Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1/L 17 B 494/06 U ER C
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Anhörungsrüge gemäß § 178 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) führt zu einer selbständigen Streitsache im Sinne des § 184 Abs. 1 Satz 1 SGG und löst somit die Pflicht zur Zahlung einer weiteren Pauschgebühr aus.
Die Erinnerung der Erinnerungsführerin gegen die Feststellung der Pauschgebühr durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 22. Januar 2007 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Das Bayer. Landessozialgericht (LSG) hob mit Beschluss vom 20.04.2006 auf die Beschwer-de der H., mit der diese die Aussetzung der zwangsweisen Beitreibung einer Beitragsfor-derung durch die Erinnerungsführerin und die Überprüfung des zugrunde liegenden Ver-waltungsaktes begehrte, die Entscheidung des Sozialgerichts Bayreuth (SG) vom 03.03.2005 im Kostenausspruch und hinsichtlich der Streitwertfestsetzung auf. Hinsichtlich der Ableh-nung des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wies das LSG die Beschwerde gegen die Entscheidung des SG zurück (Az.: L 17 B 147/05 U ER). Die Erinnerung gegen die vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beim LSG erhobene Pauschgebühr für dieses Beschwerdeverfahren nahm die Erinnerungsführerin zurück. Mit Beschluss des LSG vom 04.10.2006 verwarf das LSG die Anhörungsrüge der H. vom 13.06.2006 wegen Verfristung als unzulässig.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle beim LSG stellte daraufhin für das Verfahren auf Grund dieser Anhörungsrüge mit Auszug aus dem Gebührenverzeichnis vom 08.01.2007 eine Gebührenschuld der Erinnerungsführerin in Höhe von 112,50 EUR fest (Gebührenfeststellung und Kostenrechnung vom 22.01.2007).
Die Erinnerungsführerin hat gegen diese Feststellung der Gebührenschuld beim LSG am 02.02.2007 Erinnerung eingelegt und ausgeführt, auf Grund einer Anhörungsrüge entstünde keine neue Gerichtsgebühr. Vorliegend handele es sich nicht um eine Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Beschluss zum Zwecke der Überprüfung der sozialgerichtlichen Entschei-dung durch die nächst höhere Instanz. Die Rüge führe lediglich zur Fortführung des Ver-fahrens bei dem Gericht der ursprünglichen Entscheidung. Es sei weder eine neue Streitsache anhängig gewesen, noch sei ein weiterer Instanzenzug beschritten worden. Im Übrigen sei die Anhörungsrüge als unzulässig verworfen worden.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle beim LSG hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Erinnerung ist zulässig. Gegen die Entscheidungen des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle kann binnen einen Monats das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet (vgl. § 189 Abs.2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Erinnerung ist jedoch nicht begründet.
Das Kostenverhältnis zwischen Staat und den Beteiligten im Sozialgerichtsverfahren regeln die §§ 184 bis § 192 SGG. Danach haben in Verfahren, die nicht der Kostenpflicht nach § 197a SGG unterliegen, die nicht zu dem privilegiertem Personenkreis des § 183 SGG gehörenden, also die pauschgebührenpflichtigen Beteiligten, für jede Streitsache eine Gebühr zu entrichten (vgl. § 184 Abs.1 Satz 1 SGG). Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat wegen der von H. erhobenen Gehörsrüge zu Recht mit Auszug aus dem Gebührenverzeichnis vom 08.01.2007 eine Gebührenschuld der Erinnerungsführerin in Höhe von 112,50 EUR festgestellt. Eine Gebührenpflicht der Erinnerungsführerin entfällt nicht deshalb, weil bereits eine Pauschgebühr für das der Anhörungsrüge vorangegangene Beschwerdever-fahren entrichtet worden ist, denn es handelt sich hier bei dem Verfahren nach § 178 a SGG um eine selbständige Streitsache im Sinne des § 184 Abs.1 Satz 1 SGG.
Die Gehörsrüge, die auf Grund des Plenarbeschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 30.04.2003 mit Wirkung vom 01.01.2005 durch das Anhörungsrügengesetz (vom 19.12.2004, BGBl I S. 3220) in die verschiedenen Prozessordnungen eingefügt wurde, hat der Gesetzgeber als einen eigenständigen Rechtsbehelf ausgestaltet. Das BVerfG hatte darauf hingewiesen, es sei mit dem Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs nicht zu vereinbaren, wenn eine Verfahrensordnung keine fachgerichtliche Abhilfemöglichkeit für den Fall vorsehe, dass ein Gericht in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch auf rechtliches Gehör verletze, und der allgemeine Justizgewährungs-anspruch eine zumindest einmalige gerichtliche Kontrolle für die Einhaltung des verfas-sungsrechtlich verbürgten Anspruchs auf rechtliches Gehör fordere (Az.: 1 PbvU 1/02). Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit der Rüge eines Anhörungsverstoßes für das sozialgericht-liche Verfahren mit § 178 a SGG eingeführt (vgl. die Parallelregelungen des § 152 a Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und des § 133 a Finanzgerichtsordnung – FGO – ). Die Gehörsrüge orientiert sich am bisherigen Regelungsmodell des § 321 a Zivilprozess-ordnung (ZPO), der mit Wirkung vom 01.01.2002 neu eingeführt wurde (BT-Drs. 15/3706 S.13). Auch der geänderte § 321a ZPO setzt jedoch, anders als die bisherige Vorschrift, den Eintritt der Rechtskraft der angegriffenen Entscheidung voraus, wobei die Gehörsrüge nicht mehr nur bei Urteilen erster, sondern aller Instanzen und bei Beschlüssen statthaft ist.
Nach § 184 Abs.1 Satz 2 SGG entsteht die Pauschgebühr, sobald die Streitsache rechtshängig geworden ist; sie ist für jeden Rechtszug zu zahlen. Ein Definition bzw. einen näheren Hin-weis zum Begriff der Streitsache gibt § 184 SGG allerdings nicht.
Festzuhalten ist zunächst, dass unter einer Streitsache im Sinne dieser Vorschrift nicht der einzelne Anspruch als solcher, sondern jedes bei einem Gericht anhängige Verfahren zu verstehen ist, ohne Rücksicht auf die Zahl der Ansprüche und der am Verfahren Beteiligten. Der Begriff der Streitsache in § 184 Abs.1 SGG ist somit von dem gleichlautenden Begriff in § 94 SGG zu unterscheiden.
Streitsachen im Sinne des § 184 Abs.1 Satz 1 SGG sind Klage-, Berufungs- und Revisions-verfahren sowie die selbständigen Antragsverfahren, die auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86 b SGG, einschließlich der Verfahren, die auf Aussetzung oder Anordnung der Vollziehung gemäß § 86 b Abs.1 SGG gerichtet sind (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Auflage, § 184 Rdnr.8 m.w.N.; Bayer. LSG, Beschluss vom 16.07.1996, Az.: L 1 An 90/95, Breith. 1997, S.86; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.04.1989, Az.: L 9 KoB 184/88, Breith. 1990, S. 258), und die Verfahren wegen Aussetzung der Vollstreckung gemäß § 199 Abs.2 SGG (BSG, Beschluss vom 06.08.1999, Az.: B 4 RA 25/98 m.w.N., Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 184 Rndr.8). Auch das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ist eine Streitsache gemäß § 184 Abs.1 Satz 1 SGG, sofern die Beschwerde verworfen, zurückgewiesen oder zurückgenommen wird. Dagegen ist ein solches Verfahren als ein nur unselbständiger Verfahrensteil anzusehen, sofern dadurch die Berufung oder Revision zugelassen und auch eingelegt wird. In diesem Fall löst die Beschwerde keine eigenständige Gebührenpflicht aus (BSG SozR 1500 § 184 Nr.1). Eine Gebühr nach § 184 Abs.1 Satz 1 SGG wird auch durch ein selbständiges Beweisscherungsverfahren ausgelöst (Peters/Sauters/Wolf, SGG, § 184 Anm.2a). Ebenso fällt sie bei der Wiederaufnahme des Verfahrens an (§ 188 SGG).
Verfahren, die als unselbständige verfahrensmäßige Schritte im Rahmen eines anhängigen Verfahrens zu bewerten sind, lösen dagegen einschließlich eines darauf folgenden Beschwer-deverfahrens keine Gebührenpflicht aus, denn eine Gebühr nach § 184 Abs.1 Satz 1 SGG erfasst ein gesamtes Verfahren. Aus § 185 SGG folgt, dass nur solche Beschluss- und Beschwerdeverfahren Streitsachen im Sinne des § 184 Abs.1 Satz 1 SGG sind, durch die ein Rechtsstreit insgesamt abgeschlossen wird (vgl. Meyer-Ladewig/Leitherer, a.a.O., § 185 Rndr.3). Keine eigenständigen Streitsachen sind deshalb unselbständige Anträge im Rahmen eines laufenden Verfahrens, über die durch Beschluss entschieden wird, wie z.B. das Prozesskostenhilfeverfahren (§ 73 a SGG), die Verfahren wegen Berichtigung des Urteils, Berichtigung des Tatbestandes und wegen Urteilsergänzung (§§ 138 bis § 140 SGG) oder Zwischenstreitigkeiten über die Rechtmäßigkeit einer Zeugnisverweigerung (§ 118 Abs.2 SGG). Wird der Rechtsstreit an das Gericht der unteren Instanz zurückverwiesen, wird hierdurch kein neuer Rechtszug vor diesem Gereicht eröffnet, sondern das Verfahren in der unteren Instanz fortgesetzt. Für das Gericht der unteren Instanz stellt das Verfahren nach der Zurückverweisung zusammen mit dem früheren Verfahren nur einen Rechtszug dar. Dies gilt nicht, wenn nach einer Sprungrevision an das Landessozialgericht verwiesen wird, denn in diesem Fall wird nicht das alte Verfahren fortgeführt, sondern ein neues Verfahren in Gang gebracht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 184 Rndr.10; Hk-SGG/Groß, § 184 Rndr.4).
Hier stellt die Gehörsrüge eine selbständige Streitsache im Sinne des § 184 Abs.1 Satz 1 SGG dar. Zwar bestimmen § 178 a Abs.1 Halbsatz 1 SGG und § 178 a Abs.5 Satz 1 SGG, dass das Verfahren nach Einlegung der Gehörsrüge fortzuführen ist. Daraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass es sich bei einem Verfahren auf Grund einer Anhörungsrüge um ein rechtlich unselbständiges Rechtsbehelfsverfahren handelt. Die Gehörsrüge führt gerade nicht zu einem unselbständigen Verfahren im Rahmen eines laufenden Gerichtsver-fahrens, denn zum Zeitpunkt ihrer Erhebung ist das betreffende Verfahren bereits abgeschlos-sen. Im Gegenteil setzt § 178 a SGG die Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung voraus. Ähnlich wie im Verfahren aufgrund einer Nichtzulassungsbeschwerde, löst die Gehörsrüge eine Gebühr nach § 184 Abs.1 Satz 1 SGG aus, wenn die Rüge nicht zum angestrebten Erfolg führt und als unzulässig verworfen (§ 178 Abs.4 Satz 1 SGG) oder als unbegründet zurückgewiesen (§ 178 Abs.4 Satz 2 SGG) wird. Sie führt somit unmittelbar zu einer Gebühr gemäß § 184 SGG, wenn die Rüge durch Beschluss erledigt wird.
Ist dagegen die Gehörsrüge begründet und hilft ihr deshalb das Gericht ab, wird das Verfahren in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. Die Abhilfeentscheidung führt hierbei nicht zu einer Erledigung der Streitsache im Sinne des § 185 SGG. Bei einer Entscheidung auf Grund der Anhörungsrüge, die zur Fortführung der ursprünglichen Streitsache führt, wird eine Gebühr erst bei Erledigung der fortgeführten Streitsache fällig (§ 185 SGG). Hier unterscheidet sich das Verfahren gemäß § 178 a SGG von dem Verfahren nach erfolgreicher Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde, das in diesem Fall keine weitere Gebührenpflicht nach sich zieht. Denn in diesem Fall wird nicht, wie bei der Gehörsrüge, ein bereits rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren fortgeführt.
Das Verfahren gemäß § 178 a SGG zieht damit ähnlich wie das Wiederaufnahmeverfahren gemäß §§ 179 ff. SGG eine Gebührenpflicht gemäß § 184 SGG nach sich. Diese Rechtsfolge für das Wiederaufnahmeverfahren ist in § 188 SGG ausdrücklich bestimmt. Es handelt sich jedoch hierbei lediglich um eine Klarstellung (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 188 Rndr.2). Aus dem Umstand, dass eine entsprechende Vorschrift für Verfahren nach § 178 a SGG nicht besteht, kann deshalb kein Argument gegen eine Gebührenpflicht hergeleitet werden. Hingegen hat der Gesetzgeber die Gehörsrüge einerseits als einen eigenständigen außerordentlichen Rechtsbehelf ausgestaltet und sie anderseits mit dem Wiederaufnahmeverfahren verglichen, weil die Gehörsrüge den Eintritt der Rechtskraft der angegriffenen Entscheidung nicht hindert (BT-Drs. 15/2706 S.14). Wie die Wiederaufnahmeklage setzt sie vielmehr eine rechtskräftige Entscheidung voraus. Die Entscheidung nach fortgesetztem Verfahren erfolgt auch, wie bei der Wiederaufnahmeklage, durch den judex a quo.
Als Argument für die Auslösung einer Gebührenpflicht durch die Erhebung einer Gehörsrüge kann zusätzlich angeführt werden, dass diese auch als Gebührentatbestand im Gerichtskosten-gesetz (GKG) Eingang gefunden hat. Sofern das GVG Anwendung findet, fällt eine Gebühr von 50 EUR nach dem Kostenverzeichnis Nr.7400 an (vgl. Rohwer-Kahlmann, SGG, § 184 Rdnr.14, Fn. 23; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 178 a Rndr.9).
Zu Recht hat somit der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle beim LSG die Pauschgebühr im Verfahren gemäß § 178 a SGG als fällig angesehen. Die Gebühr beträgt für das Verfahren vor den Landessozialgerichten 225 EUR und wie hier die Hälfte dieses Betrages, weil die Sache nicht durch Urteil erledigt wurde (§§ 184 Abs.2, § 186 Satz 1 SGG).
Die Erinnerung war somit als unbegründet zurückzuweisen.
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Das Bayer. Landessozialgericht (LSG) hob mit Beschluss vom 20.04.2006 auf die Beschwer-de der H., mit der diese die Aussetzung der zwangsweisen Beitreibung einer Beitragsfor-derung durch die Erinnerungsführerin und die Überprüfung des zugrunde liegenden Ver-waltungsaktes begehrte, die Entscheidung des Sozialgerichts Bayreuth (SG) vom 03.03.2005 im Kostenausspruch und hinsichtlich der Streitwertfestsetzung auf. Hinsichtlich der Ableh-nung des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wies das LSG die Beschwerde gegen die Entscheidung des SG zurück (Az.: L 17 B 147/05 U ER). Die Erinnerung gegen die vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beim LSG erhobene Pauschgebühr für dieses Beschwerdeverfahren nahm die Erinnerungsführerin zurück. Mit Beschluss des LSG vom 04.10.2006 verwarf das LSG die Anhörungsrüge der H. vom 13.06.2006 wegen Verfristung als unzulässig.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle beim LSG stellte daraufhin für das Verfahren auf Grund dieser Anhörungsrüge mit Auszug aus dem Gebührenverzeichnis vom 08.01.2007 eine Gebührenschuld der Erinnerungsführerin in Höhe von 112,50 EUR fest (Gebührenfeststellung und Kostenrechnung vom 22.01.2007).
Die Erinnerungsführerin hat gegen diese Feststellung der Gebührenschuld beim LSG am 02.02.2007 Erinnerung eingelegt und ausgeführt, auf Grund einer Anhörungsrüge entstünde keine neue Gerichtsgebühr. Vorliegend handele es sich nicht um eine Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Beschluss zum Zwecke der Überprüfung der sozialgerichtlichen Entschei-dung durch die nächst höhere Instanz. Die Rüge führe lediglich zur Fortführung des Ver-fahrens bei dem Gericht der ursprünglichen Entscheidung. Es sei weder eine neue Streitsache anhängig gewesen, noch sei ein weiterer Instanzenzug beschritten worden. Im Übrigen sei die Anhörungsrüge als unzulässig verworfen worden.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle beim LSG hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Erinnerung ist zulässig. Gegen die Entscheidungen des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle kann binnen einen Monats das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet (vgl. § 189 Abs.2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Erinnerung ist jedoch nicht begründet.
Das Kostenverhältnis zwischen Staat und den Beteiligten im Sozialgerichtsverfahren regeln die §§ 184 bis § 192 SGG. Danach haben in Verfahren, die nicht der Kostenpflicht nach § 197a SGG unterliegen, die nicht zu dem privilegiertem Personenkreis des § 183 SGG gehörenden, also die pauschgebührenpflichtigen Beteiligten, für jede Streitsache eine Gebühr zu entrichten (vgl. § 184 Abs.1 Satz 1 SGG). Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat wegen der von H. erhobenen Gehörsrüge zu Recht mit Auszug aus dem Gebührenverzeichnis vom 08.01.2007 eine Gebührenschuld der Erinnerungsführerin in Höhe von 112,50 EUR festgestellt. Eine Gebührenpflicht der Erinnerungsführerin entfällt nicht deshalb, weil bereits eine Pauschgebühr für das der Anhörungsrüge vorangegangene Beschwerdever-fahren entrichtet worden ist, denn es handelt sich hier bei dem Verfahren nach § 178 a SGG um eine selbständige Streitsache im Sinne des § 184 Abs.1 Satz 1 SGG.
Die Gehörsrüge, die auf Grund des Plenarbeschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 30.04.2003 mit Wirkung vom 01.01.2005 durch das Anhörungsrügengesetz (vom 19.12.2004, BGBl I S. 3220) in die verschiedenen Prozessordnungen eingefügt wurde, hat der Gesetzgeber als einen eigenständigen Rechtsbehelf ausgestaltet. Das BVerfG hatte darauf hingewiesen, es sei mit dem Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs nicht zu vereinbaren, wenn eine Verfahrensordnung keine fachgerichtliche Abhilfemöglichkeit für den Fall vorsehe, dass ein Gericht in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch auf rechtliches Gehör verletze, und der allgemeine Justizgewährungs-anspruch eine zumindest einmalige gerichtliche Kontrolle für die Einhaltung des verfas-sungsrechtlich verbürgten Anspruchs auf rechtliches Gehör fordere (Az.: 1 PbvU 1/02). Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit der Rüge eines Anhörungsverstoßes für das sozialgericht-liche Verfahren mit § 178 a SGG eingeführt (vgl. die Parallelregelungen des § 152 a Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und des § 133 a Finanzgerichtsordnung – FGO – ). Die Gehörsrüge orientiert sich am bisherigen Regelungsmodell des § 321 a Zivilprozess-ordnung (ZPO), der mit Wirkung vom 01.01.2002 neu eingeführt wurde (BT-Drs. 15/3706 S.13). Auch der geänderte § 321a ZPO setzt jedoch, anders als die bisherige Vorschrift, den Eintritt der Rechtskraft der angegriffenen Entscheidung voraus, wobei die Gehörsrüge nicht mehr nur bei Urteilen erster, sondern aller Instanzen und bei Beschlüssen statthaft ist.
Nach § 184 Abs.1 Satz 2 SGG entsteht die Pauschgebühr, sobald die Streitsache rechtshängig geworden ist; sie ist für jeden Rechtszug zu zahlen. Ein Definition bzw. einen näheren Hin-weis zum Begriff der Streitsache gibt § 184 SGG allerdings nicht.
Festzuhalten ist zunächst, dass unter einer Streitsache im Sinne dieser Vorschrift nicht der einzelne Anspruch als solcher, sondern jedes bei einem Gericht anhängige Verfahren zu verstehen ist, ohne Rücksicht auf die Zahl der Ansprüche und der am Verfahren Beteiligten. Der Begriff der Streitsache in § 184 Abs.1 SGG ist somit von dem gleichlautenden Begriff in § 94 SGG zu unterscheiden.
Streitsachen im Sinne des § 184 Abs.1 Satz 1 SGG sind Klage-, Berufungs- und Revisions-verfahren sowie die selbständigen Antragsverfahren, die auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86 b SGG, einschließlich der Verfahren, die auf Aussetzung oder Anordnung der Vollziehung gemäß § 86 b Abs.1 SGG gerichtet sind (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Auflage, § 184 Rdnr.8 m.w.N.; Bayer. LSG, Beschluss vom 16.07.1996, Az.: L 1 An 90/95, Breith. 1997, S.86; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.04.1989, Az.: L 9 KoB 184/88, Breith. 1990, S. 258), und die Verfahren wegen Aussetzung der Vollstreckung gemäß § 199 Abs.2 SGG (BSG, Beschluss vom 06.08.1999, Az.: B 4 RA 25/98 m.w.N., Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 184 Rndr.8). Auch das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ist eine Streitsache gemäß § 184 Abs.1 Satz 1 SGG, sofern die Beschwerde verworfen, zurückgewiesen oder zurückgenommen wird. Dagegen ist ein solches Verfahren als ein nur unselbständiger Verfahrensteil anzusehen, sofern dadurch die Berufung oder Revision zugelassen und auch eingelegt wird. In diesem Fall löst die Beschwerde keine eigenständige Gebührenpflicht aus (BSG SozR 1500 § 184 Nr.1). Eine Gebühr nach § 184 Abs.1 Satz 1 SGG wird auch durch ein selbständiges Beweisscherungsverfahren ausgelöst (Peters/Sauters/Wolf, SGG, § 184 Anm.2a). Ebenso fällt sie bei der Wiederaufnahme des Verfahrens an (§ 188 SGG).
Verfahren, die als unselbständige verfahrensmäßige Schritte im Rahmen eines anhängigen Verfahrens zu bewerten sind, lösen dagegen einschließlich eines darauf folgenden Beschwer-deverfahrens keine Gebührenpflicht aus, denn eine Gebühr nach § 184 Abs.1 Satz 1 SGG erfasst ein gesamtes Verfahren. Aus § 185 SGG folgt, dass nur solche Beschluss- und Beschwerdeverfahren Streitsachen im Sinne des § 184 Abs.1 Satz 1 SGG sind, durch die ein Rechtsstreit insgesamt abgeschlossen wird (vgl. Meyer-Ladewig/Leitherer, a.a.O., § 185 Rndr.3). Keine eigenständigen Streitsachen sind deshalb unselbständige Anträge im Rahmen eines laufenden Verfahrens, über die durch Beschluss entschieden wird, wie z.B. das Prozesskostenhilfeverfahren (§ 73 a SGG), die Verfahren wegen Berichtigung des Urteils, Berichtigung des Tatbestandes und wegen Urteilsergänzung (§§ 138 bis § 140 SGG) oder Zwischenstreitigkeiten über die Rechtmäßigkeit einer Zeugnisverweigerung (§ 118 Abs.2 SGG). Wird der Rechtsstreit an das Gericht der unteren Instanz zurückverwiesen, wird hierdurch kein neuer Rechtszug vor diesem Gereicht eröffnet, sondern das Verfahren in der unteren Instanz fortgesetzt. Für das Gericht der unteren Instanz stellt das Verfahren nach der Zurückverweisung zusammen mit dem früheren Verfahren nur einen Rechtszug dar. Dies gilt nicht, wenn nach einer Sprungrevision an das Landessozialgericht verwiesen wird, denn in diesem Fall wird nicht das alte Verfahren fortgeführt, sondern ein neues Verfahren in Gang gebracht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 184 Rndr.10; Hk-SGG/Groß, § 184 Rndr.4).
Hier stellt die Gehörsrüge eine selbständige Streitsache im Sinne des § 184 Abs.1 Satz 1 SGG dar. Zwar bestimmen § 178 a Abs.1 Halbsatz 1 SGG und § 178 a Abs.5 Satz 1 SGG, dass das Verfahren nach Einlegung der Gehörsrüge fortzuführen ist. Daraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass es sich bei einem Verfahren auf Grund einer Anhörungsrüge um ein rechtlich unselbständiges Rechtsbehelfsverfahren handelt. Die Gehörsrüge führt gerade nicht zu einem unselbständigen Verfahren im Rahmen eines laufenden Gerichtsver-fahrens, denn zum Zeitpunkt ihrer Erhebung ist das betreffende Verfahren bereits abgeschlos-sen. Im Gegenteil setzt § 178 a SGG die Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung voraus. Ähnlich wie im Verfahren aufgrund einer Nichtzulassungsbeschwerde, löst die Gehörsrüge eine Gebühr nach § 184 Abs.1 Satz 1 SGG aus, wenn die Rüge nicht zum angestrebten Erfolg führt und als unzulässig verworfen (§ 178 Abs.4 Satz 1 SGG) oder als unbegründet zurückgewiesen (§ 178 Abs.4 Satz 2 SGG) wird. Sie führt somit unmittelbar zu einer Gebühr gemäß § 184 SGG, wenn die Rüge durch Beschluss erledigt wird.
Ist dagegen die Gehörsrüge begründet und hilft ihr deshalb das Gericht ab, wird das Verfahren in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. Die Abhilfeentscheidung führt hierbei nicht zu einer Erledigung der Streitsache im Sinne des § 185 SGG. Bei einer Entscheidung auf Grund der Anhörungsrüge, die zur Fortführung der ursprünglichen Streitsache führt, wird eine Gebühr erst bei Erledigung der fortgeführten Streitsache fällig (§ 185 SGG). Hier unterscheidet sich das Verfahren gemäß § 178 a SGG von dem Verfahren nach erfolgreicher Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde, das in diesem Fall keine weitere Gebührenpflicht nach sich zieht. Denn in diesem Fall wird nicht, wie bei der Gehörsrüge, ein bereits rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren fortgeführt.
Das Verfahren gemäß § 178 a SGG zieht damit ähnlich wie das Wiederaufnahmeverfahren gemäß §§ 179 ff. SGG eine Gebührenpflicht gemäß § 184 SGG nach sich. Diese Rechtsfolge für das Wiederaufnahmeverfahren ist in § 188 SGG ausdrücklich bestimmt. Es handelt sich jedoch hierbei lediglich um eine Klarstellung (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 188 Rndr.2). Aus dem Umstand, dass eine entsprechende Vorschrift für Verfahren nach § 178 a SGG nicht besteht, kann deshalb kein Argument gegen eine Gebührenpflicht hergeleitet werden. Hingegen hat der Gesetzgeber die Gehörsrüge einerseits als einen eigenständigen außerordentlichen Rechtsbehelf ausgestaltet und sie anderseits mit dem Wiederaufnahmeverfahren verglichen, weil die Gehörsrüge den Eintritt der Rechtskraft der angegriffenen Entscheidung nicht hindert (BT-Drs. 15/2706 S.14). Wie die Wiederaufnahmeklage setzt sie vielmehr eine rechtskräftige Entscheidung voraus. Die Entscheidung nach fortgesetztem Verfahren erfolgt auch, wie bei der Wiederaufnahmeklage, durch den judex a quo.
Als Argument für die Auslösung einer Gebührenpflicht durch die Erhebung einer Gehörsrüge kann zusätzlich angeführt werden, dass diese auch als Gebührentatbestand im Gerichtskosten-gesetz (GKG) Eingang gefunden hat. Sofern das GVG Anwendung findet, fällt eine Gebühr von 50 EUR nach dem Kostenverzeichnis Nr.7400 an (vgl. Rohwer-Kahlmann, SGG, § 184 Rdnr.14, Fn. 23; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 178 a Rndr.9).
Zu Recht hat somit der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle beim LSG die Pauschgebühr im Verfahren gemäß § 178 a SGG als fällig angesehen. Die Gebühr beträgt für das Verfahren vor den Landessozialgerichten 225 EUR und wie hier die Hälfte dieses Betrages, weil die Sache nicht durch Urteil erledigt wurde (§§ 184 Abs.2, § 186 Satz 1 SGG).
Die Erinnerung war somit als unbegründet zurückzuweisen.
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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