Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 7 KR 342/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 328/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 46/07 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 26. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Rechtsvorgängerin der Beklagten den Kläger zutreffend seines Amtes als Vorstand enthoben hat.
Der 1950 geborene Kläger war seit 01.01.1996 Vorstand der B. BKK (alt). Aus der Sicht des Vorstandsvorsitzenden des BKK-Landesverbandes Bayern gab es mindestens seit 1999 Spannungen zwischen dem BKK-Landesverband und dem Kläger, die daraus entstanden, dass der Eindruck bestand, die Rechnungslegung des Vorstandes sei nicht korrekt. Nach der Vereinigung der B. BKK (alt) mit einer weiteren BKK zur B. BKK (neu) zum 01.06.2002 wurde der Kläger für die Dauer von sechs Jahren als Mitglied des Vorstandes gewählt. Da laut Satzung der Vorstand nur aus einem Mitglied besteht, war der Kläger alleinverantwortlicher Vorstand dieser Kasse. Ebenfalls am 01.06.2002 wurde ein Anstellungsvertrag zwischen ihr und dem Kläger geschlossen, der für die Dauer vom 01.06.2002 bis 31.05.2008 gelten sollte. Die B. BKK ist am 01.07.2002 in der BKK E. (neu) aufgegangen.
Am 17.10.2002 wurde dem Kläger von den behandelnden Ärzten Dres.W. Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Vom 28.10.2002 bis 15.11.2002 befand sich der Kläger in stationärer Reha-Behandlung. Die Arbeitsunfähigkeit wurde zum 31.12.2002 auf Wunsch des Klägers beendet. Bereits im November 2002 war von der Beklagten ein Auftrag zur Überprüfung der Finanzsituation seit 1999 gegeben worden. Das am 11.12.2002 erstellte Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaf E. & Y. kam zu dem Ergebnis, die Liquiditätsentwicklung erfordere umgehend Finanzierungsmaßnahmen zur Stabilisierung bzw. Verbesserung der finanziellen Situation. In der Sitzung des Verwaltungsrats der Beklagten am 19.12.2002, an der der Kläger teilnahm, wurde allgemein festgestellt, dass der Haushaltsplan 2003 nicht korrekt gebucht sei. Mit Schreiben vom 03.03.2003 teilte der Kläger dem Vorstandsvorsitzenden des Landesverbandes mit, die Beklagte weise zum Jahresabschluss voraussichtlich einen Überschuss der Ausgaben in Höhe von 5.174.000,00 EUR aus, dabei seien alle noch nicht bezahlten Krankenhausrechnungen des Jahres 2002 berücksichtigt worden. Am 09.04.2003 fand erneut eine Sitzung des Verwaltungsrates der Beklagten statt, dabei gab der Kläger an, der Haushaltsplan 2003 werde mit einem Überschuss der Einnahmen von 2,8 Millionen EUR abschließen. Mit Schreiben vom 11.04.2003 wurde der Kläger dann vom Landesverband darauf hingewiesen, es bestehe Handlungsbedarf, weil der Beitragssatz unter dem Beitragsbedarf und das Vermögen unter dem Mindestvermögen liege. Daraufhin erhöhte der Kläger mit Vorstandsbeschluss vom 22.04.2003 den Beitragssatz um 0,7 v.H. auf 14,9 % ab 01.05.2003 und informierte hiervon den Landesverband sowie den Verwaltungsrat. Der erhöhte Kostenbedarf wurde mit liegengebliebenen und jetzt erst aufgetauchten Krankenhausrechnungen begründet. Mit Schreiben vom 16.05.2003 forderte der BKK-Landesverband den Verwaltungsrat der B. BKK auf, den Kläger von seinen Aufgaben als Vorstand zu entbinden bzw. ihn seines Amtes zu entheben. Der Kläger wurde hierzu gehört. Bereits mit Schreiben vom 30.05.2003 hatte der Kläger gebeten, ihn aus gesundheitlichen Gründen von seinem Amt als Vorstandsvorsitzender zum 30.06.2003 zu entbinden. Der Verwaltungsrat setzte eine weitere Sitzung zum 04.06.2003 an, wozu Herr S. und Herr A. vom BKK-Landesverband eingeladen wurden. Diese legten dem Verwaltungsrat vor der Sitzung einen Entwurf eines Bescheides über die Enthebung des Klägers vom Amt als Vorstand vor. Laut Protokoll der Verwaltungsratssitzung vom 04.06.2003 wurde von Herrn S. von einer auf dauernde Dienstunfähigkeit gestützten Entbindung zum 30.06.2003 aus rechtlichen Gründen abgeraten. Dienstrechtlich sei der Vorstandsvertrag wegen der zeitlichen Befristung nicht kündbar. Zum Prozessrisiko wurde von Seiten des Landesverbandes ausgeführt, die Hauptsacheverfahren würden bis zu rechtskräftigen Entscheidungen Jahre dauern. Es könne anschließend mit Herrn W. eine einvernehmliche Regelung über alternative Modalitäten der Beendigung der Zusammenarbeit getroffen werden. Die Vertreterversammlung beschloss, den Kläger wegen Vertrauensentzugs und Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung seines Amtes als Vorstand zu entheben. Das Dienstverhältnis sollte mit sofortiger Wirkung nach § 626 BGB gekündigt werden. Die Amtsenthebung erfolgte mit Bescheid vom 10.06.2003, die sofortige Vollziehung wurde angeordnet. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Verwaltungsrat musste nach Abwicklung aller Umstände davon ausgehen, dass die vom Vorstandsvorsitzenden begangenen und von ihm zu verantwortenden Vorstöße nach Art, Inhalt sowie Auswirkung auf die Belange der B. BKK von so erheblichem Gewicht sind, dass der Vorstandsvorsitzende unter den Gesichtspunkten sowohl eines nicht mehr vorhandenen Vertrauensverhältnisses als auch der Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung seines Vorstandsamtes nach § 35a Abs.7, 59 Abs.3 SGB IV zu entheben sei. Der Vorstandsvorsitzende habe versäumt, in der Sitzung am 09.04.2003 darüber zu berichten, dass dem vorgelegten Haushaltsplan 2003 Risikostrukturausgleichsdaten Stand September 2002 zugrunde lagen, seit 13.03.2003 jedoch neue Risikostrukturausgleichseckwerte vorlägen und dies erforderlich mache, eine Beitragsanpassung in Erwägung zu ziehen. Dies sei ein Hinweis auf die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung durch den Kläger. Außerdem liege ein grober Verstoß gegen die Berichtspflicht und zugleich ein Vertrauensbruch vor, weil der Kläger die neuen Risikostrukturausgleichseckwerte in der Sitzung vom 09.04.2003 völlig unberücksichtigt gelassen habe. Schließlich sei die Problematik unbezahlter Krankenhausrechnungen nicht mit der gebotenen Sorgfalt untersucht und aufgeklärt worden. Dies sei ein dem Vorstand zuzurechnendes Organisationsverschulden. Der Bevollmächtigte des Klägers legte am 25.03.2003 Widerspruch ein und beantragte am 25.06.2003 beim Sozialgericht München die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs. Auf Anforderung des SG legte er eine ärztliche Stellungnahme der Dres.W. vom 18.08.2003 vor, wonach bereits die Arbeitsunfähigkeit ab 17.10.2002, verursacht war durch einen ausgeprägten Erschöpfungszustand, dessen deutliche Verschlimmerung am 30.05.2003 festgestellt wurde. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15.09.2003 zurückgewiesen.
Hiergegen richtete sich die am 30.09.2003 zum Sozialgericht Nürnberg erhobene Klage, zu deren Begründung vorgetragen wurde, der Bescheid sei bereits gesetz- und satzungswidrig zustande gekommen. Die Amtsenthebung sei auch sachlich nicht begründet. Wegen Unfähigkeit zur ordentlichen Geschäftsführung und nicht mehr vorhandenem Vertrauensverhältnis sei sowohl eine Amtsentbindung als auch eine Amtsenthebung zu rechtfertigen. Für die Amtsenthebung müssten besonders schwere Verfehlungen vorliegen, was beim Kläger nicht gegeben sei. Grobe Verstöße lägen nicht vor. Der Kläger habe keine Kenntnis gehabt von den neuen Zahlen zum Risikostrukturausgleich. Die Beklagte teilte mit, dass seit 01.06.2004 ein neuer gewählter hauptamtlicher Vorstand der Beklagten im Amt sei. In der Zwischenzeit war beim Kläger das Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit festgestellt und ab 01.02.2004 bis 30.06.2005 entsprechende Rente gezahlt worden. Anschließend ist Arbeitslosengeld bezahlt worden.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 26.07.2005 die streitgegenständlichen Bescheide aufgehoben. Die Amtsenthebung dürfe nicht dazu dienen, eine im Nachhinein für unrichtig erachtete Wahlentscheidung zu korrigieren. Der Landesverband habe vorgetragen, bereits seit 1999 bestünden Probleme mit dem Kläger. Wenn er nun trotzdem am 01.06.2002 für die Dauer von sechs Jahren als Mitglied des Vorstands gewählt worden sei, könnten Vorgänge in der Vergangenheit eine Amtsenthebung nicht mehr rechtfertigen. Auch mit einem Vertrauensentzug sei im Fall des Klägers die Amtsenthebung nicht zu rechtfertigen. Mangelndes Vertrauen müsse sich manifestieren. Allein der Hinweis auf Pflichtverstöße genüge nicht für die Annahme mangelnden Vertrauens. Es reiche nicht aus, dass der Vorsitzende des Verwaltungsrats das Vertrauen entzogen habe. Auf ein Vertrauen des Landesverbandes komme es auch nicht an. Unabhängig von den Bedenken hinsichtlich des festgestellten Vertrauensentzugs fehle es an der notwendigen Abwägung zwischen Amtsenthebung und Amtsentbindung. Vertrauensentzug könne Grund für jede der beiden Maßnahmen sein. Das Abstellen auf die finanziellen Folgen sei keine Abwägung. Das Attest des behandelnden Arztes hätte die Beklagte auch veranlassen müssen, eine Amtsentbindung aus gesundheitlichen Gründen schon vor dem 30.06.2003 zu überprüfen.
Auch bei dem Entziehungs- bzw. Enthebungsgrund "Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung" sei eine Abwägung zu treffen, welche der beiden Maßnahmen nötig sei. Auch hier dürfe keinesfalls auf die Zeit vor der Wiederwahl am 01.06.2002 zurückgegriffen werden, es hätte dargelegt werden müssen, welche Fähigkeiten des Klägers, die dieser zum Zeitpunkt seiner Wahl hatte, nunmehr verlorengegangen sind, so dass nur noch die Maßnahme der Amtsenthebung verblieben wäre. Solche Darlegungen seien nicht erfolgt. Schließlich rechtfertige auch der Verstoß gegen Amtspflichten als Organmitglied noch nicht die Amtsenthebung. Es sei nicht nur objektiv eine grobe Amtspflichtverletzung vorausgesetzt, sondern auch ein subjektiv vorwerfbares schuldhaftes Verhalten. Beim Kläger sei eine grobe Pflichtverletzung ausdrücklich nicht als Grund für die Amtsenthebung benannt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die am 18.11.2005 eingelegte Berufung der Beklagten. Die Berufung wird damit begründet, das erstinstanzliche Urteil leide daran, dass die nach dem SGB IV einschlägigen Rechtsgrundlagen für eine Amtsenthebung eines Organs der Krankenkasse nicht klar herausgearbeitet werden und die Begründung des Widerspruchsbescheids im Hinblick auf die anzuwendenden Vorschriften nicht ausreichend gewürdigt werde. Sämtlich dem Kläger vorgeworfenen Pflichtverletzungen lägen im Zeitraum Dezember 2002 bis April 2003. Es wird erneut vorgetragen, der Kläger habe bereits am 15.02.2003 von der KV 45 (vierteljährliche Statistik über Einnahmen, Ausgaben und Vermögen in der gesetzlichen Krankenversicherung) Kenntnis gehabt. Er habe gewusst, dass der bedarfsdeckende Beitragssatz der Beklagten bei 14,5 % lag. Er habe diesen Sachverhalt in den Verwaltungsratssitzungen weder berücksichtigt noch mündlich vorgetragen. Auch habe er zum Risikostrukturausgleich nicht die neuesten Daten vorgelegt, die erheblichen Einfluss auf den Bedarfsbeitragssatz hätten. Außerdem habe er die Frage nicht bezahlter Krankenhausrechnungen spätestens seit den Ergebnissen des Gutachtens der Firma E. & Y. gekannt. Er hätte deshalb dieser Problematik mit gebotener Sorgfalt nachgehen müssen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 26.07.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er weist darauf hin, dass man nicht erst jemanden seines Amtes entheben könne und anschließend im Widerspruchsbescheid die Gründe nachzuschieben versuche.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen. Beigezogen wurden die Akten der Beklagten, die Krankengeldzahlung betreffend sowie die Akte der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Rentenversicherung Bund) sowie die Akte der Bundesagentur für Arbeit. Der Versuch, eine gütliche Einigung durch den Senat herbeizuführen, ist gescheitert.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die nicht der Zulassung gemäß § 144 SGG bedarf, ist zulässig, sie erweist sich aber als unbegründet.
Das Sozialgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine Amtsenthebung des Klägers nicht gegeben sind. Rechtsgrundlage für die Amtsenthebung und Amtsentbindung eines Mitglieds des Vorstands ist § 35a Abs.7 Satz 1 SGB IV i.V.m. § 59 Abs.2 und 3 SGB IV. Nach § 35a Abs.7 Satz 1 SGB IV gilt für eine Amtsenthebung und Amtsentbindung eines Mitglieds des Vorstands durch den Verwaltungsrat § 59 Abs.2 und 3 entsprechend. Gemäß § 35 Abs.7 Satz 2 SGB IV sind Gründe für eine Amtsenthebung oder eine Amtsentbindung auch Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung oder Vertrauensentzug durch den Verwaltungsrat, es sei denn, dass das Vertrauen aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden ist. Nach § 59 Abs.2 SGB IV hat der Vorstand ein Mitglied eines Verwaltungsorgans durch Beschluss von seinem Amt zu entbinden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt oder wenn die Voraussetzungen der Wählbarkeit nicht vorgelegen haben oder nachträglich weggefallen sind. § 59 Abs.3 regelt weiter, dass bei Verstoß eines Mitglieds eines Selbstverwaltungsorgans in grober Weise gegen seine Amtspflichten der Vorstand das Mitglied durch Beschluss seines Amtes zu entheben hat.
Die Beklagte hat den Kläger mit Bescheid vom 04.06.2003 wegen Vertrauensentzuges und Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung seines Amtes enthoben. Laut Widerspruchsbescheid ergab sich die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung aus Pflichtverletzungen des Klägers im Zusammenhang mit der Mitteilung der richtigen Risikostrukturausgleichseckwerte und der Statistik über Einnahmen, Ausgaben und Vermögen in der gesetzlichen Krankenversicherung (KV 45) aus dem Jahr 2002, dadurch sei eine rechtzeitige Beitragsanpassung nicht möglich gewesen. Schließlich sei die Unfähigkeit zur ordungsgemäßen Geschäftsführung auch aus dem Umgang des Klägers mit offenen Krankenhausrechnungen zu ersehen. Insgesamt ergeben die mehr umfangreichen als präzisen Ausführungen in Bescheid und Widerspruchsbescheid den Eindruck, den auch das Sozialgericht schon formuliert hat. Es sollte durch die Amtsenthebung die falsche Wahlentscheidung korrigiert werden. Hiergegen bestehen grundsätzliche Bedenken. Aus rechtsstaatlichen und rechtspolitischen Gründen muss nämlich auf eine möglichst weitgehende Objektivierung der in § 35a Abs.7 Satz 2 SGB IV enthaltenen Entlassungsgründe wert gelegt werden. Die Vorschrift darf keine Handhabe zur Entlassung unbequemer Vorstandsmitglieder sein (Hauck/ Haines, SGB IV, Rdnr.15 zu § 35a). Dem Sozialgericht ist zuzustimmen, wenn es ausführt, dass mangelndes Vertrauen sich manifestieren müsse und allein der Verweis auf Pflichtverstöße dafür nicht genüge. Zutreffend ist auch der Hinweis, dass es nicht auf das Vertrauen des Landesverbandes ankommt und auch das Misstrauen des Vorsitzenden des Verwaltungsraten nicht ausreicht. Die im Bescheid und Widerspruchsbescheid genannte Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung lässt gemäß § 35a Abs.7 Satz 2 SGB IV sowohl eine Amtsenthebung die eine Amtsentbindung zu. Der Senat übersieht nicht, dass sich aus den vorgelegten Akten starke Indizien für eine tatsächlich vorliegende Unfähigkeit des Klägers zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung ergeben. Die Beklagte hat jedoch die Unfähigkeit primär auf die Verletzung von Amtspflichten gestützt. Eine Amtsenthebung wegen Verletzung von Amtspflichten ist jedoch gemäß § 59 Abs.3 Satz 1 SGB IV nur dann gerechtfertigt, wenn der Kläger in grober Weise gegen seine Amtspflichten verstoßen hätte. Hierzu hat das BSG bereits mit Urteil vom 29.06.1979 (SozR 5310 § 6 Nr.2) entschieden, dass Voraussetzung der Amtsenthebung des Mitglieds eines Selbstverwaltungsorgans ein schuldhafter grober Verstoß gegen die Amtspflichten ist. Eine absichtliche Verletzung der Amtspflichten ist jedoch nicht erforderlich. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger schuldhaft grob gegen Amtspflichten verstoßen hat. Dazu kann einfache Fahrlässigkeit nicht ausreichen, insbesondere nicht eine Überforderung mit einem Aufgabenspielraum, dem der Betreffende nicht (mehr) gewachsen ist. Dies ergibt sich für den Senat daraus, dass der Kläger in dem von Beklagtenseite allein entscheidungserheblich angenommenen Zeitraum von Dezember 2002 bis zur Amtsenthebung aus gesundheitlichen Gründen gehindert war, seine Pflichten ordnungsgemäß zu erledigen. Der Kläger war laut Bescheinigung seiner behandelnden Ärzte, der Allgemeinärzte Dres.W. , ab 17.10.2002 arbeitsunfähig. Dres.W. bescheinigten dem Kläger bei der Diagnose ausgeprägter Erschöpfungszustand u.a., dass ihm dringend angeraten wurde, einen Kuraufenthalt von mindestens drei Wochen durchzuführen, um insbesondere von den beruflichen Anspannungen Abstand zu gewinnen, durch die der psychovegetative Erschöpfungszustand und die instabile Psyche verursacht würden. Die Arbeitsunfähigkeit sei auf Wunsch des Klägers zum 31.12.2002 beendet worden. Die weiteren Ausführungen der Dres.W. bestätigen die Auffassung des Senats, dass die Arbeitsunfähigkeit über den 31.12.2002 hinaus bestanden hat. Es wird nämlich angegeben, der Kläger sei am 30.05.2003 erneut in der Praxis erschienen, ab diesem Zeitpunkt sei erneut eine Arbeitsunfähigkeit festgestellt worden, die Symptome einer Psychose seien deutlich schlimmer gewesen. Der Patient sei erheblich depressiv und immer wieder von Weinkrämpfen geschüttelt. Er sei psychisch völlig instabil gewesen. Der Kläger hat sich dann laut Attest des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr.F. seit 23.06.2003 in nervenärztlicher Behandlung befunden. Es handle sich um eine Anpassungsstörung (schwere reaktive Depression). Der Senat geht nicht davon aus, dass es sich hierbei um Gefälligkeitsatteste gehandelt hat. Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger bis 24.05.2004 Krankengeld und anschließend Erwerbsunfähigkeitsrente bezogen hat. Aus den Akten der B. BKK, das Krankengeld betreffend, ergibt sich, dass Krankengeld wegen psychischer Störungen geleistet wurde und deren Vorliegen vom Medizinischen Dienst nicht in Frage gestellt wurde. Aufgrund der Krankheitsentwicklung ist ausgeschlossen, dass der psychovegetative Erschöpfungszustand am 31.12.2002 beendet gewesen sein sollte und erst am 30.05.2003 wieder aufgetreten ist. Damit bleibt festzuhalten, dass der Kläger zwar in der streitgegenständlichen Zeit seine Amtspflichten verletzt hat und unfähig zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung war, die Amtspflichtverletzung aber nicht als grobes Fehlverhalten schuldhaft war und somit kein Grund zur Amtsenthebung gemäß § 59 Abs.3 Satz 1 SGB IV vorlag. Was die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung betrifft, erlaubt § 35a Abs.7 Satz 2 SGB IV sowohl die Amtsentbindung als auch die Amtsenthebung. Eine Amtsenthebung ist nicht begründet, wenn die Unfähigkeit zur Geschäftsführung gesundheitlich bedingt ist.
Dass der Kläger sich erst im zweiten Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat bereit erklärt hat, dass der Beklagten der Inhalt der ärztlichen Atteste bekannt gegeben wird, ändert nichts an diesem Ergebnis. Möglicherweise hätte sich der Kläger durch Bekanntgabe seiner Erkrankung das Widerspruchs- und Klageverfahren ersparen können, der Senat hat jedoch sämtliche ihm bekannten Gründe für seine Entscheidung zu berücksichtigen. Die Beklagte ist noch vor der Entscheidung des Senats mit dem Inhalt der ärztlichen Atteste bekannt gemacht worden, für sie wäre evtl. eine Berufungsrücknahme veranlasst gewesen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs.1 und 2 VwGO.
Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Rechtsvorgängerin der Beklagten den Kläger zutreffend seines Amtes als Vorstand enthoben hat.
Der 1950 geborene Kläger war seit 01.01.1996 Vorstand der B. BKK (alt). Aus der Sicht des Vorstandsvorsitzenden des BKK-Landesverbandes Bayern gab es mindestens seit 1999 Spannungen zwischen dem BKK-Landesverband und dem Kläger, die daraus entstanden, dass der Eindruck bestand, die Rechnungslegung des Vorstandes sei nicht korrekt. Nach der Vereinigung der B. BKK (alt) mit einer weiteren BKK zur B. BKK (neu) zum 01.06.2002 wurde der Kläger für die Dauer von sechs Jahren als Mitglied des Vorstandes gewählt. Da laut Satzung der Vorstand nur aus einem Mitglied besteht, war der Kläger alleinverantwortlicher Vorstand dieser Kasse. Ebenfalls am 01.06.2002 wurde ein Anstellungsvertrag zwischen ihr und dem Kläger geschlossen, der für die Dauer vom 01.06.2002 bis 31.05.2008 gelten sollte. Die B. BKK ist am 01.07.2002 in der BKK E. (neu) aufgegangen.
Am 17.10.2002 wurde dem Kläger von den behandelnden Ärzten Dres.W. Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Vom 28.10.2002 bis 15.11.2002 befand sich der Kläger in stationärer Reha-Behandlung. Die Arbeitsunfähigkeit wurde zum 31.12.2002 auf Wunsch des Klägers beendet. Bereits im November 2002 war von der Beklagten ein Auftrag zur Überprüfung der Finanzsituation seit 1999 gegeben worden. Das am 11.12.2002 erstellte Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaf E. & Y. kam zu dem Ergebnis, die Liquiditätsentwicklung erfordere umgehend Finanzierungsmaßnahmen zur Stabilisierung bzw. Verbesserung der finanziellen Situation. In der Sitzung des Verwaltungsrats der Beklagten am 19.12.2002, an der der Kläger teilnahm, wurde allgemein festgestellt, dass der Haushaltsplan 2003 nicht korrekt gebucht sei. Mit Schreiben vom 03.03.2003 teilte der Kläger dem Vorstandsvorsitzenden des Landesverbandes mit, die Beklagte weise zum Jahresabschluss voraussichtlich einen Überschuss der Ausgaben in Höhe von 5.174.000,00 EUR aus, dabei seien alle noch nicht bezahlten Krankenhausrechnungen des Jahres 2002 berücksichtigt worden. Am 09.04.2003 fand erneut eine Sitzung des Verwaltungsrates der Beklagten statt, dabei gab der Kläger an, der Haushaltsplan 2003 werde mit einem Überschuss der Einnahmen von 2,8 Millionen EUR abschließen. Mit Schreiben vom 11.04.2003 wurde der Kläger dann vom Landesverband darauf hingewiesen, es bestehe Handlungsbedarf, weil der Beitragssatz unter dem Beitragsbedarf und das Vermögen unter dem Mindestvermögen liege. Daraufhin erhöhte der Kläger mit Vorstandsbeschluss vom 22.04.2003 den Beitragssatz um 0,7 v.H. auf 14,9 % ab 01.05.2003 und informierte hiervon den Landesverband sowie den Verwaltungsrat. Der erhöhte Kostenbedarf wurde mit liegengebliebenen und jetzt erst aufgetauchten Krankenhausrechnungen begründet. Mit Schreiben vom 16.05.2003 forderte der BKK-Landesverband den Verwaltungsrat der B. BKK auf, den Kläger von seinen Aufgaben als Vorstand zu entbinden bzw. ihn seines Amtes zu entheben. Der Kläger wurde hierzu gehört. Bereits mit Schreiben vom 30.05.2003 hatte der Kläger gebeten, ihn aus gesundheitlichen Gründen von seinem Amt als Vorstandsvorsitzender zum 30.06.2003 zu entbinden. Der Verwaltungsrat setzte eine weitere Sitzung zum 04.06.2003 an, wozu Herr S. und Herr A. vom BKK-Landesverband eingeladen wurden. Diese legten dem Verwaltungsrat vor der Sitzung einen Entwurf eines Bescheides über die Enthebung des Klägers vom Amt als Vorstand vor. Laut Protokoll der Verwaltungsratssitzung vom 04.06.2003 wurde von Herrn S. von einer auf dauernde Dienstunfähigkeit gestützten Entbindung zum 30.06.2003 aus rechtlichen Gründen abgeraten. Dienstrechtlich sei der Vorstandsvertrag wegen der zeitlichen Befristung nicht kündbar. Zum Prozessrisiko wurde von Seiten des Landesverbandes ausgeführt, die Hauptsacheverfahren würden bis zu rechtskräftigen Entscheidungen Jahre dauern. Es könne anschließend mit Herrn W. eine einvernehmliche Regelung über alternative Modalitäten der Beendigung der Zusammenarbeit getroffen werden. Die Vertreterversammlung beschloss, den Kläger wegen Vertrauensentzugs und Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung seines Amtes als Vorstand zu entheben. Das Dienstverhältnis sollte mit sofortiger Wirkung nach § 626 BGB gekündigt werden. Die Amtsenthebung erfolgte mit Bescheid vom 10.06.2003, die sofortige Vollziehung wurde angeordnet. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Verwaltungsrat musste nach Abwicklung aller Umstände davon ausgehen, dass die vom Vorstandsvorsitzenden begangenen und von ihm zu verantwortenden Vorstöße nach Art, Inhalt sowie Auswirkung auf die Belange der B. BKK von so erheblichem Gewicht sind, dass der Vorstandsvorsitzende unter den Gesichtspunkten sowohl eines nicht mehr vorhandenen Vertrauensverhältnisses als auch der Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung seines Vorstandsamtes nach § 35a Abs.7, 59 Abs.3 SGB IV zu entheben sei. Der Vorstandsvorsitzende habe versäumt, in der Sitzung am 09.04.2003 darüber zu berichten, dass dem vorgelegten Haushaltsplan 2003 Risikostrukturausgleichsdaten Stand September 2002 zugrunde lagen, seit 13.03.2003 jedoch neue Risikostrukturausgleichseckwerte vorlägen und dies erforderlich mache, eine Beitragsanpassung in Erwägung zu ziehen. Dies sei ein Hinweis auf die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung durch den Kläger. Außerdem liege ein grober Verstoß gegen die Berichtspflicht und zugleich ein Vertrauensbruch vor, weil der Kläger die neuen Risikostrukturausgleichseckwerte in der Sitzung vom 09.04.2003 völlig unberücksichtigt gelassen habe. Schließlich sei die Problematik unbezahlter Krankenhausrechnungen nicht mit der gebotenen Sorgfalt untersucht und aufgeklärt worden. Dies sei ein dem Vorstand zuzurechnendes Organisationsverschulden. Der Bevollmächtigte des Klägers legte am 25.03.2003 Widerspruch ein und beantragte am 25.06.2003 beim Sozialgericht München die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs. Auf Anforderung des SG legte er eine ärztliche Stellungnahme der Dres.W. vom 18.08.2003 vor, wonach bereits die Arbeitsunfähigkeit ab 17.10.2002, verursacht war durch einen ausgeprägten Erschöpfungszustand, dessen deutliche Verschlimmerung am 30.05.2003 festgestellt wurde. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15.09.2003 zurückgewiesen.
Hiergegen richtete sich die am 30.09.2003 zum Sozialgericht Nürnberg erhobene Klage, zu deren Begründung vorgetragen wurde, der Bescheid sei bereits gesetz- und satzungswidrig zustande gekommen. Die Amtsenthebung sei auch sachlich nicht begründet. Wegen Unfähigkeit zur ordentlichen Geschäftsführung und nicht mehr vorhandenem Vertrauensverhältnis sei sowohl eine Amtsentbindung als auch eine Amtsenthebung zu rechtfertigen. Für die Amtsenthebung müssten besonders schwere Verfehlungen vorliegen, was beim Kläger nicht gegeben sei. Grobe Verstöße lägen nicht vor. Der Kläger habe keine Kenntnis gehabt von den neuen Zahlen zum Risikostrukturausgleich. Die Beklagte teilte mit, dass seit 01.06.2004 ein neuer gewählter hauptamtlicher Vorstand der Beklagten im Amt sei. In der Zwischenzeit war beim Kläger das Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit festgestellt und ab 01.02.2004 bis 30.06.2005 entsprechende Rente gezahlt worden. Anschließend ist Arbeitslosengeld bezahlt worden.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 26.07.2005 die streitgegenständlichen Bescheide aufgehoben. Die Amtsenthebung dürfe nicht dazu dienen, eine im Nachhinein für unrichtig erachtete Wahlentscheidung zu korrigieren. Der Landesverband habe vorgetragen, bereits seit 1999 bestünden Probleme mit dem Kläger. Wenn er nun trotzdem am 01.06.2002 für die Dauer von sechs Jahren als Mitglied des Vorstands gewählt worden sei, könnten Vorgänge in der Vergangenheit eine Amtsenthebung nicht mehr rechtfertigen. Auch mit einem Vertrauensentzug sei im Fall des Klägers die Amtsenthebung nicht zu rechtfertigen. Mangelndes Vertrauen müsse sich manifestieren. Allein der Hinweis auf Pflichtverstöße genüge nicht für die Annahme mangelnden Vertrauens. Es reiche nicht aus, dass der Vorsitzende des Verwaltungsrats das Vertrauen entzogen habe. Auf ein Vertrauen des Landesverbandes komme es auch nicht an. Unabhängig von den Bedenken hinsichtlich des festgestellten Vertrauensentzugs fehle es an der notwendigen Abwägung zwischen Amtsenthebung und Amtsentbindung. Vertrauensentzug könne Grund für jede der beiden Maßnahmen sein. Das Abstellen auf die finanziellen Folgen sei keine Abwägung. Das Attest des behandelnden Arztes hätte die Beklagte auch veranlassen müssen, eine Amtsentbindung aus gesundheitlichen Gründen schon vor dem 30.06.2003 zu überprüfen.
Auch bei dem Entziehungs- bzw. Enthebungsgrund "Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung" sei eine Abwägung zu treffen, welche der beiden Maßnahmen nötig sei. Auch hier dürfe keinesfalls auf die Zeit vor der Wiederwahl am 01.06.2002 zurückgegriffen werden, es hätte dargelegt werden müssen, welche Fähigkeiten des Klägers, die dieser zum Zeitpunkt seiner Wahl hatte, nunmehr verlorengegangen sind, so dass nur noch die Maßnahme der Amtsenthebung verblieben wäre. Solche Darlegungen seien nicht erfolgt. Schließlich rechtfertige auch der Verstoß gegen Amtspflichten als Organmitglied noch nicht die Amtsenthebung. Es sei nicht nur objektiv eine grobe Amtspflichtverletzung vorausgesetzt, sondern auch ein subjektiv vorwerfbares schuldhaftes Verhalten. Beim Kläger sei eine grobe Pflichtverletzung ausdrücklich nicht als Grund für die Amtsenthebung benannt.
Gegen dieses Urteil richtet sich die am 18.11.2005 eingelegte Berufung der Beklagten. Die Berufung wird damit begründet, das erstinstanzliche Urteil leide daran, dass die nach dem SGB IV einschlägigen Rechtsgrundlagen für eine Amtsenthebung eines Organs der Krankenkasse nicht klar herausgearbeitet werden und die Begründung des Widerspruchsbescheids im Hinblick auf die anzuwendenden Vorschriften nicht ausreichend gewürdigt werde. Sämtlich dem Kläger vorgeworfenen Pflichtverletzungen lägen im Zeitraum Dezember 2002 bis April 2003. Es wird erneut vorgetragen, der Kläger habe bereits am 15.02.2003 von der KV 45 (vierteljährliche Statistik über Einnahmen, Ausgaben und Vermögen in der gesetzlichen Krankenversicherung) Kenntnis gehabt. Er habe gewusst, dass der bedarfsdeckende Beitragssatz der Beklagten bei 14,5 % lag. Er habe diesen Sachverhalt in den Verwaltungsratssitzungen weder berücksichtigt noch mündlich vorgetragen. Auch habe er zum Risikostrukturausgleich nicht die neuesten Daten vorgelegt, die erheblichen Einfluss auf den Bedarfsbeitragssatz hätten. Außerdem habe er die Frage nicht bezahlter Krankenhausrechnungen spätestens seit den Ergebnissen des Gutachtens der Firma E. & Y. gekannt. Er hätte deshalb dieser Problematik mit gebotener Sorgfalt nachgehen müssen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 26.07.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er weist darauf hin, dass man nicht erst jemanden seines Amtes entheben könne und anschließend im Widerspruchsbescheid die Gründe nachzuschieben versuche.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen. Beigezogen wurden die Akten der Beklagten, die Krankengeldzahlung betreffend sowie die Akte der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Rentenversicherung Bund) sowie die Akte der Bundesagentur für Arbeit. Der Versuch, eine gütliche Einigung durch den Senat herbeizuführen, ist gescheitert.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung, die nicht der Zulassung gemäß § 144 SGG bedarf, ist zulässig, sie erweist sich aber als unbegründet.
Das Sozialgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine Amtsenthebung des Klägers nicht gegeben sind. Rechtsgrundlage für die Amtsenthebung und Amtsentbindung eines Mitglieds des Vorstands ist § 35a Abs.7 Satz 1 SGB IV i.V.m. § 59 Abs.2 und 3 SGB IV. Nach § 35a Abs.7 Satz 1 SGB IV gilt für eine Amtsenthebung und Amtsentbindung eines Mitglieds des Vorstands durch den Verwaltungsrat § 59 Abs.2 und 3 entsprechend. Gemäß § 35 Abs.7 Satz 2 SGB IV sind Gründe für eine Amtsenthebung oder eine Amtsentbindung auch Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung oder Vertrauensentzug durch den Verwaltungsrat, es sei denn, dass das Vertrauen aus offenbar unsachlichen Gründen entzogen worden ist. Nach § 59 Abs.2 SGB IV hat der Vorstand ein Mitglied eines Verwaltungsorgans durch Beschluss von seinem Amt zu entbinden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt oder wenn die Voraussetzungen der Wählbarkeit nicht vorgelegen haben oder nachträglich weggefallen sind. § 59 Abs.3 regelt weiter, dass bei Verstoß eines Mitglieds eines Selbstverwaltungsorgans in grober Weise gegen seine Amtspflichten der Vorstand das Mitglied durch Beschluss seines Amtes zu entheben hat.
Die Beklagte hat den Kläger mit Bescheid vom 04.06.2003 wegen Vertrauensentzuges und Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung seines Amtes enthoben. Laut Widerspruchsbescheid ergab sich die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung aus Pflichtverletzungen des Klägers im Zusammenhang mit der Mitteilung der richtigen Risikostrukturausgleichseckwerte und der Statistik über Einnahmen, Ausgaben und Vermögen in der gesetzlichen Krankenversicherung (KV 45) aus dem Jahr 2002, dadurch sei eine rechtzeitige Beitragsanpassung nicht möglich gewesen. Schließlich sei die Unfähigkeit zur ordungsgemäßen Geschäftsführung auch aus dem Umgang des Klägers mit offenen Krankenhausrechnungen zu ersehen. Insgesamt ergeben die mehr umfangreichen als präzisen Ausführungen in Bescheid und Widerspruchsbescheid den Eindruck, den auch das Sozialgericht schon formuliert hat. Es sollte durch die Amtsenthebung die falsche Wahlentscheidung korrigiert werden. Hiergegen bestehen grundsätzliche Bedenken. Aus rechtsstaatlichen und rechtspolitischen Gründen muss nämlich auf eine möglichst weitgehende Objektivierung der in § 35a Abs.7 Satz 2 SGB IV enthaltenen Entlassungsgründe wert gelegt werden. Die Vorschrift darf keine Handhabe zur Entlassung unbequemer Vorstandsmitglieder sein (Hauck/ Haines, SGB IV, Rdnr.15 zu § 35a). Dem Sozialgericht ist zuzustimmen, wenn es ausführt, dass mangelndes Vertrauen sich manifestieren müsse und allein der Verweis auf Pflichtverstöße dafür nicht genüge. Zutreffend ist auch der Hinweis, dass es nicht auf das Vertrauen des Landesverbandes ankommt und auch das Misstrauen des Vorsitzenden des Verwaltungsraten nicht ausreicht. Die im Bescheid und Widerspruchsbescheid genannte Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung lässt gemäß § 35a Abs.7 Satz 2 SGB IV sowohl eine Amtsenthebung die eine Amtsentbindung zu. Der Senat übersieht nicht, dass sich aus den vorgelegten Akten starke Indizien für eine tatsächlich vorliegende Unfähigkeit des Klägers zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung ergeben. Die Beklagte hat jedoch die Unfähigkeit primär auf die Verletzung von Amtspflichten gestützt. Eine Amtsenthebung wegen Verletzung von Amtspflichten ist jedoch gemäß § 59 Abs.3 Satz 1 SGB IV nur dann gerechtfertigt, wenn der Kläger in grober Weise gegen seine Amtspflichten verstoßen hätte. Hierzu hat das BSG bereits mit Urteil vom 29.06.1979 (SozR 5310 § 6 Nr.2) entschieden, dass Voraussetzung der Amtsenthebung des Mitglieds eines Selbstverwaltungsorgans ein schuldhafter grober Verstoß gegen die Amtspflichten ist. Eine absichtliche Verletzung der Amtspflichten ist jedoch nicht erforderlich. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Kläger schuldhaft grob gegen Amtspflichten verstoßen hat. Dazu kann einfache Fahrlässigkeit nicht ausreichen, insbesondere nicht eine Überforderung mit einem Aufgabenspielraum, dem der Betreffende nicht (mehr) gewachsen ist. Dies ergibt sich für den Senat daraus, dass der Kläger in dem von Beklagtenseite allein entscheidungserheblich angenommenen Zeitraum von Dezember 2002 bis zur Amtsenthebung aus gesundheitlichen Gründen gehindert war, seine Pflichten ordnungsgemäß zu erledigen. Der Kläger war laut Bescheinigung seiner behandelnden Ärzte, der Allgemeinärzte Dres.W. , ab 17.10.2002 arbeitsunfähig. Dres.W. bescheinigten dem Kläger bei der Diagnose ausgeprägter Erschöpfungszustand u.a., dass ihm dringend angeraten wurde, einen Kuraufenthalt von mindestens drei Wochen durchzuführen, um insbesondere von den beruflichen Anspannungen Abstand zu gewinnen, durch die der psychovegetative Erschöpfungszustand und die instabile Psyche verursacht würden. Die Arbeitsunfähigkeit sei auf Wunsch des Klägers zum 31.12.2002 beendet worden. Die weiteren Ausführungen der Dres.W. bestätigen die Auffassung des Senats, dass die Arbeitsunfähigkeit über den 31.12.2002 hinaus bestanden hat. Es wird nämlich angegeben, der Kläger sei am 30.05.2003 erneut in der Praxis erschienen, ab diesem Zeitpunkt sei erneut eine Arbeitsunfähigkeit festgestellt worden, die Symptome einer Psychose seien deutlich schlimmer gewesen. Der Patient sei erheblich depressiv und immer wieder von Weinkrämpfen geschüttelt. Er sei psychisch völlig instabil gewesen. Der Kläger hat sich dann laut Attest des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr.F. seit 23.06.2003 in nervenärztlicher Behandlung befunden. Es handle sich um eine Anpassungsstörung (schwere reaktive Depression). Der Senat geht nicht davon aus, dass es sich hierbei um Gefälligkeitsatteste gehandelt hat. Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger bis 24.05.2004 Krankengeld und anschließend Erwerbsunfähigkeitsrente bezogen hat. Aus den Akten der B. BKK, das Krankengeld betreffend, ergibt sich, dass Krankengeld wegen psychischer Störungen geleistet wurde und deren Vorliegen vom Medizinischen Dienst nicht in Frage gestellt wurde. Aufgrund der Krankheitsentwicklung ist ausgeschlossen, dass der psychovegetative Erschöpfungszustand am 31.12.2002 beendet gewesen sein sollte und erst am 30.05.2003 wieder aufgetreten ist. Damit bleibt festzuhalten, dass der Kläger zwar in der streitgegenständlichen Zeit seine Amtspflichten verletzt hat und unfähig zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung war, die Amtspflichtverletzung aber nicht als grobes Fehlverhalten schuldhaft war und somit kein Grund zur Amtsenthebung gemäß § 59 Abs.3 Satz 1 SGB IV vorlag. Was die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung betrifft, erlaubt § 35a Abs.7 Satz 2 SGB IV sowohl die Amtsentbindung als auch die Amtsenthebung. Eine Amtsenthebung ist nicht begründet, wenn die Unfähigkeit zur Geschäftsführung gesundheitlich bedingt ist.
Dass der Kläger sich erst im zweiten Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat bereit erklärt hat, dass der Beklagten der Inhalt der ärztlichen Atteste bekannt gegeben wird, ändert nichts an diesem Ergebnis. Möglicherweise hätte sich der Kläger durch Bekanntgabe seiner Erkrankung das Widerspruchs- und Klageverfahren ersparen können, der Senat hat jedoch sämtliche ihm bekannten Gründe für seine Entscheidung zu berücksichtigen. Die Beklagte ist noch vor der Entscheidung des Senats mit dem Inhalt der ärztlichen Atteste bekannt gemacht worden, für sie wäre evtl. eine Berufungsrücknahme veranlasst gewesen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs.1 und 2 VwGO.
Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved