Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 1 VS 2939/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VS 2083/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 21. Februar 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme bzw. Erstattung der Kosten einer heterologen Insemination (künstliche Befruchtung mit Samenzellen eines Samenspenders) streitig.
Bei dem 1967 geborenen verheirateten Kläger sind mit Neufeststellungsbescheid vom 21. April 1997 als Wehrdienstbeschädigungsfolgen bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 vom Hundert (v. H.) ab 01. Mai 1994 anerkannt: 1. Leukämie nach Behandlung und Eintritt der Heilungsbewährung; 2. Hoden- und Nebenhodenatrophie mit Zeugungsunfähigkeit.
Im Jahr 2003 begab sich der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau in eine Kinderwunschbehandlung, um mittels künstlicher Befruchtung eine Schwangerschaft herbeizuführen. Im Hinblick auf die beim Kläger schädigungsbedingt bestehende Azoospermie war, um eine künstliche Befruchtung mittels ICSI (intracytoplasmatische Spermieninjektion) durchführen zu können, zunächst eine TESE-Behandlung (Extrahierung von Spermien aus dem Hodengewebe) beabsichtigt. Bezüglich der voraussichtlich entstehenden Kosten erklärte sich die Techniker Krankenkasse (TKK) bereit, für drei Behandlungszyklen 50 vom Hundert (v.H.) der Kosten zu tragen, mit Ausnahme der Kosten der TESE-Behandlung sowie der Kryokonservierung der imprägnierten Eizellen. Die Übernahme der infolgedessen ungedeckten Kosten sagte das Versorgungsamt Ravensburg (VA) zu.
Nachdem ein humangenetisches Gutachten wegen chromosomaler Veränderungen in den Hautfibroplasten beim Kläger ein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten sowie Chromosomenstörungen beim Kind beschrieben hatte, entschieden sich die Eheleute zu einer künstlichen Befruchtung mittels Samenzellen eines Spenders (heterologe Insemination). Dementsprechend beantragte der Kläger am 22. Juli 2004 beim VA nunmehr die Übernahme der Kosten einer heterologen Insemination und legte hierzu eine Auflistung der voraussichtlich entstehenden Kosten vor (insgesamt rund 2.900,- EUR). Einen auch bei seiner Krankenkasse gestellten Antrag hatte die TKK mit der Begründung abgelehnt, gesetzliche Krankenkassen würden Maßnahme zur Herbeiführung einer Schwangerschaft u.a. nur dann übernehmen, wenn ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet würden (Bescheid vom 26. Juli 2004). Mit Bescheid vom 09. August 2004 lehnte es auch das VA ab, Kosten der beabsichtigten Behandlung zu übernehmen. Zur Begründung führte es aus, dass die Verwendung von Spendersamen keine Maßnahme darstelle, durch die ein Eingriff im Sinne von Heilbehandlung an der Person des Klägers vollzogen werde. Im Übrigen seien nach § 11 Abs. 1 Satz 2 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) die Vorschriften für die Leistungen, zu denen die Krankenkasse ihren Mitgliedern verpflichtet sei, entsprechend anzuwenden, soweit das BVG nichts anderes bestimme. Abweichende Vorschriften zum Kassenrecht, wonach ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden dürften, enthalte das BVG jedoch nicht. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger im Wesentlichen geltend, die heterologe Insemination stelle die einzige Möglichkeit für ihn und seine Ehefrau dar, eigene Kinder zu bekommen und eine Familie zu gründen. Entgegen der Ansicht des VA sei seine Kinderlosigkeit aufgrund der Wehrdienstbeschädigung damit sehr wohl heilbar. Nach § 1600 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sei das mit Fremdsperma innerhalb einer Ehe gezeugte Kind kraft Gesetzes das Kind des Ehemanns, wobei die Anfechtung der Vaterschaft gesetzlich ausgeschlossen sei. Art. 6 des Grundgesetzes (GG) habe die Familie im Übrigen unter den besonderen Schutz des Staates gestellt. Die Elternschaft dürfe allein durch die Heranziehung zum Wehrdienst nicht gefährdet werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 05. November 2004 wurde der Widerspruch im Wesentlichen mit den Gründen aus dem angefochtenen Bescheid zurückgewiesen.
Dagegen erhob der Kläger am 06. Dezember 2004 beim Sozialgericht (SG) Konstanz Klage und machte geltend, zu den medizinischen Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft gehörten nur jene medizinisch-technischen Verrichtungen, die unmittelbar der künstlichen Befruchtung dienten und den einzelnen Zeugungsakt ersetzten. Zeugungsakt sei das Verschmelzen von Eizelle und Samenzelle. Ob diese Samenzelle vom Ehepartner oder von einem Dritten stamme, müsse unberücksichtigt bleiben. Sinn und Zweck des Gesetzes sei die künstliche Herbeiführung einer Schwangerschaft, wobei es aus Gleichberechtigungsgründen unerheblich bleiben müsse, von wem die Samenzelle stamme, da ein zeugungsunfähiger Mann wie er ansonsten diskriminiert werde. Soweit § 27 a Abs. 1 Nr. 4 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) die Leistungspflicht auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung mit eigenen Ei- und Samenzellen der Ehegatten beschränke, verstoße die Vorschrift daher gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Gründe für eine Ungleichbehandlung lägen nicht vor, zumal eine heterologe künstliche Insemination medizinisch zugelassen sei. Deshalb sei nicht einzusehen, warum die Kosten hierfür nicht als Kassenleistung übernommen würden. Durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz vom 16. Dezember 1997 sei der Statusunterschied zwischen ehelicher und nichtehelicher Geburt und damit auch das Institut der Ehelichkeitsanfechtung mit Wirkung zum 01. Juli 1998 beseitigt worden. Damit seien auch die früher für eine Unterscheidung von homologer oder heterologer Insemination angeführten Gründe obsolet geworden. Die früheren Probleme der statusrechtlichen Zuordnung eines aus einer heterologen künstlichen Insemination hervorgegangenen Kindes, der Anfechtung der Vaterschaft sowie der Unterhaltsverpflichtungen bestünden jetzt nicht mehr. Auch das früher bestehende Problem der Anonymität des Spenders kollidiere inzwischen nicht mehr mit Verfassungsrecht, nachdem es einen gesetzlichen Anspruch des Kindes auf Nennung des Spendernamens gebe. Somit gebe es derzeit keine grundlegenden Probleme mehr, die eine Unterscheidung zwischen homologer und heterologer künstlicher Insemination im Rahmen des § 27 a SGB V rechtfertigten. Dies gelte auch im Hinblick auf den Umstand, dass die hier streitige Insemination im Vergleich zu einer ICSI der weniger "medizinische" Eingriff sei, da die Applizierung von Fremdsperma bei seiner Ehefrau noch mehr einer natürlichen Zeugung entspreche als der Vorgang bei der ICSI. Schließlich sei die ICSI auch ca. sechs- bis siebenmal teurer als die in Rede stehende künstliche Insemination. Letztlich stehe § 27 a Abs. 1 Nr. 4 SGB V auch nicht in Einklang mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht, da insoweit eine Diskriminierung grenzüberschreitender Dienstleistungen vorliege. In anderen Ländern der Europäischen Union (EU) gebe es keine Vorbehalte gegen die heterologe künstliche Insemination, weshalb diese Maßnahme dort auch Kassenleistung sei. Die Verweigerung der Kostenerstattung über § 27 a SGB V in Deutschland sei daher diskriminierend und verstoße gegen europäisches Verfassungsrecht. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten und der weiteren Begründung entgegen, zu den medizinischen Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft gehörten nur jene medizinisch-technischen, den einzelnen Zeugungsakt (teilweise) ersetzenden Verrichtungen, die unmittelbar der künstlichen Befruchtung dienten. Deshalb verlange § 27 a SGB V auch, dass ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet würden. Bei der Verwendung von Samen eines Dritten werde nicht nur der Zeugungsakt durch die ärztliche Behandlungsmaßnahme ersetzt, sondern ein Kind quasi als "Ersatzleistung" für die eigene Zeugungsunfähigkeit zur Verfügung gestellt. Die in Rede stehende Regelung verletze auch nicht Art. 3 GG. Schließlich besage die Zulassung einer heterologen Insemination in Deutschlang nichts über deren Charakter als Maßnahme der Krankenbehandlung nach dem SGB V. Nicht verletzt sei im Übrigen auch europäisches Gemeinschaftsrecht, nachdem Maßnahmen der Heil- und Krankenbehandlung im Rahmen des sozialen Entschädigungsrechts nationale Leistungen eigener Art seien, die nicht mit allgemeinen Leistungen der sozialen Sicherung vergleichbar seien. Mit Beschluss vom 15. November 2005 lud das SG die TKK zu dem Verfahren bei, die darauf verwies, dass die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung auf die homologe Befruchtung begrenzt sei. Mit Urteil vom 21. Februar 2006 wies das SG die Klage unter Hinweis auf die Begründungen in den angefochtenen Bescheiden und unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 09. Oktober 2001 (B 1 KR 33/00 R = SozR 3-2500 § 27 a Nr. 4), wonach die Beschränkung der Leistungspflicht der Krankenversicherung auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung mit eigenen Ei- und Samenzellen der Ehegatten weder Verfassungsrecht noch europäisches Gemeinschaftsrecht verletze, ab.
Gegen das den Bevollmächtigten des Klägers am 21. März 2006 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat der Kläger am 21. April 2006 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und ausgeführt, das SG habe zu Unrecht die Entscheidung des BSG vom 09. Oktober 2001 (aaO) herangezogen. Denn in jenem Verfahren sei die künstliche Befruchtung einer fremden Eizelle Streitgegenstand gewesen, wobei das BSG zutreffend darauf hingewiesen habe, dass die Befruchtung menschlicher Eizellen für eine spätere Embryospende nach deutschem Recht verboten sei (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Embryonenschutzgesetz [ESCHG]). Richtig sei, dass Behandlungen, die rechtlich nicht zulässig seien, auch von der Krankenkasse nicht gewährt werden dürften. Vorliegend gehe es anders als in jenem Verfahren jedoch um eine heterologe Insemination, bei der eine Eizelle der Ehefrau und lediglich das Sperma eines fremden Mannes verwendet werde. Diese Art der künstlichen Befruchtung sei in Deutschland aber erlaubt. Soweit das BSG einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG mit der Begründung verneint habe, es seien hinreichende sachliche Gründe für eine andere rechtliche Behandlung vorhanden, wenn die Befruchtung mittels Samen des Ehemannes anstatt mit dem Samen eines fremden Mannes vorgenommen werde, und hierbei die Vermeidung rechtlicher Probleme herangezogen habe, seien diese Gesichtspunkte durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz, das den Statusunterschied zwischen ehelicher und nichtehelicher Geburt beseitigt habe, nicht mehr relevant. Sachliche Gründe dafür, die heterologe künstliche Insemination aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen auszuschließen, bestünden damit nicht mehr. Nachdem der Gesetzgeber extrakorporale Befruchtungen im homologen und im heterologen System zugelassen habe, soweit es um den verwendeten Samen gehe, und frühere rechtliche Probleme durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz beseitigt worden seien, liege eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der heterologen im Vergleich zur homologen Insemination vor, was einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG darstelle. Die gesetzliche Regelung widerspreche im Übrigen auch Art. 6 Abs 1 GG, wonach Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehe. Durch die entsprechende Einschränkung der Übernahme der Kosten einer künstlichen Befruchtung werde eine tatsächlich bestehende Ehe nicht nur nicht gefördert, sondern möglicherweise sogar gefährdet, da die gesetzliche Regelung geeignet sei, eine Trennung der Ehegatten zu fördern. Letztlich verstoße die in Rede stehende Vorschrift auch gegen Art 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 21. Februar 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 09. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. November 2004 zu verurteilen, die Kosten einer künstlichen Befruchtung mittels heterologer Insemination zu übernehmen bzw. die entsprechenden Kosten zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für richtig und macht geltend, das BSG habe in dem angesprochenen Urteil vom 09. Oktober 2001 (aaO) zutreffend ausgeführt, dass die künstliche Befruchtung als Maßnahme zur Krankenbehandlung zweifelhaft und nur in einem begrenztem Umfang in den Leistungskatalog der Krankenversicherung aufgenommen worden sei, welcher nicht erweitert werden könne. Der Umstand, dass eine heterologe Insemination in Deutschland rechtlich zugelassen sei, bedinge nicht zwingend eine Finanzierung durch die Krankenkasse bzw. als Heilbehandlung nach dem BVG.
Die Beigeladene hält die angefochtene Entscheidung gleichfalls für richtig. Sie hat keinen Antrag gestellt.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 09. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. November 2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, die Kosten einer künstlichen Befruchtung unter Verwendung des Samens eines Spenders zu übernehmen bzw. dem Kläger die hierfür aufgewendeten Kosten zu erstatten.
Das SG hat zutreffend ausgeführt, dass der Beklagte dem Kläger im Hinblick auf § 80 Satz 1 des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 2 BVG die Leistungen zur Verfügung zu stellen hat, zu deren Gewährung auch die gesetzlichen Krankenkassen nach den Vorschriften des SGB V verpflichtet sind; denn im Sinne des gleichermaßen geregelten Vorbehalts trifft das BVG für die hier in Rede stehende Leistung keine anderweitige Bestimmung. Vor diesem Hintergrund besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit darüber, dass der Beklagte die streitige Leistung auch nur dann zur Verfügung zu stellen hat, wenn die Anspruchsvoraussetzungen der vorliegend allein maßgeblichen Regelung des § 27 a SGB V erfüllt sind.
Dies ist, wie der Beklagte und ihr folgend das SG zutreffend ausgeführt haben, jedoch nicht der Fall. Denn nach § 27 a Abs. 1 SGB V umfassen die Leistungen der Krankenbehandlung medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft u.a. nur dann, wenn ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden (Nr. 4). Dies ist im Falle des Klägers aber gerade nicht der Fall, da für die Befruchtung der Eizellen seiner Ehefrau aus den von ihm dargelegten und verständlichen Gründen nicht eigene Samenzellen verwendet werden sollen, sondern Samenzellen eines Spenders. Die Anspruchsvoraussetzungen für eine Übernahme der Kosten der gewünschten Behandlung sind daher nicht erfüllt.
Die maßgebliche Vorschrift, wonach eine Leistungspflicht der Krankenkassen nur bei Verwendung von Ei- und Samenzellen der Ehegatten besteht, ist nicht verfassungswidrig. Der Senat sieht darin insbesondere kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das angesprochene Grundrecht aber dann, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Urteil vom 28. Februar 2007 - 1 BvL 5/03, st. Rspr.).
§ 27 a Abs. 1 Nr. 4 SGB V schließt Eheleute von der Sachleistung einer künstlichen Befruchtung aus, wenn sie zu diesem Zweck nicht eigene Samen- und Eizellen verwenden, sei es weil diese aus medizinischen Gründen nicht verwendet werden können oder aus nachvollziehbaren berechtigten Gründen nicht verwendet werden sollen. Demgegenüber können Eheleute, die eigene Samen- und Eizellen verwenden (können), die entsprechende Kassenleistung in Anspruch nehmen, soweit auch die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Für den Fall der Verwendung fremder Eizellen hat das BSG in dem schon mehrfach erwähnten Urteil vom 09. Oktober 2001 bereits entschieden, dass hinreichende sachliche Gründe dafür vorliegen, Ehefrauen, bei denen für die künstliche Befruchtung mit dem Samen des Ehemanns eigene Eizellen zur Verfügung stehen, anders zu behandeln, als solche, die fremde, von einer anderen Frau gespendete Eizellen verwenden müssen. Dabei rechtfertigten gerade die Gründe, die zu einem Verbot der künstlichen Befruchtung der Fremdeizelle nach dem ESchG geführt haben, die unterschiedliche Behandlung (vgl. ausführlich hierzu Rdn 12 der Entscheidungsgründe).
Zwar ist die Befruchtung einer Eizelle mit Spendersamen zu dem Zweck, eine Schwangerschaft bei der Ehefrau herbeizuführen, von der die Eizelle stammt, im Gegensatz dazu gesetzlich nicht verboten. Dennoch gibt es sachliche Gründe, diese Personengruppe anders zu behandeln, als jene, bei denen Samenzellen des Ehemanns zur Verfügung stehen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 27 a SGB V Ehegatten, die zu einer natürlichen Befruchtung nicht in der Lage sind, die Möglichkeit eröffnet hat, zu Lasten der Solidargemeinschaft eine künstliche Befruchtung durchzuführen, d.h. auf künstliche Weise ein gemeinsames Kind zu zeugen. Demgegenüber dient die Vorschrift nicht dazu, allgemein die Geburt von Kindern zu fördern. Entsprechend hat der Gesetzgeber den Leistungsanspruch zum einen begrenzt auf Maßnahmen an Personen, die miteinander verheiratet sind (vgl. § 27 a Abs. 1 Nr. 3 SGB V) und zum anderen auf die Vereinigung der Ei- und Samenzellen der Ehegatten. Denn schließlich sind auch an einer natürlichen Zeugung zwischen Ehegatten nur Ei- und Samenzellen der jeweiligen Eheleute beteiligt. Damit ersetzt aber eine heterologe Insemination gerade nicht die fehlende natürliche Möglichkeit der Eheleute, ein Kind zu zeugen. Mit einer solchen Insemination kann nämlich eine biologische Elternschaft, wie sie mit einer natürlichen Zeugung verbunden ist, nicht erreicht werden. Damit besteht aber durchaus ein sachlicher Grund, die Leistungspflicht auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung zu beschränken, an denen ausschließlich die Ehepartner beteiligt sind, nicht aber eine weitere Person. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das Kindschaftsrecht, das von einer geteilten Vaterschaft, nämlich der rechtlichen und der biologischen Vaterschaft ausgeht, den Ehemann als den rechtlichen Vater ansieht.
Die in Rede stehende Regelung verstößt darüber hinaus auch nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG. Soweit der Kläger die Ehe als die rechtlich verfasste Paarbeziehung von Mann und Frau nachteilig betroffen sieht, lässt er unberücksichtigt, dass mit der gewünschten Maßnahme gerade eine dritte Person mit einbezogen wird, die dem Schutzbereich der Ehe nicht unterfällt. Soweit er sich auf den verfassungsrechtlichen Schutz der Familie im Sinne einer Gemeinschaft von Eltern und Kindern beruft, ist darauf hinzuweisen, dass sich die Pflicht des Staates zur Förderung von Familien auf Familien beschränkt, die bereits bestehen. Demgegenüber verpflichtet Art. 6 Abs. 1 Satz 1 GG den Staat nicht, Maßnahmen zu fördern, die es ermöglichen, Kinder zu zeugen und damit eine Familie zu bilden. Entsprechend lässt sich aus Art. 6 Abs. 1 GG auch keine Pflicht des Staates herleiten, Ehegatten eine heterologe Insemination auf Kosten der gesetzlichen Krankenkasse zu ermöglichen. Eine entsprechende Pflicht ist auch nicht aus Art. 2 Abs. 1 GG abzuleiten.
Letztlich steht die in Rede stehende Regelung auch in Einklang mit europäischem Gemeinschaftsrecht. Soweit der Kläger sich sinngemäß auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) beruft, wonach die Mitgliedstaaten der EU den in Art. 59 des Vertrages zur Gründung der Europäischern Gemeinschaft (EGVtr) festgelegten Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs bei der Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit zu beachten haben und demnach insbesondere nationale Regelungen, die die Erbringung oder Inanspruchnahme solcher Leistungen im Inneren eines Mitgliedstaates erschweren, grundsätzlich unzulässig sind, ist darauf hinzuweisen, dass eine Diskriminierung grenzüberschreitender Dienstleistungen auch in der Form einer mittelbaren Benachteiligung bei der vorliegenden Fallgestaltung schon deshalb nicht vorliegt, weil die hier im Streit stehende Leistung zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse bzw. des Beklagten weder im Inland, noch im Ausland in Anspruch genommen werden kann. Da das Gemeinschaftsrecht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten bei der Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit auch grundsätzlich unberührt lässt und das Recht des jeweiligen Mitgliedstaates bestimmt, unter welchen Voraussetzungen ein Leistungsanspruch besteht, lässt sich auch nicht begründen, dass die Beschränkung von Leistungen der künstlichen Befruchtung auf das homologe System gegen europäische Vorschriften oder Rechtsgrundsätze verstößt.
Da die Berufung des Klägers nach alledem keinen Erfolg haben konnte, war diese zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme bzw. Erstattung der Kosten einer heterologen Insemination (künstliche Befruchtung mit Samenzellen eines Samenspenders) streitig.
Bei dem 1967 geborenen verheirateten Kläger sind mit Neufeststellungsbescheid vom 21. April 1997 als Wehrdienstbeschädigungsfolgen bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 vom Hundert (v. H.) ab 01. Mai 1994 anerkannt: 1. Leukämie nach Behandlung und Eintritt der Heilungsbewährung; 2. Hoden- und Nebenhodenatrophie mit Zeugungsunfähigkeit.
Im Jahr 2003 begab sich der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau in eine Kinderwunschbehandlung, um mittels künstlicher Befruchtung eine Schwangerschaft herbeizuführen. Im Hinblick auf die beim Kläger schädigungsbedingt bestehende Azoospermie war, um eine künstliche Befruchtung mittels ICSI (intracytoplasmatische Spermieninjektion) durchführen zu können, zunächst eine TESE-Behandlung (Extrahierung von Spermien aus dem Hodengewebe) beabsichtigt. Bezüglich der voraussichtlich entstehenden Kosten erklärte sich die Techniker Krankenkasse (TKK) bereit, für drei Behandlungszyklen 50 vom Hundert (v.H.) der Kosten zu tragen, mit Ausnahme der Kosten der TESE-Behandlung sowie der Kryokonservierung der imprägnierten Eizellen. Die Übernahme der infolgedessen ungedeckten Kosten sagte das Versorgungsamt Ravensburg (VA) zu.
Nachdem ein humangenetisches Gutachten wegen chromosomaler Veränderungen in den Hautfibroplasten beim Kläger ein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten sowie Chromosomenstörungen beim Kind beschrieben hatte, entschieden sich die Eheleute zu einer künstlichen Befruchtung mittels Samenzellen eines Spenders (heterologe Insemination). Dementsprechend beantragte der Kläger am 22. Juli 2004 beim VA nunmehr die Übernahme der Kosten einer heterologen Insemination und legte hierzu eine Auflistung der voraussichtlich entstehenden Kosten vor (insgesamt rund 2.900,- EUR). Einen auch bei seiner Krankenkasse gestellten Antrag hatte die TKK mit der Begründung abgelehnt, gesetzliche Krankenkassen würden Maßnahme zur Herbeiführung einer Schwangerschaft u.a. nur dann übernehmen, wenn ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet würden (Bescheid vom 26. Juli 2004). Mit Bescheid vom 09. August 2004 lehnte es auch das VA ab, Kosten der beabsichtigten Behandlung zu übernehmen. Zur Begründung führte es aus, dass die Verwendung von Spendersamen keine Maßnahme darstelle, durch die ein Eingriff im Sinne von Heilbehandlung an der Person des Klägers vollzogen werde. Im Übrigen seien nach § 11 Abs. 1 Satz 2 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) die Vorschriften für die Leistungen, zu denen die Krankenkasse ihren Mitgliedern verpflichtet sei, entsprechend anzuwenden, soweit das BVG nichts anderes bestimme. Abweichende Vorschriften zum Kassenrecht, wonach ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden dürften, enthalte das BVG jedoch nicht. Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger im Wesentlichen geltend, die heterologe Insemination stelle die einzige Möglichkeit für ihn und seine Ehefrau dar, eigene Kinder zu bekommen und eine Familie zu gründen. Entgegen der Ansicht des VA sei seine Kinderlosigkeit aufgrund der Wehrdienstbeschädigung damit sehr wohl heilbar. Nach § 1600 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sei das mit Fremdsperma innerhalb einer Ehe gezeugte Kind kraft Gesetzes das Kind des Ehemanns, wobei die Anfechtung der Vaterschaft gesetzlich ausgeschlossen sei. Art. 6 des Grundgesetzes (GG) habe die Familie im Übrigen unter den besonderen Schutz des Staates gestellt. Die Elternschaft dürfe allein durch die Heranziehung zum Wehrdienst nicht gefährdet werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 05. November 2004 wurde der Widerspruch im Wesentlichen mit den Gründen aus dem angefochtenen Bescheid zurückgewiesen.
Dagegen erhob der Kläger am 06. Dezember 2004 beim Sozialgericht (SG) Konstanz Klage und machte geltend, zu den medizinischen Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft gehörten nur jene medizinisch-technischen Verrichtungen, die unmittelbar der künstlichen Befruchtung dienten und den einzelnen Zeugungsakt ersetzten. Zeugungsakt sei das Verschmelzen von Eizelle und Samenzelle. Ob diese Samenzelle vom Ehepartner oder von einem Dritten stamme, müsse unberücksichtigt bleiben. Sinn und Zweck des Gesetzes sei die künstliche Herbeiführung einer Schwangerschaft, wobei es aus Gleichberechtigungsgründen unerheblich bleiben müsse, von wem die Samenzelle stamme, da ein zeugungsunfähiger Mann wie er ansonsten diskriminiert werde. Soweit § 27 a Abs. 1 Nr. 4 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) die Leistungspflicht auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung mit eigenen Ei- und Samenzellen der Ehegatten beschränke, verstoße die Vorschrift daher gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Gründe für eine Ungleichbehandlung lägen nicht vor, zumal eine heterologe künstliche Insemination medizinisch zugelassen sei. Deshalb sei nicht einzusehen, warum die Kosten hierfür nicht als Kassenleistung übernommen würden. Durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz vom 16. Dezember 1997 sei der Statusunterschied zwischen ehelicher und nichtehelicher Geburt und damit auch das Institut der Ehelichkeitsanfechtung mit Wirkung zum 01. Juli 1998 beseitigt worden. Damit seien auch die früher für eine Unterscheidung von homologer oder heterologer Insemination angeführten Gründe obsolet geworden. Die früheren Probleme der statusrechtlichen Zuordnung eines aus einer heterologen künstlichen Insemination hervorgegangenen Kindes, der Anfechtung der Vaterschaft sowie der Unterhaltsverpflichtungen bestünden jetzt nicht mehr. Auch das früher bestehende Problem der Anonymität des Spenders kollidiere inzwischen nicht mehr mit Verfassungsrecht, nachdem es einen gesetzlichen Anspruch des Kindes auf Nennung des Spendernamens gebe. Somit gebe es derzeit keine grundlegenden Probleme mehr, die eine Unterscheidung zwischen homologer und heterologer künstlicher Insemination im Rahmen des § 27 a SGB V rechtfertigten. Dies gelte auch im Hinblick auf den Umstand, dass die hier streitige Insemination im Vergleich zu einer ICSI der weniger "medizinische" Eingriff sei, da die Applizierung von Fremdsperma bei seiner Ehefrau noch mehr einer natürlichen Zeugung entspreche als der Vorgang bei der ICSI. Schließlich sei die ICSI auch ca. sechs- bis siebenmal teurer als die in Rede stehende künstliche Insemination. Letztlich stehe § 27 a Abs. 1 Nr. 4 SGB V auch nicht in Einklang mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht, da insoweit eine Diskriminierung grenzüberschreitender Dienstleistungen vorliege. In anderen Ländern der Europäischen Union (EU) gebe es keine Vorbehalte gegen die heterologe künstliche Insemination, weshalb diese Maßnahme dort auch Kassenleistung sei. Die Verweigerung der Kostenerstattung über § 27 a SGB V in Deutschland sei daher diskriminierend und verstoße gegen europäisches Verfassungsrecht. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten und der weiteren Begründung entgegen, zu den medizinischen Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft gehörten nur jene medizinisch-technischen, den einzelnen Zeugungsakt (teilweise) ersetzenden Verrichtungen, die unmittelbar der künstlichen Befruchtung dienten. Deshalb verlange § 27 a SGB V auch, dass ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet würden. Bei der Verwendung von Samen eines Dritten werde nicht nur der Zeugungsakt durch die ärztliche Behandlungsmaßnahme ersetzt, sondern ein Kind quasi als "Ersatzleistung" für die eigene Zeugungsunfähigkeit zur Verfügung gestellt. Die in Rede stehende Regelung verletze auch nicht Art. 3 GG. Schließlich besage die Zulassung einer heterologen Insemination in Deutschlang nichts über deren Charakter als Maßnahme der Krankenbehandlung nach dem SGB V. Nicht verletzt sei im Übrigen auch europäisches Gemeinschaftsrecht, nachdem Maßnahmen der Heil- und Krankenbehandlung im Rahmen des sozialen Entschädigungsrechts nationale Leistungen eigener Art seien, die nicht mit allgemeinen Leistungen der sozialen Sicherung vergleichbar seien. Mit Beschluss vom 15. November 2005 lud das SG die TKK zu dem Verfahren bei, die darauf verwies, dass die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung auf die homologe Befruchtung begrenzt sei. Mit Urteil vom 21. Februar 2006 wies das SG die Klage unter Hinweis auf die Begründungen in den angefochtenen Bescheiden und unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 09. Oktober 2001 (B 1 KR 33/00 R = SozR 3-2500 § 27 a Nr. 4), wonach die Beschränkung der Leistungspflicht der Krankenversicherung auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung mit eigenen Ei- und Samenzellen der Ehegatten weder Verfassungsrecht noch europäisches Gemeinschaftsrecht verletze, ab.
Gegen das den Bevollmächtigten des Klägers am 21. März 2006 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat der Kläger am 21. April 2006 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und ausgeführt, das SG habe zu Unrecht die Entscheidung des BSG vom 09. Oktober 2001 (aaO) herangezogen. Denn in jenem Verfahren sei die künstliche Befruchtung einer fremden Eizelle Streitgegenstand gewesen, wobei das BSG zutreffend darauf hingewiesen habe, dass die Befruchtung menschlicher Eizellen für eine spätere Embryospende nach deutschem Recht verboten sei (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 Embryonenschutzgesetz [ESCHG]). Richtig sei, dass Behandlungen, die rechtlich nicht zulässig seien, auch von der Krankenkasse nicht gewährt werden dürften. Vorliegend gehe es anders als in jenem Verfahren jedoch um eine heterologe Insemination, bei der eine Eizelle der Ehefrau und lediglich das Sperma eines fremden Mannes verwendet werde. Diese Art der künstlichen Befruchtung sei in Deutschland aber erlaubt. Soweit das BSG einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG mit der Begründung verneint habe, es seien hinreichende sachliche Gründe für eine andere rechtliche Behandlung vorhanden, wenn die Befruchtung mittels Samen des Ehemannes anstatt mit dem Samen eines fremden Mannes vorgenommen werde, und hierbei die Vermeidung rechtlicher Probleme herangezogen habe, seien diese Gesichtspunkte durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz, das den Statusunterschied zwischen ehelicher und nichtehelicher Geburt beseitigt habe, nicht mehr relevant. Sachliche Gründe dafür, die heterologe künstliche Insemination aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen auszuschließen, bestünden damit nicht mehr. Nachdem der Gesetzgeber extrakorporale Befruchtungen im homologen und im heterologen System zugelassen habe, soweit es um den verwendeten Samen gehe, und frühere rechtliche Probleme durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz beseitigt worden seien, liege eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der heterologen im Vergleich zur homologen Insemination vor, was einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG darstelle. Die gesetzliche Regelung widerspreche im Übrigen auch Art. 6 Abs 1 GG, wonach Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehe. Durch die entsprechende Einschränkung der Übernahme der Kosten einer künstlichen Befruchtung werde eine tatsächlich bestehende Ehe nicht nur nicht gefördert, sondern möglicherweise sogar gefährdet, da die gesetzliche Regelung geeignet sei, eine Trennung der Ehegatten zu fördern. Letztlich verstoße die in Rede stehende Vorschrift auch gegen Art 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 21. Februar 2006 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 09. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. November 2004 zu verurteilen, die Kosten einer künstlichen Befruchtung mittels heterologer Insemination zu übernehmen bzw. die entsprechenden Kosten zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für richtig und macht geltend, das BSG habe in dem angesprochenen Urteil vom 09. Oktober 2001 (aaO) zutreffend ausgeführt, dass die künstliche Befruchtung als Maßnahme zur Krankenbehandlung zweifelhaft und nur in einem begrenztem Umfang in den Leistungskatalog der Krankenversicherung aufgenommen worden sei, welcher nicht erweitert werden könne. Der Umstand, dass eine heterologe Insemination in Deutschland rechtlich zugelassen sei, bedinge nicht zwingend eine Finanzierung durch die Krankenkasse bzw. als Heilbehandlung nach dem BVG.
Die Beigeladene hält die angefochtene Entscheidung gleichfalls für richtig. Sie hat keinen Antrag gestellt.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 09. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. November 2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, die Kosten einer künstlichen Befruchtung unter Verwendung des Samens eines Spenders zu übernehmen bzw. dem Kläger die hierfür aufgewendeten Kosten zu erstatten.
Das SG hat zutreffend ausgeführt, dass der Beklagte dem Kläger im Hinblick auf § 80 Satz 1 des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 2 BVG die Leistungen zur Verfügung zu stellen hat, zu deren Gewährung auch die gesetzlichen Krankenkassen nach den Vorschriften des SGB V verpflichtet sind; denn im Sinne des gleichermaßen geregelten Vorbehalts trifft das BVG für die hier in Rede stehende Leistung keine anderweitige Bestimmung. Vor diesem Hintergrund besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit darüber, dass der Beklagte die streitige Leistung auch nur dann zur Verfügung zu stellen hat, wenn die Anspruchsvoraussetzungen der vorliegend allein maßgeblichen Regelung des § 27 a SGB V erfüllt sind.
Dies ist, wie der Beklagte und ihr folgend das SG zutreffend ausgeführt haben, jedoch nicht der Fall. Denn nach § 27 a Abs. 1 SGB V umfassen die Leistungen der Krankenbehandlung medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft u.a. nur dann, wenn ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden (Nr. 4). Dies ist im Falle des Klägers aber gerade nicht der Fall, da für die Befruchtung der Eizellen seiner Ehefrau aus den von ihm dargelegten und verständlichen Gründen nicht eigene Samenzellen verwendet werden sollen, sondern Samenzellen eines Spenders. Die Anspruchsvoraussetzungen für eine Übernahme der Kosten der gewünschten Behandlung sind daher nicht erfüllt.
Die maßgebliche Vorschrift, wonach eine Leistungspflicht der Krankenkassen nur bei Verwendung von Ei- und Samenzellen der Ehegatten besteht, ist nicht verfassungswidrig. Der Senat sieht darin insbesondere kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das angesprochene Grundrecht aber dann, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Urteil vom 28. Februar 2007 - 1 BvL 5/03, st. Rspr.).
§ 27 a Abs. 1 Nr. 4 SGB V schließt Eheleute von der Sachleistung einer künstlichen Befruchtung aus, wenn sie zu diesem Zweck nicht eigene Samen- und Eizellen verwenden, sei es weil diese aus medizinischen Gründen nicht verwendet werden können oder aus nachvollziehbaren berechtigten Gründen nicht verwendet werden sollen. Demgegenüber können Eheleute, die eigene Samen- und Eizellen verwenden (können), die entsprechende Kassenleistung in Anspruch nehmen, soweit auch die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Für den Fall der Verwendung fremder Eizellen hat das BSG in dem schon mehrfach erwähnten Urteil vom 09. Oktober 2001 bereits entschieden, dass hinreichende sachliche Gründe dafür vorliegen, Ehefrauen, bei denen für die künstliche Befruchtung mit dem Samen des Ehemanns eigene Eizellen zur Verfügung stehen, anders zu behandeln, als solche, die fremde, von einer anderen Frau gespendete Eizellen verwenden müssen. Dabei rechtfertigten gerade die Gründe, die zu einem Verbot der künstlichen Befruchtung der Fremdeizelle nach dem ESchG geführt haben, die unterschiedliche Behandlung (vgl. ausführlich hierzu Rdn 12 der Entscheidungsgründe).
Zwar ist die Befruchtung einer Eizelle mit Spendersamen zu dem Zweck, eine Schwangerschaft bei der Ehefrau herbeizuführen, von der die Eizelle stammt, im Gegensatz dazu gesetzlich nicht verboten. Dennoch gibt es sachliche Gründe, diese Personengruppe anders zu behandeln, als jene, bei denen Samenzellen des Ehemanns zur Verfügung stehen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 27 a SGB V Ehegatten, die zu einer natürlichen Befruchtung nicht in der Lage sind, die Möglichkeit eröffnet hat, zu Lasten der Solidargemeinschaft eine künstliche Befruchtung durchzuführen, d.h. auf künstliche Weise ein gemeinsames Kind zu zeugen. Demgegenüber dient die Vorschrift nicht dazu, allgemein die Geburt von Kindern zu fördern. Entsprechend hat der Gesetzgeber den Leistungsanspruch zum einen begrenzt auf Maßnahmen an Personen, die miteinander verheiratet sind (vgl. § 27 a Abs. 1 Nr. 3 SGB V) und zum anderen auf die Vereinigung der Ei- und Samenzellen der Ehegatten. Denn schließlich sind auch an einer natürlichen Zeugung zwischen Ehegatten nur Ei- und Samenzellen der jeweiligen Eheleute beteiligt. Damit ersetzt aber eine heterologe Insemination gerade nicht die fehlende natürliche Möglichkeit der Eheleute, ein Kind zu zeugen. Mit einer solchen Insemination kann nämlich eine biologische Elternschaft, wie sie mit einer natürlichen Zeugung verbunden ist, nicht erreicht werden. Damit besteht aber durchaus ein sachlicher Grund, die Leistungspflicht auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung zu beschränken, an denen ausschließlich die Ehepartner beteiligt sind, nicht aber eine weitere Person. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das Kindschaftsrecht, das von einer geteilten Vaterschaft, nämlich der rechtlichen und der biologischen Vaterschaft ausgeht, den Ehemann als den rechtlichen Vater ansieht.
Die in Rede stehende Regelung verstößt darüber hinaus auch nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG. Soweit der Kläger die Ehe als die rechtlich verfasste Paarbeziehung von Mann und Frau nachteilig betroffen sieht, lässt er unberücksichtigt, dass mit der gewünschten Maßnahme gerade eine dritte Person mit einbezogen wird, die dem Schutzbereich der Ehe nicht unterfällt. Soweit er sich auf den verfassungsrechtlichen Schutz der Familie im Sinne einer Gemeinschaft von Eltern und Kindern beruft, ist darauf hinzuweisen, dass sich die Pflicht des Staates zur Förderung von Familien auf Familien beschränkt, die bereits bestehen. Demgegenüber verpflichtet Art. 6 Abs. 1 Satz 1 GG den Staat nicht, Maßnahmen zu fördern, die es ermöglichen, Kinder zu zeugen und damit eine Familie zu bilden. Entsprechend lässt sich aus Art. 6 Abs. 1 GG auch keine Pflicht des Staates herleiten, Ehegatten eine heterologe Insemination auf Kosten der gesetzlichen Krankenkasse zu ermöglichen. Eine entsprechende Pflicht ist auch nicht aus Art. 2 Abs. 1 GG abzuleiten.
Letztlich steht die in Rede stehende Regelung auch in Einklang mit europäischem Gemeinschaftsrecht. Soweit der Kläger sich sinngemäß auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) beruft, wonach die Mitgliedstaaten der EU den in Art. 59 des Vertrages zur Gründung der Europäischern Gemeinschaft (EGVtr) festgelegten Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs bei der Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit zu beachten haben und demnach insbesondere nationale Regelungen, die die Erbringung oder Inanspruchnahme solcher Leistungen im Inneren eines Mitgliedstaates erschweren, grundsätzlich unzulässig sind, ist darauf hinzuweisen, dass eine Diskriminierung grenzüberschreitender Dienstleistungen auch in der Form einer mittelbaren Benachteiligung bei der vorliegenden Fallgestaltung schon deshalb nicht vorliegt, weil die hier im Streit stehende Leistung zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse bzw. des Beklagten weder im Inland, noch im Ausland in Anspruch genommen werden kann. Da das Gemeinschaftsrecht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten bei der Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit auch grundsätzlich unberührt lässt und das Recht des jeweiligen Mitgliedstaates bestimmt, unter welchen Voraussetzungen ein Leistungsanspruch besteht, lässt sich auch nicht begründen, dass die Beschränkung von Leistungen der künstlichen Befruchtung auf das homologe System gegen europäische Vorschriften oder Rechtsgrundsätze verstößt.
Da die Berufung des Klägers nach alledem keinen Erfolg haben konnte, war diese zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
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