L 6 U 3178/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 1325/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 3178/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 31.03.2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine "Innenmeniskushinterhornläsion links" als Folge des vom Kläger am 17.07.2001 erlittenen Arbeitsunfalles festzustellen ist.

Der 1958 geborene Kläger war seit 1982 als Gärtner im Kurheim und Sanatorium des Kloster M. H. B. e.V. in B. D. beschäftigt. Am 17.07.2001 rutschte er gegen 10 Uhr beim Schneiden einer Hecke aus und stürzte auf die linke Seite. Der Kläger arbeitete nach den Angaben in dem Durchgangsarztbericht von PD Dr. K. vom 11.09.2001 zunächst weiter. Am 18.07.2001 um 11 Uhr stellte er sich bei dem Leiter des Kurheims, dem Internisten Dr. G. vor. Dieser bescheinigte Arbeitsunfähigkeit vom 18. bis 19.07.2001 wegen "Schleimbeutel-Reizung Ellenbogen".

Am 10.09.2001 stellte sich der Kläger bei PD Dr. K., Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des Kreisklinikums S.-B. in D., vor und klagte über Beschwerden des linken Kniegelenkes, die seit dem Unfall bestünden. Dr. K. beschrieb einen diskreten Druckschmerz über dem medialen Kniegelenksspalt bei freier Beweglichkeit des linken Kniegelenkes. Er fand röntgenologisch keinen Anhalt für knöcherne Verletzungen. Äußerliche Verletzungen lagen ebenfalls nicht vor. Am 12.09.2001 erfolgte im Kreisklinikum S.-B. eine diagnostische Arthroskopie des linken Kniegelenkes, bei der kein wegweisender Befund erhoben werden konnte. Nach dem Operationsbericht von Oberarzt Dr. W. vom 12.09.2001 zeigte der Innenmeniskus im gesamten Verlauf keinen Einriss, lediglich im Bereich des Vorderhorns leichte degenerative (nicht resektionswürdige) Veränderungen. Eine kernspintomografische Untersuchung am 11.12.2001 zeigte dagegen eine Innenmeniskushinterhornläsion. Der Kläger begab sich deshalb in Behandlung der H. Klinik in T.-N., wo am 29.01.2002 eine Rearthroskopie mit Innenmeniskusteilresektion und Plika-Resektion durchgeführt wurde. Im Anschluss an diese Operation besserten sich die Kniebeschwerden des Klägers. Er litt nach der Operation noch zeitweilig an Kopfschmerzen. Arbeitsunfähigkeit bestand bis 27.02.2002.

Zum Unfallhergang gab der Kläger gegenüber der Beklagten an, er sei an einem kurzen Hangstück mit dem linken Fuß ausgerutscht. Wahrscheinlich habe sich der Fuß leicht verdreht. Er sei dann mit dem linken Ellbogen und dem linken Knie auf den Boden gefallen. Nach ein oder zwei Tagen habe er Schmerzen im Knie bekommen. Er habe die Arbeit sofort eingestellt und sofort Dr. G. aufgesucht. Vor dem Unfall habe er keine Beschwerden in diesem Bereich gehabt.

Die Beklagte holte von Prof. Dr. W. das orthopädische Zusammenhangsgutachten vom 10.05.2002 mit Ergänzung vom 28.11.2002 ein. Prof. Dr. W. beschrieb einen weitgehend unauffälligen Befund im Bereich des linken Kniegelenkes. Lediglich der innere Kniegelenksspalt werde als druckempfindlich angegeben. Beim Durchbewegen im linken Kniegelenk seien Reibegeräusche mit Schmerzangabe festzustellen. Prof. Dr. W. vertrat die Auffassung, zwischen dem Unfall und dem Innenmeniskusschaden sei ein ursächlicher Zusammenhang aus mehreren Gründen unwahrscheinlich. Bei der ersten Arthroskopie am 12.09.2001 sei kein Meniskusschaden festgestellt worden. Die bei der ersten durchgangsärztlichen Untersuchung am 10.09.2001 durch Dr. K. festgestellte klinische Symptomatologie spreche nicht für eine Kniebinnenverletzung mit Meniskusschädigung. Die pathologisch-anatomische Untersuchung des am 29.01.2002 entnommenen Meniskusgewebes habe stark ausgeprägte Zeichen einer Meniskopathie erkennen lassen. Dies spreche zusammen mit dem klinischen Verlauf dafür, dass die Innenmeniskusschäden auf eigenständige krankhafte Veränderungen zurückzuführen seien und es bei dem Unfall nicht zu einer Kniebinnenverletzung gekommen sei.

Mit Bescheid vom 11.02.2003 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Rente wegen der Folgen des Arbeitsunfalles ab. Zur Begründung führte sie aus, bei dem Unfall habe der Kläger lediglich Prellungen des linken Kniegelenkes und des Ellenbogens und eine Zerrung des linken Kniegelenkes erlitten, die folgenlos ausgeheilt seien.

Den Widerspruch des Klägers, mit dem er geltend machte, er habe vor dem Arbeitsunfall keinerlei Beschwerden im linken Knie gehabt, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2003 zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 25.04.2003 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Zur Begründung führte er aus, es sei nicht zutreffend, dass er zwischen dem 17.07.2001 und dem 10.09.2001 ärztlich nicht behandelt worden sei. Er sei in dieser Zeit weiterhin von Dr. G. behandelt worden und habe laufend Knieschmerzen gehabt. Warum der Meniskusriss bei der ersten Arthroskopie nicht gesehen worden sei, sei für alle ein Rätsel.

Das SG befragte die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Dr. G. berichtete unter dem 12.08.2003, der Kläger sei vom 20.07.2001 (tatsächlich 18.07.2001) bis 25.02.2002 bei ihm ärztlich behandelt worden. Wegen Kniegelenksbeschwerden sei er erstmals am 08.08.2001 untersucht worden. Aufgrund der Beschwerdesymptomatik habe noch nicht eindeutig von einer Meniskusläsion ausgegangen werden können. Aufgrund der persistierenden Beschwerdesymptomatik und der zwischenzeitlichen Einstufung als Arbeitsunfall sei die Überweisung zur durchgangsärztlichen Behandlung in die Chirurgische Abteilung des Krankenhauses in D. erfolgt. Aufgrund des klinischen Verlaufes bestehe aus seiner Sicht durchaus die Möglichkeit, dass die Innenmeniskusläsion durch das Sturzereignis verursacht worden sei.

PD Dr. K. berichtete unter dem 04.08.2003, die diagnostische Arthroskopie am 12.09.2001 sei von einem auf diesem Gebiet erfahrenen Operateur durchgeführt worden. Die Schlussfolgerungen in dem Gutachten von Prof. Dr. W. wichen nicht von den vorliegenden Untersuchungsbefunden ab.

Dr. L., Chefarzt der H. Klinik T.-N. berichtete unter dem 31.10.2003 über die Behandlung zu Lasten der Beklagten vom 07.01.2002 bis 05.09.2002. Die vorliegenden Befunde wichen von den Schlussfolgerungen in dem Gutachten von Prof. Dr. W. nicht ab.

Das SG hat dann das fachchirurgische Gutachten von Dr. G., Kreiskrankenhaus R. vom 14.02.2004 eingeholt. Dieser kommt aufgrund einer Untersuchung und Befragung des Klägers sowie der Beurteilung der Originalfotografien der arthroskopischen Dokumentationen der Kliniken D. und T.-N. zu der Beurteilung, der beim Kläger bestehende "Zustand nach Innenmeniskushinterhornresektion wegen Korbhenkelriss" sei mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ursächlich auf den Arbeitsunfall vom 19.07.2001 (tatsächlich 17.07.2001) im Sinne der Entstehung zurückzuführen. Es bestehe eindeutig eine zeitliche Beziehung der Kniegelenksbeschwerden zu dem Unfallereignis. Es habe sich auch um einen zur Herbeiführung eines Meniskusrisses geeigneten Unfall gehandelt. Aufgrund der Fotodokumentation sei davon auszugehen, dass der Meniskusriss bei der ersten Arthroskopie am 12.09.2001 übersehen worden sei. Die Form des Meniskusrisses, eines Horizontal-Längsrisses, lasse den Rückschluss auf eine traumatische Genese zu.

Die Beklagte legte hierzu die gutachtliche Stellungnahme von Prof. Dr. W. vom 26.04.2004 vor, der ausführte, Dr. G. vertrete eine von allen anderen Meinungen abweichende Ansicht zur Kausalität des beim Kläger festgestellten Meniskusschadens und bewerte entscheidende Anknüpfungstatsachen falsch.

Das SG holte noch das orthopädische Gutachten von Prof. Dr. C. vom 13.11.2004 ein. Dieser hielt einen Unfallzusammenhang für unwahrscheinlich und führte aus, hinsichtlich des Unfallmechanismus fänden sich in den Akten teilweise widersprüchliche Angaben. Neben dem Sturz auf den linken Ellenbogen sei möglicherweise auch von einer Distorsion des linken Kniegelenkes auszugehen. Da es nicht ausgeschlossen werden könne, dass es zu einer Verdrehung im Bereich des linken Kniegelenkes gekommen sei, sei der Unfallmechanismus prinzipiell als geeignet anzusehen, eine Meniskusverletzung und/oder eine Verletzung des vorderen Kreuzbandes hervorzurufen. Wenn man unterstelle, dass der Kläger durch das Ereignis einen Riss des Innenmeniskus erlitten habe, so sei mit einer sofort auftretenden Beschwerdesymptomatik und einer sofort auftretenden Kniegelenksschwellung zu rechnen. Der Kläger habe jedoch offenbar erst am 08.08.2001, also knapp 3 Wochen nach dem Unfall einen Arzt aufgesucht, der offensichtlich eine relativ uncharakteristische Beschwerdesymptomatik gefunden habe. Insbesondere unter Berücksichtigung der Arthroskopieberichte und der diesem Gutachter ebenfalls vorliegenden Fotodokumentation sei davon auszugehen, dass der Innenmeniskusriss auf degenerativer Basis entstanden sei. Dies werde auch durch die histologische Untersuchung des resezierten Präparates bestätigt.

Der Kläger legte noch ein Schreiben von Dr. G. an das SG vom 02.02.2005 vor, worin dieser seine sachverständige Zeugenauskunft vom 12.08.2003 korrigierte. Nun teilte er mit, bei der ersten Inanspruchnahme durch den Kläger nach dem Sturzereignis am 18.07.2001 habe eine traumatisch bedingte Bursitis olecrani im Vordergrund gestanden. Bei der zweiten Inanspruchnahme habe der Kläger bereits auch über Kniebeschwerden geklagt, wobei noch nicht eindeutig von einer Meniskusläsion habe ausgegangen werden können.

Mit Urteil vom 31.03.2005 stellte das SG unter Abänderung des Bescheides vom 11.02.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 10.04.2003 fest, dass die Gesundheitsstörung des Klägers "Innenmeniskushinterhornläsion links" eine Folge des Arbeitsunfalles vom 17.07.2001 sei. Dem Gutachten des Dr. G. sei zu folgen. Darin werde plausibel dargelegt, dass für den fraglichen Zusammenhang insbesondere das vom Kläger geschilderte Auftreten typischer Beschwerden unmittelbar nach dem Unfall und deren unveränderter Charakter im nachfolgenden Verlauf bis zur Operation vom 29.01.2002 sprächen sowie das intraoperativ fotografisch dokumentierte Fehlen von Ausfransungen oder anderen Veränderungen des Meniskus, die auf eine vorbestehende Degeneration hindeuten könnten. Der nicht mehr feststellbare Unfallhergang könne nicht als Argument gegen den Zusammenhang gewertet werden, denn ein ungeeigneter Unfallmechanismus sei nicht nachgewiesen, ein geeigneter zumindest möglich. Prof. Dr. W. und Prof. Dr. C. gingen im Übrigen zu Unrecht davon aus, der Kläger habe erst Wochen nach dem Ereignis erstmals ärztliche Hilfe wegen Kniebeschwerden in Anspruch genommen. Dr. G. habe bestätigt, dass sich der Kläger direkt nach dem Unfall vorgestellt und spätestens am 20.07.2001 über Kniebeschwerden geklagt habe.

Gegen das der Beklagten am 04.07.2005 zugestellte Urteil hat diese am 01.08.2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das SG habe sich zu Unrecht allein auf das Gutachten von Dr. G. gestützt. Gerade weil der Zusammenhangsbeurteilung nur bewiesene Tatsachen zugrunde gelegt werden dürften, könne diese nicht auf die Vermutung gestützt werden, dass bei der Arthroskopie vom 12.09.2001 ein Innenmeniskusriss möglicherweise übersehen worden sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 31.03.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er weist nochmals darauf hin, er sei lückenlos in Behandlung gewesen und habe monatelang Schmerzen gehabt. Er könne nichts dafür, dass im Krankenhaus D. bei der Arthroskopie die Meniskusläsion übersehen worden sei. Bei der Kernspintomographie am 10.10.2001 (richtig: 11.12.2001) sei die Meniskusläsion sofort gesehen und dokumentiert worden. Somit sei klar und deutlich, dass die Verletzung des Innenmeniskus auf das Unfallereignis vom 17.07.2001 zurückzuführen sei.

Der Senat hat die Auskunft der S. Betriebskrankenkasse vom 23.01.2007 über die Arbeitsunfähigkeitszeiten des Klägers und bei Prof. Dr. C. die ergänzende gutachterliche Stellungnahme vom 23.02.2007 - insbesondere zu den vom Kläger noch vorgelegten Ausführungen von Dr. G. vom 02.02.2005 - eingeholt. Prof. Dr. C. führt darin aus, er bleibe bei der Beurteilung, dass die Meniskushinterhornläsion links nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen sei. Auch wenn eine Kniebeschwerdesymptomatik zwei Tage nach dem Unfallereignis jetzt aktenkundig sei, so werde die zusammenfassende Beurteilung hierdurch nicht ausreichend beeinflusst, um zu einem anderen Ergebnis zu kommen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig. Sie ist auch begründet.

Die angefochtenen Bescheide, mit denen die Beklagte die Gewährung von Rente und sinngemäß auch die Feststellung der Innenmeniskusläsion als Unfallfolge abgelehnt hat, sind rechtmäßig. Das SG hätte daher die Innenmeniskusläsion nicht als Unfallfolge feststellen dürfen.

Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich (BSG, Urteil vom 30. April 1985 - 2 RU 43/84 - BSGE 58, 80, 82; BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 - 2 RU 27/86 - BSGE 61, 127, 129; BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - HVBG-Info 2000, 2811). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSG, Urteil vom 2. Februar 1978 - 8 RU 66/77 - BSGE 45, 285, 286). Ein Zusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (BSG, Urteil vom 24. Oktober 1957 - 10 RV 945/55 - BSGE 6, 70, 72; BSG, Urteil vom 27. Juni 1991 - 2 RU 31/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).

Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (BSG, Urteil vom 28. Juni 1988 - 2/9b RU 28/87 - BSGE 63, 277, 278). Kommt einer der Bedingungen gegenüber der oder den anderen Bedingung/en eine überwiegende Bedeutung zu, so ist sie allein wesentliche Bedingung und damit Ursache im Rechtssinne (BSG, Urteil vom 30. Juni 1960 - 2 RU 86/56 - SozR § 542 Nr. 27; BSG, Urteil vom 1. Dezember 1960 - 5 RKn 66/59 - SozR § 542 Nr. 32). Insoweit ist eine wertende Gegenüberstellung der ursächlichen Faktoren erforderlich (BSG, Urteil vom 29. März 1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52, 53; BSG, Urteil vom 31. Oktober 1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121, 123; BSG, Urteil vom 20. Januar 1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110, 112). Dabei ist, wie das BSG in seiner jüngsten Rechtsprechung klargestellt hat, "wesentlich" nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (BSG Urteil v. 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R). Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG a.a.O. m.w.N.).

Gesichtspunkte für die Beurteilung der besonderen Beziehung einer versicherten Ursache zum Erfolg sind neben der versicherten Ursache bzw. dem Ereignis als solchem, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, die konkurrierende Ursache unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens, weiterhin Rückschlüsse aus dem Verhalten des Verletzten nach dem Unfall und der gesamten Krankengeschichte. Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen (BSG a.a.O.).

Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG und bei kritischer Würdigung der vorliegenden medizinischen Unterlagen und Gutachten kommt der Senat zu der Überzeugung, dass die operativ behandelte Innenmeniskusläsion beim Kläger nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ursächlich auf den am 17.07.2001 erlittenen Arbeitsunfall zurückzuführen ist. Der Senat schließt sich dabei nach eingehender Prüfung im Wesentlichen den Ausführungen von Prof. Dr. W. und Prof. Dr. C. an.

Beurteilungskriterien für die Frage, ob ein Meniskusriss unfallbedingt ist oder auf anlagebedingten degenerativen Veränderungen beruht, sind nach der sozialmedizinischen Literatur neben dem Unfallhergang bzw. dem geeigneten Schadensmechanismus das Vorliegen von verletzungsspezifischen Befunden an Nachbarstrukturen, das Vorliegen eines dem Alter deutlich vorauseilenden Befundes, ein einer frischen Verletzung entsprechender klinischer Erstbefund und ein entsprechendes Verhalten des Verletzten nach dem Unfall sowie das Vorliegen gesicherter, vorbestehender Veränderungen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. S. 695).

Ein für einen isolierten Meniskussriss (ohne knöcherne oder ligamentäre Begleitverletzungen), wie er beim Kläger gefunden wurde, geeigneter Schadensmechanismus wäre eine Verdrehung des Kniegelenkes im Sinne einer passiven Rotation des gebeugten Kniegelenks oder einer plötzlichen passiven Streckung des gebeugten und rotierten Unterschenkels (Schönberger/Mehrtens/ Valentin a.a.O. S. 691). Hierfür ist eine Fixierung des Unterschenkels gegenüber dem Oberschenkel erforderlich. Einfaches Stolpern und Ausrutschen stellt ebenso wenig einen geeigneten Unfallhergang dar, wie ein Sturz auf das Knie ohne entsprechende Fixierung (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.10.2006, L 1 U 1630/06). In der Unfallanzeige ist lediglich von einem Sturz auf das linke Knie die Rede. Der Kläger selbst hat zum Unfallhergang gegenüber der Beklagten unter dem 03.02.2002 angegeben, er habe sich "wahrscheinlich" das Knie verdreht, wobei er keine genauen Angaben machen konnte, da "alles sehr schnell ging". Es spricht somit nach Überzeugung des Senats mehr dagegen als dafür, dass ein für die Verursachung eines isolierten Meniskussrisses geeigneter Schadensmechanismus vorlag.

Gegen einen Unfallzusammenhang spricht vor allem, dass ein verletzungsspezifischer Erstbefund nicht dokumentiert ist. Dabei sieht es der Senat auf Grund des nachgereichten Schreibens von Dr. G. vom 02.02.2005 als nachgewiesen an, dass der Kläger erstmals am 20.07.2001 "auch" über Kniegelenksbeschwerden geklagt hat, also 3 Tage nach dem Unfall und nicht - wie von Prof. Dr. C. zunächst angenommen - 7 Wochen nach dem Unfall. Dr. G. teilte jedoch gleichzeitig mit, dass aufgrund der Beschwerdesymptomatik zu diesem Zeitpunkt nicht eindeutig von einem Meniskusschaden habe ausgegangen werden können. Der Kläger war auch vom 20.07.2001 bis 10.09.2001 arbeitsfähig, nachdem Dr. G. eine Arbeitsunfähigkeit lediglich für den 18. und 19.07.2001 wegen der Schleimbeutelentzündung des Ellbogens bescheinigt hatte. Selbst wenn man berücksichtigt, dass Dr. G. als Internist und Badearzt fachlich nicht in besonderem Maße zur Feststellung von orthopädischen Befunden, insbesondere von Meniskuszeichen, kompetent ist, spricht dies eher gegen als für einen bei dem Unfall erlittenen frischen Meniskusriss. Dementsprechend bleibt Prof. Dr. C. in seiner ergänzenden Stellungnahme für den Senat nachvollziehbar bei seiner Beurteilung, dass ein solcher Zusammenhang unwahrscheinlich ist.

Weiterhin steht das Ergebnis der diagnostischen Arthroskopie vom 12.09.2001 der Annahme eines Unfallzusammenhanges entgegen. Oberarzt Dr. W. stellte dabei im gesamten Verlauf des Innenmeniskus keinen Einriss fest. Es ist zwar nachvollziehbar, dass der Kläger davon ausgeht, dass der am 11.12.2001 kernspintomografisch festgestellte Innenmeniskusriss bei diesem Eingriff übersehen wurde. Hierfür spricht nach Auffassung des Senats, dass bei der Untersuchung des am 29.01.2002 entnommenen Meniskusgewebes eine "sehr ausgeprägte degenerative Meniskopathie" diagnostiziert wurde. Es erscheint unwahrscheinlich, dass sich diese degenerativen Veränderungen im Bereich des Hinterhorns innerhalb von 4 Monaten entwickelt haben. Gerade die beschriebenen ausgeprägten degenerativen Veränderungen sprechen jedoch unabhängig davon, ob bei der ersten Arthroskopie ein Meniskusshinterhornriss übersehen wurde, dafür, dass die Innenmeniskusläsion durch anlagebedingte degenerative Veränderungen verursacht wurde. Prof. Dr. C. weist auch für den Senat überzeugend darauf hin, dass der beim Kläger gefundene Korbhenkelriss eher für eine degenerative Ursache spricht. Er befindet sich insoweit im Einklang mit der sozialmedizinischen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O. S. 702).

Für einen Unfallzusammenhang spricht somit lediglich das Auftreten unspezifischer Kniegelenksbeschwerden in zeitlichem Zusammenhang mit dem Unfall und das Fehlen nachgewiesener Vorschäden bzw. Vorerkrankungen in diesem Bereich. Entgegen der Beurteilung von Dr. G. reichen diese Umstände nach Überzeugung des Senats nicht aus, den Unfallzusammenhang als hinreichend wahrscheinlich anzusehen. Er geht dabei davon aus, dass es bereits nicht hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Meniskus des Klägers bei dem Arbeitsunfall beschädigt wurde, dass dieser Unfall also im "naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn" ursächlich für den Meniskusriss war. Es entspricht nämlich der medizinischen Erfahrung, dass Risse des Meniskusgewebes häufig auf der Basis degenerativer Veränderungen spontan - also ohne äußeres Ereignis bzw. bei alltäglicher Belastung - entstehen. Die Beurteilung des Einflusses der Degeneration in Relation zu dem angeschuldigten Unfallereignis hat daher immer anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalles unter Abwägung der für und gegen einen Kausalzusammenhang sprechenden Faktoren zu erfolgen (Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O. S. 696). Gerade im Fall des Klägers sprechen der histologische Befund sowie die Form des Meniskusschadens (Korbhenkelriss) dafür, dass degenerative Veränderungen die allein wesentliche Ursache hierfür darstellen. Da in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Unfall keine spezifischen meniskusbedingten Beschwerden vorlagen und der Kläger bis 10.09.2001 arbeitsfähig war, spricht mehr dagegen als dafür, dass der Meniskus bei dem Unfall geschädigt wurde und dieser somit zumindest als Teilursache für den Meniskusriss in Frage kommt. Auf das Verhältnis konkurrierender Ursachen kommt es danach nicht an.

Aus den genannten Gründen war das Urteil des Sozialgerichts Freiburg aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Rechtskraft
Aus
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