Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 Kg 17/62
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 8. August 1962 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die dem Kläger entstandenen aussergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der kinderlose, bei einer amerikanischen Dienststelle beschäftigte Kläger nahm am 16. Dezember 1960 unehelich geborene Zwillinge an Kindesstatt an. Die Mutter der Kinder ist als Arbeitnehmerin bei der Stadt B. beschäftigt. Am 23. August 1961 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Zweitkindergeld. Nach einer Verdienstbescheinigung vom 23. August 1962 beträgt sein Bruttoeinkommen DM 6.772,46 jährlich. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 10. November 1961 ab, weil die Mutter der Kinder Arbeitnehmerin einer Gemeinde sei, so dass gemäss § 3 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Gewährung von Kindergeld für zweite Kinder und die Errichtung einer Kindergeldkasse vom 16. Juli 1961 (BGBl. I S. 1001) –KGKG– kein Anspruch auf das Zweitkindergeld zustehe.
Nachdem seinem hiergegen eingelegten Widerspruch mit Bescheid vom 17. November 1961 nicht abgeholfen worden war, erhob der Kläger bei dem Sozialgericht Frankfurt a.M. Klage. Mit Urteil vom 8. August 1961 auf und verurteilte die Beklagte, dem Kläger das Zweitkindergeld zu zahlen. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, an Kinderstatt angenommene Kinder schieden aus dem Kindschaftsverhältnis zu ihren leiblichen Eltern aus. Durch die Ausnahme an Kindesstatt werde ein neues Kindschaftsverhältnis zu dem Annehmenden begründet, so dass die vom Kläger an Kindesstatt angenommenen Kinder in Verhältnis zu ihrer leiblichen Mutter nicht mehr als Kinder im Sinne des § 3 KGKG anzusehen seien. Eine andere Beurteilung wurde auch dem Sinn und Zweck der Kindergeldgesetzgebung widersprechen.
Gegen das ihr am 21. August 1962 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 14. September 1962 Berufung eingelegt. Sie führt u.a. aus, die vom Sozialgericht vertretene Auffassung, an Kinderstatt angenommene Kinder könnten im Verhältnis zur leiblichen Mutter nicht mehr als Kinder im Sinne des § 3 KGKG angesehen werden, sei rechtsirrig. Adoptierte Kinder seien weiterhin im Verhältnis zu ihren leiblichen Eltern Kinder im Sinne der Kindergeldgesetzgebung, so dass im vorliegenden Fall § 3 Abs. 1 Nr. 2 KGKG dem Anspruch des Klägers entgegenstehe. Diese Regelung sei zwar im Ergebnis unbefriedigend, jedoch nach dem eindeutigen Gesetzwortlaut nicht zu umgehen.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 8. August 1962 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bezieht sich auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten und der Gerichtsakten, der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde, wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.
Der erkennende Senat hat das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt a.M. zwar im Ergebnis, jedoch mit abweichender Begründung bestätigt.
Unter den Beteiligten besteht nur Streit darüber, ob dem Anspruch des Klägers auf das Zweitkindergeld die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 KGKG entgegensteht. Im übrigen erfüllt der Kläger, der 2 Kinder adoptiert hat und dessen Einkommen die im § 1 KGKG bestimmte Grenze nicht übersteigt, die hierfür erforderlichen Voraussetzungen.
Die Beklagte geht zutreffend davon aus, dass die beiden vom Kläger adoptierten Kinder weiterhin "Kinder” ihrer unehelichen Mutter im Sinne des § 3 KGKG sind. Da die Kindesmutter Arbeitnehmerin einer Gemeinde ist, würde der Kläger somit bei wörtlicher Anwendung dieser Bestimmung keinen Anspruch auf das Zweitkindergeld haben. Die Auffassung des Sozialgerichts, durch die Ausnahme an Kinderstatt werde das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern aufgelöst, so dass § 3 KGKG den Anspruch des Klägers nicht entgegenstehe, ist rechtsirrig. Vielmehr werden die auf der natürlichen Verwandtschaft beruhenden rechtlichen Beziehungen zwischen dem Kind und seinen Verwandten durch die Ausnahme an Kindesstatt grundsätzlich nicht berührt; das Adoptivkind tritt auch nicht in die Familie des Annehmenden ein (§ 1763, 1764 BGB). So wird z.B. durch die Adoption auch das Erbrecht des Kindes gegenüber seinen eigenen Verwandten nicht beseitigt. Es ist nach wie vor Kind (Abkömmling) im Sinne des § 1924 BGB. Auch im Sinne der Kindergeldgesetzgebung scheiden entgegen der Auffassung des Sozialgerichts adoptierte Kinder nicht aus dem Kindschaftsverhältnis zu ihren leiblichen Eltern aus. Denn die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Gewährung von Kindergeld und die Errichtung von Familienausgleichskassen (Kindergeldgesetz) vom 13. November 1954 (BGBl. I S. 333) – KGG–, wonach den Adoptiv- und Pflegeeltern der Anspruch auf Kindergeld zusteht, setzt voraus, dass neben ihnen auch die leiblichen Eltern die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld erfüllen, die Adoptiv- und Pflegekinder also nach wie vor ihre "Kinder” im Sinne der Kindergeldgesetzgebung sind. Die vom Kläger an Kindesstatt angenommenen Kinder sind also nach wie vor "Kinder” im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 KGG und daher auch im Sinne des § 3 KGKG. Denn diesem Gesetz liegt der gleiche Kindschaftsbegriff zugrunde wie dem Kindergeldgesetz. (vgl. § 7 KGKG). Nach Auffassung des erkennenden Senats steht § 3 Abs. 1 Nr. 2 KGKG dem Anspruch des Klägers auf Zweitkindergeld aber aus folgenden Gründen nicht entgegen.
Der Gesetzgeber wollte mit der Bestimmung des § 3 Abs. 1 KGKG einen Anspruch auf Zweitkindergeld ausschliessen, wenn die Eltern Bedienstete der öffentlichen Verwaltung sind. Denn in diesen Fällen wird vom Bund, einem Land, einer Gemeinde oder einer sonstigen Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts bereits ein Kindergeldzuschuss gezahlt. Die Bestimmung des § 3 Abs. 1 KGKG ist in ähnlicher Form bereits in § 3 Abs. 2 KGG enthalten. Hierzu hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung zutreffend die Auffassung vertreten, die Fassung des § 3 Abs. 2 KGG sei bewusst nur dann entfällt, wenn der Antragsteller selbst zu den dort aufgeführten Gruppen gehört, sondern auch, wenn dies bei irgend einer anderen Person zutrifft, zu der das Kind in einem Kindschaftsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 KGG steht (vgl. Stellungnahme vom 6. April 1960 – III b 3 – 555/60, Bl. 19 f. der Verfahrensakte). Nach der allgemein gehaltenen Fassung der §§ 3 Abs. 2 KGG und § 3 Abs. 1 KGKG soll auch einer anderen Person kein Kindergeld für das Kind eines öffentlichen Bediensteten zustehen. Der Gesetzgeber glaubte offensichtlich, dass mit dieser Regelung eine Gleichstellung der Kinder öffentlicher Bediensteter mit den Kindern anderer Personen erfolgt sei. Er hat jedoch übersehen, dass dies nicht der Fall ist, wenn das Kind eines öffentlichen Bediensteten von einer Person adoptiert wird, die nicht in einem öffentlichen Dienstverhältnis steht. Nach den einschlägigen beamtenrechtlichen Bestimmungen wird nämlich für ein Kind, dass von einer anderen Person als dem Ehegatten des Beamten an Kindesstatt angenommen worden ist, kein Kindergeld gezahlt (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 2 des Bundesbesoldungsgesetzes vom 27. Juli 1957, BGBl I S. 993; § 18 Abs. 1 Satz 3 des Hess. Besoldungsgesetzes vom 21. Dezember 1957, GBBl. S. 177). Ähnliche Regelungen sind in den Tarifverträgen für die übrigen Bediensteten des öffentlichen Dienstes enthalten. Nach § 41 des Manteltarifvertrages für Arbeiter der Länder vom 14. Januar 1959 sind Kinderzuschläge nach den für Beamten geltenden Vorschriften zu zahlen, desgleichen nach § 2 des Tarifvertrages über Kinderzuschläge für Arbeiter der Gemeinden vom 28. Juli 1958.
Wendet man § 3 Abs. 1 KGG auf Fälle der vorliegenden Art an, so bedeutet dies, dass die leiblichen Eltern adoptierter Kinder keinen Kinderzuschlag von ihrem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber erhalten, weil dem gesetzliche bzw. tarifrechtliche Bestimmungen entgegenstehen, und den Adoptiveltern kein Kindergeld wegen den Bestimmungen des § 3 Abs. 2 KGG bzw. § 3 Abs. 1 KGKG gewährt werden kann. Dieses Ergebnis ist nicht nur "unbefriedigend”, wie die Beklagte meint, sondern mit dem Sinn der Kindergeldgesetzgebung schlechthin unvereinbar.
Dieser Sinn kommt in den §§ 2, 3 KGG deutlich zum Ausdruck. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 KGG in Verbindung mit § 7 KGKG ist auch für adoptierte zweite Kinder Kindergeld zu zahlen. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 KGG steht bei einer Anspruchskonkurrenz zwischen leiblichen Eltern und Adoptiveltern letzteren der Kindergeldanspruch zu. Zwar hat die uneheliche Mutter der adoptierten Kinder des Klägers keinen Anspruch auf das Kindergeld nach dem KGKG wegen der Bestimmung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 KGKG. Der Grundgedanke des § 3 Abs. 1 Nr. 2 KGG – diese Bestimmung gilt nach § 7 KGKG für das Zweitkind entsprechend – ist aber, dass die Adoptiveltern beim Bezug des Kindergeldes bevorzugt werden sollen, weil sie vor den leiblichen Verwandten des Kindes zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet sind (§ 1766 BGB). Es liegt also eine Gesetzeslücke vor, weil der Grundsatz, wonach auch für jedes adoptierte zweite Kind Kindergeld zu zahlen ist, wenn das Einkommen der Adoptiveltern DM 7.200,– jährlich nicht übersteigt, keinen gesetzlichen Niederschlag für den Fall gefunden hat, dass die leiblichen Eltern öffentliche Bedienstete sind. Der Gesetzgeber hat diese Möglichkeit offensichtlich übersehen. Die in den §§ 3 KGG und KGKG enthaltene Regelung zwingt nicht zu der Schlussfolgerung, der Gesetzgeber habe bewusst für solche Kinder das Kindergeld und den von einem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber zu zahlenden Kinderzuschlag versagen wollen. Das ergibt sich auch daraus, dass in den "Entwurf eines Bundeskindergeldgesetzes” (Bundesrats-Drucksache 344/63) in § 7, der die Regelungen der §§ 3 Abs. 1 KGKG, 3 Abs. 2 KGG enthält, eine Bestimmung eingefügt worden ist, derzufolge ein Anspruch auf Kindergeld besteht, wenn die Voraussetzungen nicht erfüllt sind, unter denen nach den besoldungsrechtlichen Vorschriften Kinderzuschläge gewährt werden.
In Wirklichkeit liegt nur eine Rechtslücke vor, deren Ausfüllung zu den legitimen Aufgaben der Gerichte gehört, die zur Fortbildung der Rechte ermächtigt sind (vgl. § 43 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –: Urteil des BSG vom 20. Dezember 1957, 3 RK 61/57). Nach den obigen Ausführungen kann diese Rechtsfortbildung nur dahin erfolgen, dass ein Anspruch auf Zweitkindergeld auch für adoptierte Kinder begründet wird, deren leibliche Eltern öffentliche Bedienstete sind. Jede andere Regelung würde gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Grundsatz) verstossen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Beklagte hat die dem Kläger entstandenen aussergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der kinderlose, bei einer amerikanischen Dienststelle beschäftigte Kläger nahm am 16. Dezember 1960 unehelich geborene Zwillinge an Kindesstatt an. Die Mutter der Kinder ist als Arbeitnehmerin bei der Stadt B. beschäftigt. Am 23. August 1961 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Zweitkindergeld. Nach einer Verdienstbescheinigung vom 23. August 1962 beträgt sein Bruttoeinkommen DM 6.772,46 jährlich. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 10. November 1961 ab, weil die Mutter der Kinder Arbeitnehmerin einer Gemeinde sei, so dass gemäss § 3 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Gewährung von Kindergeld für zweite Kinder und die Errichtung einer Kindergeldkasse vom 16. Juli 1961 (BGBl. I S. 1001) –KGKG– kein Anspruch auf das Zweitkindergeld zustehe.
Nachdem seinem hiergegen eingelegten Widerspruch mit Bescheid vom 17. November 1961 nicht abgeholfen worden war, erhob der Kläger bei dem Sozialgericht Frankfurt a.M. Klage. Mit Urteil vom 8. August 1961 auf und verurteilte die Beklagte, dem Kläger das Zweitkindergeld zu zahlen. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, an Kinderstatt angenommene Kinder schieden aus dem Kindschaftsverhältnis zu ihren leiblichen Eltern aus. Durch die Ausnahme an Kindesstatt werde ein neues Kindschaftsverhältnis zu dem Annehmenden begründet, so dass die vom Kläger an Kindesstatt angenommenen Kinder in Verhältnis zu ihrer leiblichen Mutter nicht mehr als Kinder im Sinne des § 3 KGKG anzusehen seien. Eine andere Beurteilung wurde auch dem Sinn und Zweck der Kindergeldgesetzgebung widersprechen.
Gegen das ihr am 21. August 1962 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 14. September 1962 Berufung eingelegt. Sie führt u.a. aus, die vom Sozialgericht vertretene Auffassung, an Kinderstatt angenommene Kinder könnten im Verhältnis zur leiblichen Mutter nicht mehr als Kinder im Sinne des § 3 KGKG angesehen werden, sei rechtsirrig. Adoptierte Kinder seien weiterhin im Verhältnis zu ihren leiblichen Eltern Kinder im Sinne der Kindergeldgesetzgebung, so dass im vorliegenden Fall § 3 Abs. 1 Nr. 2 KGKG dem Anspruch des Klägers entgegenstehe. Diese Regelung sei zwar im Ergebnis unbefriedigend, jedoch nach dem eindeutigen Gesetzwortlaut nicht zu umgehen.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 8. August 1962 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bezieht sich auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten und der Gerichtsakten, der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde, wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.
Der erkennende Senat hat das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt a.M. zwar im Ergebnis, jedoch mit abweichender Begründung bestätigt.
Unter den Beteiligten besteht nur Streit darüber, ob dem Anspruch des Klägers auf das Zweitkindergeld die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 KGKG entgegensteht. Im übrigen erfüllt der Kläger, der 2 Kinder adoptiert hat und dessen Einkommen die im § 1 KGKG bestimmte Grenze nicht übersteigt, die hierfür erforderlichen Voraussetzungen.
Die Beklagte geht zutreffend davon aus, dass die beiden vom Kläger adoptierten Kinder weiterhin "Kinder” ihrer unehelichen Mutter im Sinne des § 3 KGKG sind. Da die Kindesmutter Arbeitnehmerin einer Gemeinde ist, würde der Kläger somit bei wörtlicher Anwendung dieser Bestimmung keinen Anspruch auf das Zweitkindergeld haben. Die Auffassung des Sozialgerichts, durch die Ausnahme an Kinderstatt werde das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern aufgelöst, so dass § 3 KGKG den Anspruch des Klägers nicht entgegenstehe, ist rechtsirrig. Vielmehr werden die auf der natürlichen Verwandtschaft beruhenden rechtlichen Beziehungen zwischen dem Kind und seinen Verwandten durch die Ausnahme an Kindesstatt grundsätzlich nicht berührt; das Adoptivkind tritt auch nicht in die Familie des Annehmenden ein (§ 1763, 1764 BGB). So wird z.B. durch die Adoption auch das Erbrecht des Kindes gegenüber seinen eigenen Verwandten nicht beseitigt. Es ist nach wie vor Kind (Abkömmling) im Sinne des § 1924 BGB. Auch im Sinne der Kindergeldgesetzgebung scheiden entgegen der Auffassung des Sozialgerichts adoptierte Kinder nicht aus dem Kindschaftsverhältnis zu ihren leiblichen Eltern aus. Denn die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Gewährung von Kindergeld und die Errichtung von Familienausgleichskassen (Kindergeldgesetz) vom 13. November 1954 (BGBl. I S. 333) – KGG–, wonach den Adoptiv- und Pflegeeltern der Anspruch auf Kindergeld zusteht, setzt voraus, dass neben ihnen auch die leiblichen Eltern die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld erfüllen, die Adoptiv- und Pflegekinder also nach wie vor ihre "Kinder” im Sinne der Kindergeldgesetzgebung sind. Die vom Kläger an Kindesstatt angenommenen Kinder sind also nach wie vor "Kinder” im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 KGG und daher auch im Sinne des § 3 KGKG. Denn diesem Gesetz liegt der gleiche Kindschaftsbegriff zugrunde wie dem Kindergeldgesetz. (vgl. § 7 KGKG). Nach Auffassung des erkennenden Senats steht § 3 Abs. 1 Nr. 2 KGKG dem Anspruch des Klägers auf Zweitkindergeld aber aus folgenden Gründen nicht entgegen.
Der Gesetzgeber wollte mit der Bestimmung des § 3 Abs. 1 KGKG einen Anspruch auf Zweitkindergeld ausschliessen, wenn die Eltern Bedienstete der öffentlichen Verwaltung sind. Denn in diesen Fällen wird vom Bund, einem Land, einer Gemeinde oder einer sonstigen Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts bereits ein Kindergeldzuschuss gezahlt. Die Bestimmung des § 3 Abs. 1 KGKG ist in ähnlicher Form bereits in § 3 Abs. 2 KGG enthalten. Hierzu hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung zutreffend die Auffassung vertreten, die Fassung des § 3 Abs. 2 KGG sei bewusst nur dann entfällt, wenn der Antragsteller selbst zu den dort aufgeführten Gruppen gehört, sondern auch, wenn dies bei irgend einer anderen Person zutrifft, zu der das Kind in einem Kindschaftsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 KGG steht (vgl. Stellungnahme vom 6. April 1960 – III b 3 – 555/60, Bl. 19 f. der Verfahrensakte). Nach der allgemein gehaltenen Fassung der §§ 3 Abs. 2 KGG und § 3 Abs. 1 KGKG soll auch einer anderen Person kein Kindergeld für das Kind eines öffentlichen Bediensteten zustehen. Der Gesetzgeber glaubte offensichtlich, dass mit dieser Regelung eine Gleichstellung der Kinder öffentlicher Bediensteter mit den Kindern anderer Personen erfolgt sei. Er hat jedoch übersehen, dass dies nicht der Fall ist, wenn das Kind eines öffentlichen Bediensteten von einer Person adoptiert wird, die nicht in einem öffentlichen Dienstverhältnis steht. Nach den einschlägigen beamtenrechtlichen Bestimmungen wird nämlich für ein Kind, dass von einer anderen Person als dem Ehegatten des Beamten an Kindesstatt angenommen worden ist, kein Kindergeld gezahlt (vgl. § 18 Abs. 1 Satz 2 des Bundesbesoldungsgesetzes vom 27. Juli 1957, BGBl I S. 993; § 18 Abs. 1 Satz 3 des Hess. Besoldungsgesetzes vom 21. Dezember 1957, GBBl. S. 177). Ähnliche Regelungen sind in den Tarifverträgen für die übrigen Bediensteten des öffentlichen Dienstes enthalten. Nach § 41 des Manteltarifvertrages für Arbeiter der Länder vom 14. Januar 1959 sind Kinderzuschläge nach den für Beamten geltenden Vorschriften zu zahlen, desgleichen nach § 2 des Tarifvertrages über Kinderzuschläge für Arbeiter der Gemeinden vom 28. Juli 1958.
Wendet man § 3 Abs. 1 KGG auf Fälle der vorliegenden Art an, so bedeutet dies, dass die leiblichen Eltern adoptierter Kinder keinen Kinderzuschlag von ihrem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber erhalten, weil dem gesetzliche bzw. tarifrechtliche Bestimmungen entgegenstehen, und den Adoptiveltern kein Kindergeld wegen den Bestimmungen des § 3 Abs. 2 KGG bzw. § 3 Abs. 1 KGKG gewährt werden kann. Dieses Ergebnis ist nicht nur "unbefriedigend”, wie die Beklagte meint, sondern mit dem Sinn der Kindergeldgesetzgebung schlechthin unvereinbar.
Dieser Sinn kommt in den §§ 2, 3 KGG deutlich zum Ausdruck. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 KGG in Verbindung mit § 7 KGKG ist auch für adoptierte zweite Kinder Kindergeld zu zahlen. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 KGG steht bei einer Anspruchskonkurrenz zwischen leiblichen Eltern und Adoptiveltern letzteren der Kindergeldanspruch zu. Zwar hat die uneheliche Mutter der adoptierten Kinder des Klägers keinen Anspruch auf das Kindergeld nach dem KGKG wegen der Bestimmung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 KGKG. Der Grundgedanke des § 3 Abs. 1 Nr. 2 KGG – diese Bestimmung gilt nach § 7 KGKG für das Zweitkind entsprechend – ist aber, dass die Adoptiveltern beim Bezug des Kindergeldes bevorzugt werden sollen, weil sie vor den leiblichen Verwandten des Kindes zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet sind (§ 1766 BGB). Es liegt also eine Gesetzeslücke vor, weil der Grundsatz, wonach auch für jedes adoptierte zweite Kind Kindergeld zu zahlen ist, wenn das Einkommen der Adoptiveltern DM 7.200,– jährlich nicht übersteigt, keinen gesetzlichen Niederschlag für den Fall gefunden hat, dass die leiblichen Eltern öffentliche Bedienstete sind. Der Gesetzgeber hat diese Möglichkeit offensichtlich übersehen. Die in den §§ 3 KGG und KGKG enthaltene Regelung zwingt nicht zu der Schlussfolgerung, der Gesetzgeber habe bewusst für solche Kinder das Kindergeld und den von einem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber zu zahlenden Kinderzuschlag versagen wollen. Das ergibt sich auch daraus, dass in den "Entwurf eines Bundeskindergeldgesetzes” (Bundesrats-Drucksache 344/63) in § 7, der die Regelungen der §§ 3 Abs. 1 KGKG, 3 Abs. 2 KGG enthält, eine Bestimmung eingefügt worden ist, derzufolge ein Anspruch auf Kindergeld besteht, wenn die Voraussetzungen nicht erfüllt sind, unter denen nach den besoldungsrechtlichen Vorschriften Kinderzuschläge gewährt werden.
In Wirklichkeit liegt nur eine Rechtslücke vor, deren Ausfüllung zu den legitimen Aufgaben der Gerichte gehört, die zur Fortbildung der Rechte ermächtigt sind (vgl. § 43 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –: Urteil des BSG vom 20. Dezember 1957, 3 RK 61/57). Nach den obigen Ausführungen kann diese Rechtsfortbildung nur dahin erfolgen, dass ein Anspruch auf Zweitkindergeld auch für adoptierte Kinder begründet wird, deren leibliche Eltern öffentliche Bedienstete sind. Jede andere Regelung würde gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Grundsatz) verstossen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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