Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 VJ 3064/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VJ 1209/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 16.02.2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung und Entschädigung einer bestehenden Gesundheitsstörung als Impfschaden.
Der 1996 geborene Kläger leidet an einer subakut sklerosierenden Panencephalitis (SSPE). Die Erkrankung wurde anlässlich der stationären Behandlung in der Klinik II (Neuropädiatrie und Muskelerkrankungen) des Universitätsklinikums F. vom 27.09. bis 25.10.2002 diagnostiziert (Arztbriefe dieser Klinik vom 16. und 25.10.2002). Der Kläger stellte sich dort erstmals im Juli 2002 mit seit 2 Wochen auftretenden Krampfanfällen vor. In der Vorgeschichte war ein Verdacht auf Lernschwierigkeiten mit Zurückstellung von der Einschulung berichtet worden. Nunmehr litt der Kläger unter zunehmender Bewusstseinstrübung, reagierte nicht adäquat auf Ansprache und das Gehvermögen war aufgehoben. Mittels einer Lumbalpunktion, einer kernspintomographischen Untersuchung des Schädels und aufgrund eines typischen EEG-Befundes wurde die Diagnose einer SSPE gesichert. Zur Beurteilung wurde ausgeführt, zu der Erkrankung passe, dass die Mutter des Klägers selber nicht gegen Masern geimpft gewesen sei und an Masern erkrankt sei, als der Kläger 3 Monate alt gewesen sei. Der Kläger besucht seit Dezember 2002 die Schule für körperbehinderte Kinder und Jugendliche im Epilepsiezentrum der Diakonie K., wo er nach dem Bildungsplan der Schule für geistig Behinderte unterrichtet wird.
Am 30.06.2003 beantragte der Kläger beim damaligen Versorgungsamt Freiburg (VA) die Gewährung von Versorgung wegen eines Impfschadens. Er führte seine Erkrankung auf die am 09.04.2002 durchgeführte Schutzimpfung gegen Masern, Mumps und Röteln zurück. Der Kinderarzt Dr. H. teilte dem VA auf Anfrage unter dem 12.08.2003 mit, der Kläger sei am 13.05.1997 erstmals gegen Masern, Mumps und Röteln geimpft worden. Die Wiederholungsimpfung sei im April 2002 durchgeführt worden. Er hielt einen Zusammenhang zwischen der Masernimpfung und der Erkrankung unter Hinweis auf neuere Literatur für möglich.
Das VA holte bei PD Dr. E., Oberarzt am Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin des Universitätsklinikums F., das Gutachten vom 04.02.2004 ein. Dieser führte aus, bei dem verwendeten Impfstoff gegen Masern handele es sich um einen Lebendimpfstoff. Das Virus sei vermehrungsfähig und es sei biologisch plausibel, dass es sich trotz schlechter Replikation in vielerlei Hinsicht ähnlich verhalte wie das Wildtypvirus. Es sei daher a priori nicht auszuschließen, dass der Masernimpfstoff SSPE auslösen könne. Für diese theoretische Möglichkeit gebe es jedoch derzeit keine Evidenz. Insbesondere molekulargenetische Untersuchungen sprächen gegen einen kausalen Zusammenhang. Mit Sicherheit sei auszuschließen, dass die Manifestation der SSPE mit der 2002 durchgeführten zweiten Masernimpfung zusammenhänge, da zwischen Masernerkrankung und Manifestation einer SSPE in der Regel 5 bis 10 Jahre lägen. Bei über 50 % der an SSPE erkrankten Patienten werde die Maserninfektion in den ersten beiden Lebensjahren erworben. Beim Kläger könne mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass er als Kind intrauterin keine Antikörper von der Mutter übertragen bekommen habe und somit für eine Maserninfektion im Alter von 3 Monaten, als seine Mutter an Masern erkrankt war, sehr empfänglich gewesen sei. Es sei bekannt, dass ein relevanter Anteil an Maserninfektionen ohne klinische Erkrankung verlaufe. Es sei daher sehr wahrscheinlich, dass beim Kläger eine klinisch inapparente Maserninfektion abgelaufen sei, die die SSPE verursacht habe.
Mit Bescheid vom 17.03.2004 lehnte das VA den Antrag auf Gewährung von Beschädigtenversorgung wegen eines Impfschadens ab. Zur Begründung führte es aus, es sei unwahrscheinlich, dass die beim Kläger vorliegende SSPE-Erkrankung kausal mit der angeschuldigten Impfung vom April 2002 zusammenhänge.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und führte aus, er sei auch am 13.05.1997 gegen Masern geimpft worden. Der Beklagte wies den Widerspruch nach Einholung der versorgungsärztlichen Stellungnahme der Versorgungsärztin L. vom 05.08.2004 mit Widerspruchsbescheid vom 13.08.2004 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, nach einer Masern-Erkrankung könne es nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht 2004 (AHP) mit Latenzzeit von mehreren Jahren zur Entwicklung einer SSPE kommen. Als Impfschaden im Bereich des Zentralen Nervensystems bei Impfungen mit dem verabreichten Masernlebendimpfstoff würden dort als erste Reaktion eine akute entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems mit Auftreten von Symptomen im Zeitraum von 7 bis 14 Tagen nach der Impfung angeführt. Somit sei die Möglichkeit eines Impfschadens aufgrund einer Impfung sehr unwahrscheinlich. Wahrscheinlich sei, dass die festgestellte Erkrankung Spätfolge einer klinisch nicht sichtbar verlaufenen Masernerkrankung sei.
Hiergegen erhob der Kläger am 27.08.2004 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Zur Begründung führte er aus, es sei nicht nachgewiesen, dass er im Alter von 3 Monaten eine Maserninfektion durchgemacht habe. Die AHP würden im Übrigen nur häufig vorkommende Sachverhalte berücksichtigen. Im Sozialrecht seien aber auch anomale Ereignisverläufe und außergewöhnliche Wirkungsmechanismen in Erwägung zu ziehen.
Der Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG holte das Gutachten nach Aktenlage von Prof. Dr. K. vom Institut für Immunologie des Universitätsklinikums S.-H. vom 08.12.2005 ein. Dieser führte aus, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit habe sich der Kläger im Alter von 3 Monaten bei seiner an Masern erkrankten Mutter mit dem Virus infiziert. Das Risiko, sich bei engem Kontakt mit einem Erkrankten zu infizieren, liege bei Masern bei nahezu 100 %. Dabei müssten bei dem Infizierten selbst keine klinischen Symptome der Erkrankung in Erscheinung treten. Diese inapparente Form der Maserninfektion sei bei Kleinkindern deutlich häufiger als in anderen Altersgruppen. Die später vorgenommenen beiden Impfungen seien für die SSPE-Erkrankung des Klägers nicht ursächlich verantwortlich. In Ergänzung des Gutachtens von PD Dr. E., dessen Schlussfolgerungen er in vollem Umfang übernahm, führte er aus, nach einer landesweiten Studie, die einen Zeitraum von 12 Jahren umfasst habe, hätten in allen SSPE-Fällen, bei denen eine Gehirnbiopsie möglich gewesen sei, ausschließlich Wildviren nachgewiesen werden können. Hierzu hätten sowohl Kinder ohne nachgewiesene Masernerkrankung als auch geimpfte Kinder mit Masernerkrankung in der Vorgeschichte gehört. Diese Befunde würden die von PD Dr. E. mitgeteilten Ergebnisse früherer molekulargenetischer Untersuchungen bestätigen.
Der Kläger legte hierzu noch u. a. eine "Stellungnahme" von Dr. T., Leitender Kinderarzt der Kinderklinik am Gemeinschaftskrankenhaus H., zum Thema "Masernimpfung und SSPE" aus dem Internet vor.
Mit Urteil vom 16.02.2006 wies das SG die Klage ab. Es stützte sich dabei auf die übereinstimmenden Gutachten von PD Dr. E. und Prof. Dr. K., die es als überzeugend ansah.
Der Kläger hat hiergegen am 09.03.2006 Berufung eingelegt. Er hat sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft und unter anderem ausgeführt, die Sachverständigen würden dem Klinikbericht, in dem die Diagnose SSPE als Folge einer inapparent abgelaufenen Maserninfektion interpretiert worden sei, ohne eigenständige Prüfung folgen. Für eine Infektion durch die Masernerkrankung seiner Mutter fänden sich keinerlei Anhaltspunkte. Dies sei lediglich eine Vermutung. Die Impfungen seien jedoch durch Eintragungen im Impfausweis voll bewiesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 16.02.2006 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 17.03.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.08.2004 zu verurteilen, bei ihm eine subakute sklerosierende Panenzephalitis als Folge der Impfungen gegen Masern festzustellen und ihm Versorgung, insbesondere Rente nach einer MdE um 100 v. H. zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat der Senat von Dr. H. das Gutachten nach Aktenlage vom 15.10.2006 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, die bei dem Kläger aufgetretene SSPE-Erkrankung sei mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die bereits mit 3 Monaten aquirierte Maserninfektion und wahrscheinlich nicht ursächlich auf die Impfung mit dem Masern-Lebendimpfstoff zurückzuführen. Insoweit bestehe Konsens mit den Gutachtern PD Dr. E. und Prof. Dr. K ... Aus neuen experimentellen Erkenntnissen ergebe sich jedoch, dass im Sinne der Auslösung des Krankheitsbildes die inaktivierten Impfstoffe, die der Kläger im ersten Lebensjahr erhalten habe, vermutlich einen entscheidenden Beitrag zur Viruspersistenz des Masernvirus geleistet hätten. Der Kläger sei ausweislich des vorliegenden Impfbuches gegen Diphtherie und Tetanus (DT), Pertussis, Hib und Hepatitis B geimpft worden. Hierbei handele es sich um eine pathopysiologisch plausible Erklärungsmöglichkeit des Auftretens der SSPE-Erkrankung beim Kläger. Er schlage einer Anerkennung des Falles als Impfschädigung durch die inaktivierten Impfstoffe, die im Alter von 3 Monaten verabreicht worden seien, im Sinne einer so genannten "Kann-Versorgung" vor. Der Beklagte legte hierzu die versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. G. vom 02.11.2006 und 08.02.2007 vor. Danach liegen die Kriterien einer Kann-Versorgung im vorliegenden Fall nicht vor. Zwar herrsche in der medizinischen Wissenschaft noch Ungewissheit über die fehlerhafte Immunreaktion in der frühen Kindheit, welche das Verbleiben des Masernvirus im Körper ermögliche und dann zu einer SSPE-Erkrankung führen könne, die ursächliche Bedeutung von schädigungsbedingten Tatbeständen und nichtschädigungsbedingten Tatbeständen könne im vorliegenden Fall jedoch durchaus mit Wahrscheinlichkeit beurteilt werden. Die Maserninfektion im frühen Lebensalter habe den Kläger unabhängig von den zeitnah durchgeführten Impfungen gegen Tetanus, Diphterie, Pertussis, Hib und Hepatitis B besonders zu einer SSPE-Erkrankung prädisponiert.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden und statthaft (§ 151 Abs. 1 und §§ 143, 144 SGG).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Anzuwenden ist hier, wovon das SG zutreffend ausgegangen ist, das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG), das durch Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Neuregelung seuchenrechtlicher Vorschriften (Seuchenrechtsneuordnungsgesetz - SeuchRNeuG - vom 20. Juli 2000, BGBI I S. 1045) zum 1. Januar 2001 in Kraft getreten ist. Danach sind für die Versorgung bei Impfschäden die §§ 60 bis 64 sowie 66 bis 68 des IfSG maßgebend.
Nach § 60 Abs. 1 des IfSG erhält derjenige, der durch eine Schutzimpfung, die u. a. öffentlich empfohlen oder gesetzlich vorgeschrieben war, eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen des Impfschadens auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Impfschaden ist die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung (§ 2 Nr. 11 IfSG). Nach § 61 IfSG genügt zur Anerkennung eines Gesundheitsschadens als Folge einer Schädigung in diesem Sinne die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wenn diese Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde der Gesundheitsschaden als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG anerkannt werden.
Der Senat ist aufgrund der vorliegenden ärztlichen Unterlagen und Gutachten der Überzeugung, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den beim Kläger am 13.05.1997 und 09.04.2002 durchgeführten Impfungen gegen Masern und der im Juli 2002 manifest gewordenen SSPE-Erkrankung nicht wahrscheinlich ist. Hierzu hat PD Dr. E. schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass es zwar biologisch plausibel sei, dass durch eine Impfung gegen Masern mit dem beim Kläger verwendeten Lebendimpfstoff eine SSPE ausgelöst werden könne. Diese Hypothese konnte jedoch nach den weiteren Ausführungen von PD Dr. E. und des Prof. Dr. K. bisher wissenschaftlich nicht bestätigt werden. Vielmehr sprechen die durchgeführten wissenschaftlichen Studien dafür, dass SSPE durch so genannte Masernwildviren und nicht durch Impfviren verursacht werde. Diese Ausführungen stehen in Übereinstimmung mit den AHP, in denen SSPE als Komplikation nach einer Maserninfektion genannt wird, nicht jedoch als mögliche Folge der Impfung gegen Masern (AHP Nr. 54 Seite 173 bzw. Nr. 57 Seite 195). Weil beim Kläger ein Kontakt mit Masernwildviren im Alter von 3 Monaten nachgewiesen ist, ist es überwiegend wahrscheinlich, dass eine zu dieser Zeit abgelaufene unerkannte Maserninfektion die spätere Erkrankung ausgelöst hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zur näheren Begründung auf die Ausführungen auf Seite 5 bis 7 des angefochtenen Urteils verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Das SG hat auch bereits darauf hingewiesen, dass sich aus den vom Kläger im Laufe des Verfahrens wiederholt vorgelegten Unterlagen insbesondere dem Auszug aus dem Bundesgesundheitsblatt vom 4. April 1984 kein Anhaltspunkt für weitere Ermittlungen oder für eine andere Beurteilung ergibt. Daraus ergibt sich lediglich, dass auch gegen Masern geimpfte Kinder an SSPE erkranken, nicht jedoch, dass die Erkrankung mit Wahrscheinlichkeit auf die Masernimpfung zurückzuführen ist.
Auch die Tatsache, dass der Kläger bis zu der zweiten Impfung gegen Masern gesund war und die Erkrankung 3 Monate nach der zweiten Masernimpfung aufgetreten ist, spricht nicht für den geltend gemachten Ursachenzusammenhang. Nach den AHP tritt die SSPE-Erkrankung mit einer Latenzzeit von mehreren Jahren nach der Infektion mit dem Masernvirus auf. Damit scheidet die zweite Masernimpfung des Klägers in jedem Fall als Ursache für die Erkrankung aus. Eine Verursachung der SSPE-Erkrankung durch die erste Masernimpfung ist zwar unter Berücksichtigung der Latenzzeit möglich, aus den genannten Gründen jedoch unwahrscheinlich.
Auch aus dem auf Antrag des Klägers eingeholten Gutachten von Dr. H. ergibt sich insoweit keine andere Beurteilung. Dr. H. stimmt mit PD Dr. E. und Prof. Dr. K. insoweit überein, als die beim Kläger aufgetretene SSPE-Erkrankung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine im Alter von 3 Monaten abgelaufene inapparente Maserninfektion zurückzuführen ist. Er führt weiter aus: "Die später durchgeführten MMR-Impfungen dürften zu diesem Geschehen nicht wesentlich beigetragen haben. Auch eine Triggerung des Krankheitsausbruchs durch die Impfviren erscheint nicht wahrscheinlich." Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen kommt die Masernimpfung am 13.05.1997 weiterhin nicht als wesentlich mitwirkende Ursache für die SSPE-Erkrankung in Betracht. Nach den vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem SG vorgelegten Stellungnahme von Dr. T. wird vermutet, dass möglicherweise Kinder, die unerkannt schon Masern durchgemacht haben und trotzdem geimpft wurden, besonders disponiert und gefährdet sind, später eine SSPE zu entwickeln. Dr. H. führt hierzu nachvollziehbar aus, dass es hierfür bisher keine wissenschaftlichen Beweise gibt. Insbesondere gelang der Nachweis von Impfviren bisher lediglich bei einem Kind, dass an einer Masern-Einschlusskörperchen-Enzephalitis (MIBE) erkrankt war. Dieses Krankheitsbild ist jedoch mit dem beim Kläger vorliegende Krankheitsbild einer SSPE nicht vergleichbar. Aus dem dokumentierten Fall können somit für den Fall des Klägers keine Rückschlüsse gezogen werden.
Soweit Dr. H. ausführt, nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen käme beim Kläger die Mitverursachung der SSPE-Erkrankung durch die immunmodulatorischen Inhaltsstoffe der dem Kläger im Alter von 3 Monaten verabreichten Impfstoffe (TD-Impfstoff, acelulärer Pertusis-Impfstoff, Hib-Impfstoff und Hepatitis-B-Impfstoff) in Betracht, so konnte der Senat hierüber nicht entscheiden, da es insoweit an einer ablehnenden Verwaltungsentscheidung fehlt. Mit den angefochtenen Bescheiden wurde, wie sich eindeutig aus deren Begründung ergibt, lediglich die Anerkennung und Entschädigung der SSPE-Erkrankung des Klägers als Folge der am 13.05.1997 und 09.04.2002 durchgeführten Masernimpfungen abgelehnt. Soweit der Kläger nunmehr geltend macht, seine Erkrankung sei Folge der zwischen dem 24.04.1996 und dem 02.07.1996 durchgeführten Impfungen gegen Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten, Hib, Polio und Hepatitis B, so handelt es sich um einen anderen Lebenssachverhalt, über den bisher nicht entschieden wurde, und der nicht Streitgegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens ist. Folgerichtig hat der Kläger seinen Antrag in der mündlichen Verhandlung eingeschränkt. Der Beklagte wird - wie er in der mündlichen Verhandlung anerkannt hat - jetzt noch zu entscheiden haben, ob ausgehend vom Antrag vom 30.06.2003 die Erkrankung des Klägers an SSPE gem. § 61 Satz 1 IfSG als Folge der zwischen dem 24.04.1996 und dem 02.07.1996 durchgeführten Mehrfachimpfungen anzuerkennen ist, wenn nicht, ob hierfür gemäß § 61 Satz 2 IfSG Kannversorgung zu gewähren ist. Hierbei wird zu berücksichtigen sein, dass nach Nr. 56 Abs. 4 AHP Impfreaktionen auch zu Aktivierungen ruhender Prozesse oder zu vorübergehenden Änderungen der Abwehrlage führen und demzufolge Mitursache der Manifestation einer anderen Krankheit sein können.
Die Berufung war aus den genannten Gründen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung und Entschädigung einer bestehenden Gesundheitsstörung als Impfschaden.
Der 1996 geborene Kläger leidet an einer subakut sklerosierenden Panencephalitis (SSPE). Die Erkrankung wurde anlässlich der stationären Behandlung in der Klinik II (Neuropädiatrie und Muskelerkrankungen) des Universitätsklinikums F. vom 27.09. bis 25.10.2002 diagnostiziert (Arztbriefe dieser Klinik vom 16. und 25.10.2002). Der Kläger stellte sich dort erstmals im Juli 2002 mit seit 2 Wochen auftretenden Krampfanfällen vor. In der Vorgeschichte war ein Verdacht auf Lernschwierigkeiten mit Zurückstellung von der Einschulung berichtet worden. Nunmehr litt der Kläger unter zunehmender Bewusstseinstrübung, reagierte nicht adäquat auf Ansprache und das Gehvermögen war aufgehoben. Mittels einer Lumbalpunktion, einer kernspintomographischen Untersuchung des Schädels und aufgrund eines typischen EEG-Befundes wurde die Diagnose einer SSPE gesichert. Zur Beurteilung wurde ausgeführt, zu der Erkrankung passe, dass die Mutter des Klägers selber nicht gegen Masern geimpft gewesen sei und an Masern erkrankt sei, als der Kläger 3 Monate alt gewesen sei. Der Kläger besucht seit Dezember 2002 die Schule für körperbehinderte Kinder und Jugendliche im Epilepsiezentrum der Diakonie K., wo er nach dem Bildungsplan der Schule für geistig Behinderte unterrichtet wird.
Am 30.06.2003 beantragte der Kläger beim damaligen Versorgungsamt Freiburg (VA) die Gewährung von Versorgung wegen eines Impfschadens. Er führte seine Erkrankung auf die am 09.04.2002 durchgeführte Schutzimpfung gegen Masern, Mumps und Röteln zurück. Der Kinderarzt Dr. H. teilte dem VA auf Anfrage unter dem 12.08.2003 mit, der Kläger sei am 13.05.1997 erstmals gegen Masern, Mumps und Röteln geimpft worden. Die Wiederholungsimpfung sei im April 2002 durchgeführt worden. Er hielt einen Zusammenhang zwischen der Masernimpfung und der Erkrankung unter Hinweis auf neuere Literatur für möglich.
Das VA holte bei PD Dr. E., Oberarzt am Zentrum für Kinderheilkunde und Jugendmedizin des Universitätsklinikums F., das Gutachten vom 04.02.2004 ein. Dieser führte aus, bei dem verwendeten Impfstoff gegen Masern handele es sich um einen Lebendimpfstoff. Das Virus sei vermehrungsfähig und es sei biologisch plausibel, dass es sich trotz schlechter Replikation in vielerlei Hinsicht ähnlich verhalte wie das Wildtypvirus. Es sei daher a priori nicht auszuschließen, dass der Masernimpfstoff SSPE auslösen könne. Für diese theoretische Möglichkeit gebe es jedoch derzeit keine Evidenz. Insbesondere molekulargenetische Untersuchungen sprächen gegen einen kausalen Zusammenhang. Mit Sicherheit sei auszuschließen, dass die Manifestation der SSPE mit der 2002 durchgeführten zweiten Masernimpfung zusammenhänge, da zwischen Masernerkrankung und Manifestation einer SSPE in der Regel 5 bis 10 Jahre lägen. Bei über 50 % der an SSPE erkrankten Patienten werde die Maserninfektion in den ersten beiden Lebensjahren erworben. Beim Kläger könne mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass er als Kind intrauterin keine Antikörper von der Mutter übertragen bekommen habe und somit für eine Maserninfektion im Alter von 3 Monaten, als seine Mutter an Masern erkrankt war, sehr empfänglich gewesen sei. Es sei bekannt, dass ein relevanter Anteil an Maserninfektionen ohne klinische Erkrankung verlaufe. Es sei daher sehr wahrscheinlich, dass beim Kläger eine klinisch inapparente Maserninfektion abgelaufen sei, die die SSPE verursacht habe.
Mit Bescheid vom 17.03.2004 lehnte das VA den Antrag auf Gewährung von Beschädigtenversorgung wegen eines Impfschadens ab. Zur Begründung führte es aus, es sei unwahrscheinlich, dass die beim Kläger vorliegende SSPE-Erkrankung kausal mit der angeschuldigten Impfung vom April 2002 zusammenhänge.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und führte aus, er sei auch am 13.05.1997 gegen Masern geimpft worden. Der Beklagte wies den Widerspruch nach Einholung der versorgungsärztlichen Stellungnahme der Versorgungsärztin L. vom 05.08.2004 mit Widerspruchsbescheid vom 13.08.2004 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, nach einer Masern-Erkrankung könne es nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht 2004 (AHP) mit Latenzzeit von mehreren Jahren zur Entwicklung einer SSPE kommen. Als Impfschaden im Bereich des Zentralen Nervensystems bei Impfungen mit dem verabreichten Masernlebendimpfstoff würden dort als erste Reaktion eine akute entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems mit Auftreten von Symptomen im Zeitraum von 7 bis 14 Tagen nach der Impfung angeführt. Somit sei die Möglichkeit eines Impfschadens aufgrund einer Impfung sehr unwahrscheinlich. Wahrscheinlich sei, dass die festgestellte Erkrankung Spätfolge einer klinisch nicht sichtbar verlaufenen Masernerkrankung sei.
Hiergegen erhob der Kläger am 27.08.2004 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG). Zur Begründung führte er aus, es sei nicht nachgewiesen, dass er im Alter von 3 Monaten eine Maserninfektion durchgemacht habe. Die AHP würden im Übrigen nur häufig vorkommende Sachverhalte berücksichtigen. Im Sozialrecht seien aber auch anomale Ereignisverläufe und außergewöhnliche Wirkungsmechanismen in Erwägung zu ziehen.
Der Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG holte das Gutachten nach Aktenlage von Prof. Dr. K. vom Institut für Immunologie des Universitätsklinikums S.-H. vom 08.12.2005 ein. Dieser führte aus, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit habe sich der Kläger im Alter von 3 Monaten bei seiner an Masern erkrankten Mutter mit dem Virus infiziert. Das Risiko, sich bei engem Kontakt mit einem Erkrankten zu infizieren, liege bei Masern bei nahezu 100 %. Dabei müssten bei dem Infizierten selbst keine klinischen Symptome der Erkrankung in Erscheinung treten. Diese inapparente Form der Maserninfektion sei bei Kleinkindern deutlich häufiger als in anderen Altersgruppen. Die später vorgenommenen beiden Impfungen seien für die SSPE-Erkrankung des Klägers nicht ursächlich verantwortlich. In Ergänzung des Gutachtens von PD Dr. E., dessen Schlussfolgerungen er in vollem Umfang übernahm, führte er aus, nach einer landesweiten Studie, die einen Zeitraum von 12 Jahren umfasst habe, hätten in allen SSPE-Fällen, bei denen eine Gehirnbiopsie möglich gewesen sei, ausschließlich Wildviren nachgewiesen werden können. Hierzu hätten sowohl Kinder ohne nachgewiesene Masernerkrankung als auch geimpfte Kinder mit Masernerkrankung in der Vorgeschichte gehört. Diese Befunde würden die von PD Dr. E. mitgeteilten Ergebnisse früherer molekulargenetischer Untersuchungen bestätigen.
Der Kläger legte hierzu noch u. a. eine "Stellungnahme" von Dr. T., Leitender Kinderarzt der Kinderklinik am Gemeinschaftskrankenhaus H., zum Thema "Masernimpfung und SSPE" aus dem Internet vor.
Mit Urteil vom 16.02.2006 wies das SG die Klage ab. Es stützte sich dabei auf die übereinstimmenden Gutachten von PD Dr. E. und Prof. Dr. K., die es als überzeugend ansah.
Der Kläger hat hiergegen am 09.03.2006 Berufung eingelegt. Er hat sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft und unter anderem ausgeführt, die Sachverständigen würden dem Klinikbericht, in dem die Diagnose SSPE als Folge einer inapparent abgelaufenen Maserninfektion interpretiert worden sei, ohne eigenständige Prüfung folgen. Für eine Infektion durch die Masernerkrankung seiner Mutter fänden sich keinerlei Anhaltspunkte. Dies sei lediglich eine Vermutung. Die Impfungen seien jedoch durch Eintragungen im Impfausweis voll bewiesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 16.02.2006 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 17.03.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.08.2004 zu verurteilen, bei ihm eine subakute sklerosierende Panenzephalitis als Folge der Impfungen gegen Masern festzustellen und ihm Versorgung, insbesondere Rente nach einer MdE um 100 v. H. zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hat der Senat von Dr. H. das Gutachten nach Aktenlage vom 15.10.2006 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, die bei dem Kläger aufgetretene SSPE-Erkrankung sei mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die bereits mit 3 Monaten aquirierte Maserninfektion und wahrscheinlich nicht ursächlich auf die Impfung mit dem Masern-Lebendimpfstoff zurückzuführen. Insoweit bestehe Konsens mit den Gutachtern PD Dr. E. und Prof. Dr. K ... Aus neuen experimentellen Erkenntnissen ergebe sich jedoch, dass im Sinne der Auslösung des Krankheitsbildes die inaktivierten Impfstoffe, die der Kläger im ersten Lebensjahr erhalten habe, vermutlich einen entscheidenden Beitrag zur Viruspersistenz des Masernvirus geleistet hätten. Der Kläger sei ausweislich des vorliegenden Impfbuches gegen Diphtherie und Tetanus (DT), Pertussis, Hib und Hepatitis B geimpft worden. Hierbei handele es sich um eine pathopysiologisch plausible Erklärungsmöglichkeit des Auftretens der SSPE-Erkrankung beim Kläger. Er schlage einer Anerkennung des Falles als Impfschädigung durch die inaktivierten Impfstoffe, die im Alter von 3 Monaten verabreicht worden seien, im Sinne einer so genannten "Kann-Versorgung" vor. Der Beklagte legte hierzu die versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. G. vom 02.11.2006 und 08.02.2007 vor. Danach liegen die Kriterien einer Kann-Versorgung im vorliegenden Fall nicht vor. Zwar herrsche in der medizinischen Wissenschaft noch Ungewissheit über die fehlerhafte Immunreaktion in der frühen Kindheit, welche das Verbleiben des Masernvirus im Körper ermögliche und dann zu einer SSPE-Erkrankung führen könne, die ursächliche Bedeutung von schädigungsbedingten Tatbeständen und nichtschädigungsbedingten Tatbeständen könne im vorliegenden Fall jedoch durchaus mit Wahrscheinlichkeit beurteilt werden. Die Maserninfektion im frühen Lebensalter habe den Kläger unabhängig von den zeitnah durchgeführten Impfungen gegen Tetanus, Diphterie, Pertussis, Hib und Hepatitis B besonders zu einer SSPE-Erkrankung prädisponiert.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden und statthaft (§ 151 Abs. 1 und §§ 143, 144 SGG).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Anzuwenden ist hier, wovon das SG zutreffend ausgegangen ist, das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG), das durch Artikel 5 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Neuregelung seuchenrechtlicher Vorschriften (Seuchenrechtsneuordnungsgesetz - SeuchRNeuG - vom 20. Juli 2000, BGBI I S. 1045) zum 1. Januar 2001 in Kraft getreten ist. Danach sind für die Versorgung bei Impfschäden die §§ 60 bis 64 sowie 66 bis 68 des IfSG maßgebend.
Nach § 60 Abs. 1 des IfSG erhält derjenige, der durch eine Schutzimpfung, die u. a. öffentlich empfohlen oder gesetzlich vorgeschrieben war, eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen des Impfschadens auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Impfschaden ist die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung (§ 2 Nr. 11 IfSG). Nach § 61 IfSG genügt zur Anerkennung eines Gesundheitsschadens als Folge einer Schädigung in diesem Sinne die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs. Wenn diese Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, kann mit Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde der Gesundheitsschaden als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG anerkannt werden.
Der Senat ist aufgrund der vorliegenden ärztlichen Unterlagen und Gutachten der Überzeugung, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den beim Kläger am 13.05.1997 und 09.04.2002 durchgeführten Impfungen gegen Masern und der im Juli 2002 manifest gewordenen SSPE-Erkrankung nicht wahrscheinlich ist. Hierzu hat PD Dr. E. schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass es zwar biologisch plausibel sei, dass durch eine Impfung gegen Masern mit dem beim Kläger verwendeten Lebendimpfstoff eine SSPE ausgelöst werden könne. Diese Hypothese konnte jedoch nach den weiteren Ausführungen von PD Dr. E. und des Prof. Dr. K. bisher wissenschaftlich nicht bestätigt werden. Vielmehr sprechen die durchgeführten wissenschaftlichen Studien dafür, dass SSPE durch so genannte Masernwildviren und nicht durch Impfviren verursacht werde. Diese Ausführungen stehen in Übereinstimmung mit den AHP, in denen SSPE als Komplikation nach einer Maserninfektion genannt wird, nicht jedoch als mögliche Folge der Impfung gegen Masern (AHP Nr. 54 Seite 173 bzw. Nr. 57 Seite 195). Weil beim Kläger ein Kontakt mit Masernwildviren im Alter von 3 Monaten nachgewiesen ist, ist es überwiegend wahrscheinlich, dass eine zu dieser Zeit abgelaufene unerkannte Maserninfektion die spätere Erkrankung ausgelöst hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zur näheren Begründung auf die Ausführungen auf Seite 5 bis 7 des angefochtenen Urteils verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Das SG hat auch bereits darauf hingewiesen, dass sich aus den vom Kläger im Laufe des Verfahrens wiederholt vorgelegten Unterlagen insbesondere dem Auszug aus dem Bundesgesundheitsblatt vom 4. April 1984 kein Anhaltspunkt für weitere Ermittlungen oder für eine andere Beurteilung ergibt. Daraus ergibt sich lediglich, dass auch gegen Masern geimpfte Kinder an SSPE erkranken, nicht jedoch, dass die Erkrankung mit Wahrscheinlichkeit auf die Masernimpfung zurückzuführen ist.
Auch die Tatsache, dass der Kläger bis zu der zweiten Impfung gegen Masern gesund war und die Erkrankung 3 Monate nach der zweiten Masernimpfung aufgetreten ist, spricht nicht für den geltend gemachten Ursachenzusammenhang. Nach den AHP tritt die SSPE-Erkrankung mit einer Latenzzeit von mehreren Jahren nach der Infektion mit dem Masernvirus auf. Damit scheidet die zweite Masernimpfung des Klägers in jedem Fall als Ursache für die Erkrankung aus. Eine Verursachung der SSPE-Erkrankung durch die erste Masernimpfung ist zwar unter Berücksichtigung der Latenzzeit möglich, aus den genannten Gründen jedoch unwahrscheinlich.
Auch aus dem auf Antrag des Klägers eingeholten Gutachten von Dr. H. ergibt sich insoweit keine andere Beurteilung. Dr. H. stimmt mit PD Dr. E. und Prof. Dr. K. insoweit überein, als die beim Kläger aufgetretene SSPE-Erkrankung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine im Alter von 3 Monaten abgelaufene inapparente Maserninfektion zurückzuführen ist. Er führt weiter aus: "Die später durchgeführten MMR-Impfungen dürften zu diesem Geschehen nicht wesentlich beigetragen haben. Auch eine Triggerung des Krankheitsausbruchs durch die Impfviren erscheint nicht wahrscheinlich." Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen kommt die Masernimpfung am 13.05.1997 weiterhin nicht als wesentlich mitwirkende Ursache für die SSPE-Erkrankung in Betracht. Nach den vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem SG vorgelegten Stellungnahme von Dr. T. wird vermutet, dass möglicherweise Kinder, die unerkannt schon Masern durchgemacht haben und trotzdem geimpft wurden, besonders disponiert und gefährdet sind, später eine SSPE zu entwickeln. Dr. H. führt hierzu nachvollziehbar aus, dass es hierfür bisher keine wissenschaftlichen Beweise gibt. Insbesondere gelang der Nachweis von Impfviren bisher lediglich bei einem Kind, dass an einer Masern-Einschlusskörperchen-Enzephalitis (MIBE) erkrankt war. Dieses Krankheitsbild ist jedoch mit dem beim Kläger vorliegende Krankheitsbild einer SSPE nicht vergleichbar. Aus dem dokumentierten Fall können somit für den Fall des Klägers keine Rückschlüsse gezogen werden.
Soweit Dr. H. ausführt, nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen käme beim Kläger die Mitverursachung der SSPE-Erkrankung durch die immunmodulatorischen Inhaltsstoffe der dem Kläger im Alter von 3 Monaten verabreichten Impfstoffe (TD-Impfstoff, acelulärer Pertusis-Impfstoff, Hib-Impfstoff und Hepatitis-B-Impfstoff) in Betracht, so konnte der Senat hierüber nicht entscheiden, da es insoweit an einer ablehnenden Verwaltungsentscheidung fehlt. Mit den angefochtenen Bescheiden wurde, wie sich eindeutig aus deren Begründung ergibt, lediglich die Anerkennung und Entschädigung der SSPE-Erkrankung des Klägers als Folge der am 13.05.1997 und 09.04.2002 durchgeführten Masernimpfungen abgelehnt. Soweit der Kläger nunmehr geltend macht, seine Erkrankung sei Folge der zwischen dem 24.04.1996 und dem 02.07.1996 durchgeführten Impfungen gegen Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten, Hib, Polio und Hepatitis B, so handelt es sich um einen anderen Lebenssachverhalt, über den bisher nicht entschieden wurde, und der nicht Streitgegenstand des anhängigen Berufungsverfahrens ist. Folgerichtig hat der Kläger seinen Antrag in der mündlichen Verhandlung eingeschränkt. Der Beklagte wird - wie er in der mündlichen Verhandlung anerkannt hat - jetzt noch zu entscheiden haben, ob ausgehend vom Antrag vom 30.06.2003 die Erkrankung des Klägers an SSPE gem. § 61 Satz 1 IfSG als Folge der zwischen dem 24.04.1996 und dem 02.07.1996 durchgeführten Mehrfachimpfungen anzuerkennen ist, wenn nicht, ob hierfür gemäß § 61 Satz 2 IfSG Kannversorgung zu gewähren ist. Hierbei wird zu berücksichtigen sein, dass nach Nr. 56 Abs. 4 AHP Impfreaktionen auch zu Aktivierungen ruhender Prozesse oder zu vorübergehenden Änderungen der Abwehrlage führen und demzufolge Mitursache der Manifestation einer anderen Krankheit sein können.
Die Berufung war aus den genannten Gründen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
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