L 13 AL 971/07 AK-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AL 7647/06 AK-A
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 971/07 AK-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 18. Januar 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Klägerin, welcher das Sozialgericht (SG) nicht abgeholfen hat (vgl. im Einzelnen §§ 172ff. des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)), ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Kosten.

Nach § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG hat das Gericht im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben; das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluss, wenn das Verfahren anders beendet wird (§ 193 Abs. 1 Satz 3 SGG), bei einer Zurücknahme der Klage findet die Kostenentscheidung ihre Rechtsgrundlage in § 102 Satz 3 SGG. Kostenschuldner kann im sozialgerichtlichen Verfahren jeder Beteiligte im Sinne des § 69 SGG sein; als Kostengläubiger kommen lediglich natürliche und juristische Personen des Privatrechts in Betracht (vgl. Meyer-Ladewig/Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 193 Rdnr. 11f.).

Die Kostenentscheidung nach § 102 Satz 3 SGG erfolgt - ebenso wie eine Entscheidung gemäß § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG - nach richterlichem Ermessen. Anders als in vergleichbaren öffentlich-rechtlichen Verfahrensordnungen haben die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach dem Gesetzeswortlaut keine inhaltlichen Voraussetzungen für die Entscheidung über die Kostentragungspflicht zu beachten. Sie sind bei der Kostenentscheidung freier; die zu vergleichbaren kostenrechtlichen Bestimmungen anderer Prozessordnungen (vgl. § 91a der Zivilprozessordnung, § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung) entwickelten Grundsätze mit ihren häufig allein auf Erfolg und Misserfolg ausgerichteten Kostentragungs- und Erstattungsregelungen können deshalb nicht uneingeschränkt herangezogen werden. Allerdings ist auch im Rahmen der Entscheidung nach § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG bzw. § 102 Satz 3 SGG als wesentliches Kriterium das mutmaßliche Ergebnis des Rechtsstreits auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstands zu berücksichtigen (vgl. BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 2, Nr. 3 m.w.N.). Das schließt indes nicht aus, auch andere für eine gerechte Verteilung der Kosten bedeutsame Umstände zu berücksichtigen. So kann bei einer Kostenentscheidung nicht außer Betracht bleiben, ob ein Versicherungsträger Anlass zur Klage gegeben hat (vgl. BSG SozR 3-1500 § 193 Nr. 2; zuletzt BSG SozR 3-5050 § 22b Nr. 1).

Rechtsgrundlage für die zu treffende Kostenentscheidung ist hier allerdings nicht § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG, sondern die einen identischen Prüfungsmaßstab beinhaltende Vorschrift des § 102 Satz 3 SGG, denn die (einseitige) Erledigungserklärung der Klägerin vom 17. Oktober 2006 - insoweit stimmt der Senat mit der Beklagten überein - ist hier als Zurücknahme der Klage zu werten. Das SGG kennt, soweit es sich um ein gerichtskostenfreies Verfahren nach § 183 SGG handelt, keine von der Art der Erledigung im Hauptsacheverfahren (angenommenes Anerkenntnis (§ 101 Abs. 2 SGG), Klagerücknahme (§ 102 Satz 1 SGG) oder Erledigungserklärung) abhängige Kostentragungspflicht. In allen Fällen ist eine Kostenentscheidung nach richterlichem Ermessen zu treffen (vgl. §§ 193 Abs. 1 Satz 3, 102 Satz 3 und 156 Abs. 2 Satz 2 SGG). Deshalb führt im Sozialrechtsstreit, anders als in anderen Verfahrensordnungen, auch die einseitige Erledigungserklärung zur Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache. Sie stellt sich in Abhängigkeit von der jeweiligen Prozesssituation entweder als Annahme eines Anerkenntnisses oder als Zurücknahme der Klage dar (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 20. Dezember 1995 - 6 RKa 18/95 - veröffentlicht in JURIS). Vorliegend ist der Rechtsstreit in der Hauptsache von der Klägerin für erledigt erklärt worden, weil eine Zuständigkeit der Beklagten für die begehrte Förderung einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme nicht mehr gegeben war. Mit der Erledigungserklärung hat die Klägerin dementsprechend zum Ausdruck gebracht, das mit der Klage (S 12 AL 5845/03) geltend gemachte Begehren nicht mehr weiterverfolgen zu wollen; mithin ist ihre Prozesserklärung vom 17. Oktober 2006 als Klagerücknahme auszulegen.

Unter Zugrundelegung der oben dargestellten Kriterien hat das SG im Ergebnis aber zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Erstattung ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten verneint. Hierbei war zunächst zu berücksichtigen, dass die Klage im Zeitpunkt der Erledigungserklärung keine Aussicht auf Erfolg hatte. Nachdem eine Zuständigkeit der Beklagten für die begehrte Förderung der Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung (vgl. § 77 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III)) seit dem Inkrafttreten des SGB II am 1. Januar 2005 nicht mehr gegeben war, konnte diese nicht mehr durch Bescheidungsurteil verpflichtet werden, erneut eine Ermessensentscheidung bezüglich des von der Klägerin gestellten Antrags zu treffen. Auch eine Verurteilung der Beklagten zur Förderung einer von der Klägerin konkret angestrebten Ausbildung zur Groß- und Außenhandels- oder Immobilienkauffrau kam bei dieser Sachlage nicht (mehr) in Betracht. Zutreffend hat das SG darüber hinaus dargelegt, dass die Klage auch ohne die zum 1. Januar 2005 eingetretene Änderung der gesetzlichen Grundlagen aller Voraussicht nach keinen Erfolg gehabt hätte. Die Beklagte hat ihre den Antrag auf Förderung der Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung ablehnende Ermessensentscheidung ohne Verletzung des erst danach in Kraft getretenen § 19a Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) nicht nur nach Maßgabe starrer Altersgrenzen getroffen, sondern auch den individuellen Vermittlungsaussichten der Klägerin Rechnung getragen. Hierbei hat sie insbesondere den bisherigen beruflichen Werdegang der Klägerin und die (bisherige) Dauer der Arbeitslosigkeit berücksichtigt. Auf diese Gesichtspunkte hat die Beklagte in den Gründen des Widerspruchsbescheids vom 1. Oktober 2003 ausdrücklich hingewiesen (vgl. § 35 Abs. 1 Satz 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)). Angesichts dieser Umstände kann - nach hier nur noch vorzunehmender summarischer Prüfung - nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Bescheid vom 8. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Oktober 2003 als ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig erwiesen hätte. Dementsprechend hätte die Klage - auch ohne Berücksichtigung der eingetretenen Rechtsänderung - weder hinsichtlich des angekündigten Haupt- (Verurteilung der Beklagten zur Förderung einer Ausbildung zur Groß- und Außenhandels- oder Immobilienkauffrau) noch bezüglich des Hilfsantrags (Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung) Aussicht auf Erfolg gehabt. Im Ergebnis besteht für den Senat deshalb keine Veranlassung, von der Entscheidung des SG abzuweichen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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