Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 78 SO 1826/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 B 179/07 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 17. Juli 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme von weiteren Kosten der Unterkunft.
Der Antragsgegner hatte der Antragstellerin ab 01. Januar 2005 nach der Berechnung zum Bescheid vom 07. Dezember 2007 "bis auf weiteres" Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach § 42 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch SGB XII in Höhe von 468,08 EUR gewährt und dabei einen Bedarf für Kosten der Unterkunft in Höhe der Miete von 612,47 EUR zzgl. Heizkosten in Höhe von 47,53 EUR, insgesamt 660,00 EUR, anerkannt, was den tatsächlichen Aufwendungen der von der Antragstellerin bewohnte Mietwohnung entsprach.
Mit Änderungsbescheid vom 20. November 2006, den der Antragsgegner auf § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch SGB X stützte, änderte der Antragsgegner die Leistungsgewährung für die Zeit ab 01. Dezember 2006 ab und erkannte nur noch Kosten der Unterkunft in Höhe von 360,00 EUR zzgl. 47,63 EUR Heizkosten an.
Hiergegen erhob die Antragstellerin Widerspruch und begehrte, nachdem der Beklagte unter dem 11. Dezember 2006 die sofortige Vollziehung des Bescheides angeordnet hatte, beim Sozialgericht Berlin unter dem Aktenzeichen S 49 SO 3009/06 ER die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 20. November 2006. Dieser Antrag wurde mit Beschluss des Sozialgerichts vom 01. Februar 2007 zurückgewiesen. Die daraufhin eingelegte Beschwerde wurde mit Beschluss des Senats vom 23. März 2007 (L 23 B 28/07 SO ER) zurückgewiesen.
Nachdem der Antragsgegner mit Bescheid vom 08. Juni 2007 den Widerspruch gegen den Bescheid vom 20. November 2006 zurückgewiesen hatte, hat die Klägerin am 26. Juni 2007 Klage beim Sozialgericht Berlin unter dem Aktenzeichen S 78 SO 1826/07 erhoben mit dem Begehren, den Bescheid der Beklagten vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Juni 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ab November 2006 weiter Mietkosten in voller Höhe zu gewähren.
Am selben Tag hat die Antragstellerin vor dem Sozialgericht Berlin zum Aktenzeichen S 78 SO 1826/07 ER beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, umgehend Mietkosten in voller Höhe ab November 2006 fortlaufend weiter zu gewähren. Diesen Antrag hat das Sozialgericht Berlin mit Beschluss vom 17. Juli 2007 mit der Begründung abgewiesen, dem Begehren stehe die Rechtskraft des Beschlusses des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg LSG vom 23. März 2007 entgegen. Sollte der Bescheid vom 07. Dezember 2004 keine Dauerwirkung entfalten, wäre der Antrag der Antragstellerin als Leistungsantrag statthaft; einem Leistungsanspruch ab November 2006 stehe in diesem Falle entgegen, dass die Entscheidung im Verfahren der einstweiligen Anordnung regelmäßig nicht rückwirkend ergehe, sondern nur ausnahmsweise, wenn anders das Recht oder der Anspruch nicht gesichert werden könne. Eine Verpflichtung des Antragsgegners komme danach nur ab Antragseingang bei Gericht, mithin ab dem 26. Juni 2007, in Betracht. Der Antragstellerin stehe aber kein Anordnungsanspruch zur Seite. Dies ergebe sich aus der rechtskräftigen Entscheidung des LSG. Die Antragstellerin habe keine neuen Tatsachen vorgetragen, die eine abweichende Entscheidung rechtfertigten.
Gegen den ihr am 25. Juli 2007 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 30. Juli 2007 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Entscheidung vom 02. August 2007). Sie verfolgt mit der Beschwerde ihr Begehren weiter und beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 10. Juli 2007 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung ihrer unter dem Aktenzeichen S 78 SO 1826/07 anhängigen Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Juni 2007 und gegen den Bescheid vom 28. Juni 2007 anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Senat hat Befundberichte des Dr. D vom 25. Oktober 2007, des Dr. G vom 14. November 2007 sowie des Dr. R vom 13. November 2007 beigezogen. Wegen des Inhalts der beigezogenen Befundberichte sowie der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Entscheidung und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die vom Senat beigezogenen Gerichtsakten aus dem erledigten Rechtsstreit S 49 SO 3009/06 ER/L 23 B 38/07 SO ER (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg) sowie des Verfahrens S 78 SO 1826/07 Sozialgericht Berlin und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners verwiesen, die Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen sind.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag der Antragstellerin zutreffend dahin ausgelegt, dass er auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20. November 2006 gerichtet ist und im Ergebnis zu Recht den Antrag abgewiesen. Gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Entscheidung vom 11. Dezember 2006 bestehen keine Bedenken. Der Antragsgegner hat das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides vom 20. November 2006 kurz begründet, was ausreichend ist, wenn sich wie hier die Gründe für die Anordnung der sofortigen Vollziehung aus den Umständen des Falles ergeben (OVG Münster, Beschluss vom 17. Oktober 1981, NVwZ 1982, Seite 455).
Der Antragsgegner hat mit Bescheid vom 20. November 2006 und nachfolgend nunmehr mit Bescheid vom 28. Juni 2007 gemäß § 48 SGB X für die Zukunft, d. h. ab 01. Dezember 2006, die mit Bescheid vom 07. Dezember 2005 bis auf weiteres gewährten Leistungen herabgesetzt. Mit dem Bescheid vom 07. Dezember 2005 hat der Antragsgegner einen Dauerverwaltungsakt erlassen, wovon er auch mit Bescheiderteilung vom 20. November 2006 ausgegangen ist, da er mit Entscheidung vom 11. Dezember 2006 die sofortige Vollziehung des in den Dauerverwaltungsakt eingreifenden Bescheides vom 20. November 2006 verfügt hat. Zwar haben nach § 86 a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz SGG Widerspruch und Anfechtungsklage und damit die Klage gegen den Bescheid vom 28. Juni 2007 aufschiebende Wirkung. Diese entfällt aber, wenn der Antragsgegner nach § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse anordnet.
Im vorliegenden Fall besteht ein öffentliches Interesse im Sinne von § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides. Grundsätzlich ist dafür ein über das Interesse am Erlass des Verwaltungsaktes hinausgehendes besonderes "Vollzugsinteresse" erforderlich. Es müssen besondere Gründe dafür sprechen, dass der Verwaltungsakt schon jetzt und nicht erst nach Eintritt der Bestandskraft vollzogen wird (Bundesverfassungsgericht, NVwZ 1996, 58/59 m. w. N.).
Ausnahmsweise ist ein besonderes Vollzugsinteresse entbehrlich, wenn der mit dem Verwaltungsakt angestrebte Gesetzeszweck ohne die Vollziehungsanordnung nicht erreicht werden kann (Bayerischer VGH vom 09. Dezember 2003, 12 CS 03.2471, juris).
Die aufschiebende Wirkung des § 86 a SGG soll gemäß der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz GG verhindern, dass durch die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes Tatsachen geschaffen werden, die, wenn sich der Verwaltungsakt bei gerichtlicher Überprüfung in einem Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweist, nur schwer rückgängig gemacht werden können. Sie ist andererseits kein Selbstzweck und soll einen im öffentlichen Interesse liegenden Vollzug nicht hindern. Das Gericht hat eigenständig zu prüfen, ob nach seiner Bewertung aller Umstände, und zwar auch solcher, die die Behörde nicht berücksichtigen konnte oder durfte, die aufschiebende Wirkung von Widerspruch oder Anfechtungsklage zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes in der Hauptsache oder aus anderen Gründen wiederherzustellen ist (Finkelnburg/Dombert/Külpmann, vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Auflage, Rn. 963 ff.).
Ergibt die gerichtliche Abwägung, dass es im Einzelfall zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes oder zur Wahrung sonstiger verfassungsrechtlich geschützter Rechtspositionen der aufschiebenden Wirkung nicht bedarf, ist es von Verfassungs wegen nicht geboten, ein vorhandenes öffentliches Interesse an dem Vollzug des Verwaltungsaktes bis zum Eintritt seiner Bestandskraft zurücktreten zu lassen (Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O. Rn. 970 ff.).
Im vorliegenden Fall erweist sich der Ausgang des Hauptsacheverfahrens bei summarischer Beurteilung offensichtlich als aussichtslos. In diesem Fall tritt das Suspensivinteresse der Antragstellerin hinter dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes zurück.
Die Entscheidung des Antragsgegners mit Bescheid vom 20. November 2006 ist nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der Begründung verweist der Senat auf die Gründe seiner Entscheidung mit Beschluss vom 23. März 2007 zum Aktenzeichen L 23 B 38/07 SO ER. Die Gründe, die für die Ablehnung des Antrages auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 27. November 2006 gegen den Bescheid vom 20. November 2006 maßgebend waren, gelten auch für den vorliegenden Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides.
Ergänzend gilt Folgendes:
Nachdem nunmehr die Berliner Mietspiegeltabelle 2007 vorliegt und ein Betriebskostenspiegel für Deutschland für das Jahr 2006 veröffentlicht ist (www.mieterbund.de), ergeben sich neue Werte für die Prüfung der Angemessenheit einer Wohnung im Sinne von § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Bei einem angemessenen Wohnbedarf der Antragstellerin von bis zu 50 m² (vgl. Beschluss des Senats vom 23. März 2007) und unter Zugrundelegung der durchschnittlichen Kosten für eine Wohnung, "die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist" (BSG, Urteil vom 07. November 2006, B 7 B AS 18/06 R, juris), und den Werten der Berliner Mietspiegeltabelle 2007 (Abl. Nr. 30 vom 11. Juli 2007, Seite 1797), ergibt sich eine angemessene Netto-Kaltmiete pro m² von gerundet 4,55 EUR, mithin bei einer Wohnung mit einer Fläche von 50 m² von 227,50 EUR. Hinzuzuziehen sind die monatlichen "kalten" Betriebskosten. Unter Heranziehung der vom Deutschen Mieterbund DMB mit dem Betriebskostenspiegel für Deutschland für das Jahr 2006 veröffentlichten Angaben ergeben sich bei Nichtberücksichtigung der für Heizung und Warmwasser angegebenen Kosten durchschnittliche Betriebskosten in Höhe von 1,79 EUR/m². Die darin enthaltenen Steuern und Abgaben sind entgegen der Entscheidung des Senats vom 23. März 2007 nicht in Abzug zu bringen, weil sie regelmäßig dem Mieter in Rechnung gestellt werden. Daraus ergeben sich Kosten für eine Wohnung von einer Größe von 50 m² in Höhe von 317,00 EUR (227,50 EUR + 89,50 EUR = Bruttokaltmiete).
Weiter sind die von dem Antragsgegner nach § 29 SGB XII zu leistenden Heizkosten zu ermitteln. Nach dem Betriebskostenspiegel des DMB sind diese mit 0,76 EUR/m² anzusetzen, so dass sich für eine Wohnungsgröße von 50 m² ein Summe von 38,00 EUR ergibt. Da die Kostenanteile für Warmwasser bereits im Regelsatz enthalten sind, sind im vorliegenden Fall nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorzunehmenden Prüfung 355,00 EUR ausreichend, um den angemessenen Wohnbedarf der Antragstellerin zu decken. Die mit dem angefochtenen Bescheid und mit dem Bescheid vom 28. Juni 2007 anerkannten Kosten der Unterkunft von 360,00 EUR für die Miete zzgl. 47,53 EUR für die Heizkosten sind daher nicht zu beanstanden.
Die Antragstellerin hat auch nach dem Beschluss des Senats vom 23. März 2007 bisher nicht dargelegt, dass entsprechend angemessener Wohnraum für sie nicht verfügbar ist. Insoweit verweist der Senat weiter auf die Entscheidungsgründe im Beschluss vom 23. März 2007. Auch hat die Antragstellerin keine Gründe glaubhaft gemacht, die einen Wohnungswechsel ggf. unter Inanspruchnahme von weiteren Hilfen durch den Antragsgegner nach §§ 29 Abs. 1 Satz 7, 67 SGB XII unzumutbar erscheinen lassen. Eine Unzumutbarkeit eines Umzuges zur Verringerung der Kosten der Unterkunft ergibt sich auch nicht aus den beigezogenen Befundberichten. Soweit die Drs. G und R angeben, dass bei einem Wohnungswechsel eine Gefahr der Verschlechterung der gesundheitlichen Situation besteht, folgt daraus nicht, dass mit einem Umzug eine Gesundheitsverschlechterung eintritt. Dabei geht der Senat davon aus, dass die bei der Klägerin bestehende eingeschränkte Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit (Dr. G) einer ärztlichen Behandlung bzw. einer entsprechenden Therapie zugänglich ist, die die Antragstellerin ggf. umgehend in Anspruch nehmen muss, um einer Verschlechterung ihrer gesundheitlichen Situation zu begegnen. Bereits mit dem Beschluss des Senats vom 23. März 2007 ist die Antragstellerin nach entsprechenden Hinweisen des Antragsgegners auf die Inanspruchnahme von weiteren Hilfen des Antragsgegners (§§ 29 Abs. 1 Satz 7, 67 SGB XII) hingewiesen worden. Für den Senat ist es nicht nachvollziehbar, dass die Antragstellerin sich nicht – zumindest zeitgleich mit ihrem Bemühen um Rechtsschutz gegen die Entscheidung des Antragsgegners – auch mit derselben Intensität um die Verringerung der zuvorderst von ihr zu deckenden Kosten der Lebensführung (§ 2 Abs. 1 SGB XII) bemüht. Hierzu gehört ggf. auch das Bemühen um therapeutische Hilfen, um der offenbar verfestigten Vorstellung zu begegnen, nur in der derzeit bewohnten und von ihr nicht finanzierbaren Wohnung verbleiben zu können. Insbesondere aus den beigezogenen Befundberichten ergibt sich kein Hinweis, dass die Antragstellerin aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist, entsprechende Hilfen in Anspruch zu nehmen.
Die Kostentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme von weiteren Kosten der Unterkunft.
Der Antragsgegner hatte der Antragstellerin ab 01. Januar 2005 nach der Berechnung zum Bescheid vom 07. Dezember 2007 "bis auf weiteres" Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach § 42 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch SGB XII in Höhe von 468,08 EUR gewährt und dabei einen Bedarf für Kosten der Unterkunft in Höhe der Miete von 612,47 EUR zzgl. Heizkosten in Höhe von 47,53 EUR, insgesamt 660,00 EUR, anerkannt, was den tatsächlichen Aufwendungen der von der Antragstellerin bewohnte Mietwohnung entsprach.
Mit Änderungsbescheid vom 20. November 2006, den der Antragsgegner auf § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch SGB X stützte, änderte der Antragsgegner die Leistungsgewährung für die Zeit ab 01. Dezember 2006 ab und erkannte nur noch Kosten der Unterkunft in Höhe von 360,00 EUR zzgl. 47,63 EUR Heizkosten an.
Hiergegen erhob die Antragstellerin Widerspruch und begehrte, nachdem der Beklagte unter dem 11. Dezember 2006 die sofortige Vollziehung des Bescheides angeordnet hatte, beim Sozialgericht Berlin unter dem Aktenzeichen S 49 SO 3009/06 ER die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 20. November 2006. Dieser Antrag wurde mit Beschluss des Sozialgerichts vom 01. Februar 2007 zurückgewiesen. Die daraufhin eingelegte Beschwerde wurde mit Beschluss des Senats vom 23. März 2007 (L 23 B 28/07 SO ER) zurückgewiesen.
Nachdem der Antragsgegner mit Bescheid vom 08. Juni 2007 den Widerspruch gegen den Bescheid vom 20. November 2006 zurückgewiesen hatte, hat die Klägerin am 26. Juni 2007 Klage beim Sozialgericht Berlin unter dem Aktenzeichen S 78 SO 1826/07 erhoben mit dem Begehren, den Bescheid der Beklagten vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Juni 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ab November 2006 weiter Mietkosten in voller Höhe zu gewähren.
Am selben Tag hat die Antragstellerin vor dem Sozialgericht Berlin zum Aktenzeichen S 78 SO 1826/07 ER beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, umgehend Mietkosten in voller Höhe ab November 2006 fortlaufend weiter zu gewähren. Diesen Antrag hat das Sozialgericht Berlin mit Beschluss vom 17. Juli 2007 mit der Begründung abgewiesen, dem Begehren stehe die Rechtskraft des Beschlusses des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg LSG vom 23. März 2007 entgegen. Sollte der Bescheid vom 07. Dezember 2004 keine Dauerwirkung entfalten, wäre der Antrag der Antragstellerin als Leistungsantrag statthaft; einem Leistungsanspruch ab November 2006 stehe in diesem Falle entgegen, dass die Entscheidung im Verfahren der einstweiligen Anordnung regelmäßig nicht rückwirkend ergehe, sondern nur ausnahmsweise, wenn anders das Recht oder der Anspruch nicht gesichert werden könne. Eine Verpflichtung des Antragsgegners komme danach nur ab Antragseingang bei Gericht, mithin ab dem 26. Juni 2007, in Betracht. Der Antragstellerin stehe aber kein Anordnungsanspruch zur Seite. Dies ergebe sich aus der rechtskräftigen Entscheidung des LSG. Die Antragstellerin habe keine neuen Tatsachen vorgetragen, die eine abweichende Entscheidung rechtfertigten.
Gegen den ihr am 25. Juli 2007 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 30. Juli 2007 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Entscheidung vom 02. August 2007). Sie verfolgt mit der Beschwerde ihr Begehren weiter und beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 10. Juli 2007 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung ihrer unter dem Aktenzeichen S 78 SO 1826/07 anhängigen Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Juni 2007 und gegen den Bescheid vom 28. Juni 2007 anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Senat hat Befundberichte des Dr. D vom 25. Oktober 2007, des Dr. G vom 14. November 2007 sowie des Dr. R vom 13. November 2007 beigezogen. Wegen des Inhalts der beigezogenen Befundberichte sowie der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Entscheidung und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die vom Senat beigezogenen Gerichtsakten aus dem erledigten Rechtsstreit S 49 SO 3009/06 ER/L 23 B 38/07 SO ER (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg) sowie des Verfahrens S 78 SO 1826/07 Sozialgericht Berlin und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners verwiesen, die Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen sind.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag der Antragstellerin zutreffend dahin ausgelegt, dass er auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20. November 2006 gerichtet ist und im Ergebnis zu Recht den Antrag abgewiesen. Gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Entscheidung vom 11. Dezember 2006 bestehen keine Bedenken. Der Antragsgegner hat das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides vom 20. November 2006 kurz begründet, was ausreichend ist, wenn sich wie hier die Gründe für die Anordnung der sofortigen Vollziehung aus den Umständen des Falles ergeben (OVG Münster, Beschluss vom 17. Oktober 1981, NVwZ 1982, Seite 455).
Der Antragsgegner hat mit Bescheid vom 20. November 2006 und nachfolgend nunmehr mit Bescheid vom 28. Juni 2007 gemäß § 48 SGB X für die Zukunft, d. h. ab 01. Dezember 2006, die mit Bescheid vom 07. Dezember 2005 bis auf weiteres gewährten Leistungen herabgesetzt. Mit dem Bescheid vom 07. Dezember 2005 hat der Antragsgegner einen Dauerverwaltungsakt erlassen, wovon er auch mit Bescheiderteilung vom 20. November 2006 ausgegangen ist, da er mit Entscheidung vom 11. Dezember 2006 die sofortige Vollziehung des in den Dauerverwaltungsakt eingreifenden Bescheides vom 20. November 2006 verfügt hat. Zwar haben nach § 86 a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz SGG Widerspruch und Anfechtungsklage und damit die Klage gegen den Bescheid vom 28. Juni 2007 aufschiebende Wirkung. Diese entfällt aber, wenn der Antragsgegner nach § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse anordnet.
Im vorliegenden Fall besteht ein öffentliches Interesse im Sinne von § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides. Grundsätzlich ist dafür ein über das Interesse am Erlass des Verwaltungsaktes hinausgehendes besonderes "Vollzugsinteresse" erforderlich. Es müssen besondere Gründe dafür sprechen, dass der Verwaltungsakt schon jetzt und nicht erst nach Eintritt der Bestandskraft vollzogen wird (Bundesverfassungsgericht, NVwZ 1996, 58/59 m. w. N.).
Ausnahmsweise ist ein besonderes Vollzugsinteresse entbehrlich, wenn der mit dem Verwaltungsakt angestrebte Gesetzeszweck ohne die Vollziehungsanordnung nicht erreicht werden kann (Bayerischer VGH vom 09. Dezember 2003, 12 CS 03.2471, juris).
Die aufschiebende Wirkung des § 86 a SGG soll gemäß der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz GG verhindern, dass durch die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes Tatsachen geschaffen werden, die, wenn sich der Verwaltungsakt bei gerichtlicher Überprüfung in einem Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweist, nur schwer rückgängig gemacht werden können. Sie ist andererseits kein Selbstzweck und soll einen im öffentlichen Interesse liegenden Vollzug nicht hindern. Das Gericht hat eigenständig zu prüfen, ob nach seiner Bewertung aller Umstände, und zwar auch solcher, die die Behörde nicht berücksichtigen konnte oder durfte, die aufschiebende Wirkung von Widerspruch oder Anfechtungsklage zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes in der Hauptsache oder aus anderen Gründen wiederherzustellen ist (Finkelnburg/Dombert/Külpmann, vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Auflage, Rn. 963 ff.).
Ergibt die gerichtliche Abwägung, dass es im Einzelfall zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes oder zur Wahrung sonstiger verfassungsrechtlich geschützter Rechtspositionen der aufschiebenden Wirkung nicht bedarf, ist es von Verfassungs wegen nicht geboten, ein vorhandenes öffentliches Interesse an dem Vollzug des Verwaltungsaktes bis zum Eintritt seiner Bestandskraft zurücktreten zu lassen (Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O. Rn. 970 ff.).
Im vorliegenden Fall erweist sich der Ausgang des Hauptsacheverfahrens bei summarischer Beurteilung offensichtlich als aussichtslos. In diesem Fall tritt das Suspensivinteresse der Antragstellerin hinter dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes zurück.
Die Entscheidung des Antragsgegners mit Bescheid vom 20. November 2006 ist nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der Begründung verweist der Senat auf die Gründe seiner Entscheidung mit Beschluss vom 23. März 2007 zum Aktenzeichen L 23 B 38/07 SO ER. Die Gründe, die für die Ablehnung des Antrages auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 27. November 2006 gegen den Bescheid vom 20. November 2006 maßgebend waren, gelten auch für den vorliegenden Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 20. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides.
Ergänzend gilt Folgendes:
Nachdem nunmehr die Berliner Mietspiegeltabelle 2007 vorliegt und ein Betriebskostenspiegel für Deutschland für das Jahr 2006 veröffentlicht ist (www.mieterbund.de), ergeben sich neue Werte für die Prüfung der Angemessenheit einer Wohnung im Sinne von § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Bei einem angemessenen Wohnbedarf der Antragstellerin von bis zu 50 m² (vgl. Beschluss des Senats vom 23. März 2007) und unter Zugrundelegung der durchschnittlichen Kosten für eine Wohnung, "die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist" (BSG, Urteil vom 07. November 2006, B 7 B AS 18/06 R, juris), und den Werten der Berliner Mietspiegeltabelle 2007 (Abl. Nr. 30 vom 11. Juli 2007, Seite 1797), ergibt sich eine angemessene Netto-Kaltmiete pro m² von gerundet 4,55 EUR, mithin bei einer Wohnung mit einer Fläche von 50 m² von 227,50 EUR. Hinzuzuziehen sind die monatlichen "kalten" Betriebskosten. Unter Heranziehung der vom Deutschen Mieterbund DMB mit dem Betriebskostenspiegel für Deutschland für das Jahr 2006 veröffentlichten Angaben ergeben sich bei Nichtberücksichtigung der für Heizung und Warmwasser angegebenen Kosten durchschnittliche Betriebskosten in Höhe von 1,79 EUR/m². Die darin enthaltenen Steuern und Abgaben sind entgegen der Entscheidung des Senats vom 23. März 2007 nicht in Abzug zu bringen, weil sie regelmäßig dem Mieter in Rechnung gestellt werden. Daraus ergeben sich Kosten für eine Wohnung von einer Größe von 50 m² in Höhe von 317,00 EUR (227,50 EUR + 89,50 EUR = Bruttokaltmiete).
Weiter sind die von dem Antragsgegner nach § 29 SGB XII zu leistenden Heizkosten zu ermitteln. Nach dem Betriebskostenspiegel des DMB sind diese mit 0,76 EUR/m² anzusetzen, so dass sich für eine Wohnungsgröße von 50 m² ein Summe von 38,00 EUR ergibt. Da die Kostenanteile für Warmwasser bereits im Regelsatz enthalten sind, sind im vorliegenden Fall nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorzunehmenden Prüfung 355,00 EUR ausreichend, um den angemessenen Wohnbedarf der Antragstellerin zu decken. Die mit dem angefochtenen Bescheid und mit dem Bescheid vom 28. Juni 2007 anerkannten Kosten der Unterkunft von 360,00 EUR für die Miete zzgl. 47,53 EUR für die Heizkosten sind daher nicht zu beanstanden.
Die Antragstellerin hat auch nach dem Beschluss des Senats vom 23. März 2007 bisher nicht dargelegt, dass entsprechend angemessener Wohnraum für sie nicht verfügbar ist. Insoweit verweist der Senat weiter auf die Entscheidungsgründe im Beschluss vom 23. März 2007. Auch hat die Antragstellerin keine Gründe glaubhaft gemacht, die einen Wohnungswechsel ggf. unter Inanspruchnahme von weiteren Hilfen durch den Antragsgegner nach §§ 29 Abs. 1 Satz 7, 67 SGB XII unzumutbar erscheinen lassen. Eine Unzumutbarkeit eines Umzuges zur Verringerung der Kosten der Unterkunft ergibt sich auch nicht aus den beigezogenen Befundberichten. Soweit die Drs. G und R angeben, dass bei einem Wohnungswechsel eine Gefahr der Verschlechterung der gesundheitlichen Situation besteht, folgt daraus nicht, dass mit einem Umzug eine Gesundheitsverschlechterung eintritt. Dabei geht der Senat davon aus, dass die bei der Klägerin bestehende eingeschränkte Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit (Dr. G) einer ärztlichen Behandlung bzw. einer entsprechenden Therapie zugänglich ist, die die Antragstellerin ggf. umgehend in Anspruch nehmen muss, um einer Verschlechterung ihrer gesundheitlichen Situation zu begegnen. Bereits mit dem Beschluss des Senats vom 23. März 2007 ist die Antragstellerin nach entsprechenden Hinweisen des Antragsgegners auf die Inanspruchnahme von weiteren Hilfen des Antragsgegners (§§ 29 Abs. 1 Satz 7, 67 SGB XII) hingewiesen worden. Für den Senat ist es nicht nachvollziehbar, dass die Antragstellerin sich nicht – zumindest zeitgleich mit ihrem Bemühen um Rechtsschutz gegen die Entscheidung des Antragsgegners – auch mit derselben Intensität um die Verringerung der zuvorderst von ihr zu deckenden Kosten der Lebensführung (§ 2 Abs. 1 SGB XII) bemüht. Hierzu gehört ggf. auch das Bemühen um therapeutische Hilfen, um der offenbar verfestigten Vorstellung zu begegnen, nur in der derzeit bewohnten und von ihr nicht finanzierbaren Wohnung verbleiben zu können. Insbesondere aus den beigezogenen Befundberichten ergibt sich kein Hinweis, dass die Antragstellerin aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist, entsprechende Hilfen in Anspruch zu nehmen.
Die Kostentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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