Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 737/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 4779/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 17. August 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Freistellung von Kosten in Höhe von EUR 2.051,33, die ihr Prof. Dr. Dr. B. für eine so genannte ambulante operative Quadrantenintervention am 25. Mai 2005 in Rechnung gestellt hat.
Die 1954 geborene Klägerin ist als Rentnerin pflichtversichertes Mitglied der Beklagten. Neben anderen Erkrankungen diagnostizierten die die Klägerin behandelnden Ärzte, insbesondere Facharzt für Neurologie und Psychiatrie A., eine Fibromyalgie. Die Klägerin suchte am 12. November 2004 Chirurg Prof. Dr. Dr. B., der über keine vertragsärztliche Zulassung verfügte, in seiner Praxis in M., die er später nach B./Schweiz verlegte, auf. Aufgrund dieser Untersuchung, für die Prof. Dr. Dr. B. der Klägerin nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) EUR 182,32 berechnete (Sprechstundenrechnung vom 21. November 2004), verfasste Prof. Dr. Dr. B. die "Notwendigkeits-Bescheinigung für ein Heilhilfe-Programm bei Fibromyalgie-Erkrankungen zur Vorlage bei der Krankenversicherung" vom 07. Dezember 2004. In dieser Bescheinigung nannte er als "Schwerpunktdiagnose" eine generalisierte Fibromyalgie und als Therapie eine geplante Operation der oberen Extremität. Weiter führte er aus, die Fibromyalgie, die von der WHO als einheitliches Krankheitsbild anerkannt sei, sei eine unheilbare, jedoch nicht lebensgefährdende Erkrankung. Die Klägerin habe alle herkömmlichen Therapien, die die Versicherungen bezahlten, obwohl diese Therapien durch Studien nicht belegt seien, ohne Erfolg versucht. Durch die Entdeckung der Ursachen, nämlich die Entstehung pathologischer Afferenzen aus verklebten Akupunkturpunktlöchern, die ihrerseits als Schmerz repräsentiert würden, habe die Fibromyalgie den ursächlichen kausalen Therapieansatz erhalten. Durch Operation und Wiederherstellung der Durchgängigkeit der Durchtrittstellen von Arterie, Vene und Nerv in den Akupunkturpunktlöchern (auch anatomische Trias) könnten die pathologischen Afferenzen ausgeschaltet werden, sodass sie nicht mehr fortgeleitet und zentral repräsentiert würden. Das Ergebnis sei, dass der Patient keine Schmerzen mehr verspüre. Vor diesem Hintergrund seien alle anderen Maßnahmen, insbesondere die medikamentöse Therapie, die Physiotherapie, aber auch die Psychotherapie, bei der der Patient lernen solle, mit der unheilbaren Krankheit zu leben, als nicht zweckdienlich, nicht ausreichend sowie als nicht notwendig einzustufen und dürften von den Kassen nicht ersetzt werden. Die einzige Methode, die bei Fibromyalgiepatienten mit langjähriger Anamnese eingesetzt werden dürfe, sei die operative Quadrantenintervention. Der Eingriff sei Erfolg versprechend. Da die Operationsmethode die Ursachen beseitige, führe sie mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% zu bleibender Beschwerdefreiheit. Diese Operationsmethode werde zur Zeit nur von ihm durchgeführt. Eine Operation sei wegen des ausgeprägten Leidenszustands der Klägerin dringend erforderlich. Aus der Untersuchung histologischer Proben sei eindeutig zu ersehen, dass es sich bei dem Fibromyalgiesyndrom um die Folge multipler Kompressionserscheinungen an vielfältigen Nervenenden und Nervenästen handle. Seine Entdeckung trage die typischen Kennzeichen einer bahnbrechenden Entdeckung und unterliege dem so genannten statistischen Alles-oder-Nicht-Gesetz. Die Kosten des operativen Eingriffs veranschlagte Prof. Dr. Dr. B. in der "Rechnung" vom 07. Dezember 2004 mit EUR 2.051,33.
Nachdem die Klägerin bei der Beklagten schriftlich (Das Schreiben befindet sich nicht in der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte) die Übernahme der Kosten für Behandlung bei Prof. Dr. Dr. B. beantragt hatte, teilte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 26. November 2004, der keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, mit, dass dies nicht möglich sei. Die telefonische Anfrage bei der Kassenärztlichen Vereinigung Oberbayern habe ergeben, dass Prof. Dr. Dr. B. über keine Kassenzulassung und auch keine Ermächtigung verfüge und somit ausschließlich als rein privat tätiger Arzt agiert habe.
Unter Übersendung der Notwendigkeits-Bescheinigung des Prof. Dr. Dr. B. vom 07. Dezember 2004 beantragte die Klägerin unter dem 09. Dezember 2004 und 03. Mai 2005 die Kostenübernahme. Mit dem Schreiben vom 03. Mai 2005 legte sie auch die Sprechstundenrechnung vom 21. November 2004 sowie die "Rechnung" vom 07. Dezember 2004 vor und machte geltend, zwischenzeitlich sei die geplante Operation von mehreren Krankenkassen anerkannt worden. Sie sei sehr Erfolg versprechend. Sie könne die Operation nicht selbst bezahlen. Sie bitte um eine positive Einzelfallentscheidung.
Am 25. Mai 2005 führte Prof. Dr. Dr. B. eine Quadrantenintervention am linken Arm in seiner Praxis in B./Schweiz ambulant durch. Er berechnete der Klägerin hierfür auf der Grundlage der GOÄ insgesamt EUR 2.051,33 und gab als Diagnose an "Fibromyalgiesyndrom der oberen Extremität" (Rechnung vom 25. Mai 2005). Die Klägerin bezahlte diese Rechnung bislang nicht.
Mit Bescheid vom 23. Juni 2005 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme einer Operation bei Fibromyalgie und der damit in Zusammenhang stehenden Privatrechnungen ab. Sie stützte sich auf eine von ihr eingeholte Stellungnahme des Dr. H., Medizinischer Dienst der Krankenkassen (MDK) N., vom 21. Juli 2005, wonach aus sozialmedizinischer Sicht die Indikation für die genannten Leistungsanträge nicht begründet seien. Alternativ empfehle sie der Klägerin vertragsärztliche Therapien und Mitbehandlungen bei einem Neurologen, einem Rheumatologen und gegebenenfalls bei einem Psychologen in Wohnortnähe. Mit ihrem gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch verwies die Klägerin erneut darauf, die angewandte Methode der Operation zur Beseitigung einer Fibromyalgie sei mehrfach von den Krankenkassen anerkannt worden. Sämtliche Behandlungsformen hätten bei ihr bislang zu keiner erheblichen Besserung geführt. Es hätten ein nicht unerheblicher Leidensdruck sowie kaum zu ertragende Beschwerden bestanden. Sie habe sich deshalb zwischenzeitlich entschlossen, sich bei Prof. Dr. Dr. B. dem chirurgischen Eingriff zu unterziehen. Schon kurze Zeit nach dem Eingriff habe sich eine erhebliche Besserung des Gesundheitszustands gezeigt. Ihre Schmerzen hätten sich deutlich reduziert. Dies habe auch Facharzt für Neurologie und Psychiatrie A. festgestellt, wie sich aus dem vorgelegten Attest vom 23. Juni 2005 ergebe. Damit seien aufwendige und anhaltende Behandlungen in Zukunft weitestgehend nicht mehr notwendig. Zwar könne es zutreffen, dass es sich bei der Behandlung durch Prof. Dr. Dr. B. um keine Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung handle. Hierbei verkenne die Beklagte jedoch, dass es neben allgemeinen Pflichtleistungen auch Ermessensleistungen im Einzelfall gebe. Gemessen an der Gesamtheit der wegen ihrer Erkrankung bislang insgesamt entstandenen Kosten sei das Ermessen der Beklagten im Interesse der Versichertengemeinschaft auf Null reduziert, weshalb eine Verpflichtung zur Kostenübernahme bestehe. Facharzt für Neurologie und Psychiatrie A. führte in dem vorgelegten Attest aus, wegen des erheblichen Leidensdrucks und der erheblichen Beschwerden habe die Klägerin sich entschlossen, als letzten Strohhalm sich einer operativen Behandlung zu unterziehen. Sie habe berichtet, dass es ihr erheblich besser gehe, der Schmerz reduziert sei und sie sich erheblich wohler fühle. Obwohl ihm die pathologischen Zusammenhänge dieser Operation nicht klar seien, bitte er um Prüfung der Übernahme der Kosten.
Medizinaldirektor Bü., MDK Baden-Württemberg, führte in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 20. September 2005 aus, bei der operativen Quadrantenintervention handle es sich um eine unkonventionelle Behandlungsmethode, deren Bewertung den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bewertung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien) - jetzt: Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Methoden-Richtlinien) - und über die Überprüfung erbrachter vertragsärztlicher Leistungen nach § 135 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) zu folgen habe. Im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM) finde sich keine Abrechnungsziffer, der diese Behandlungsmethode zugeordnet werden könne. Die Methode stehe nicht auf der Prioritätenliste des Gemeinsamen Bundesausschusses. Eine medizinische Methodenbewertung und Betrachtung der Notwendigkeit im Einzelfall durch den MDK sei nur angezeigt, wenn zum Beispiel durch die außervertragliche Methode eine innerhalb weniger Wochen auftretende lebensbedrohliche Verschlimmerung abgewendet werden könne. Dies sei hier nicht der Fall.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08. Februar 2006 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürften in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V hierzu Empfehlungen abgegeben habe. Nur bisher positiv bewertete und damit in Anlage A der BUB-Richtlinien (jetzt Methoden-Richtlinien) enthaltenen Behandlungen dürften durch die gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Die operative Quadrantenintervention bei Fibromyalgie sei bisher nicht positiv durch den Gemeinsamen Bundesausschuss bewertet worden. Es liege diesbezüglich auch kein Antrag mit Ergebnissen wissenschaftlicher Untersuchungen vor. Es handle sich damit um eine Methode, die nicht als vertragsärztliche Leistung erbracht werden dürfe. Aufgrund des Gutachtens des MDK sei daher auf die vertragsärztlich zugelassenen Behandlungsmöglichkeiten durch Neurologen, Rheumatologen und gegebenenfalls Psychiater zu verweisen. Da kein Anspruch auf Kostenübernahme der operativen Quadrantenintervention als Sachleistung bestehe, sei auch eine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V ausgeschlossen. Die Leistung sei nicht unaufschiebbar gewesen und sei zudem noch vor Ablehnung durch sie (die Beklagte) durchgeführt worden. Eine Leistung könne auch nicht deshalb rechtswidrig gewährt werden, um die Kosten eventuell alternativ anfallender Leistungen zu umgehen.
Die Klägerin hat am 02. März 2006 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Sie hat die Erstattung von Kosten begehrt, in der Klageschrift vom 02. März 2006 die Erstattung der Kosten der operativen Quadrantenintervention vom 25. Mai 2005 in Höhe von EUR 2.051,33, in dem am selben Tag beim SG eingegangenen Schriftsatz vom 25. April 2006 auch die Erstattung der Kosten der Untersuchungen in Höhe von EUR 182,32 sowie im Schriftsatz vom 07. Juni 2009 wiederum nur die Erstattung der Kosten der operativen Quadrantenintervention in Höhe von EUR 2.051,33. Bereits seit 1990 habe sie im Bereich des gesamten Körpers, in den Gelenken und in der Muskulatur an erheblichen Schmerzen gelitten. Sie habe sich deshalb in ambulanter Behandlung bei Arzt A. befunden. Auch eine Schmerztherapie sei ab Oktober 2000 durchgeführt worden. Ende des Jahres 2002 habe Privatdozent Dr. He., H., erstmals ein Fibromyalgiesyndrom diagnostiziert. Ihre Beschwerden seien mit Schwächegefühlen, Erschöpfungszuständen, Zittern, Kopfschmerzen, Angeschlagenheit und reduziertem Antrieb einhergegangen. Sämtliche Behandlungen und Schmerztherapien hätten zu keinen Linderungen und Verbesserungen des Krankheitsbildes geführt. Auch nach einer stationären Rehabilitationsmaßnahme im Juni/Juli 2004 seien die Beschwerden nach drei Wochen verstärkt wieder aufgetreten. Deshalb habe sie sich im Dezember 2004 an Prof. Dr. Dr. B. gewandt und sich entschlossen, sich bei ihm dem chirurgischen Eingriff unterziehen. Schon kurze Zeit nach dem Eingriff habe sich eine erhebliche Besserung ihres Gesundheitszustands gezeigt. Ihre Schmerzen hätten sich deutlich reduziert. Zwangsläufige Folge der durchgeführten Operation sei, dass die ansonsten aufwendigen und anhaltenden Behandlungen der Vergangenheit angehörten und in Zukunft weitestgehend nicht mehr notwendig seien. Auch wenn es sich um keine allgemeine Pflichtleistung, sondern um eine Ermessensleistung handle, müsse eine sachgerechte Ermessensausübung der Beklagten zu einer Verpflichtung zur Kostenübernahme führen. Es lägen die im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06. Dezember 2005 - 1 BvR 347/98 - = SozR 4-2500 § 27 Nr. 5 genannten Voraussetzungen vor, weil die durchgeführte operative Quadrantenintervention im Gegensatz zu der Vielzahl der über Jahre hinweg vorgenommenen schulmedizinischen Therapien in kürzester Zeit zu einer erheblichen Verbesserung geführt habe sowie weil sie infolge eines erlittenen Verkehrsunfalls im Januar 2005 einen fast dramatischen Schub der Fibromyalgie erlebt habe, worauf ihr Leid ins Unermessliche gestiegen sei, sodass es sich auch um eine lebensbedrohliche Erkrankung gehandelt habe.
Die Beklagte ist der Klage unter Bezugnahme auf ihre bisherigen Ausführungen entgegengetreten.
Das SG hat Arzt für Allgemeinmedizin W. und Prof. Dr. Dr. B. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Arzt für Allgemeinmedizin W. (Schreiben vom 11. Mai 2006) hat Ausdrucke über Behandlungsdaten in den Jahren 1998 bis 2005 und Diagnosen sowie weitere Arztbriefe und Entlassberichte vorgelegt und angegeben, die Klägerin sei bereits bei seinem Praxisvorgänger in Behandlung gewesen. Bei der erstmaligen Vorstellung bei ihm im Januar 2005 hätten sich Zeichen einer mittelschweren Depression, die nervenärztlich mitbetreut worden sei, sowie vom Beschwerdebild her diffuse Ganzkörperschmerzen und persistierende Kopfschmerzen gezeigt. Es bestehe eine deutliche psychische Überlagerung bei Zustand nach Operation eines Meningeoms 1986. Neben der nervenärztlichen Betreuung erfolge eine konsequente physikalische Therapie. Aufgrund eines im Januar 2005 erlittenen Autounfalls sei eine Verstärkung der Kopf- und Nackenbeschwerden aufgetreten. Es hätten sich eine Rotationseinschränkung der Halswirbelsäule und ein heftiges Schwächegefühl gefunden. Eine akute Sinusitis im März und Juni 2005 sei jeweils folgenlos ausgeheilt. Im weiteren Verlauf des Jahres 2005 sei es wegen vermehrter Rückenbeschwerden zu erneuten Verordnungen von physikalischer Therapie gekommen. Prof. Dr. Dr. B. hat in seiner Auskunft vom 17. Mai 2006 angegeben, die Klägerin leide an stark ausgeprägter Fibromyalgie. Am Operationstag habe bestätigt werden können, dass die Akupunkturpunkte des Dickdarm-, Lungen-, Kreislauf-, Gallenblasen-, Nieren-, Milz-, Pankreas- und Blasenmeridians befallen gewesen seien. Die Erkrankung der Akupunkturpunkte führe zu Fehlermeldungen, die dem Ich als Wanderschmerzen repräsentiert würden. Durch die Operation würden die geschädigten/gestörten Durchtrittsstellen der Akupunkturpunkte wiederhergestellt. Die Idee zur Quadrantenintervention sei bereits 1984 geboren worden. Die ersten Operationen seien im Zeitraum von 1984 bis 1990 durchgeführt worden. Die gezielte Behandlung von fibromyalgischen Beschwerden habe 1990 begonnen, sodass er in der Lage sei, eine Zehn-Jahres-Studie über Heilerfolge vorzulegen. Seit 01. Oktober 2003 werde eine zweite Studie durchgeführt. Zwischenzeitlich habe er bei Patienten die histologischen Proben wissenschaftlich untersuchen lassen. Es sei eindeutig zu ersehen, dass es sich bei dem Fibromyalgiesyndrom um die Folge multipler Kompressionserscheinungen an vielfältigen Nervenenden und Nervenästen handle, sodass die somatische Entstehung histopathologisch bewiesen sei. Eine Veröffentlichung darüber sei in Bearbeitung. Alle anderen Therapien führten maximal zu einer vorübergehenden Linderung der Beschwerden, wenn sie überhaupt dieses Ziel erreichten. Diese neue Methode werde zur Zeit von ihm in der Schweiz durchgeführt.
Mit Gerichtsbescheid vom 16. August 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Die streitbefangene, ambulant durchgeführte Operation sei als neue Behandlungsmethode vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht im Hinblick auf ihren therapeutischen Nutzen anerkannt. Die bislang fehlende Bewertung dieser Methode stelle auch keine rechtswidrige Untätigkeit des Gemeinsamen Bundesausschusses dar. Sie gehöre nicht zum allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse, weil sich andere Ärzte der von Prof. Dr. Dr. B. verfolgten Operationsmethode bislang nicht angeschlossen hätten. Auch für die Wirksamkeit der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen aufgrund wissenschaftlicher, einwandfrei geführter Statistiken fehle es bereits nach der Darstellung von Prof. Dr. Dr. B. an ausreichenden Forschungen. Es sei auch nicht unvereinbar mit dem Grundgesetz (GG), die Klägerin von den Kosten der streitbefangenen Operation nicht freizustellen. Die Klägerin leide nicht an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung. Ein Fibromyalgiesyndrom bedrohe als solche das Leben nicht. Soweit die Klägerin geltend gemacht habe, die mit der Krankheit verbundenen Schmerzen könnten sie zu einem Suizid veranlassen, könne dem mit einer Schmerzbehandlung bzw. psychotherapeutischen Behandlung als Sachleistung vorgebeugt werden.
Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 18. August 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 08. September 2006 Berufung eingelegt. Das SG habe gegen ihren ausdrücklichen Willen durch Gerichtsbescheid entschieden. Die Beklagte hätte die Leistung als Sach- oder Dienstleistung gewähren müssen. Gemessen an der Gesamtheit der der Beklagten bislang insgesamt entstandenen Kosten der Behandlungen im Vergleich zu der erfolgreich verlaufenen Operation bestehe eine Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme der Kosten. Durch die Operation im oberen linken Quadranten habe sie eine immense Erleichterung und eine deutliche Schmerzreduzierung erfahren. Auch dass die Leistung im Ausland (Schweiz) erfolgt sei, stehe im Hinblick auf den Beschluss des BVerfG vom 06. Dezember 2005 einem Kostenerstattungsanspruch nicht entgegen. Im Übrigen handle es sich um eine lebensbedrohliche Erkrankung. Es sei nicht selten, dass Menschen infolge einer Fibromyalgie im Rollstuhl endeten oder den Suizid wählten, um den unerträglichen Schmerzen zu entgehen. Die vom SG empfohlene Schmerzbehandlung oder psychotherapeutische Behandlung könne dem nicht vorbeugen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 17. August 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08. Februar 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie von den Kosten für die am 25. Mai 2005 bei Prof. Dr. Dr. B. durchgeführte operative Quadrantenintervention in Höhe von EUR 2.051,33 freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, bei der von Prof. Dr. Dr. B. angewandten Operationsmethode zur Behandlung einer Fibromyalgie handle es sich um eine nicht anerkannte Behandlungsmethode, die nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung sei.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 23. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08. Februar 2006. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Übernahme der Kosten abgelehnt, die der Klägerin durch die von Prof. Dr. Dr. B. am 25. Mai 2005 durchgeführte ambulante operative Quadrantenintervention entstanden sind. Nur den Bescheid vom 23. Juni 2005 hat die Klägerin mit Widerspruch, Klage und Berufung angefochten.
II.
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 SGG - in der hier noch maßgeblichen bis 31. März 2008 geltenden Fassung - ist nicht gegeben. Der Beschwerdewert von EUR 500,00 ist überschritten. Denn die Klägerin begehrt die Freistellung von Kosten in Höhe von EUR 2.051,33.
III.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 23. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Freistellung von den Kosten in Höhe von EUR 2.051,33, die ihr durch die von Prof. Dr. Dr. B. am 25. Mai 2005 ambulant durchgeführte operative Quadrantenintervention entstanden sind.
Da der Klägerin Kosten für die am 25. Mai 2005 ambulant durchgeführte operative Quadrantenintervention nicht entstanden sind, weil sie die Rechnung des Prof. Dr. Dr. B. vom 25. Mai 2005 bislang nicht bezahlt hat, kann die Klägerin allein eine Freistellung von diesen Kosten begehren. Als Anspruchsgrundlage für diesen von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Freistellung der Kosten in Höhe von EUR 2.051,33 kommt allein § 13 SGB V in Betracht, und zwar in der im Jahr 2005 geltenden Fassung. Denn maßgeblich ist die Sach- und Rechtslage für den Zeitraum, für welchen die Erstattung bzw. Freistellung von Kosten begehrt wird (vgl. Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-2500 § 92 Nr. 12). Nach § 13 Abs. 1 SGB V darf die Krankenkasse anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2 SGB V) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) - im vorliegenden Fall nicht gegeben, weil es sich um keine Leistung zur Teilhabe im Sinne des § 15 SGB IX handelt - vorsieht. Keine der in § 13 Abs. 2 bis 6 SGB V genannten Voraussetzungen ist gegeben, weil die Beklagte die durchgeführte ambulante Operation nicht als Sachleistung erbringen musste.
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V u.a. die ärztliche Behandlung. Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch eines Versicherten unterliegt allerdings den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst folglich nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Die Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie - wie im vorliegenden Fall - nach eigener Einschätzung des Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur dann der Fall, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat (zum Ganzen vgl. z.B. BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 12). An einer solchen positive Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses fehlt es. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die von Prof. Dr. Dr. B. angewandte operative Quadrantenintervention bislang nicht geprüft und bewertet. Sie war auch nicht Gegenstand eines Antragsverfahrens, sodass auch die Voraussetzungen eines Systemversagens (vgl. dazu BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) nicht gegeben sind. Das in § 135 Abs. 1 SGB V aufgestellte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt greift im vorliegenden Fall ein, weil die operative Behandlung ambulant erfolgte. Dies entnimmt der Senat der von Prof. Dr. Dr. B. gestellten Rechnung vom 25. Mai 2005. Denn diese wurde auf der Grundlage der GOÄ erstellt. Pflegesätze oder Fallpauschalen für eine stationäre Behandlung berechnete er nicht. Das SG hat die operative Quadrantenintervention zu Recht als neue Behandlungsmethode angesehen. Die Methode ist nicht sonst in der medizinischen Wissenschaft allgemein als wirksam anerkannt, was sich schon daraus ergibt, dass sie allein von Prof. Dr. Dr. B. angewandt wird. Von einem so genannten Seltenheitsfall, bei der eine Ausnahme von diesem Erfordernis erwogen werden könnte (vgl. dazu BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 1), ist angesichts der erheblichen Verbreitung des bei der Klägerin vorliegenden Krankheitsbildes der Fibromyalgie nicht auszugehen.
Die Klägerin kann sich nicht auf die Rechtsprechung des BVerfG zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung berufen. In seinem Beschluss vom 06. Dezember 2005 (aaO) hat es das BVerfG für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlichen Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom BVerfG entschiedenen Fall durch die Duchenne schen Muskeldystrophie) verfassungswidrig. Das BSG hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner neueren Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Der Senat hat sich dem in ständiger Rechtsprechung angeschlossen. Danach verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige Gemeinsame Bundesausschuss diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe, gegen das GG, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind (vgl. z.B. BSG SozR 4-2500 § 27 Nrn. 8 und 12): 1. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor. 2. Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. 3. Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
Es fehlt bereits an der ersten Voraussetzung der lebensbedrohlich oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung. Dies ist in verfassungskonformer Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen nur dann anzunehmen, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird. Ähnliches kann für den gegebenenfalls gleichzustellenden, nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion gelten (vgl. BSG SozR 4-2500 § 31 Nr. 8; Urteil vom 27. März 2007 - B 1 KR 17/06 R -). Ein solcher ausnahmsweise bestehender akuter, notstandsähnlicher Behandlungsbedarf bestand nicht. Er ergibt sich nicht aus den Angaben des Prof. Dr. Dr. B ... Bei der Fibromyalgie handelt es sich auch nicht um eine Erkrankung, die eine solche notstandsähnliche unbedingte und unverzügliche Behandlungspflicht auslösen würde. Eine erfahrungsgemäß innerhalb weniger Wochen auftretende lebensbedrohliche Verschlimmerung entspricht nicht dem bekannten Krankheitsverlauf bei Fibromyalgie. Dies entnimmt der Senat der Stellungnahme des Medizinaldirektors Bü. vom 20. September 2005. Auch Prof. Dr. Dr. B. bezeichnete in der "Notwendigkeitsbescheinigung" vom 07. Dezember 2004 die Fibromyalgie als nicht lebensgefährdende Erkrankung. Da maßgeblich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Durchführung der operativen Quadrantenintervention ist, ist es unerheblich, dass nach dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung des Senats bei ihr zwischenzeitlich eine Krebserkrankung diagnostiziert worden sei.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Freistellung von Kosten in Höhe von EUR 2.051,33, die ihr Prof. Dr. Dr. B. für eine so genannte ambulante operative Quadrantenintervention am 25. Mai 2005 in Rechnung gestellt hat.
Die 1954 geborene Klägerin ist als Rentnerin pflichtversichertes Mitglied der Beklagten. Neben anderen Erkrankungen diagnostizierten die die Klägerin behandelnden Ärzte, insbesondere Facharzt für Neurologie und Psychiatrie A., eine Fibromyalgie. Die Klägerin suchte am 12. November 2004 Chirurg Prof. Dr. Dr. B., der über keine vertragsärztliche Zulassung verfügte, in seiner Praxis in M., die er später nach B./Schweiz verlegte, auf. Aufgrund dieser Untersuchung, für die Prof. Dr. Dr. B. der Klägerin nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) EUR 182,32 berechnete (Sprechstundenrechnung vom 21. November 2004), verfasste Prof. Dr. Dr. B. die "Notwendigkeits-Bescheinigung für ein Heilhilfe-Programm bei Fibromyalgie-Erkrankungen zur Vorlage bei der Krankenversicherung" vom 07. Dezember 2004. In dieser Bescheinigung nannte er als "Schwerpunktdiagnose" eine generalisierte Fibromyalgie und als Therapie eine geplante Operation der oberen Extremität. Weiter führte er aus, die Fibromyalgie, die von der WHO als einheitliches Krankheitsbild anerkannt sei, sei eine unheilbare, jedoch nicht lebensgefährdende Erkrankung. Die Klägerin habe alle herkömmlichen Therapien, die die Versicherungen bezahlten, obwohl diese Therapien durch Studien nicht belegt seien, ohne Erfolg versucht. Durch die Entdeckung der Ursachen, nämlich die Entstehung pathologischer Afferenzen aus verklebten Akupunkturpunktlöchern, die ihrerseits als Schmerz repräsentiert würden, habe die Fibromyalgie den ursächlichen kausalen Therapieansatz erhalten. Durch Operation und Wiederherstellung der Durchgängigkeit der Durchtrittstellen von Arterie, Vene und Nerv in den Akupunkturpunktlöchern (auch anatomische Trias) könnten die pathologischen Afferenzen ausgeschaltet werden, sodass sie nicht mehr fortgeleitet und zentral repräsentiert würden. Das Ergebnis sei, dass der Patient keine Schmerzen mehr verspüre. Vor diesem Hintergrund seien alle anderen Maßnahmen, insbesondere die medikamentöse Therapie, die Physiotherapie, aber auch die Psychotherapie, bei der der Patient lernen solle, mit der unheilbaren Krankheit zu leben, als nicht zweckdienlich, nicht ausreichend sowie als nicht notwendig einzustufen und dürften von den Kassen nicht ersetzt werden. Die einzige Methode, die bei Fibromyalgiepatienten mit langjähriger Anamnese eingesetzt werden dürfe, sei die operative Quadrantenintervention. Der Eingriff sei Erfolg versprechend. Da die Operationsmethode die Ursachen beseitige, führe sie mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% zu bleibender Beschwerdefreiheit. Diese Operationsmethode werde zur Zeit nur von ihm durchgeführt. Eine Operation sei wegen des ausgeprägten Leidenszustands der Klägerin dringend erforderlich. Aus der Untersuchung histologischer Proben sei eindeutig zu ersehen, dass es sich bei dem Fibromyalgiesyndrom um die Folge multipler Kompressionserscheinungen an vielfältigen Nervenenden und Nervenästen handle. Seine Entdeckung trage die typischen Kennzeichen einer bahnbrechenden Entdeckung und unterliege dem so genannten statistischen Alles-oder-Nicht-Gesetz. Die Kosten des operativen Eingriffs veranschlagte Prof. Dr. Dr. B. in der "Rechnung" vom 07. Dezember 2004 mit EUR 2.051,33.
Nachdem die Klägerin bei der Beklagten schriftlich (Das Schreiben befindet sich nicht in der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte) die Übernahme der Kosten für Behandlung bei Prof. Dr. Dr. B. beantragt hatte, teilte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 26. November 2004, der keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, mit, dass dies nicht möglich sei. Die telefonische Anfrage bei der Kassenärztlichen Vereinigung Oberbayern habe ergeben, dass Prof. Dr. Dr. B. über keine Kassenzulassung und auch keine Ermächtigung verfüge und somit ausschließlich als rein privat tätiger Arzt agiert habe.
Unter Übersendung der Notwendigkeits-Bescheinigung des Prof. Dr. Dr. B. vom 07. Dezember 2004 beantragte die Klägerin unter dem 09. Dezember 2004 und 03. Mai 2005 die Kostenübernahme. Mit dem Schreiben vom 03. Mai 2005 legte sie auch die Sprechstundenrechnung vom 21. November 2004 sowie die "Rechnung" vom 07. Dezember 2004 vor und machte geltend, zwischenzeitlich sei die geplante Operation von mehreren Krankenkassen anerkannt worden. Sie sei sehr Erfolg versprechend. Sie könne die Operation nicht selbst bezahlen. Sie bitte um eine positive Einzelfallentscheidung.
Am 25. Mai 2005 führte Prof. Dr. Dr. B. eine Quadrantenintervention am linken Arm in seiner Praxis in B./Schweiz ambulant durch. Er berechnete der Klägerin hierfür auf der Grundlage der GOÄ insgesamt EUR 2.051,33 und gab als Diagnose an "Fibromyalgiesyndrom der oberen Extremität" (Rechnung vom 25. Mai 2005). Die Klägerin bezahlte diese Rechnung bislang nicht.
Mit Bescheid vom 23. Juni 2005 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme einer Operation bei Fibromyalgie und der damit in Zusammenhang stehenden Privatrechnungen ab. Sie stützte sich auf eine von ihr eingeholte Stellungnahme des Dr. H., Medizinischer Dienst der Krankenkassen (MDK) N., vom 21. Juli 2005, wonach aus sozialmedizinischer Sicht die Indikation für die genannten Leistungsanträge nicht begründet seien. Alternativ empfehle sie der Klägerin vertragsärztliche Therapien und Mitbehandlungen bei einem Neurologen, einem Rheumatologen und gegebenenfalls bei einem Psychologen in Wohnortnähe. Mit ihrem gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch verwies die Klägerin erneut darauf, die angewandte Methode der Operation zur Beseitigung einer Fibromyalgie sei mehrfach von den Krankenkassen anerkannt worden. Sämtliche Behandlungsformen hätten bei ihr bislang zu keiner erheblichen Besserung geführt. Es hätten ein nicht unerheblicher Leidensdruck sowie kaum zu ertragende Beschwerden bestanden. Sie habe sich deshalb zwischenzeitlich entschlossen, sich bei Prof. Dr. Dr. B. dem chirurgischen Eingriff zu unterziehen. Schon kurze Zeit nach dem Eingriff habe sich eine erhebliche Besserung des Gesundheitszustands gezeigt. Ihre Schmerzen hätten sich deutlich reduziert. Dies habe auch Facharzt für Neurologie und Psychiatrie A. festgestellt, wie sich aus dem vorgelegten Attest vom 23. Juni 2005 ergebe. Damit seien aufwendige und anhaltende Behandlungen in Zukunft weitestgehend nicht mehr notwendig. Zwar könne es zutreffen, dass es sich bei der Behandlung durch Prof. Dr. Dr. B. um keine Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung handle. Hierbei verkenne die Beklagte jedoch, dass es neben allgemeinen Pflichtleistungen auch Ermessensleistungen im Einzelfall gebe. Gemessen an der Gesamtheit der wegen ihrer Erkrankung bislang insgesamt entstandenen Kosten sei das Ermessen der Beklagten im Interesse der Versichertengemeinschaft auf Null reduziert, weshalb eine Verpflichtung zur Kostenübernahme bestehe. Facharzt für Neurologie und Psychiatrie A. führte in dem vorgelegten Attest aus, wegen des erheblichen Leidensdrucks und der erheblichen Beschwerden habe die Klägerin sich entschlossen, als letzten Strohhalm sich einer operativen Behandlung zu unterziehen. Sie habe berichtet, dass es ihr erheblich besser gehe, der Schmerz reduziert sei und sie sich erheblich wohler fühle. Obwohl ihm die pathologischen Zusammenhänge dieser Operation nicht klar seien, bitte er um Prüfung der Übernahme der Kosten.
Medizinaldirektor Bü., MDK Baden-Württemberg, führte in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 20. September 2005 aus, bei der operativen Quadrantenintervention handle es sich um eine unkonventionelle Behandlungsmethode, deren Bewertung den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Bewertung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien) - jetzt: Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Methoden-Richtlinien) - und über die Überprüfung erbrachter vertragsärztlicher Leistungen nach § 135 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) zu folgen habe. Im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM) finde sich keine Abrechnungsziffer, der diese Behandlungsmethode zugeordnet werden könne. Die Methode stehe nicht auf der Prioritätenliste des Gemeinsamen Bundesausschusses. Eine medizinische Methodenbewertung und Betrachtung der Notwendigkeit im Einzelfall durch den MDK sei nur angezeigt, wenn zum Beispiel durch die außervertragliche Methode eine innerhalb weniger Wochen auftretende lebensbedrohliche Verschlimmerung abgewendet werden könne. Dies sei hier nicht der Fall.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08. Februar 2006 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück. Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dürften in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V hierzu Empfehlungen abgegeben habe. Nur bisher positiv bewertete und damit in Anlage A der BUB-Richtlinien (jetzt Methoden-Richtlinien) enthaltenen Behandlungen dürften durch die gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Die operative Quadrantenintervention bei Fibromyalgie sei bisher nicht positiv durch den Gemeinsamen Bundesausschuss bewertet worden. Es liege diesbezüglich auch kein Antrag mit Ergebnissen wissenschaftlicher Untersuchungen vor. Es handle sich damit um eine Methode, die nicht als vertragsärztliche Leistung erbracht werden dürfe. Aufgrund des Gutachtens des MDK sei daher auf die vertragsärztlich zugelassenen Behandlungsmöglichkeiten durch Neurologen, Rheumatologen und gegebenenfalls Psychiater zu verweisen. Da kein Anspruch auf Kostenübernahme der operativen Quadrantenintervention als Sachleistung bestehe, sei auch eine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V ausgeschlossen. Die Leistung sei nicht unaufschiebbar gewesen und sei zudem noch vor Ablehnung durch sie (die Beklagte) durchgeführt worden. Eine Leistung könne auch nicht deshalb rechtswidrig gewährt werden, um die Kosten eventuell alternativ anfallender Leistungen zu umgehen.
Die Klägerin hat am 02. März 2006 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Sie hat die Erstattung von Kosten begehrt, in der Klageschrift vom 02. März 2006 die Erstattung der Kosten der operativen Quadrantenintervention vom 25. Mai 2005 in Höhe von EUR 2.051,33, in dem am selben Tag beim SG eingegangenen Schriftsatz vom 25. April 2006 auch die Erstattung der Kosten der Untersuchungen in Höhe von EUR 182,32 sowie im Schriftsatz vom 07. Juni 2009 wiederum nur die Erstattung der Kosten der operativen Quadrantenintervention in Höhe von EUR 2.051,33. Bereits seit 1990 habe sie im Bereich des gesamten Körpers, in den Gelenken und in der Muskulatur an erheblichen Schmerzen gelitten. Sie habe sich deshalb in ambulanter Behandlung bei Arzt A. befunden. Auch eine Schmerztherapie sei ab Oktober 2000 durchgeführt worden. Ende des Jahres 2002 habe Privatdozent Dr. He., H., erstmals ein Fibromyalgiesyndrom diagnostiziert. Ihre Beschwerden seien mit Schwächegefühlen, Erschöpfungszuständen, Zittern, Kopfschmerzen, Angeschlagenheit und reduziertem Antrieb einhergegangen. Sämtliche Behandlungen und Schmerztherapien hätten zu keinen Linderungen und Verbesserungen des Krankheitsbildes geführt. Auch nach einer stationären Rehabilitationsmaßnahme im Juni/Juli 2004 seien die Beschwerden nach drei Wochen verstärkt wieder aufgetreten. Deshalb habe sie sich im Dezember 2004 an Prof. Dr. Dr. B. gewandt und sich entschlossen, sich bei ihm dem chirurgischen Eingriff unterziehen. Schon kurze Zeit nach dem Eingriff habe sich eine erhebliche Besserung ihres Gesundheitszustands gezeigt. Ihre Schmerzen hätten sich deutlich reduziert. Zwangsläufige Folge der durchgeführten Operation sei, dass die ansonsten aufwendigen und anhaltenden Behandlungen der Vergangenheit angehörten und in Zukunft weitestgehend nicht mehr notwendig seien. Auch wenn es sich um keine allgemeine Pflichtleistung, sondern um eine Ermessensleistung handle, müsse eine sachgerechte Ermessensausübung der Beklagten zu einer Verpflichtung zur Kostenübernahme führen. Es lägen die im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06. Dezember 2005 - 1 BvR 347/98 - = SozR 4-2500 § 27 Nr. 5 genannten Voraussetzungen vor, weil die durchgeführte operative Quadrantenintervention im Gegensatz zu der Vielzahl der über Jahre hinweg vorgenommenen schulmedizinischen Therapien in kürzester Zeit zu einer erheblichen Verbesserung geführt habe sowie weil sie infolge eines erlittenen Verkehrsunfalls im Januar 2005 einen fast dramatischen Schub der Fibromyalgie erlebt habe, worauf ihr Leid ins Unermessliche gestiegen sei, sodass es sich auch um eine lebensbedrohliche Erkrankung gehandelt habe.
Die Beklagte ist der Klage unter Bezugnahme auf ihre bisherigen Ausführungen entgegengetreten.
Das SG hat Arzt für Allgemeinmedizin W. und Prof. Dr. Dr. B. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Arzt für Allgemeinmedizin W. (Schreiben vom 11. Mai 2006) hat Ausdrucke über Behandlungsdaten in den Jahren 1998 bis 2005 und Diagnosen sowie weitere Arztbriefe und Entlassberichte vorgelegt und angegeben, die Klägerin sei bereits bei seinem Praxisvorgänger in Behandlung gewesen. Bei der erstmaligen Vorstellung bei ihm im Januar 2005 hätten sich Zeichen einer mittelschweren Depression, die nervenärztlich mitbetreut worden sei, sowie vom Beschwerdebild her diffuse Ganzkörperschmerzen und persistierende Kopfschmerzen gezeigt. Es bestehe eine deutliche psychische Überlagerung bei Zustand nach Operation eines Meningeoms 1986. Neben der nervenärztlichen Betreuung erfolge eine konsequente physikalische Therapie. Aufgrund eines im Januar 2005 erlittenen Autounfalls sei eine Verstärkung der Kopf- und Nackenbeschwerden aufgetreten. Es hätten sich eine Rotationseinschränkung der Halswirbelsäule und ein heftiges Schwächegefühl gefunden. Eine akute Sinusitis im März und Juni 2005 sei jeweils folgenlos ausgeheilt. Im weiteren Verlauf des Jahres 2005 sei es wegen vermehrter Rückenbeschwerden zu erneuten Verordnungen von physikalischer Therapie gekommen. Prof. Dr. Dr. B. hat in seiner Auskunft vom 17. Mai 2006 angegeben, die Klägerin leide an stark ausgeprägter Fibromyalgie. Am Operationstag habe bestätigt werden können, dass die Akupunkturpunkte des Dickdarm-, Lungen-, Kreislauf-, Gallenblasen-, Nieren-, Milz-, Pankreas- und Blasenmeridians befallen gewesen seien. Die Erkrankung der Akupunkturpunkte führe zu Fehlermeldungen, die dem Ich als Wanderschmerzen repräsentiert würden. Durch die Operation würden die geschädigten/gestörten Durchtrittsstellen der Akupunkturpunkte wiederhergestellt. Die Idee zur Quadrantenintervention sei bereits 1984 geboren worden. Die ersten Operationen seien im Zeitraum von 1984 bis 1990 durchgeführt worden. Die gezielte Behandlung von fibromyalgischen Beschwerden habe 1990 begonnen, sodass er in der Lage sei, eine Zehn-Jahres-Studie über Heilerfolge vorzulegen. Seit 01. Oktober 2003 werde eine zweite Studie durchgeführt. Zwischenzeitlich habe er bei Patienten die histologischen Proben wissenschaftlich untersuchen lassen. Es sei eindeutig zu ersehen, dass es sich bei dem Fibromyalgiesyndrom um die Folge multipler Kompressionserscheinungen an vielfältigen Nervenenden und Nervenästen handle, sodass die somatische Entstehung histopathologisch bewiesen sei. Eine Veröffentlichung darüber sei in Bearbeitung. Alle anderen Therapien führten maximal zu einer vorübergehenden Linderung der Beschwerden, wenn sie überhaupt dieses Ziel erreichten. Diese neue Methode werde zur Zeit von ihm in der Schweiz durchgeführt.
Mit Gerichtsbescheid vom 16. August 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Die streitbefangene, ambulant durchgeführte Operation sei als neue Behandlungsmethode vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht im Hinblick auf ihren therapeutischen Nutzen anerkannt. Die bislang fehlende Bewertung dieser Methode stelle auch keine rechtswidrige Untätigkeit des Gemeinsamen Bundesausschusses dar. Sie gehöre nicht zum allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse, weil sich andere Ärzte der von Prof. Dr. Dr. B. verfolgten Operationsmethode bislang nicht angeschlossen hätten. Auch für die Wirksamkeit der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen aufgrund wissenschaftlicher, einwandfrei geführter Statistiken fehle es bereits nach der Darstellung von Prof. Dr. Dr. B. an ausreichenden Forschungen. Es sei auch nicht unvereinbar mit dem Grundgesetz (GG), die Klägerin von den Kosten der streitbefangenen Operation nicht freizustellen. Die Klägerin leide nicht an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung. Ein Fibromyalgiesyndrom bedrohe als solche das Leben nicht. Soweit die Klägerin geltend gemacht habe, die mit der Krankheit verbundenen Schmerzen könnten sie zu einem Suizid veranlassen, könne dem mit einer Schmerzbehandlung bzw. psychotherapeutischen Behandlung als Sachleistung vorgebeugt werden.
Gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 18. August 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 08. September 2006 Berufung eingelegt. Das SG habe gegen ihren ausdrücklichen Willen durch Gerichtsbescheid entschieden. Die Beklagte hätte die Leistung als Sach- oder Dienstleistung gewähren müssen. Gemessen an der Gesamtheit der der Beklagten bislang insgesamt entstandenen Kosten der Behandlungen im Vergleich zu der erfolgreich verlaufenen Operation bestehe eine Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme der Kosten. Durch die Operation im oberen linken Quadranten habe sie eine immense Erleichterung und eine deutliche Schmerzreduzierung erfahren. Auch dass die Leistung im Ausland (Schweiz) erfolgt sei, stehe im Hinblick auf den Beschluss des BVerfG vom 06. Dezember 2005 einem Kostenerstattungsanspruch nicht entgegen. Im Übrigen handle es sich um eine lebensbedrohliche Erkrankung. Es sei nicht selten, dass Menschen infolge einer Fibromyalgie im Rollstuhl endeten oder den Suizid wählten, um den unerträglichen Schmerzen zu entgehen. Die vom SG empfohlene Schmerzbehandlung oder psychotherapeutische Behandlung könne dem nicht vorbeugen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 17. August 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08. Februar 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie von den Kosten für die am 25. Mai 2005 bei Prof. Dr. Dr. B. durchgeführte operative Quadrantenintervention in Höhe von EUR 2.051,33 freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, bei der von Prof. Dr. Dr. B. angewandten Operationsmethode zur Behandlung einer Fibromyalgie handle es sich um eine nicht anerkannte Behandlungsmethode, die nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung sei.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 23. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08. Februar 2006. Mit diesem Bescheid hat die Beklagte den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Übernahme der Kosten abgelehnt, die der Klägerin durch die von Prof. Dr. Dr. B. am 25. Mai 2005 durchgeführte ambulante operative Quadrantenintervention entstanden sind. Nur den Bescheid vom 23. Juni 2005 hat die Klägerin mit Widerspruch, Klage und Berufung angefochten.
II.
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund des § 144 Abs. 1 SGG - in der hier noch maßgeblichen bis 31. März 2008 geltenden Fassung - ist nicht gegeben. Der Beschwerdewert von EUR 500,00 ist überschritten. Denn die Klägerin begehrt die Freistellung von Kosten in Höhe von EUR 2.051,33.
III.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 23. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Februar 2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Freistellung von den Kosten in Höhe von EUR 2.051,33, die ihr durch die von Prof. Dr. Dr. B. am 25. Mai 2005 ambulant durchgeführte operative Quadrantenintervention entstanden sind.
Da der Klägerin Kosten für die am 25. Mai 2005 ambulant durchgeführte operative Quadrantenintervention nicht entstanden sind, weil sie die Rechnung des Prof. Dr. Dr. B. vom 25. Mai 2005 bislang nicht bezahlt hat, kann die Klägerin allein eine Freistellung von diesen Kosten begehren. Als Anspruchsgrundlage für diesen von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Freistellung der Kosten in Höhe von EUR 2.051,33 kommt allein § 13 SGB V in Betracht, und zwar in der im Jahr 2005 geltenden Fassung. Denn maßgeblich ist die Sach- und Rechtslage für den Zeitraum, für welchen die Erstattung bzw. Freistellung von Kosten begehrt wird (vgl. Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-2500 § 92 Nr. 12). Nach § 13 Abs. 1 SGB V darf die Krankenkasse anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2 SGB V) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) - im vorliegenden Fall nicht gegeben, weil es sich um keine Leistung zur Teilhabe im Sinne des § 15 SGB IX handelt - vorsieht. Keine der in § 13 Abs. 2 bis 6 SGB V genannten Voraussetzungen ist gegeben, weil die Beklagte die durchgeführte ambulante Operation nicht als Sachleistung erbringen musste.
Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V u.a. die ärztliche Behandlung. Der Behandlungs- und Versorgungsanspruch eines Versicherten unterliegt allerdings den sich aus § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst folglich nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Die Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie - wie im vorliegenden Fall - nach eigener Einschätzung des Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein. Dies ist bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V nur dann der Fall, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat (zum Ganzen vgl. z.B. BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 12). An einer solchen positive Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses fehlt es. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die von Prof. Dr. Dr. B. angewandte operative Quadrantenintervention bislang nicht geprüft und bewertet. Sie war auch nicht Gegenstand eines Antragsverfahrens, sodass auch die Voraussetzungen eines Systemversagens (vgl. dazu BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 12) nicht gegeben sind. Das in § 135 Abs. 1 SGB V aufgestellte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt greift im vorliegenden Fall ein, weil die operative Behandlung ambulant erfolgte. Dies entnimmt der Senat der von Prof. Dr. Dr. B. gestellten Rechnung vom 25. Mai 2005. Denn diese wurde auf der Grundlage der GOÄ erstellt. Pflegesätze oder Fallpauschalen für eine stationäre Behandlung berechnete er nicht. Das SG hat die operative Quadrantenintervention zu Recht als neue Behandlungsmethode angesehen. Die Methode ist nicht sonst in der medizinischen Wissenschaft allgemein als wirksam anerkannt, was sich schon daraus ergibt, dass sie allein von Prof. Dr. Dr. B. angewandt wird. Von einem so genannten Seltenheitsfall, bei der eine Ausnahme von diesem Erfordernis erwogen werden könnte (vgl. dazu BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 1), ist angesichts der erheblichen Verbreitung des bei der Klägerin vorliegenden Krankheitsbildes der Fibromyalgie nicht auszugehen.
Die Klägerin kann sich nicht auf die Rechtsprechung des BVerfG zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung berufen. In seinem Beschluss vom 06. Dezember 2005 (aaO) hat es das BVerfG für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar erklärt, einen gesetzlichen Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr (im vom BVerfG entschiedenen Fall durch die Duchenne schen Muskeldystrophie) verfassungswidrig. Das BSG hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben seiner neueren Rechtsprechung zugrunde gelegt und näher konkretisiert. Der Senat hat sich dem in ständiger Rechtsprechung angeschlossen. Danach verstößt die Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige Gemeinsame Bundesausschuss diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt habe, gegen das GG, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind (vgl. z.B. BSG SozR 4-2500 § 27 Nrn. 8 und 12): 1. Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor. 2. Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. 3. Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte" nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
Es fehlt bereits an der ersten Voraussetzung der lebensbedrohlich oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung. Dies ist in verfassungskonformer Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen nur dann anzunehmen, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird. Ähnliches kann für den gegebenenfalls gleichzustellenden, nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion gelten (vgl. BSG SozR 4-2500 § 31 Nr. 8; Urteil vom 27. März 2007 - B 1 KR 17/06 R -). Ein solcher ausnahmsweise bestehender akuter, notstandsähnlicher Behandlungsbedarf bestand nicht. Er ergibt sich nicht aus den Angaben des Prof. Dr. Dr. B ... Bei der Fibromyalgie handelt es sich auch nicht um eine Erkrankung, die eine solche notstandsähnliche unbedingte und unverzügliche Behandlungspflicht auslösen würde. Eine erfahrungsgemäß innerhalb weniger Wochen auftretende lebensbedrohliche Verschlimmerung entspricht nicht dem bekannten Krankheitsverlauf bei Fibromyalgie. Dies entnimmt der Senat der Stellungnahme des Medizinaldirektors Bü. vom 20. September 2005. Auch Prof. Dr. Dr. B. bezeichnete in der "Notwendigkeitsbescheinigung" vom 07. Dezember 2004 die Fibromyalgie als nicht lebensgefährdende Erkrankung. Da maßgeblich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Durchführung der operativen Quadrantenintervention ist, ist es unerheblich, dass nach dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung des Senats bei ihr zwischenzeitlich eine Krebserkrankung diagnostiziert worden sei.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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