L 4 R 5846/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 1001/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 5846/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. September 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger ab 22. November 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung beanspruchen kann.

Der am 1957 geborene Kläger erlernte vom 01. September 1972 bis 30. Januar 1976 den Beruf des Maschinenschlossers (Prüfungszeugnis vom 30. Januar 1976) und war danach, unterbrochen durch den Wehrdienst (05. Januar 1977 bis 31. März 1978), bis 24. August 1979 im erlernten Beruf tätig. Anschließend arbeitete er seinen Angaben zufolge als Facharbeiter bei der Bahn (27. August 1979 bis 27. Juni 1980), als Monteur ((Facharbeiter) 30. Juni 1980 bis 15. April 1982), nach Zeiten der Arbeitslosigkeit dann als Mechaniker (30. Juli 1984 bis 31. Juli 1992) und schließlich seit 29. Mai 1995, nach erneuten Zeiten der Arbeitslosigkeit, als Maschinenarbeiter (Sichtprüfer) in einem Halbleiterwerk der R. B. GmbH. Seit 18. Februar 2002 war er arbeitsunfähig krank und bezog vom 01. April 2002 bis 18. August 2003 Krankengeld und danach bis 09. Februar 2005 Leistungen von der Agentur für Arbeit. Seit 05. Mai 2003 ist beim Kläger nach dem Neunten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 festgestellt (Bescheid des Versorgungsamts Rottweil vom 26. August 2003). Vom 20. September bis 18. Oktober 2002 erfolgte beim Kläger auf Kosten der Beklagten (damals noch Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg) eine stationäre Rehabilitationsbehandlung in der Schlossklinik Bad Buchau. Im Entlassungsbericht des Dr. K. vom 23. Oktober 2002 wurden als Diagnosen eine Schmerzfehlverarbeitung bei akzentuierter Persönlichkeit, eine chronisch rezidivierende Cervicodorsolumbalgie bei mäßigen degenerativen Veränderungen (ohne radikuläre Symptomatik), eine arterielle Hypertonie im Rahmen eines metabolischen Syndroms sowie ein Verdacht auf Kontaktdermatitis (auskuriert) genannt. Unter Berücksichtigung der medizinischen und psychologischen Beurteilung sei das berufliche Leistungsvermögen des Klägers leicht eingeschränkt. Er sei für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit über sechs Stunden leistungsfähig. Die Ausübung der Nachtschicht sei nicht möglich. Eine innerbetriebliche Umsetzung werde empfohlen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt betrage das Leistungsvermögen unter Berücksichtigung der Einschränkung (Verzicht auf Nachtschicht) über sechs Stunden.

Am 22. November 2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten Rente wegen voller Erwerbsminderung. Unter Berücksichtigung des genannten Entlassungsberichts gelangte Dr. M. in der Stellungnahme vom 16. Dezember 2002 zu dem Ergebnis, der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, ohne Nachtschicht, ohne häufiges Bücken und ohne häufiges Heben und Tragen oder Bewegen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel von mehr als 15 kg noch mindestens sechs Stunden und länger täglich verrichten, wozu auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Sichtprüfer gehöre. Mit Bescheid vom 19. Dezember 2002 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch vom 02. Januar 2003 reichte der Kläger Arztbriefe der Fachärztin für Neurologie Ullrich-Randecker vom 25. März 2002 sowie des Orthopäden Dr. H. vom 17. Mai 2002 ein, ferner eine Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung der Dr. B.-L., Gemeinschaftspraxis Allgemeinmedizin/Schmerztherapie, vom 30. Dezember 2002. Der Kläger machte geltend, er sei nicht in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Seine Schmerzen nähmen unter der geringsten belastenden Tätigkeit stark zu. Nur aufgrund der Schmerzbehandlung sei er in der Lage, seinen Alltag unter reduzierten Schmerzen zu bewältigen. Eine Arbeitstätigkeit sei derzeit wegen der Bewegungseinschränkung und wegen der starken Schmerzen nicht möglich. Ihm müsse Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit gewährt werden. Im Widerspruchsverfahren wurden weitere Arztbriefe des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Ma. vom 05. und 22. November 2002 sowie ein weiterer Arztbrief des Arztes für Orthopädie Dr. K. vom 25. Oktober 2002 vorgelegt, ferner ein Untersuchungsbefund des Facharztes für Radiologie Dr. B. vom 19. November 2002. Unter Berücksichtigung dieser Arztbriefe verblieb Dr. M. in der Stellungnahme vom 29. Januar 2003 bei ihrer bisherigen Beurteilung. Der Widerspruch wurde danach zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten bestehenden Widerspruchsausschusses vom 26. März 2003).

Deswegen erhob der Kläger am 14. April 2003 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Er reichte Arztbriefe des Arztes für Innere Medizin/Rheumatologie Dr. Bä. vom 25. November 2003 sowie des Dr. R., Oberarzt an der Orthopädischen Klinik des Universitätsklinikums T., vom 02. Oktober 2004 ein und machte geltend, er leide unter chronischen Schmerzen und müsse deshalb laufend starke Medikamente einnehmen. Es sei ihm unverständlich, dass er dennoch in der Lage sein solle, mindestens sechs Stunden arbeiten zu können. Er sei jetzt ausgesteuert. Es müssten die vom Versorgungsamt Rottweil anerkannten Funktionsbeeinträchtigungen berücksichtigt werden, nämlich Depression, psychovegetatives Erschöpfungssyndrom, funktionelle Organbeschwerden, chronisches Schmerzsyndrom, Migräne, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen, Fibromyalgiesyndrom, Arthralgien, Beckenschaden, Bluthochdruck, metabolisches Syndrom, Schwerhörigkeit beidseits mit Ohrgeräuschen, Rhinitis, Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke, Leberschaden und Blutbildveränderungen. Er berief sich auf Behandlungen bei Dr. B.-L. als Hausärztin sowie bei dem Arzt für Orthopädie Dr. B ... Das vom SG von Amts wegen erhobene Sachverständigengutachten des Arztes für Neurologie, Psychiatrie, Umweltmedizin Dr. La. sei weder schlüssig noch nachvollziehbar. Dies gelte für die von Dr. La. beschriebene Aggravation. Darin fehle auch eine ausführliche Darstellung seiner Familienanamnese sowie der Arbeits- und Sozialanamnese. Das Gutachten sei auch widersprüchlich und setze sich mit dem geäußerten Verdacht eines Restless-Legs-Syndrom nicht auseinander. Hinsichtlich des von Dr. La. erwähnten Schwimmens gehe es darum, dass er sich ungefähr alle zwei bis drei Wochen zwei Stunden im Thermalbad in Beuren aufhalte, da ihm die Wärme gut tue. Auch bezüglich des Radfahrens gehe es nur darum, dass er ungefähr alle zwei bis drei Wochen auf ebenen Strecken ungefähr dreißig Minuten mit Pausen Rad fahre. Das auf seinen Antrag erhobene Sachverständigengutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Se. vom 17. August 2005 bestätige sein Vorbringen. Zu Unrecht kritisiere die Beklagte daran, dass sich Dr. Se. überwiegend auf seine subjektiven Angaben stütze. Es sei auch zu berücksichtigen, dass er sich ständig in ärztlicher Behandlung befinde. Das SG erhob schriftliche Auskünfte als sachverständige Zeugen der Dr. B.-L. vom 21. Oktober 2003, die zahlreiche Arztbriefe mit einreichte, und des Dr. B. vom 29. Oktober 2003. Ferner erhob das SG von Amts wegen das Sachverständigengutachten des Dr. La. vom 26. Februar 2004 (Untersuchung am 16. Februar 2004) mit ergänzender Stellungnahme vom 17. April 2004 sowie auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das weitere Sachverständigengutachten des Dr. Se. vom 17. August 2005 (Untersuchung am 05. Januar 2005) mit ergänzender Stellungnahme vom 20. November 2005. Dr. La. nannte als Diagnosen ein schmerzhaftes Wirbelsäulensyndrom, einen Tinnitus, eine subjektiv vorgebrachte Hypakusis, einen Verdacht auf ruhelose Beine sowie eine Depression/Angst und gelangte zu dem Ergebnis, leichte aufsichtführende Tätigkeiten, die es dem Kläger ermöglichten, zwischen Sitzen, Gehen und Stehen zu wechseln, seien vollschichtig möglich. Hebe- und Tragebelastungen sowie Zwangshaltungen seien nicht zumutbar. Die Depression enge das berufliche Leistungsvermögen dahingehend ein, dass Arbeiten unter Zeitdruck und Arbeiten mit hoher Verantwortung nicht durchgeführt werden könnten. Dr. Se. nannte als Diagnosen einen dringenden Verdacht auf ein generalisiertes myofasziales Schmerzsyndrom, ein nicht ganz typisches Fibromyalgiesyndrom an mehreren Lokalisationen, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und ein vorbestehendes Syndrom der unruhigen Beine. Einen relevanten Anhalt für eine überdauernde depressive Störung fand er nicht. Er hielt den Kläger nicht mehr für fähig, Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Der Grund für die zeitliche Einschränkung, dass allenfalls halbschichtige Tätigkeiten täglich möglich seien, sei die bestehende Schmerzsymptomatik, die bei wiederholten Bewegungsabläufen und Tätigkeiten zunächst auch zunehmen werde, weil bei gleichförmigen Arbeitstätigkeiten ganz überwiegend immer die gleichen Muskelpartien beansprucht würden. Der Zustand sei besserungsfähig. Er halte vor allem bei Teilzeitbeschäftigung von 20 oder maximal 25 Stunden in der Woche durchaus eine therapeutische Bemühung des Klägers neben der Arbeit für möglich; diese solle neben einer psychotherapeutischen Begleitung vor allem darin bestehen, dass der Kläger versuche, seine körperliche Leistungsfähigkeit zu steigern. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten sowie unter Einreichung von Stellungnahmen des Obermedizinalrats - Sozialmedizin - F. vom 14. Januar 2004, 05. September 2005, 09. Februar und 19. Juni 2006 entgegen. Mit Urteil vom 28. September 2006, den Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 26. Oktober 2006 zugestellt, wies das SG die Klage ab. Die Voraussetzungen eines Rentenanspruchs lägen beim Kläger nicht vor. Die bei ihm bestehenden Erkrankungen in Form eines schmerzhaften Wirbelsäulensyndroms, des Verdachts auf Restless-Legs-Syndrom, einer Hypakusis, eines Tinnitus, einer ängstlich gefärbten Depression bzw. eines Fibromyalgiesyndroms sowie einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung beeinträchtigten ihn in seiner Leistungsfähigkeit nicht so sehr, dass er nur unter sechs Stunden täglich leistungsfähig wäre. Dem Gutachten des Dr. Se. sei nicht zu folgen. Insoweit habe Dr. La. gleichermaßen die Schmerzsituation des Klägers erhoben und aus psychiatrischer/neurologischer Sicht gewürdigt. Indessen liege seiner Begutachtung eine kritische Hinterfragung der subjektiven Schilderung des Klägers zugrunde. Die Leistungsbeurteilung des Dr. La. decke sich insoweit auch mit derjenigen des Dr. B. sowie grundsätzlich auch mit der Einschätzung der behandelnden Schmerztherapeutin Dr. B.-L.

Dagegen hat der Kläger am 22. November 2006 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Der Kläger macht geltend, in seinem Falle komme es nicht maßgeblich auf den orthopädischen Fachbereich an. Entscheidend sei vielmehr, ob er mit Hilfe medikamentöser und/oder psychotherapeutischer Behandlung in der Lage sei, die vorliegenden Störungen, sei es eine somatoforme Schmerzstörung oder eine psychische Störung, so weit zu überwinden, dass er sich überhaupt wieder eine Leistung in nennenswertem Umfang zutraue und sich fordere. Bis jetzt habe die Behandlung dies nicht zu erreichen vermocht, obwohl er sich in regelmäßiger Schmerzbehandlung bei Dr. B.-L. befinde und auch psychotherapeutische Behandlung stattfinde. Von daher habe gerade nicht erreicht werden können, was Dr. La. als unablässige Voraussetzung angesehen habe, nämlich das Aufbrechen seiner Fixierung auf eine körperliche Nichtbelastung. Nach Zugang des sozialgerichtlichen Urteils sei er zweimal durch Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie Sting behandelt worden. Der Kläger hat auch eine ärztliche Bescheinigung der Dr. B.-L. vom 17. Juni 2007 eingereicht.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. September 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 19. Dezember 2002 in der Ge¬stalt des Widerspruchsbescheids vom 26. März 2003 zu verurteilen, ihm ab 22. November 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend.

Der Berichterstatter des Senats hat eine Auskunft des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie Sting vom 12. September 2007 eingeholt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig, jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. März 2003 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Ihm steht weder ab 22. November 2002 noch ab einem späteren Zeitpunkt Rente zu, weder wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung, und zwar auch nicht lediglich auf Zeit.

Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder wegen Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser, als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich, bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche, ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten kann, ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht erwerbsgemindert.

Nach diesen Maßstäben ist der Kläger weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, denn er ist noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen, ohne Hebe- und Tragebelastungen, ohne Zeitdruck und hohe Verantwortung zu verrichten, wie das SG zutreffend dargelegt hat. Insoweit verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils.

Ergänzend ist noch Folgendes auszuführen: Auch der Senat folgt der Leistungsbeurteilung des neurologisch-psychiatrischen Sachverständigen Dr. La., wobei auch der Kläger insoweit in der Berufungsgründung geltend gemacht hat, dass es bei ihm maßgeblich nicht auf den orthopädischen Fachbereich ankomme, sondern auf die neurologisch-psychiatrische Beurteilung. Dr. La. hat insoweit die vom Kläger geltend gemachte Schmerzsymptomatik zutreffend beurteilt. Auch den Senat überzeugt die Einschätzung des Sachverständigen Dr. Se. nicht, der die von Dr. La. angenommene qualitative Leistungseinschränkung, wobei Dr. Se. im Übrigen annimmt, dem Kläger seien Arbeiten mit einer besonderen Verantwortung bzw. einer besonderen geistigen Beanspruchung möglich, auch quantitativ auf halbschichtig, d.h. vier Stunden pro Tag, begrenzen zu müssen glaubt. Diese zeitliche Leistungseinschränkung begründet der Sachverständige Dr. Se. mit der bestehenden Schmerzsymptomatik. Er geht insoweit beim Kläger von einem dringenden Verdacht auf generalisiertes myofasziales Schmerzsyndrom sowie von einem nicht ganz typischen Fibromyalgiesyndrom an mehreren Lokalisationen, ferner von einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung aus, verneint aber derzeit einen Anhalt für eine überdauernde depressive Störung. Dr. Se. begründet die quantitative Leistungseinschränkung damit, dass die Schmerzsymptomatik bei wiederholten Bewegungsabläufen und Tätigkeiten zumindest zunehmen werde, weil bei gleichförmigen Arbeitstätigkeiten ganz überwiegend immer die gleichen Muskelpartien beansprucht würden. Damit steht einerseits im Widerspruch, dass der Sachverständige bestätigt, dass ein chronisch-schmerzhaftes Beschwerdebild in der Regel zu einer Verstärkung der schmerzhaften Beschwerden bei körperlicher Schonung führe, jedoch eher bei körperlicher Aktivierung zu einer, wenn auch manchmal nur mäßigen Besserung. Ferner berücksichtigt der Sachverständige Dr. Se. bei der Betonung einer gleichförmigen Arbeitstätigkeit nicht, dass solche gleichförmigen Tätigkeiten dem Kläger gerade nicht zugemutet werden können. Beispielsweise geht auch Dr. Se. davon aus, dass beim Kläger ein Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen möglich sein solle; ferner seien gleichförmige Körperhaltungen zu vermeiden. Soweit sich der Sachverständige Dr. Se. weiter für die Bejahung einer zeitlichen Einschränkung auf die subjektiven Angaben des Klägers stützt, wobei dieser Spannungsgefühl in den Beinen nach bereits 20minütigem Gehen, die Notwendigkeit, zwei Pausen bei einem einstündigen Spaziergang machen zu müssen sowie Schwierigkeiten allein bei der Mithilfe bei einer Wohnungsrenovierung angegeben habe, überzeugt dies nicht. Ein Rentenanspruch, gestützt auf eine quantitative Leistungseinschränkung von weniger als sechs Stunden, ergibt sich auch nicht daraus, wovon ersichtlich der Sachverständige Dr. Se. ausgeht, dass dem Kläger dann neben der Arbeit die Möglichkeit zu therapeutischen Bemühungen einschließlich psychotherapeutischer Begleitung und dem eigenen Bemühen, die körperliche Leistungsfähigkeit noch zu steigern, verbleiben würde. Es vermag den Senat nicht zu überzeugen, wenn Dr. Se. die Ansicht vertreten will, dass das mindestens sechsstündige Leistungsvermögen des Klägers erst aufgrund von therapeutischen Bemühungen im genannten Sinne erreichbar wäre. Im Übrigen haben beide gerichtliche Sachverständigen beim Kläger auf Behandlungsmöglichkeiten hingewiesen. Insbesondere hat Dr. La. dargelegt, dass beim Kläger die notwenige Medikamenteneinnahme nicht zuverlässig und regelmäßig erfolge; er hat auch die Umstellung der Medikamenteneinnahme empfohlen. Der Senat vermag nicht festzustellen, dass die von Dr. La. angeregte psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung stattgefunden hat. In der vom Kläger vorgelegten Bescheinigung der Dr. B.-L. vom 17. Juni 2007 ist lediglich allgemein eine hausärztliche und schmerztherapeutische Behandlung erwähnt. Auch hat der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Sting in der Auskunft vom 12. September 2007 lediglich zwei Behandlungstermine im November und Dezember 2006 erwähnt. Danach hat er dem Kläger eine medikamentöse Behandlung mit Cipralex und eine intensive psychotherapeutische Behandlung empfohlen, jedoch darauf hingewiesen, dass er keine Kenntnis davon habe, ob diese psychotherapeutische Behandlung weitergeführt worden sei. Allein das Bestehen von Behandlungsbedürftigkeit begründet entgegen der Ansicht des Klägers einen Rentenanspruch nicht, wobei derzeit auch nicht festgestellt werden kann, dass die von Dr. La. empfohlenen Behandlungen erfolglos geblieben sind.

Dem Kläger steht auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (BU) zu. Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Sätze 1 und 2 der Vorschrift). Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Satz 4 der Vorschrift). Im Hinblick auf die oben festgestellte quantitative und qualitative Leistungsfähigkeit des Klägers, wobei Dr. La. gerade auch aufsichtführende leichte Tätigkeiten für zumutbar hält, geht der Senat davon aus, dass der Kläger durchaus noch in der Lage ist, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Sichtprüfer, wenn auch nicht mit Nachtschicht, noch mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann. Der Kläger hatte diese Tätigkeit nach dem Entlassungsbericht vom 23. Oktober 2002 selbst als leicht eingestuft, wobei sie im Sitzen und Stehen ausgeübt worden sei. Mithin war nicht zu entscheiden, wie diese zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Sichtprüfer im Rahmen des Mehrstufenschemas einzustufen war.

Die Erhebung eines weiteren Sachverständigengutachtens war nicht geboten.

Danach war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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