L 6 SB 3747/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 5 SB 3511/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 3747/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 10. August 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob beim Kläger die Schwerbehinderteneigenschaft mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 festzustellen ist.

Der 1956 geborene Kläger beantragte am 18.02.2004 bei dem Versorgungsamt Heidelberg (VA), seinen Grad der Behinderung (GdB) festzustellen. Er erklärte, unter einem Lendenwirbelsäulensyndrom, einer Osteochondrose der Halswirbelsäule, einer chronischen Gastritis und einem Magengeschwür zu leiden. Auf Anforderung des Beklagten übersandten Dres. S., Z., L.-E- und Oberarzt E. von der Inneren Abteilung des Kreiskrankenhauses M. den Arztbrief vom 06.05.2003. Als Diagnosen wurde genannt: Erosive Pangastritis und Bulbitits, kleines fibrinbelegtes Ulcus ventriculi, arterielle Hypertonie sowie Nikotin- und Alkoholabusus. Das Beschwerdebild des Klägers habe sich unter der durchgeführten Therapie kontinuierlich gebessert und es werde empfohlen, die Behandlung unter Ausschaltung des Nikotin- und Alkoholabusus fortzusetzen. Der behandelnde Allgemeinmediziner Artur S. berichtete dem Beklagten auf Anfrage am 18.03.2004, der Kläger leide an einem rezidivierenden Halswirbel- und Lendenwirbelsäulensyndrom bei Osteochondrose der Halswirbelsäule (HWS), der Lendenwirbelsäule (LWS) und der Brustwirbelsäule (BWS). Durch eine Heliobacter-Infektion habe der Kläger ein durch Gastroskopie bestätigtes Ulcus bekommen. Nach der erfolgten Ausräumung erfolge derzeit eine medikamentöse Behandlung. Im April 2002 habe der Kläger eine tiefe Venenthrombose rechts erlitten, deretwegen er für sechs Monate mit dem Medikament Marcumar behandelt worden sei. Die Nachuntersuchung im Dezember 2002 habe eine vollständige Restitution des Verschlusses ergeben. Weiter bestehe beim Kläger ein Nierensteinleiden links, eine chronische Pyelonephritis und eine arterielle Hypertonie. Zahlreiche Arztbriefe der behandelnden Fachärzte des Klägers wurden beigefügt.

Mit Bescheid vom 05.05.2004 stellte der Beklagte den GdB mit 20 seit dem 18.02.2004 fest. Als Funktionsbeeinträchtigungen ging er von einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bluthochdruck, Nierensteinleiden und einer chronischen Magenschleimhautentzündung aus. Zugrunde lag die versorgungsärztliche (vä) Stellungnahme vom 29.04.2004 durch Dr. W., der vorgeschlagen hatte, sämtliche dieser Funktionsbeeinträchtigungen mit einem Teil-GdB von 10 und den Gesamt-GdB mit 20 zu bewerten.

Der Kläger erhob Widerspruch und machte geltend, es läge ein höherer GdB als 20 vor. Der vom Beklagten daraufhin befragte Orthopäde des Klägers, Dr. S., berichtete am 09.09.2004, der Kläger sei bei ihm wegen ausgeprägter Beschwerden der HWS in Behandlung. Es bestehe eine deutliche Schonhaltung im Bereich der HWS, welche konzentrisch um etwa 60 Prozent eingeschränkt sei, daraus ergebe sich auch eine endgradige Bewegungseinschränkung in den Schultern. Der Kläger leide unter ausgeprägt rezidivierenden Schmerzereignissen mit Zunahme ihrer Häufigkeit und Verlängerung ihrer Dauer. Die verstärkte Brustkyphose sei aktiv nicht mehr ausgleichbar. Weiter bestehe ein chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom mit Myogelosen und eine Entfaltungsstörung der BWS und LWS. Das Röntgenbild zeige eine deutliche Steilstellung der HWS mit entsprechenden Veränderungen und Bandscheibenzwischenraumverschmälerung im Bereich C 5/6. Als Diagnosen benannte er eine Osteochondrose der HWS, LWS-Syndrom und Bandscheibenvorfall C 4/5 sowie C 6/7. Daraufhin erließ der Beklagte am 15.10.2004 einen Teilabhilfebescheid und stellte den GdB beim Kläger mit 30 seit dem 18.02.2004 fest. Dabei ging er von den gleichen Funktionsbeeinträchtigungen aus wie zuvor, legte aber einen Teil-GdB von 20 für die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und Bandscheibenschaden zu Grunde. Im Übrigen wies der Beklagten den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2004 zurück. Dabei vertrat er die Auffassung, die Auswertung der ärztlichen Unterlagen habe ergeben, dass die beim Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen mit dem nunmehr erlassenen Teilabhilfebescheid vom 15.10.2004 im vollen Umfang erfasst und unter Berücksichtigung der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht 2004 (AHP) mit einem GdB von 30 angemessen bewertet seien. Die Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft habe im Hinblick darauf versagt werden müssen.

Dagegen erhob der Kläger am 19.11.2004 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG). Zur Begründung legte er die ärztliche Bescheinigung seines behandelnden Hausarztes S. vom 11.03.2005 vor. Darin heißt es, der Kläger leide zusätzlich an einer Varikosis beider Beine mit Zustand nach Unterschenkelthrombose rechts. Außerdem bildeten sich bei ihm immer wieder neue Nierensteine, welche zertrümmert werden müssten, so dass der Kläger regelmäßig vom Urologen überwacht werde. Diese Beeinträchtigung müsse bei der Bemessung des GdB höher bewertet werden.

Das SG befragte die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen.

Der Facharzt für Allgemeinmedizin S. teilte unter dem 10.05.2005 mit, er habe den Kläger in den Jahren 2004 und 2005 regelmäßig behandelt. Seiner Auffassung nach müsse die Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule mit 30, der Bluthochdruck und die chronische Magenschleimhautentzündung mit jeweils 10, das Nierenleiden mit 20 und die rezidivierende tiefe Beinvenenthrombose mit einem GdB von 20 - 30 bewertet werden. Der Hausarzt fügte Arztbriefe und den Entlassbericht der Rehabilitationsklinik S. D. über die stationäre Behandlung vom 17.03.2004 bis 07.04.2004 bei. Dort waren als Entlassdiagnosen ein Zervikobrachialsyndrom beidseits bei Lumbalgien und degenerativen Wirbelsäulenveränderungen, Hypertonie, chronische Gastritis mit Ulcus ventriculi im Februar 2004 und Varikosis beider Beine sowie Zustand nach Unterschenkelthrombose recht im Jahr 2002 diagnostiziert worden. Zu den jetzigen Beschwerden und funktionellen Einschränkungen befragt äußerte der Kläger damals, er habe seit November 2003 Halswirbelsäulenbeschwerden, welche zum Aufnahmezeitpunkt in den Hinterkopf und Nackenbereich ausstrahlten und zum Einschlafen der Arme bei längerem Sitzen und nachts beim Liegen führten. Im Lumbalbereich habe er nur blande Beschwerden angegeben. Magenschmerzen bestünden nicht, aber ständige Appetitlosigkeit (der Kläger wog bei 1,78 m Körpergröße 83 kg); wegen Sorgen um den Arbeitsplatz habe er Schlafstörungen. Der Kläger wurde aus der Rehabilitation (Reha) als arbeitsfähig für seine zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit als Staplerfahrer entlassen.

Der Orthopäde Dr. S. berichtete dem SG unter dem 10.05.2005, der Kläger sei bei ihm seit Februar 2004 in regelmäßiger Behandlung. Auf Grund der ausgeprägten Veränderungen im Bereich der HWS sei eine deutliche Leistungsminderung körperlich wie geistig nachvollziehbar. Der Kläger habe eine ausgeprägte Schmerzsymptomatik mit Spannungskopfschmerzen, eine Reduktion der Konzentrationsfähigkeit und körperlichen Leistungsfähigkeit. Hierzu komme ein Carpaltunnelsyndrom beidseits, dadurch sei er körperlich eingeschränkt und habe eine Schmerzsymptomatik in den Fingergelenken beidseits ausstrahlend in die Unter- und Oberarme beidseits. Es bestehe eine deutliche Bewegungseinschränkung der HWS konzentrisch zu 1/3, jedoch ohne sensomotorische Defizite. Über die vom Versorgungsamt festgestellten Behinderungen hinaus müsse das Carpaltunnelsyndrom beidseits berücksichtig werden, welches er mit einem Teil-GdB von 10 bemesse, so dass sich der Gesamt-GdB insgesamt von 30 auf 40 erhöhen müsse.

Der Urologe Dr. M. berichtete dem SG am 19.05.2005, er habe den Kläger bereits im Jahr 1999 wegen eines Nierensteinleidens behandelt und könne aufgrund alter Befundberichte sagen, dass er schon zuvor im Jahr 1996 wegen eines Nierensteinleidens mit damals spontanem Steinabgang behandelt worden sei. Der 1999 begonnene Auflösungsversuch sei nicht fortgesetzt worden, weil der Kläger dann nicht zur vereinbarten Kontrolle erschienen sei. Erst im März 2004 habe sich der Kläger wieder bei ihm vorgestellt. Die Diagnose habe eine Schrumpfniere links mit großem, teilweise verkalktem Stein ergeben. Nach Kontrolle habe er, Dr. M., eindringlich mehrmals ausführlich mit dem Kläger gesprochen und diesem immer wieder zu einer operativen Sanierung geraten. Der Kläger habe jedoch jede stationäre Behandlung mit der Begründung abgelehnt, er verliere seinen Arbeitsplatz, wenn er wieder eine Krankmeldung bringe. Ferner habe er abwarten wollen, bis er genügend Punkte bei der Beurteilung seines GdB durch das Versorgungsamt erreicht habe. Erst danach wolle er sich behandeln lassen, was frühestens Anfang 2005 möglich sei. Dr. M. ergänzte, er habe den Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er durch weiteres Abwarten seine linke Niere auf das Spiel setze, welche möglicherweise dann nicht mehr zu retten sei. Einen Untersuchungstermin im Januar 2005 habe der Kläger dann nicht eingehalten. Aufgrund der bestehenden einseitigen Schrumpfniere mit Nierenausgussstein und Ausscheidungsminderung dieser Niere sowie nach vorausgegangenen spontanen Steinabgängen und Infekten müsse von einem GdB von 30-50 ausgegangen werden, wozu sich noch die übrigen Teil-GdB addierten, welche jedoch nicht zu seinem Fachgebiet gehörten.

Der Internist und Kardiologe Dr. H. teilte dem SG am 20.05.2005 mit, beim Kläger sei im Januar 2004 eine Magenspiegelung durchgeführt worden, wobei sich ein weitgehend abgeheiltes Geschwür des Magens bei Magenschleimhautentzündung gezeigt habe. Diesbezüglich sei der Kläger dann vom Hausarzt weiterbehandelt worden. Infolge dessen könne keine Stellung dazu genommen werden, ob die Magenprobleme anhielten und Auswirkungen auf körperliche Funktionen des Klägers hätten. Darüber hinaus sei der Kläger im April 2005 wegen tiefer Beinvenenthrombose im Bereich des linken Oberschenkels und dem Bereich des linken Knies vorstellig geworden. Eine blutverdünnende Therapie sei eingeleitet worden, der Kläger müsse Stützstrümpfe tragen, um ein postthrombotisches Syndrom zu vermeiden. Die rezidivierenden tiefen Beinvenenthrombosen mit lebenslang notwendiger medikamentöser Behandlung und der Notwenigkeit Stützstrümpfe zu tragen, seien als zusätzliche Behinderung anzusehen.

Der Urologe Dr. F. berichtete dem SG am 13.06.2005, der Kläger befinde sich bei ihm seit Februar 2005 in ärztlicher Betreuung. Die Behandlung der Nierensteinerkrankung sei noch nicht abgeschlossen, auf eine Auflösung des Nierensteins nach Behandlung lasse sich jedoch aufgrund bildgebender Verfahren schließen und es könne mit einer baldigen Sanierung gerechnet werden. Bleibende Schäden seien durch die Erkrankung sowie Behandlung nicht zu erwarten.

Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 10.08.2005 ab. Es entschied, die angegriffenen Bescheide seien nicht rechtswidrig, weil der Kläger die Feststellung eines höheren GdB als 30 nicht beanspruchen könne. Die wesentlichen Behinderungen lägen auf orthopädisch-neurologischem Gebiet. Soweit der behandelnde Arzt Dr. S. einen Teil-GdB von 20 annehme, schließe sich das Gericht dieser Bewertung an und erhöhe den Teil-GdB auf 30 wegen des benannten Carpaltunnelsyndroms. Die rezidivierenden Thrombosen an den Beinen seien mit einem den Gesamt-GdB nicht erhöhenden Teil-GdB von 10 zu bewerten, dass gleiche gelte für das mittlerweile gebesserte Nierensteinleiden.

Der Kläger hat am 08.09.2005 Berufung gegen den am 16.08.2005 zugegangenen Gerichtsbescheid des SG eingelegt. Seiner Auffassung nach reichen die Feststellungen des SG nicht aus, um die Schwerbehinderteneigenschaft mit Gesamt-GdB von 50 auszuschließen. Aufgrund der widersprüchlichen Auskünfte der Urologen Dres. M. und F. hätte ein urologisches Gutachten von Amts wegen eingeholt werden müssen. Auch im Hinblick auf die beim Kläger festgestellte Thrombose bestehe weiterer Aufklärungsbedarf. Darüber hinaus habe sich sein Bandscheibenleiden verschlechtert.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 10.08.2005 und den Bescheid des Beklagten vom 05.05.2004 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 15.10.2004 und des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2004 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm einen Grad der Behinderung von mindestens 50 seit dem 18.02.2004 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Dr. B. ist in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 16.01.2007 für den Beklagten zu dem Ergebnis gelangt, weder die Erhöhung der Blutwerte des Cholesterins noch des Homocysteins könne nach den Anhaltspunkten als Behinderung bewertet werden, weil beide keine unmittelbaren Funktionseinschränkungen zur Folge hätten. Die Bewertung des Carpaltunnelsyndroms, der Magenschleimhautentzündung und des medikamentös eingestellten Bluthochdruckes jeweils mit GdB 10 sei korrekt. Da die HWS des Klägers nach allen Richtungen nur um 1/3 bewegungseingeschränkt sei, entspreche dies einer leichtgradigen Funktionseinbuße der HWS. Die Druck- und Klopfschmerzhaftigkeit im LWS-Bereich begründe nicht die Annahme einer höhergradigen Behinderung, die bisher getroffene Einschätzung mit einem GdB von 20 bei fehlenden neurologischen Ausfallerscheinungen sei daher angemessen. Der Einschätzung, dass bei dem postthrombotischen Syndrom links ein GdB von 20 anzunehmen sei, könne zugestimmt werden. Die Nierenfunktionseinschränkung sei dagegen nicht, wie von Prof. Dr. H. vorgeschlagen, mit einem GdB von 30 einzuschätzen. Entscheidend für die Beurteilung sei die Entgiftungsfunktion der Niere, die beim Kläger im Normbereich liege. Insoweit werde auf die AHP Nr. 26.12 hingewiesen, wonach sich hieraus allein kein GdB herleite. Der Nierenschaden sei stattdessen mit einem GdB von 10 korrekt durch den Beklagten erfasst. Das Vorliegen einer sog. "stummen Niere" sei durch Prof. Dr. H. nicht bei eigener Untersuchung festgestellt, sondern allein mit Hinweis auf den Befund des Urologen Dr. M. diagnostiziert worden. Dieser Befund sei nicht aktenkundig. Der Gutachter selbst habe weder Röntgenaufnahmen des Nierensystems, noch eine Ultraschalluntersuchung noch eine Funktionsprüfung der Niere im Seitenvergleich mit Nierenszintigraphie durchgeführt. Die von ihm auf Grundlage seiner Beurteilung getroffenen Schlussfolgerungen könnten daher nicht durch entsprechende Untersuchungsbefunde belegt werden. Deswegen könne auch der von ihm vorgeschlagene GdB für eine stumme Niere links nicht akzeptiert werden und es bleibe bei der bisherigen Einschätzung des Gesamt-GdB von 30.

Der Senat hat die behandelnden Ärzte des Klägers ergänzend schriftlich als sachverständige Zeugen befragt.

Der Internist Dr. H. hat dem Landessozialgericht am 26.10.2005 mitgeteilt, er könne keine weiteren Auskünfte geben, weil der Kläger sich bei ihm nicht mehr vorgestellt habe. Der Orthopäde Dr. S. hat unter dem 25.10.2005 mitgeteilt, der Befund des Klägers habe sich gegenüber seiner Stellungnahme vom 10.05.2005 nicht geändert. Der Kläger klage weiterhin über rezidivierende Beschwerden wie zuvor und habe sich in der Zwischenzeit in der Praxis mit gleicher Symptomatik vorgestellt. Der Urologe Dr. F. hat unter dem 10.11.2005 mitgeteilt, der Kläger sei nach mehreren, teils schmerzhaften Steinabgängen seit Juli 2005 beschwerdefrei. Im Oktober 2005 habe er sich noch einmal zur Kontrolle vorgestellt. Dabei habe er keinen eindeutigen Steinnachweis erbringen können und einen Seitenvergleich der Nieren durchgeführt. Es fänden sich fast seitengleiche Nieren ohne Größenminderung. Die von ihm durchgeführten Untersuchungen sprächen eher gegen die Annahme einer Funktionsminderung der Nieren. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit sehe er beim Kläger nicht, weil dieser im Hinblick auf die Steinerkrankung derzeit vollkommen beschwerdefrei sei. Der Urologe Dr. M. hat unter dem 10.01.2006 mitgeteilt, er habe den Kläger im ganzen Jahr 2005 nicht mehr gesehen.

Der Senat hat bei dem Internisten, Nephrologen und Umweltmediziner Prof. Dr. H. auf Antrag des Klägers gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten in Auftrag gegeben. In seinem Sachverständigengutachten vom 22.09.2006 diagnostiziert Prof. Dr. H. eine Nephrolithiasis links (rez.), stumme Niere links, Erythrozyturie, Albuminurie, postthrombotisches Syndrom, rez. Thrombosen, Varikosis bds. Unterschenkel rechts mehr als links, HWS-LWS-Syndrom bei Zustand nach Bandscheibenvorfall C6/C7 mit persistierendem Schmerzsyndrom, Carpaltunnelsyndrom bds., Antrum- und Corpus-Gastritis, arterielle Hypertonie, welche medikamentös nicht befriedigend eingestellt sei, Hypercholesterinämie und eine deutliche Homocystein-Erhöhung. Zur Harnsteinbildung heißt es, beim Kläger bestehe ein persistierendes Nierensteinleiden seit 1999 mit einer stummen Niere links bei Funktionsminderung mit großem Ausgussstein (insoweit wird auf den Bericht von Dr. M. vom 19.05.2005 verwiesen). In der Vorgeschichte sei eine Hyperurikämie nachgewiesen worden. Die Frage der Harnsteinbildung sei nicht abgeschlossen, beim Kläger bestünden rezidivierende Harnleiterkoliken. Dabei handele es sich nicht um einen Grenzbefund, sondern um einen eindeutig pathologischen Befund. Darüber hinaus sei beim Kläger zusätzlich zu den Vorbefunden die Erythrozyturie und Albuminurie als labordiagnostischer Nachweis einer persistierenden Entzündungsaktivität zu berücksichtigen. Weiter bestehe beim Kläger ein Zustand nach rez. tiefen Beinvenenthrombosen links, welche eine Marcumarbehandlung und Stützstrümpfe erforderlich machten. Das deutliche postthrombotische Syndrom nach rez. tiefen Beinvenenthrombosen sei abweichend zum Bescheid des Versorgungsamtes zu berücksichtigen. Außerdem sei der Nachweis einer deutlichen Homocysteinerhöhung gelungen. Diese sei ein eindeutiger Indikator für einen Entzündungsprozess. Darüber hinaus hat Prof. Dr. H. den orthopädischen Befund referiert. Seiner Auffassung nach ist die Nephrolithiasis links bei stummer Niere links mit Erythrozyturie und Albuminurie als schwer einzuschätzen und rechtfertige daher einen Teil-GdB von 30, der Zustand nach rez. tiefen Beinvenenthrombosen sowie das HWS- und LWS-Syndrom mit funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten mit persistierendem Schmerzsyndrom seien jeweils mittelschwer und rechtfertigten einen Teil-GdB von 20 respektive 30, dazu kämen als leichte Gesundheitsbeeinträchtigungen mit jeweils einem Teil-GdB von 10 das Karpaltunnelsyndrom, Antrum- und Corpus-Gastritis, arterielle Hypertonie und Hypercholesterinämie sowie eine als mittelschwer einzuschätzende Homocysteinerhöhung, welche ebenfalls mit einem Teil-GdB von 10 zu Buche schlage. Damit bestehe insgesamt ein GdB von 50. Weitere Begutachtungen seien nicht erforderlich.

Prof. Dr. H. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 28.06.2007 ausgeführt, beim Kläger liege ein persistierender und rezidivierender Verlauf des Nierensteinleidens mit Koliken und Intervallbeschwerden vor. Die Urin-Eiweißausscheidung sei pathologisch, eine Funktionseinschränkung bestehe nicht. Die Bewertung "stumme Niere" entfalle, die Bewertung im Gutachten vom 25.09.2006 werde aufrechterhalten. Beim Kläger liege ein Nierenleiden mit GdB 30 vor. Weiterhin bestehe Einvernehmen mit Dr. B., die Erhöhung des Cholesterins und des Homocysteins nicht zu bewerten.

Die Beteiligten haben auch die ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. H. zur Kenntnis genommen, der Beklagte hat eine vä Stellungnahme von Dr. W. beigefügt und beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und Akteninhaltes wird auf die beigezogene Akte des Beklagten und die sozialgerichtlichen Akten ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG) ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden und statthaft (§ 151 Abs. 1 und §§ 143, 144 SGG). Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft.

Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die Beurteilung des GdB sind seit dem 1. Juli 2001 die Vorschriften des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX), die an die Stelle der durch dieses Gesetz aufgehobenen Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) getreten sind (Artikel 63 und 68 SGB IX vom 19. Juni 2001, BGBl. I S. 1046).

Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen die für die Durchführung des BVG zuständigen Behörden ebenfalls die erforderlichen Feststellungen (§ 69 Abs. 4 SGB IX). Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die zuständigen Behörden auf Grund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den GdB sowie weitere gesundheitliche Merkmale aus (§ 69 Abs. 5 SGB IX).

Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 SGB IX). Aus dieser Definition folgt, dass für die Feststellung einer Behinderung sowie Einschätzung ihres Schweregrades nicht das Vorliegen eines regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes entscheidend ist, sondern es vielmehr auf die Funktionsstörungen ankommt, die durch einen regelwidrigen Zustand verursacht werden.

Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt, wobei eine Feststellung nur dann zu treffen ist, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt (§ 69 Abs. 1 Sätze 3 und 6 SGB IX). Die Feststellung des GdB oder eines Nachteilsausgleichs ist eine rechtliche Wertung von Tatsachen, die mit Hilfe von medizinischen Sachverständigen festzustellen sind. Dabei orientiert sich der Senat im Interesse der Gleichbehandlung aller Behinderten an den Bewertungsmaßstäben, wie sie in den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)", Ausgabe 2004 (AHP) niedergelegt sind (vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 15. März 1979 - 9 RVs 6/77 - BSGE 48, 82; BSG, Urteil vom 9. April 1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 7. November 2001 – B 9 SB 1/01 R - VersorgVerw 2002, 26). Die AHP haben zwar keine Normqualität, weil sie weder auf einem Gesetz noch auf einer Verordnung oder auch nur auf Verwaltungsvorschriften beruhen. Sie sind vielmehr als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen, die in der Praxis wie Richtlinien für die ärztliche Gutachtertätigkeit wirken. Sie haben deshalb normähnliche Auswirkungen und sind im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung wie untergesetzliche Normen von den Gerichten anzuwenden (BSG, Urteil vom 23. Juni 1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285, 286; BSG, Urteil vom 9. April 1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18. September 2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 91, 205; BSG, Urteil vom 29. August 1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1). In den AHP ist der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben. Sie ermöglichen somit eine für den behinderten Menschen nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB oder eines Nachteilsausgleichs. Die AHP stellen dabei ein einleuchtendes, abgewogenes und geschlossenes Beurteilungsgefüge dar (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R - SozR 3-3100 § 30 Nr. 22).

Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt (§ 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX). Dabei dürfen die einzelnen Werte bei der Ermittlung des Gesamt-GdB nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet (AHP, 19 Abs. 1, S. 24). Vielmehr ist darauf abzustellen, ob und wie sich die Auswirkungen von einzelnen Beeinträchtigungen einander verstärken, überschneiden oder aber auch gänzlich voneinander unabhängig sein können (BSG, Urteil vom 15. März 1979 - 9 RVs 6/77 - BSGE 48, 82; BSG, Urteil vom 9. April 1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19). Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB-Grad 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden (AHP, 19 Abs. 3, S. 25). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass, von Ausnahmefällen abgesehen, leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Einzel-GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte. Dies auch nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (AHP, 19 Abs. 4, S. 26).

Hiervon ausgehend gelangt der Senat nach eigener Überprüfung mit dem SG zur Überzeugung, dass der Kläger nicht schwerbehindert ist.

In Übereinstimmung mit dem Beklagten steht für den Senat fest, dass beim Kläger ein GdB von 30 vorliegt. Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und der Bandscheibenschaden sind mit einem Teil-GdB von 20 und als weitere Leiden der Bluthochdruck, das Nierensteinleiden und die chronische Magenschleimhautentzündung des Klägers mit einem Teil-GdB von jeweils 10 zu bewerten.

Von der im Berufungsverfahren geltend gemachten Verschlechterung des Wirbelsäulenleidens konnte sich der Senat nach weiterer Aufklärung des Sachverhalts nicht überzeugen, denn der behandelnde Orthopäde Dr. S. hat dem Senat auf Nachfrage mitgeteilt, der Gesundheitszustand des Klägers sei unverändert und dieser stelle sich weiter bei gleicher Symptomatik mit rezidivierenden Beschwerden in der Praxis vor. Der GdB für angeborene und erworbene Schäden an der Wirbelsäule wird nach Nr. 26.18 der AHP entscheidend durch die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen wie Bewegungsbehinderung und Minderbelastung und ggf. die Mitbeteiligung anderer Organsysteme bestimmt. Bewegungseinschränkung, Wirbelsäulenverformung und Wirbelsäuleninstabilität sowie die Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte sind zu berücksichtigen. Die üblicherweise dabei auftretenden Beschwerden wie Schmerzen sind dabei in die GdB-Werte einberechnet. Mittelgradige funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt, wie an der HWS des Klägers, rechtfertigen dabei einen GdB von 20. Ein höherer GdB würde schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) erfordern - dieses Ausmaß des Rückenleidens wird weder von Kläger selbst vorgetragen noch von seinem behandelnden Orthopäden Dr. S. dokumentiert. Zwar hat Dr. S. rezidivierende Halswirbelsäulenbeschwerden bei ausgeprägter Schmerzsymptomatik beschrieben. Die Bewegungseinschränkung der HWS beträgt nach seinen Darlegungen aber nur ein Drittel und der Kläger hat keine sensomotorischen Ausfälle, infolgedessen hatte Dr. S. als behandelnder Arzt des Klägers den vom Beklagten bemessenen Teil-GdB von 20 für dessen Rückenleiden auch als zutreffend bewertet. Der Entlassbericht aus der Reha-Klinik S. aus dem Jahr 2004 stützt mit der Diagnose eines Zervikobrachialsyndroms bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen diesen Befund. Mittelgradige bis schwere Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten, die nach den AHP einen GdB von 30-40 rechtfertigten, konnte der Senat trotz der in der Vergangenheit aufgetretenen Lumbalgien des Klägers nicht feststellen. Denn im Lumbalbereich hatte der Kläger bei den Untersuchungen in der Reha nur geringe Beschwerden angegeben, Bandscheibenvorfälle oder eine Verschmälerung des Zwischenwirbelraumes im LWS-Bereich werden nicht beschrieben, so dass insoweit nur von leichten funktionellen Auswirkungen auszugehen ist. Dem entspricht auch die Leistungseinschätzung im Reha-Entlassbericht, in welchem davon ausgegangen wird, dass der Kläger seine rückenbelastende Tätigkeit als Staplerfahrer weiter ausüben könne. Der Senat folgt der anderslautenden Auffassung des Prof. Dr. H., der als Internist und Nephrologe insoweit ohnehin fachfremd urteilt, deswegen nicht. Das von Dr. S. darüber hinaus beschriebene, beim Kläger unstreitig vorliegende Carpaltunnelsyndrom, welches das SG zur Erhöhung des GdB für orthopädische Beschwerden veranlasst hatte, ist in Übereinstimmung mit dem Beklagten mit einem Teil-GdB von 10 zu bewerten.

Der Bluthochdruck des Klägers wird vom behandelnden Hausarzt S. und durch den Entlassbericht aus der Reha bestätigt; der Beklagte hat diesen mit einem Teil-GdB von 10 bewertet. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Einschätzung unzutreffend wäre, was auch vom Kläger nicht behauptet wird. Das Magenleiden des Klägers, welches den Beklagten zur Bemessung eines Teil-GdB von 10 veranlasst hat, ist nach der Auffassung des Senats ebenfalls mit einem Teil-GdB von 10 angemessen berücksichtigt worden. Das durch eine bakterielle Infektion ausgelöste Magengeschwür wurde zwar ausgeräumt und erfolgreich medikamentös nachbehandelt und ein weiteres Ulcus ist mittlerweile ebenfalls abgeheilt, so dass der behandelnde Internist Dr. H. keine weiteren Behandlungen mehr verzeichnet hat, die vom Hausarzt behandelte chronische Magenschleimhautentzündung ist dem Kläger jedoch verblieben. Da die AHP bei Magenkrankheiten mit Rezidiven in Abständen von zwei bis drei Jahren ohne Beeinträchtigung des Ernährungs- und Kräftezustands einen GdB von 0-10 vorsehen und der Kläger bei der Ausheilung jeweils nach wie vor übergewichtig war, erscheint der vom Beklagten angenommene Teil-GdB von 10 zutreffend. Im Gegensatz zur Auffassung von Prof. Dr. H. können die beim Kläger vorliegende Hypercholesterinämie und die Homocysteinerhöhung als reine Blutwerte ohne damit einhergehende Funktionsbeeinträchtigungen oder Beschwerden keinen über die Magenerkrankung hinaus gehenden GdB rechtfertigen; mit dem Beklagten ist insoweit auch auf die AHP zu verweisen, die hierfür keinen Einzel-GdB ausweisen.

Das von Prof. Dr. H. beschriebene postthrombotische Syndrom bzw. der von mehreren am Verfahren beteiligten Ärzten verzeichnete Zustand des Klägers nach tiefen Beinvenenthrombosen kann nach Auffassung des Senats zu keiner messbaren Erhöhung des GdB führen. Die vom Kläger im April 2002 erlittene Venenthrombose war bereits bei der Nachuntersuchung im Dezember 2002 ausgeheilt. Der Verschluss wurde vom Hausarzt als vollständig restituiert beschrieben. Die im Entlassbericht aus der Reha benannte Varikosis beider Beine bei Zustand nach Unterschenkelthrombose macht es zwar notwendig, dass der Kläger Stützstrümpfe trägt und mit Marcumar behandelt wird, der Kläger selbst hat aber bei Befragen nach seinen Beschwerden in der Reha-Klinik S. keine für Gefäßkrankheiten typischen Funktionsbeeinträchtigungen wie Missempfindungen in den unteren Extremitäten, Stauungsbeschwerden, Geschwüre oder Gehstörungen benannt. Bei ausreichender Restdurchblutung ohne Beschwerden ist nach den AHP kein GdB zu vergeben, weil Funktionsbeeinträchtigungen, Schmerz oder Beschwerden sonstiger Art nicht bestehen. Der von Prof. Dr. H. vorgesehene Teil-GdB von 20 lässt sich danach nicht rechtfertigen. Das Nierensteinleiden des Klägers wurde vom Beklagten ebenfalls zutreffend mit einem Teil-GdB von 10 bewertet. Die Beurteilung des GdB-Grades bei Schäden der Harnorgane richtet sich nach dem Ausmaß der Störungen der inkretorischen und exkretorischen Nierenfunktion und/oder des Harntransports. Beschränkungen in der Lebensführung sind zu berücksichtigen (Nr. 26.12. der AHP). Nierensteinleiden ohne Funktionseinschränkungen der Niere mit Koliken in Abständen von mehreren Monaten werden nach den AHP mit einem GdB von 0 bis 10 und erst bei häufigeren Koliken, Intervallbeschwerden und wiederholten Harnwegsinfekten mit einem GdB von 20-30 bewertet. Im vorliegenden Fall leidet der Kläger unbestritten unter rezidivierenden Nierensteinen. Der Urologe Dr. M. verfügte insoweit über Befundberichte seit dem Jahr 1996, als der Kläger erstmals einen Nierenstein hatte, der unter Schmerzen abging. Der Kläger litt nach den Auskünften der Urologen Dres. M. und F. seit 1999 unter einem Nierensteinrezidiv, das erst 2005 erfolgreich behandelt werden konnte. Diese überlange Behandlungsdauer war aber im wesentlichen der Tatsache geschuldet, dass der Kläger aus nicht-medizinischen Gründen die notwendige Behandlung bei Dr. M. verweigerte; seitdem er hingegen im Jahr 2005 bei Dr. F. in Behandlung war, konnten die Nierensteine binnen weniger Monate aufgelöst werden, so dass der Kläger ausweislich seines behandelnden Urologen Dr. F. nunmehr beschwerdefrei ist. Die von Dr. M. aufgrund der Untersuchung im Jahr 2004 befürchteten zukünftigen Dauerschäden sind nach Angaben des behandelnden Urologen Dr. F. dabei nicht eingetreten und die damals von Dr. M. diagnostizierte Schrumpfung der linken Niere hat sich bei Dr. F. entweder als Fehldiagnose oder vollständige Erholung der linken Niere erwiesen, denn die Nieren des Klägers sind nunmehr in der Kontrolluntersuchung bei Dr. F. seitengleich groß gewesen. Der Senat legt, nachdem Dr. F. die neueren Befunde über das Nierensteinleiden des Klägers beisteuern konnte, diese anstelle der älteren und inzwischen überholten Befunde von Dr. M. seiner Beurteilung zugrunde. Dem Gutachten von Prof. Dr. H. vom 22.09.2006, der eine Stumme Niere links bei Funktionsminderung mit großem Ausgussstein und rezidivierende Harnleiterkoliken diagnostiziert hatte und wegen schwerer Nephrolithiasis links, stummer Niere links, Erythrozyturie und Albuminurie eine Teil-GdB von 30 angenommen hatte, folgt der Senat dagegen nicht. Es ist unklar, woraus der Sachverständige zunächst den Schluss zog, dass die linke Niere des Klägers funktionslos sei. Der behandelnde Urologe Dr. F. hat keine Funktionsminderung (mehr) bestätigen können. Der von Prof. Dr. H. gegebene Hinweis auf einen Befund von Dr. M. erklärt sich nicht, denn Dr. M. hatte zwar eine Schrumpfniere, nicht aber eine stumme Niere benannt und außerdem sind dessen Befunde nach dem Arztwechsel des Klägers zu Dr. F. überholt. Der Verweis von Prof. Dr. H. auf Dr. M. lässt zudem daran zweifeln, dass eigene Untersuchungen diesen Befund stützen. Angaben dazu fehlen nämlich im Gutachten von Prof. Dr. H ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 25.09.2006 trotz der nach Nr. 26.12 der AHP geforderten speziellen Untersuchungen zu eventuellen Nierenfunktionsstörungen offenbar weder eine Röntgenaufnahme der beiden Nieren zum Seitenvergleich, noch eine diesbezügliche Ultraschalluntersuchung durchgeführt. Eine Nierenszintigraphie zum Seitenvergleich fehlt ebenso. Mit dem Beklagten ist daher zu bemängeln, dass die von Prof. Dr. H. gezogenen Schlussfolgerungen nicht durch entsprechende Untersuchungsbefunde belegt sind. Auf die Einwände des Beklagten gegen sein Gutachten hat der Sachverständige Prof. Dr. H. mit ergänzender Stellungnahme vom 28.06.2007 den Befund einer stummen Niere zwar aufgegeben und eingeräumt, dass keine Funktionseinschränkung des Organs bestehe, an seiner Bewertung aber dennoch festgehalten, weil beim Kläger ein rezidivierender Verlauf mit Koliken und Intervallbeschwerden bestehe. Abgesehen davon, dass der Sachverständige damit einräumt, sich hinsichtlich der Diagnose einer stummen Niere und einer Funktionseinbuße der Niere geirrt zu haben, können die weit auseinanderliegenden Rezidive aus den bereits o.g. Gründen keinen GdB von 30 rechtfertigen; insoweit ist der vä Stellungnahme des Dr. W. für den Beklagten zuzustimmen. Die für die Bemessung des GdB nach den AHP entscheidende Funktionseinbuße ist auch nach der revidierten Auffassung des Sachverständigen Prof. Dr. H. ausdrücklich nicht gegeben. Dazu kommt, wie auch Dr. B. für den Beklagten betont, dass die Labordaten für Harnstoff und Harnsäure mit 31 mg/dl und 6,1 mg/dl (normal 10-50 mg/dl und 3,5 bis 7,0 mg/dl) und die Filtrationsrate von 75,2 ml/min (normal über 69 ml/min) im von Prof. Dr. H. in dessen Gutachten als Vergleichsmaßstab benannten Normbereich liegen, was ebenfalls gegen die von ihm angenommene massive Funktionseinschränkung der linken Niere als stummer Niere spricht. Der Serumkreatininwert, der nach den AHP entscheidend für die Nierenfunktionseinschränkung ist, ist mit 1,1 mg/dl ebenfalls durchschnittlich (normal Werte unter 1,2 mg/dl). Erhöht sind nur die Eiweiß- und Cholesterinwerte, das Homocystein und die vermehrten Erythrozyten, alle anderen Werte sind normal. Ausscheidung von Eiweiß im Urin (Proteinurie) kann ein Zeichen für eine Nierenerkrankung sein, ist aber unspezifisch. Ein zu hoher Cholesterinwert spiegelt durch Fehlernährung oder familiäre Veranlagung bedingte zu hohe Blutfettwerte wider, was mit der Nierenfunktion aber nichts zu tun hat. Wenn sich Prof. Dr. H. zur Begründung seiner Auffassung, dass die Nierenerkrankung des Klägers mit einem Teil-GdB von 30 zu bewerten sei, also auf die gemessenen Laborwerte bezieht, kann dem aus den oben genannten Gründen daher nicht gefolgt werden.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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