Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 8 RJ 176/97
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 13 RJ 106/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 RJ 23/03 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13. November 1998 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob das Altersruhegeld der Klägerin unter Berücksichtigung des § 22 des Fremdrentengesetzes in der bis zum 30.06.1990 geltenden Fassung (FRG a. F.) bzw. des Art. 6 § 5 des Fremdrenten und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) zu berechnen ist.
Die Klägerin wurde am 23.01.1925 in T als rumänische Staatsangehörige geboren. Sie war als Jüdin der nationalsozialistischen Verfolgung ausgesetzt und hat eine Entschädigung nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) erhalten. 1964 wanderte sie von Rumänien nach Israel aus, dessen Staatsangehörigkeit sie seither besitzt.
Am 24.07.1990 stellte die Klägerin einen Rentenantrag, den sie darauf stützte, dass sie in Timisoara zwischen 1950 und 1964 versicherungspflichtig gearbeitet habe. Es seien Versicherungsbeiträge zur rumänischen Rentenversicherung entrichtet worden, die in der deutschen Rentenversicherung anrechenbar seien, weil sie dem deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) angehört habe. Mit Schreiben vom 28.11.1994 bestimmte sie ausdrücklich, dass die Anerkennung von Fremdbeitragszeiten "derzeit nur über § 17a FRG erfolgen solle" und beantragte am 27.11.1995 die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge in höchstmöglicher Anzahl nach dem Zusatzabkommen zum deutsch-israelischen Sozialversicherungsabkommen (ZA/DISVA).
Die Beklagte bewilligte der Klägerin durch Bescheid vom 12.06.1997 Altersruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres ab dem 01.07.1990. Bei der Rentenberechnung berücksichtigte sie Pflichtbeitragszeiten nach §§ 17a i. V. m. 15 FRG und freiwillige, nachentrichtete Beiträge nach dem ZA/DISVA. Die Fremdbeitragszeiten bewertete sie nach § 22 FRG in der ab dem 01.07.1990 geltenden Fassung.
Die Klägerin widersprach, mit der Begründung, das § 22 FRG in der bis zum 30.06.1990 maßgeblichen Fassung anzuwenden sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Bescheid vom 23.09.1997 zurück:Die Rentenberechnung sei zutreffend erfolgt, weil die Übergangsbestimmungen des Art. 6 § 4 FANG nicht zu Gunsten der Klägerin anwendbar seien.
Mit der am 14.10.1997 zum Sozialgericht Düsseldorf erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt: Aus den Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) 4 RA 123/95 und 13 RJ 1/96 sei abzuleiten, dass nach Art. 6 § 4 Abs. 3 i. V. m. § 5 FANG die Rentenberechnung nach der bis zum 30.06.1990 geltenden Fassung des § 22 FRG zu erfolgen habe. Zwar sei Rentenbeginn der 01.07.1990 gewesen, die Rentenanwartschaft habe aber bereits am 30.06.1990 bestanden.
Die Beklagte hat geltend gemacht, die Klägerin habe am 30.06.1990 noch keine Anwartschaft erworben, weil die für die Anrechnung der Fremdbeitragszeiten maßgebliche Regelung des § 17a FRG erst am 01.07.1990 in Kraft getreten sei.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 13.11.1998 abgewiesen und zur Begründung i.W. ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch darauf, dass ihr Altersruhegeld nach § 22 FRG in der bis zum 30.06.1990 geltenden Fassung festgestellt werde, weil diese Gesetzesfassung nach der in Art. 6 § 4 FANG getroffenen Übergangsregelung nicht maßgebend sei. Art. 6 § 4 FANG, der durch das Rentenreformgesetz 1992 mit Wirkung vom 01.07.1990 neu gefasst worden sei, ordne in Abs. 2 Satz 1 an, dass das FRG in seiner bis zum 30.06.1990 geltenden Fassung weiter anzuwenden sei, wenn vor dem 01.07.1990 ein Anspruch auf Zahlung einer Rente bestehe. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, weil der Zahlungsanspruch erst mit dem 01.07.1990 entstanden sei. Von den vom BSG entschiedenen Fällen weiche der Fall der Klägerin maßgeblich ab, denn es habe im Juni 1990 noch kein Rentenstammrecht bestanden, das zu einem Rentenzahlungsanspruch mit Ablauf des Monats geführt habe.
Art. 6 § 4 Abs. 3 Satz 1 FANG führe ebenfalls nicht zu einer Rentenberechnung nach dem bis zum 30.06.1990 geltenden Recht. Die unmittelbare Anwendung des Art. 6 § 4 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 5 FANG scheitere daran, dass die Klägerin ihren gewöhnlichen Auf- enthalt nicht im Bundesgebiet begründet habe, weil sie bis 1964 in Rumänien gelebt hat und seither in Israel wohne. Der gewöhnliche Aufenthalt in Israel stehe dem in der Bundesrepublik Deutschland nicht gleich.
Art. 6 § 4 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 5 FANG könne entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht analog zu ihren Gunsten angewendet werden. Das BSG habe in den Urteilen vom 30.10.1997 - 13 RA 1/96, 30.09.1997- 4 RA 47/97- und 29.04.1997 - 4 RA 123/95- eine analoge Anwendung für geboten gehalten, wenn der Versicherte bis zum Ablauf des 30.06.1990 in einer Sparte der gesetzlichen Rentenversicherung ein Anwartschaftsrecht erworben habe, dessen Erstarken zum Vollrecht nur noch vom Eintritt des Versicherungsfalls und vom Fehlen von das sogenannte Stammrecht hindernden oder vernichtenden Einwendungen abhängig gewesen sei. Die Klägerin gehöre aber nicht zu dem Personenkreis, der bis zum 30.06.1990 ein Rentenanwartschaftsrecht erlangt hatte. Denn erst mit Inkrafttreten des § 17a FRG am 01.07.1990 seien Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung anrechenbar gewesen.
Gegen das am 14.12.1998 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 8.1.1999 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihren Vortrag aus dem Klageverfahren, den sie durch das angefochtene Urteil nicht als widerlegt ansieht. Sie meint ferner, dass die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 6 § 4 Abs.3 FANG schon deshalb vorlägen, weil sie auch zum Personenkreis des § 20 WGSVG gehöre: Danach sei sie nicht von der Nachentrichtung nach Nr.11 SP/DISVA ausgeschlossen gewesen. Nur Personen, denen bis zur Unterzeichnung des Zusatzabkommens Beitrags- oder Beschäftigungszeiten nach dem FRG auf Grund anderer Rechtsgrundlagen als dem neuen § 17a FRG anerkannt worden seien, hätten nach der Denkschrift zum Abkommen von der Nachentrichtungsmöglichkeit ausgeschlossen sein sollen. Dem entsprechend hätten alle RV-Träger ein Wahlrecht zwischen § 17a FRG und § 20 WGSVG eingeräumt. Nichts anderes ergebe sich auch aus der zwischenzeitlichen Rechtsprechung des 12. Senats des BSG (Urteile vom 22.3.2001- B 12 RA 5/ 00 R und 7/00 R).
Für Versicherte, deren Beitragszeiten (§ 15 FRG) zwar wegen der Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 17a FRG berücksichtigt werden konnten, die aber auch zum Personenkreis des § 20 WGSVG gehören, bestimme Art.6 § 4 Abs.3 FRG deshalb, dass die Fremdbeitragszeiten nach Maßgabe von Art.6 § 5 FANG, praktisch also nach dem bis zum 30.6.1990 geltenden FRG zu bewerten seien. Art. 6 § 4 Abs. 3 FANG sei anwendbar, weil Nr. 11 Buchst. e Satz 1 SP/DISVA bestimme, dass die am 1.7.1990 in den alten Bundesländern geltenden Rechtsvorschriften anwendbar seien, und dazu auch die Übergangsvorschrift des Art. 6 § 4 FANG zähle. Durch das später in Kraft getretene Zusatzabkommen sei daran nichts mehr zu ändern gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.11.1998 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 12.06.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.09.1997 zu verurteilen, das Altersruhegeld nach Maßgabe des § 22 FRG in der bis zum 30.06.1990 geltenden Fassung neu zu berechnen, hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Sie hält das angefochtenen Urteil und ihre Bescheide für zutreffend. Die Klägerin habe die Rente nach dem ZA/DISVA beansprucht und auch erhalten. Dies habe vorausgesetzt, dass sie am 30.06.1990 weder Rentenanwartschaften noch ein Vollrecht auf Rente unter Einbeziehung von FRG- Beitragszeiten erworben hatte. Denn erst durch die nach § 17a FRG anerkannten Beitragszeiten habe sie die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch nach dem ZA/DISVA erfüllen können. § 17a FRG als Zugangsvoraussetzung für das ZA/DISVA sei jedoch frühestens mit Wirkung ab dem 01.07.1990 in das FRG eingefügt worden. Beitragszeiten i. S. der Vorschrift hätten somit erst ab ihrem Inkrafttreten am 01.07.1990 erworben werden können. Dadurch sei das subjektive Stammrecht der Klägerin - hier aufgrund des ZA/DISVA i.V.m. § 17a FRG - auch erst am 01.07.1990 entstanden.
Die Klägerin könne die Bewertung ihrer FRG - Beitragszeiten nach Art. 6 § 5 FANG nicht mit der Begründung beanspruchen, sie sei auch - neben ihrer Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 17a FRG - vertriebene Verfolgte i.S. von § 20 WGSVG und als solche auch schon vor dem 01.07.1990 Berechtigte i.S. von Art. 6 § 4 Abs. 3 Satz 1 FANG gewesen. Ein Berechtigter, der die Anerkennung seiner Fremdbeitragszeiten auf § 17a FRG stütze, könne sich nicht gleichzeitig oder später zusätzlich auf § 20 WGSVG berufen, um so alle Vergünstigungen aus beiden Vorschriften zu kumulieren. In der Entscheidung, Rechte aus § 20 WGSVG wegen der vermeintlich günstigeren Regelung des § 17a FRG nicht mehr in Anspruch zu nehmen, liege konsequenterweise auch der Verzicht auf vor dem 01.07.1990 vorhandene Anwartschaftsrechte aus § 20 WGSVG. Für die Inanspruchnahme der Vertrauensschutzregelung des Art. 6 § 4 Abs. 3 FANG sei folglich kein Raum. Dieses Ergebnis müsse erst recht in Zusammenhang mit der abkommensrechtlichen Nachentrichtungsbestimmung in ZA/DISVA (Nr. 11 SP) gelten.
Wenn die Klägerin zunächst die Feststellung der Abkommensrente beantrage, um die Voraussetzung "erstmals" zu erfüllen und anschließend - nach Bewilligung dieser Rente - weitere Rechte (hier: günstigere Bewertung der FRG- Beitragszeiten oder Anrech- nung von Vertreibungsersatzzeiten) über die "Auch- Zugehörigkeit" nach § 20 WGSVG geltend zu machen, verstoße dies gegen die Grundsätze von Treu und Glauben. Der Abkommensrente würde nachträglich die Grundlage entzogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höheres Altersruhegeld. Die Beklagte hat insbesondere zutreffend die berücksichtigten Fremdbeitragszeiten nach Maßgabe des FRG in der ab dem 1.7.1990 geltenden Fassung bewertet.
Die Höhe des der Klägerin zustehenden Altersruhegeldes richtet sich gemäß § 1254 RVO unter anderem nach der für die Versicherten maßgebenden Rentenbemessungsgrundlage. Bei der Bestimmung der Rentenbemessungsgrundlage und damit bei der Bildung von Werteinheiten für die glaubhaft gemachten Fremdbeitragszeiten hat die Beklagte zu Recht gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 und 2 FRG der ab dem 1.7.1990 bis zum 31.12.1991 maßgeblichen Fassung für die Zeiten nach §§ 15 und 16 FRG Werteinheiten nach Maßgabe der Anlage 17 zum FRG ermittelt und dazu die Versicherte entsprechend der ausgeübten Beschäftigung einer Leistungsgruppe nach Anlage 1 Buchstabe a für Arbeiter sowie einem Wirtschaftsbereich zugeordnet. Dass die Beklagte die von der Klägerin im Vertreibungsgebiet ausgeübten Beschäftigungen einer unzutreffenden Leistungsgruppe bzw. einem unzutreffenden Wirtschaftsbereich zugeordnet hätte, ist nicht erkennbar und wird von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Die Klägerin begehrt vielmehr allein die Bildung der Werteinheiten ohne die Berücksichtigung von Wirtschaftsbereichen entsprechend der Übergangsvorschrift des Artikel 6 § 4 Abs. 2 bzw. Abs. 3 i.V.m. Art 6 § 5 FANG bzw. des § 22 FRG in der bis zum 30.6. 1990 maßgeblichen Fassung.
Die Anwendung von § 22 Abs. 1 FRG in der Fassung vom 1.7. 1990 bis zum 31.12. 1991 durch die Beklagte entspricht jedoch den gesetzlichen Bestimmungen zur Ermittlung der Leistungshöhe von Rentenansprüchen - die neben Fremdbeitragszeiten und sonstigen Versicherungszeiten auf nach dem ZA/DISVA vom 12. Februar 1995 nach entrichteten freiwilligen Beiträgen beruhen.
Dies folgt aus Nr. 11 Buchst.e Satz 1 SP/DISVA, eingefügt durch Artikel 1 des ZV/DISVA vom 12.2.1995, wonach zur Ermittlung der Leistungshöhe die am 1.7.1990 im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet geltenden rentenrechtlichen Vorschriften einschließlich derjenigen über die Erbringung von Leistungen an Berechtigte im Ausland in Verbindung mit diesem Abkommen anzuwenden sind (vgl. LSG Berlin Urteil vom 23.10.2002 - L 6 RA 57/99; SG Berlin Urteil vom 24.3.2000 - S 11 RA 5310/98 ).
Die in Nr. 11 Buchst.e SP/DISVA enthaltene Verweisung greift ein, weil die Klägerin zu einer Beitragsnachentrichtung nach Nr. 11 SP/DISVA bindend (§ 77 SGG) zugelassen und die Nachentrichtung entsprechend durchgeführt worden ist. Diese Zulassung zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen nach dem ZA/DISVA (Nr. 11 SP/DISVA) ist von der Klägerin zu keinem Zeitpunkt angefochten oder auch nur in Frage gestellt worden. Sie entspricht ihren Anträgen, die Anerkennung ihrer in Rumänien zurückgelegten Fremdbeitragszeiten solle nur über § 17a FRG und die Zulassung zur Nachentrichtung nach dem Zusatzabkommen (ZA/DISVA) erfolgen. Offen bleiben kann hier, ob diese Zulassung zur Nachentrichtung nach Nr. 11 SP/DISVA wegen der von der Klägerin bereits im Verwaltungsverfahren behaupteten Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 20 WGSVG zu Unrecht erfolgt ist (vgl. dazu BSG Urteil 22.3.2001 - B 12 RA 5/00R).
Nr. 11 Buchst.e SP/DISVA verweist (allein) auf die materiellrechtlichen Regelungen des FRG und bestimmt, welche Fassung der die Bewertung von Fremdbeitragszeiten regelnden Normen im jeweiligen Einzelfall Anwendung findet. Dies ergibt die Auslegung von Nr. 11 Buchst.e SP/DISVA nach Wortlaut, systematischem Zusammenhang sowie Sinn und Zweck. Nr. 11 Buchst.e SP/DISVA steht in einem Konkurrenzverhältnis zu Artikel 6 § 4 i.V.m. § 5 FANG und verdrängt - entgegen der Auffassung der Klägerin - diese Bestimmung als spezielleres und späteres Gesetz.
Nach seinem Wortlaut verweist Nr. 11 Buchst.e Satz 1 SP/DISVA auf die am 1.7.1990 geltende Fassung der anzuwendenden materiellrechtlichen Norm ( hier der RVO oder des FRG) wobei dem Wortlaut, - es handelt sich um eine abkommensrechtliche Regelung - besonderes Gewicht zu kommt, denn Sozialversicherungsabkommen sind im Hinblick auf das Gegenseitigkeitsprinzip aus sich heraus auszulegen (vgl. LSG Berlin Urteil vom 23.10.2002 - L 6 RA 57/99 und BSG SozR 3-6855 Artikel 11 Nr. 1). Nr. 11 Buchst.e regelt somit bereits konkret die Frage des anzuwendenden Rechts. Angesichts dieser konkreten Regelung, aber auch der weiteren detaillierten Regelungen des Abkommens verbietet sich die von der Klägerin befürwortete Auslegung, welche der Nr. 11 Buchst. e SP/DISVA die Bedeutung gäbe, auf eine ältere Übergangsregelung (Art. 6 § 4 und 5 FANG) zu verweisen. Wegen des Wortlautes der Nr. 11 Buchst.e und des systematischen Kontextes ist somit die Anwendung von § 22 FRG in der bis zum 30.6 1990 geltenden Fassung ausgeschlossen.
Zudem entspricht die Anwendung des § 22 FRG in der ab dem 1.7. 1990 geltenden Fassung auch dem Konzept, das der Begründung in das Ausland zahlbarer Rentenansprüche nach Maßgabe der Nr. 11 SP/DISVA zugrunde liegt. Wie das LSG Berlin im bereits erwähnten Urteil vom 23.10.2002 zutreffend ausgeführt hat, korrespondiert das Abstellen auf die am 1. 7. 1990 maßgebliche Fassung der unmittelbar die Leistungshöhe regelnden Normen in Nr. 11 Buchst.e Satz 1 SP/DISVA mit dem in Artikel 2 ZA/DISVA vorgesehenen rückwirkenden Rentenbeginn am 1.7.1990 und gewährt die Anwendung der am 1.7.1990 geltenden Fassung der RVO und des FRG den zur Nachentrichtung zugelassenen Versicherten bereits erhebliche Vorteile.
Für die von der Klägerin begehrte Anwendung der §§ 4 und 5 des Art.6 FANG bleibt nach alledem kein Raum, weil Nr.11 Buchst.e SP/ DISVA gegenüber Art.6 § 4 und 5 FANG die speziellere Vorschrift ist.
Auch über Art. 6 § 4 Abs. 2 oder 3 FANG kommt § 22 FRG a.F. bzw. des Art.6 § 5 FANG nicht zur Anwendung.
Die Klägerin hatte am 30.6.1990 keinen Anspruch auf Zahlung einer Rente, weil § 17a FRG erst am 1.7.1990 in Kraft getreten ist, Rentenbeginn erst der 1.7.1990 sein konnte (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 23.2.2001 - L 13 RJ 65/99; LSG NRW Urteil vom 12.7.2000 - L 8 RJ 36/00) und auch der erstinstanzliche Hinweis der Klägerin auf die Rechtsprechung des BSG (SozR 3-2200 § 300 Nr 3) fehl geht, wie das Sozialgericht, auf dessen Ausführungen insoweit Bezug genommen wird, richtig festgestellt hat.
Allerdings ist nach der Rechtsprechung des BSG das Vertrauen schützende Übergangsrecht des Art.6 § 4 Abs.3 Satz 1 FANG in verfassungskonformer Analogie so auszulegen, dass es auch diejenigen Versicherten umfasst, die bis zum 30.6.1990 im Ausland gelebt und Rentenanwartschaften erworben hatten , deren Erstarken zum Vollrecht nur noch vom Eintritt des Versicherungsfalles und vom Fehlen das ( das sogenannte Stammrecht hindernden oder vernichtenden) Einwendungen abhing und dessen Wert unter Anrechnung von Beitrags- oder BeschäftigungszeiteniS des FRG festzustellen war (vgl.BSG, Urteile vom 29.4.2997 - 4 RA 123/95 und vom 30.9. 1997 - 4 RA 47,49,51,52,53 und 55/97; Urteil vom 30.10.1997 - 13 RJ 1/96).
Unterstellt, dass die Klägerin (auch) zum Personenkreis des § 20 WGSVG gehört hat und deshalb am 30.6.1990 eine Anwartschaft über §§ 20 WGSVG, 15 FRG bestanden hat, wäre dies eine Anwartschaft gewesen, die inkongruent zu dem durch die ausdrückliche Entscheidung der Klägerin für den Weg über § 17a FRG und die Abkommensnachentrichtung konkretisierten Rentenanspruch gewesen wäre. In einem solchen Falle, in dem die Versicherte sich bewusst und mit guten Gründen gegen die Weiterverfolgung ihrer Rechte aus §§ 20 WGSVG, 15 FRG entschieden hat, ist aber auch unter Berücksichtigung der o.g. Rechtsprechung des BSG kein Grund erkennbar, über den Wortlaut des Art.6 § 4 FANG hinaus, der einen Anspruch auf Zahlung voraussetzt, die bloße Anwartschaft nach §§ 20 WGSVG und 15 FRG zu schützen und diesen Schutz auf den Rentenanspruch nach § 17a FRG und dem Abkommen in dem Sinne zu erstrecken, dass für die Berechnung der Rente nach § 17a FRG i.V.m. der Abkommensnachentrichtung die Fassung des § 22 FRG angewendet wird, die für die Anwartschaft nach §§ 20 WGSVG, 125 FRG gegolten hätte.
Die Kostenentscheidung beruht auf §193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er der Sache grundsätzliche Bedeutung beimisst.
Tatbestand:
Streitig ist, ob das Altersruhegeld der Klägerin unter Berücksichtigung des § 22 des Fremdrentengesetzes in der bis zum 30.06.1990 geltenden Fassung (FRG a. F.) bzw. des Art. 6 § 5 des Fremdrenten und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) zu berechnen ist.
Die Klägerin wurde am 23.01.1925 in T als rumänische Staatsangehörige geboren. Sie war als Jüdin der nationalsozialistischen Verfolgung ausgesetzt und hat eine Entschädigung nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) erhalten. 1964 wanderte sie von Rumänien nach Israel aus, dessen Staatsangehörigkeit sie seither besitzt.
Am 24.07.1990 stellte die Klägerin einen Rentenantrag, den sie darauf stützte, dass sie in Timisoara zwischen 1950 und 1964 versicherungspflichtig gearbeitet habe. Es seien Versicherungsbeiträge zur rumänischen Rentenversicherung entrichtet worden, die in der deutschen Rentenversicherung anrechenbar seien, weil sie dem deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) angehört habe. Mit Schreiben vom 28.11.1994 bestimmte sie ausdrücklich, dass die Anerkennung von Fremdbeitragszeiten "derzeit nur über § 17a FRG erfolgen solle" und beantragte am 27.11.1995 die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge in höchstmöglicher Anzahl nach dem Zusatzabkommen zum deutsch-israelischen Sozialversicherungsabkommen (ZA/DISVA).
Die Beklagte bewilligte der Klägerin durch Bescheid vom 12.06.1997 Altersruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres ab dem 01.07.1990. Bei der Rentenberechnung berücksichtigte sie Pflichtbeitragszeiten nach §§ 17a i. V. m. 15 FRG und freiwillige, nachentrichtete Beiträge nach dem ZA/DISVA. Die Fremdbeitragszeiten bewertete sie nach § 22 FRG in der ab dem 01.07.1990 geltenden Fassung.
Die Klägerin widersprach, mit der Begründung, das § 22 FRG in der bis zum 30.06.1990 maßgeblichen Fassung anzuwenden sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Bescheid vom 23.09.1997 zurück:Die Rentenberechnung sei zutreffend erfolgt, weil die Übergangsbestimmungen des Art. 6 § 4 FANG nicht zu Gunsten der Klägerin anwendbar seien.
Mit der am 14.10.1997 zum Sozialgericht Düsseldorf erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt: Aus den Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) 4 RA 123/95 und 13 RJ 1/96 sei abzuleiten, dass nach Art. 6 § 4 Abs. 3 i. V. m. § 5 FANG die Rentenberechnung nach der bis zum 30.06.1990 geltenden Fassung des § 22 FRG zu erfolgen habe. Zwar sei Rentenbeginn der 01.07.1990 gewesen, die Rentenanwartschaft habe aber bereits am 30.06.1990 bestanden.
Die Beklagte hat geltend gemacht, die Klägerin habe am 30.06.1990 noch keine Anwartschaft erworben, weil die für die Anrechnung der Fremdbeitragszeiten maßgebliche Regelung des § 17a FRG erst am 01.07.1990 in Kraft getreten sei.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 13.11.1998 abgewiesen und zur Begründung i.W. ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch darauf, dass ihr Altersruhegeld nach § 22 FRG in der bis zum 30.06.1990 geltenden Fassung festgestellt werde, weil diese Gesetzesfassung nach der in Art. 6 § 4 FANG getroffenen Übergangsregelung nicht maßgebend sei. Art. 6 § 4 FANG, der durch das Rentenreformgesetz 1992 mit Wirkung vom 01.07.1990 neu gefasst worden sei, ordne in Abs. 2 Satz 1 an, dass das FRG in seiner bis zum 30.06.1990 geltenden Fassung weiter anzuwenden sei, wenn vor dem 01.07.1990 ein Anspruch auf Zahlung einer Rente bestehe. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, weil der Zahlungsanspruch erst mit dem 01.07.1990 entstanden sei. Von den vom BSG entschiedenen Fällen weiche der Fall der Klägerin maßgeblich ab, denn es habe im Juni 1990 noch kein Rentenstammrecht bestanden, das zu einem Rentenzahlungsanspruch mit Ablauf des Monats geführt habe.
Art. 6 § 4 Abs. 3 Satz 1 FANG führe ebenfalls nicht zu einer Rentenberechnung nach dem bis zum 30.06.1990 geltenden Recht. Die unmittelbare Anwendung des Art. 6 § 4 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 5 FANG scheitere daran, dass die Klägerin ihren gewöhnlichen Auf- enthalt nicht im Bundesgebiet begründet habe, weil sie bis 1964 in Rumänien gelebt hat und seither in Israel wohne. Der gewöhnliche Aufenthalt in Israel stehe dem in der Bundesrepublik Deutschland nicht gleich.
Art. 6 § 4 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 5 FANG könne entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht analog zu ihren Gunsten angewendet werden. Das BSG habe in den Urteilen vom 30.10.1997 - 13 RA 1/96, 30.09.1997- 4 RA 47/97- und 29.04.1997 - 4 RA 123/95- eine analoge Anwendung für geboten gehalten, wenn der Versicherte bis zum Ablauf des 30.06.1990 in einer Sparte der gesetzlichen Rentenversicherung ein Anwartschaftsrecht erworben habe, dessen Erstarken zum Vollrecht nur noch vom Eintritt des Versicherungsfalls und vom Fehlen von das sogenannte Stammrecht hindernden oder vernichtenden Einwendungen abhängig gewesen sei. Die Klägerin gehöre aber nicht zu dem Personenkreis, der bis zum 30.06.1990 ein Rentenanwartschaftsrecht erlangt hatte. Denn erst mit Inkrafttreten des § 17a FRG am 01.07.1990 seien Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung anrechenbar gewesen.
Gegen das am 14.12.1998 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 8.1.1999 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihren Vortrag aus dem Klageverfahren, den sie durch das angefochtene Urteil nicht als widerlegt ansieht. Sie meint ferner, dass die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 6 § 4 Abs.3 FANG schon deshalb vorlägen, weil sie auch zum Personenkreis des § 20 WGSVG gehöre: Danach sei sie nicht von der Nachentrichtung nach Nr.11 SP/DISVA ausgeschlossen gewesen. Nur Personen, denen bis zur Unterzeichnung des Zusatzabkommens Beitrags- oder Beschäftigungszeiten nach dem FRG auf Grund anderer Rechtsgrundlagen als dem neuen § 17a FRG anerkannt worden seien, hätten nach der Denkschrift zum Abkommen von der Nachentrichtungsmöglichkeit ausgeschlossen sein sollen. Dem entsprechend hätten alle RV-Träger ein Wahlrecht zwischen § 17a FRG und § 20 WGSVG eingeräumt. Nichts anderes ergebe sich auch aus der zwischenzeitlichen Rechtsprechung des 12. Senats des BSG (Urteile vom 22.3.2001- B 12 RA 5/ 00 R und 7/00 R).
Für Versicherte, deren Beitragszeiten (§ 15 FRG) zwar wegen der Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 17a FRG berücksichtigt werden konnten, die aber auch zum Personenkreis des § 20 WGSVG gehören, bestimme Art.6 § 4 Abs.3 FRG deshalb, dass die Fremdbeitragszeiten nach Maßgabe von Art.6 § 5 FANG, praktisch also nach dem bis zum 30.6.1990 geltenden FRG zu bewerten seien. Art. 6 § 4 Abs. 3 FANG sei anwendbar, weil Nr. 11 Buchst. e Satz 1 SP/DISVA bestimme, dass die am 1.7.1990 in den alten Bundesländern geltenden Rechtsvorschriften anwendbar seien, und dazu auch die Übergangsvorschrift des Art. 6 § 4 FANG zähle. Durch das später in Kraft getretene Zusatzabkommen sei daran nichts mehr zu ändern gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.11.1998 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 12.06.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.09.1997 zu verurteilen, das Altersruhegeld nach Maßgabe des § 22 FRG in der bis zum 30.06.1990 geltenden Fassung neu zu berechnen, hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Sie hält das angefochtenen Urteil und ihre Bescheide für zutreffend. Die Klägerin habe die Rente nach dem ZA/DISVA beansprucht und auch erhalten. Dies habe vorausgesetzt, dass sie am 30.06.1990 weder Rentenanwartschaften noch ein Vollrecht auf Rente unter Einbeziehung von FRG- Beitragszeiten erworben hatte. Denn erst durch die nach § 17a FRG anerkannten Beitragszeiten habe sie die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch nach dem ZA/DISVA erfüllen können. § 17a FRG als Zugangsvoraussetzung für das ZA/DISVA sei jedoch frühestens mit Wirkung ab dem 01.07.1990 in das FRG eingefügt worden. Beitragszeiten i. S. der Vorschrift hätten somit erst ab ihrem Inkrafttreten am 01.07.1990 erworben werden können. Dadurch sei das subjektive Stammrecht der Klägerin - hier aufgrund des ZA/DISVA i.V.m. § 17a FRG - auch erst am 01.07.1990 entstanden.
Die Klägerin könne die Bewertung ihrer FRG - Beitragszeiten nach Art. 6 § 5 FANG nicht mit der Begründung beanspruchen, sie sei auch - neben ihrer Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 17a FRG - vertriebene Verfolgte i.S. von § 20 WGSVG und als solche auch schon vor dem 01.07.1990 Berechtigte i.S. von Art. 6 § 4 Abs. 3 Satz 1 FANG gewesen. Ein Berechtigter, der die Anerkennung seiner Fremdbeitragszeiten auf § 17a FRG stütze, könne sich nicht gleichzeitig oder später zusätzlich auf § 20 WGSVG berufen, um so alle Vergünstigungen aus beiden Vorschriften zu kumulieren. In der Entscheidung, Rechte aus § 20 WGSVG wegen der vermeintlich günstigeren Regelung des § 17a FRG nicht mehr in Anspruch zu nehmen, liege konsequenterweise auch der Verzicht auf vor dem 01.07.1990 vorhandene Anwartschaftsrechte aus § 20 WGSVG. Für die Inanspruchnahme der Vertrauensschutzregelung des Art. 6 § 4 Abs. 3 FANG sei folglich kein Raum. Dieses Ergebnis müsse erst recht in Zusammenhang mit der abkommensrechtlichen Nachentrichtungsbestimmung in ZA/DISVA (Nr. 11 SP) gelten.
Wenn die Klägerin zunächst die Feststellung der Abkommensrente beantrage, um die Voraussetzung "erstmals" zu erfüllen und anschließend - nach Bewilligung dieser Rente - weitere Rechte (hier: günstigere Bewertung der FRG- Beitragszeiten oder Anrech- nung von Vertreibungsersatzzeiten) über die "Auch- Zugehörigkeit" nach § 20 WGSVG geltend zu machen, verstoße dies gegen die Grundsätze von Treu und Glauben. Der Abkommensrente würde nachträglich die Grundlage entzogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höheres Altersruhegeld. Die Beklagte hat insbesondere zutreffend die berücksichtigten Fremdbeitragszeiten nach Maßgabe des FRG in der ab dem 1.7.1990 geltenden Fassung bewertet.
Die Höhe des der Klägerin zustehenden Altersruhegeldes richtet sich gemäß § 1254 RVO unter anderem nach der für die Versicherten maßgebenden Rentenbemessungsgrundlage. Bei der Bestimmung der Rentenbemessungsgrundlage und damit bei der Bildung von Werteinheiten für die glaubhaft gemachten Fremdbeitragszeiten hat die Beklagte zu Recht gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 und 2 FRG der ab dem 1.7.1990 bis zum 31.12.1991 maßgeblichen Fassung für die Zeiten nach §§ 15 und 16 FRG Werteinheiten nach Maßgabe der Anlage 17 zum FRG ermittelt und dazu die Versicherte entsprechend der ausgeübten Beschäftigung einer Leistungsgruppe nach Anlage 1 Buchstabe a für Arbeiter sowie einem Wirtschaftsbereich zugeordnet. Dass die Beklagte die von der Klägerin im Vertreibungsgebiet ausgeübten Beschäftigungen einer unzutreffenden Leistungsgruppe bzw. einem unzutreffenden Wirtschaftsbereich zugeordnet hätte, ist nicht erkennbar und wird von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Die Klägerin begehrt vielmehr allein die Bildung der Werteinheiten ohne die Berücksichtigung von Wirtschaftsbereichen entsprechend der Übergangsvorschrift des Artikel 6 § 4 Abs. 2 bzw. Abs. 3 i.V.m. Art 6 § 5 FANG bzw. des § 22 FRG in der bis zum 30.6. 1990 maßgeblichen Fassung.
Die Anwendung von § 22 Abs. 1 FRG in der Fassung vom 1.7. 1990 bis zum 31.12. 1991 durch die Beklagte entspricht jedoch den gesetzlichen Bestimmungen zur Ermittlung der Leistungshöhe von Rentenansprüchen - die neben Fremdbeitragszeiten und sonstigen Versicherungszeiten auf nach dem ZA/DISVA vom 12. Februar 1995 nach entrichteten freiwilligen Beiträgen beruhen.
Dies folgt aus Nr. 11 Buchst.e Satz 1 SP/DISVA, eingefügt durch Artikel 1 des ZV/DISVA vom 12.2.1995, wonach zur Ermittlung der Leistungshöhe die am 1.7.1990 im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet geltenden rentenrechtlichen Vorschriften einschließlich derjenigen über die Erbringung von Leistungen an Berechtigte im Ausland in Verbindung mit diesem Abkommen anzuwenden sind (vgl. LSG Berlin Urteil vom 23.10.2002 - L 6 RA 57/99; SG Berlin Urteil vom 24.3.2000 - S 11 RA 5310/98 ).
Die in Nr. 11 Buchst.e SP/DISVA enthaltene Verweisung greift ein, weil die Klägerin zu einer Beitragsnachentrichtung nach Nr. 11 SP/DISVA bindend (§ 77 SGG) zugelassen und die Nachentrichtung entsprechend durchgeführt worden ist. Diese Zulassung zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen nach dem ZA/DISVA (Nr. 11 SP/DISVA) ist von der Klägerin zu keinem Zeitpunkt angefochten oder auch nur in Frage gestellt worden. Sie entspricht ihren Anträgen, die Anerkennung ihrer in Rumänien zurückgelegten Fremdbeitragszeiten solle nur über § 17a FRG und die Zulassung zur Nachentrichtung nach dem Zusatzabkommen (ZA/DISVA) erfolgen. Offen bleiben kann hier, ob diese Zulassung zur Nachentrichtung nach Nr. 11 SP/DISVA wegen der von der Klägerin bereits im Verwaltungsverfahren behaupteten Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 20 WGSVG zu Unrecht erfolgt ist (vgl. dazu BSG Urteil 22.3.2001 - B 12 RA 5/00R).
Nr. 11 Buchst.e SP/DISVA verweist (allein) auf die materiellrechtlichen Regelungen des FRG und bestimmt, welche Fassung der die Bewertung von Fremdbeitragszeiten regelnden Normen im jeweiligen Einzelfall Anwendung findet. Dies ergibt die Auslegung von Nr. 11 Buchst.e SP/DISVA nach Wortlaut, systematischem Zusammenhang sowie Sinn und Zweck. Nr. 11 Buchst.e SP/DISVA steht in einem Konkurrenzverhältnis zu Artikel 6 § 4 i.V.m. § 5 FANG und verdrängt - entgegen der Auffassung der Klägerin - diese Bestimmung als spezielleres und späteres Gesetz.
Nach seinem Wortlaut verweist Nr. 11 Buchst.e Satz 1 SP/DISVA auf die am 1.7.1990 geltende Fassung der anzuwendenden materiellrechtlichen Norm ( hier der RVO oder des FRG) wobei dem Wortlaut, - es handelt sich um eine abkommensrechtliche Regelung - besonderes Gewicht zu kommt, denn Sozialversicherungsabkommen sind im Hinblick auf das Gegenseitigkeitsprinzip aus sich heraus auszulegen (vgl. LSG Berlin Urteil vom 23.10.2002 - L 6 RA 57/99 und BSG SozR 3-6855 Artikel 11 Nr. 1). Nr. 11 Buchst.e regelt somit bereits konkret die Frage des anzuwendenden Rechts. Angesichts dieser konkreten Regelung, aber auch der weiteren detaillierten Regelungen des Abkommens verbietet sich die von der Klägerin befürwortete Auslegung, welche der Nr. 11 Buchst. e SP/DISVA die Bedeutung gäbe, auf eine ältere Übergangsregelung (Art. 6 § 4 und 5 FANG) zu verweisen. Wegen des Wortlautes der Nr. 11 Buchst.e und des systematischen Kontextes ist somit die Anwendung von § 22 FRG in der bis zum 30.6 1990 geltenden Fassung ausgeschlossen.
Zudem entspricht die Anwendung des § 22 FRG in der ab dem 1.7. 1990 geltenden Fassung auch dem Konzept, das der Begründung in das Ausland zahlbarer Rentenansprüche nach Maßgabe der Nr. 11 SP/DISVA zugrunde liegt. Wie das LSG Berlin im bereits erwähnten Urteil vom 23.10.2002 zutreffend ausgeführt hat, korrespondiert das Abstellen auf die am 1. 7. 1990 maßgebliche Fassung der unmittelbar die Leistungshöhe regelnden Normen in Nr. 11 Buchst.e Satz 1 SP/DISVA mit dem in Artikel 2 ZA/DISVA vorgesehenen rückwirkenden Rentenbeginn am 1.7.1990 und gewährt die Anwendung der am 1.7.1990 geltenden Fassung der RVO und des FRG den zur Nachentrichtung zugelassenen Versicherten bereits erhebliche Vorteile.
Für die von der Klägerin begehrte Anwendung der §§ 4 und 5 des Art.6 FANG bleibt nach alledem kein Raum, weil Nr.11 Buchst.e SP/ DISVA gegenüber Art.6 § 4 und 5 FANG die speziellere Vorschrift ist.
Auch über Art. 6 § 4 Abs. 2 oder 3 FANG kommt § 22 FRG a.F. bzw. des Art.6 § 5 FANG nicht zur Anwendung.
Die Klägerin hatte am 30.6.1990 keinen Anspruch auf Zahlung einer Rente, weil § 17a FRG erst am 1.7.1990 in Kraft getreten ist, Rentenbeginn erst der 1.7.1990 sein konnte (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 23.2.2001 - L 13 RJ 65/99; LSG NRW Urteil vom 12.7.2000 - L 8 RJ 36/00) und auch der erstinstanzliche Hinweis der Klägerin auf die Rechtsprechung des BSG (SozR 3-2200 § 300 Nr 3) fehl geht, wie das Sozialgericht, auf dessen Ausführungen insoweit Bezug genommen wird, richtig festgestellt hat.
Allerdings ist nach der Rechtsprechung des BSG das Vertrauen schützende Übergangsrecht des Art.6 § 4 Abs.3 Satz 1 FANG in verfassungskonformer Analogie so auszulegen, dass es auch diejenigen Versicherten umfasst, die bis zum 30.6.1990 im Ausland gelebt und Rentenanwartschaften erworben hatten , deren Erstarken zum Vollrecht nur noch vom Eintritt des Versicherungsfalles und vom Fehlen das ( das sogenannte Stammrecht hindernden oder vernichtenden) Einwendungen abhing und dessen Wert unter Anrechnung von Beitrags- oder BeschäftigungszeiteniS des FRG festzustellen war (vgl.BSG, Urteile vom 29.4.2997 - 4 RA 123/95 und vom 30.9. 1997 - 4 RA 47,49,51,52,53 und 55/97; Urteil vom 30.10.1997 - 13 RJ 1/96).
Unterstellt, dass die Klägerin (auch) zum Personenkreis des § 20 WGSVG gehört hat und deshalb am 30.6.1990 eine Anwartschaft über §§ 20 WGSVG, 15 FRG bestanden hat, wäre dies eine Anwartschaft gewesen, die inkongruent zu dem durch die ausdrückliche Entscheidung der Klägerin für den Weg über § 17a FRG und die Abkommensnachentrichtung konkretisierten Rentenanspruch gewesen wäre. In einem solchen Falle, in dem die Versicherte sich bewusst und mit guten Gründen gegen die Weiterverfolgung ihrer Rechte aus §§ 20 WGSVG, 15 FRG entschieden hat, ist aber auch unter Berücksichtigung der o.g. Rechtsprechung des BSG kein Grund erkennbar, über den Wortlaut des Art.6 § 4 FANG hinaus, der einen Anspruch auf Zahlung voraussetzt, die bloße Anwartschaft nach §§ 20 WGSVG und 15 FRG zu schützen und diesen Schutz auf den Rentenanspruch nach § 17a FRG und dem Abkommen in dem Sinne zu erstrecken, dass für die Berechnung der Rente nach § 17a FRG i.V.m. der Abkommensnachentrichtung die Fassung des § 22 FRG angewendet wird, die für die Anwartschaft nach §§ 20 WGSVG, 125 FRG gegolten hätte.
Die Kostenentscheidung beruht auf §193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er der Sache grundsätzliche Bedeutung beimisst.
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