L 1 U 1035/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 1859/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 1035/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 3. Januar 2006 insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Gewährung einer Verletztenrente verurteilt worden ist, und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin wegen den als Unfallfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen "posttraumatische Belastungsstörung nach Banküberfall" und "perfunktionelle Dysphonie" (gemeint ist eine hyperfunktionelle -psychogene- Dysphonie (Stimmstörung)) eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 25 v.H. zusteht.

Die 1948 geborene Klägerin war als Angestellte einer Sparkasse tätig. Am 14.01.1999 gegen 17:45 Uhr befand sich die Klägerin und ein Kollege allein in der Sparkassenfiliale, als ein maskierter Bankräuber die Schalterhalle betrat und mit einer Waffe die Herausgabe von Geld forderte. Die Klägerin ließ sich hinter dem mit einer schusssicheren Trennscheibe versehenen Schalter zu Boden fallen und kroch in einen Nebenraum. Ihr Kollege löste den Alarm aus. Der Bankräuber verließ die Sparkassenfiliale ohne Beute.

Die Klägerin suchte am gleichen Tag die Fachärzte für Allgemeinmedizin Dres. K. und Kollegen auf. Im H-Arzt-Bericht vom 15.01.1999 ist hierüber ausgeführt, dass die Klägerin bei der Vorstellung am 14.01.1999 um 19:10 Uhr stark agitiert gewirkt habe und sehr beeindruckt von dem Erlebten gewesen sei. Anhaltspunkte für einen psychogenen Schock hätten nicht vorgelegen. Diagnostiziert wurde ein psychischer Ausnahmezustand. Zunächst wegen Asthma bronchiale und Infektexacerbation, später wegen Laryngitis (Kehlkopfentzündung) und anderer Diagnosen, bestand ab 22.01.1999 durchgehend Arbeitsunfähigkeit. Ab Dezember 2000 erhält die Klägerin eigenen Angaben zufolge Erwerbsunfähigkeitsrente vom Rentenversicherungsträger Deutsche Rentenversicherung Bund.

Unter dem 12.07.1999 zeigte der Arbeitgeber den Vorfall als Arbeitsunfall an und bezeichnete den Zusammenbruch des Immunsystems, den Verlust der Stimme sowie eine akute psychische Dekompensation als Verletzungsfolgen. Der Gemeindeunfallversicherungsverband (im folgenden nur noch die Beklagte), ein Rechtsvorgänger der Beklagten, zog die Akten des Versorgungsamts H. bei, in dem u. a. ein Vorerkrankungsverzeichnis der DAK H. vom 27.08.1999 und der Arztbrief des Pädiatrischen Zentrums des Olgahospitals S.t vom 03.05.1999 mit der Diagnose: Stimmlippenpolyp beidseits hyperfunktionelle Stimmgebung sowie der Entlassungsbericht der HNO-Universitätsklinik M. vom 25.05.1999 (stationäre Behandlung vom 10.05. bis 17.05.1999 mit Operation am 11.05.1999 unter der Diagnose: Granulationspolypen beider Stimmbänder) enthalten war. In dem beigezogenen Arztbrief der Nervenärzte Dr. T. und Dr. L. vom 04.11.1999 über die Behandlung der Klägerin am 23.8., 14.9. und 12.10.1999 ist eine posttraumatische Belastungsstörung sowie ein Zustand nach Laryngitis und Pharyngitis (Entzündung im Rachenbereich) als Diagnose angegeben.

Die Beklagte holte das neurologische Gutachten von Prof. Dr. S. vom 06.09.2000 ein, der eine Erkrankung auf neurologischem Fachgebiet ausschloss, aber den Verdacht auf eine ausgeprägte posttraumatische Belastungsstörung äußerte.

In seinem hno-ärztlichen Gutachten vom 25.09.2000 und seiner gutachtlichen Ergänzung vom 14.08.2001 beschrieb Prof. Dr. H. eine reaktive, psychogene hyperfunktionelle Dysphonie als Unfallfolge. Unfallunabhängig bestehe bei der Klägerin eine chronisch polypöse Rhinosinusitis (Nasennebenhöhlenentzündung) beidseits ohne klinische Beschwerden und gelegentlich ein linksseitiges Ohrgeräusche bei sensorineuraler Schwerhörigkeit im Mittel- und Hochtonbereich. Die im Mai 1999 operativ entfernten Stimmbandpolypen seien nicht unfallbedingt entstanden. Die Klägerin habe angegeben, sie habe nach dem Überfall normal weitergearbeitet, sei aber eine Woche später zusammengebrochen. Sie habe asthmatische Anfälle erlitten und Angstzustände bekommen. Während dieser Zeit sei ihre Stimme immer schlechter geworden bis zur völligen Aphonie (Stimmlosigkeit). Jetzt bestehe noch eine mangelnde Stimmbelastbarkeit. Die hyperfunktionelle Dysphonie mit Heiserkeit insbesondere bei Belastung schätzte Prof. Dr. H. mit einer MdE um 10 v.H. ein.

Privatdozent Dr. H. bejahte in seinem psychiatrischen Gutachten vom 03.07.2001 eine posttraumatische Belastungsstörung vom depressiven Typus i. S. v. ICD-10 F43.1 als Unfallfolge. Gegenwärtig lägen bei der Klägerin noch Symptome dieser Störung in Form von Alpträumen, Flashbacks, intrusiven traumabezogenen Vorstellungen, intensiven emotionalen Reaktionen sowie eine erhöhte Reagibilität bei Traumaerinnerung vor. Außerdem bestünden aus dem Cluster "Vermeidung" eine Absonderung und Entfremdung von anderen Personen mit verringerten Interesse an Freizeitaktivitäten sowie aus dem Cluster "autonomes Hyperarousal" Ein- und Durchschlafstörungen, Reizbarkeit, Wutausbrüche, übertriebene Schreckreaktionen. Die Klägerin sei nach wie vor arbeitsunfähig und bedürfe weiterer Behandlung durch eine intensive Psychotherapie. Eine Aussage zur unfallbedingten MdE könne daher noch nicht gemacht werden.

In der eingeholten beratungsärztlichen Stellungnahme vom 09.10.2001 stimmte HNO-Arzt Dr. J. der gutachtlichen Bewertung von Prof. Dr. H. zu. Die reaktive psychogene hyperfunktionelle Dysphonie habe wenigstens zu einem Teil die objektivierbare Stimmstörung zur Folge. Die operativen Maßnahmen resultierten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht aus Unfallfolgen. Die entzündlichen und hyperplastischen Stimmbandveränderungen seien als organische Befunde nicht auf eine psychische Belastung zurückzuführen. Die Frage der unfallbedingten Behandlungsbedürftigkeit sei schwierig zu beantworten, da neben der funktionellen Stimmstörung auch organische Stimmbandprozesse durchgemacht worden seien. Der über ein Jahr nach der HNO-Operation im Juni 2000 in Katharinenhospital erhobene phoniatrische Befund sei unter Hinweis auf die psychiatrischen Befunde als ursächlich auf den Banküberfall zurückzuführen. Die Entfernung von Stimmbandpolypen hinterlasse in aller Regel keine bleibende dauerhafte Dysphonie. Derzeit werde nicht gearbeitet, bezogen werde Arbeitslosengeld. Weit im Vordergrund stehe aber die Unfallfolge seitens des psychiatrischen Fachgebiets. Nach den üblichen MdE-Richtsätzen bei einer Stimmstörung mit Heiserkeit, verstärkt bei Belastungen, sei jedoch eine MdE um 10 v.H. angemessen.

Dagegen verneinte Prof. Dr. Dr. M. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 09.10.2001 einen Zusammenhang der geschilderten Beschwerden auf psychiatrischem Gebiet mit dem Ereignis vom 14.01.1999. Die Klägerin habe erst während ihres Aufenthalts im Stimmzentrum Bad Rappenau von Mai bis Juni 1999 über psychische Probleme geklagt. Zuvor erfolgten ab 22.01.1999 ununterbrochene Krankschreibungen wegen Sinusitis, Rhinitis und Laryngitis. Es seien nur diffuse Ängste und Beschwerden dokumentiert, die sämtlich nicht einer posttraumatischen Belastungsstörung zugeordnet werden könnten. Die psychogene Dysphonie oder Aphonie sei dadurch gekennzeichnet, dass sich keine organisch fassbaren Veränderungen im Bereich des Stimmapparates befänden. Die Stimmstörung sei durch die Stimmband-Granulome zu erklären. Die psychogene Sprechstörung sei nicht unmittelbar nach dem belastenden Ereignis, sondern mit wochenlanger Verzögerung aufgetreten. Eine unfallbedingte MdE sei nicht anzunehmen. Die anfangs vorliegende akute Belastungsreaktion sei nach einer Woche spätestens ausgeheilt gewesen und eine unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit habe nicht bestanden.

Mit Bescheid vom 05.02.2002 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Als Unfallfolge des Ereignisses vom 14.01.1999 wurde eine akute Belastungsreaktion mit Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit von ein bis zwei Wochen nach dem Unfallereignis anerkannt.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Im Widerspruchsverfahren veranlasste die Beklagte die Erstattung des neurologischen Gutachten vom 20.12.2002, in dem Prof. Dr. S. aufgrund des erhobenen unauffälligen klinisch-neurologischen Untersuchungsbefunds mit dem Unfallereignis zusammenhängende Folgeschäden oder Erkrankungen auf neurologischem Fachgebiet verneinte. Aus seiner Sicht bestehe jedoch der dringende Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung und eine psychogene hyperfunktionelle Dysphonie als Folge des Überfalls. Entgegen der Auffassung von Prof. Dr. Dr. M. habe die Stimmstörung schon unmittelbar nach dem 14.01.1999 vorgelegen. Im psychiatrischen Gutachten vom 11.02.2002 bezeichnete Prof. Dr. E. eine posttraumatische Belastungsstörung und eine psychogene hyperfunktionelle Dysphonie als Unfallfolge. Die unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit bestehe unverändert fort. Die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe am Freitag, dem 15.01.1999 und darauf folgend ab dem 21.01.1999 ununterbrochen bis jetzt bestanden. Die genannten Unfallfolgen bedingten eine MdE von 50 v.H.

In der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 14.05.2003 stimmte Dr. K. den hno-ärztlichen und psychiatrischen Gutachten hinsichtlich der dort genannten unfallbedingten Erkrankungen zu. Dagegen sprach er sich gegen die Einschätzung von Prof. Dr. E. aus, bei der Klägerin habe es sich um eine vor dem Unfall gesunde Frau gehandelt. Aus dem Vorerkrankungsregister seien vielfache Infektionen und psychosomatische Beschwerden mit einem Asthma bronchiale bereits vor dem Überfall 1999 ersichtlich. Bei dem Überfall habe es sich um ein sehr kurzfristiges, allerdings bedrohliches Ereignis gehandelt. Ein psychisch gesunder Mensch könne in der Regel nach einem gewissen Zeitraum psychisch wieder völlig gesunden. Die Tatsache, dass die Klägerin auch jetzt noch an Beschwerden leide, sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit dadurch begründet, dass sie auch vor dem Unfall nicht völlig gesund gewesen sei. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit habe bis zum 31.12.1999 vorgelegen. Ab dem 01.01.2000 sei die sicherlich noch bestehende Erkrankung unfallunabhängig, hierfür bestehe der Leistungsanspruch gegen die Krankenkasse. Die MdE auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet ab 01.01.2000 sei mit 0 v.H. anzunehmen.

Mit Bescheid vom 16.06.2003 half die Beklagte dem Widerspruch unter Abänderung ihres angefochtenen Bescheides teilweise ab. Gestützt auf die Gutachten von Prof. Dr. S. und Prof. Dr. E. und der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. K. wurden als Unfallfolgen "Perfunktionelle Dysphonie, posttraumatische Belastungsstörung nach Banküberfall" sowie eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis 31.12.1999 anerkannt. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.06.2003 wies die Beklagte den vom Abhilfebescheid nicht erfassten Teil des Widerspruchs zurück.

Die Klägerin hat am 22.07.2003 vor dem Sozialgericht H. Klage erhoben mit dem Ziel, eine Verletztenrente nach einer MdE um 50 v.H. von der Beklagten zu erhalten.

Das Sozialgericht hat von Amts wegen das neurologisch-psychiatrische Gutachten vom 12.02.2004 eingeholt. Darin hat Prof. Dr. B. ausgeführt, es lägen keine durch den Überfall hervorgerufenen oder verschlimmerten zeitüberdauernden Leiden auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet vor. Bei der Klägerin sei nur eine nicht krankheitswertige Dysthymie zu diagnostizieren. Typische depressive Symptome über längere Zeiträume hätten bei der Klägerin nicht vorgelegen. Bei Beginn der Störung könne allerdings eine leichte depressive Episode vorübergehend vorgelegen haben. Der Banküberfall vom 14.01.1999 sei vom Ausprägungsgrad her nicht geeignet gewesen, eine posttraumatische Belastungsstörung zu initiieren, da nach den eigenen Angaben der Klägerin ein ausreichender seelischer Erschütterungsgrad fehle. Erst später werde von Todesangst und dem ohnmächtigen Ausgeliefertsein berichtet. Die typischen klinischen Merkmale einer posttraumatischen Belastungsstörung seien ebenfalls nicht erfüllt, so bezögen eine Vielzahl ihrer Albträume sich inhaltlich nicht auf den Überfall. Die diagnostizierte Dysphonie stehe nicht im Zusammenhang mit dem Banküberfall. Dagegen spreche der zeitliche Ablauf. Eine rein psychogene Dysphonie wäre bereits am Unfalltag evident gewesen. Ohnehin habe ein organisches Korrelat der Dysphonie bestanden, u. a. die Granulationspolypen. Die Dysphonie habe sich auch erst nach der Kehlkopfentzündung eingestellt. Arbeitsunfähigkeit habe allenfalls in den ersten Tagen nach dem Unfall bestanden. Eine MdE liege nicht vor. Selbst wenn man von einer durch den Überfall ausgelösten posttraumatischen Belastungsstörung ausgehe, dann wäre diese im allgemeinen nach sechs Monaten weitgehend, spätestens jedoch nach zwei Jahren vollständig abgeklungen. In diesem Fall betrage die MdE 20 v.H. für die ersten sechs Monate, danach für weitere sechs Monate 10 v.H. und für das Folgejahr sei eine MdE von unter 10 v.H. anzunehmen. Danach sei dieses Krankheitsbild definitionsgemäß abgeklungen. Chronische posttraumatische Belastungsstörungen unterfielen dem diagnostischen Begriff "andauernder Persönlichkeitswandel nach Extrembelastung". Dieser diagnostische Terminus sei im Hinblick auf den Überfall jedoch nicht diskutabel.

Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat Prof. Dr. D. das psychiatrische Gutachten vom 27.10.2004 mit Ergänzung vom 13.06.2005 erstattet. Danach sei bei der Klägerin von drei verschiedenen psychischen Störungen - einer chronischen posttraumatischen Belastungsstörung, einer komorbiden generalisierten Angststörung und einer psychogene hyperfunktionelle Dysphonie im Sinne einer dissoziativen Bewegungsstörung - auszugehen. Entgegen der Auffassung von Prof. Dr. B ... bestehe die Gefahr der Chronifizierung einer posttraumatischen Belastungsstörung, wenn diese nicht innerhalb von mehreren Monaten spontan oder unter Therapie zurückgehe. Außerdem leide die Klägerin an einem Asthma bronchiale, das als psychosomatische Erkrankung anzusehen sei. Der in der Nacht zum 22.01.1999 aufgetretene Asthmaanfall sei mit hoher Wahrscheinlichkeit durch den vorangegangenen psychischen Stress ausgelöst worden. Mit Dr. K. gehe er von einer vorbestehenden Disposition aus. Auch bei den rein psychischen Störungen spielten wahrscheinlich dispositionelle Faktoren eine Rolle. Die in der Akte dokumentierten Ängste und Beschwerden der Klägerin beschrieben das komplexe neurotische Störungsbild aus der Kombination dreier verschiedener neurotischer Störungen. Die posttraumatische Belastungsstörung und die psychogene hyperfunktionelle Dysphonie seien unfallbedingt. Bei der generalisierten Angststörung könne nicht entschieden werden, ob das psychische Trauma des Banküberfalls zur Manifestation der vorbestehenden Disposition geführt oder bei vorbestehenden diskreten psychischen Auffälligkeiten zu einer Verschlimmerung des Leidens geführt habe. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe vom 21.01. bis 28.07.1999 - bis zur Wiedererlangung der Sprechfähigkeit - bestanden. Die fortbestehende psychogene Dysphonie sei nach Prof. Dr. H. mit einer unfallbedingten MdE von 10 v.H. zu veranschlagen. Die komplexe neurotische Symptomatik entspreche einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, woraus eine MdE um 40 v.H. resultiere.

Mit Urteil vom 03.01.2006 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, der Klägerin unter Abänderung der angefochtenen Bescheide eine Verletztenrente nach einer MdE um 25 v.H. ab dem 29.07.1999 zu gewähren, und hat die Klage im Übrigen abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat sich das Sozialgericht für die Bewertung der noch vorliegenden Unfallfolgen im Wesentlichen auf das Gutachten von Prof. Dr. D. gestützt. Hinsichtlich der unfallbedingten MdE hat das Sozialgericht für die angenommene posttraumatische Belastungsstörung in chronifizierter Form eine MdE um 20 v.H. als angemessen, aber auch ausreichend angesehen. Die unfallbedingte hyperfunktionelle Dysphonie hat das Sozialgericht mit einer Einzel-MdE um 10 v.H. bewertet und unter Berücksichtigung des psychogenen Ursprung hat es eine Überschneidung mit der posttraumatische Belastungsstörung angenommen und daher eine Erhöhung der hierfür angesetzten MdE um 5 v.H. zur Bildung der Gesamt-MdE als angemessen erachtet.

Gegen das der Beklagten am 06.02.2006 zugestellte Urteil hat sie am 01.03.2006 Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, auch wenn ihre neuere rechtliche Würdigung der unmittelbar nach dem Unfall aufgetretenen psychischen Reaktion der Klägerin zur Bejahung des wesentlichen Zusammenhangs mit dem Unfall geführt habe, sei gleichwohl eine ergänzende Prüfung erforderlich, ob auch der weitere Verlauf noch mit dem Unfall in einem wesentliche Ursachenzusammenhang stehe. Von einer starken Traumatisierung, wie sie Prof. Dr. D. in seinem Gutachten angenommen habe, könne nicht ausgegangen werden. Auch stützte er seine Einschätzung der MdE nicht auf die einschlägigen allgemeinen Bewertungsmaßstäbe der gesetzlichen Unfallversicherung.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 03.01.2006 insoweit aufzuheben, als sie zur Gewährung einer Verletztenrente verurteilt worden ist, und die Klage vollumfänglich abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nach ihrer Auffassung bestehe kein weiterer Sachaufklärungsbedarf. Eine entsprechende Veranlassung werde ausdrücklich in das Ermessen des Gerichts gestellt.

Der Senat hat von Amts wegen das Gutachten von Prof. Dr. F. vom 23.04.2007 eingeholt, das sich u. a. auf das psychologische Zusatzgutachten von Dipl.-Psychologin P. vom 05.03.2007 stützt. Im psychologischen Zusatzgutachten sind die Ergebnisse der Reaktions-, Konzentrations- und Wahrnehmungsleistungstests als nicht aussagefähig beurteilt worden, da nur von einem suboptimalen Leistungsverhalten auszugehen sei. Prof. Dr. F. hat als psychiatrischen Befund eine allenfalls subsyndromale Symptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung beschrieben. Das Ereignis vom 14.01.1999 sei grundsätzlich geeignet gewesen, eine solche Störung hervorzurufen. Wiederkehrende und eindringlich belastende Erinnerungen an das Ereignis sowie Albträume mit inhaltlichem Zusammenhang vom Unfall seien nicht berichtet worden. Eine intensive psychische Belastung bei Konfrontation mit Hinweisreizen auf das Ereignis könne attestiert werden. Körperliche Reaktionen seien nicht aufgetreten. Bewusstes Vermeiden von Gedanken, Gefühlen oder Gesprächen oder von Aktivitäten, Orten oder Menschen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen, bestehe nicht. Das Gefühl einer eingeschränkten Zukunft werde bejaht, Symptome eines erhöhten Arousels läge nur teilweise vor. Die anerkannte hyperfunktionelle Dysphonie habe aus seiner Sicht nicht vorgelegen, die Stimmstörungen seien durch die Granulombildung zu erklären. Die diagnostischen Kriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung seien nicht mehr erfüllt, es lägen lediglich vereinzelte Symptome einer solchen noch vor. Ob eine posttraumatische Belastungsstörung überhaupt vorgelegen habe, werde kontrovers in den Vorgutachten diskutiert, jedenfalls habe aus heutiger Sicht nach Aktenlage diese allenfalls bis Ende 2000 vorgelegen. Eine generalisierte Angststörung gründe per Definition nicht auf einem Trauma. Weitere unfallbedingte Gesundheitsstörungen lägen nicht vor. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe in Übereinstimmung mit Dr. K. bis 31.12.1999 bestanden. Die unfallbedingte MdE habe bis 31.12.1999 20 v.H., danach im folgenden Jahr 10 v.H. betragen und sei ab 01.01.2001 mit unter 10 v.H. einzuschätzen.

Die Klägerin hat zum Gutachten vorgetragen, die von Prof. Dr. F. angenommene erblich bedingte Entstehung der generalisierten Angststörung werde durch ihren Lebenslauf mit nachhaltigem sozialen Engagement widerlegt. Ebenso wenig sei die Behauptung des Sachverständigen zutreffend, die Stimmbandpolypen seien auf Grund ihrer forcierten und lauteren Sprache nach einem Hörsturz des Ehemannes entstanden. Eine angeblich geringe Leistungsmotivation bei den von Dipl. Psychologin P. vorgegebenen Tests sei eine diffamierende Unterstellung, vielmehr sei der PC der Gutachterin laufend abgestürzt und sie habe andere Aufgaben mit Bleistift und Papier erledigen sollen. Ebenso wenig habe sie die Möglichkeit gehabt, bei Unklarheiten nachzufragen.

Die Beklagte sieht sich durch das Gutachten von Prof. Dr. F. in ihrer Auffassung bestätigt.

Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagte und die Akte des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und die beim Senat angefallene Berufungsakte wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig.

Die Berufung ist auch begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente. Das angefochtene Urteil war daher insoweit aufzuheben.

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern (§ 56 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII ).

Die bei der Klägerin als Unfallfolgen festgestellten Gesundheitsstörungen "posttraumatische Belastungsstörung" und "psychogene hyperfunktionelle Dysphonie" haben zum maßgeblichen Zeitpunkt für den Beginn einer Verletztenrente, nach Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit (§§ 72 Abs. 1 Nr. 1, 46 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VII), keine MdE von wenigstens 20 v.H. mehr verursacht.

Die Bemessung der MdE wird vom BSG in ständiger Rechtsprechung als Tatsachenfeststellung gewertet, die das Gericht gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 mwN). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der tägliche Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG aaO; zuletzt BSG Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr 1).

Neben diesen auf tatsächlichem Gebiet liegenden Umständen für die Bemessung der MdE sind aus der gesetzlichen Definition der MdE sowie den Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung fließende rechtliche Vorgaben zu beachten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2). Bestanden bei dem Versicherten vor dem Versicherungsfall bereits gesundheitliche, auch altersbedingte Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit (sog Vorschäden), werden diese nach der ständigen Rechtsprechung des BSG und der einhelligen Auffassung in der Literatur für die Bemessung der MdE berücksichtigt, wenn die Folgen des Versicherungsfalles durch die Vorschäden beeinflusst werden. Denn Versicherte unterliegen mit ihrem individuellen Gesundheitszustand vor Eintritt des Versicherungsfalls dem Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung (BSG, a.a.O. m.H.a.: BSGE 63, 207, 211, 212 = SozR 2200 § 581 Nr 28; Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, Stand: 2006, § 56 RdNr 10.5; Kranig in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand: 2006, K § 56 RdNr 42 mwN). Dies verlangt § 56 Abs 2 Satz 1 iVm Abs 1 Satz 1 SGB VII, wonach die "infolge" des Versicherungsfalls eingetretene Beeinträchtigung des Leistungsvermögens und die dadurch verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens maßgeblich sind.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Senat den überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. F. zum Umfang der bei der Klägerin zu diagnostizierenden Beeinträchtigung aus der anerkannten posttraumatischen Belastungsstörung gefolgt. Danach bestand unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 31.12.1999. Insoweit stimmt seine Einschätzung mit der des Beratungsarztes Dr. K. überein und geht über die von Prof. Dr. D. bis 28.07.1999 angenommene Dauer der Arbeitsunfähigkeit hinaus. Im zweiten Jahr nach dem Unfall vom 01.01.2000 bis einschließlich 31.12.2000 hat nach der überzeugenden Einschätzung von Prof. Dr. F. die posttraumatische Belastungsstörung der Klägerin noch funktionelle Beschwerden verursacht, die mit einer MdE um 10 v.H. einzustufen sind. Danach sind bei der Klägerin auf die unfallbedingte Belastungsstörung zu beziehende funktionelle Einschränkungen in keinem für eine MdE-Bewertung quantifizierbaren Ausmaß mehr vorhanden.

Diese MdE-Einschätzung war für den Senat nachvollziehbar, da sie sich an den unfallmedizinischen Erfahrungswerten orientiert, die Prof. Dr. B. und Dr. K. gleichermaßen wie Prof. Dr. F. mitgeteilt haben. Danach ist eine posttraumatische Belastungsstörung in der Regel zwei Jahre nach dem Trauma ausgeheilt. Zur Überzeugung des Senats hat Prof. Dr. F. insoweit übereinstimmend mit Prof. Dr. B. dargelegt, dass auf Grund des bei der Klägerin erhobenen Befundes kein Anlass zur Abweichung von diesen Erfahrungswerten besteht. Bei der Untersuchung durch Prof. Dr. F. hat dieser das Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung bei der Klägerin nicht mehr erheben können. Wiederkehrende und sich aufdrängende eindringlich belastende Erinnerungen an den Überfall hat die Klägerin auf Nachfrage ausdrücklich verneint. Anlassbezogene Erinnerungen an den Überfall sind dagegen durchaus mit psychischer und vegetativer Begleitsymptomatik wie gedrückte Stimmung und innerer Unruhe verbunden gewesen, körperliche Reaktionen sind in der Untersuchungssituation dagegen nicht aufgetreten. Ein Handeln oder Fühlen, als ob das traumatische Ereignis wiederkehrt mit Illusionen, Halluzinationen oder dissoziativen Flashback-Episoden tritt bei der Klägerin nicht mehr auf. Soweit Nachhallerinnerungen und Flash-backs in den Arztunterlagen, die anlässlich der Untersuchung und Behandlung der Kläger zwischen 1999 und 2002 angefallen sind, - teilweise auch fachfremd - erwähnt werden, ist nicht ersichtlich, ob damit die zwanghafte, sich aufdrängende Beschäftigung mit dem psychischen Trauma, wie Prof. Dr. F. in seinem Gutachten die Begriffe umschrieben hat, dokumentiert ist oder ein nicht krankheitswertiges vermehrtes Erinnern an ein einschneidendes Erlebnis damit erfasst worden ist. Auch im Gutachten von Privatdozent Dr. H. vom Juli 2001 sind die wiedergegebenen Beschwerdeschilderungen der Klägerin zu gedanklichen Assoziationen mit dem Überfall nicht mit der genannten spezifischen Symptomatik in Einklang zu bringen, wie Prof. Dr. B. überzeugend ausführt. Bei der Begutachtung durch Prof. Dr. B. wie auch bei Prof. Dr. F. sind zudem Ergänzungen seitens der Klägerin, dass gegenüber früher eine Änderung im Erleben eingetreten ist, nicht geltend gemacht worden. Albträume mit inhaltlichem Zusammenhang zum Unfallgeschehen bestehen zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Prof. Dr. F. nicht mehr. Auch bei früheren Untersuchungen hat die Klägerin neben vereinzelt überfallbezogenen Albträumen bereits vermehrt Albträume mit Angstgefühlen ohne Bezug zum Überfall angegeben. Das symptomtypische Vermeidungsverhalten einer posttraumatischen Belastungsstörung hat bei der Klägerin ebenfalls in der vollen Ausprägung nicht vorgelegen. Bei Prof. F. hat sie, wie bereits bei den Vorbegutachtungen, zwar angegeben, dass sie keine Bank mehr betrete, ihre Geldgeschäfte der Ehemann abwickle. Andererseits meidet sie aber überfallbezogene Themen nicht - ein vermehrtes Interesse an ähnlichen Opferschicksalen wie dem ihrem wurde auf Nachfrager ausdrücklich bejaht -, in der Untersuchungssituation wurde ein bewusstes Vermeiden von Gedanken, Gefühlen oder Gesprächen oder auch der Umgang mit Menschen, die mit dem angeschuldigten Trauma in Verbindung stehen - das Zusammentreffen mit Kollegen oder früheren Kunden der Bank wurde ausdrücklich als positiv bezeichnet -, nicht festgestellt.

Störungen der Konzentrationsfähigkeit bzw. sonstiger mnestischer Funktionen lagen nicht vor. Privatdozent Dr. H. fand keine Anhaltspunkte für eine solche Einschränkung bei seiner Untersuchung der Klägerin. Auch Prof. Dr. B. hat keine Hinweise auf eine entsprechende Einschränkung mitgeteilt. Die im Testverfahren anlässlich der Erstattung des psychologischen Zusatzgutachtens durch Diplompsychologin P. erhobenen Befunde waren nicht aussagekräftig, weil bei der Testdurchführung nur eine geringe Leistungsmotivation erkennbar geworden ist. Die gegen diese Bewertung von der Klägerin vorgebrachten Einwände sind nicht überzeugend, denn aus dem Gutachten von Dipl. Psychologin P. ist ersichtlich, dass die Klägerin den Signalen des computergesteuerten Systems bereits in der Probephase nicht folgen konnte, weshalb dieser Testabschnitt abgebrochen worden ist. Im alternativen Testverfahren mit Papier und Bleistift ergaben sich in den nachfolgenden Testabschnitten im Vergleich mit den übrigen Werten unzureichende Tempo- und Gedächtnisleistungen. Eine Störung des Computersystems bzw. eine fehlende Möglichkeit für Nachfragen ergeben sich aus dem Gutachten nicht und wären nach dessen Ausführungen auch keine hinreichende Erklärung für die erzielten Testergebnisse.

Eine relevante Depression ist von Prof. Dr. F. in Übereinstimmung mit Prof. Dr. B. nicht diagnostiziert worden. Auf Nachfrage von Prof. Dr. F. hat die Klägerin vielmehr angegeben, ihre Stimmung sei nicht grundsätzlich schlecht, sie könne sich durchaus noch an ihrem Enkel oder an den Blumen in ihrem Garten erfreuen. Dementsprechend hat auch Privatdozent Dr. H. hat in seinem Gutachten vom Juli 2001 lediglich eine depressive Stimmung ohne Anhaltspunkte für Konzentrationsstörungen oder sonstige Beeinträchtigungen bei reduzierter psychischer Belastbarkeit diagnostiziert. Auch Dr. K. hat anlässlich der Untersuchung für den Rentenversicherungsträger nur eine reaktive Depression im Sinne der Belastungsstörung mit allenfalls leicht bis mittelgradigen Episoden in ihrem Gutachten vom 17.07.2000 diagnostiziert. Prof. Dr. B. hat im Einklang hierzu ausgeführt, dass anfangs durchaus depressive Episoden bei der Klägerin aufgetreten sein können, überwiegend aber nur von einer gedrückten Stimmungslage im Sinne einer Dysthemie auszugehen ist. Eine für die Depression typische soziale Zurückgezogenheit ist dem im Gutachten von Prof. Dr. B. und Prof. Dr. D. wie auch bei Prof. Dr. F. wiedergegebenen Tagesablauf und den sonstigen Aktivitäten der Klägerin nicht zu entnehmen. Auch wenn nach Angaben der Klägerin ihr Bekanntenkreis gegenüber früher abgenommen hat und ihre Aktivitäten sich auf solche mit dem Ehemann beschränken, ist sie nicht auf das häusliche Umfeld begrenzt. Sie geht gemeinsam mit Ehemann oder Tochter einkaufen, sie besucht wöchentlich einen Jogakurs und gehört einer Walkingruppe an - früher ging sie wohl auch wöchentlich schwimmen - und unternimmt mit dem Ehemann Reisen in die Schweiz, an die Ostsee oder nach Österreich.

Die von Prof. Dr. D. diagnostizierte generalisierte Angststörung ist nicht als Unfallfolge festgestellt worden. Das Sozialgericht hat in seinen Entscheidungsgründen einen wahrscheinlichen Zusammenhang mit dem Überfall verneint. Der Senat lässt dahinstehen, ob im Rahmen der Berufung der Beklagten die Berücksichtigung der Auswirkungen dieser psychischen Erkrankung bei der hier allein streitigen MdE-Bewertung insoweit auch rechtlich ausgeschlossen wäre. Jedenfalls hat Prof. Dr. F. in seinem Gutachten überzeugend darauf hingewiesen, dass die generalisierte Angststörungen bereits per Definitionem nicht durch ein Trauma verursacht oder beeinflusst werden kann. Insoweit hat das Sozialgericht auch zutreffend diese von Prof. Dr. D. diagnostizierte Erkrankung als selbstständige Erkrankung neben der posttraumatischen Belastungsstörung angesehen, die nach Prof. Dr. D. auf eine unfallvorbestehende Disposition der Klägerin zurückzuführen ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin spricht der Umstand, dass sie bis zum Zeitpunkt des Überfalls ohne Ängste gewesen sein will, nicht gegen die Annahme dieser anlagebedingten Disposition. Nach Prof. Dr. D. - und insoweit übereinstimmend auch Dr. K. - ist die bereits vor dem Überfall mit Arbeitsunfähigkeitszeiten und Behandlungsbedürftigkeit verbundene Asthmaerkrankung als psychosomatische Erkrankung in diesen Zusammenhang zu stellen. Insofern hat die unfallvorbestehende anlagebedingte Disposition der Klägerin, auf äußere Belastungen mit psychisch bedingten Reaktionen zu antworten, nach den überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. F. im Zusammenwirken mit dem Unfallereignis aber keine Bedeutung für die angenommene globalisierte Angststörung. Hinsichtlich der posttraumatischen Belastungsstörung hat sich, wie den überzeugenden Ausführungen von Dr. K. zu entnehmen ist, die anlagebedingte Anfälligkeit daher nur insoweit ausgewirkt, als an die Qualität des auslösenden Ereignisses keine zu hohen Anforderungen zu stellen sind und gegebenenfalls eine verlängerte Dauer der hierdurch verursachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen eingetreten ist. Diese Aspekte sind jedoch in der Diagnosestellung und in der Annahme der nach medizinischer Erfahrung gegebenen Beschwerdehöchstdauer berücksichtigt.

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sind die in unterschiedlicher Ausprägung gegenüber den Sachverständigen geschilderten übrigen Beeinträchtigungen, z. B. Angst vor Menschenansammlungen, Angst vor langen Autofahrten, der unfallunabhängigen globalisierten Angststörung zuzuordnen, was der Senat den Ausführung von Prof. Dr. F. entnimmt.

Nach den Grundsätzen der unfallmedizinischen Literatur (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheiten, 7. Aufl. S. 246), auf die bereits das Sozialgericht verwiesen hat, sind u.a. abnorme Persönlichkeitsentwicklungen, akute Belastungsreaktionen, Anpassungsstörungen und sogenannte leichtere neurotische Störungen - auch oft mit vegetativer Beschwerdesymptomatik verbunden - mit einer MdE bis 10 v.H. zu bewerten. Stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, wie z. B. manche Phobien, pathologische Entwicklungsstörungen, rechtfertigen eine MdE zwischen 20 und 40 v.H. Das sonach bei der Klägerin zu berücksichtigende Vermeidungsverhalten, die vegetativen Störungen u. a. mit Ein- und Durchschlafstörungen, anfangs noch mit gelegentlichen Albträumen und erhöhter Schreckanfälligkeit bzw. Episoden depressiver Stimmungen, rechtfertigt nach der überzeugenden MdE-Einschätzung von Prof. Dr. F. in der Längsschnittbetrachtung keine höhere Einzel-MdE als 10 v.H. für die anerkannte posttraumatische Belastungsstörung im Zeitraum vom 01.01. bis 31.12.2000.

Abweichend von der Einschätzung von Prof. Dr. F., der den unfallbedingten Zusammenhang insoweit verneint hat, ist die von der Beklagten anerkannte Unfallfolge einer psychogenen hyperfunktionellen Dysphonie bei der Bildung der unfallbedingten MdE zu berücksichtigen. Die Beklagte hat die Feststellung dieser Unfallfolge nicht zurückgenommen. Der Senat teilt die Auffassung im angefochtenen Urteil, dass die von Prof. Dr. D. aus den HNO-ärztlichen Gutachten übernommene Einzel-MdE von 10 v.H. bei der Bildung der Gesamt-MdE integrierend zu berücksichtigen ist, weil eine weitgehende Überschneidung mit den psychisch-vegetativen Folgen der posttraumatische Belastungsstörung vorliegt. Die psychogene Disphonie resultiert aus dem erlebten traumatischen Ereignis und war nach Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit verstärkt bei der Beschäftigung mit dem Überfall spürbar geworden. Bei der Untersuchung durch Prof. Dr. F. war eine eingeschränkte Belastbarkeit der Stimme nicht festzustellen, es bestand nur eine diskrete Heiserkeit. Unter Berücksichtigung dieser Umstände hält es der Senat für angemessen, die Einzel-MdE der Belastungsstörung von 10 v.H. um fünf v.H. für den Zeitraum ab dem zweiten Jahr nach den Unfall zu erhöhen. Die Gesamt-MdE ab dem 01.01.2000 beträgt daher 15 v.H., ab 01.01.2001 allenfalls 10 v.H. auf Dauer.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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