Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 2203/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 3601/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid der Sozialgerichts Stuttgart vom 29.07.2005 aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides der Beklagten vom 15.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.03.2004 verurteilt, dem Kläger eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. ab 14.04.2004 zu gewähren.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein Pfannenabrissbruch an der rechten Schulter Folge des Arbeitsunfalls vom 17.12.2002 ist und der Kläger einen Anspruch auf Verletztenrente hat.
Der am 1951 geborene Kläger fiel am 17.12.2002 bei seiner bei der Beklagten (zunächst Württembergische B.-Berufsgenossenschaft, ab 01.05.2005 als Rechtsnachfolgerin die BG Bau) versicherten Tätigkeit als Baumontageunternehmer mit einer Leiter um und stürzte u.a. auf die Schultern. Der genaue Aufprallmechanismus ist nicht aufklärbar. Nach den Angaben des Klägers waren beide Schultern ausgerenkt, die linke reponierte spontan, die rechte Schulter wurde unmittelbar nach dem Unfall durch einen helfenden Nachbarn eingerenkt, indem dieser am Arm zog.
Am 18.12.2002 stellte sich der Kläger bei dem Orthopäden Dr. K. vor, der eine eingeschränkte Beweglichkeit beider Schultergelenke rechts mehr als links und am 20.12.2002 Schmerzen der rechten Rippen feststellte, eine Kontusion oder Distorsion beider Schultergelenke und eine Kontusion der rechten Rippen diagnostizierte und auf Grund von Röntgenaufnahmen beider Schultergelenke Frakturen verneinte. Bis 13.04.2004 war der Kläger arbeitsunfähig.
Am 08.05.2003 ging bei der Beklagten mit Arztbriefen des Dr. M. , P. S. (Diagnose: Rezidivierende posttraumatische Schulterluxation beidseits bei Bankart-Läsion rechts. Supraspinatus-Teilruptur beidseits; Röntgen beide Schultern in zwei Ebenen: Humeruskopfhochstand beidseits, rechts: Knöcherne Bankart-Läsion des unteren Pfannenrandes ca. ein Drittel der Gelenkfläche. AC-Gelenksarthrose mit osteophytärer caudaler Ausziehung, links: bohnengroßes Kalkdepot am Ansatz der Supraspinatussehne) und des Radiologen K. (MRT beide Schultern, rechts: Hill-Sachs-Delle und knöcherne Bankart-Läsion am unteren Pfannenrand. Teilläsion der Supraspinatussehne gelenk- und ansatznah. Begleitende Bursitis subacromialis und subdeltoidea sowie aktivierte AC-Arthrose mit subacromialer Enge, links: Zeichen einer PHS calcarea mit kleiner bursaseitiger, ansatznaher Teilläsion der Supraspinatussehne) die Unfallanzeige des Klägers ein.
Am 11.06.2003 wurde der Kläger in der P. an der rechten Schulter operiert (Diagnosen im Operationsbericht: fehlverheilte Pfannenfraktur mit rezidivierenden Subluxationen, Insuffizienz des coraco claviculären Bandapparates Typ Tossi IV, ausgeprägte AC-Gelenksarthrose, kleiner Supraspinatusriss).
Die Beklagte zog das Vorerkrankungsverzeichnis der Allgemeinen Ortskrankenkasse (seit 1991 Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Schultererkrankungen) und einen Befundbericht des Dr. K. über die Behandlung des Klägers zwischen 1992 und 2003 bei (Röntgenaufnahmen des rechten Schultergelenkes am 15.02.1993: streifige Kalkeinlagerung über dem Tuberculum majus, am 13.03.2000: ohne Befund; Vorstellung am 15.03.2002; vier Tage vorher gegen einen Pfeiler gerannt, seither Schmerzen in der rechten Schulter, am 02.05.2002 Gelenk wieder frei beweglich) und holte das Gutachten von Prof. Dr. H. ein. Prof. Dr. H. war der Auffassung, dass sich der Kläger bei dem Unfall am 17.12.2002 Prellungen und eventuell Distorsionen beider Schultergelenke und eine Prellung des rechtsseitigen Thorax zugezogen habe. Einen Anhaltspunkt für eine komplette Luxation beider Schultergelenke gebe es nicht. Die Bankart-Läsion am rechten Schultergelenk sei eindeutig alt. Die Fraktur sei bereits konsolidiert. Knochenmarksödeme, eine Hill-Sachs-Läsion und eine Signalanhebung im Bereich des Oberarmkopfes als Zeichen einer stattgehabten Luxation, welche auch sicherlich noch drei Monate nach dem Unfallereignis nachweisbar erscheinen müsse, fehlten. Die Prellungen und Distorsionen seien folgenlos ausgeheilt. Darüber hinaus anhaltende Beschwerden seien Folge der degenerativen Vorschäden an beiden Schultergelenken. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf Grund der Unfallfolgen ergebe sich nicht.
Mit Bescheid vom 15.01.2004/Widerspruchsbescheid vom 05.03.2004 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente ab. Als Unfallfolgen wurden anerkannt: "Folgenlos ausgeheilte Distorsionen beider Schultern. Folgenlos ausgeheilte Thoraxprellung."
Die dagegen am 05.04.2004 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 29.07.2005 abgewiesen. Zur Begründung hat es gestützt auf das von Prof. Dr. H. erstattete Gutachten im Wesentlichen ausgeführt, dass beim Kläger unfallbedingte Frakturen und Läsionen im Bereich der Schultern nicht nachgewiesen und wahrscheinlich seien. Durch das Sturzereignis seien lediglich Prellungen und evtl. Distorsionen beider Schultergelenke sowie eine Prellung des rechtsseitigen Thorax entstanden, die folgenlos ausgeheilt seien.
Der Kläger hat gegen den am 09.08.2005 zugestellten Gerichtsbescheid am 30.08.2005 Berufung eingelegt und zur Begründung unter Vorlage eines von Prof. Dr. W. , Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik, für die W. Versicherungs-AG erstatteten unfallchirurgischen Fachgutachtens (Unfallfolgen, die einzig und allein auf das Ereignis vom 17.12.2002 zurückzuführen seien: deutliche Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes nach operativer Versorgung eines in Fehlstellung verheilten unteren Pfannenabrissbruches, Narbe am rechten Schultergelenk und belastungsabhängige Schmerzen am rechten Schultergelenk; Minderung der Gebrauchsfähigkeit des rechten Armes um 2/7) vorgebracht, dass ein Pfannenabrissbruch im Bereich des rechten Schultergelenkes und daraus resultierende Bewegungseinschränkungen unfallbedingt entstanden seien.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 29.07.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 15.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.03.2004, zu verurteilen, ab 14.04.2004 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise zu der Frage, ob bei dem am 06.03.2003 im MRT erhobenen Befund eine am 17.12.2002 erlittene Fraktur im Bereich des vorderen Pfannenrandes der rechten Schulter mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als nachgewiesen angesehen werden kann, ein radiologisches Sachverständigengutachten einzuholen.
Ein Vorschaden im Bereich beider Schultern des Klägers sei gesichert. Hätte sich der Kläger erst am 17.12.2002 eine Fraktur im Bereich des vorderen Pfannenrandes der rechten Schulter zugezogen, müssten die am 06.03.2003 erstellten MRT-Aufnahmen noch Zeichen eines Knochenmarksödems aufweise. n.
Der Senat hat eine sachverständige Zeugenauskunft des Dr. B. (anhaltende Schulterschmerzen erstmals am 19.04.2002 beklagt) und ein Gutachten des Orthopäden Prof. Dr. L. Orthopädische Universitätsklinik H. , eingeholt. Prof. Dr. L. hat zusammenfassend ausgeführt, beim Kläger bestehe im Bereich der rechten Schulter eine ausgedehnte Narbenbildung, eine Muskelminderung, Bewegungsschmerzen, eine mittelgradige aktive und endgradige passive Bewegungseinschränkung und Kraftminderung der rechten Schulter bei beginnender Schultergelenksarthrose nach Operation bei Bruch der Schulterpfanne. Diese Gesundheitsstörungen seien überwiegend als Folgen des Ereignisses vom 17.12.2002 anzusehen. Es bestünden zwar eindeutige Hinweise auf einen alterungs- und verschleißbedingten Vorschaden im Bereich der so genannten Rotatorenmanschette; eindeutig habe bei dem Verletzten jedoch unabhängig davon ein alter Bruch im Bereich des vorderen Pfannenrandes vermutlich im Rahmen einer stattgehabten Verrenkung der rechten Schulter bestanden. Dieser Bruch sei die ausschlaggebende Indikation für den ausgedehnten operativen Eingriff gewesen. Die aktuell feststellbaren Funktionsstörungen ließen sich mit den Fraktur- und Operationsfolgen hinreichend erklären. Auf der Röntgenaufnahme vom 18.12.2002 lasse sich ein Bruch des Pfannenrandes zwar nicht eindeutig feststellen, da der vordere Pfannenrand projektionsbedingt nicht verbindlich zu beurteilen sei. Es erscheine allerdings so, als bestünde quer durch die Gelenkfläche verlaufend ein Spalt, der auch nach Rücksprache mit dem Radiologen der Orthopädischen Universitätsklinik H. PD. Dr. L. wahrscheinlich einer Bruchlinie entspreche. Zu diesem Zeitpunkt sei es offensichtlich noch nicht zu einer Verschiebung des Fragments gekommen. Die Kernspintomographie und die Röntgenaufnahme vom 08.04.2003 zeigten dann im Bereich des Vorderrandes der Schulterpfanne eindeutig den Bruch des Pfannenrandes mit Verschiebungen. Der Unfallmechanismus erscheine für eine Schulterverrenkung ausreichend. Sollte es zutreffen, dass ein Wiedereinrenkungsmanöver durch einen Helfer am Unfallort erfolgt sei, so sei dies ein weiterer eindeutiger Hinweis auf eine stattgehabte Schulterluxation. Die Einschätzung von Prof. Dr. H. könne nicht nachvollzogen werden. Eine "Konsolidierung" der Pfannenrandfraktur könne in den drei Monaten zwischen dem Unfallereignis und der Aufnahme eingetreten sein. Hinweise. auf eine früher bereits einmal stattgehabte Schulterluxation mit Bruch der Schulterpfanne bestünden nicht. Hiergegen sprächen auch die Röntgenaufnahmen vom 18.12.2002. Es erscheine annähernd ausgeschlossen, dass bereits auf diesen Aufnahmen die verformenden Veränderungen bestanden hätten wie sie auf den Aufnahmen vom 08.04.2003 feststellbar seien. Die MdE schätze er vom Unfalltag bis zum 31.07.2003 auf 40 v.H., vom 01.08. bis zum 31.10.2003 auf 30 v.H. und seither und auf Dauer auf 20 v.H.
Die Beklagte hat das Gutachten nach Aktenlage von PD. G. vorgelegt. Dieser schließt sich im Wesentlichen dem Gutachten von Prof. Dr. L. an, weist jedoch darauf hin, dass die MRT-Aufnahme vom 06.03.2003 u.a. eine knöcherne Fraktur im Bereich des vorderen Pfannenrandes, die in Fehlstellung knöchern konsolidiert zu sein scheine, zeige. Zum Zeitpunkt der Anfertigung des MRT wäre bei einer frischen Fraktur mit Dislokation aber zu erwarten, dass knöcherne Veränderungen im Sinne von Knochenmarksödem noch gut nachweisbar sein müssten. Aus Erfahrung seien derartige Veränderungen im Gelenkbereich ca. vier bis sechs Monate nachweisbar. Eine Literaturstelle, die genau dies und dies auch im Bereich der Schulter belege, hätte er allerdings nicht finden können. Eine weitere Erhellung könnten Röntgenbilder, die von Dr. K. am 13.03.2000 gefertigt worden seien, bringen.
Ermittlungen des Senats ergaben, dass diese Röntgenbilder nicht mehr vorliegen.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet.
Der Kläger hat Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. ab 14.04.2004.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente.
Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Nach diesen Maßstäben kommt der Senat im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass der Kläger am 17.12.2002 einen Arbeitsunfall erlitt, bei dem er auf die Schultern und die rechte Körperhälfte stürzte. Dies ergibt sich aus dem Durchgangsarztbericht des Dr. K. , nach dem am 18.12.2002 bzw. am 20.12.2002 eine Kontusion oder Distorsion beider Schultergelenke und eine Kontusion der rechten Rippen festgestellt wurde. Diese ärztliche Dokumentation stimmt mit den im Kern gleich gebliebenen Angaben des Klägers, dass er mit der Leiter gestürzt sei, starke Schmerzen in den Schultern gehabt und die Arbeit eingestellt habe, überein.
Bei diesem Sturz zog sich der Kläger neben der Distorsion beider Schultern und der Thoraxprellung nach den den Senat überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. L. im Rahmen einer Verrenkung einen Pfannenabrissbruch der rechten Schulter zu. Dass es zu einer Verrenkung kam, findet eine Bestätigung darin, dass ein Nachbar unmittelbar nach dem Unfall nach den glaubhaften und stets gleich bleibenden Angaben des Klägers die Schulter des Klägers einrenkte, indem er an dem Arm zog. Das Vorliegen eines Pfannenabrissbruches zeigte sich bei der Kernspintomographie der rechten Schulter des Klägers am 06.03.2003 und der Röntgenaufnahme vom 08.04.2003, auf denen jeweils eine knöcherne Bankart-Läsion am unteren Pfannenrand zur Darstellung kam. Bestätigt wurde der Befund bei der am 11.06.2003 durchgeführten Operation in der Paulinenhilfe, bei der u.a. eine fehlverheilte Pfannenfraktur festgestellt wurde.
Dieser Pfannenabrissbruch ist auf den Unfall vom 17.12.2002 zurückzuführen. Der Senat folgt insoweit den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. L. sowie von Prof. Dr. W. in seinem für die private Versicherung erstatteten Gutachten. Danach ist der Pfannenabrissbruch überwiegend (so Prof. Dr. L. ) bzw. einzig und allein (so Prof. Dr. W. ) als Folge des Ereignisses vom 17.12.2002 anzusehen.
Für einen Unfallzusammenhang spricht, dass - wie Prof. Dr. L. überzeugend dargelegt hat und was auch Prof. Dr. W. bestätigt hat - der Sturz von einer Leiter aus ca. zwei Metern Höhe für eine Schulterverrenkung ausreichend erscheint und dass der Kläger unmittelbar nach dem Sturz wegen starker Schmerzen die Arbeit einstellte.
Soweit die Beklagte gegen einen Unfallzusammenhang einwendet, dass auf der Röntgenaufnahme vom 18.12.2002 ein Pfannenabrissbruch nicht eindeutig festzustellen sei, ist dies zwar richtig. Auch Prof. Dr. L. hat einen solchen Abrissbruch nicht eindeutig konstatiert. Damit im Einklang steht auch, dass Dr. K. , der die Aufnahmen gefertigt hat, eine Kontraktur ebenfalls verneinte. Grund hierfür ist jedoch, dass die Aufnahmen verdreht und schief angefertigt worden sind (so PD. Dr. G. ), sodass der vordere Pfannenrand, in dem sich der Bruch befindet, nicht verbindlich zu beurteilen ist. Das Vorliegen eines Bruches kann mit Hilfe dieser Aufnahmen deshalb auch nicht ausgeschlossen werden. Nach Prof. Dr. L. scheint es nach Rücksprache mit dem Radiologen PD. Dr. L. immerhin so, als bestünde quer durch die Gelenkfläche verlaufend ein Spalt, der wahrscheinlich einer Bruchlinie entspricht. Auch Prof. Dr. W. vermutet eine kleine Fissurlinie.
Der Unfallzusammenhang wird auch nicht dadurch widerlegt, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt im Bereich der rechten Schulter ausweislich des Vorerkrankungsverzeichnisses der AOK aber auch den Auskünften von Dr. B. und Dr. K. sowie den Gutachten der Beklagten über frühere Arbeitsunfälle unter Vorschädigungen im Bereich der Schulter, die auch bereits zur Arbeitsunfähigkeit geführt hatten, litt. Abgesehen davon, dass sich der Kläger unmittelbar vor dem Unfall wegen der rechten Schulter nicht in medizinischer Behandlung befand und die letzte Arbeitsunfähigkeit wegen der Schulter im April 2002 und damit ungefähr acht Monate vor dem Unfall zu verzeichnen ist, lagen an Vorerkrankungen - wie Prof. Dr. L. und auch Prof. Dr. H. darlegt haben - im Wesentlichen eine Läsion der Rotatorenmanschette mit entsprechenden Veränderungen im Bereich des großen Oberarmhöckers und degenerative Veränderungen im Bereich des AC-Gelenkes vor. Hiervon ist der streitgegenständliche Bruch des Pfannendaches zu unterscheiden.
Der Kläger hat sich die Schulterluxation auch nicht vor dem 17.12.2002 zugezogen. Hinweise hierauf ergeben sich aus der Dokumentation der Vorgeschichte nicht. Auch hat Dr. K. die am 13.03.2000 gefertigte Röntgenaufnahme der rechten Schulter, die nicht mehr auffindbar ist, als unauffällig beschrieben. Ein Bruch vor dem 17.12.2002 erscheint - so Prof. Dr. L. - auch deshalb annähernd ausgeschlossen, weil auf den Aufnahmen vom 18.12.2002 noch keine verformenden Veränderungen in Folge des Bruches bestanden, wie sie dann auf den Röntgenaufnahmen vom 08.04.2003 feststellbar waren.
Dass es bereits vor dem 17.12.2002 zu einem Bruch des Pfannendaches gekommen ist, vermag die Beklagte auch nicht mit Hilfe der am 06.03.2003 gefertigten Kernspintomographie der rechten Schulter und der Röntgenaufnahme vom 08.04.2003 zu begründen. Unbestritten ist zwar, dass nach den Aufnahmen im März/April 2003 die Bankart-Läsion am unteren Pfannenrand bereits knöchern konsolidiert war und sich weder Knochenmarksödeme noch eine Hill-Sachs-Läsion oder eine Signalanhebung im Bereich des Oberarmkopfes zeigten. Prof. Dr. L. hat in diesem Zusammenhang jedoch dargelegt, dass die Konsolidierung in den drei Monaten zwischen dem Unfallereignis und der Aufnahme eingetreten sein kann. Weder Prof. Dr. H. noch PD. Dr. G. vermögen dies zu widerlegen. Prof. Dr. H. gab keine Belege für seine Einschätzung, wonach Knochenmarksödeme, eine Hill-Sachs-Läsion oder eine Signalanhebung sicherlich noch drei Monate nach dem Unfallereignis nachweisbar erscheinen müssten, an und auch PD. Dr. G. führt nur aus, dass aus Erfahrung nach einer so schweren Verletzung im Gelenkbereich für ca. vier bis sechs Monate mit einem nachweisbaren Knochenmarksödem zu rechnen sei. Ein wissenschaftlicher Nachweis hierfür ist ihm jedoch nicht möglich. Eine Literaturstelle hat er nicht finden können.
Dafür, dass sich das Ereignis nach dem 17.12.2002 zugetragen hat - da die knöcherne Veränderung im März 2002 weitgehend konsolidiert war, müsste sich das konkurrierende Ereignis nach den Ausführungen von Prof. Dr. W. zwischen dem 18.12.2002 und etwa Mitte Januar 2003 zugetragen haben - gibt es keinerlei Anhaltspunkte.
Insgesamt spricht damit mehr dafür als dagegen, dass der Pfannenabrissbruch der rechten Schulter des Klägers als Folge des Ereignisses vom 17.12.2002 eingetreten ist.
Den Antrag der Beklagten, ein radiologisches Gutachten einzuholen, lehnt der Senat ab. Die unter Beweis gestellte Tatsache, ob bei dem am 06.03.2003 im MRT erhobenen Befund eine am 17.12.2002 erlittene Fraktur im Bereich des vorderen Pfannenrandes der rechten Schulter mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als nachgewiesen angesehen werden kann, vermag ein radiologisches Gutachten nicht zu beantworten. Sachverständige vermögen nur zu beurteilen, ob die Aufnahme eine Fraktur zeigt - wovon hier auch die Beklagte ausgeht - und ob sie alt oder frisch ist, nicht jedoch, ob der Kläger sich diese gerade am 17.12.2002 zuzog. Im Übrigen hat auch PD. Dr. G. in seinem für die Beklagte erstatteten Gutachten nach Aktenlage ausgeführt, dass eine zeitliche Grenze des Nachweises von Knochenmarksödem bei Frakturen mit Hilfe der Literatur wissenschaftlich nicht zu belegen sei, so dass der Senat auch aus diesem Grund keinen weiteren Aufklärungsbedarf sieht.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperli¬chen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermö¬gens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust un¬ter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäuße¬rungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit aus¬wirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unent¬behrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich dar¬auf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletz¬ten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswir¬kungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtli¬chen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Die MdE von 20 v.H. ergibt sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. L. das auch nach den Ausführungen von PD. Dr. G. insoweit schlüssig erscheint, und auch aus dem für die private Unfallversicherung erstatteten Gutachten von Prof. Dr. W. sowie aus der sozialmedizinischen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, Seite 604). Danach wird für eine Bewegungseinschränkung im Schultergelenk (Vorhebung bis 90 Grad) eine MdE von 20 v.H., für eine Bewegungseinschränkung im Schultergelenk (Vorhebung bis 120 Grad) eine MdE von 10 v.H. und für eine konzentrische Bewegungseinschränkung um die Hälfte (bezüglich Vor- und Rückhebung, Ein- und Auswärtsdrehung, An- und Abspreizung) eine MdE von 30 v.H. angenommen. In den Gutachten wird ein Zustand beschrieben, bei dem der Arm nach vorne aktiv bis zur Horizontalebene bzw. über Kopfhöhe erhoben werden kann, was nach den genannten Werten mit einer MdE von 10. v.H. einzuschätzen wäre. Daneben sind hier jedoch die ausgedehnte sehr druckschmerzhafte Narbenbildung, die Muskelminderung und die fortgeschrittenen röntgenologischen Veränderungen zu berücksichtigen. Für den Senat nachvollziehbar kommen deshalb Prof. Dr. L. und Prof. Dr. W. für die Unfallfolgen im Bereich der rechten Schulter zu einer MdE von 20 v.H. bzw. 2/7.
Renten an Versicherte werden u.a. von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Verletztengeld endet (§ 72 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Gemäß § 46 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII endet das Verletztengeld u.a. mit dem letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit; dies war hier der 13.04.2004 (Auskunft der Krankenkasse des Klägers vom 11.02.2008). Dementsprechend beginnt die Rente am 14.04.2004.
Bei dieser Sach- und Rechtslage ist auf die Berufung des Klägers der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 29.07.2005 aufzuheben und der Bescheid der Beklagten vom 15.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 05.03.2004 abzuändern. Die Beklagte ist zu verurteilen, dem Kläger ab 14.04.2004 Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. zu gewähren.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein Pfannenabrissbruch an der rechten Schulter Folge des Arbeitsunfalls vom 17.12.2002 ist und der Kläger einen Anspruch auf Verletztenrente hat.
Der am 1951 geborene Kläger fiel am 17.12.2002 bei seiner bei der Beklagten (zunächst Württembergische B.-Berufsgenossenschaft, ab 01.05.2005 als Rechtsnachfolgerin die BG Bau) versicherten Tätigkeit als Baumontageunternehmer mit einer Leiter um und stürzte u.a. auf die Schultern. Der genaue Aufprallmechanismus ist nicht aufklärbar. Nach den Angaben des Klägers waren beide Schultern ausgerenkt, die linke reponierte spontan, die rechte Schulter wurde unmittelbar nach dem Unfall durch einen helfenden Nachbarn eingerenkt, indem dieser am Arm zog.
Am 18.12.2002 stellte sich der Kläger bei dem Orthopäden Dr. K. vor, der eine eingeschränkte Beweglichkeit beider Schultergelenke rechts mehr als links und am 20.12.2002 Schmerzen der rechten Rippen feststellte, eine Kontusion oder Distorsion beider Schultergelenke und eine Kontusion der rechten Rippen diagnostizierte und auf Grund von Röntgenaufnahmen beider Schultergelenke Frakturen verneinte. Bis 13.04.2004 war der Kläger arbeitsunfähig.
Am 08.05.2003 ging bei der Beklagten mit Arztbriefen des Dr. M. , P. S. (Diagnose: Rezidivierende posttraumatische Schulterluxation beidseits bei Bankart-Läsion rechts. Supraspinatus-Teilruptur beidseits; Röntgen beide Schultern in zwei Ebenen: Humeruskopfhochstand beidseits, rechts: Knöcherne Bankart-Läsion des unteren Pfannenrandes ca. ein Drittel der Gelenkfläche. AC-Gelenksarthrose mit osteophytärer caudaler Ausziehung, links: bohnengroßes Kalkdepot am Ansatz der Supraspinatussehne) und des Radiologen K. (MRT beide Schultern, rechts: Hill-Sachs-Delle und knöcherne Bankart-Läsion am unteren Pfannenrand. Teilläsion der Supraspinatussehne gelenk- und ansatznah. Begleitende Bursitis subacromialis und subdeltoidea sowie aktivierte AC-Arthrose mit subacromialer Enge, links: Zeichen einer PHS calcarea mit kleiner bursaseitiger, ansatznaher Teilläsion der Supraspinatussehne) die Unfallanzeige des Klägers ein.
Am 11.06.2003 wurde der Kläger in der P. an der rechten Schulter operiert (Diagnosen im Operationsbericht: fehlverheilte Pfannenfraktur mit rezidivierenden Subluxationen, Insuffizienz des coraco claviculären Bandapparates Typ Tossi IV, ausgeprägte AC-Gelenksarthrose, kleiner Supraspinatusriss).
Die Beklagte zog das Vorerkrankungsverzeichnis der Allgemeinen Ortskrankenkasse (seit 1991 Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Schultererkrankungen) und einen Befundbericht des Dr. K. über die Behandlung des Klägers zwischen 1992 und 2003 bei (Röntgenaufnahmen des rechten Schultergelenkes am 15.02.1993: streifige Kalkeinlagerung über dem Tuberculum majus, am 13.03.2000: ohne Befund; Vorstellung am 15.03.2002; vier Tage vorher gegen einen Pfeiler gerannt, seither Schmerzen in der rechten Schulter, am 02.05.2002 Gelenk wieder frei beweglich) und holte das Gutachten von Prof. Dr. H. ein. Prof. Dr. H. war der Auffassung, dass sich der Kläger bei dem Unfall am 17.12.2002 Prellungen und eventuell Distorsionen beider Schultergelenke und eine Prellung des rechtsseitigen Thorax zugezogen habe. Einen Anhaltspunkt für eine komplette Luxation beider Schultergelenke gebe es nicht. Die Bankart-Läsion am rechten Schultergelenk sei eindeutig alt. Die Fraktur sei bereits konsolidiert. Knochenmarksödeme, eine Hill-Sachs-Läsion und eine Signalanhebung im Bereich des Oberarmkopfes als Zeichen einer stattgehabten Luxation, welche auch sicherlich noch drei Monate nach dem Unfallereignis nachweisbar erscheinen müsse, fehlten. Die Prellungen und Distorsionen seien folgenlos ausgeheilt. Darüber hinaus anhaltende Beschwerden seien Folge der degenerativen Vorschäden an beiden Schultergelenken. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf Grund der Unfallfolgen ergebe sich nicht.
Mit Bescheid vom 15.01.2004/Widerspruchsbescheid vom 05.03.2004 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente ab. Als Unfallfolgen wurden anerkannt: "Folgenlos ausgeheilte Distorsionen beider Schultern. Folgenlos ausgeheilte Thoraxprellung."
Die dagegen am 05.04.2004 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 29.07.2005 abgewiesen. Zur Begründung hat es gestützt auf das von Prof. Dr. H. erstattete Gutachten im Wesentlichen ausgeführt, dass beim Kläger unfallbedingte Frakturen und Läsionen im Bereich der Schultern nicht nachgewiesen und wahrscheinlich seien. Durch das Sturzereignis seien lediglich Prellungen und evtl. Distorsionen beider Schultergelenke sowie eine Prellung des rechtsseitigen Thorax entstanden, die folgenlos ausgeheilt seien.
Der Kläger hat gegen den am 09.08.2005 zugestellten Gerichtsbescheid am 30.08.2005 Berufung eingelegt und zur Begründung unter Vorlage eines von Prof. Dr. W. , Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik, für die W. Versicherungs-AG erstatteten unfallchirurgischen Fachgutachtens (Unfallfolgen, die einzig und allein auf das Ereignis vom 17.12.2002 zurückzuführen seien: deutliche Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes nach operativer Versorgung eines in Fehlstellung verheilten unteren Pfannenabrissbruches, Narbe am rechten Schultergelenk und belastungsabhängige Schmerzen am rechten Schultergelenk; Minderung der Gebrauchsfähigkeit des rechten Armes um 2/7) vorgebracht, dass ein Pfannenabrissbruch im Bereich des rechten Schultergelenkes und daraus resultierende Bewegungseinschränkungen unfallbedingt entstanden seien.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 29.07.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 15.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.03.2004, zu verurteilen, ab 14.04.2004 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise zu der Frage, ob bei dem am 06.03.2003 im MRT erhobenen Befund eine am 17.12.2002 erlittene Fraktur im Bereich des vorderen Pfannenrandes der rechten Schulter mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als nachgewiesen angesehen werden kann, ein radiologisches Sachverständigengutachten einzuholen.
Ein Vorschaden im Bereich beider Schultern des Klägers sei gesichert. Hätte sich der Kläger erst am 17.12.2002 eine Fraktur im Bereich des vorderen Pfannenrandes der rechten Schulter zugezogen, müssten die am 06.03.2003 erstellten MRT-Aufnahmen noch Zeichen eines Knochenmarksödems aufweise. n.
Der Senat hat eine sachverständige Zeugenauskunft des Dr. B. (anhaltende Schulterschmerzen erstmals am 19.04.2002 beklagt) und ein Gutachten des Orthopäden Prof. Dr. L. Orthopädische Universitätsklinik H. , eingeholt. Prof. Dr. L. hat zusammenfassend ausgeführt, beim Kläger bestehe im Bereich der rechten Schulter eine ausgedehnte Narbenbildung, eine Muskelminderung, Bewegungsschmerzen, eine mittelgradige aktive und endgradige passive Bewegungseinschränkung und Kraftminderung der rechten Schulter bei beginnender Schultergelenksarthrose nach Operation bei Bruch der Schulterpfanne. Diese Gesundheitsstörungen seien überwiegend als Folgen des Ereignisses vom 17.12.2002 anzusehen. Es bestünden zwar eindeutige Hinweise auf einen alterungs- und verschleißbedingten Vorschaden im Bereich der so genannten Rotatorenmanschette; eindeutig habe bei dem Verletzten jedoch unabhängig davon ein alter Bruch im Bereich des vorderen Pfannenrandes vermutlich im Rahmen einer stattgehabten Verrenkung der rechten Schulter bestanden. Dieser Bruch sei die ausschlaggebende Indikation für den ausgedehnten operativen Eingriff gewesen. Die aktuell feststellbaren Funktionsstörungen ließen sich mit den Fraktur- und Operationsfolgen hinreichend erklären. Auf der Röntgenaufnahme vom 18.12.2002 lasse sich ein Bruch des Pfannenrandes zwar nicht eindeutig feststellen, da der vordere Pfannenrand projektionsbedingt nicht verbindlich zu beurteilen sei. Es erscheine allerdings so, als bestünde quer durch die Gelenkfläche verlaufend ein Spalt, der auch nach Rücksprache mit dem Radiologen der Orthopädischen Universitätsklinik H. PD. Dr. L. wahrscheinlich einer Bruchlinie entspreche. Zu diesem Zeitpunkt sei es offensichtlich noch nicht zu einer Verschiebung des Fragments gekommen. Die Kernspintomographie und die Röntgenaufnahme vom 08.04.2003 zeigten dann im Bereich des Vorderrandes der Schulterpfanne eindeutig den Bruch des Pfannenrandes mit Verschiebungen. Der Unfallmechanismus erscheine für eine Schulterverrenkung ausreichend. Sollte es zutreffen, dass ein Wiedereinrenkungsmanöver durch einen Helfer am Unfallort erfolgt sei, so sei dies ein weiterer eindeutiger Hinweis auf eine stattgehabte Schulterluxation. Die Einschätzung von Prof. Dr. H. könne nicht nachvollzogen werden. Eine "Konsolidierung" der Pfannenrandfraktur könne in den drei Monaten zwischen dem Unfallereignis und der Aufnahme eingetreten sein. Hinweise. auf eine früher bereits einmal stattgehabte Schulterluxation mit Bruch der Schulterpfanne bestünden nicht. Hiergegen sprächen auch die Röntgenaufnahmen vom 18.12.2002. Es erscheine annähernd ausgeschlossen, dass bereits auf diesen Aufnahmen die verformenden Veränderungen bestanden hätten wie sie auf den Aufnahmen vom 08.04.2003 feststellbar seien. Die MdE schätze er vom Unfalltag bis zum 31.07.2003 auf 40 v.H., vom 01.08. bis zum 31.10.2003 auf 30 v.H. und seither und auf Dauer auf 20 v.H.
Die Beklagte hat das Gutachten nach Aktenlage von PD. G. vorgelegt. Dieser schließt sich im Wesentlichen dem Gutachten von Prof. Dr. L. an, weist jedoch darauf hin, dass die MRT-Aufnahme vom 06.03.2003 u.a. eine knöcherne Fraktur im Bereich des vorderen Pfannenrandes, die in Fehlstellung knöchern konsolidiert zu sein scheine, zeige. Zum Zeitpunkt der Anfertigung des MRT wäre bei einer frischen Fraktur mit Dislokation aber zu erwarten, dass knöcherne Veränderungen im Sinne von Knochenmarksödem noch gut nachweisbar sein müssten. Aus Erfahrung seien derartige Veränderungen im Gelenkbereich ca. vier bis sechs Monate nachweisbar. Eine Literaturstelle, die genau dies und dies auch im Bereich der Schulter belege, hätte er allerdings nicht finden können. Eine weitere Erhellung könnten Röntgenbilder, die von Dr. K. am 13.03.2000 gefertigt worden seien, bringen.
Ermittlungen des Senats ergaben, dass diese Röntgenbilder nicht mehr vorliegen.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet.
Der Kläger hat Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. ab 14.04.2004.
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Anspruch auf eine Rente.
Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).
Nach diesen Maßstäben kommt der Senat im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass der Kläger am 17.12.2002 einen Arbeitsunfall erlitt, bei dem er auf die Schultern und die rechte Körperhälfte stürzte. Dies ergibt sich aus dem Durchgangsarztbericht des Dr. K. , nach dem am 18.12.2002 bzw. am 20.12.2002 eine Kontusion oder Distorsion beider Schultergelenke und eine Kontusion der rechten Rippen festgestellt wurde. Diese ärztliche Dokumentation stimmt mit den im Kern gleich gebliebenen Angaben des Klägers, dass er mit der Leiter gestürzt sei, starke Schmerzen in den Schultern gehabt und die Arbeit eingestellt habe, überein.
Bei diesem Sturz zog sich der Kläger neben der Distorsion beider Schultern und der Thoraxprellung nach den den Senat überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. L. im Rahmen einer Verrenkung einen Pfannenabrissbruch der rechten Schulter zu. Dass es zu einer Verrenkung kam, findet eine Bestätigung darin, dass ein Nachbar unmittelbar nach dem Unfall nach den glaubhaften und stets gleich bleibenden Angaben des Klägers die Schulter des Klägers einrenkte, indem er an dem Arm zog. Das Vorliegen eines Pfannenabrissbruches zeigte sich bei der Kernspintomographie der rechten Schulter des Klägers am 06.03.2003 und der Röntgenaufnahme vom 08.04.2003, auf denen jeweils eine knöcherne Bankart-Läsion am unteren Pfannenrand zur Darstellung kam. Bestätigt wurde der Befund bei der am 11.06.2003 durchgeführten Operation in der Paulinenhilfe, bei der u.a. eine fehlverheilte Pfannenfraktur festgestellt wurde.
Dieser Pfannenabrissbruch ist auf den Unfall vom 17.12.2002 zurückzuführen. Der Senat folgt insoweit den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. L. sowie von Prof. Dr. W. in seinem für die private Versicherung erstatteten Gutachten. Danach ist der Pfannenabrissbruch überwiegend (so Prof. Dr. L. ) bzw. einzig und allein (so Prof. Dr. W. ) als Folge des Ereignisses vom 17.12.2002 anzusehen.
Für einen Unfallzusammenhang spricht, dass - wie Prof. Dr. L. überzeugend dargelegt hat und was auch Prof. Dr. W. bestätigt hat - der Sturz von einer Leiter aus ca. zwei Metern Höhe für eine Schulterverrenkung ausreichend erscheint und dass der Kläger unmittelbar nach dem Sturz wegen starker Schmerzen die Arbeit einstellte.
Soweit die Beklagte gegen einen Unfallzusammenhang einwendet, dass auf der Röntgenaufnahme vom 18.12.2002 ein Pfannenabrissbruch nicht eindeutig festzustellen sei, ist dies zwar richtig. Auch Prof. Dr. L. hat einen solchen Abrissbruch nicht eindeutig konstatiert. Damit im Einklang steht auch, dass Dr. K. , der die Aufnahmen gefertigt hat, eine Kontraktur ebenfalls verneinte. Grund hierfür ist jedoch, dass die Aufnahmen verdreht und schief angefertigt worden sind (so PD. Dr. G. ), sodass der vordere Pfannenrand, in dem sich der Bruch befindet, nicht verbindlich zu beurteilen ist. Das Vorliegen eines Bruches kann mit Hilfe dieser Aufnahmen deshalb auch nicht ausgeschlossen werden. Nach Prof. Dr. L. scheint es nach Rücksprache mit dem Radiologen PD. Dr. L. immerhin so, als bestünde quer durch die Gelenkfläche verlaufend ein Spalt, der wahrscheinlich einer Bruchlinie entspricht. Auch Prof. Dr. W. vermutet eine kleine Fissurlinie.
Der Unfallzusammenhang wird auch nicht dadurch widerlegt, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt im Bereich der rechten Schulter ausweislich des Vorerkrankungsverzeichnisses der AOK aber auch den Auskünften von Dr. B. und Dr. K. sowie den Gutachten der Beklagten über frühere Arbeitsunfälle unter Vorschädigungen im Bereich der Schulter, die auch bereits zur Arbeitsunfähigkeit geführt hatten, litt. Abgesehen davon, dass sich der Kläger unmittelbar vor dem Unfall wegen der rechten Schulter nicht in medizinischer Behandlung befand und die letzte Arbeitsunfähigkeit wegen der Schulter im April 2002 und damit ungefähr acht Monate vor dem Unfall zu verzeichnen ist, lagen an Vorerkrankungen - wie Prof. Dr. L. und auch Prof. Dr. H. darlegt haben - im Wesentlichen eine Läsion der Rotatorenmanschette mit entsprechenden Veränderungen im Bereich des großen Oberarmhöckers und degenerative Veränderungen im Bereich des AC-Gelenkes vor. Hiervon ist der streitgegenständliche Bruch des Pfannendaches zu unterscheiden.
Der Kläger hat sich die Schulterluxation auch nicht vor dem 17.12.2002 zugezogen. Hinweise hierauf ergeben sich aus der Dokumentation der Vorgeschichte nicht. Auch hat Dr. K. die am 13.03.2000 gefertigte Röntgenaufnahme der rechten Schulter, die nicht mehr auffindbar ist, als unauffällig beschrieben. Ein Bruch vor dem 17.12.2002 erscheint - so Prof. Dr. L. - auch deshalb annähernd ausgeschlossen, weil auf den Aufnahmen vom 18.12.2002 noch keine verformenden Veränderungen in Folge des Bruches bestanden, wie sie dann auf den Röntgenaufnahmen vom 08.04.2003 feststellbar waren.
Dass es bereits vor dem 17.12.2002 zu einem Bruch des Pfannendaches gekommen ist, vermag die Beklagte auch nicht mit Hilfe der am 06.03.2003 gefertigten Kernspintomographie der rechten Schulter und der Röntgenaufnahme vom 08.04.2003 zu begründen. Unbestritten ist zwar, dass nach den Aufnahmen im März/April 2003 die Bankart-Läsion am unteren Pfannenrand bereits knöchern konsolidiert war und sich weder Knochenmarksödeme noch eine Hill-Sachs-Läsion oder eine Signalanhebung im Bereich des Oberarmkopfes zeigten. Prof. Dr. L. hat in diesem Zusammenhang jedoch dargelegt, dass die Konsolidierung in den drei Monaten zwischen dem Unfallereignis und der Aufnahme eingetreten sein kann. Weder Prof. Dr. H. noch PD. Dr. G. vermögen dies zu widerlegen. Prof. Dr. H. gab keine Belege für seine Einschätzung, wonach Knochenmarksödeme, eine Hill-Sachs-Läsion oder eine Signalanhebung sicherlich noch drei Monate nach dem Unfallereignis nachweisbar erscheinen müssten, an und auch PD. Dr. G. führt nur aus, dass aus Erfahrung nach einer so schweren Verletzung im Gelenkbereich für ca. vier bis sechs Monate mit einem nachweisbaren Knochenmarksödem zu rechnen sei. Ein wissenschaftlicher Nachweis hierfür ist ihm jedoch nicht möglich. Eine Literaturstelle hat er nicht finden können.
Dafür, dass sich das Ereignis nach dem 17.12.2002 zugetragen hat - da die knöcherne Veränderung im März 2002 weitgehend konsolidiert war, müsste sich das konkurrierende Ereignis nach den Ausführungen von Prof. Dr. W. zwischen dem 18.12.2002 und etwa Mitte Januar 2003 zugetragen haben - gibt es keinerlei Anhaltspunkte.
Insgesamt spricht damit mehr dafür als dagegen, dass der Pfannenabrissbruch der rechten Schulter des Klägers als Folge des Ereignisses vom 17.12.2002 eingetreten ist.
Den Antrag der Beklagten, ein radiologisches Gutachten einzuholen, lehnt der Senat ab. Die unter Beweis gestellte Tatsache, ob bei dem am 06.03.2003 im MRT erhobenen Befund eine am 17.12.2002 erlittene Fraktur im Bereich des vorderen Pfannenrandes der rechten Schulter mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als nachgewiesen angesehen werden kann, vermag ein radiologisches Gutachten nicht zu beantworten. Sachverständige vermögen nur zu beurteilen, ob die Aufnahme eine Fraktur zeigt - wovon hier auch die Beklagte ausgeht - und ob sie alt oder frisch ist, nicht jedoch, ob der Kläger sich diese gerade am 17.12.2002 zuzog. Im Übrigen hat auch PD. Dr. G. in seinem für die Beklagte erstatteten Gutachten nach Aktenlage ausgeführt, dass eine zeitliche Grenze des Nachweises von Knochenmarksödem bei Frakturen mit Hilfe der Literatur wissenschaftlich nicht zu belegen sei, so dass der Senat auch aus diesem Grund keinen weiteren Aufklärungsbedarf sieht.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperli¬chen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermö¬gens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust un¬ter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäuße¬rungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit aus¬wirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unent¬behrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich dar¬auf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletz¬ten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswir¬kungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtli¬chen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Die MdE von 20 v.H. ergibt sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. L. das auch nach den Ausführungen von PD. Dr. G. insoweit schlüssig erscheint, und auch aus dem für die private Unfallversicherung erstatteten Gutachten von Prof. Dr. W. sowie aus der sozialmedizinischen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, Seite 604). Danach wird für eine Bewegungseinschränkung im Schultergelenk (Vorhebung bis 90 Grad) eine MdE von 20 v.H., für eine Bewegungseinschränkung im Schultergelenk (Vorhebung bis 120 Grad) eine MdE von 10 v.H. und für eine konzentrische Bewegungseinschränkung um die Hälfte (bezüglich Vor- und Rückhebung, Ein- und Auswärtsdrehung, An- und Abspreizung) eine MdE von 30 v.H. angenommen. In den Gutachten wird ein Zustand beschrieben, bei dem der Arm nach vorne aktiv bis zur Horizontalebene bzw. über Kopfhöhe erhoben werden kann, was nach den genannten Werten mit einer MdE von 10. v.H. einzuschätzen wäre. Daneben sind hier jedoch die ausgedehnte sehr druckschmerzhafte Narbenbildung, die Muskelminderung und die fortgeschrittenen röntgenologischen Veränderungen zu berücksichtigen. Für den Senat nachvollziehbar kommen deshalb Prof. Dr. L. und Prof. Dr. W. für die Unfallfolgen im Bereich der rechten Schulter zu einer MdE von 20 v.H. bzw. 2/7.
Renten an Versicherte werden u.a. von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem der Anspruch auf Verletztengeld endet (§ 72 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Gemäß § 46 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII endet das Verletztengeld u.a. mit dem letzten Tag der Arbeitsunfähigkeit; dies war hier der 13.04.2004 (Auskunft der Krankenkasse des Klägers vom 11.02.2008). Dementsprechend beginnt die Rente am 14.04.2004.
Bei dieser Sach- und Rechtslage ist auf die Berufung des Klägers der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 29.07.2005 aufzuheben und der Bescheid der Beklagten vom 15.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 05.03.2004 abzuändern. Die Beklagte ist zu verurteilen, dem Kläger ab 14.04.2004 Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. zu gewähren.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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