L 4 KR 2276/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 2939/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2276/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23. März 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin erhebt Anspruch auf Kostenübernahme für die privatärztliche Behandlung bei Internisten (Nephrologie/Umweltmedizin) Prof. Dr. W. H. in H ...

Die am 1952 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten. Sie leidet unter starken Geruchsstörungen, Empfindlichkeit gegen Parfüm, Duftstoffe, Benzin, Farben, Lösungsmittel, Nitroverdünner und Aceton. Sie leidet unter einer genetisch eingeschränkten Fähigkeit, Schadstoffe abzubauen. Die Diagnose lautet auf multiple chemische Sensibilität (Multiple-Chemical-Syndrom (MCS)).

Die Klägerin teilte am 29. März 2004 der Geschäftsstelle der Beklagten in M. telefonisch mit, sie habe über ihren Hausarzt einen Privatbehandler gefunden, der ihr helfen könne und sie mit Injektionen behandle. Ihr wurde empfohlen, aktuelle Befunde mit einem formlosen Antrag einzureichen, um eine Kostenübernahme prüfen zu können. Bei einem nochmaligen Anruf am 28. Mai 2004 wurde ihr erläutert, eine Kostenübernahme für den Privatarzt sei ausgeschlossen, jedoch könne über den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) geprüft werden, ob ein Vertragsarzt in Betracht komme.

Unter dem 14. Juni 2004 legte die Klägerin Arzt- und Laborrechnungen aus der Zeit vor dem 29. März 2004 vor und beantragte Kostenerstattung. Beigefügt war der Befundbericht des Prof. Dr. H. vom 22. Dezember 2003, in welchem als Beschwerden genannt wurden gehäufte Erkältung, Schleimhautreizung von Hals und Nase, Brennen und Jucken der Augen, Alkoholunverträglichkeit, Kältegefühl, chronische Müdigkeit, rasche Ermüdbarkeit, Konzentrationsminderung, Kurzzeitgedächtnisprobleme, Schwindelgefühl, Taubheitsgefühle in den Armen und Beinen, Einschlafgefühle in Armen und Beinen sowie Kältegefühle. Im Übrigen bestehe eine Kurzsichtigkeit von minus 13 Dioptrien. Die Beklagte holte das sozialmedizinische Gutachten des Dr. W., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK), vom 05. Juli 2004 ein. Bei MCS trete eine subjektiv erhöhte Empfindlichkeit gegenüber einer Vielzahl von Substanzen auf, ohne dass organpathologische Auffälligkeiten nachweisbar seien. Es handle sich überwiegend um subjektive Wahrnehmungen und funktionelle Störungen einschließlich Konzentrations- und Gedächtnisstörungen oder Depressivität. Eine abschließende Definition fehle und ein Nachweis der Störung sei nicht möglich. Die subjektiven Symptome würden durch Expositionen weit unterhalb der sonst bekannten Wirkschwelle ausgelöst. Kein Verfahren sei allgemein akzeptiert und kontrollierte Studien gebe es nicht. Die Behandlung könne im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung erfolgen je nach Symptomatik bei Neurologen/Psychiatern, Dermatologen, Internisten oder niedergelassenen Ärzten mit der Zusatzbezeichnung Umweltmedizin.

Durch Bescheid - ohne Rechtsbehelfsbelehrung - vom 13. Juli 2004 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kostenübernahme ab. Es bestehe die Auswahl unter den an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligten Ärzten, deren Behandlung über das Sachleistungsprinzip ermöglicht werde. Prof. Dr. H. sei nicht zur Vertragsbehandlung zugelassen. Die Klägerin erhob Widerspruch. Die MCS-Erkrankung könne nicht von einem Psychiater oder Hautarzt behandelt werden. Von den drei ihr vorgeschlagenen Umweltmedizinern habe sich keiner mit der Erkrankung ausgekannt. Die Klägerin legte den neuen Befundbericht des Prof. Dr. H. vom 21. Juni 2004 vor. Die Widerspruchsstelle der Beklagten erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 27. August 2004. Die Behandlung könne nur im Rahmen des Sachleistungsprinzips bei zugelassenen Ärzten erfolgen, zu denen Prof. Dr. H. nicht gehöre. Von der Möglichkeit, die Kostenerstattung anstelle der Sach- und Dienstleistungen zu wählen, habe die Klägerin keinen Gebrauch gemacht. Ein in der Rechtsprechung anerkannter Ausnahmefall bei Gefahr für Leib oder Leben liege nicht vor. Darüber hinaus sei für die Kostenübernahme privatärztlicher Leistungen Voraussetzung, dass diese vor ihrer Beschaffung beantragt würden. Ansonsten sei ein Kostenerstattungsanspruch bereits aus formellen Gründen verwirkt.

Hiergegen erhob die Klägerin am 24. September 2004 zum Sozialgericht Mannheim (SG) Klage. Prof. Dr. H. sei der einzige Arzt in der Umgebung, der sich eingehend mit Diagnose und Behandlung von MCS beschäftige. Deshalb sei sie von ihrem Hausarzt Dr. L. zu ihm überwiesen worden. Nach der Behandlung hätten sich die Beschwerden ersichtlich gebessert.

Die Beklagte trat der Klage entgegen.

Das SG befragte mehrere Ärzte zu ihren Erfahrungen mit MCS-Patienten. Internist Dr. J. teilte unter dem 29. Oktober 2004 mit, er behandle MCS-Kranke im Rahmen seiner Tätigkeit als Pneumologe. Eine umweltmedizinische Komplettbetreuung werde von den gesetzlichen Krankenkassen kostenmäßig nicht übernommen, weil allgemeingültige Abrechnungsziffern umweltmedizinischer Leistungen nicht existierten. Internist Dr. M. teilte mit Schreiben vom 08. November 2004 mit, er behandle in seltenen Ausnahmefällen Patienten mit MCS. Ähnlich äußerte sich Facharzt für HNO/Allergologie Dr. Ho. unter dem 09. November 2004. Andere Ärzte gaben an, in ihrer Praxis keine MCS-Patienten zu behandeln. Sodann befragte das SG Prof. Dr. H. als sachverständigen Zeugen. Er gab in der Auskunft vom 28. Februar 2005 an, er behandle die Klägerin seit 26. November 2003. Im Wesentlichen habe er bis 22. Juni 2004 ambulant zehn Infusionen mit Alphaliponsäure zur Verbesserung des Blutflusses durchgeführt. Daraufhin habe die Klägerin eine wesentliche Besserung der Symptomatik geäußert. Prof. Dr. H. legte seine Patientenakte vor.

Die Beklagte legte das Sozialmedizinische Gutachten des Dr. W. vom MDK vom 21. Juni 2005 vor. Dieser legte dar, welche der von Prof. Dr. H. veranlassten Laboruntersuchungen und Verordnungen Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung und medizinisch notwendig gewesen seien.

Durch Urteil vom 23. März 2006 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung legte es im Wesentlichen dar, die Klägerin habe die Kostenübernahme erst nach Abschluss der streitgegenständlichen Behandlungen beantragt. Eine vorherige Prüfung sei der Beklagten demgemäß nicht möglich gewesen. Ein Notfall habe nicht vorgelegen.

Gegen das am 07. April 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 03. Mai 2006 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, keiner der von der Beklagten vorgeschlagenen und von ihr konsultierten Umweltmediziner habe sich mit der MCS Erkrankung ausgekannt. Da der Hausarzt Gefahr für Leib und Leben befürchtet habe, habe er sie an Prof. Dr. H. überwiesen. Die Behandlung könne nur privat erfolgen. Die Klägerin hat sodann Arztrechnungen und Rezeptgebühren für die Zeit vom 02. August 2004 bis 31. Dezember 2005 eingereicht.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23. März 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 13. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. August 2004 zu verurteilen, ihr EUR 2.592,97 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die ablehnenden Entscheidungen weiterhin für zutreffend.

Der Senat hat die schriftliche Zeugenauskunft des Internisten Dr. L. vom 05. September 2006 eingeholt. Dieser hat erläutert, über die Privatpraxis des Prof. Dr. H. sei bereits am 11. Juli 2003 gesprochen worden mit dem Hinweis, dass Prof. Dr. H. keine Kassenzulassung habe. Unter dem 21. Juli 2003 sei eine Überweisung an einen Umweltmediziner ausgestellt worden.

Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Es besteht kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die privatärztlichen Leistungen durch Prof. Dr. H ...

Anspruchsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch ist § 13 Abs. 3 Satz 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V). Danach sind dem Versicherten Kosten einer selbstbeschafften Leistung in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Leistung unaufschiebbar war und die Krankenkasse sie nicht rechtzeitig erbringen konnte oder wenn die Krankenkasse die Leistung zu Unrecht abgelehnt hatte. Der Anspruch aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen die Krankenkasse. Er setzt daher im Regelfall voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt etwa Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-2500 § 31 Nr. 5 m.w.N.).

Für die Zeit vor dem Bescheid vom 13. Juli 2004 steht dem geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch schon entgegen, dass die Klägerin sich die Leistung selbst beschafft hat, ohne die Entscheidung der Beklagten abgewartet zu haben. Ein auf die unrechtmäßige Verweigerung der Sachleistung gestützter Erstattungsanspruch scheidet regelmäßig aus, wenn sich der Versicherte die Leistung besorgt hat, ohne die ablehnende Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten. § 13 Abs. 3 SGB V gewährt einen Erstattungsanspruch für den Ausnahmefall, dass eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels im Leistungssystem der Krankenversicherung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden konnte. Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift muss zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen. Daran fehlt es, wenn die Kasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 1; Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R -). Die frühere Rechtsauffassung, eine ablehnende Entscheidung müsse nicht herbeigeführt werden, wenn die Leistungsverweigerung von vornherein feststand, etwa aufgrund vorangegangener allgemeiner Meinungsäußerungen der Krankenkasse, hat das BSG wegen des eindeutigen Gesetzeswortlauts in § 13 Abs. 3 SGB V nicht übernommen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 15 m.w.N.) und nunmehr auch aufgegeben (Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R -). An einem ablehnenden Bescheid der Beklagten vor Beginn der Behandlung bei Prof. Dr. H. fehlt es. Die Behandlungen und Verordnungen des Prof. Dr. H., deren Kosten (insgesamt EUR 1.291,56) die Klägerin mit den bei der Beklagten vorgelegten Rechnungen geltend machte, erfolgten alle vor dem ablehnenden Bescheid vom 13. Juli 2004 und auch bereits vor dem 29. März 2004. Erst an diesem Tag wandte sich die Klägerin telefonisch an die Beklagte wegen der Behandlung bei Prof. Dr. H ... Die von Prof. Dr. H. ab November 2003 erbrachten Leistungen waren auch nicht unaufschiebbar. Wie sich aus der vom Senat eingeholten Auskunft des Dr. L. vom 05. September 2006 ergibt, ist über eine Behandlung in der Privatpraxis des Prof. Dr. H. bereits am 11. Juli 2003 gesprochen worden mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass Prof. Dr. H. nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist. Die Klägerin hätte damit bereits im Juli 2003 wegen einer möglichen Erstattung von Kosten für die Inanspruchnahme des Prof. Dr. H. mit der Beklagten Kontakt aufnehmen können.

Auch soweit die Erstattung von Kosten für die Zeit nach Erlass des Bescheids vom 13. Juli 2004 (die im Berufungsverfahren vorgelegten Rechnungen in Höhe von insgesamt EUR 1.301,41) begehrt wird, liegen die Voraussetzungen des Kostenerstattungsanspruchs nicht vor.

Bei laufenden oder sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden Leistungen wird zwar die ablehnende Entscheidung der Krankenkasse im Allgemeinen als Zäsur gesehen und die Kostenerstattung nur für diejenigen Leistungen ausgeschlossen, die bis zum Zeitpunkt der Entscheidung auf eigene Rechnung beschafft wurden; für spätere Leistungen wird der erforderliche Kausalzusammenhang dagegen bejaht (vgl. etwa BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 22). Das kann allerdings nur gelten, wenn die nachträglich getroffene Entscheidung der Krankenkasse noch geeignet war, das weitere Leistungsgeschehen zu beeinflussen. War mit dem eigenmächtigen Beginn der Behandlung das weitere Vorgehen bereits endgültig festgelegt, fehlt der erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen der Ablehnung der Kasse und der Kostenbelastung des Versicherten auch für den Teil der Behandlung, der zeitlich nach dem ablehnenden Bescheid liegt (vgl. BSG SozR 3 2500 § 28 Nr. 6). Dies war hier der Fall. Die Klägerin war auf die (privatärztliche) Behandlung bei Prof. Dr. H. festgelegt, weil ihrer Auffassung nach kein anderer Arzt in der Umgebung ihres Wohnortes eine ihrer Auffassung nach adäquate Behandlung der MCS-Erkrankung vornehmen konnte. Daran ändert sich nichts, dass die Infusions-Behandlung von April 2004 bis März 2005 unterbrochen war. Die Klägerin fühlte sich auf Grund des ersten Behandlungszyklus subjektiv besser, sodass ihre Auffassung gestützt wurde.

Unabhängig davon ist die Beklagte auch nicht verpflichtet, der Klägerin die Behandlung bei dem nicht als Vertragsarzt zugelassenen Prof. Dr. H. zu verschaffen.

Versicherte haben gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 Nr. 1 der Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung. Die ärztliche Behandlung umfasst die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist (§ 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der seit 01. Januar 2004 geltenden Fassung können die Versicherten unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten, den medizinischen Versorgungszentren, den ermächtigten Ärzten, den ermächtigten oder nach § 116b SGB V an der ambulanten Versorgung teilnehmenden ärztlich geleiteten Einrichtungen, den Zahnkliniken der Krankenkassen, den Eigeneinrichtungen der Krankenkassen nach § 140 Abs. 2 Satz 2 SGB V, den nach § 72a Abs. 3 SGB V vertraglich zur ärztlichen Behandlung verpflichteten Ärzten und Zahnärzten, den zum ambulanten Operieren zugelassenen Krankenhäusern sowie den Einrichtungen nach § 75 Abs. 9 SGB V frei wählen ... Der von der Klägerin gewählte Prof. Dr. H. nimmt weder an der vertragsärztlichen Versorgung teil noch zählt er zu den ermächtigten Ärzten. Die Beschränkung der zugelassenen Leistungserbringer kann nicht durch einen Anspruch auf (teilweise) Kostenerstattung durchbrochen werden (vgl. BSG, Beschluss vom 26. Juli 2004 B 1 KR 30/04 B - m.w.N.). Ausnahmen gelten für Notfälle (vgl. hierzu BSGE 89, 39 = SozR 3-2500 § 13 Nr. 25) und im Fall von Systemstörungen. Die Behandlung in einem Notfall ist dann aber eine Leistung der vertragsärztlichen Versorgung, sodass die Behandlung aus der von den Krankenkassen geleisteten Gesamtvergütung über die zuständige kassenärztliche Vereinigung zu erfolgen hat (vgl. BSGE 89, 39 = SozR 3-2500 § 13 Nr. 25), weshalb dem Versicherten auch keine Kosten entstehen können.

Keiner dieser Tatbestände liegt hier vor. Ein Notfall war nicht gegeben. Der Hinweis auf die Privatpraxis Prof. Dr. H. ist seitens des behandelnden Internisten Dr. L. bereits am 11. Juli 2003 erfolgt mit der eindeutigen Einschränkung, dass Prof. Dr. H. keine Kassenzulassung habe. Die Behandlung begann erst im November 2003. Die Beklagte wäre auch - wie der Ablauf zeigt - innerhalb weniger Tage oder Wochen zur Prüfung in der Lage gewesen. Im Übrigen waren Behandlungsalternativen für das MCS-Syndrom vorhanden. Dies ergibt sich aus den bei mehreren Ärzten getätigten Ermittlungen des SG. Internist Dr. J. (Zeugenauskunft vom 29. Oktober 2004) gab an, er behandle MCS-Kranke im Rahmen seiner Tätigkeit als Pneumologe. Auch Internist Dr. M. (Schreiben vom 08. November 2004) gab an, er behandle wenn auch in seltenen Ausnahmefällen - Patienten mit MCS. Ähnlich hat sich Facharzt für HNO-Allergologie Dr. Ho. unter dem 09. November 2004 geäußert. Die seitens Prof. Dr. H. vorrangig verordneten zehn Infusionen mit Alphaliponsäure zur Verbesserung des Blutflusses hätten von den genannten Vertragsärzten mit Mitteln des vertragsärztlichen Leistungssystems verordnet werden können. Dass mehrere von der Klägerin konsultierte Ärzte Umweltmediziner - sich nicht zur Behandlung bereit oder fähig erachtet haben, berechtigt nicht bereits zur Inanspruchnahme eines nicht zugelassenen Arztes. Die Krankenkasse schuldet Leistungen nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V), nicht jedoch eine Optimalversorgung mit nur von einzelnen Ärzten - wie von Prof. Dr. H. für sich in Anspruch genommen - praktizierten Methoden.

Die Klägerin kann ihr Begehren auf Erstattung der Kosten auch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Ein solcher kommt nicht in Betracht (BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 8). Eine unterlassene oder fehlerhafte Beratung ist im Übrigen nicht geltend gemacht worden. Die Klägerin wusste seitens ihres Hausarztes, dass Prof. Dr. H. nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist und es demgemäß in ihrer Verantwortung lag, einen zugelassenen Arzt zu finden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Gründe zur Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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