L 3 U 109/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 3 U 133/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 109/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 20. März 2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist die Gewährung von Verletztenrente.

Der 1946 geborene Kläger arbeitete als Friseur und Angestellter im "H" Hair + Body Studio in B-A. Am 12. September 2003 um 17.30 Uhr wollte er, nachdem es zu regnen begonnen hatte, vor dem Ladengeschäft einen dreiteiligen metallenen Werbeaufsteller abbauen, als dieser ihm auf den rechten Oberarm fiel. Laut Unfallanzeige vom 15. September 2003 stellte er sofort die Arbeit ein. Im Durchgangsarztbericht (D-Arztbericht) vom 12. September 2003 stellte der am Unfalltag um 20.16 Uhr konsultierte Prof. Dr. E eine proximale Bizeps brachii-Ruptur fest. Es fand sich eine schmerzhafte Muskeldelle im proximalen Bizepssehnenbereich ohne Hämatom und Weichteilverletzung. Der Unfall wurde nicht als Arbeitsunfall im Sinne des Unfallversicherungsrechts angesehen, da kein direkter Anprall erfolgt sei. Die Verletzung sei am ehesten im Rahmen einer degenerativen Vorschädigung zu sehen. Bereits zuvor hatte der Kläger den D-Arzt Dr. S konsultiert. Nach dessen D-Arztbericht vom 15. September 2003 hatte der Kläger den Werbeaufsteller angehoben. Dieser sei ihm aus der Hand gerutscht und gegen den rechten Oberarm geprallt. Knöcherne Verletzungen wurden nicht festgestellt, ein Arbeitsunfall wurde von Dr. S bejaht.

Mit Bescheid vom 27. Oktober 2003 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 12. September 2003 als Arbeitsunfall ab. Nach den Feststellungen des Prof. Dr. E sei die erlittene Bizepssehnenzerreißung am rechten Arm auf bereits bestehende körperliche Veränderungen (degenerative Vorschädigung im Sinne einer stummen Schadensanlage) zurückzuführen. Dieser Gesundheitsschaden sei zwar am 12. September 2003 aufgetreten, er stehe jedoch in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem während der beruflichen Tätigkeit eingetretenen Ereignis. Die vorliegende stumme Schadensanlage habe den Bizepssehnenriss derart begünstigt, dass das Ereignis selbst nicht als wesentlich ursächlich oder teilursächlich anzusehen sei.

Mit Schreiben vom 15. Oktober 2003 erläuterte Dr. S gegenüber der Beklagten seine Auffassung, dass es sich bei dem Ereignis um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Der Kläger habe einen Werbeaufsteller angehoben, dabei sei ihm dieser aus der Hand gerutscht und gegen den angespannten Oberarm geschlagen. Dies stelle ein plötzlich von außen einwirkendes und unvorhergesehenes Ereignis dar. Im Rahmen von Sehnenverletzungen und Sehnenrupturen stelle sich immer die Frage, ob eine degenerative stumme Vorschädigung bestanden habe. Etwa 90% aller Rupturen der langen Bizepssehne würden durch chronische degenerative Veränderungen am Sehnenansatz verursacht. Es gebe jedoch in der Literatur beschriebene Unfallmechanismen, die zu einer traumatischen Ruptur der Sehne führen könnten (in etwa 10 bis 15% der Fälle). Dies betreffe unter anderem die geschlossene Durchtrennung durch direkte Gewalt, den Ausriss des Bizepssehnenansatzes an der Speiche beim Tragen einer Last und zusätzlichem Schlag auf die Sehne. Dem folgend liege hier ein adäquates Trauma vor. Im Übrigen spreche auch der histologische Befund für die traumatische Genese. In dem beigefügten histologischen Befund vom 06. Oktober 2003 wurde ein stark aufgefasertes Sehnengewebe beschrieben und die Diagnose einer Risszone der proximalen langen rechtsseitigen Bizepssehne mit Zeichen für eine ältere und eine frischere Läsion gestellt. Der beratende Arzt Dr. B vertrat hierzu am 31. Oktober 2003 die Auffassung, das Fehlen äußerer Verletzungsmerkmale wie Prellmarken, Blutunterlaufungen oder Abschürfungen spreche gegen ein adäquates Trauma. Auch der histologische Befund stütze nicht die Ansicht des Dr. S, denn die dort beschriebenen Veränderungen seien typisch für degenerativ bedingte Läsionen. Eine erhebliche, direkte Gewalteinwirkung auf die Bizepssehne, wie in der von Dr. S in Bezug genommenen Literatur erwähnt, liege hier gerade nicht vor. Selbst wenn man unterstelle, die Werbetafel sei im Umfallen gegen den Oberarm geprallt, so reiche dies nicht aus, um eine Bizepssehne zu zerreißen.

Nachdem der Kläger Widerspruch eingelegt hatte, zog die Beklagte zunächst den Entlassungsbericht des Krankenhauses M O vom 2. Oktober 2003 nebst Operationsbericht vom 29. September 2003 über die Refixation der langen Bizepssehne mittels Schlüssellochtechnik am proximalen Humerus und Röntgenaufnahmen der rechten Schulter bei. Auf Anfrage der Beklagten erläuterte der Kläger den Unfallhergang. Danach kniete er beim Abbau des Werbeaufstellers vor diesem, als dieser wankte, umfiel und auf seinen rechten Oberarm prallte. Sicher habe er dazu den Werbeaufsteller mit der linken Hand leicht angehoben, genau könne er dies jedoch nicht mehr sagen. Ein weiteres Anheben sei nicht beabsichtigt gewesen. Außerdem zog die Beklagte ein Vorerkrankungsverzeichnis der BKK V U bei, aus dem sich für die Jahre 1996, 1998 und 2003 Behandlungen wegen eines akuten Zervikalsyndroms, einer Periarthrosis humeroscapularis links und eines Zervikobrachialsyndroms ergaben. Die Diagnosen für 1996 und 1998 wurden von der vorherigen Krankenkasse, der IKK B und B, bestätigt. Die Beklagte forderte zudem Kopien der Sozialversicherungsausweise an. In einer weiteren Stellungnahme vom 08. Juli 2004 verblieb der beratende Arzt Dr. B bei seiner Ansicht, der Abriss der langen Bizepssehne sei degenerativ bedingt. Die Röntgenaufnahmen zeigten im Übrigen eine erhebliche Arthrose des Schultereckgelenks.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07. Oktober 2004 wies die Beklagte den Widerspruch schließlich zurück. Entschädigungsleistungen seien nicht zu erbringen, denn das Ereignis vom 12. September 2003 stelle keinen Arbeitsunfall dar.

Mit seiner Klage hat der Kläger die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall und die Zahlung von Verletztenrente begehrt und sich zur Begründung auf die Ausführungen des Dr. S gestützt.

In der nichtöffentlichen Sitzung vom 07. Februar 2006 hat er zum Unfallhergang angegeben, der Werbeaufsteller habe aus drei jeweils zwischen 15 bis 20 kg wiegenden Teilen bestanden. Er habe nach dem Anprall keine äußeren Verletzungszeichen feststellen können, auch sei seine Jacke unbeschädigt geblieben. Es seien sofort Schmerzen aufgetreten und beim Unfallarzt habe sich eine riesenhafte Beule am rechten Oberarm gezeigt. Eine Verfärbung des rechten Oberarms habe sich erst später eingestellt.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen D T und B W, die beide den Unfall selber nicht beobachtet hatten. Das Gericht hat zudem ermittelt durch Einholung einer Auskunft der behandelnden Allgemeinmedizinerin K vom 08. August 2005 und eines Befundberichtes der Orthopädin Dr. L vom 02. März 2006 sowie durch Beziehung der Originalkarteikarte der vormals behandelnden Ärztin Dr. K.

Dann hat das Sozialgericht den Orthopäden und Chirurgen Dr. T mit der Untersuchung und Begutachtung des Klägers beauftragt. In seinem Gutachten vom 26. Mai 2006 hat der Sachverständige folgende Diagnosen gestellt • Initiale Omarthrose und deutliche AC-Gelenksarthrose rechts sowie deutliche Om- und AC-Gelenksarthrose links • Offene Tenodese am 29. September 2003 mit gutem funktionellem Ergebnis • Chronisches lokales HWS-Syndrom mit mäßigen Verschleißerscheinungen und leichten Funktionsstörungen • Pseudoradikuläres LWS-Syndrom mit muskulärer Dysbalance und leichten bis mäßigen Verschleißerscheinungen sowie leichten Funktionsstörungen • Arterieller Hypertonus • Diabetes mellitus Typ II • Schwerhörigkeit mit Tinnitus links. Der Unfallmechanismus sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht geeignet gewesen, eine akute Schädigung über die lange Bizepssehne hervorzurufen. Es sei rückschauend nicht möglich herauszufinden, ob die Werbefläche schmalkantig auf den Oberarm geprallt sei. Der vom Kläger beschriebene und auch der aktenkundige Unfallmechanismus sprächen eher dafür, dass die Prellung breitflächig erfolgt sei (fehlendes Hämatom, fehlende Prellmarke). Ein Schlag wie mit einem Kantholz auf eine unter die Haut liegende Sehne sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht erfolgt. Der Kläger habe bereits zuvor unter Halswirbelsäulen- und Schultergelenksbeschwerden gelitten. Radiologisch seien nicht nur an der linken, sondern auch an der rechten Schulter Verschleißerscheinungen nachgewiesen. Intraoperativ sei am 29. September 2003 eine Gewebeprobe aus der Sehne des zweiköpfigen Oberarmmuskels entnommen worden. Die Beschreibung des mikroskopischen Befundes spreche eindeutig für vorbestehende degenerative Veränderungen an der Sehne. Solche Verschleißerscheinungen könnten nicht innerhalb von 17 Tagen entstehen, sie wiesen auf eine ältere und langwierige Beanspruchung hin.

Mit Urteil vom 20. März 2007 hat das Sozialgericht Frankfurt (Oder) die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung von Verletztenrente, denn bei dem Ereignis vom 12. September 2003 habe es sich nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt. Es habe sich nicht feststellen lassen, dass er infolge des Umkippens des Werbeaufstellers einen Gesundheitsschaden erlitten habe. Die anlässlich dieses Ereignisses aufgetretene Ruptur der langen Bizepssehne rechts könne nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf das angeschuldigte Unfallereignis zurückgeführt werden. Nach den überzeugenden und schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen sei das Ereignis vom 12. September 2003 nach Art, Hergang und Schwere nicht geeignet gewesen, eine Schädigung der langen Bizepssehne hervorzurufen.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er weiterhin die Gewährung einer Verletztenrente unter Anerkennung des Ereignisses vom 12. September 2003 als Arbeitsunfall begehrt. Er geht davon aus, dass der histologische Befund eindeutig für eine traumatische Genese spreche, wie schon Dr. S hervorgehoben habe. Der Grad der angeblichen Vorschädigung sei nicht festgestellt worden. Allein altersbedingte Vorschädigungen aufgrund normaler Abnutzung könnten keinesfalls zur Ablehnung eines Arbeitsunfalls führen. Zum Unfallzeitpunkt habe er eine Strickjacke und darüber eine Regenjacke getragen. Diese hätten den Schlag unter Umständen abgemildert, so dass ihm nicht entgegengehalten werden könne, dass zunächst kein Hämatom sichtbar gewesen sei. Es könne eben nicht mit Sicherheit festgestellt werden, dass das fragliche Ereignis nicht zum Bizepssehnenriss geführt habe. Zwar liege hier kein Standardfall der Unfallliteratur vor, doch seien die Auflistungen in der Standardliteratur nicht abschließend.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 20. März 2007 und den Bescheid der Beklagten vom 27. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Unfall vom 12. September 2003 als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihm seit dem 12. März 2005 Verletztenrente in Höhe von mindestens 20 v. H. der Vollrente zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 27. August 2007 sind die Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört worden.

Zum übrigen Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte und die den Kläger betreffende Verwaltungsakte zum Geschäftszeichen verwiesen.

II.

Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG entscheiden, denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 27. Oktober 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Oktober 2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dem Kläger steht, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, kein Leistungsanspruch aus dem Ereignis vom 12. September 2003 zu.

Die Gewährung von Verletztenrente nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) setzt den Eintritt eines Arbeitsunfalls voraus. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.

Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist damit in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass die Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat und letzteres einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (so Bundessozialgericht (BSG) vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R -). Die versicherte Tätigkeit, der Unfall und die Gesundheitsschädigung müssen i. S. des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, der nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit - nicht allerdings die bloße Möglichkeit - ausreicht (BSG SozR 3-2200 § 551 RVO Nr. 16 m. w. N.). Ein Zusammenhang ist wahrscheinlich, wenn bei Abwägung der für den Zusammenhang sprechenden Faktoren diese so stark überwiegen, dass darauf die Überzeugung des Gerichts gegründet werden kann.

Der Entschädigungsanspruch des Klägers scheitert daran, dass es an dem Nachweis eines Unfalls i. S. des § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII fehlt. Der Kläger hat deshalb keinen Anspruch auf Anerkennung des Ereignisses vom 12. September 2003 als Arbeitsunfall und Gewährung einer Verletztenrente. Zwar geschah das Ereignis während einer versicherten Tätigkeit, auch stellt das Umfallen des Werbeträgers mit dem Anprall desselben auf den Arm des Klägers ein von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis dar, zur Überzeugung des Gerichts fehlt es jedoch an einem auf den Unfall zurückzuführenden Gesundheits(-erst-)schaden. Weder der D- Arztbericht des Dr. S noch der des Prof. Dr. E schildern eine Prellmarke, eine Verschwellung oder eine Hautabschürfung bzw. ein Hämatom. Soweit der Kläger behauptet, erst ein bis zwei Tage später habe sich der Oberarm verfärbt, so ist dies nicht bewiesen.

Es ist zwar unstreitig, dass der Kläger im Bereich der rechten Schulter eine Ruptur der langen körpernahen Bizepssehne erlitten hat. Der Senat hält es jedoch nicht für hinreichend wahrscheinlich, dass die Ruptur der langen Bizepssehne auf das Ereignis vom 12. September 2003 zurückzuführen ist. Der Senat stützt sich dabei auf das Gutachten von Dr. T, das sich überzeugend und nachvollziehbar mit den Kriterien, die in der unfallmedizinischen Literatur zu den Ursachen einer Bizepssehnenruptur diskutiert werden (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003, Kapitel 8.2.4.), auseinander setzt.

Der Sachverständige hat darauf verwiesen, dass ein Nachweis für eine direkt einwirkende Kraft wie ein Schlag oder eine Quetschung fehlt. Eine als Nachweis dafür anzusehende Hautquetschung oder –abschürfung (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin a. a. O., S. 499) fehlt nämlich. Soweit der Kläger vorträgt, es sei erst ein bis zwei Tage später zu einer Verfärbung des rechten Oberarms gekommen, so stellt dies – unterstellt die Angaben wären zutreffend – keinen geeigneten Nachweis für ein direktes Trauma dar. Auch bei einem unfallfremden degenerativen Sehnenriss zerreißt mit dem Sehnenrestgewebe das in die Entartungszone eingesprossene Gefäßnetz und es kommt zu einer Einblutung mit Blutergussverfärbung (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin a. a. O., S. 500).

Darüber hinaus stellt der geschilderte Unfallhergang auch keinen geeigneten indirekten Unfallmechanismus dar. In der unfallmedizinischen Literatur werden hierfür angeführt • Anheben eines 60 bis 80 kg schweren Gegenstandes und Nachfassen desselben, als dieser aus der Hand gleitet • Anheben eines etwa 40 kg schweren Gegenstandes, dabei Schlag eines Kantholzes auf den Muskel im rechten Armbereich • Reißleinenverletzungen bei Fallschirmspringern • Heben eines Torflügels von unten und oben, wobei beide Hände maximal voneinander entfernt und die Bizepssehnenmuskulatur maximal gespannt ist • Abfangen eines Sturzes. Keiner dieser Unfallmechanismen ist mit demjenigen vergleichbar, der sich am 12. September 2003 abgespielt hat. Es ist bereits unklar, inwieweit der Kläger den Werbeaufsteller bzw. einen Teil desselben angehoben hat, denn hierzu finden sich unterschiedliche Angaben in den Unterlagen. Auch ist unklar, mit welcher Hand der Kläger die Tafel gegebenenfalls angehoben hat, der Kläger hat hier sowohl die linke (Schreiben des Klägers vom 09. Februar 2004) als auch die rechte Hand (Angabe gegenüber dem Sachverständigen) benannt. Nicht klärbar war zudem, wie genau die Werbetafel auf den Oberarm geprallt ist, d. h. mit der schmalen Seite oder der breiten Seite. Eine maximale oder starke Anspannung der Bizepssehne (Schönberger/Mehrtens/Valentin a. a. O., S. 499) während des Anpralls der Tafel ist jedenfalls nicht nachvollziehbar. Auch erscheint eine außergewöhnliche Kraftanstrengung, wie sie regelmäßig zu fordern ist (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin a. a. O.), ausgeschlossen. Schließlich hat der Kläger nicht den gesamten Aufsteller höher oder länger angehoben bzw. getragen, sondern nur einen Teil davon geringfügig angehoben (vgl. die Schilderung gegenüber dem Sachverständigen Dr. T). Im Übrigen dürfte der Aufsteller regelmäßig von ihm bewegt worden sein.

Der Sachverständige hat zutreffend darauf verwiesen, dass der histologische Befund vom 06. Oktober 2003 und die Röntgenaufnahmen des rechten Schultergelenks vom 12. September 2003 sowohl degenerative Veränderungen der Sehne als auch des Schultergelenks und des AC-Gelenks (beginnende Schulterarthrose und deutliche AC-Gelenksarthrose) zeigen. Auch das linke Schultergelenk ist von degenerativen Veränderungen im Sinne einer Schultergelenks- und einer Schultereckgelenksarthrose betroffen. Derartige degenerative Veränderungen der Sehne und der knöchernen Strukturen sprechen gegen einen ursächlichen Zusammenhang (Schönberger/Mehrtens/Valentin a. a. O., S. 500). Bereits vor dem Ereignis bestand Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit wegen Schulter-Nacken-Beschwerden (Zervikobrachialsyndrom, nicht seitenbetont: Juli bis Anfang September 2003), wegen eines akuten Zervikalsyndroms (1996) und wegen einer Periarthritis humeroscapularis links (1998). Außerdem weist der histologische Befund keine Einblutungen auf, was ebenfalls gegen den Unfallzusammenhang spricht (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin a. a. O.). Des Weiteren fehlt es an einer Zerreißung des Muskels sowie an Begleitverletzungen anderer Weichteilstrukturen wie Muskeln/Kapsel-Bandapparat, Schleimbeutel, Haut, Unterhaut. Derartige Verletzungen wären bei einem Unfallzusammenhang jedoch zu erwarten (Schönberger/Mehrtens/Valentin a. a. O., S 499). Es ist zudem darauf hinzuweisen, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt 57 Jahre alt war und damit in einem Alter, in dem im Allgemeinen die Degeneration der Sehne längst eingesetzt hat (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin a. a. O., S. 498).

Der Senat hat daher keine Bedenken, der Auffassung des Dr. T zu folgen. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf die Stellungnahme des Dr. S vom 15. Oktober 2003 berufen. Dieser hat sich weder mit den Befunden noch der unfallmedizinischen Literatur detailliert auseinander gesetzt. Zutreffend hat er darauf hingewiesen, dass nur ein kleiner Anteil der Bizepssehnenrupturen traumatisch bedingt ist. Ein Unfallmechanismus, der geeignet gewesen wäre, eine solche Ruptur hervorzurufen, ist am 12. September 2003 jedoch gerade nicht abgelaufen. Insbesondere ist eine direkte Krafteinwirkung oder eine indirekte Krafteinwirkung auf den angespannten Muskel durch das Tragen einer Last wie bei einem Schlag nicht nachgewiesen. Insofern gehen die Ausführungen des Dr. S in die Leere.

Von einer Befragung des Dr. S als sachverständiger Zeuge, wie vom Kläger mit Schriftsatz vom 13. August 2007 beantragt, konnte der Senat absehen. Es kann dahinstehen, ob es sich bei dem Antrag des Klägers überhaupt um einen formgerechten Beweisantrag handelt. Dr. S hat sich zur Frage des ursächlichen Zusammenhangs in seiner Stellungnahme vom 15. Oktober 2003 bereits eindeutig geäußert. Diese ist vom Senat gewürdigt worden und in die Entscheidung eingeflossen.

Danach war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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