Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 686/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 4308/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 20.7.2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Versorgung mit einem fremdkraftbetriebenen Bewegungstherapiegerät für Beine und Arme (MOTOmed-Gerät).
Die 1925 geborene Klägerin, bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert, leidet an Morbus Alzheimer, Gonarthrose beidseits, einem Schulterarmsyndrom beidseits sowie einer Amaurosis (starke Seeschwäche). Sie hat mehrfach Schlaganfälle erlitten und bezieht Leistungen nach der Pflegestufe III.
Am 18.11.2005 legte die Klägerin (bzw. deren durch Vorsorgevollmacht vom 28.12.2001 bevollmächtigte Enkelin, SG-Akte S. 3) eine Verordnung des Allgemeinarztes Dr. S. vom 26.10.2005 über ein MOTOmed-Gerät vor. Die Beklagte befragte hierzu den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). Dr. K. führte im Gutachten vom 30.11.2005 aus, die Verordnung betreffe ein therapeutisches Bewegungsgerät. Geräte dieser Art seien als Hilfsmittel in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen worden mit den Produktarten 32.06.01.0 (Beintrainer), 32.10.01.0 (Armtrainer) sowie 32.29.01.0 (Kombinationstrainer Arm und Bein). Fremdkraftbetriebene Bewegungsgeräte seien für die passive Langzeitanwendung bestimmt. Sie würden zur Durchbewegung gelähmter Extremitäten eingesetzt. Über eine motorbetriebene Kurbel würden gelähmte bzw. in der aktiven Funktion stark eingeschränkte Extremitäten durchbewegt, um auf diese Weise Durchblutungsstörungen, Gelenkkontrakturentwicklungen und störenden Spastikentwicklungen entgegenzuwirken. Da während passiver Gelenkbewegungen doch auch Spasmen der Muskulatur auftreten könnten, müssten die Geräte mit Sicherheitsschaltungen ausgerüstet sein. Die Anwendung von fremdkraftbetriebenen Bewegungsgeräten komme in Betracht, wenn die Erkrankung eine kontinuierliche - gegebenenfalls auch tägliche - krankengymnastische Behandlung erfordere und das Gerät die Maßnahme teilweise oder ganz ersetze. Werde es dagegen allein als ergänzende Maßnahme zur krankengymnastischen Behandlung eingesetzt, werde das Maß des Notwendigen überschritten. Die sinnvolle Nutzung des Gerätes sei regelmäßig zu überprüfen. Im Hilfsmittelverzeichnis seien folgende Indikationen angegeben: Querschnittsläsionen, multiple Sklerose, Muskeldystrophie, neuromuskuläre Erkrankungen mit vergleichbaren Schädigungsbildern sowie Hirnschädigungsfolgen. Bei der Klägerin, die unter Gonarthrose beidseits, Schulterarmsyndrom beidseits, Amaurosis, Immobilität und Morbus Alzheimer (bei Pflegestufe III) leide, seien im Hinblick auf die vorliegenden Begleiterkrankungen ein selbstbestimmter Einsatz des Hilfsmittels sowie eine Compliance nicht anzunehmen. Die Versorgung mit dem Bewegungstrainer sei daher medizinisch nicht begründet.
Mit Bescheid vom 13.12.2005 lehnte die Beklagte die Versorgung der Klägerin mit einem MOTOmed-Gerät ab.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs wurde vorgetragen, mittlerweile habe die Klägerin das MOTOmed-Gerät getestet. Seit dem konsequenten Training habe sich ihr Zustand hinsichtlich Beweglichkeit und motorischer Koordination erheblich gebessert; dies hätten Dr. S. und die Physiotherapeutin L. bestätigt.
Dr. S. führte unter dem 12.1.2006 aus, beim letzten Hausbesuch am 16.12.2005 habe er festgestellt, dass die allgemeine Beweglichkeit der Klägerin offensichtlich schlechter geworden sei. Zweimalige physiotherapeutische Behandlung pro Woche sei zur Verbesserung und Kompensierung auf keinen Fall mehr ausreichend. Mehrmals tägliche Bewegungsübungen seien für eine Verbesserung der Gesamtsituation unverzichtbar; dazu sei die Klägerin derzeit selbst nicht in der Lage.
Die Physiotherapeutin L. gab im Schreiben vom 9.1.2006 (Erprobungsbericht) u.a. an, die Klägerin habe das MOTOmed-Gerät im Dezember 2005 für drei Wochen zur Erprobung erhalten. Bei dem vorliegenden komplexen Schädigungsbild habe die bisherige konsequente Therapie über die Jahre langsam aber stetig zu mehr Beweglichkeit und Unabhängigkeit verholfen. Die Klägerin könne derzeit nicht alleine gehen oder stehen. Um der Symptomatik vor allem im häuslichen Bereich entgegenzuwirken bzw. zunehmenden Einschränkungen vorzubeugen, habe der Hausarzt Dr. S. das MOTOmed-Gerät verordnet. Mangels notwendiger Kraft könne die Klägerin einen aktiven Trainer nicht benutzen. Unabhängig von der zweimal wöchentlich stattfindenden therapeutischen Behandlung sei der tägliche Einsatz des Bewegungstherapiegeräts erforderlich. Dadurch sollten der Bewegungsmangel ausgeglichen, Muskelverspannungen gelockert und die Restmuskelkraft trainiert werden. Eine tägliche Bewegungstherapie könnte natürlich auch durch zusätzliche therapeutische Maßnahmen realisiert werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.1.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie bezog sich auf das Gutachten des MDK und führte ergänzend aus, gem. § 33 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) hätten Versicherte Anspruch auf die Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich seien, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Der zu begründenden Verordnung eines fremdkraftbetriebenen Bewegungsgeräts müsse eine mindestens vierwöchige aussagekräftige Anwendungserprobung in Zusammenarbeit mit Physio- oder Ergotherapeuten vorausgehen. Indikation für die Kostenübernahme seien Lähmungsbilder oder neuromuskuläre Erkrankungen mit weitestgehendem Funktionsverlust der Arm- und Beinbeweglichkeit. Die Anwendung der in Rede stehenden Geräte komme in Betracht, wenn die Erkrankung eine kontinuierliche, gegebenenfalls auch tägliche, krankengymnastische Behandlung erfordere und das Gerät diese Maßnahmen teilweise oder ganz ersetze. Für die Ergänzung krankengymnastischer Behandlungen sei das Gerät nicht notwendig.
Am 21.2.2006 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Ulm. Zur Begründung wurde das bisherige Vorbringen bekräftigt. Der Einsatz des MOTOmed-Geräts ermögliche es, alltägliche Bewegungsabläufe leichter und gefahrloser auszuführen (Gehen Anziehenlassen u.a.). außerdem würden der Knochenaufbau unterstützt und der aktive Lymphfluss gestärkt.
Die Beklagte legte das MDK-Gutachten des Dr. K. vom 14.3.2006 vor. Darin ist ergänzend zum MDK Gutachten vom 30.11.2005 ausgeführt, das bei der Klägerin beschriebene Krankheitsbild einer Demenz mit allen daraus resultierenden organischen Defiziten sei als Indikation für die Anwendung des in Rede stehenden Geräts nicht genannt. Das Krankheitsbild erfordere wegen der sekundären Fähigkeitsstörungen fraglos eine intensive krankengymnastische Dauerbehandlung in hoher Frequenz. Voraussetzung für die Anwendung des beantragten Hilfsmittels seien unter anderem auch die Fähigkeit zur bewussten und aktiven Mitwirkung des Patienten und eine hinreichende Kooperationsfähigkeit im Sinne einer Rehabilitationsfähigkeit. Dies erscheine hier nicht hinreichend gegeben, da die beschriebene Demenz eine entsprechende aktive Beteiligung der Klägerin nicht erwarten lasse. Als vordergründiges Ziel der Behandlung würden der Erhalt und die Verbesserung der Muskelkraft einerseits sowie die Vermeidung von Kontrakturen andererseits dargestellt. An anderer Stelle werde darauf hingewiesen, dass die Kraft der Klägerin nicht ausreiche, um ausschließlich aktiv zu trainieren. Muskelaufbauenden Charakter habe allein aktives Trainieren. Trainingspausen bedürften eines fremdkraftbetriebenen Trainers nicht. Auch zur Kontrakturenprophylaxe sei das Gerät nicht notwendig. Hier seien neben der unverändert erforderlichen Krankengymnastik originäre Maßnahmen der Grundpflege im Sinne einer Kontrakturenprophylaxe geeignet und bei Vorliegen von Schwerstpflegebedürftigkeit angezeigt. Dass die in den vorgelegten Schreiben beschriebenen positiven Veränderungen im Mobilitätsniveau der Klägerin ausschließlich oder überwiegend bzw. alleine dem Gerätetraining zuzuschreiben seien und durch andere Maßnahmen nicht in gleichem Umfang zu erzielen wären, bleibe spekulativ. Davon abgesehen erinnerten die Ausführungen an die Formulierungen in Schreiben des Geräteherstellers an die Krankenkassen bzw. Ärzte; sie blieben bezogen auf den Einzelfall eher an der Oberfläche. Nach den vorliegenden Ausführungen sei aktives Beüben der Beine sowohl durch regelmäßiges Gehen, aber auch z. B. im Rahmen eines (Sitz-)Ergometertrainings möglich. Die von der Physiotherapeutin beschriebenen einfachen Bewegungsmuster seien durch Gehen bzw. aktive Bewegungsübungen und gegebenenfalls durch ein handelsübliches Ergometer möglich. Die Sicherstellung komplexer Bewegungsübungen durch Maßnahmen des Heilmittelkatalogs könne allein durch gerätegestütztes Training selbstverständlich nicht ersetzt werden. Insgesamt sei nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin unter rehabilitativen Aspekten über die Heilmitteltherapie hinaus durch das passive Bewegungstraining einen zusätzlichen Nutzen erfahren werde.
Dr. S. führte unter dem 18.5.2006 aus, ungeachtet der Demenz der Klägerin seien Restfunktionen vorhanden und nutzbar, die evtl. gefördert werden könnten. Das sei für ihn und die Physiotherapeutin das ausschlaggebende Kriterium zur Verordnung des Therapiegeräts gewesen.
Die Beklagte legte hierzu das MDK-Gutachten des Dr. Kr. vom 6.6.2006 vor. Dieser führte aus, Dr. S. habe konkrete klinische Befunde nicht genannt; neu sei lediglich, dass die Klägerin zwischenzeitlich wegen einer transitorisch ischämischen Attacke im Krankenhaus behandelt worden sei und man dort eine geriatrische Rehabilitation empfohlen habe. Fremdkraftbetriebene Bewegungsgeräte würden für die passive Anwendung eingesetzt zur Bewegung gelähmter Extremitäten. Über eine motorbetriebene Kurbel würden gelähmte bzw. in der Funktion stark eingeschränkte Extremitäten durchbewegt mit dem Ziel, Durchblutungsstörungen, Gelenkkontrakturentwicklungen und störenden Spastikentwicklungen entgegenzuwirken. Insbesondere bei inkompletten Lähmungen dienten die Geräte dem Erhalt der Restmuskelkraft. Die Hilfsmittelrichtlinien sähen für die Erkrankungen der Klägerin keine Indikation vor; vielmehr seien ausdrücklich und ausschließlich Diagnosen benannt, die Störungen der neuromuskulären Achse beträfen. Es gehe also um neurologisch bedingte periphere Lähmungen, insbesondere mit Spastik, wobei gerade die Besonderheit dieser Geräte in der Spastikschaltung bestehe, die verhindere, dass während des Trainings auftretende Spastizitäten zu Verletzungen führten. Vorliegend seien weder Lähmungen noch eine Spastizität der Extremitäten beschrieben. Letztendlich gehe es hier im übertragenen Sinne um eine Art "off-label-use" von Hilfsmitteln. Der Einsatz des in Rede stehenden Geräts sei auch bei degenerativen Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparats nicht indiziert. Die mitgeteilte (neue) Diagnose "transitorische ischämische Attacke" beschreibe eine flüchtige, also nicht bleibende neurologische Symptomatik. Nach wie vor seien keine Diagnosen oder Behinderungsbilder beschrieben, denen eine Störung der neuromuskulären Achse im Sinne der Hilfsmittelrichtlinien zugrunde liege. Weder Paresen noch Spastizität sei festgestellt worden; nur bei solchen Krankheitsbildern sei die Verordnung der fraglichen Geräte vorgesehen. Was die Kontrakturenprophylaxe angehe, müsse auf die Prinzipien der aktivierenden Pflege hingewiesen werden, der dies originär zuzuordnen sei.
Der Neurologe und Psychiater Professor Dr. W. führte unter dem 27.7.2006 aus, bei der Klägerin liege eine schwere Demenz vor. Infolge zweier Schlaganfälle sei sie körperlich schwerstbehindert und durch die Demenz stark geistig behindert. Sie könne keinerlei Tätigkeiten mehr alleine verrichten. Eine Rundumbetreuung sei notwendig. Außerdem fänden sich infolge der Schlaganfälle Paresen sowie eine deutliche Spastik. Die Enkelin der Klägerin habe deutliche Besserungen während der Probephase des MOTOmed-Geräts berichtet. Bei guter Anwendungsbeobachtung werde empfohlen, der Klägerin das Gerät zu bewilligen.
Am 10.11.2006 führte Dr. K. gemeinsam mit dem Facharzt für Psychiatrie N. einen Hausbesuch bei der Klägerin durch. Im daraufhin erstellten (abschließenden) MDK-Gutachten vom 14.11.2006 ist ausgeführt, der Klägerin sei das begehrte Hilfsmittel von Ende Dezember 2005 bis März 2006 probeweise zur Verfügung gestellt worden. Dadurch habe sich nach Angaben (insbesondere) der Enkelin der Klägerin der Zustand verbessert, während wieder eine Verschlechterung erkennbar geworden sei, als das Gerät nicht mehr habe benutzt werden können.
Der Gutachter traf die (damals 81-jährige) Klägerin im Rollstuhl sitzend beim Frühstück an. Auf laute Ansprache habe sie kurz den Gruß erwidert, ansonsten jedoch am Gespräch nicht aktiv teilgenommen. Es bestehe eine an Blindheit grenzende Sehminderung. Dadurch sei ein gezieltes Greifen (z. B. nach einem Trinkbecher) nicht mehr möglich. Die Klägerin sitze überwiegend unbeweglich im Rollstuhl; es komme aber immer wieder zu kürzeren Aktivitätsphasen, in denen sie sogar in der Lage sei, eigenständig mit Abstützen der Arme am Rollstuhl kurzzeitig zum Stehen zu kommen. Sie kippe sodann aber schnell wieder in den Sitz zurück. Mit Unterstützung der Pflegeperson könne sie dann doch länger den Stand halten und auch mit trippelnden Schritten kurze Wege gehen. Das Gangbild sei unsicher. Die Muskulatur sei insgesamt hypoton, nicht spastisch. Eine Kraftprüfung sei mangels Kooperation nicht aussagekräftig durchführbar gewesen. Es fänden sich an allen Extremitäten keine ausgeprägten Paresen, auch keine Gelenkkontrakturen. Beim kurzen Gehen falle auch keine Fallneigung zu einer Seite auf. Insgesamt liege somit auch keine eindeutige neurologische Halbseitensymptomatik vor. Beide Kniegelenke wiesen ein Streckdefizit von ca. 15 Grad auf, das sich auch passiv nicht aufheben lasse. Dabei seien beidseitig Arthrosen der Kniegelenke beschrieben und auch klinisch abgebildet. Zusätzlich bestünden ausgeprägte Ödeme beider Beine.
Vom kognitiven Befund sei kaum ein Zugang zu der Klägerin zu finden. Sie erkenne aber ihre Enkelin. Diese habe angegeben, dass die Klägerin auch ehemalige Mitglieder aus der Sehbehinderten-Selbsthilfegruppe noch erkennen würde. Testverfahren seien nicht durchführbar gewesen wegen mangelnder Vigilanz der Klägerin.
Der Gutachter diagnostizierte vaskuläre Demenz sowie einen Zustand nach mehreren Hirninfarkten, Erblindung, Gonarthrose beidseits und ein Schulter-Arm-Syndrom beidseits. Der klinische Befund habe die Einschätzung des Neurologen Professor Dr. W. nicht bestätigt. Es habe sich aktuell keine wesentliche Spastik gezeigt. Auch die vorbeschriebenen Kontrakturen könnten nicht bestätigt werden. Im Raum stehe die angegebene Verschlechterung von Motorik und Mobilität seit Einstellung der Therapie mit dem Hilfsmittel. Zwischenzeitlich habe aber erneut ein zerebraler Insult stattgefunden, weshalb die Klägerin mit spastiklösenden Medikamenten behandelt werde. Beides könne den seither verringerten Muskeltonus erklären. Hinsichtlich des aktuell festgestellten klinischen Befundes bestehe aus sozialmedizinischer Sicht weiterhin keine klassische Indikation für den Einsatz eines fremdkraftbetriebenen Bewegungstrainers. Medizinisch könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass das Training mit dem Hilfsmittel insgesamt bei der Klägerin zu einer neuronalen Aktivierung beigetragen habe, die sich unter anderem auch in einer Verbesserung der Vigilanz und des Aktivitätsgrades niedergeschlagen habe. Dieses therapeutische Ziel sei in den Hilfsmittelrichtlinien für den Einsatz fremdkraftbetriebener Bewegungstrainer jedoch nicht benannt. Dass die Klägerin ausschließlich aktiv zu betreibende Trainingsgeräte nicht mehr nutzen könne, sei unbestritten.
Mit Schreiben vom 4.4.2007 übernahm die Beklagte die Kosten eines der Klägerin mittlerweile verordneten Stehständers (3.588,38 EUR).
Mit Urteil vom 20.7.2007 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung nahm es auf die Gründe des Widerspruchsbescheids Bezug (§ 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz, SGG) und führte ergänzend aus, die Klägerin könne die Versorgung mit dem Bewegungsgerät MOTOmed nicht beanspruchen, da sie aufgrund der von Professor Dr. W. diagnostizierten schweren Demenz keine bzw. nicht genügend Einsichtsfähigkeit und Compliance aufweise, um das Gerät zielgerichtet einzusetzen. Auch Dr. K. habe während der häuslichen Untersuchung kaum Zugang zu der Klägerin gefunden. Die Versorgung mit dem Bewegungstrainer sei daher gem. § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht zweckmäßig. Das Training am Stehständer und gegebenenfalls eine intensivierte Krankengymnastik seien ausreichend.
Auf das ihr am 14.8.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 3.9.2007 Berufung eingelegt. Ergänzend wird vorgetragen, das Sozialgericht bzw. die MDK-Gutachter hätten wegen der Demenzerkrankung zu Unrecht die Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit des Hilfsmittels verneint. So könne die Klägerin nach Angaben ihrer Enkelin sich verständlich darüber äußern, was sie möge bzw. nicht möge. Außerdem könne sie beispielsweise den Anweisungen der Therapeutin im Bewegungsbad folgen. Das begehrte Gerät sei so konzipiert, dass es gerade Menschen, die nicht aus eigener Kraft trainieren könnten, einen therapeutischen Nutzen biete. In Absprache mit dem Hausarzt sei das Gerät mittlerweile im Rahmen der Krankengymnastik, die nunmehr zweimal zusätzlich in der Woche angewendet werde, verschrieben worden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 20.7.2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 13.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.1.2006 zu verurteilen, sie mit einem fremdkraftbetriebenen Bewegungsgerät der Marke MOTOmed für Arme und Beine zu versorgen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Klägerin hat abschließend vorgetragen, nachdem Dr. S. das Training mit dem MOTOmed-Gerät aus Budgetgründen abgesetzte habe, habe sich ihr Gesundheitszustand wieder verschlechtert.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, sie mit dem begehrten Hilfsmittel (MOTOmed-Gerät) zu versorgen; sie hat darauf keinen Anspruch.
Gem. § 33 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Bei der Auslegung dieser Vorschrift ist der in § 12 Abs. 1 SGB V für alle Leistungsarten geltende Grundsatz zu beachten, dass die Leitungen ausreichend zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.
Die Spitzenverbände der Krankenkassen haben gem. § 128 SGB V (a.F.) i. V. m. § 139 SGB V ein Verzeichnis der von der Leistungspflicht umfassten Hilfsmittel (als Verwaltungsvorschrift) erstellt, das als unverbindliche Auslegungshilfe herangezogen werden kann. Die Verweisung in Ziff. 32 der rechtverbindlichen Hilfsmittelrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 17.6.1992 (BAnz. Beilage Nr. 183b) in der seit 6.1.2005 geltenden Fassung (Hilfsmittel-RL, dort Nr. A II 8.2.) trifft insoweit keine andere Regelung. Der Hinweis in Ziff. 8 der Hilfsmittelrichtlinie, wonach das Hilfsmittelverzeichnis bei der Abgabe von Hilfsmitteln zu beachten ist, widerspricht allerdings der Gesetzeslage (und ist deshalb nichtig), weil die Spitzenverbände der Krankenkassen keine Ermächtigung haben, durch das Hilfsmittelverzeichnis ihre Leistungspflicht gegenüber den Versicherten im Sine einer "Positivliste" abschließend festzulegen (BSG Urt. v. 3.8.2006 - B 3 KR 25/05 R; anders wohl LSG Bad.-Württ., Urt. v. 5.4.2005, - L 11 KR 2161/04).
Die Indikationen des Hilfsmittelverzeichnisses für den Einsatz des hier streitigen fremdkraftbetriebenen Bewegungsgerätes (Querschnittsläsionen, Multiple Sklerose, Muskeldystrophie, neuromuskuläre Erkrankungen mit vergleichbaren Schädigungsbildern, Hirnschädigungsfolgen) liegen hier unstreitig nicht vor, so dass ein Anspruch unter Berufung auf das Hilfsmittelverzeichnisses sich vorliegend nicht begründen lässt. Aber auch nach den individuellen Umständen des Einzelfalls der Klägerin besteht kein Anspruch auf das begehrte Hilfsmittel. Ein Hilfsmittel ist dann erforderlich, wenn es dazu dient, natürliche Funktionen auszugleichen, fehlende Körperteile und Funktionen zu ersetzen, zu erleichtern und zu ergänzen. Dabei genügt eine nur unwesentliche Verbesserung nicht. Das Hilfsmittel muss unentbehrlich und unvermeidlich sein, die Ziele der Krankenbehandlung zu erreichen (so bereits BSG SoR 2200 § 182 b Nr. 25,26,30,33).
Davon ausgehend haben die Gutachter des MDK (Dres. K. und K.) überzeugend dargelegt, dass vorliegend ein medizinisches Erfordernis für den Einsatz des Bewegungsgeräts nicht besteht und die Klägerin außerdem nicht über die notwendige Fähigkeit zum Einsatz des Geräts verfügt.
So hat Dr. K. als unstreitige Indikationen für den Einsatz des MOTOmed-Geräts Querschnittsläsionen, multiple Sklerose, Muskeldystrophie, neuromuskuläre Erkrankungen mit vergleichbaren Schädigungsbildern sowie Hirnschädigungsfolgen benannt (Gutachten vom 30.11.2005). Diese Indikationen bzw. Krankheitsbilder liegen bei der unter Gonarthrose beidseits, Schulterarmsyndrom beidseits, Amaurosis, Immobilität und Morbus Alzheimer bzw. Demenz (bei Pflegestufe III) leidenden Klägerin nicht vor. Dr. K. hat das in seinen Aktengutachten vom 14.3. und 6.6. 2006 im einzelnen bestätigt und weiter bekräftigt, dass alle für den Einsatz des begehrten Hilfsmittels in Betracht kommenden Diagnosen Störungen der neuromuskulären Achse betreffen, es also um neurologisch bedingte periphere Lähmungen, insbesondere mit Spastik gehen muss.
Dr. K. hat die Klägerin zur weiteren Abklärung schließlich bei einem Hausbesuch untersucht und bei insgesamt hypotoner Muskulatur weder Spastik noch ausgeprägten Paresen oder Gelenkkontrakturen gefunden. Beim kurzen Gehen fiel auch keine Fallneigung zu einer Seite auf, weshalb insgesamt eine eindeutige neurologische Halbseitensymptomatik ebenfalls nicht zu diagnostizieren war. Aus sozialmedizinischer Sicht fehlt es auf Grund der überzeugenden Erkenntnisse des Dr. K. daher nach wie vor an der Indikation zum Einsatz des fremdkraftbetriebenen Bewegungsgeräts als von der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung zu stellendem Hilfsmittel. Daran ändert es nichts, dass die Anwendung des Geräts (allgemein) zu (von der Enkelin der Klägerin oder dem Hausarzt Dr. Sa. bzw. der Physiotherapeutin L. beobachteten) positiven Effekten, etwa im Sinne einer Verbesserung der Vigilanz und des Aktivitätsgrades bzw. der Restmuskelkraft, führen kann bzw. dies aus Sicht des Gutachters Dr. K. nicht auszuschließen ist. Das allein genügt zur Begründung einer Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht.
Dr. K. hat in diesem Zusammenhang in dem Gutachten vom 14.03.2006 überzeugend ausgeführt, dass nur ein aktives Beüben der Beine sowohl durch regelmäßiges Gehen, aber auch im Rahmen eines (Sitz)Ergometertrainings der Klägerin wirklich weiterhilft und die von der Physiotherapeutin beschriebenen einfachen Bewegungsmuster eben durch Gehen/aktive Bewegungsübungen und ggfs. durch ein handelsübliches Ergometer gleichermaßen erbracht werden können, weswegen er unter rehabilitativen Aspekten über die Heilmitteltherapie hinaus durch passives Beüben bei der Klägerin keinen zusätzlichen Benefit erkennen konnte. Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Mit dem SG ist er der Auffassung, dass die Versorgung mittels eines Bewegungstrainers im Sinne von § 12 Abs. 1 S. 1 SGB nicht wirtschaftich ist und das Training am (von der Krankenkasse bewilligten) Stehständer in Verbindung mit einer intensiven Krankengymnastik ausreichend ist.
Außerdem hat das Sozialgericht zu Recht darauf abgestellt, dass bei der ausgeprägten Demenzerkrankung der Klägerin die notwendige Compliance zum Einsatz des MOTOmed Geräts nicht festgestellt werden kann. Dies entspricht den Erkenntnissen des Dr. K. im nach dem Hausbesuch erstellten Gutachten vom 14.11.2006. Der Gutachter konnte vom kognitiven Befund her kaum ein Zugang zu der Klägerin zu finden; er hat insgesamt schlüssig dargelegt, dass ein hinreichend selbstbestimmter Einsatz des Hilfsmittels sowie die erforderliche Compliance angesichts der Demenzerkrankung nicht anzunehmen ist, und die Versorgung mit dem Bewegungstrainer deshalb medizinisch nicht begründet werden kann. Dem ist Stichhaltiges nicht entgegengesetzt. Dass die Klägerin sich nach Angaben ihrer Enkelin verständlich dazu äußern kann, was sie mag oder nicht mag, oder dass sie Anweisungen der Therapeutin im Bewegungsbad folgen kann, ändert am Vorliegen der Demenzerkrankung und den damit verbundenen Folgewirkungen nichts und zieht die fundierte Einschätzung des Gutachters nicht in Zweifel. Bei dieser Sachlage drängen sich dem Senats angesichts der vorliegenden MDK-Gutachten und Arztberichte weitere Ermittlungen, etwa zusätzliche Begutachtungen, nicht auf.
Das Sozialgericht hat die Klage daher zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung der Klägerin erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Versorgung mit einem fremdkraftbetriebenen Bewegungstherapiegerät für Beine und Arme (MOTOmed-Gerät).
Die 1925 geborene Klägerin, bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert, leidet an Morbus Alzheimer, Gonarthrose beidseits, einem Schulterarmsyndrom beidseits sowie einer Amaurosis (starke Seeschwäche). Sie hat mehrfach Schlaganfälle erlitten und bezieht Leistungen nach der Pflegestufe III.
Am 18.11.2005 legte die Klägerin (bzw. deren durch Vorsorgevollmacht vom 28.12.2001 bevollmächtigte Enkelin, SG-Akte S. 3) eine Verordnung des Allgemeinarztes Dr. S. vom 26.10.2005 über ein MOTOmed-Gerät vor. Die Beklagte befragte hierzu den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). Dr. K. führte im Gutachten vom 30.11.2005 aus, die Verordnung betreffe ein therapeutisches Bewegungsgerät. Geräte dieser Art seien als Hilfsmittel in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen worden mit den Produktarten 32.06.01.0 (Beintrainer), 32.10.01.0 (Armtrainer) sowie 32.29.01.0 (Kombinationstrainer Arm und Bein). Fremdkraftbetriebene Bewegungsgeräte seien für die passive Langzeitanwendung bestimmt. Sie würden zur Durchbewegung gelähmter Extremitäten eingesetzt. Über eine motorbetriebene Kurbel würden gelähmte bzw. in der aktiven Funktion stark eingeschränkte Extremitäten durchbewegt, um auf diese Weise Durchblutungsstörungen, Gelenkkontrakturentwicklungen und störenden Spastikentwicklungen entgegenzuwirken. Da während passiver Gelenkbewegungen doch auch Spasmen der Muskulatur auftreten könnten, müssten die Geräte mit Sicherheitsschaltungen ausgerüstet sein. Die Anwendung von fremdkraftbetriebenen Bewegungsgeräten komme in Betracht, wenn die Erkrankung eine kontinuierliche - gegebenenfalls auch tägliche - krankengymnastische Behandlung erfordere und das Gerät die Maßnahme teilweise oder ganz ersetze. Werde es dagegen allein als ergänzende Maßnahme zur krankengymnastischen Behandlung eingesetzt, werde das Maß des Notwendigen überschritten. Die sinnvolle Nutzung des Gerätes sei regelmäßig zu überprüfen. Im Hilfsmittelverzeichnis seien folgende Indikationen angegeben: Querschnittsläsionen, multiple Sklerose, Muskeldystrophie, neuromuskuläre Erkrankungen mit vergleichbaren Schädigungsbildern sowie Hirnschädigungsfolgen. Bei der Klägerin, die unter Gonarthrose beidseits, Schulterarmsyndrom beidseits, Amaurosis, Immobilität und Morbus Alzheimer (bei Pflegestufe III) leide, seien im Hinblick auf die vorliegenden Begleiterkrankungen ein selbstbestimmter Einsatz des Hilfsmittels sowie eine Compliance nicht anzunehmen. Die Versorgung mit dem Bewegungstrainer sei daher medizinisch nicht begründet.
Mit Bescheid vom 13.12.2005 lehnte die Beklagte die Versorgung der Klägerin mit einem MOTOmed-Gerät ab.
Zur Begründung des dagegen eingelegten Widerspruchs wurde vorgetragen, mittlerweile habe die Klägerin das MOTOmed-Gerät getestet. Seit dem konsequenten Training habe sich ihr Zustand hinsichtlich Beweglichkeit und motorischer Koordination erheblich gebessert; dies hätten Dr. S. und die Physiotherapeutin L. bestätigt.
Dr. S. führte unter dem 12.1.2006 aus, beim letzten Hausbesuch am 16.12.2005 habe er festgestellt, dass die allgemeine Beweglichkeit der Klägerin offensichtlich schlechter geworden sei. Zweimalige physiotherapeutische Behandlung pro Woche sei zur Verbesserung und Kompensierung auf keinen Fall mehr ausreichend. Mehrmals tägliche Bewegungsübungen seien für eine Verbesserung der Gesamtsituation unverzichtbar; dazu sei die Klägerin derzeit selbst nicht in der Lage.
Die Physiotherapeutin L. gab im Schreiben vom 9.1.2006 (Erprobungsbericht) u.a. an, die Klägerin habe das MOTOmed-Gerät im Dezember 2005 für drei Wochen zur Erprobung erhalten. Bei dem vorliegenden komplexen Schädigungsbild habe die bisherige konsequente Therapie über die Jahre langsam aber stetig zu mehr Beweglichkeit und Unabhängigkeit verholfen. Die Klägerin könne derzeit nicht alleine gehen oder stehen. Um der Symptomatik vor allem im häuslichen Bereich entgegenzuwirken bzw. zunehmenden Einschränkungen vorzubeugen, habe der Hausarzt Dr. S. das MOTOmed-Gerät verordnet. Mangels notwendiger Kraft könne die Klägerin einen aktiven Trainer nicht benutzen. Unabhängig von der zweimal wöchentlich stattfindenden therapeutischen Behandlung sei der tägliche Einsatz des Bewegungstherapiegeräts erforderlich. Dadurch sollten der Bewegungsmangel ausgeglichen, Muskelverspannungen gelockert und die Restmuskelkraft trainiert werden. Eine tägliche Bewegungstherapie könnte natürlich auch durch zusätzliche therapeutische Maßnahmen realisiert werden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.1.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie bezog sich auf das Gutachten des MDK und führte ergänzend aus, gem. § 33 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) hätten Versicherte Anspruch auf die Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich seien, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen. Der zu begründenden Verordnung eines fremdkraftbetriebenen Bewegungsgeräts müsse eine mindestens vierwöchige aussagekräftige Anwendungserprobung in Zusammenarbeit mit Physio- oder Ergotherapeuten vorausgehen. Indikation für die Kostenübernahme seien Lähmungsbilder oder neuromuskuläre Erkrankungen mit weitestgehendem Funktionsverlust der Arm- und Beinbeweglichkeit. Die Anwendung der in Rede stehenden Geräte komme in Betracht, wenn die Erkrankung eine kontinuierliche, gegebenenfalls auch tägliche, krankengymnastische Behandlung erfordere und das Gerät diese Maßnahmen teilweise oder ganz ersetze. Für die Ergänzung krankengymnastischer Behandlungen sei das Gerät nicht notwendig.
Am 21.2.2006 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Ulm. Zur Begründung wurde das bisherige Vorbringen bekräftigt. Der Einsatz des MOTOmed-Geräts ermögliche es, alltägliche Bewegungsabläufe leichter und gefahrloser auszuführen (Gehen Anziehenlassen u.a.). außerdem würden der Knochenaufbau unterstützt und der aktive Lymphfluss gestärkt.
Die Beklagte legte das MDK-Gutachten des Dr. K. vom 14.3.2006 vor. Darin ist ergänzend zum MDK Gutachten vom 30.11.2005 ausgeführt, das bei der Klägerin beschriebene Krankheitsbild einer Demenz mit allen daraus resultierenden organischen Defiziten sei als Indikation für die Anwendung des in Rede stehenden Geräts nicht genannt. Das Krankheitsbild erfordere wegen der sekundären Fähigkeitsstörungen fraglos eine intensive krankengymnastische Dauerbehandlung in hoher Frequenz. Voraussetzung für die Anwendung des beantragten Hilfsmittels seien unter anderem auch die Fähigkeit zur bewussten und aktiven Mitwirkung des Patienten und eine hinreichende Kooperationsfähigkeit im Sinne einer Rehabilitationsfähigkeit. Dies erscheine hier nicht hinreichend gegeben, da die beschriebene Demenz eine entsprechende aktive Beteiligung der Klägerin nicht erwarten lasse. Als vordergründiges Ziel der Behandlung würden der Erhalt und die Verbesserung der Muskelkraft einerseits sowie die Vermeidung von Kontrakturen andererseits dargestellt. An anderer Stelle werde darauf hingewiesen, dass die Kraft der Klägerin nicht ausreiche, um ausschließlich aktiv zu trainieren. Muskelaufbauenden Charakter habe allein aktives Trainieren. Trainingspausen bedürften eines fremdkraftbetriebenen Trainers nicht. Auch zur Kontrakturenprophylaxe sei das Gerät nicht notwendig. Hier seien neben der unverändert erforderlichen Krankengymnastik originäre Maßnahmen der Grundpflege im Sinne einer Kontrakturenprophylaxe geeignet und bei Vorliegen von Schwerstpflegebedürftigkeit angezeigt. Dass die in den vorgelegten Schreiben beschriebenen positiven Veränderungen im Mobilitätsniveau der Klägerin ausschließlich oder überwiegend bzw. alleine dem Gerätetraining zuzuschreiben seien und durch andere Maßnahmen nicht in gleichem Umfang zu erzielen wären, bleibe spekulativ. Davon abgesehen erinnerten die Ausführungen an die Formulierungen in Schreiben des Geräteherstellers an die Krankenkassen bzw. Ärzte; sie blieben bezogen auf den Einzelfall eher an der Oberfläche. Nach den vorliegenden Ausführungen sei aktives Beüben der Beine sowohl durch regelmäßiges Gehen, aber auch z. B. im Rahmen eines (Sitz-)Ergometertrainings möglich. Die von der Physiotherapeutin beschriebenen einfachen Bewegungsmuster seien durch Gehen bzw. aktive Bewegungsübungen und gegebenenfalls durch ein handelsübliches Ergometer möglich. Die Sicherstellung komplexer Bewegungsübungen durch Maßnahmen des Heilmittelkatalogs könne allein durch gerätegestütztes Training selbstverständlich nicht ersetzt werden. Insgesamt sei nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin unter rehabilitativen Aspekten über die Heilmitteltherapie hinaus durch das passive Bewegungstraining einen zusätzlichen Nutzen erfahren werde.
Dr. S. führte unter dem 18.5.2006 aus, ungeachtet der Demenz der Klägerin seien Restfunktionen vorhanden und nutzbar, die evtl. gefördert werden könnten. Das sei für ihn und die Physiotherapeutin das ausschlaggebende Kriterium zur Verordnung des Therapiegeräts gewesen.
Die Beklagte legte hierzu das MDK-Gutachten des Dr. Kr. vom 6.6.2006 vor. Dieser führte aus, Dr. S. habe konkrete klinische Befunde nicht genannt; neu sei lediglich, dass die Klägerin zwischenzeitlich wegen einer transitorisch ischämischen Attacke im Krankenhaus behandelt worden sei und man dort eine geriatrische Rehabilitation empfohlen habe. Fremdkraftbetriebene Bewegungsgeräte würden für die passive Anwendung eingesetzt zur Bewegung gelähmter Extremitäten. Über eine motorbetriebene Kurbel würden gelähmte bzw. in der Funktion stark eingeschränkte Extremitäten durchbewegt mit dem Ziel, Durchblutungsstörungen, Gelenkkontrakturentwicklungen und störenden Spastikentwicklungen entgegenzuwirken. Insbesondere bei inkompletten Lähmungen dienten die Geräte dem Erhalt der Restmuskelkraft. Die Hilfsmittelrichtlinien sähen für die Erkrankungen der Klägerin keine Indikation vor; vielmehr seien ausdrücklich und ausschließlich Diagnosen benannt, die Störungen der neuromuskulären Achse beträfen. Es gehe also um neurologisch bedingte periphere Lähmungen, insbesondere mit Spastik, wobei gerade die Besonderheit dieser Geräte in der Spastikschaltung bestehe, die verhindere, dass während des Trainings auftretende Spastizitäten zu Verletzungen führten. Vorliegend seien weder Lähmungen noch eine Spastizität der Extremitäten beschrieben. Letztendlich gehe es hier im übertragenen Sinne um eine Art "off-label-use" von Hilfsmitteln. Der Einsatz des in Rede stehenden Geräts sei auch bei degenerativen Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparats nicht indiziert. Die mitgeteilte (neue) Diagnose "transitorische ischämische Attacke" beschreibe eine flüchtige, also nicht bleibende neurologische Symptomatik. Nach wie vor seien keine Diagnosen oder Behinderungsbilder beschrieben, denen eine Störung der neuromuskulären Achse im Sinne der Hilfsmittelrichtlinien zugrunde liege. Weder Paresen noch Spastizität sei festgestellt worden; nur bei solchen Krankheitsbildern sei die Verordnung der fraglichen Geräte vorgesehen. Was die Kontrakturenprophylaxe angehe, müsse auf die Prinzipien der aktivierenden Pflege hingewiesen werden, der dies originär zuzuordnen sei.
Der Neurologe und Psychiater Professor Dr. W. führte unter dem 27.7.2006 aus, bei der Klägerin liege eine schwere Demenz vor. Infolge zweier Schlaganfälle sei sie körperlich schwerstbehindert und durch die Demenz stark geistig behindert. Sie könne keinerlei Tätigkeiten mehr alleine verrichten. Eine Rundumbetreuung sei notwendig. Außerdem fänden sich infolge der Schlaganfälle Paresen sowie eine deutliche Spastik. Die Enkelin der Klägerin habe deutliche Besserungen während der Probephase des MOTOmed-Geräts berichtet. Bei guter Anwendungsbeobachtung werde empfohlen, der Klägerin das Gerät zu bewilligen.
Am 10.11.2006 führte Dr. K. gemeinsam mit dem Facharzt für Psychiatrie N. einen Hausbesuch bei der Klägerin durch. Im daraufhin erstellten (abschließenden) MDK-Gutachten vom 14.11.2006 ist ausgeführt, der Klägerin sei das begehrte Hilfsmittel von Ende Dezember 2005 bis März 2006 probeweise zur Verfügung gestellt worden. Dadurch habe sich nach Angaben (insbesondere) der Enkelin der Klägerin der Zustand verbessert, während wieder eine Verschlechterung erkennbar geworden sei, als das Gerät nicht mehr habe benutzt werden können.
Der Gutachter traf die (damals 81-jährige) Klägerin im Rollstuhl sitzend beim Frühstück an. Auf laute Ansprache habe sie kurz den Gruß erwidert, ansonsten jedoch am Gespräch nicht aktiv teilgenommen. Es bestehe eine an Blindheit grenzende Sehminderung. Dadurch sei ein gezieltes Greifen (z. B. nach einem Trinkbecher) nicht mehr möglich. Die Klägerin sitze überwiegend unbeweglich im Rollstuhl; es komme aber immer wieder zu kürzeren Aktivitätsphasen, in denen sie sogar in der Lage sei, eigenständig mit Abstützen der Arme am Rollstuhl kurzzeitig zum Stehen zu kommen. Sie kippe sodann aber schnell wieder in den Sitz zurück. Mit Unterstützung der Pflegeperson könne sie dann doch länger den Stand halten und auch mit trippelnden Schritten kurze Wege gehen. Das Gangbild sei unsicher. Die Muskulatur sei insgesamt hypoton, nicht spastisch. Eine Kraftprüfung sei mangels Kooperation nicht aussagekräftig durchführbar gewesen. Es fänden sich an allen Extremitäten keine ausgeprägten Paresen, auch keine Gelenkkontrakturen. Beim kurzen Gehen falle auch keine Fallneigung zu einer Seite auf. Insgesamt liege somit auch keine eindeutige neurologische Halbseitensymptomatik vor. Beide Kniegelenke wiesen ein Streckdefizit von ca. 15 Grad auf, das sich auch passiv nicht aufheben lasse. Dabei seien beidseitig Arthrosen der Kniegelenke beschrieben und auch klinisch abgebildet. Zusätzlich bestünden ausgeprägte Ödeme beider Beine.
Vom kognitiven Befund sei kaum ein Zugang zu der Klägerin zu finden. Sie erkenne aber ihre Enkelin. Diese habe angegeben, dass die Klägerin auch ehemalige Mitglieder aus der Sehbehinderten-Selbsthilfegruppe noch erkennen würde. Testverfahren seien nicht durchführbar gewesen wegen mangelnder Vigilanz der Klägerin.
Der Gutachter diagnostizierte vaskuläre Demenz sowie einen Zustand nach mehreren Hirninfarkten, Erblindung, Gonarthrose beidseits und ein Schulter-Arm-Syndrom beidseits. Der klinische Befund habe die Einschätzung des Neurologen Professor Dr. W. nicht bestätigt. Es habe sich aktuell keine wesentliche Spastik gezeigt. Auch die vorbeschriebenen Kontrakturen könnten nicht bestätigt werden. Im Raum stehe die angegebene Verschlechterung von Motorik und Mobilität seit Einstellung der Therapie mit dem Hilfsmittel. Zwischenzeitlich habe aber erneut ein zerebraler Insult stattgefunden, weshalb die Klägerin mit spastiklösenden Medikamenten behandelt werde. Beides könne den seither verringerten Muskeltonus erklären. Hinsichtlich des aktuell festgestellten klinischen Befundes bestehe aus sozialmedizinischer Sicht weiterhin keine klassische Indikation für den Einsatz eines fremdkraftbetriebenen Bewegungstrainers. Medizinisch könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass das Training mit dem Hilfsmittel insgesamt bei der Klägerin zu einer neuronalen Aktivierung beigetragen habe, die sich unter anderem auch in einer Verbesserung der Vigilanz und des Aktivitätsgrades niedergeschlagen habe. Dieses therapeutische Ziel sei in den Hilfsmittelrichtlinien für den Einsatz fremdkraftbetriebener Bewegungstrainer jedoch nicht benannt. Dass die Klägerin ausschließlich aktiv zu betreibende Trainingsgeräte nicht mehr nutzen könne, sei unbestritten.
Mit Schreiben vom 4.4.2007 übernahm die Beklagte die Kosten eines der Klägerin mittlerweile verordneten Stehständers (3.588,38 EUR).
Mit Urteil vom 20.7.2007 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung nahm es auf die Gründe des Widerspruchsbescheids Bezug (§ 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz, SGG) und führte ergänzend aus, die Klägerin könne die Versorgung mit dem Bewegungsgerät MOTOmed nicht beanspruchen, da sie aufgrund der von Professor Dr. W. diagnostizierten schweren Demenz keine bzw. nicht genügend Einsichtsfähigkeit und Compliance aufweise, um das Gerät zielgerichtet einzusetzen. Auch Dr. K. habe während der häuslichen Untersuchung kaum Zugang zu der Klägerin gefunden. Die Versorgung mit dem Bewegungstrainer sei daher gem. § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht zweckmäßig. Das Training am Stehständer und gegebenenfalls eine intensivierte Krankengymnastik seien ausreichend.
Auf das ihr am 14.8.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 3.9.2007 Berufung eingelegt. Ergänzend wird vorgetragen, das Sozialgericht bzw. die MDK-Gutachter hätten wegen der Demenzerkrankung zu Unrecht die Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit des Hilfsmittels verneint. So könne die Klägerin nach Angaben ihrer Enkelin sich verständlich darüber äußern, was sie möge bzw. nicht möge. Außerdem könne sie beispielsweise den Anweisungen der Therapeutin im Bewegungsbad folgen. Das begehrte Gerät sei so konzipiert, dass es gerade Menschen, die nicht aus eigener Kraft trainieren könnten, einen therapeutischen Nutzen biete. In Absprache mit dem Hausarzt sei das Gerät mittlerweile im Rahmen der Krankengymnastik, die nunmehr zweimal zusätzlich in der Woche angewendet werde, verschrieben worden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 20.7.2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 13.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.1.2006 zu verurteilen, sie mit einem fremdkraftbetriebenen Bewegungsgerät der Marke MOTOmed für Arme und Beine zu versorgen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Klägerin hat abschließend vorgetragen, nachdem Dr. S. das Training mit dem MOTOmed-Gerät aus Budgetgründen abgesetzte habe, habe sich ihr Gesundheitszustand wieder verschlechtert.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, sie mit dem begehrten Hilfsmittel (MOTOmed-Gerät) zu versorgen; sie hat darauf keinen Anspruch.
Gem. § 33 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Bei der Auslegung dieser Vorschrift ist der in § 12 Abs. 1 SGB V für alle Leistungsarten geltende Grundsatz zu beachten, dass die Leitungen ausreichend zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.
Die Spitzenverbände der Krankenkassen haben gem. § 128 SGB V (a.F.) i. V. m. § 139 SGB V ein Verzeichnis der von der Leistungspflicht umfassten Hilfsmittel (als Verwaltungsvorschrift) erstellt, das als unverbindliche Auslegungshilfe herangezogen werden kann. Die Verweisung in Ziff. 32 der rechtverbindlichen Hilfsmittelrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 17.6.1992 (BAnz. Beilage Nr. 183b) in der seit 6.1.2005 geltenden Fassung (Hilfsmittel-RL, dort Nr. A II 8.2.) trifft insoweit keine andere Regelung. Der Hinweis in Ziff. 8 der Hilfsmittelrichtlinie, wonach das Hilfsmittelverzeichnis bei der Abgabe von Hilfsmitteln zu beachten ist, widerspricht allerdings der Gesetzeslage (und ist deshalb nichtig), weil die Spitzenverbände der Krankenkassen keine Ermächtigung haben, durch das Hilfsmittelverzeichnis ihre Leistungspflicht gegenüber den Versicherten im Sine einer "Positivliste" abschließend festzulegen (BSG Urt. v. 3.8.2006 - B 3 KR 25/05 R; anders wohl LSG Bad.-Württ., Urt. v. 5.4.2005, - L 11 KR 2161/04).
Die Indikationen des Hilfsmittelverzeichnisses für den Einsatz des hier streitigen fremdkraftbetriebenen Bewegungsgerätes (Querschnittsläsionen, Multiple Sklerose, Muskeldystrophie, neuromuskuläre Erkrankungen mit vergleichbaren Schädigungsbildern, Hirnschädigungsfolgen) liegen hier unstreitig nicht vor, so dass ein Anspruch unter Berufung auf das Hilfsmittelverzeichnisses sich vorliegend nicht begründen lässt. Aber auch nach den individuellen Umständen des Einzelfalls der Klägerin besteht kein Anspruch auf das begehrte Hilfsmittel. Ein Hilfsmittel ist dann erforderlich, wenn es dazu dient, natürliche Funktionen auszugleichen, fehlende Körperteile und Funktionen zu ersetzen, zu erleichtern und zu ergänzen. Dabei genügt eine nur unwesentliche Verbesserung nicht. Das Hilfsmittel muss unentbehrlich und unvermeidlich sein, die Ziele der Krankenbehandlung zu erreichen (so bereits BSG SoR 2200 § 182 b Nr. 25,26,30,33).
Davon ausgehend haben die Gutachter des MDK (Dres. K. und K.) überzeugend dargelegt, dass vorliegend ein medizinisches Erfordernis für den Einsatz des Bewegungsgeräts nicht besteht und die Klägerin außerdem nicht über die notwendige Fähigkeit zum Einsatz des Geräts verfügt.
So hat Dr. K. als unstreitige Indikationen für den Einsatz des MOTOmed-Geräts Querschnittsläsionen, multiple Sklerose, Muskeldystrophie, neuromuskuläre Erkrankungen mit vergleichbaren Schädigungsbildern sowie Hirnschädigungsfolgen benannt (Gutachten vom 30.11.2005). Diese Indikationen bzw. Krankheitsbilder liegen bei der unter Gonarthrose beidseits, Schulterarmsyndrom beidseits, Amaurosis, Immobilität und Morbus Alzheimer bzw. Demenz (bei Pflegestufe III) leidenden Klägerin nicht vor. Dr. K. hat das in seinen Aktengutachten vom 14.3. und 6.6. 2006 im einzelnen bestätigt und weiter bekräftigt, dass alle für den Einsatz des begehrten Hilfsmittels in Betracht kommenden Diagnosen Störungen der neuromuskulären Achse betreffen, es also um neurologisch bedingte periphere Lähmungen, insbesondere mit Spastik gehen muss.
Dr. K. hat die Klägerin zur weiteren Abklärung schließlich bei einem Hausbesuch untersucht und bei insgesamt hypotoner Muskulatur weder Spastik noch ausgeprägten Paresen oder Gelenkkontrakturen gefunden. Beim kurzen Gehen fiel auch keine Fallneigung zu einer Seite auf, weshalb insgesamt eine eindeutige neurologische Halbseitensymptomatik ebenfalls nicht zu diagnostizieren war. Aus sozialmedizinischer Sicht fehlt es auf Grund der überzeugenden Erkenntnisse des Dr. K. daher nach wie vor an der Indikation zum Einsatz des fremdkraftbetriebenen Bewegungsgeräts als von der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung zu stellendem Hilfsmittel. Daran ändert es nichts, dass die Anwendung des Geräts (allgemein) zu (von der Enkelin der Klägerin oder dem Hausarzt Dr. Sa. bzw. der Physiotherapeutin L. beobachteten) positiven Effekten, etwa im Sinne einer Verbesserung der Vigilanz und des Aktivitätsgrades bzw. der Restmuskelkraft, führen kann bzw. dies aus Sicht des Gutachters Dr. K. nicht auszuschließen ist. Das allein genügt zur Begründung einer Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht.
Dr. K. hat in diesem Zusammenhang in dem Gutachten vom 14.03.2006 überzeugend ausgeführt, dass nur ein aktives Beüben der Beine sowohl durch regelmäßiges Gehen, aber auch im Rahmen eines (Sitz)Ergometertrainings der Klägerin wirklich weiterhilft und die von der Physiotherapeutin beschriebenen einfachen Bewegungsmuster eben durch Gehen/aktive Bewegungsübungen und ggfs. durch ein handelsübliches Ergometer gleichermaßen erbracht werden können, weswegen er unter rehabilitativen Aspekten über die Heilmitteltherapie hinaus durch passives Beüben bei der Klägerin keinen zusätzlichen Benefit erkennen konnte. Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Mit dem SG ist er der Auffassung, dass die Versorgung mittels eines Bewegungstrainers im Sinne von § 12 Abs. 1 S. 1 SGB nicht wirtschaftich ist und das Training am (von der Krankenkasse bewilligten) Stehständer in Verbindung mit einer intensiven Krankengymnastik ausreichend ist.
Außerdem hat das Sozialgericht zu Recht darauf abgestellt, dass bei der ausgeprägten Demenzerkrankung der Klägerin die notwendige Compliance zum Einsatz des MOTOmed Geräts nicht festgestellt werden kann. Dies entspricht den Erkenntnissen des Dr. K. im nach dem Hausbesuch erstellten Gutachten vom 14.11.2006. Der Gutachter konnte vom kognitiven Befund her kaum ein Zugang zu der Klägerin zu finden; er hat insgesamt schlüssig dargelegt, dass ein hinreichend selbstbestimmter Einsatz des Hilfsmittels sowie die erforderliche Compliance angesichts der Demenzerkrankung nicht anzunehmen ist, und die Versorgung mit dem Bewegungstrainer deshalb medizinisch nicht begründet werden kann. Dem ist Stichhaltiges nicht entgegengesetzt. Dass die Klägerin sich nach Angaben ihrer Enkelin verständlich dazu äußern kann, was sie mag oder nicht mag, oder dass sie Anweisungen der Therapeutin im Bewegungsbad folgen kann, ändert am Vorliegen der Demenzerkrankung und den damit verbundenen Folgewirkungen nichts und zieht die fundierte Einschätzung des Gutachters nicht in Zweifel. Bei dieser Sachlage drängen sich dem Senats angesichts der vorliegenden MDK-Gutachten und Arztberichte weitere Ermittlungen, etwa zusätzliche Begutachtungen, nicht auf.
Das Sozialgericht hat die Klage daher zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung der Klägerin erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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