L 8 AL 2/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 37 AL 980/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 2/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 27.11.2000 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 09.12.1996 bis 23.03.1997 und die Erstattung der erbrachten Leistungen in Höhe von DM 2.943,80 streitig.

Der am 1961 geborene Kläger befindet sich mit kurzfristigen Unterbrechungen seit 1988 bei der Beklagten im Leistungsbezug. Nach einer Tätigkeit vom 04.12.1995 bis 15.01.1996 als Zähler-Ableser bei den Stadtwerken R. im Anschluss an eine FuU-Maßnahme meldete er sich am 15.01.1996 erneut bei der Beklagten arbeitslos, woraufhin ihm ab 16.01.1996 weiterhin Alhi gewährt wurde. Am 06.09.1996 sprach er in der Arbeitsvermittlung vor und teilte mit, dass er jetzt eine Nebenbeschäftigung habe, woraufhin ihm ein Formular "Nebenverdienstbescheinigung" ausgehändigt wurde. Am 22.11.1996 reichte er den Fortzahlungsantrag auf Weitergewährung von Alhi ab 01.12.1996 ein und erklärte hierzu, eine Nebenbeschäftigung mit 16 Stunden wöchentlich (580,00 DM-Job) auszuüben. Am 19.12.1996 ging beim Arbeitsamt Rosenheim eine entsprechende Nebenverdienstbescheinigung der Firma N. ein, die für die Zeit vom 01.09. bis 30.11.1996 zu einem Anrechnungsbetrag von DM 665,53 führte. Mit Bescheid vom 20.01.1997 wurde dem Kläger Alhi ab 02.12.1996 unter Berücksichtigung eines Anrechnungsbetrages von DM 51,92 wöchentlich bewilligt. Am 26.02.1997 teilte er persönlich mit, sein Nebeneinkommen falle mit Wirkung zum 26.02.1997 weg, woraufhin mit Änderungsbescheid vom 05.03.1997 Alhi ab 26.02.1997 ohne Nebeneinkommen gewährt wurde. Am 18.03.1997 teilte die AOK Rosenheim der Beklagten mit, dass der Kläger vom 09. bis 31.12.1996 bei den Stadtwerken R. beschäftigt gewesen sei. Mit Arbeitsbescheinigung vom 27.03.1997 bestätigten die Stadtwerke R. eine Beschäftigung des Klägers als Zähler-Ableser für den genannten Zeitraum. Nach Angaben der Stadtwerke handelte es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis, wobei die Bezahlung nicht nach Stunden, sondern nach der Zahl der abgelesenen Zähler erfolgte. Von dem Bruttoarbeitsentgelt von DM 1.956,00 wurden Sozialversicherungs-Beiträge abgeführt.

Nach einer Einladung vom 18.02.1997 sprach der Kläger am 24.03.1997 persönlich bei der Beklagten vor. Nach erfolgter Anhörung hob die Beklagte mit Bescheid vom 29.04.1997 die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 09.12.1996 bis 23.03.1997 auf und forderte die erbrachten Leistungen in Höhe von DM 2.763,50 zurück.

Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch trug der Kläger im Wesentlichen vor, er wisse nicht, was der Betrag von DM 2.763,50 bedeute, weil er nur einen Monat gearbeitet habe und lediglich DM 1.269,28 verdient habe. Zudem sei er Anfang Dezember 1996 im Arbeitsamt Rosenheim gewesen und habe die Nebentätigkeit gemeldet.

Mit Änderungsbescheid vom 23.05.1997 korrigierte die Beklagte die vom Kläger zu erstatteten Leistungen auf einen Gesamt-Betrag von DM 2.953,80.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02.06.1997 wurde schließlich der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Zur Begründung seiner zum Sozialgericht München erhobenen Klage hat der Kläger im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholt. Zudem hat er vorgetragen, er habe aus keiner bösen Absicht gehandelt und sei auch bereit, den Lohn von DM 1.269,28 in Raten zurückzuzahlen. Die Beklagte hat dagegen eingewandt, unstreitig sei, dass der Kläger 1.956 Zählerablesungen in 15 Tagen erledigt habe. Ausgehend davon, dass er dabei ca. 130 Ablesungen am Tag vorgenommen habe und voraussgesetzt, dass er pro Stunde 36 Zähler abgelesen habe, erreiche er eine durchschnittliche tägliche Arbeitszeit von 3,60 Stunden. Bei dieser Arbeitszeit wäre der Kläger etwa 18 Stunden pro volle Woche einmal (50. und 51. Woche des Jahres 1996) mit der Tätigkeit als Zähler-Ableser beschäftigt gewesen, in der 52. Woche des Jahres 1996 mit ca. 10 bis 11 Stunden und in der Silvesterwoche mit etwa 7 Stunden. Selbst wenn man davon ausginge, dass er die Kurzzeitigkeitsgrenze nicht überschritten habe, müsse diese Tätigkeit aber im Zusammenhang mit der bereits bestehenden Nebentätigkeit bei der Firma N. betrachtet werden. Die Tätigkeit bei dieser Firma, die der Kläger nach eigenem Bekunden bis 25.02.1997 ausübte und welche ab September 1996 durch eine Bescheinigung des Arbeitgebers belegt sei, habe eine wöchentliche Arbeitszeit von 14 Stunden umfasst. Ein Nachweis darüber, dass er die Beschäftigung bei den Stadtwerken dem Arbeitsamt gemeldet habe, läge nicht vor. Dagegen hat der Kläger eingewandt, dass er schon jahrlang den Job als Zähler-Ableser mache und sich stets vor dem Beginn dieser Tätigkeit aus der Arbeitslosigkeit abgemeldet habe.

Mit Gerichtsbescheid vom 27.11.2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Dem Kläger habe ab 09.12.1996 Alhi nicht mehr zugestanden, weil er ab diesem Tag nicht mehr arbeitslos gewesen sei, nachdem er eine mehr als kurzzeitige Beschäftigung aufgenommen habe.

Mit seiner Berufung wiederholt der Kläger im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen. Dass die Alhi weiter gezahlt worden sei, sei nicht sein Verschulden. Auch die Beklagte verweist auf ihr bisheriges Vorbringen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 27.11.2000 und die Bescheide vom 29.04.1997 und 23.05.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.06.1997 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor. In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet.

Zurecht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden sind. Die Aufhebung der Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 09.12.1996 bis 23.03.1997 und die daraus resultierende Erstattung der erbrachten Leistungen in Höhe von DM 2.953,80 sind zutreffend.

Nach § 48 Abs.1 Satz 2 Nrn.2 und 4 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) i.V.m. § 330 Abs.3 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben, soweit in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt und der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.

In den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Klägers ist vom 09. 31.12.1996 eine wesentliche Änderung eingetreten, weil der Kläger (zumindest) eine der Leistungsvoraussetzungen für den Anspruch auf Alhi nicht (mehr) erfüllt hat. Denn er ist ab diesen Zeitpunkt nicht mehr arbeitslos gewesen. Gemäß § 134 Abs.1 Satz 1 AFG hat Anspruch auf Alhi, wer u.a. arbeitslos ist. Nach § 134 Abs.4 AFG gelten die Vorschriften des 1. Unterabschnittes über Arbeitslosengeld entsprechend, soweit die Besonderheiten der Alhi nicht entgegenstehen. Nach § 101 Abs.1 Satz 1 AFG ist arbeitslos im Sinne dieses Gesetzes ein Arbeitnehmer, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht oder nur eine kurzzeitige Beschäftigung ausübt. Kurzzeitig im Sinne des § 101 Abs.1 AFG ist gemäß § 102 AFG eine Beschäftigung, die auf weniger als 18 Stunden wöchentlich der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegt oder im Voraus durch einen Arbeitsvertrag beschränkt ist.

Unstreitig war der Kläger vom 09. bis 31.12.1996 bei den Stadtwerken R. als Zähler-Ableser beschäftigt. Selbst wenn man zu seinen Gunsten unterstellt, dass diese Tätigkeit kurzzeitig war, so ändert dies nichts am Vorliegen der Arbeitslosigkeit, da er daneben noch bei der Firma N. beschäftigt war. Arbeitslosigkeit nach § 101 Abs.1 Satz 2 AFG ist nämlich nicht mehr gegeben, wenn mehrere kurzzeitige Beschäftigungen oder Tätigkeiten entsprechenden Umfangs ausgeübt wurden, die zusammen die Grenze des § 102 AFG überschreiten. Die Tätigkeit des Klägers bei der Firma N. , die der Kläger unstreitig bis 27.02.1997 ausübte, umfasste eine wöchentliche Arbeitszeit von 14 Stunden. Unstreitig hat der Kläger in den 15 Tagen seiner Beschäftigung als Zähler-Ableser bei den Stadtwerken 1.956 Zählerablesungen erledigt. Ausgehend davon, dass er dabei ca. 130 Ablesungen am Tag vornahm und vorausgesetzt, dass er pro Stunde 36 Zähler ablas, erreichte er eine durchschnittliche tägliche Arbeitszeit von 3,60 Stunden. Bei dieser Arbeitszeit wäre er etwa 18 Stunden pro volle Woche (50. und 51. Woche des Jahres 1996) mit der Tätigkeit als Zähler-Ableser beschäftigt gewesen, in der 52. Woche des Jahres mit ca. 10 bis 11 Stunden und in der Silvesterwoche mit etwa 7 Stunden. Somit lag insgesamt keine kurzzeitige Tätigkeit vor mit der Folge, dass er nicht mehr arbeitslos war.

Mit der Aufnahme der Beschäftigung erlischt die Wirkung der Arbeitslosmeldung nach §§ 100, 105 AFG, wenn der Arbeitslose diese dem Arbeitsamt nicht unverzüglich mitgeteilt hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist die Arbeitslosmeldung auf den konkret eingetretenen Versicherungsfall der Arbeitslosigkeit zu beziehen und beschränkt ihre Wirkung auf die Dauer der gemeldeten Arbeitslosigkeit. Hieraus folgt, dass eine die Arbeitslosigkeit ausschließende Beschäftigung die bisherige Meldung verbraucht und der Arbeitslose sich zum Bezug von Leistungen erneut arbeitslos melden muss. Ein Anspruch auf Leistungen besteht demnach bis zur erneuten Meldung nicht. Der Kläger war somit vom 09.12.1996 bis zu seiner erneuten Vorsprache bei der Beklagten am 24.03.1997 nicht mehr arbeitslos gemeldet und hat für diesen Zeitraum keinen Anspruch auf Alhi.

Nach § 60 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I - trifft den Bezieher der Leistung die Pflicht, der Beklagten ohne Aufforderung jede Änderung in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Leistungen erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen. Der Kläger wäre nach dieser Vorschrift verpflichtet gewesen, der Beklagten die Beschäftigungsaufnahme bei den Stadtwerken M. sofort anzuzeigen. Er hat diese Verpflichtung zumindest grob fahrlässig verletzt. Darüber hinaus muss dem Kläger entgegen gehalten werden, dass er wusste oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht wusste, dass die Leistungsvoraussetzungen ab der Aufnahme der Beschäftigung bei den Stadtwerken München nicht mehr vorlagen.

Mit seinem Vorbringen, er habe sich bei Aufnahme der Tätigkeit bei den Stadtwerken in Arbeit abgemeldet, lassen sich in den Akten keinerlei Unterlagen finden, wohingegen die übrigen zahlreichen Vorsprachen minutiös festgehalten sind. Die Beklagte hat vielmehr erst durch eine Mitteilung der AOK vom 18.03.1997 davon Kenntnis erhalten, dass der Kläger vom 09. bis 31.12.1996 bei den Stadtwerken beschäftigt gewesen war. Der Kläger hat auch insoweit weder eine Arbeitsbescheinigung noch - soweit er von einem anrechenbaren Nebenverdienst ausgegangen ist - eine Nebenverdienstbescheinigung vorgelegt. Hinzuweisen ist auch darauf, dass der Kläger nach Aktenlage vor dem streitgegenständlichen Zeitraum nur eine Beschäftigung seit 1995 bei den Stadtwerken hatte. Der Kläger ist auch nicht in der Lage mitzuteilen, wem gegenüber er die beabsichtigte Arbeitsaufnahme angegeben hat. Letztlich ist dies jedoch entscheidungsunerheblich, da über einen eventuellen bestehenden sozialrechtlichen Herstellunganspruch Arbeitslosigkeit nicht fingiert werden kann. Doch selbst, wenn man unterstellen würde, dass der Kläger sich tatsächlich persönlich in Arbeit abgemeldet hat, so folgt daraus, dass er sich darüber im klaren war, dass tatsächlich ab 09.12.1996 Arbeitslosigkeit nicht mehr vorlag.

Nach § 50 SGB X sind die Leistungen im Gesamtbetrag von DM 2.953,80 zu erstatten.

Durch die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung waren gemäß § 157 Abs.3 a AFG auch die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 01.01.1997 bis 23.03.1997 zu erstatten, wobei für die Zeit der tatsächlichen Beschäftigung diese Beiträge von der Krankenkasse erstattet wurden.

Somit war die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 27.11.2000 zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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