infolge seines am ... erlittenen Arbeitsunfalls eingestellt zu haben. Er habe wegen der Unfallfolgen nicht mehr arbeiten können. Er sei zwar noch in der Lage gewesen, sein Meisterstück zu fertigen. So könne er auch heute noch einzelne Schinken auslösen. Er sei aber nicht mehr in der Lage, wie früher 1000 Schinken à 12 kg am Tag zu verarbeiten. Im ... meldete er mit seinem Partner ... den Betrieb einer Fleischerei sowie ein Handelsgewerbe für den An- und Verkauf von Fleischwaren an. Der Betrieb wurde am 19.11.1993 in die Handwerksrolle eingetragen. Die Beklagte hatte mit Bescheid vom ... auf Grund der Eintragung in die Handwerksrolle Versicherungspflicht ab ... festgestellt. Auf den Widerspruch des Klägers stellte die Beklagte Versicherungsfreiheit fest mit der Begründung, dass nur eine geringfügige Selbstständigkeit ausgeübt werde (Bescheid vom ... und Folgebescheide vom ..., ..., ... und ... (vgl. Bl. 89 - 98 der Gerichtsakte). Auf Grund wirtschaftlicher Schwierigkeiten gaben die Partner den Betrieb am ... auf.
Am ... beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom ... ab, weil der Kläger in den letzten fünf Jahren seit der Antragstellung keine drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet und somit die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt habe. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom ... zurück. Hiergegen hat der Kläger am ... Klage zum Sozialgericht Dortmund erhoben.
Der Kläger hat vorgetragen, von ... bis ... als Scheinselbstständiger versicherungspflichtig gewesen zu sein. Die Beklagte habe seine früheren Arbeitgeber zur Beitragsentrichtung heranzuziehen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom ... in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom ... aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab dem ... nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, ausweislich der vom Kläger vorgelegten Geschäftsunterlagen sei er eindeutig als Selbstständiger zu qualifizieren. Aber selbst wenn seine Tätigkeiten in der Zeit von ... bis ... als Pflichtbeitragszeiten behandelt würden, seien die besondeden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmalig am ... erfüllt.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom ... abgewiesen. Es hat ausgeführt, nach den zutreffenden Feststellungen der Beklagten habe der Kläger die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmalig am ... erfüllt, wenn die von ihm geltend gemachten Zeiten der Scheinselbstständigkeit zwischen ... und ... als Pflichtbeitragszeiten behandelt würden. Am ... sei der Kläger aber weder erwerbs- noch berufsunfähig gewesen. Er sei zu dieser Zeit noch erwerbsfähig gewesen, weil er nach eigenen Angaben eine selbstständige Tätigkeit als Feinkosthändler ausgeübt und darüber hinaus eine Fleischerei und eine Wurstküche betrieben habe. Sein bisheriger Beruf sei der eines Ausbeiners und damit eines Fleischerfacharbeiters. Zur Vermeidung eines Anspruchs auf Rente wegen Berufsunfähigkeit könne er auf seine ausgeübte selbstständige Tätigkeit zumutbar verwiesen werden. Anhaltspunkte dafür, dass er der Feinkosthändlertätigkeit bereits im ... aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr gewachsen gewesen sei, seien nicht erkennbar. Dagegen spreche bereits, dass der Kläger bis zu seinem Arbeitsunfall am ... ununterbrochen als Feinkosthändler gearbeitet habe und die Fleischerei sowie die Wurstküche zu diesem Zeitpunkt weiter betrieben habe.
Im Hinblick auf den am ... erlittenen Arbeitsunfall sei eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren Beschäftigung oder Tätigkeit auch nicht gemäß §§ 43 Abs. 4, 53 Abs. 1 Satz 1,2 SGB VI entbehrlich. Die Wartezeitfiktion finde bei Eintritt von Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit nur Anwendung, wenn der Versicherte zur Zeit des Arbeitsunfalls versicherungspflichtig gewesen sei oder in den letzten zwei Jahren davor mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet habe. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Der Kläger sei am ... selbstständig und nicht pflichtversichert gewesen. In dem maßgeben den Zwei-Jahres- Zeitraum vom ... bis zum ... habe er keinen Kalendermonat mit Pflichtbeiträgen belegt. Die Wartezeitfiktion des § 53 Abs. 1 Satz 1,2 SGB VI greife deshalb zu seinen Gunsten nicht ein. Eine Ausnahme von dem Erfordernis der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach §§ 240 Abs. 2 Satz 1, 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI liege nicht vor, weil die Zeit ab dem 01.01.1984 nicht mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt sei und der Kläger vor dem ... weder berufs- noch erwerbsunfähig gewesen sei. Eine Nachentrichtung der fehlenden Beiträge sei - auch im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs - nicht mehr möglich.
Gegen das am 06.07.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17.07.2000 Berufung eingelegt.
Er trägt vor, ausgehend von einem am ... eingetretenen Leistungsfall habe er in dem maßgeblichen Fünf-Jahres-Zeitraum vom ... bis ... 49 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen belegt, nämlich für die Zeit seiner Eintragung in die Handwerksrolle vom ... bis ..., in der Versicherungspflicht bestanden habe. Jedenfalls sei er im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen. Die Beklagte habe ihm gegenüber eine gesteigerte Fürsorgepflicht gehabt. Hätte ihn die Beklagte aufgeklärt und mitgeteilt, dass beitragsfreie Zeiten einer im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit entgegen stehen würden, hätte er seine berufliche Planung möglicherweise anders ausgerichtet. Zudem sei er nicht nur in die Handwerksrolle eingetragen gewesen, er habe vielmehr auch mit seinem ehemaligen Geschäftspartner ... eine Fleischerei betrieben. Die auf den Märkten verkauften Waren seien zum Teil in einer in der ... in ... betriebenen Wurstküche hergestellt bzw. zum Verkauf vorbereitet worden. Diese Arbeiten wären nicht zulässig gewesen, wenn nicht einer der beiden Partner Handwerksmeister gewesen sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 19.06.2000 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22.03.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.07.1999 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbs-, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit ab dem ... nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, die Handwerkereigenschaft des Klägers könne nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens sein, weil hierüber binden de Verwaltungsentscheidungen getroffen worden seien. Allerdings werde nach Prüfung der Sach- und Rechtslage eingeräumt, dass hier eine Beratungspflicht der Beklagten bestanden habe. Da eine entsprechende Beratung bzw. ein Hinweis an den Versicherten nicht erfolgt sei, bestehe ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch. Eine danach zuzulassende Entrichtung freiwilliger Beiträge ab ... könnte jedoch nicht zur Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen führen, weil die Zeit ab dem ... nicht durchgehend mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt sei (§ 240 SGB VI).
Der Senat hat einen den Kläger betreffenden aktuellen Versicherungsverlauf von der Beklagten beigezogen. Danach besteht eine Beitragslücke vom ... bis ... Für den Zeitraum vom ... bis ... sind fünf Pflichtbeiträge gespeichert. Die gerichtliche Anfrage, ob und gegebenenfalls welche Tätigkeit er ab ... ausgeübt habe, hat der Kläger nicht beantwortet.
Gegenstand des Verfahrens sind weiter folgende Vorprozessakten gewesen:
- Sozialgericht Dortmund - S 21 U 100/88 LSG NRW - L 15 U 155/94 - betreffend das Unfallereignis vom ...; wegen einer erlittenen Knie- und Thoraxprellung wurde eine Entschädigung bindend abgelehnt.
- Sozialgericht Dortmund - S 21 U 203/93 - betreffend die Entschädigung wegen des am ... erlittenen Arbeitsunfalls (vgl. oben im Tatbestand)
- Sozialgericht Dortmund - S 21 U 94/98 / LSG NW L 15 U 20/99 - betreffend die Entschädigung wegen eines am ... erlittenen Nabelbruchs als Arbeitsunfall; eine Entschädigung wurde rechtskräftig abgelehnt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Vorprozessakten sowie der Rentenakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers auf Grund einseitiger mündlicher Verhandlung entscheiden. Auf diese sich aus §§ 153, 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ergebende Möglichkeit ist der Kläger in der ihm am 04.09.2002 zugestellten Terminsladung hingewiesen worden.
Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage, soweit es um einen bis zum ... oder im zeitlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom ... eingetretenen Leistungsfall der Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit geht, aus zutreffenden Gründen abgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit (vgl. §§ 44 Abs. 1 Nr. 2, 43 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 gültigen Fassung, die nach den Übergangsvorschriften des § 300 Abs. 2 und § 302b Abs. 1 SGB VI, letztere neu gefasst durch Gesetz vom 20.12.2000 (BGBl. I 1827), für einen am 31.12.2000 bestehenden Anspruch auf Versichertenrente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit weiterhin maßgebend sind, sind nicht erfüllt. Ein danach entstehender Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit richtet sich nach §§ 240, 241 SGB VI, neugefasst durch Gesetz vom 20.12.2000. Erforderlich ist u.a., dass der Versicherte in den letzten 60 Kalendermonaten vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit mindestens 36 Kalendermonate mit Beiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit zu rückgelegt hat. Diese Voraussetzungen sind auch für jeden nach dem ... bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 25.09.2002 eingetretenen Leistungsfall nicht erfüllt. Nach dem aktuellen, von der Beklagten zum Verfahren vorgelegten Versicherungsverlauf vom ... sind in diesem Zeitraum lediglich fünf Pflichtbeiträge für die Zeit vom ... bis ... nachgewiesen.
Die bei dem Kläger bestehende Versicherungslücke ab ..., wobei zu seinen Gunsten die behaupteten Zeiten der "Scheinselbstständigkeit" zwischen ... und ... entsprechend der von ihm vorgelegten Aufstellung vom 31.03.1998 (vgl. Rentenakte Bl. 29 - 31) als Pflichtbeitragszeiten unterstellt werden, lässt sich auch durch einen im Zusammenhang mit der Eintragung in die Handwerksrolle im ... entstandenen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht mehr schließen.
Bei fehlerhafter oder unterlassener Beratung kommt ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch in Betracht, vom Versicherungsträger so gestellt zu werden, wie es bei korrekter Beratung der Fall gewesen wäre. Dem Versicherten sind z.B. die unterlassenen Beitragsgestaltungsmöglichkeiten einzuräumen, wenn die Gestaltungsmöglichkeit wesentlich wegen der fehlerhaften Beratung unterblieben ist (vgl. Kass.Komm. (Seewaldt) §§ 13 SGB V, Rdnnr. 14, § 14 Rdnr. 24f m.w.N.).
Insoweit hat die Beklagte zwar anerkannt, den Kläger nicht ausreichend über seine versicherungsrechtliche Situation beraten zu haben. Der Kläger, der nach der Entrichtung seines letzten Beitrages im ... nach Lage der Akten nicht mehr in Kontakt zu einem Rentenversicherungsträger gestanden hatte, gibt vor, über die mit dem Haushaltsbegleitgesetz 1984 (BGBl. I S. 1532) ab 01.01.1983 ein geführten besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit (§§ 1246, 1247 Reichsversicherungsordnung - RVO - in der bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung) insoweit nicht ausreichend informiert gewesen zu sein, als die gegebene Erfüllung der Wartezeit von 60 Kalendermonaten die Absicherung gegen die Risiken der Erwerbs- bzw. Erwerbsunfähigkeit nicht mehr garantierte.
Eine ordnungsgemäße Beratung der Beklagten im Jahre 1993 hätte die Frage der Sicherung der erworbenen Anwartschaft (im Sinne der Übergangsvorschrift des § 240 Abs. 2 SGB VI in der vom 01.01.1992 bis 31.12.2000 geltenden Fassung bzw. § 241 Abs. 2 in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung) durch durchgängige Belegung des Zeitraumes vom 01.01.1984 bis zum Ende des Kalenderjahres vor Eintritt des Versicherungsfalles mit Beiträgen in den Blick genommen. Weiterer Beratungsinhalt wäre auch die Frage der Antragspflichtversicherung für Selbstständige gemäß § 4 Abs. 2 SGB VI gewesen.
Mit der Entrichtung freiwilliger Beiträge konnte der Kläger, wie die Beklagte zutreffend vorgetragen hat, im Jahre 1993 die seit 1984 bestehenden Beitragslücken nicht mehr schließen. Nach § 197 Abs. 2 SGB VI sind freiwillige Beiträge wirksam, wenn sie bis zum 31.03. des Jahres gezahlt werden, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen. Freiwillige Beiträge sind, auch wenn sie zur Anwartschaftserhaltung erforderlich sind, grundsätzlich während des Geltungszeitraumes oder kurz danach zu entrichten (vgl. BSG, Urteil vom 17.05.2001 - B 12 RJ 1/01). Anhaltspunkte, die hier eine Nachentrichtung für länger zurückliegende Zeiträume im Sinne der Härte- und Wiedereinsetzungsregelung des § 197 Abs. 3 SGB VI gestatten könnten, sind nicht ersichtlich.
Ausgehend von der damaligen Selbsteinschätzung des Klägers, der sich noch in dem Rentenantrag vom ... für den Zeitraum von ... bis ... als selbstständiger Metzger bezeichnet hatte, und der nach dem Versicherungsverlauf bestehenden Beitragslücke ab ..., könnte dieser die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur noch durch eine Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen erfüllen. Bei Unterstellung eines Antrags im November 1993 (Anmeldung des Gewerbebetriebes) käme eine Nachentrichtung ab diesem Monat bis zur Anmeldung des Gewerbebetriebes im Dezember 1997 in Betracht (vgl. § 4 Abs. 4 SGNB VI) mit der Folge, dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen mit Ablauf des Oktober 1996 und damit für einen ab November 1996 eingetretenen Leistungsfall erfüllt gewesen wären.
Diese Überlegungen bleiben aber nach der Überzeugung des Senats nur theoretischer Art. Es bestehen durchgreifende Zweifel, dass die Fehlberatung der Beklagten ursächlich für die unterbliebene Beitragsentrichtung geworden wäre. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch greift im Ergebnis nur, wie oben angeführt, wenn sich die (hypothetische) Feststellung treffen lässt, dass eine ordnungsgemäße Beratung der Beklagten ein entsprechendes, auf die zukünftige Absicherung zielendes Beitragsverhalten des Versicherten zur Folge gehabt hätte. Für eine solche kausale Verknüpfung fehlt bezogen auf den Kläger jedoch jeglicher tatsächliche Anknüpfungspunkt. Der Kläger hatte sein Berufsleben ab ... als Selbstständiger organisiert und - soweit er jetzt das Bestehen einer Scheinselbstständigkeit reklamiert (vgl. zu den tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen die IAB-Studien "Freie Mitarbeiter und selbstständige Einzelunternehmer mit persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit, in: Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht 1997, S. 590 ff.) - dem unversicherten Risiko gegenüber der Einbeziehung in das System der gesetzlichen Rentenversicherung den Vorzug gegeben. Diese Einstellung hat der Kläger zuletzt bei der Heranziehung zur Pflichtversicherung der Handwerker nach seiner Eintragung in die Handwerksrolle am ... unter Beweis gestellt. Gegen die Heranziehung von Beiträgen hatte sich der Kläger letztlich mit Erfolg mit unterschiedlicher Argumentation zur Wehr gesetzt. Zunächst machte er gegen den Beitragsbescheid vom ... geltend, wegen der Pflege seiner Mutter das Handwerksgewerbe nicht auszuüben (Widerspruch vom ...). Später trug er vor, keine handwerkliche Tätigkeit, sondern seit ... nur einen Marktverkauf auszuüben (Schreiben vom ...), mit dem er nur geringfügige Verdienste erziele (u.a. Erklärung vom 02.02.1997). Demgegenüber macht er jetzt geltend, in der fraglichen Zeit nicht nur in die Handwerksrolle eingetragen gewesen zu sein, sondern auch handwerklich als Fleischer tätig geworden zu sein. Er habe die auf den Märkten verkaufte Ware in einer "Wurstküche" selbst hergestellt, wobei der Anteil der "Fleischverarbeitungsarbeiten" einen beträchtlichen Anteil der Arbeitszeit ausgemacht habe (Schriftsatz vom 25.06.2001 - Gerichtsakte Bl. 253 ff.).
Die letztgenannte Argumentation hat den Senat nicht veranlasst, in eine Überprüfung der Beitragspflichtigkeit des Klägers für die Zeit seiner Eintragung in die Handwerksrolle einzutreten. Denn die im Beitragsverfahren getroffenen, von dem Kläger selbst vorgelegten Entscheidungen der Beklagten, die Versicherungsfreiheit des Klägers als Handwerker/Selbstständiger festzustellen, sind offenbar bestandskräftig geworden. Korrekturen dieser Entscheidungen sind bislang nicht ergangen; bei der Beklagten ist kein entsprechendes Verfahren anhängig (Erklärung des Vertreters der Beklagten im Verhandlungstermin).
Insgesamt hat der Senat aus den vorliegenden Akten und den Erklärungen des Klägers vielmehr die Überzeugung gewonnen, dass sich der Klägervortrag stets an der jeweiligen Nützlichkeit orientiert hat. Diese war im Jahre 1993 und - wie der Verlauf des Beitragsverfahrens zeigt - in der Folgezeit von dem Ziel einer Beitragsvermeidung dominiert. Daher ist es nach der Auffassung des Senats ausgeschlossen, der Fehlb ratung der Beklagten im Jahre 1993 einen wesentlichen Verursachungsbeitrag für die Erweiterung der Versicherungslücke ab ... zuzumessen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, bestand nicht, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Tatbestand:
Streitig ist, ob dem Kläger ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit zusteht; insbesondere geht es um die Frage, ob die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
Der am ... geborene Kläger absolvierte vom ... bis ... eine Lehre als Metzger und arbeitete bis ...ganz überwiegend versicherungspflichtig als Fleischergeselle. Von ... bis ... arbeitete er als Ausbeiner in der Schweiz, den Niederlanden, in Österreich, Belgien und Deutschland. In diesem Zeitraum sind Versicherungszeiten vom niederländischen Versicherungsträger vom ... bis ..., vom ... bis ..., vom ... bis ... und vom ... bis ... anerkannt worden (vgl. Bescheinigung 205 der GAK Nederland b.v. vom ... - Verwaltungsakte Bl. 161). Der österreichische und belgische Versicherungsträger haben eine Anerkennung von Versicherungszeiten abgelehnt (Bl. 50, 51, 165 der Rentenakte). Nachweise für Beitragsentrichtungen zur Schweizerischen Rentenversicherungsanstalt liegen nicht vor. Beiträge zur deutschen Rentenversicherung sind bis einschließlich ... und erneut vom ... bis ... entrichtet worden ... nahm der Kläger mit seinem bisherigen Partner ... eine Tätigkeit als selbstständiger Feinkosthändler auf. Im Rahmen dieser Tätigkeit importierten die Partner u.a. Lachs, Hummer und andere Meerestiere aus Übersee und belieferten damit Gastronomiebetriebe und Fluggesellschaften. Daneben betrieben sie eine Fleischerei und eine Wurstküche. Beiträge zur Rentenversicherung entrichtete der Kläger nicht. Am ... erlitt er einen Arbeitsunfall (HWS-Schleudertrauma bei einem Verkehrsunfall). Die zuständige Berufsgenossenschaft erkannte eine unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit vom ... bis ... an, verneinte jedoch zunächst die Anerkennung darüber hinausgehender Unfallfolgen. In einem in dem Rechtsstreit beim Sozialgericht Dortmund - S 21 U 203/93 - geschlossenen Vergleich verpflichtete sich die Berufsgenossenschaft zur Gewährung einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v.H. für die Zeit vom ... bis ... Von ... bis ... absolvierte der Kläger mit Erfolg eine Ausbildung zum Metzgermeister. Er gab zunächst an, die Wurstküche nach Ablauf des Pachtvertrages geschlossen zu haben und danach als Markthändler tätig geworden zu sein (Erörterungstermin am 17.11.1999). Im Verhandlungstermin vor dem Sozialgericht gab er dagegen an, die erfolgreich betriebene Feinkosthandlung mit Fleischerei und Wurstküche infolge seines am ... erlittenen Arbeitsunfalls eingestellt zu haben. Er habe wegen der Unfallfolgen nicht mehr arbeiten können. Er sei zwar noch in der Lage gewesen, sein Meisterstück zu fertigen. So könne er auch heute noch einzelne Schinken auslösen. Er sei aber nicht mehr in der Lage, wie früher 1000 Schinken à 12 kg am Tag zu verarbeiten. Im ... meldete er mit seinem Partner ... den Betrieb einer Fleischerei sowie ein Handelsgewerbe für den An- und Verkauf von Fleischwaren an. Der Betrieb wurde am 19.11.1993 in die Handwerksrolle eingetragen. Die Beklagte hatte mit Bescheid vom ... auf Grund der Eintragung in die Handwerksrolle Versicherungspflicht ab ... festgestellt. Auf den Widerspruch des Klägers stellte die Beklagte Versicherungsfreiheit fest mit der Begründung, dass nur eine geringfügige Selbstständigkeit ausgeübt werde (Bescheid vom ... und Folgebescheide vom ..., ..., ... und ... (vgl. Bl. 89 - 98 der Gerichtsakte). Auf Grund wirtschaftlicher Schwierigkeiten gaben die Partner den Betrieb am ... auf.
Am ... beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom ... ab, weil der Kläger in den letzten fünf Jahren seit der Antragstellung keine drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet und somit die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt habe. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom ... zurück. Hiergegen hat der Kläger am ... Klage zum Sozialgericht Dortmund erhoben.
Der Kläger hat vorgetragen, von ... bis ... als Scheinselbstständiger versicherungspflichtig gewesen zu sein. Die Beklagte habe seine früheren Arbeitgeber zur Beitragsentrichtung heranzuziehen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom ... in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom ... aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab dem ... nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, ausweislich der vom Kläger vorgelegten Geschäftsunterlagen sei er eindeutig als Selbstständiger zu qualifizieren. Aber selbst wenn seine Tätigkeiten in der Zeit von ... bis ... als Pflichtbeitragszeiten behandelt würden, seien die besondeden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmalig am ... erfüllt.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom ... abgewiesen. Es hat ausgeführt, nach den zutreffenden Feststellungen der Beklagten habe der Kläger die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen letztmalig am ... erfüllt, wenn die von ihm geltend gemachten Zeiten der Scheinselbstständigkeit zwischen ... und ... als Pflichtbeitragszeiten behandelt würden. Am ... sei der Kläger aber weder erwerbs- noch berufsunfähig gewesen. Er sei zu dieser Zeit noch erwerbsfähig gewesen, weil er nach eigenen Angaben eine selbstständige Tätigkeit als Feinkosthändler ausgeübt und darüber hinaus eine Fleischerei und eine Wurstküche betrieben habe. Sein bisheriger Beruf sei der eines Ausbeiners und damit eines Fleischerfacharbeiters. Zur Vermeidung eines Anspruchs auf Rente wegen Berufsunfähigkeit könne er auf seine ausgeübte selbstständige Tätigkeit zumutbar verwiesen werden. Anhaltspunkte dafür, dass er der Feinkosthändlertätigkeit bereits im ... aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr gewachsen gewesen sei, seien nicht erkennbar. Dagegen spreche bereits, dass der Kläger bis zu seinem Arbeitsunfall am ... ununterbrochen als Feinkosthändler gearbeitet habe und die Fleischerei sowie die Wurstküche zu diesem Zeitpunkt weiter betrieben habe.
Im Hinblick auf den am ... erlittenen Arbeitsunfall sei eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren Beschäftigung oder Tätigkeit auch nicht gemäß §§ 43 Abs. 4, 53 Abs. 1 Satz 1,2 SGB VI entbehrlich. Die Wartezeitfiktion finde bei Eintritt von Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit nur Anwendung, wenn der Versicherte zur Zeit des Arbeitsunfalls versicherungspflichtig gewesen sei oder in den letzten zwei Jahren davor mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet habe. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Der Kläger sei am ... selbstständig und nicht pflichtversichert gewesen. In dem maßgeben den Zwei-Jahres- Zeitraum vom ... bis zum ... habe er keinen Kalendermonat mit Pflichtbeiträgen belegt. Die Wartezeitfiktion des § 53 Abs. 1 Satz 1,2 SGB VI greife deshalb zu seinen Gunsten nicht ein. Eine Ausnahme von dem Erfordernis der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach §§ 240 Abs. 2 Satz 1, 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI liege nicht vor, weil die Zeit ab dem 01.01.1984 nicht mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt sei und der Kläger vor dem ... weder berufs- noch erwerbsunfähig gewesen sei. Eine Nachentrichtung der fehlenden Beiträge sei - auch im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs - nicht mehr möglich.
Gegen das am 06.07.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17.07.2000 Berufung eingelegt.
Er trägt vor, ausgehend von einem am ... eingetretenen Leistungsfall habe er in dem maßgeblichen Fünf-Jahres-Zeitraum vom ... bis ... 49 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen belegt, nämlich für die Zeit seiner Eintragung in die Handwerksrolle vom ... bis ..., in der Versicherungspflicht bestanden habe. Jedenfalls sei er im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen. Die Beklagte habe ihm gegenüber eine gesteigerte Fürsorgepflicht gehabt. Hätte ihn die Beklagte aufgeklärt und mitgeteilt, dass beitragsfreie Zeiten einer im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit entgegen stehen würden, hätte er seine berufliche Planung möglicherweise anders ausgerichtet. Zudem sei er nicht nur in die Handwerksrolle eingetragen gewesen, er habe vielmehr auch mit seinem ehemaligen Geschäftspartner ... eine Fleischerei betrieben. Die auf den Märkten verkauften Waren seien zum Teil in einer in der ... in ... betriebenen Wurstküche hergestellt bzw. zum Verkauf vorbereitet worden. Diese Arbeiten wären nicht zulässig gewesen, wenn nicht einer der beiden Partner Handwerksmeister gewesen sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 19.06.2000 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22.03.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.07.1999 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbs-, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit ab dem ... nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, die Handwerkereigenschaft des Klägers könne nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens sein, weil hierüber binden de Verwaltungsentscheidungen getroffen worden seien. Allerdings werde nach Prüfung der Sach- und Rechtslage eingeräumt, dass hier eine Beratungspflicht der Beklagten bestanden habe. Da eine entsprechende Beratung bzw. ein Hinweis an den Versicherten nicht erfolgt sei, bestehe ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch. Eine danach zuzulassende Entrichtung freiwilliger Beiträge ab ... könnte jedoch nicht zur Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen führen, weil die Zeit ab dem ... nicht durchgehend mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt sei (§ 240 SGB VI).
Der Senat hat einen den Kläger betreffenden aktuellen Versicherungsverlauf von der Beklagten beigezogen. Danach besteht eine Beitragslücke vom ... bis ... Für den Zeitraum vom ... bis ... sind fünf Pflichtbeiträge gespeichert. Die gerichtliche Anfrage, ob und gegebenenfalls welche Tätigkeit er ab ... ausgeübt habe, hat der Kläger nicht beantwortet.
Gegenstand des Verfahrens sind weiter folgende Vorprozessakten gewesen:
- Sozialgericht Dortmund - S 21 U 100/88 LSG NRW - L 15 U 155/94 - betreffend das Unfallereignis vom ...; wegen einer erlittenen Knie- und Thoraxprellung wurde eine Entschädigung bindend abgelehnt.
- Sozialgericht Dortmund - S 21 U 203/93 - betreffend die Entschädigung wegen des am ... erlittenen Arbeitsunfalls (vgl. oben im Tatbestand)
- Sozialgericht Dortmund - S 21 U 94/98 / LSG NW L 15 U 20/99 - betreffend die Entschädigung wegen eines am ... erlittenen Nabelbruchs als Arbeitsunfall; eine Entschädigung wurde rechtskräftig abgelehnt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Vorprozessakten sowie der Rentenakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers auf Grund einseitiger mündlicher Verhandlung entscheiden. Auf diese sich aus §§ 153, 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ergebende Möglichkeit ist der Kläger in der ihm am 04.09.2002 zugestellten Terminsladung hingewiesen worden.
Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage, soweit es um einen bis zum ... oder im zeitlichen Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom ... eingetretenen Leistungsfall der Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit geht, aus zutreffenden Gründen abgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit (vgl. §§ 44 Abs. 1 Nr. 2, 43 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 gültigen Fassung, die nach den Übergangsvorschriften des § 300 Abs. 2 und § 302b Abs. 1 SGB VI, letztere neu gefasst durch Gesetz vom 20.12.2000 (BGBl. I 1827), für einen am 31.12.2000 bestehenden Anspruch auf Versichertenrente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit weiterhin maßgebend sind, sind nicht erfüllt. Ein danach entstehender Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit richtet sich nach §§ 240, 241 SGB VI, neugefasst durch Gesetz vom 20.12.2000. Erforderlich ist u.a., dass der Versicherte in den letzten 60 Kalendermonaten vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit mindestens 36 Kalendermonate mit Beiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit zu rückgelegt hat. Diese Voraussetzungen sind auch für jeden nach dem ... bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 25.09.2002 eingetretenen Leistungsfall nicht erfüllt. Nach dem aktuellen, von der Beklagten zum Verfahren vorgelegten Versicherungsverlauf vom ... sind in diesem Zeitraum lediglich fünf Pflichtbeiträge für die Zeit vom ... bis ... nachgewiesen.
Die bei dem Kläger bestehende Versicherungslücke ab ..., wobei zu seinen Gunsten die behaupteten Zeiten der "Scheinselbstständigkeit" zwischen ... und ... entsprechend der von ihm vorgelegten Aufstellung vom 31.03.1998 (vgl. Rentenakte Bl. 29 - 31) als Pflichtbeitragszeiten unterstellt werden, lässt sich auch durch einen im Zusammenhang mit der Eintragung in die Handwerksrolle im ... entstandenen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht mehr schließen.
Bei fehlerhafter oder unterlassener Beratung kommt ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch in Betracht, vom Versicherungsträger so gestellt zu werden, wie es bei korrekter Beratung der Fall gewesen wäre. Dem Versicherten sind z.B. die unterlassenen Beitragsgestaltungsmöglichkeiten einzuräumen, wenn die Gestaltungsmöglichkeit wesentlich wegen der fehlerhaften Beratung unterblieben ist (vgl. Kass.Komm. (Seewaldt) §§ 13 SGB V, Rdnnr. 14, § 14 Rdnr. 24f m.w.N.).
Insoweit hat die Beklagte zwar anerkannt, den Kläger nicht ausreichend über seine versicherungsrechtliche Situation beraten zu haben. Der Kläger, der nach der Entrichtung seines letzten Beitrages im ... nach Lage der Akten nicht mehr in Kontakt zu einem Rentenversicherungsträger gestanden hatte, gibt vor, über die mit dem Haushaltsbegleitgesetz 1984 (BGBl. I S. 1532) ab 01.01.1983 ein geführten besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit (§§ 1246, 1247 Reichsversicherungsordnung - RVO - in der bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung) insoweit nicht ausreichend informiert gewesen zu sein, als die gegebene Erfüllung der Wartezeit von 60 Kalendermonaten die Absicherung gegen die Risiken der Erwerbs- bzw. Erwerbsunfähigkeit nicht mehr garantierte.
Eine ordnungsgemäße Beratung der Beklagten im Jahre 1993 hätte die Frage der Sicherung der erworbenen Anwartschaft (im Sinne der Übergangsvorschrift des § 240 Abs. 2 SGB VI in der vom 01.01.1992 bis 31.12.2000 geltenden Fassung bzw. § 241 Abs. 2 in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung) durch durchgängige Belegung des Zeitraumes vom 01.01.1984 bis zum Ende des Kalenderjahres vor Eintritt des Versicherungsfalles mit Beiträgen in den Blick genommen. Weiterer Beratungsinhalt wäre auch die Frage der Antragspflichtversicherung für Selbstständige gemäß § 4 Abs. 2 SGB VI gewesen.
Mit der Entrichtung freiwilliger Beiträge konnte der Kläger, wie die Beklagte zutreffend vorgetragen hat, im Jahre 1993 die seit 1984 bestehenden Beitragslücken nicht mehr schließen. Nach § 197 Abs. 2 SGB VI sind freiwillige Beiträge wirksam, wenn sie bis zum 31.03. des Jahres gezahlt werden, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen. Freiwillige Beiträge sind, auch wenn sie zur Anwartschaftserhaltung erforderlich sind, grundsätzlich während des Geltungszeitraumes oder kurz danach zu entrichten (vgl. BSG, Urteil vom 17.05.2001 - B 12 RJ 1/01). Anhaltspunkte, die hier eine Nachentrichtung für länger zurückliegende Zeiträume im Sinne der Härte- und Wiedereinsetzungsregelung des § 197 Abs. 3 SGB VI gestatten könnten, sind nicht ersichtlich.
Ausgehend von der damaligen Selbsteinschätzung des Klägers, der sich noch in dem Rentenantrag vom ... für den Zeitraum von ... bis ... als selbstständiger Metzger bezeichnet hatte, und der nach dem Versicherungsverlauf bestehenden Beitragslücke ab ..., könnte dieser die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur noch durch eine Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen erfüllen. Bei Unterstellung eines Antrags im November 1993 (Anmeldung des Gewerbebetriebes) käme eine Nachentrichtung ab diesem Monat bis zur Anmeldung des Gewerbebetriebes im Dezember 1997 in Betracht (vgl. § 4 Abs. 4 SGNB VI) mit der Folge, dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen mit Ablauf des Oktober 1996 und damit für einen ab November 1996 eingetretenen Leistungsfall erfüllt gewesen wären.
Diese Überlegungen bleiben aber nach der Überzeugung des Senats nur theoretischer Art. Es bestehen durchgreifende Zweifel, dass die Fehlberatung der Beklagten ursächlich für die unterbliebene Beitragsentrichtung geworden wäre. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch greift im Ergebnis nur, wie oben angeführt, wenn sich die (hypothetische) Feststellung treffen lässt, dass eine ordnungsgemäße Beratung der Beklagten ein entsprechendes, auf die zukünftige Absicherung zielendes Beitragsverhalten des Versicherten zur Folge gehabt hätte. Für eine solche kausale Verknüpfung fehlt bezogen auf den Kläger jedoch jeglicher tatsächliche Anknüpfungspunkt. Der Kläger hatte sein Berufsleben ab ... als Selbstständiger organisiert und - soweit er jetzt das Bestehen einer Scheinselbstständigkeit reklamiert (vgl. zu den tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen die IAB-Studien "Freie Mitarbeiter und selbstständige Einzelunternehmer mit persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit, in: Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht 1997, S. 590 ff.) - dem unversicherten Risiko gegenüber der Einbeziehung in das System der gesetzlichen Rentenversicherung den Vorzug gegeben. Diese Einstellung hat der Kläger zuletzt bei der Heranziehung zur Pflichtversicherung der Handwerker nach seiner Eintragung in die Handwerksrolle am ... unter Beweis gestellt. Gegen die Heranziehung von Beiträgen hatte sich der Kläger letztlich mit Erfolg mit unterschiedlicher Argumentation zur Wehr gesetzt. Zunächst machte er gegen den Beitragsbescheid vom ... geltend, wegen der Pflege seiner Mutter das Handwerksgewerbe nicht auszuüben (Widerspruch vom ...). Später trug er vor, keine handwerkliche Tätigkeit, sondern seit ... nur einen Marktverkauf auszuüben (Schreiben vom ...), mit dem er nur geringfügige Verdienste erziele (u.a. Erklärung vom 02.02.1997). Demgegenüber macht er jetzt geltend, in der fraglichen Zeit nicht nur in die Handwerksrolle eingetragen gewesen zu sein, sondern auch handwerklich als Fleischer tätig geworden zu sein. Er habe die auf den Märkten verkaufte Ware in einer "Wurstküche" selbst hergestellt, wobei der Anteil der "Fleischverarbeitungsarbeiten" einen beträchtlichen Anteil der Arbeitszeit ausgemacht habe (Schriftsatz vom 25.06.2001 - Gerichtsakte Bl. 253 ff.).
Die letztgenannte Argumentation hat den Senat nicht veranlasst, in eine Überprüfung der Beitragspflichtigkeit des Klägers für die Zeit seiner Eintragung in die Handwerksrolle einzutreten. Denn die im Beitragsverfahren getroffenen, von dem Kläger selbst vorgelegten Entscheidungen der Beklagten, die Versicherungsfreiheit des Klägers als Handwerker/Selbstständiger festzustellen, sind offenbar bestandskräftig geworden. Korrekturen dieser Entscheidungen sind bislang nicht ergangen; bei der Beklagten ist kein entsprechendes Verfahren anhängig (Erklärung des Vertreters der Beklagten im Verhandlungstermin).
Insgesamt hat der Senat aus den vorliegenden Akten und den Erklärungen des Klägers vielmehr die Überzeugung gewonnen, dass sich der Klägervortrag stets an der jeweiligen Nützlichkeit orientiert hat. Diese war im Jahre 1993 und - wie der Verlauf des Beitragsverfahrens zeigt - in der Folgezeit von dem Ziel einer Beitragsvermeidung dominiert. Daher ist es nach der Auffassung des Senats ausgeschlossen, der Fehlb ratung der Beklagten im Jahre 1993 einen wesentlichen Verursachungsbeitrag für die Erweiterung der Versicherungslücke ab ... zuzumessen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, bestand nicht, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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