Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 69 U 2/05 BB
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 22 U 112/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 07. Juni 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit ist die Beurteilung eines Kehlkopfkarzinoms des Klägers als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2402 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO) und die Entschädigung mit einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, die der Kläger nunmehr im Rahmen eines Antrags gemäß § 44 des Zehnte Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) begehrt.
Der 1957 geborene Kläger erkrankte er im Jahre 1992 an einem Tonsillenkarzinom und im Jahr 1995 an einem Larynxkarzinom. Mit der im Oktober 1993 bei der Beklagten eingegangenen Anzeige teilte er den am 01. Oktober 1992 operierten bösartigen Tumor im Rachenbereich (Tonsillenkarzinom) mit und vermutete einen Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit als Hauer bei der SW im Bergbaubetrieb R (T) und bat um Überprüfung der Erkrankung als BK. Im August 1995 zeigte er seine Erkrankung an einem Larynxtumor (Kehlkopftumor) bei der Beklagten an. Er bat um Berücksichtigung dieser Erkrankung bei der Anerkennung als BK.
Der Kläger war nach einer Lehrzeit vom 01. September 1974 bis 15. Juli 1976 als Hauerlehrling und vom 16. Juli 1976 bis 30. September 1976 als Hauer im Erzbergwerk der S, Bergbaubetrieb R beschäftigt gewesen. Die W förderte Uran. Beim Zerfall des Urans und des Radons werden ionisierende Strahlungen frei, denen der Kläger während seiner Tätigkeit bei der S ausgesetzt war. Vom 01. Oktober 1976 bis 31. Dezember 1984 war er Berufssoldat. Vom 01. Januar 1990 bis 31. Januar 1991 war er im Fernmeldebauamt der Telekom beschäftigt. Nach Beginn einer Umschulung zum Kaufmann, die er krankheitsbedingt im September 1996 beendete, schloss sich eine kaufmännische Beschäftigung in der Hausverwaltung an.
Die Beklagte ermittelte für das Tonsillenkarzinom 1995 zu der strahlenexponierten Tätigkeit des Klägers für die Zeit ab Beginn einer Lehrzeit als Hauerlehrling von September 1974 bis zum letzten Tag seiner Tätigkeit als Hauer im September 1976 eine kumulative Organdosis von 0,37 Sv mit einer Verursachungswahrscheinlichkeit anhand des Jacobi-Gutachten III von 1,8 Prozent. Ermittlungen aus Anlass des Kehlkopfkarzinoms im Jahr 1996 ergaben eine kumulative Äquivalentdosis von 230,6 mSv und eine Verursachungswahrscheinlichkeit anhand des Jacobi- Gutachtens II mit 1,1 %.
Mit Bescheid vom 22. April 1996 lehnte die Beklagte hinsichtlich des Tonsillenkarzinoms eine Entschädigung wegen einer BK Nr. 2402 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO) ab. Den dagegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte am 19. September 1996 zurück.
Mit Bescheid vom 14. Oktober 1996 lehnte die Beklagte eine Entschädigung wegen einer BK nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKVO aus Anlass der Erkrankung des Klägers an einem Kehlkopf-Karzinom ab. Der Kläger sei bei seiner Tätigkeit als Hauerlehrling über Tage und als Hauer unter Tage im Bergbaubetrieb R bei der W beschäftigt und dabei einer kumulativen Organdosis von 0,37 Sv ausgesetzt gewesen. Hieraus ergebe sich unter Berücksichtigung der Latenzzeit (Zeit zwischen der Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit und dem Beginn der Erkrankung) eine Verursachungswahrscheinlichkeit von 1,8 Prozent nach der Berechnung nach dem Modell II von Prof. J. Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass bei einer Verursachungswahrscheinlichkeit von mehr als 50 Prozent ein Karzinom durch die Strahlung verursacht werde. Denn dies würde bedeuten, dass die Wahrscheinlichkeit, dass das Karzinom durch die Strahlung verursacht worden sei, größer sei als das Bestehen des spontanen Risikos. Da dies im vorliegenden Fall nicht zutreffe, seien die beruflichen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK nicht gegeben. Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 07. Juli 1997 zurück: Aufgrund der vom Technischen Aufsichtsdienst ermittelten Organdosis von 230,6 Msv und einer Verursachungswahrscheinlichkeit nach dem Jacobi- Gutachten II von 1,1 sei ein Zusammenhang zwischen beruflicher Exposition gegenüber ionisierenden Stoffen und Kehlkopfkarzinom nicht hinreichend wahrscheinlich.
Aufgrund der erhobenen Klagen gegen die oben genannten Bescheide zu beiden Erkrankungen (S 69 U - Bb 751/56) hat das SG ein Gutachten des Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten (HNO) Dr. R vom 12. August 1997 eingeholt. Dieser legte seiner Beurteilung Angaben des Klägers zugrunde. Der Gutachter führte aus, er versuche, die Kausalitätsfrage im Fall des Klägers anhand des Gutachtens J zu beantworten, wohl wissend, dass er als HNO-Arzt physikalische Berechnungen und Wertungen nur im begrenzten Umfang überprüfen und nachvollziehen könne. Die Berechnungen des Jacobi-Gutachtens würden für Hauer im Zeitraum 1946 bis 1995 gelten, als ohne zusätzliche Frischluftzufuhr trocken gebohrt worden sei und ein hoher Radon- und Staubpegel geherrscht habe. Ab 1970 sei die individuelle Exposition durch Radon bzw. Radonzerfallsprodukte erfasst worden und seien international empfohlene Grenzwerte eingehalten worden. Die glaubhaften Angaben des Klägers jedoch, er sei die ganze Zeit über beim Resteabbau in alten Scheibenbrüchen mit sehr hoher Staub- und Radonkonzentration bei sehr schlechter Belüftung ausgesetzt gewesen, ließen bezweifeln, ob in diesem Restebaubereich die sonst für ab 1970 angenommenen Bedingungen galten. Es sei vielmehr wahrscheinlicher, dass der Kläger in den Jahren 1974 bis 1976 noch Bedingungen wie zur Anfangszeit 1946 bis 1955 oder schlechteren Bedingungen ausgesetzt gewesen sei. Allerdings habe die Arbeitszeit nicht mehr wie in den früheren Jahren 2500, sondern 2000 Stunden im Jahr betragen. Da 2000 Stunden in einem Jahr und drei Monaten 2500 Stunden in einem Jahr entsprächen, könnten in diesem Fall die weiteren Berechnungen für eine Expositionsdauer von einem Jahr vorgenommen werden. Von der Strahlenexposition her gesehen seien Mund-Rachen-Raum und Kehlkopf gleichzusetzen. Gehe man unter der Voraussetzung einer einjährigen Strahlenexposition unter Bedingungen wie 1946 bis 1955 in die entsprechenden Tabellen und Grafiken, so ergebe sich für die Krebslokalisation Mundhöhle, Rachen und Kehlkopf eine Verursachungswahrscheinlichkeit von 45 Prozent bezogen auf ein Alter von 25 Jahren bei Beginn der Tätigkeit. Er gelangte zu der Auffassung, dass die Wahrscheinlichkeit im Fall des Klägers, dass sein Gesundheitsschaden auf die berufliche Strahlenexposition zurückzuführen sei, 50 Prozent betrage. Er legte eine Alkoholentzugssymptomatik aus Anlass der Operationen im Jahre 1992 und eine aktenkundige Diagnose des Alkoholmissbrauchs und Angaben des Klägers zugrunde, der nach den Angaben bei ihm bis 1989 ca. 40 Jahre lang 40 Zigaretten täglich geraucht habe. Er beurteilte die bei ihm festgestellten Gesundheitsstörungen des Klägers als wahrscheinliche Folge der beruflichen Strahlenexposition.
Auf der Grundlage der Ausführungen des Gutachters zum Ausmaß der stattgehabten beruflichen Strahlenexposition des Klägers reichte die Beklagte eine Stellungnahme-Exposition des TAD vom 19. September 1997 zu den Akten. Darin wurde berechnet, dass der Kläger einer theoretisch höchstmöglichen Strahlenbelastung von 2,12 Sv ausgesetzt gewesen wäre auf der Grundlage der Annahme, dass die von ihm beschriebenen Expositionsbedingungen zuträfen. Hieraus resultierte eine Verursachungswahrscheinlichkeit nach Jacobi von 9,6 %.
Die Beklagte überreichte des weiteren ein strahlenschutzmedizinischen Gutachten von Prof. Dr. A vom 12. November 1997, der darauf hinwies, dass Kausalitätserwägungen bei radonexponierten Bergleuten mit bösartigen Tumoren stets auf der Basis von Ergebnissen internationaler epidemiologischer Studien an Uranbergarbeitern vorgenommen worden seien. Die derzeit vorliegenden Ergebnisse dieser Studien zeigten zwar eine statistisch signifikante Häufung von Lungen- bzw. Bronchialkarzinomen, nicht aber von Krebserkrankungen außerhalb der Lunge. Mundhöhlen- und Kehlkopfkrebse seien in diesem epidemiologischen Datenmaterial von Uranbergarbeitern nicht signifikant vermehrt festgestellt worden, so dass unter Zugrundelegung dieses epidemiologischen Modells die für die Anerkennung einer BK geforderten Kriterien nicht als erfüllt angesehen werden könnten.
Mit dem am 24. November 1997 verkündeten Urteil hat das SG die Bescheide der Beklagten vom 22. April und 14. Oktober 1996 und die hierzu ergangenen Widerspruchsbescheide vom 19. September 1996 und 07. Juli 1997 aufgehoben und die Beklagte dem Grunde nach verurteilt, dem Kläger wegen der Folgen (Tonsillen-/ Kehlkopfkarzinom) einer BK nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKVO Verletztenrente zu gewähren. Die beim Kläger eingetretenen Gesundheitsschäden, nämlich eine Tonsillen- sowie ein Kehlkopfkarzinom, seien von der Beklagten als Folgen einer beruflichen Erkrankung im Sinne der Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKVO zu entschädigen. Die Kammer erachtete den ursächlichen Zusammenhang zwischen den beim Kläger eingetretenen Karzinomerkrankungen und der berufsbedingten Exposition gegenüber über radioaktiver Strahlung als wahrscheinlich und folgte damit der Beurteilung von Dr. R. Die Kammer meinte, dass das so genannte "Jacobi-Gutachten" bezüglich der darin angeführten Verursachungswahrscheinlichkeits-Werte allein kein geeignetes Mittel sei bei Erkrankungsfällen, denen eine nach der Nr. 2402 der Anlage zur BKVO gefährdende Tätigkeit vorangegangen sei, um die Zusammenhangsfrage sachgerecht beurteilen und entscheiden zu können. In Fällen der vorliegenden Art müsse vielmehr ausschließlich darauf abgestellt werden, ob eine im Sinne des BK-Rechts gefährdende Tätigkeit vorgelegen habe, der Eintritt des Gesundheitsschadens seiner Art nach aufgrund dieser Gefährdung möglich sei sowie darauf, ob in Bezug auf die eingetretene Erkrankung im Einzelfall bei dem Versicherten anderweitige, gleichwertige Risikofaktoren vorgelegen haben bzw. ausschieden. Dieses Beurteilungsprinzip habe der Gesetzgeber durch die Regelung des § 9 Abs. 3 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) ausdrücklich verdeutlicht. Internistische Befunde, die Rückschlüsse auf einen stattgehabten Alkoholmissbrauch zuließen, gäbe es nicht. Anderweitige Risikofaktoren z. B. Tabak - und/oder Alkoholmissbrauch seien weder erwiesen noch wahrscheinlich. Der Tabakgenuss des Klägers habe sich nicht über mehrere Jahrzehnte erstreckt, sei nicht exzessiv gewesen und liege lange Zeit zurück.
Auf die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten ermittelte das Landessozialgericht Berlin (L 2 7 U 7/98). Eingeholt wurde eine Auskunft der W Gesellschaft mit beschränkter Haftung am 03. September 1993, die ihrem Schreiben beifügte: eine Liste der Untertageschichten des Klägers, mit Schreiben der GmbH vom 26. Juni 1997 an den Kläger, Schreiben des Klägers an die W GmbH vom 01. Juni 1997 und Kopien zu Untersuchungen zur Staub- und Schwermetallbelastung, aus einem Bericht von Bauer; Golder u.a. In dem Schreiben der GmbH an den Kläger vom 26. Juni 1997 nahm sie Stellung zu den Arbeitsbedingungen des Klägers auch während seiner Lehrzeit. Von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wurden Originalunterlagen aus der Gesundheitsakte des ehemaligen Betriebsambulatoriums R den Kläger betreffend beigezogen. Der Kläger übersandte Detmolder Leitlinien zum Strahlenschutz. Des Weiteren holte das Gericht eine ergänzende Stellungnahme von Dr. R vom 18. April 1999 ein. Er führte aus, Ausgangslage seines Gutachtens sei gewesen, dass für ihn nicht abwegig gewesen sei aufgrund der Schilderung des Klägers, unter den von ihm genannten Bedingungen eine Strahlenbelastung wie in den 50er Jahren anzunehmen. Daraufhin habe er die Verursachungswahrscheinlichkeit anhand des Gutachtens Jacobi II mit 50 Prozent eingeschätzt. Dies sei unter dem Vorbehalt der Ergebnisse der von ihm empfohlenen weiteren Sachaufklärung und eines strahlenbiologischen Gutachtens für den speziellen Fall erfolgt. Die Bergbau BG habe daraufhin die Möglichkeit einer Strahlenbelastung von maximal 9,6 Prozent eingeräumt. Die W GmbH habe sogar einen Maximalwert von 16 Prozent zugestanden. Unter Zugrundelegung einer Verursachungswahrscheinlichkeit von 9,6 Prozent schließe er sich der Beurteilung von Prof. Dr. A an und verneine einen wahrscheinlichen Kausalzusammenhang der beiden Tumorerkrankungen des Klägers mit seiner beruflichen Strahlenexposition, da eine Verursachungswahrscheinlichkeit von 50 Prozent bei weitem nicht erreicht werde. Zum erstinstanzlichen Urteil bemerkte er, dass seines Erachtens der für den Einzelfall ermittelten Verursachungswahrscheinlichkeit eine große Bedeutung bei der Zusammenhangsbewertung zukomme. Die Beklagte überreichte Ablichtung der Deutschen Uranbergarbeiterstudie (epidemiologische Untersuchungen an 60.000 Beschäftigten der Firma W. Der Kläger überreichte "Bremer Erklärung" der Gesellschaft für Strahlenschutz aus dem Monat Juni 2000.
Auf Antrag des Klägers erstattete der Arzt für Nuklearmedizin und Universitätsprofessor Prof. Dr. K am 18. September 2000 ein Gutachten nach Aktenlage. Er gelangte zu der Beurteilung, dass beide Krebserkrankungen des Klägers sowohl nach dem Prinzip der Verdopplungsdosis als auch nach einer individuellen Betrachtung des Für und Wider mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die berufliche Exposition des Klägers zurückzuführen und damit Berufserkrankungen nach Nr. 2402 der Anlage zur BKVO seien.
Soweit dem Gutachter in der Beweisanordnung vom 09. Februar 2000 vorgegeben worden war, sich an den von der W GmbH im Schreiben vom 03. September 1998 gemachten Angaben zu orientieren und seiner Beurteilung zugrunde zu legen, ist der Gutachter dieser Weisung nicht nachgekommen.
Aufgrund der Beweisanordnung des Landessozialgerichts Berlin vom 02. August 2001 erstattete Prof. Dr. W, Direktor des Instituts und der Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin der J-Universität G ein am 22. November 2001 beim Landessozialgericht Berlin eingegangenes Gutachten nach Aktenlage. Er gelangte zu der Beurteilung, dass sich die haftungsausfüllende Kausalität nicht bejahen lasse. Die medizinischen Voraussetzungen zur Annahme einer Erkrankung durch ionisierende Strahlen im Sinne einer BK nach Nr. 2402 BKVO könnten nicht mit Wahrscheinlichkeit begründet werden. Die vorgegebenen Berechnungen mit einer kumulativen Strahlenbelastung von 7,25 WLM mit einer Verursachungswahrscheinlichkeit anhand des Jacobi-Gutachtens II von 3,8 Prozent und zum anderen mit einer Strahlenbelastung von 3,63 WLM mit einer Verursachungswahrscheinlichkeit von 1,9 Prozent lägen mit beiden Berechnungen weit unterhalb des Betrages für die Verdopplungsdosis von 200 WLM und 50 Prozent Verursachungswahrscheinlichkeit. Als hauptsächliche Risikofaktoren für die Entstehung von Karzinomen im Bereich der Mundhöhle, des Rachens und des Kehlkopfs seien arbeitsmedizinisch-toxikologisch ein gesteigerter Nikotin- und Alkoholkonsum bekannt. Hinsichtlich des Gutachtens von Prof. Dr. K bescheinigte er ihm "immenses strahlenbiologisches Fachwissen". Aus arbeits- und sozialmedizinischer Sicht seien die einschlägigen sozialrechtlichen Vorgaben, die von ärztlichen Sachverständigen in der Begutachtung von BK-Zusammenhangsfragen beachtet werden müssten, nicht in adäquater Weise angewandt worden. Der Gutachter führte im Einzelnen aus, dass die Tätigkeit bei der in eine Phase mit deutlich verbesserten Arbeitsbedingungen falle.
Prof. Dr. K nahm dazu Stellung am 21. Januar 2002. Des Weiteren übermittelte der Kläger eine von dem Medizinphysiker Dr. Rund Prof. Dr. W erstellte "Wissenschaftliche Expertise bezüglich eines Strahlenschadens" bei dem Kläger vom 22. Januar 2002. Sie gelangten zur Beurteilung, Krebserkrankungen des Klägers seien mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf seine angeschuldigte Exposition durch radioaktive Substanzen zurückzuführen. Prof. Dr. W nahm in seiner am 27. Juni 2002 beim Landessozialgericht eingegangenen Ausarbeitung Stellung zum Gutachten von Prof. Dr. K sowie zum Privatgutachten von Dr. R
Der Kläger übersandte Filmmaterial der W GmbH über die Arbeit im Uranbergbau.
Der 2. Senat des Landessozialgerichts Berlin hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Januar 2003 das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. November 1997 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt:
Nach § 547 RVO gewährt der Träger der Unfallversicherung nach Eintritt des Arbeitsunfalls nach Maßgabe der ihm folgenden Vorschriften Leistungen, insbesondere bei Vorliegen einer MdE um wenigstens 20 v. H. Verletztenrente in der dem Grad der Erwerbsminderung entsprechenden Höhe (§ 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO). Als Arbeitsunfall gilt gemäß § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO auch eine BK. BKen sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet (§ 551 Abs. 1 Satz 2 RVO). Eine solche Bezeichnung nimmt die BKVO mit den so genannten Listenkrankheiten vor. Hierzu gehören nach Nr. 2402 auch Erkrankungen durch ionisierende Strahlen.
Für das Vorliegen des Tatbestandes der BK ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß im Sinne des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, der nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit - nicht allerdings die bloße Möglichkeit - ausreicht (vgl. zuletzt BSG SozR 3-2200 § 551 Nr. 16 m.w.N.; Brackmann/Krasney, SGB VII, § 9 Rdnrn. 22, 23. m.w.N.). Der Ursachenbegriff der wesentlichen Bedingung oder der mitwirkenden Ursache besagt, dass von den Ursachen im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, also den Bedingungen, die nicht hinweg gedacht werden können, ohne dass der Erfolg entfiele, diejenigen berücksichtigt werden, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (BSE 54/184, 185 m.w.N.).
Der hier streitige BK-Tatbestand der Nr. 2402 definiert allein die gefährliche Einwirkung (durch ionisierende Strahlen), nicht jedoch, welches Krankheitsbild typisch ist. Bei der notwendigen Konkretisierung des unter Nr. 2402 genannten unbestimmten Begriffs "Krankheiten" genügt es nicht, auf diejenigen medizinischen Erkenntnisse zurückzugreifen, die den Verordnungsgeber zur Aufnahme der Krankheit in die Liste der Berufskrankheiten bewogen haben. Es ist vielmehr unter Zuhilfenahme medizinischer Sachkunde zu prüfen, welche Erkrankungen nach den neuesten gesicherten medizinischen Erkenntnissen Folge ionisierender Strahlungen sein können. In dem vom Bundesminister für Arbeit herausgegebenen Merkblatt zur Listennummer 2402 (BABl 1991/72) werden unter Abschnitt "E.Strahlenspätschäden" neben der Leukämie auch "andere maligne Tumoren" genannt. In Anhang 2 des Merkblattes wird dann die "Strahlenempfindlichkeit einzelner Organe und Gewebe im Hinblick auf die Verursachung maligner Erkrankungen" angesprochen. Der bei dem Kläger betroffene Mund- und Rachenraum sowie der Kehlkopf finden darin keine Erwähnung. Während die Beklagte wegen des Fehlens einschlägiger epidemiologischer Erkenntnisse eine Verursachungswahrscheinlichkeit von Rachenraum- und Kehlkopftumoren durch ionisierende Strahlen nunmehr grundsätzlich in Zweifel zieht ("generelle Nichtgeeignetheit"), weist Jacobi in seinem 2. Gutachten (S. 31, 32 ebendort) zwar auf Unsicherheiten der Dosisabschätzung in diesem Bereich hin, schließt jedoch einen Ursachenzusammenhang nicht generell aus. Das entnimmt der Senat seinen Referenzwerten für Mund-, Rachen-, Kehlkopftumoren (s. Tumore 4-4 zum Jacobi-II-Gutachten), die er nach Vorliegen des Forschungsberichts korrigiert hat (vgl. HVBG-Info 5.2001, 426, 428). Die Geeignetheit ionisierender Strahlen für die Krebserkrankungen des Klägers wird auch von Dr. R und Prof. Dr. W in ihren Gutachten nicht angezweifelt. Mit ihnen geht auch der Senat davon aus, dass es nicht ausgeschlossen ist, Rachenraum- und Kehlkopfkrebs auf die Einwirkung ionisierender Strahlen zurückzuführen.
Die Beklagte hat die medizinische Problematik dahinstehen lassen und die Ansprüche des Klägers auf Anerkennung der bei ihm festgestellten Karzinome an der individuellen Verursachungswahrscheinlichkeit scheitern lassen, die sie anhand der geschätzten Exposition des Klägers und des Risikos unter Beachtung der Dosis-Wirkung-Beziehung errechnet hat. Konkrete Vorgaben, welche Maßstäbe insoweit anzulegen sind, finden sich in dem Merkblatt zur BK-Nr. 2402 nicht. Die Beklagte entnimmt diese vielmehr den Jacobi-Gutachten, die der Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften im Einvernehmen mit der Beklagten und dem Institut für Strahlenschutz zur Erarbeitung verbindlicher Maßstäbe in Auftrag gegeben hat. Deren Autoren haben in der Praxis anwendbare standardisierte Modelle für die Verwaltungen entwickelt, die auf der Grundlage der bekannten wissenschaftlichen Erkenntnisse erstellt worden sind. Der Stand der Diskussion über die Verwertbarkeit und die Akzeptanz des Jacobi-II-Gutachtens ergibt sich aus dem von der Beklagten zur Gerichtsakte überreichten Berichtsband über das BK-Forum am 12. Februar 1998 in Hennef. Wegen der in diesem Gutachten zum Ausdruck gebrachten Zweifel zum Ausmaß des tatsächlichen Risikos und der Verursachungswahrscheinlichkeit extrapulmonaler Erkrankungen hat der Hauptverband der Berufsgenossenschaften im Rundschreiben VB 42/99 vom 11. März 1999 empfohlen, entsprechend den im Jacobi-Gutachten-II und III entwickelten Berechnungsmodellen - im Sinne eines antezipierten Sachverständigengutachtens - eine Verursachungswahrscheinlichkeit von 50 % vorauszusetzen. Dieser Empfehlung ist die Beklagte mit der dann im Berufungsverfahren korrigierten Berechnung gefolgt (vgl. Stellungnahme des TAD Gera vom 21. November 2000), wonach bei dem Kläger lediglich eine Verursachungswahrscheinlichkeit von 1 % festgestellt werden konnte. Die Beklagte hat hierbei wie auch der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. W in seinem Gutachten auflagengemäß die vom Senat bei der W GmbH ermittelten, in deren Schreiben vom 03. September 1998 mitgeteilten Arbeitsbedingungen des Klägers - ausgehend von 215 verfahrenen Untertageschichten - beachtet. Der Senat hat die Auskünfte der W-GmbH seiner Fragestellung an die Sachverständigen dieses Rechtsstreits deshalb zugrunde gelegt, weil sie ihn in ihrem durch diverse Untersuchungsergebnisse untermauerten Wahrheitsgehalt eher überzeugen als die eigenen Angaben des Klägers zum Umfang der Strahlenexposition während seiner bergmännischen Tätigkeit gegenüber Dr. R. Danach fanden zu der Zeit, als der Kläger seinen Beruf als Hauer erlernt und ausgeübt hatte, Sicherungsmaßnahmen statt, die weit über die früheren Jahre hinausgingen. Außerdem wurden ab 1955 Messungen der Radon-Konzentration und Gamma-Dosierung unter und über Tage durchgeführt, die ab den Jahren 1964, 1967 auch für das Objekt 90 (Bergbaubetrieb Reust) durch die Werte der potentiellen Alphaenergie-Konzentration der kurzlebigen Radonfolgeprodukte ergänzt wurden. Bei allen Angaben handelt es sich um bestmögliche Schätzwerte, die dem Erkenntnisstand zum Zeitpunkt des Schreibens vom 03. September 1998 entsprachen. Diese berücksichtigen u. a. den Wichtungsfaktor der jeweiligen Berufsgruppe und die verschiedenartigen u. a. durch Aufenthalt im Abbau, im Vortrieb und in der Ausrichtung, Aufenthalt in Frisch- und oder Abwettern, Umgang mit dem Uranerz, Aufenthalt in Bereichen mit hoher Staubbelastung, Arbeitsschwere und das damit verbundene unterschiedliche Atemvolumen bestimmten Expositionsbedingungen. Unter Auswertung der hieraus herzuleitenden Grunddaten des Klägers kam die W-GmbH in einer nach dem Jacobi-Gutachten-II am 26. Juni 1997 erstellten Expositionsberechnung zu einer Verursachungswahrscheinlichkeit von 3,8 %, die sich nach dem späteren Kenntnisstand um die Hälfte auf 1,9 % verringerte. Zu diesem Ergebnis ist auch der vom Gericht zum Sachverständigen ernannte Prof. Dr. W in seinem Gutachten vom 15. November 2001 gelangt, der auflagengemäß die Erkenntnisse der W-GmbH und das von ihm akzeptierte Berechnungsmodell des Jacobi-II-Gutachtens zugrunde gelegt hat. Prof. Dr. W ist Vorsitzender der Sektion Berufskrankheiten des ärztlichen Sachverständigenbeirats bei dem BMA und u. a. als Teilnehmer des Berufskrankheiten-Forums "extrapulmonale Erkrankungen Wismut" am 12. Februar 1998 in Hennef und als Autor diverser Aufsätze zur Anerkennung von Berufskrankheiten (u. a. "Die MdE bei berufsbedingten Krebserkrankungen, insbesondere bei Lungen- und Kehlkopfkrebs", in Der medizinische Sachverständige, 2001, S. 66-69) mit der einschlägigen Problematik gut vertraut. Der Sachverständige hält aufgrund seiner arbeitsmedizinischen Kenntnisse die von der W-GmbH durchgeführten Berechnungen für nachvollziehbar. Er verweist insbesondere darauf, dass der Kläger unter deutlich verbesserten Arbeitsschutzmaßnahmen, erheblich verminderter Strahlenbelastung und mit einer relativ kurzen Arbeitszeit von 23 Monaten gearbeitet habe. Außerdem kenne er keine zur retrospektiven Einschätzung der Strahlenexposition besser er¬forschte Datenlage für frühere W-Beschäftigte. Den Senat überzeugen seine Darlegungen, zumal auch Prof. Dr. A im Gutachten vom 12. November 1997 und Prof. Dr. S im Gutachten vom 29. April 1997, deren Erkenntnisse das Gericht im Wege der freien Beweiswürdigung nach § 128 SGG bei seiner Entscheidungsfin¬dung herangezogen hat, mit Prof. Dr. W im Ergebnis übereinstimmen. Die Ausführungen des Prof. Dr. A zur mutmaßlichen Strahlenexposition des Klägers überzeugten auch den gerichtlichen Sachverständigen Dr. R in seiner vom Senat eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 18. April 1999. Er ist mit dieser von der im Gutachten vom 12. August 1997 vertretenen Auffassung einer überwie¬genden Verursachungswahrscheinlichkeit abgerückt, weil ihn die Erkenntnisse aus den nach Gutachtenerstellung zu den Akten gelangten individuellen Unterlagen da¬von überzeugten, dass er seinerzeit von einer zu hohen Belastung des Klägers aus¬gegangen war.
Nicht zu folgen vermag der Senat demgegenüber dem Gutachten des Sachverstän¬digen Prof. Dr. K vom 18. September 2000 und dem Privatgutachten des Dr. R vom 22. Januar 2002. Beide durch strahlenmedizinische Erkenntnisse geprägten Gutachter gehen von einer anderen Bewertung der mutmaßlichen Strah¬lenbelastung des Klägers in seiner beruflichen Tätigkeit bei der W-AG aus, ohne die Fragestellung des Gerichts in seiner Beweisanordnung zu beachten. Es hatte bei der Formulierung seiner Fragen die Auskünfte der W-GmbH im Schreiben vom 3. September 1998 zur beruflichen Exposition des Klägers zugrunde gelegt. Dr. R, erwähnt in seiner vierseitigen Expertise weder die Erkenntnisse der Jacobi-Gutachten zur Strahlenexposition der früheren W-Beschäftigten, noch setzt er sich hiermit auseinander. Er verwendet zur Ermittlung der Wahrschein¬lichkeit der Verursachung der Krebserkrankung des Klägers aufgrund seiner Tätig¬keit bei der W-AG, die er mit einem Wahrscheinlichkeitsfaktor von 53,2 % errechnete, eine Formel, die, folgt man den Angaben des Prof. Dr. K in seiner vom Kläger am 24. Juli 2002 eingereichten Stellungnahme vom 16. Juli 2002, zwar die Berechnung der Verursachungswahrscheinlichkeit von Lungenkrebs betrifft, für die hier streitigen Krebserkrankungen jedoch nicht einschlägig ist. Den Senat konnte auch das Gutachten des Strahlensachverständigen Prof. Dr. K, der dem Kläger ein ungewöhnliches Ausmaß einer beruflichen Strahlenbelastung und eine mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit hierauf beruhende Krebser¬krankung bescheinigte, nicht überzeugen. Sein Gutachten leidet zum einen daran, dass er sich über die in der Beweisanordnung des Gerichts (Frage 1) gegebene Auflage hinweggesetzt hat, die in dem Schreiben der W-GmbH vom 3. Sep¬tember 1998 dem Gericht mitgeteilten Daten der mutmaßlichen Belastungsintensität des Klägers zur Grundlage seiner Beurteilung zu machen. Er berechnet dessen Strahlenbelastung nach anderen Maßstäben, indem er Hochrechnungen vornimmt, die jedenfalls nicht auf einer allseitig anerkannten wissenschaftlichen Grundlage basieren und von den beteiligten Fachkreisen überwiegend zumindest akzeptiert werden (vgl. BSG SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Außerdem wirft er allen Vorgutachtern eine unkritische Übernahme des Berechnungsmodells Jacobi-11 vor, das die Strah¬lenbelastung - nach seiner Auffassung - niedriger berechne, als das nach dem Stand der Wissenschaft resultiere (vgl. Seite 32 seines Gutachtens). Der Senat vermag seinem Gutachten nicht zu entnehmen, dass er seine Erkenntnisse auf das Ergebnis epidemiologischer Studien zurückführt, die weitergehender, konkreter und für die Verwaltungspraxis der Berufsgenossenschaften geeigneter sind, als die in den Jacobi-Gutachten berücksichtigten Studien und Erkenntnisse zur Auswirkung der Strahlenintensität der bei der früheren SDAG Wismut-Beschäftigten. Diese Auf¬fassung teilt auch der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. W, wenn er er¬klärt, dass ihm keine besser erforschte Datenlage als in den Jacobi-11 und 111-Studien bekannt sei.
Der Senat verkennt jedoch nicht, dass jedenfalls aus nuklearmedizinischer Sicht die Meinungsbildung zur Frage der Entstehungswahrscheinlichkeit von Krebserkran¬kungen durch den Einfluss ionisierender Strahlen im Rahmen früherer Beschäftigungen bei der SDAG Wismut nach wie vor nicht abgeschlossen zu sein scheint. Stellvertretend für seinen Eindruck steht u.a. die Bearbeitungsempfehlung des HVBG vom 8. Februar 2001 in HVBG-Info 5/2001, S. 424, die auf einer in dem Rundschreiben angesprochenen veränderten Datenlage aufgrund des im Dezember 1998 abgeschlossenen Forschungsberichts über die Strahlenbelastung im Uranerz¬bergbau der ehemaligen DDR beruht. Hiernach kann im gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht von einer allseitig anerkannten medizinisch-wissenschaftlichen Erkennt¬nismethode über die Auswirkungen früherer Strahlenbelastungen ausgegangen werden, denn diese Studie, die die damit ermittelten Expositionen mit den Erkennt¬nissen der Jacobi-Gutachten verknüpft, hat zur Empfehlung einer anderen Berech¬nung der Strahlenbelastung der Lunge geführt und auch für die hier streitigen Krebserkrankungen einen anderen Referenzwert vorgeschlagen.
Bei dieser Sachlage sind auch dem Senat Grenzen gesetzt, die Ursachen der Krebserkrankungen des Klägers zuverlässig zu ermitteln. Er macht sich deshalb aus Gründen der Praktikabilität und weil nur so eine Gleichbehandlung aller Versicher¬ten gewährleistet ist, die auf der Grundlage der Jacobi-Gutachten erarbeiteten Empfehlungen des HVBG zu Eigen. Er folgt deshalb auch den Berechnungen im Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. W, wonach es bei einer Verursachungswahrscheinlichkeit von 1,8 % gegenwärtig nicht überwiegend wahrscheinlich ist, dass sich die Krebserkrankungen des Klägers ursächlich auf dessen frühere Beschäftigung im Uranerzbergbau der früheren DDR zurückführen lassen. Der Senat konnte es deshalb hier dahinstehen lassen, welchen Einfluss auf sein Erkrankungsbild der frühere Nikotinabusus des Klägers und ein im Bericht der Charité vom 15. Oktober 1992 erwähnter Alkoholmissbrauch haben könnten.
Das Urteil ist nach Aktenlage rechtskräftig.
Im Dezember 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten "die Überprüfung nach § 44 SGB X der Ablehnungen vom 14. Oktober 1996/07. Juli 1997 seines Antrags auf Anerkennung seiner Erkrankungen (Tonsillenkarzinom/Larynxtumor) als BK nach Ziffer 2402 - Erkrankung durch ionisierende Strahlen". Zur Begründung wurde ausgeführt, das Bundessozialgericht (BSG) habe am 18. August 2004 Urteile zur Anerkennung von Kehlkopfkarzinomen (B 8 Kn 1/03 UR, B 8 KN 2/03 UR und B 8 KN 1/04 UR-H) gefällt. Danach seien alle bösartigen Neubildungen von Tumoren entschädigungspflichtig. Auch habe 1996 der Gesetzgeber in § 9 Abs. 3 SGB VII eine Vermutungsregelung getroffen.
Mit Bescheid vom 10. Februar 2005 lehnte die Beklagte den Antrag auf Überprüfung des Verwaltungsaktes vom 14. Oktober 1996 in Form des Urteils des Landessozialgerichts Berlin vom 14. Januar 2003 über die Ablehnung der Anerkennung der Erkrankung an einem Kehlkopfkarzinom als BK gemäß § 44 SGB X ab: Das BSG habe in seinen Urteilen vom 18. August 2004 die generelle Eignung ionisierender Strahlen beurteilt, Organkrebse hervorzurufen. In jedem Einzelfall seien die individuellen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK zu prüfen. Mit der Berechnung der konkreten Organdosis des Klägers und der sich hieraus ergebenden Wahrscheinlichkeit für die Verursachung seiner Erkrankung durch die Strahlenbelastung seien die individuellen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK bereits bei der Entscheidung vom 14. Oktober 1996 betrachtet worden. Nach den Feststellungen des TAD für die Zeit vom 01. September 1974 bis 30. September 1976 mit der Beschäftigung als Hauerlehrling über- und untertags sowie als Hauer unter Tage bei der W habe sich eine kumulative Äquivalentdosis (Dosis für das erkrankte Organ) von insgesamt 193,57 mSv ergeben auf der Grundlage des Abschlussberichtes zum Forschungsvorhaben (Belastung durch ionisierende Strahlung im Uranerzbergbau der ehemaligen DDR). Nach dieser Strahlenbelastung ergebe sich nach dem Berechnungsmodell von Prof. J eine Verursachungswahrscheinlichkeit von einem Prozent. Sie legte zugrunde eine Stellungnahme des TAD vom 21. Dezember 2004, die eine kumulative Äquivalentdosis von 193,57 mSv und eine Verursachungswahrscheinlichkeit von 1% ergab. Aus dieser Strahlenbelastung ergebe sich nach dem Berechnungsmodell von Prof. J eine Verursachungswahrscheinlichkeit von einem Prozent. Die im Einzelnen bezeichneten Werte für die einzelnen Belastungen wichen nur geringfügig von den in den Jahren 1996 bzw. 2000 für den Kläger ermittelten Werten ab.
Wegen der Kürze der Tätigkeit als Hauer könne auch nicht von einer potentiell erhöhten Gefahr für die Erkrankung an einem Kehlkopfkarzinom im Sinne des § 9 Abs. 3 SGB VII ausgegangen werden. Insgesamt ergebe sich also keine neue Sachlage, die eine andere Entscheidung rechtfertigen würde. Weder aus der Entscheidung des BSG noch aus dem Antrag des Klägers ergäben sich neue Tatsachen, die Anlass für eine Überprüfung des bindend gewordenen Bescheides gäben. Auch fänden sich keine Anhaltspunkte, dass das Recht unrichtig angewandt worden sei.
Mit weiterem Bescheid vom 10. Februar 2005 wies die Beklagte den Antrag auf Überprüfung des Verwaltungsaktes vom 22. April 1996 über die Ablehnung der Anerkennung der Erkrankung an einem Tonsillenkarzinom als BK gemäß § 44 SGB X ab.
Mit gesonderten Widerspruchsbescheiden vom 16. Juni 2005 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 10. Februar 2005 hinsichtlich der Erkrankung an einem Kehlkopfkarzinom und Tonsillenkarzinom zurück. Insbesondere sei unter Berücksichtigung der vom Kläger genannten Rechtsprechung des BSG nicht ausreichend die Tatsache, dass er bei der W beschäftigt und dabei einer Strahlenbelastung ausgesetzt gewesen war, um eine berufliche Verursachung der Krebserkrankung wahrscheinlich zu machen. Die individuelle Strahlenbelastung ergäbe sich aus dem Schlussbericht, in dem für jedes Produktionsjahr Belastungswerte für alle Schächte, Tagebaue und Aufbereitungsanlagen enthalten seien. Dieser Bericht sei zusammen mit der Studie von Prof. J in einem EDV-Programm des TAD und Verwaltung verarbeitet worden. Es würden hier realistische Daten der Strahlenbelastung von Versicherten mit den biologischen Auswirkungen der ionisierenden Strahlen auf den Menschen verbunden. Es bestehe keine Veranlassung, an der Richtigkeit dieses Berechnungsmodells zu zweifeln, zumal es auch als Entscheidungsgrundlage in der Sozialgerichtsbarkeit Anwendung finde.
Mit der am 14. Juli 2005 beim Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, es sei davon auszugehen, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den eingetretenen Karzinomerkrankungen und der bestandenen radioaktiven Strahlung gegeben sei. Nach gesicherten medizinischen Erkenntnissen sei eine Strahlenbelastung geeignet, die eingetretenen Erkrankungen ursächlich hervorgerufen zu haben. Andere Risikofaktoren lägen beim Kläger nicht vor. Die von der Beklagten vorgenommene Festsetzung von 50 Prozent für eine Verursacherwahrscheinlichkeit sei willkürlich gewählt und könne nicht mit wissenschaftlichen Erkenntnissen in Übereinstimmung gebracht werden. Die von der Beklagten vertretene Auffassung widerspreche höchstrichterlicher Rechtsprechung. So habe das BSG im Urteil vom 18. August 2004 (B 8 KN 1/03 UR) ausgeführt, dass es bei der notwendigen Konkretisierung des Begriffs "Erkrankungen" nicht genüge, auf diejenigen Erkenntnisse zurückzugreifen, die den Verordnungsgeber zur Aufnahme der Krankheit in die BK-Liste bewogen hätten. Nach Auffassung des BSG sei Voraussetzung für die Anerkennung der Erkrankung als BK in diesen Fällen zum einen, dass die schädigende Einwirkung generell geeignet sei, das betreffende Krankheitsbild zum Entstehen zu bringen oder zu verschlimmern; zum andern müsse die vorliegende Erkrankung konkret individuell durch entsprechende Einwirkungen wesentlich verursacht bzw. verschlimmert worden und diese Einwirkungen müssten wesentlich durch die durch die versicherte Tätigkeit verursacht worden sein. Diese Voraussetzungen lägen beim Kläger vor.
In der Klagschrift vom 14. Juli 2005 beantragt der Kläger:
1. Der Bescheid der Beklagten vom 10.02.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2005 zum Az.: 96/026721-R/41 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verpflichtet, die erlittenen Strahlenschäden des Klägers, der in der Zeit vom 01.09.1974 bis zum 30.09.1976 bei der SAG/SDAG W als Hauer unter Tage unter strahlenexponierten Bedingungen gegenüber ionisierender Strahlung beschäftigt war, die die gesetzlich zulässigen Werte um ein Vielfaches überschritten und an den der Kläger infolge schwer erkrankte, als Berufskrankheit nach Nr. 92 BKVO-DDR bzw. bundesdeutscher BK Nr. 2402 der Anlage zur BKVO anzuerkennen.
3. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Verletztenrente aus der zuständigen Unfallversicherung zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie wiederholte ihr Vorbringen und führte des Weiteren aus, die Ausführungen des BSG in seiner Entscheidung vom 18. August 2004 führten ebenfalls zu keiner anderen Betrachtung, da die darin geforderten Prüfkriterien eingehalten worden seien.
Der Kläger erwiderte auf den Schriftsatz der Beklagten, dass erhebliche Widersprüche hinsichtlich der festgestellten Messwerte vorlägen. Auffallend sei, dass der durch die Beklagte angegebene Messwert von 0,37 Sv knapp unter dem zulässigen Grenzwert von 0,4 Sv für die Beschäftigten im Uranbergbau liege. Daraus würde sich logischerweise eine weit geringere Wahrscheinlichkeit für eine Erkrankung ergeben.
Die durch die Beklagte angenommene Verursacherwahrscheinlichkeit von 50 Prozent sei eine willkürliche Festlegung der Beklagten und entspreche nicht den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Nach Auffassung der behandelnden Ärzte des Klägers sei eine spontane Entstehung der beiden Krebserkrankungen auszuschließen.
Dem Kläger sei nicht nachvollziehbar, dass seine gesamten Gesundheitsunterlagen, die Auskunft über Erkrankungen während seiner Tätigkeit bei der W geben könnten, nicht mehr vorhanden seien. Die Jacobi-Methoden unterlägen seitens der Wissenschaft seit längerem schwerster Kritik. Die durch die Beklagte angegebene Studie werde selbst in einer Stellungnahme des Hauptverbandes der Berufsgenossenschaften zur Anwendbarkeit relativiert und zum Teil als problematisch beurteilt.
Mit Gerichtsbescheid vom 07. Juni 2006 hat das SG die Klage abgewiesen und den Antrag des Klägers des SG zugrunde gelegt,
den Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 14.Oktober 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07. Juli 1997 zu verurteilen, ein Kehlkopfkarzinom als Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage zur BKVO anzuerkennen und zu entschädigen.
Zur Begründung hat das SG insbesondere ausgeführt, nach der Rechtsprechung des BSG zu § 44 SGB X (BSG SozR 1300 §44 Nr. 33, Urteil vom 02. März 1998) habe die Verwaltung eine erneute Sachverhaltsüberprüfung dann nicht vorzunehmen, wenn das Vorbringen, auf welches der Überprüfungsantrag gestützt werde, bei der Entscheidung schon bekannt gewesen sei. Dies sei im Hinblick auf den Bescheid vom 14. Oktober 1996 im Ergebnis hier der Fall, da das Landessozialgericht in seinem Urteil vom 14. Januar 2003 bereits zu den jetzt vom Kläger wiederholten Einwendungen Stellung bezogen habe. So habe der 2. Senat des Landessozialgerichts Berlin der W GmbH zu den Arbeitsbedingungen des Klägers ermittelt und die Gutachter verpflichtet, diese bei der Bewertung des medizinischen Sachverhalts zu beurteilen. Soweit der Kläger nun weiter sinngemäß rüge, dass die Auskünfte seines Erachtens nach nicht zutreffend seien, so schließe sich die Kammer der Bewertung des Landessozialgerichts an. Aus den Urteilen des BSG vom 18. August 2004 ergäbe sich nichts Neues. In diesen Urteilen sei im Grundsatz ausgeführt, dass auch extra pulmonale Krebserkrankungen im Rahmen der Nr. 2402 der Anlage zur BKVO entschädigungsfähig seien. Davon sei aber bereits das Landessozialgericht ausgegangen. Im Weiteren sei dargelegt, dass die Verursachungswahrscheinlichkeit im Fall des Klägers nur bei etwa 1 Prozent liege. Daran habe sich nichts geändert. Die Jacobi-Gutachten seien weiterhin der Maßstab zur Überprüfung der Entschädigung ehemaliger W-Mitarbeiter. Der Umstand, dass der Kläger zu Recht darauf hinweise, dass die Gutachten von Prof. Dr. J in der wissenschaftlichen Diskussion auch angegriffen würden, vermöge daran nichts zu ändern. Dies sei ein normaler Vorgang in der wissenschaftlichen Diskussion. Dies habe jedenfalls bisher nicht zu dem Ergebnis geführt, dass die überwiegende Meinung der wissenschaftlichen Forschung die Gutachten für unzutreffend halte.
Soweit der Kläger darauf hinweise, dass bei ihm keine weiteren Risikofaktoren vorlägen, die bei einem 35jährigen Menschen zur Entstehung von Kehlkopfkrebs führen könnten, sei dies nicht zutreffend. So habe Prof. Dr. S von der HNO-Klinik des Klinikums B darauf hingewiesen, dass Zigarettenrauchen und Alkoholkonsum - beide bei dem Kläger bekannt - letztere sogar chronischer Alkoholabusus - die weitaus häufigste Ursache für die Entstehung von bösartigen Geschwülsten im Bereich des Rachens und des Kehlkopfs seien. Gegenüber der Verursachungswahrscheinlichkeit hierdurch sei die durch die berufliche Exposition gegenüber ionisierenden Strahlungen anzunehmende Verursachungswahrscheinlichkeit verschwindend gering.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 19. Juni 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 12. Juli 2006 beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung des Klägers.
Mit Schriftsatz vom 10. Januar 2007 wird zur Begründung der Berufung im Wesentlichen vorgetragen, das SG habe zu Unrecht den Antrag auf Anerkennung eines Kehlkopfkarzinoms als BK und die entsprechend geforderte Entschädigung abgewiesen. Gegen diese Entscheidung des SG richte sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen Klagantrag weiter verfolge. Das erstinstanzliche Gericht sei von falschen rechtlichen Erwägungen ausgegangen. Das Urteil des BSG vom 18. August 2004 (B 8 KN 1/03 UR) sei wegweisend für die Behandlung des vorliegenden Falles. Entgegen der im Urteil vertretenden Auffassung sei nach Auffassung des BSG Voraussetzung für die Anerkennung als BK in diesen Fällen zum einen, dass die schädigende Einwirkung generell geeignet sei, das betreffende Krankheitsbild zum Entstehen zu bringen oder zu verschlimmern; zum anderen müsse die vorliegende Erkrankung konkret individuell durch entsprechende Einwirkung wesentlich verursacht bzw. verschlimmert worden und diese Einwirkungen müssen wesentlich durch die versicherte Tätigkeit verursacht worden sein. Hinzu komme, dass das BSG die Auffassung vertrete, dass jede ionisierende Strahlung zum Entstehen entsprechender Krankheiten führen könne. Dabei sei es unerheblich, dass die Verursachungswahrscheinlichkeit nach Auffassung des Gerichts im Fall des Klägers nur bei etwa 1 Prozent liege. Im Rahmen des Amtsermittlungsprinzips wäre es Aufgabe des Gerichts gewesen, weitere Gutachten einzuholen, da unterschiedliche Gutachten vorlägen. Dies wäre umso erforderlicher gewesen, da die Gutachten von Prof. J in erheblichem Umfang durch andere Gutachter kritisiert würden, so dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass die durch Prof. J erstatteten Gutachten nicht mehr die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse reflektierten. In diesem Zusammenhang werde auf das Gutachten von Prof. Dr. K vom 18. September 2000 zum Aktenzeichen L 2 U 7/98 verwiesen. Dieser habe sich bereits teilweise mit vorliegendem Gutachten auseinandergesetzt. So sei beispielsweise darauf hinzuweisen, dass der Gutachter Dr. A nachweislich früher für das A der DDR gearbeitet habe und heute gutachterlich für die Berufsgenossenschaft tätig sei. Erkenntnisse der Birthler-Behörde verwiesen auf eine enge Zusammenarbeit des MfS der DDR und des S der DDR. Ausweislich bei der Birthler-Behörde vorliegender Unterlagen habe das MfS an das S z. B. den Auftrag formuliert, dass die durch das S durchzuführenden Kontrollen, Messungen und Prüfungen sowie die Auswertung/Verwertung ihrer Ergebnisse politisch verantwortungsbewusst erfolgte und nicht zur Beunruhigung der Werktätigen bzw. der Bevölkerung führen dürften. Es lasse sich hieraus schlussfolgern, dass ehemalige Mitarbeiter des S(S) der DDR daran beteiligt gewesen seien, die Strahlengefahren und Strahlenbelastungen im Uranbergbau der W zu verheimlichen bzw. zu vertuschen. Offensichtlich sei in den bisherigen durch den Kläger geführten Verfahren übersehen worden, dass im Anerkennungsverfahren für Berufskrankheiten mehrere Strahlendosen als Grundlage zur Berechnung der Strahlenbelastung zugrunde gelegt würden. Erstaunlich sei auch, dass dem Kläger die durch seinen ehemaligen Arbeitgeber übermittelten Strahlendaten im nach hinein als fiktiv und unrealistisch und als Versehen dargestellt würden und eine weit niedrigere Strahlenbelastung durch die Beklagte nachgereicht werde. Dabei sei nicht nachzuvollziehen, wie diese Messungen ermittelt worden seien, da in der DDR keine individuellen Messungen erfolgt seien. Durch das erstinstanzliche Gericht werde die Wahrscheinlichkeitsberechnung der Beklagten kritiklos übernommen. Danach betrage vereinfacht dargestellt die Wahrscheinlichkeitsberechnung für die Tätigkeit 1 Prozent für ein Arbeitsjahr. Dies hätte zur Folge, dass erst nach 50 Arbeitsjahren eine 50prozentige Wahrscheinlichkeit erreicht wäre. Allein ein derartiger Widerspruch werde durch zu erstattende Gutachten geklärt werden können.
Das erstinstanzliche Gericht setze sich auch nicht damit auseinander, dass durch den Gutachter des Klägers im Gutachten darauf hingewiesen werde, dass es in den nach Aktenlage erstellten Gutachten der Beklagten Rechenfehler gebe. Es handele sich bei Gutachten, die durch die Beklagte in das Verfahren eingeführt worden sei, durchweg um Parteigutachten. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Richtigkeit derselben. Die falschen Voraussetzungen, von denen bei der Tätigkeit des Klägers ausgegangen werde, seien dadurch gekennzeichnet, dass z. B. die Zeit als Hauerlehrling überwiegend im Übertagebereich behandelt werde und nicht Berücksichtigung finde, dass tatsächlich bereits Lehrlinge voll im Arbeitsprozess integriert worden seien. Damit werde versucht, von Anfang an den Eindruck zu erwecken, dass zwar für die Tätigkeit bei der SDAG W unter Tage eine erhebliche Exposition gegenüber ionisierenden Strahlungen außer Zweifel stehe, aber der Zeitraum der Tätigkeit eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit der Schädigung begründe. Der Kläger sei von Anfang an als Hauerlehrling voll in Abbaubrigaden integriert gewesen. Daraus ergebe sich eine deutlich längere Tätigkeit des Klägers unter Einfluss schädigender Strahlen als die vom Gericht bisher angenommene.
Soweit die Beklagte davon ausgehe, dass erst bei einer Verursachungswahrscheinlichkeit von mehr als 50 Prozent ein Karzinom durch die ionisierende Strahlung verursacht werde und dies bedeute, dass dann die Wahrscheinlichkeit, dass die Erkrankung durch die Strahlung verursacht worden sei, größer sei als das bestehende Spontanrisiko, wenn man davon ausgehe, dass der errechnete Wert für die Verursachungswahrscheinlichkeit weit unter diesem Wert liege, verkenne sie, dass es nicht möglich sei, aus statistisch bestimmten Größen und Zusammenhängen wieder "rückwärts" auf den Einzelfall zu schließen. Dem BK-Einzelfall könne im Grunde genommen kein Risiko zugeordnet werden, weil hier der Fall der Erkrankung bereits eingetreten sei. Das von der Beklagten angewandte Konzept der Verdopplungsdosis in der Praxis bewirke, dass bei allen Personen, bei denen eine Exposition oberhalb der Verdopplungsdosis nachgewiesen werden könne, automatisch eine BK anerkannt werde. Bei anderen jedoch, deren Exposition nur gering darunter läge, würde eine BK nicht anerkannt. Unzutreffend sei, dass das Risikoverdopplungsmodell Bestandteil der Legaldefinition von BKen sei. Weder im Gesetz noch in der Ermächtigungsklausel sei von der Doppeldosis die Rede. Der Gesetzgeber spreche vielmehr "besonderen Einwirkungen", denen "bestimmte Personengruppen durch die versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt seien". Es werde bestritten, dass "besondere Einwirkungen" in dem Begriff "Dosis" übersetzbar seien. Im Übrigen sei das im Gesetzestext ausgedrückte Verhältnis der Exposition Berufstätiger "in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung" überhaupt nicht quantifizierbar. Die Forderung der Beklagten, es müsse die Doppeldosis nachgewiesen sein, damit die Erkrankung generell als BK gelte und in der BK-Liste bezeichnet werden könne, lasse sich dem Gesetzestext an keiner Stelle entnehmen. Das BSG habe in seinem "LWS-Grundsatzurteil vom 23. März 1999" geschrieben, es wäre nicht verständlich, aus welchem Grunde der Gesetzgeber den Umfang der Erhöhung des Erkrankungsrisikos ausdrücklich mit "in erheblich höherem Grade" überschrieben habe, wenn es eine klar ausdrückbare Verdopplung gemeint haben solle.
Auch § 9 Abs. 3 SGB VII könne bei der Entscheidung nicht außer Acht gelassen werden. Die Bestimmung sei mit der Absicht ins Gesetz aufgenommen worden, Versicherungsnehmern Beweislasterleichterungen zu gewähren.
Letztlich werde auf "Folgen des Uranbergbaus der SDAG W" von Prof. S im Strahlentelex Nr. 494-495/207 hingewiesen. In diesem Beitrag setze sich die Referentin mit Erkrankungen durch den Uranbergbau auseinander. Der Kläger mache sich die Ausführungen zu Eigen und zum Gegenstand seines Vortrags. Er überreicht Ablichtungen des genannten Strahlentelex.
Die Beklagte trug vor, sie erachte die Ausführungen zur Zusammenarbeit mit dem MfS und dem S für nicht zielführend. Sie verwies darauf, dass Grundlage der Expositionsberechnung der Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben "Belastung durch ionisierende Strahlung im Uranerzbergbau der ehemaligen DDR" sei, welcher vom BSG in seinen Urteilen vom 18. August 2004 ausdrücklich als geeignete Grundlage zur Einschätzung der Strahlenbelastung bewertet werde. Hinsichtlich der Kausalitätsbeurteilung weise das BSG zusätzlich darauf hin, dass mit dem Jacobi-II-Gutachten eine verlässliche individuelle Feststellung der Verursachungswahrscheinlichkeit extrapulmonaler Krebserkrankungen möglich sei. Die der Verwaltungsentscheidung zugrunde gelegten Belastungsdaten und die Methode zur Darstellung von Kausalzusammenhängen seien demnach eindeutig höchstrichterlich vom BSG bestätigt worden.
Die Beklagte wies darauf hin, dass Hauerlehrlinge wie alle anderen Lehrlinge einen gewissen Teil theoretischer Ausbildungsabschnitte in Schulen absolviert hätten (ca. die Hälfte der Lehrzeit). Während dieser Zeit sei der Kläger natürlich nicht untertage und demzufolge auch keiner zusätzlichen Strahlenbelastung ausgesetzt gewesen. Insoweit sei die Einschätzung der Strahlenbelastung nicht zu beanstanden. Es sei nach der Rechtsprechung des BSG zu § 44 SGB X eine erneute Sachverhaltsprüfung durch die Verwaltung nicht vorzunehmen, wenn das Vorbringen, auf welches der Überprüfungsantrag gestützt werde, bei der Entscheidung schon bekannt gewesen sei. Dies sei hier der Fall. Eine Rücknahme der Ausgangsbescheide scheide schon bereits deshalb unabhängig von den oben stehenden Ausführungen aus.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 07. Juni 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 14. Oktober 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07. Juli 1997 zurückzunehmen, ein Kehlkopfkarzinom als BK nach Nr. 2402 der Anlage zur BKVO anzuerkennen und dem Kläger eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten der Beklagten zum Aktenzeichen 96.026721/04 und auf den Inhalt der Gerichtsakten zu den Geschäftszeichen S 69 U Bb 751/96 und L 22 U 112/08, die dem Senat bei seiner Entscheidung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige und im Übrigen statthafte Berufung ist unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Beurteilung der Erkrankung des Klägers an einem Kehlkopfkarzinom als BK und die Zahlung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung für die Folgen des Kehlkopfkarzinoms und die Rücknahme der Bescheide vom 14. Oktober 1996 und 07. Juli 1997.
Hierauf hat der Kläger ausweislich des Schriftsatzes vom 10. Januar 2007 seinen Anspruch im Berufungsverfahren begrenzt. Die Erkrankung des Klägers an einem Tonsillenkarzinom und die hierzu ergangenen Bescheide der Beklagten sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.
Soweit im Schriftsatz vom 10. Januar 2007 beantragt worden war, "ein Kehlkopfkarzinom als BK nach Nr. 2402 der Anlage zur BKVO anzuerkennen und zu entschädigen", hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der nichtöffentlichen Sitzung am 06. März 2008 entsprechend seinem erstinstanzlich schriftsätzlich gestellten Antrag ausdrücklich als Entschädigungsleistung eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung Klägers beansprucht.
Die Klage ist nicht begründet. Das SG hat zutreffender Weise die Klage abgewiesen. Die hier streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 SGG) vermag der Senat die Voraussetzungen des § 44 SGB X nicht festzustellen. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den die Beklagte auf Rücknahme ihres bindenden Bescheides vom 14. Oktober 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Juli 1997 und Anerkennung seiner Erkrankung als Bk und damit auch nicht auf Zahlung einer Rente.
Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zugunsten letzterer aufzulösen (BSG, SozR 3-1300 § 44 Nr. 24). Entsprechend dem Umfang des Vorbringens des Versicherten muss die Verwaltung grundsätzlich in eine erneute Prüfung eintreten und den Antragsteller bescheiden (BSGE 51, 139, 141). Dies hat die Beklagte getan: Sie hat eine weitere Ermittlung der Exposition des Klägers durch ihren TAD veranlasst (Auskunft vom 21. Dezember 2004) und hat den Kläger beschieden. Die entsprechenden Bescheide vom 10. Februar 2005 und 16. Juni 2005 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die richtige Anwendung des Rechts durch die Beklagte wurde durch das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 14. Januar 2003 (L 2 U 7/98) bereits ausführlich begründet. Der Senat nimmt Bezug auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils und macht sie sich zu Eigen.
Ergänzend bleibt darauf hinzuweisen, dass dieses Gericht zutreffenderweise davon ausgegangen ist, dass sich die Beurteilung der Erkrankung des Klägers an einem Kehlkopfkarzinom nach den vor In-Kraft-Treten des SGB VII am 01. Januar 1997 geltenden Vorschriften richtet, da der Kläger einen im Jahr 1995 eingetretenen Versicherungsfall geltend macht, § 212, § 214 SGB VII i. V. m. Art. 36 des Unfallversicherungseinordnungsgesetzes. Denn diese Erkrankung des Klägers trat im Jahr 1995 ein.
Nicht zu beurteilen ist damit die Erkrankung nach dem SGB VII und auch nicht nach dem ehemals geltenden Recht der DDR. Vielmehr ist der Anspruch nach dem bis zum In-Kraft-Treten des SGB VII geltenden bundesdeutschen Recht der RVO zu beurteilen. Dies ergibt sich aus § 1150 Abs. 2 Satz 2 Reichsversicherungsordnung, der nach §§ 212, 215 Abs. 1 SGB VII in der am Tag vor In-Kraft-Treten (01. Januar 1997) geltenden Fassung für die Übernahme der vor dem 01. Januar 1992 eingetretenen Krankheiten als BKen nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung weiter anzuwenden ist.
Der Ausgangsbescheid der Beklagten vom 14. Oktober 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Juli 1997 ist nach der im Zeitpunkt seiner Bekanntgabe gegebenen Sach- und Rechtslage rechtmäßig. Im Rahmen des § 44 Abs. 1 SGB X stellt sich allein die Frage, ob die Beklagte nach der Sach- und Rechtslage bei Erlass der zu überprüfenden Bescheide, jedoch aus heutiger Sicht, die Kehlkopfkrebserkrankung des Klägers hätte anerkennen müssen (BSGE, Urteil vom 18. August 2004, B 8 KN 2/03, zitiert nach Juris).
Auch aus heutiger Sicht - insbesondere auch Berücksichtigung der vom Kläger herangezogenen Rechtsprechung des BSG - hat die Beklagte zutreffenderweise die Anerkennung der Kehlkopferkrankung des Kläger als BK abgelehnt. Die Beklagte hat sich ebenso wie das LSG im Urteil vom 14. Januar 2003 (L 2 U 7/98) an den Maßstäben orientiert, die das BSG im Jahre 2004 genannt hat.
Das BSG hat in der Entscheidung vom 18. August 2004 (B 8 KN 1/03) im Anschluss an die bereits vorliegende ständige Rechtsprechung des BSG ausgeführt: "Voraussetzung für die Anerkennung und ggf. Entschädigung einer Erkrankung als BK ist in diesen Fällen zum einen, dass die schädigende Einwirkung generell geeignet ist, das betreffende Krankheitsbild zum Entstehen zu bringen oder zu verschlimmern. Zum andern muss die vorliegende Erkrankung konkret-individuell durch entsprechende Einwirkungen wesentlich verursacht bzw. verschlimmert worden und diese Einwirkungen müssen wesentlich durch die versicherte Tätigkeit verursacht worden sein (Rz. 22 des Urteils). Die generelle Eignung ionisierender Strahlen, das hier in Rede stehende Larynxkarzinom hervorzurufen, ist gegeben. Insoweit bedarf es auch bei Anwendung der Nr. 2402 der bundesdeutschen BK-Liste für den hier maßgeblichen Zeitpunkt keines Nachweises, dass diese Erkrankung in einem bestimmten Kollektiv gehäuft auftritt beziehungsweise aufgetreten ist.
Die Anerkennung und ggf. Entschädigung des Larynxkarzinoms im Einzelfall setzt (lediglich) voraus, dass es auch konkret- individuell durch die entsprechenden Einwirkungen wesentlich verursacht und diese Einwirkungen wesentlich durch die versicherte Tätigkeit verursacht worden sind." (Rz 23)
Die generelle Eignung ionisierender Strahlen, ein Kehlkopfkarzinom hervorzurufen, war bereits im Ausgangsverfahren im Urteil des LSG Berlin vom 14. Januar 2003 der Beurteilung zugrunde gelegt worden. Jedoch lässt sich die weitere Voraussetzung, dass die vorliegende Erkrankung konkret individuell durch entsprechende Einwirkungen wesentlich verursacht worden ist, nicht feststellen. Auch insoweit haben sich die Beklagte in den angefochtenen Ausgangsbescheiden und das Landessozialgericht Berlin in seiner Entscheidung vom 14. Januar 2003 an den Maßstäben des BSG orientiert.
Das BSG hat in der o. g. Entscheidung darauf hingewiesen, dass es sich nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft bei einer Krebserkrankung um ein multifaktorielles Geschehen handelt, bei dem auch andere Faktoren zur Auslösung und Entwicklung eines Tumors beitragen könnten und Körpergewebe bzw. -organe nicht von gleicher Strahlenempfindlichkeit seien und andererseits die Bevölkerung auch außerberuflich einer Strahlenbelastung ausgesetzt sei (natürliche Strahlung, medizinische Behandlung mit Röntgen- und anderen ionisierenden Strahlen). Daher komme es für den ursächlichen Zusammenhang zwischen der maßgebenden beruflichen Strahleneinwirkung und dem aufgetretenen Larynxkarzinom darauf an, ob die beim Kläger festgestellte berufliche Strahleneinwirkung nach Art und Dosis ausreiche, um nach der im Recht der Unfallversicherung geltenden Kausallehre als wesentliche Bedingung für diese Erkrankung angesehen zu werden (unter Hinweis auf das Urteil des BSG vom 29. Januar 1974 - 8/7 RU 18/72).
Das Vorliegen dieser individuellen Voraussetzungen für die Anerkennung und Berentung der Kehlkopfkrebsleiden des Klägers hat die Beklagte in den Ausgangsbescheiden vom 14. Oktober 1996 und 07. Juli 1997 rechtsfehlerfrei nicht feststellen können. Der Senat nimmt Bezug auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Landessozialgerichts Berlin vom 14. Januar 2003 und macht sie sich zu Eigen.
Soweit der Kläger meint, § 9 Abs. 3 SGB VII könne bei der Entscheidung nicht außer Acht gelassen werden, so vermag der Senat der Auffassung nicht zu folgen.
Wie dargelegt richtet sich die Beurteilung der Erkrankung des Klägers an Kehlkopfkrebs nach den Vorschriften der RVO. § 9 Abs. 3 SGB VII ist hier nicht einschlägig. Dass diese Vorschrift hier keine Bedeutung hat, ergibt sich daraus, dass diese Norm zeitlich später als die hier relevante BK-Listen Nr. 2402 entstanden ist und auch einen anderen Anwendungsbereich hat (vgl. BSG Urteil 20. Januar 2007; B 2 U 15/05, zitiert nach Juris).
Auch im Fall seiner Anwendbarkeit würde die Klage nicht erfolgreich sein.
§ 9 Abs. 3 SGB VII besagt: "Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Abs. 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, dass diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist."
Hier liegen aufgrund des Tabakkonsums des Klägers ausreichende Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit vor, worauf insbesondere auch Prof. Dr. W in seinem Gutachten hingewiesen hat.
Auch soweit der Kläger rügt, die Beklagte habe sich in den Ausgangsbescheiden nicht auf das Gutachten J-II-Gutachten beziehen dürfen, steht dieses Vorgehen mit der Rechtsprechung des BSG Übereinstimmung. Im Urteil vom 18. August 2004 (B 8 KN 2/03) hat das BSG bei der Beurteilung der Kehlkopferkrankung des dortigen Klägers ausgeführt:
"Dank dem im Dezember 1998 vorliegenden Abschlussberichts zum Forschungsvorhaben des Hauptverbandes der Gewerblichen Berufsgenossenschaften "Belastungen durch ionisierende Strahlung im Uranerzbergbau der ehemaligen DDR" (HVBG, St. Augustin 1998, S. 20 f.) existiert erst jetzt eine Datenbasis, und es sind nunmehr mit dem Berechnungsmodell nach dem Gutachten Jacobi II verlässliche individuelle Feststellungen der Verursachungswahrscheinlichkeit extrapulmonaler Krebserkrankungen möglich." (Rz. 21 des Urteils).
Insoweit ist auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG aus dem Jahre 2004 das Vorgehen der Beklagten im Ausgangsbescheid aus heutiger Sicht rechtmäßig, als Grundlage der Expositionsberechnung des Klägers den Abschlussbericht zum genannten Forschungsvorhaben aufgrund des Gutachtens Jacobi II zugrunde zu legen
Der weitere Vortrag, die Gutachten von Prof. J seien in der wissenschaftlichen Diskussion angegriffen worden, ist bereits im Ausgangsverfahren berücksichtigt worden und begründet keinen neuen Sachverhalt.
Auch ansonsten ergeben sich auch keine Hinweise darauf, dass von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und dass deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht wurden.
Das Vorbringen des Klägers, von Anfang an als Hauerlehrling in Abbaubrigaden integriert gewesen zu sein, ist ebenfalls bereits Gegenstand des Ausgangsverfahrens und der Begutachtungen gewesen. Schon Prof. Dr. W hat in seinem Gutachten vom 15. November 2001 die gesamte Zeitdauer von der Lehre bis nachfolgender Hauertätigkeit zugrunde gelegt. Er hat dabei die Auskunft der W GmbH über die Tätigkeit des Klägers zugrunde gelegt, die mitgeteilt hat, dass die Ausbildung in den ersten beiden Jahren zu etwa 50 Prozent untertage stattgefunden habe. Auch in Anbetracht der vom Kläger nicht in Abrede gestellten, von der Beklagten konkret dargelegten Zeit des theoretischen Ausbildungsabschnitts ergibt sich auch insoweit kein Vorbringen des Klägers, dass die Beurteilung rechtfertigt, Sozialleistungen seien infolge dessen zu Unrecht nicht erbracht worden.
Soweit der Kläger meint, weitere Gutachten seien einzuholen, ist dies nicht nachzuvollziehen. Im Gerichtsverfahren sind Gutachten nicht nur von Amts wegen sondern auch auf Antrag des Klägers eingeholt worden. Die Einholung weiterer Gutachten ist nach Auffassung des Senats nicht erforderlich.
Auch der vom Kläger eingereichte Beitrag von Prof. I S ergibt keine neuen Hinweise darauf, dass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
Nach allem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Im Streit ist die Beurteilung eines Kehlkopfkarzinoms des Klägers als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2402 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO) und die Entschädigung mit einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, die der Kläger nunmehr im Rahmen eines Antrags gemäß § 44 des Zehnte Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) begehrt.
Der 1957 geborene Kläger erkrankte er im Jahre 1992 an einem Tonsillenkarzinom und im Jahr 1995 an einem Larynxkarzinom. Mit der im Oktober 1993 bei der Beklagten eingegangenen Anzeige teilte er den am 01. Oktober 1992 operierten bösartigen Tumor im Rachenbereich (Tonsillenkarzinom) mit und vermutete einen Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit als Hauer bei der SW im Bergbaubetrieb R (T) und bat um Überprüfung der Erkrankung als BK. Im August 1995 zeigte er seine Erkrankung an einem Larynxtumor (Kehlkopftumor) bei der Beklagten an. Er bat um Berücksichtigung dieser Erkrankung bei der Anerkennung als BK.
Der Kläger war nach einer Lehrzeit vom 01. September 1974 bis 15. Juli 1976 als Hauerlehrling und vom 16. Juli 1976 bis 30. September 1976 als Hauer im Erzbergwerk der S, Bergbaubetrieb R beschäftigt gewesen. Die W förderte Uran. Beim Zerfall des Urans und des Radons werden ionisierende Strahlungen frei, denen der Kläger während seiner Tätigkeit bei der S ausgesetzt war. Vom 01. Oktober 1976 bis 31. Dezember 1984 war er Berufssoldat. Vom 01. Januar 1990 bis 31. Januar 1991 war er im Fernmeldebauamt der Telekom beschäftigt. Nach Beginn einer Umschulung zum Kaufmann, die er krankheitsbedingt im September 1996 beendete, schloss sich eine kaufmännische Beschäftigung in der Hausverwaltung an.
Die Beklagte ermittelte für das Tonsillenkarzinom 1995 zu der strahlenexponierten Tätigkeit des Klägers für die Zeit ab Beginn einer Lehrzeit als Hauerlehrling von September 1974 bis zum letzten Tag seiner Tätigkeit als Hauer im September 1976 eine kumulative Organdosis von 0,37 Sv mit einer Verursachungswahrscheinlichkeit anhand des Jacobi-Gutachten III von 1,8 Prozent. Ermittlungen aus Anlass des Kehlkopfkarzinoms im Jahr 1996 ergaben eine kumulative Äquivalentdosis von 230,6 mSv und eine Verursachungswahrscheinlichkeit anhand des Jacobi- Gutachtens II mit 1,1 %.
Mit Bescheid vom 22. April 1996 lehnte die Beklagte hinsichtlich des Tonsillenkarzinoms eine Entschädigung wegen einer BK Nr. 2402 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO) ab. Den dagegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte am 19. September 1996 zurück.
Mit Bescheid vom 14. Oktober 1996 lehnte die Beklagte eine Entschädigung wegen einer BK nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKVO aus Anlass der Erkrankung des Klägers an einem Kehlkopf-Karzinom ab. Der Kläger sei bei seiner Tätigkeit als Hauerlehrling über Tage und als Hauer unter Tage im Bergbaubetrieb R bei der W beschäftigt und dabei einer kumulativen Organdosis von 0,37 Sv ausgesetzt gewesen. Hieraus ergebe sich unter Berücksichtigung der Latenzzeit (Zeit zwischen der Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit und dem Beginn der Erkrankung) eine Verursachungswahrscheinlichkeit von 1,8 Prozent nach der Berechnung nach dem Modell II von Prof. J. Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass bei einer Verursachungswahrscheinlichkeit von mehr als 50 Prozent ein Karzinom durch die Strahlung verursacht werde. Denn dies würde bedeuten, dass die Wahrscheinlichkeit, dass das Karzinom durch die Strahlung verursacht worden sei, größer sei als das Bestehen des spontanen Risikos. Da dies im vorliegenden Fall nicht zutreffe, seien die beruflichen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK nicht gegeben. Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 07. Juli 1997 zurück: Aufgrund der vom Technischen Aufsichtsdienst ermittelten Organdosis von 230,6 Msv und einer Verursachungswahrscheinlichkeit nach dem Jacobi- Gutachten II von 1,1 sei ein Zusammenhang zwischen beruflicher Exposition gegenüber ionisierenden Stoffen und Kehlkopfkarzinom nicht hinreichend wahrscheinlich.
Aufgrund der erhobenen Klagen gegen die oben genannten Bescheide zu beiden Erkrankungen (S 69 U - Bb 751/56) hat das SG ein Gutachten des Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten (HNO) Dr. R vom 12. August 1997 eingeholt. Dieser legte seiner Beurteilung Angaben des Klägers zugrunde. Der Gutachter führte aus, er versuche, die Kausalitätsfrage im Fall des Klägers anhand des Gutachtens J zu beantworten, wohl wissend, dass er als HNO-Arzt physikalische Berechnungen und Wertungen nur im begrenzten Umfang überprüfen und nachvollziehen könne. Die Berechnungen des Jacobi-Gutachtens würden für Hauer im Zeitraum 1946 bis 1995 gelten, als ohne zusätzliche Frischluftzufuhr trocken gebohrt worden sei und ein hoher Radon- und Staubpegel geherrscht habe. Ab 1970 sei die individuelle Exposition durch Radon bzw. Radonzerfallsprodukte erfasst worden und seien international empfohlene Grenzwerte eingehalten worden. Die glaubhaften Angaben des Klägers jedoch, er sei die ganze Zeit über beim Resteabbau in alten Scheibenbrüchen mit sehr hoher Staub- und Radonkonzentration bei sehr schlechter Belüftung ausgesetzt gewesen, ließen bezweifeln, ob in diesem Restebaubereich die sonst für ab 1970 angenommenen Bedingungen galten. Es sei vielmehr wahrscheinlicher, dass der Kläger in den Jahren 1974 bis 1976 noch Bedingungen wie zur Anfangszeit 1946 bis 1955 oder schlechteren Bedingungen ausgesetzt gewesen sei. Allerdings habe die Arbeitszeit nicht mehr wie in den früheren Jahren 2500, sondern 2000 Stunden im Jahr betragen. Da 2000 Stunden in einem Jahr und drei Monaten 2500 Stunden in einem Jahr entsprächen, könnten in diesem Fall die weiteren Berechnungen für eine Expositionsdauer von einem Jahr vorgenommen werden. Von der Strahlenexposition her gesehen seien Mund-Rachen-Raum und Kehlkopf gleichzusetzen. Gehe man unter der Voraussetzung einer einjährigen Strahlenexposition unter Bedingungen wie 1946 bis 1955 in die entsprechenden Tabellen und Grafiken, so ergebe sich für die Krebslokalisation Mundhöhle, Rachen und Kehlkopf eine Verursachungswahrscheinlichkeit von 45 Prozent bezogen auf ein Alter von 25 Jahren bei Beginn der Tätigkeit. Er gelangte zu der Auffassung, dass die Wahrscheinlichkeit im Fall des Klägers, dass sein Gesundheitsschaden auf die berufliche Strahlenexposition zurückzuführen sei, 50 Prozent betrage. Er legte eine Alkoholentzugssymptomatik aus Anlass der Operationen im Jahre 1992 und eine aktenkundige Diagnose des Alkoholmissbrauchs und Angaben des Klägers zugrunde, der nach den Angaben bei ihm bis 1989 ca. 40 Jahre lang 40 Zigaretten täglich geraucht habe. Er beurteilte die bei ihm festgestellten Gesundheitsstörungen des Klägers als wahrscheinliche Folge der beruflichen Strahlenexposition.
Auf der Grundlage der Ausführungen des Gutachters zum Ausmaß der stattgehabten beruflichen Strahlenexposition des Klägers reichte die Beklagte eine Stellungnahme-Exposition des TAD vom 19. September 1997 zu den Akten. Darin wurde berechnet, dass der Kläger einer theoretisch höchstmöglichen Strahlenbelastung von 2,12 Sv ausgesetzt gewesen wäre auf der Grundlage der Annahme, dass die von ihm beschriebenen Expositionsbedingungen zuträfen. Hieraus resultierte eine Verursachungswahrscheinlichkeit nach Jacobi von 9,6 %.
Die Beklagte überreichte des weiteren ein strahlenschutzmedizinischen Gutachten von Prof. Dr. A vom 12. November 1997, der darauf hinwies, dass Kausalitätserwägungen bei radonexponierten Bergleuten mit bösartigen Tumoren stets auf der Basis von Ergebnissen internationaler epidemiologischer Studien an Uranbergarbeitern vorgenommen worden seien. Die derzeit vorliegenden Ergebnisse dieser Studien zeigten zwar eine statistisch signifikante Häufung von Lungen- bzw. Bronchialkarzinomen, nicht aber von Krebserkrankungen außerhalb der Lunge. Mundhöhlen- und Kehlkopfkrebse seien in diesem epidemiologischen Datenmaterial von Uranbergarbeitern nicht signifikant vermehrt festgestellt worden, so dass unter Zugrundelegung dieses epidemiologischen Modells die für die Anerkennung einer BK geforderten Kriterien nicht als erfüllt angesehen werden könnten.
Mit dem am 24. November 1997 verkündeten Urteil hat das SG die Bescheide der Beklagten vom 22. April und 14. Oktober 1996 und die hierzu ergangenen Widerspruchsbescheide vom 19. September 1996 und 07. Juli 1997 aufgehoben und die Beklagte dem Grunde nach verurteilt, dem Kläger wegen der Folgen (Tonsillen-/ Kehlkopfkarzinom) einer BK nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKVO Verletztenrente zu gewähren. Die beim Kläger eingetretenen Gesundheitsschäden, nämlich eine Tonsillen- sowie ein Kehlkopfkarzinom, seien von der Beklagten als Folgen einer beruflichen Erkrankung im Sinne der Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKVO zu entschädigen. Die Kammer erachtete den ursächlichen Zusammenhang zwischen den beim Kläger eingetretenen Karzinomerkrankungen und der berufsbedingten Exposition gegenüber über radioaktiver Strahlung als wahrscheinlich und folgte damit der Beurteilung von Dr. R. Die Kammer meinte, dass das so genannte "Jacobi-Gutachten" bezüglich der darin angeführten Verursachungswahrscheinlichkeits-Werte allein kein geeignetes Mittel sei bei Erkrankungsfällen, denen eine nach der Nr. 2402 der Anlage zur BKVO gefährdende Tätigkeit vorangegangen sei, um die Zusammenhangsfrage sachgerecht beurteilen und entscheiden zu können. In Fällen der vorliegenden Art müsse vielmehr ausschließlich darauf abgestellt werden, ob eine im Sinne des BK-Rechts gefährdende Tätigkeit vorgelegen habe, der Eintritt des Gesundheitsschadens seiner Art nach aufgrund dieser Gefährdung möglich sei sowie darauf, ob in Bezug auf die eingetretene Erkrankung im Einzelfall bei dem Versicherten anderweitige, gleichwertige Risikofaktoren vorgelegen haben bzw. ausschieden. Dieses Beurteilungsprinzip habe der Gesetzgeber durch die Regelung des § 9 Abs. 3 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) ausdrücklich verdeutlicht. Internistische Befunde, die Rückschlüsse auf einen stattgehabten Alkoholmissbrauch zuließen, gäbe es nicht. Anderweitige Risikofaktoren z. B. Tabak - und/oder Alkoholmissbrauch seien weder erwiesen noch wahrscheinlich. Der Tabakgenuss des Klägers habe sich nicht über mehrere Jahrzehnte erstreckt, sei nicht exzessiv gewesen und liege lange Zeit zurück.
Auf die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten ermittelte das Landessozialgericht Berlin (L 2 7 U 7/98). Eingeholt wurde eine Auskunft der W Gesellschaft mit beschränkter Haftung am 03. September 1993, die ihrem Schreiben beifügte: eine Liste der Untertageschichten des Klägers, mit Schreiben der GmbH vom 26. Juni 1997 an den Kläger, Schreiben des Klägers an die W GmbH vom 01. Juni 1997 und Kopien zu Untersuchungen zur Staub- und Schwermetallbelastung, aus einem Bericht von Bauer; Golder u.a. In dem Schreiben der GmbH an den Kläger vom 26. Juni 1997 nahm sie Stellung zu den Arbeitsbedingungen des Klägers auch während seiner Lehrzeit. Von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin wurden Originalunterlagen aus der Gesundheitsakte des ehemaligen Betriebsambulatoriums R den Kläger betreffend beigezogen. Der Kläger übersandte Detmolder Leitlinien zum Strahlenschutz. Des Weiteren holte das Gericht eine ergänzende Stellungnahme von Dr. R vom 18. April 1999 ein. Er führte aus, Ausgangslage seines Gutachtens sei gewesen, dass für ihn nicht abwegig gewesen sei aufgrund der Schilderung des Klägers, unter den von ihm genannten Bedingungen eine Strahlenbelastung wie in den 50er Jahren anzunehmen. Daraufhin habe er die Verursachungswahrscheinlichkeit anhand des Gutachtens Jacobi II mit 50 Prozent eingeschätzt. Dies sei unter dem Vorbehalt der Ergebnisse der von ihm empfohlenen weiteren Sachaufklärung und eines strahlenbiologischen Gutachtens für den speziellen Fall erfolgt. Die Bergbau BG habe daraufhin die Möglichkeit einer Strahlenbelastung von maximal 9,6 Prozent eingeräumt. Die W GmbH habe sogar einen Maximalwert von 16 Prozent zugestanden. Unter Zugrundelegung einer Verursachungswahrscheinlichkeit von 9,6 Prozent schließe er sich der Beurteilung von Prof. Dr. A an und verneine einen wahrscheinlichen Kausalzusammenhang der beiden Tumorerkrankungen des Klägers mit seiner beruflichen Strahlenexposition, da eine Verursachungswahrscheinlichkeit von 50 Prozent bei weitem nicht erreicht werde. Zum erstinstanzlichen Urteil bemerkte er, dass seines Erachtens der für den Einzelfall ermittelten Verursachungswahrscheinlichkeit eine große Bedeutung bei der Zusammenhangsbewertung zukomme. Die Beklagte überreichte Ablichtung der Deutschen Uranbergarbeiterstudie (epidemiologische Untersuchungen an 60.000 Beschäftigten der Firma W. Der Kläger überreichte "Bremer Erklärung" der Gesellschaft für Strahlenschutz aus dem Monat Juni 2000.
Auf Antrag des Klägers erstattete der Arzt für Nuklearmedizin und Universitätsprofessor Prof. Dr. K am 18. September 2000 ein Gutachten nach Aktenlage. Er gelangte zu der Beurteilung, dass beide Krebserkrankungen des Klägers sowohl nach dem Prinzip der Verdopplungsdosis als auch nach einer individuellen Betrachtung des Für und Wider mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die berufliche Exposition des Klägers zurückzuführen und damit Berufserkrankungen nach Nr. 2402 der Anlage zur BKVO seien.
Soweit dem Gutachter in der Beweisanordnung vom 09. Februar 2000 vorgegeben worden war, sich an den von der W GmbH im Schreiben vom 03. September 1998 gemachten Angaben zu orientieren und seiner Beurteilung zugrunde zu legen, ist der Gutachter dieser Weisung nicht nachgekommen.
Aufgrund der Beweisanordnung des Landessozialgerichts Berlin vom 02. August 2001 erstattete Prof. Dr. W, Direktor des Instituts und der Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin der J-Universität G ein am 22. November 2001 beim Landessozialgericht Berlin eingegangenes Gutachten nach Aktenlage. Er gelangte zu der Beurteilung, dass sich die haftungsausfüllende Kausalität nicht bejahen lasse. Die medizinischen Voraussetzungen zur Annahme einer Erkrankung durch ionisierende Strahlen im Sinne einer BK nach Nr. 2402 BKVO könnten nicht mit Wahrscheinlichkeit begründet werden. Die vorgegebenen Berechnungen mit einer kumulativen Strahlenbelastung von 7,25 WLM mit einer Verursachungswahrscheinlichkeit anhand des Jacobi-Gutachtens II von 3,8 Prozent und zum anderen mit einer Strahlenbelastung von 3,63 WLM mit einer Verursachungswahrscheinlichkeit von 1,9 Prozent lägen mit beiden Berechnungen weit unterhalb des Betrages für die Verdopplungsdosis von 200 WLM und 50 Prozent Verursachungswahrscheinlichkeit. Als hauptsächliche Risikofaktoren für die Entstehung von Karzinomen im Bereich der Mundhöhle, des Rachens und des Kehlkopfs seien arbeitsmedizinisch-toxikologisch ein gesteigerter Nikotin- und Alkoholkonsum bekannt. Hinsichtlich des Gutachtens von Prof. Dr. K bescheinigte er ihm "immenses strahlenbiologisches Fachwissen". Aus arbeits- und sozialmedizinischer Sicht seien die einschlägigen sozialrechtlichen Vorgaben, die von ärztlichen Sachverständigen in der Begutachtung von BK-Zusammenhangsfragen beachtet werden müssten, nicht in adäquater Weise angewandt worden. Der Gutachter führte im Einzelnen aus, dass die Tätigkeit bei der in eine Phase mit deutlich verbesserten Arbeitsbedingungen falle.
Prof. Dr. K nahm dazu Stellung am 21. Januar 2002. Des Weiteren übermittelte der Kläger eine von dem Medizinphysiker Dr. Rund Prof. Dr. W erstellte "Wissenschaftliche Expertise bezüglich eines Strahlenschadens" bei dem Kläger vom 22. Januar 2002. Sie gelangten zur Beurteilung, Krebserkrankungen des Klägers seien mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf seine angeschuldigte Exposition durch radioaktive Substanzen zurückzuführen. Prof. Dr. W nahm in seiner am 27. Juni 2002 beim Landessozialgericht eingegangenen Ausarbeitung Stellung zum Gutachten von Prof. Dr. K sowie zum Privatgutachten von Dr. R
Der Kläger übersandte Filmmaterial der W GmbH über die Arbeit im Uranbergbau.
Der 2. Senat des Landessozialgerichts Berlin hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Januar 2003 das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. November 1997 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt:
Nach § 547 RVO gewährt der Träger der Unfallversicherung nach Eintritt des Arbeitsunfalls nach Maßgabe der ihm folgenden Vorschriften Leistungen, insbesondere bei Vorliegen einer MdE um wenigstens 20 v. H. Verletztenrente in der dem Grad der Erwerbsminderung entsprechenden Höhe (§ 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO). Als Arbeitsunfall gilt gemäß § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO auch eine BK. BKen sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet (§ 551 Abs. 1 Satz 2 RVO). Eine solche Bezeichnung nimmt die BKVO mit den so genannten Listenkrankheiten vor. Hierzu gehören nach Nr. 2402 auch Erkrankungen durch ionisierende Strahlen.
Für das Vorliegen des Tatbestandes der BK ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß im Sinne des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, der nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit - nicht allerdings die bloße Möglichkeit - ausreicht (vgl. zuletzt BSG SozR 3-2200 § 551 Nr. 16 m.w.N.; Brackmann/Krasney, SGB VII, § 9 Rdnrn. 22, 23. m.w.N.). Der Ursachenbegriff der wesentlichen Bedingung oder der mitwirkenden Ursache besagt, dass von den Ursachen im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne, also den Bedingungen, die nicht hinweg gedacht werden können, ohne dass der Erfolg entfiele, diejenigen berücksichtigt werden, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (BSE 54/184, 185 m.w.N.).
Der hier streitige BK-Tatbestand der Nr. 2402 definiert allein die gefährliche Einwirkung (durch ionisierende Strahlen), nicht jedoch, welches Krankheitsbild typisch ist. Bei der notwendigen Konkretisierung des unter Nr. 2402 genannten unbestimmten Begriffs "Krankheiten" genügt es nicht, auf diejenigen medizinischen Erkenntnisse zurückzugreifen, die den Verordnungsgeber zur Aufnahme der Krankheit in die Liste der Berufskrankheiten bewogen haben. Es ist vielmehr unter Zuhilfenahme medizinischer Sachkunde zu prüfen, welche Erkrankungen nach den neuesten gesicherten medizinischen Erkenntnissen Folge ionisierender Strahlungen sein können. In dem vom Bundesminister für Arbeit herausgegebenen Merkblatt zur Listennummer 2402 (BABl 1991/72) werden unter Abschnitt "E.Strahlenspätschäden" neben der Leukämie auch "andere maligne Tumoren" genannt. In Anhang 2 des Merkblattes wird dann die "Strahlenempfindlichkeit einzelner Organe und Gewebe im Hinblick auf die Verursachung maligner Erkrankungen" angesprochen. Der bei dem Kläger betroffene Mund- und Rachenraum sowie der Kehlkopf finden darin keine Erwähnung. Während die Beklagte wegen des Fehlens einschlägiger epidemiologischer Erkenntnisse eine Verursachungswahrscheinlichkeit von Rachenraum- und Kehlkopftumoren durch ionisierende Strahlen nunmehr grundsätzlich in Zweifel zieht ("generelle Nichtgeeignetheit"), weist Jacobi in seinem 2. Gutachten (S. 31, 32 ebendort) zwar auf Unsicherheiten der Dosisabschätzung in diesem Bereich hin, schließt jedoch einen Ursachenzusammenhang nicht generell aus. Das entnimmt der Senat seinen Referenzwerten für Mund-, Rachen-, Kehlkopftumoren (s. Tumore 4-4 zum Jacobi-II-Gutachten), die er nach Vorliegen des Forschungsberichts korrigiert hat (vgl. HVBG-Info 5.2001, 426, 428). Die Geeignetheit ionisierender Strahlen für die Krebserkrankungen des Klägers wird auch von Dr. R und Prof. Dr. W in ihren Gutachten nicht angezweifelt. Mit ihnen geht auch der Senat davon aus, dass es nicht ausgeschlossen ist, Rachenraum- und Kehlkopfkrebs auf die Einwirkung ionisierender Strahlen zurückzuführen.
Die Beklagte hat die medizinische Problematik dahinstehen lassen und die Ansprüche des Klägers auf Anerkennung der bei ihm festgestellten Karzinome an der individuellen Verursachungswahrscheinlichkeit scheitern lassen, die sie anhand der geschätzten Exposition des Klägers und des Risikos unter Beachtung der Dosis-Wirkung-Beziehung errechnet hat. Konkrete Vorgaben, welche Maßstäbe insoweit anzulegen sind, finden sich in dem Merkblatt zur BK-Nr. 2402 nicht. Die Beklagte entnimmt diese vielmehr den Jacobi-Gutachten, die der Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften im Einvernehmen mit der Beklagten und dem Institut für Strahlenschutz zur Erarbeitung verbindlicher Maßstäbe in Auftrag gegeben hat. Deren Autoren haben in der Praxis anwendbare standardisierte Modelle für die Verwaltungen entwickelt, die auf der Grundlage der bekannten wissenschaftlichen Erkenntnisse erstellt worden sind. Der Stand der Diskussion über die Verwertbarkeit und die Akzeptanz des Jacobi-II-Gutachtens ergibt sich aus dem von der Beklagten zur Gerichtsakte überreichten Berichtsband über das BK-Forum am 12. Februar 1998 in Hennef. Wegen der in diesem Gutachten zum Ausdruck gebrachten Zweifel zum Ausmaß des tatsächlichen Risikos und der Verursachungswahrscheinlichkeit extrapulmonaler Erkrankungen hat der Hauptverband der Berufsgenossenschaften im Rundschreiben VB 42/99 vom 11. März 1999 empfohlen, entsprechend den im Jacobi-Gutachten-II und III entwickelten Berechnungsmodellen - im Sinne eines antezipierten Sachverständigengutachtens - eine Verursachungswahrscheinlichkeit von 50 % vorauszusetzen. Dieser Empfehlung ist die Beklagte mit der dann im Berufungsverfahren korrigierten Berechnung gefolgt (vgl. Stellungnahme des TAD Gera vom 21. November 2000), wonach bei dem Kläger lediglich eine Verursachungswahrscheinlichkeit von 1 % festgestellt werden konnte. Die Beklagte hat hierbei wie auch der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. W in seinem Gutachten auflagengemäß die vom Senat bei der W GmbH ermittelten, in deren Schreiben vom 03. September 1998 mitgeteilten Arbeitsbedingungen des Klägers - ausgehend von 215 verfahrenen Untertageschichten - beachtet. Der Senat hat die Auskünfte der W-GmbH seiner Fragestellung an die Sachverständigen dieses Rechtsstreits deshalb zugrunde gelegt, weil sie ihn in ihrem durch diverse Untersuchungsergebnisse untermauerten Wahrheitsgehalt eher überzeugen als die eigenen Angaben des Klägers zum Umfang der Strahlenexposition während seiner bergmännischen Tätigkeit gegenüber Dr. R. Danach fanden zu der Zeit, als der Kläger seinen Beruf als Hauer erlernt und ausgeübt hatte, Sicherungsmaßnahmen statt, die weit über die früheren Jahre hinausgingen. Außerdem wurden ab 1955 Messungen der Radon-Konzentration und Gamma-Dosierung unter und über Tage durchgeführt, die ab den Jahren 1964, 1967 auch für das Objekt 90 (Bergbaubetrieb Reust) durch die Werte der potentiellen Alphaenergie-Konzentration der kurzlebigen Radonfolgeprodukte ergänzt wurden. Bei allen Angaben handelt es sich um bestmögliche Schätzwerte, die dem Erkenntnisstand zum Zeitpunkt des Schreibens vom 03. September 1998 entsprachen. Diese berücksichtigen u. a. den Wichtungsfaktor der jeweiligen Berufsgruppe und die verschiedenartigen u. a. durch Aufenthalt im Abbau, im Vortrieb und in der Ausrichtung, Aufenthalt in Frisch- und oder Abwettern, Umgang mit dem Uranerz, Aufenthalt in Bereichen mit hoher Staubbelastung, Arbeitsschwere und das damit verbundene unterschiedliche Atemvolumen bestimmten Expositionsbedingungen. Unter Auswertung der hieraus herzuleitenden Grunddaten des Klägers kam die W-GmbH in einer nach dem Jacobi-Gutachten-II am 26. Juni 1997 erstellten Expositionsberechnung zu einer Verursachungswahrscheinlichkeit von 3,8 %, die sich nach dem späteren Kenntnisstand um die Hälfte auf 1,9 % verringerte. Zu diesem Ergebnis ist auch der vom Gericht zum Sachverständigen ernannte Prof. Dr. W in seinem Gutachten vom 15. November 2001 gelangt, der auflagengemäß die Erkenntnisse der W-GmbH und das von ihm akzeptierte Berechnungsmodell des Jacobi-II-Gutachtens zugrunde gelegt hat. Prof. Dr. W ist Vorsitzender der Sektion Berufskrankheiten des ärztlichen Sachverständigenbeirats bei dem BMA und u. a. als Teilnehmer des Berufskrankheiten-Forums "extrapulmonale Erkrankungen Wismut" am 12. Februar 1998 in Hennef und als Autor diverser Aufsätze zur Anerkennung von Berufskrankheiten (u. a. "Die MdE bei berufsbedingten Krebserkrankungen, insbesondere bei Lungen- und Kehlkopfkrebs", in Der medizinische Sachverständige, 2001, S. 66-69) mit der einschlägigen Problematik gut vertraut. Der Sachverständige hält aufgrund seiner arbeitsmedizinischen Kenntnisse die von der W-GmbH durchgeführten Berechnungen für nachvollziehbar. Er verweist insbesondere darauf, dass der Kläger unter deutlich verbesserten Arbeitsschutzmaßnahmen, erheblich verminderter Strahlenbelastung und mit einer relativ kurzen Arbeitszeit von 23 Monaten gearbeitet habe. Außerdem kenne er keine zur retrospektiven Einschätzung der Strahlenexposition besser er¬forschte Datenlage für frühere W-Beschäftigte. Den Senat überzeugen seine Darlegungen, zumal auch Prof. Dr. A im Gutachten vom 12. November 1997 und Prof. Dr. S im Gutachten vom 29. April 1997, deren Erkenntnisse das Gericht im Wege der freien Beweiswürdigung nach § 128 SGG bei seiner Entscheidungsfin¬dung herangezogen hat, mit Prof. Dr. W im Ergebnis übereinstimmen. Die Ausführungen des Prof. Dr. A zur mutmaßlichen Strahlenexposition des Klägers überzeugten auch den gerichtlichen Sachverständigen Dr. R in seiner vom Senat eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 18. April 1999. Er ist mit dieser von der im Gutachten vom 12. August 1997 vertretenen Auffassung einer überwie¬genden Verursachungswahrscheinlichkeit abgerückt, weil ihn die Erkenntnisse aus den nach Gutachtenerstellung zu den Akten gelangten individuellen Unterlagen da¬von überzeugten, dass er seinerzeit von einer zu hohen Belastung des Klägers aus¬gegangen war.
Nicht zu folgen vermag der Senat demgegenüber dem Gutachten des Sachverstän¬digen Prof. Dr. K vom 18. September 2000 und dem Privatgutachten des Dr. R vom 22. Januar 2002. Beide durch strahlenmedizinische Erkenntnisse geprägten Gutachter gehen von einer anderen Bewertung der mutmaßlichen Strah¬lenbelastung des Klägers in seiner beruflichen Tätigkeit bei der W-AG aus, ohne die Fragestellung des Gerichts in seiner Beweisanordnung zu beachten. Es hatte bei der Formulierung seiner Fragen die Auskünfte der W-GmbH im Schreiben vom 3. September 1998 zur beruflichen Exposition des Klägers zugrunde gelegt. Dr. R, erwähnt in seiner vierseitigen Expertise weder die Erkenntnisse der Jacobi-Gutachten zur Strahlenexposition der früheren W-Beschäftigten, noch setzt er sich hiermit auseinander. Er verwendet zur Ermittlung der Wahrschein¬lichkeit der Verursachung der Krebserkrankung des Klägers aufgrund seiner Tätig¬keit bei der W-AG, die er mit einem Wahrscheinlichkeitsfaktor von 53,2 % errechnete, eine Formel, die, folgt man den Angaben des Prof. Dr. K in seiner vom Kläger am 24. Juli 2002 eingereichten Stellungnahme vom 16. Juli 2002, zwar die Berechnung der Verursachungswahrscheinlichkeit von Lungenkrebs betrifft, für die hier streitigen Krebserkrankungen jedoch nicht einschlägig ist. Den Senat konnte auch das Gutachten des Strahlensachverständigen Prof. Dr. K, der dem Kläger ein ungewöhnliches Ausmaß einer beruflichen Strahlenbelastung und eine mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit hierauf beruhende Krebser¬krankung bescheinigte, nicht überzeugen. Sein Gutachten leidet zum einen daran, dass er sich über die in der Beweisanordnung des Gerichts (Frage 1) gegebene Auflage hinweggesetzt hat, die in dem Schreiben der W-GmbH vom 3. Sep¬tember 1998 dem Gericht mitgeteilten Daten der mutmaßlichen Belastungsintensität des Klägers zur Grundlage seiner Beurteilung zu machen. Er berechnet dessen Strahlenbelastung nach anderen Maßstäben, indem er Hochrechnungen vornimmt, die jedenfalls nicht auf einer allseitig anerkannten wissenschaftlichen Grundlage basieren und von den beteiligten Fachkreisen überwiegend zumindest akzeptiert werden (vgl. BSG SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Außerdem wirft er allen Vorgutachtern eine unkritische Übernahme des Berechnungsmodells Jacobi-11 vor, das die Strah¬lenbelastung - nach seiner Auffassung - niedriger berechne, als das nach dem Stand der Wissenschaft resultiere (vgl. Seite 32 seines Gutachtens). Der Senat vermag seinem Gutachten nicht zu entnehmen, dass er seine Erkenntnisse auf das Ergebnis epidemiologischer Studien zurückführt, die weitergehender, konkreter und für die Verwaltungspraxis der Berufsgenossenschaften geeigneter sind, als die in den Jacobi-Gutachten berücksichtigten Studien und Erkenntnisse zur Auswirkung der Strahlenintensität der bei der früheren SDAG Wismut-Beschäftigten. Diese Auf¬fassung teilt auch der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. W, wenn er er¬klärt, dass ihm keine besser erforschte Datenlage als in den Jacobi-11 und 111-Studien bekannt sei.
Der Senat verkennt jedoch nicht, dass jedenfalls aus nuklearmedizinischer Sicht die Meinungsbildung zur Frage der Entstehungswahrscheinlichkeit von Krebserkran¬kungen durch den Einfluss ionisierender Strahlen im Rahmen früherer Beschäftigungen bei der SDAG Wismut nach wie vor nicht abgeschlossen zu sein scheint. Stellvertretend für seinen Eindruck steht u.a. die Bearbeitungsempfehlung des HVBG vom 8. Februar 2001 in HVBG-Info 5/2001, S. 424, die auf einer in dem Rundschreiben angesprochenen veränderten Datenlage aufgrund des im Dezember 1998 abgeschlossenen Forschungsberichts über die Strahlenbelastung im Uranerz¬bergbau der ehemaligen DDR beruht. Hiernach kann im gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht von einer allseitig anerkannten medizinisch-wissenschaftlichen Erkennt¬nismethode über die Auswirkungen früherer Strahlenbelastungen ausgegangen werden, denn diese Studie, die die damit ermittelten Expositionen mit den Erkennt¬nissen der Jacobi-Gutachten verknüpft, hat zur Empfehlung einer anderen Berech¬nung der Strahlenbelastung der Lunge geführt und auch für die hier streitigen Krebserkrankungen einen anderen Referenzwert vorgeschlagen.
Bei dieser Sachlage sind auch dem Senat Grenzen gesetzt, die Ursachen der Krebserkrankungen des Klägers zuverlässig zu ermitteln. Er macht sich deshalb aus Gründen der Praktikabilität und weil nur so eine Gleichbehandlung aller Versicher¬ten gewährleistet ist, die auf der Grundlage der Jacobi-Gutachten erarbeiteten Empfehlungen des HVBG zu Eigen. Er folgt deshalb auch den Berechnungen im Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. W, wonach es bei einer Verursachungswahrscheinlichkeit von 1,8 % gegenwärtig nicht überwiegend wahrscheinlich ist, dass sich die Krebserkrankungen des Klägers ursächlich auf dessen frühere Beschäftigung im Uranerzbergbau der früheren DDR zurückführen lassen. Der Senat konnte es deshalb hier dahinstehen lassen, welchen Einfluss auf sein Erkrankungsbild der frühere Nikotinabusus des Klägers und ein im Bericht der Charité vom 15. Oktober 1992 erwähnter Alkoholmissbrauch haben könnten.
Das Urteil ist nach Aktenlage rechtskräftig.
Im Dezember 2004 beantragte der Kläger bei der Beklagten "die Überprüfung nach § 44 SGB X der Ablehnungen vom 14. Oktober 1996/07. Juli 1997 seines Antrags auf Anerkennung seiner Erkrankungen (Tonsillenkarzinom/Larynxtumor) als BK nach Ziffer 2402 - Erkrankung durch ionisierende Strahlen". Zur Begründung wurde ausgeführt, das Bundessozialgericht (BSG) habe am 18. August 2004 Urteile zur Anerkennung von Kehlkopfkarzinomen (B 8 Kn 1/03 UR, B 8 KN 2/03 UR und B 8 KN 1/04 UR-H) gefällt. Danach seien alle bösartigen Neubildungen von Tumoren entschädigungspflichtig. Auch habe 1996 der Gesetzgeber in § 9 Abs. 3 SGB VII eine Vermutungsregelung getroffen.
Mit Bescheid vom 10. Februar 2005 lehnte die Beklagte den Antrag auf Überprüfung des Verwaltungsaktes vom 14. Oktober 1996 in Form des Urteils des Landessozialgerichts Berlin vom 14. Januar 2003 über die Ablehnung der Anerkennung der Erkrankung an einem Kehlkopfkarzinom als BK gemäß § 44 SGB X ab: Das BSG habe in seinen Urteilen vom 18. August 2004 die generelle Eignung ionisierender Strahlen beurteilt, Organkrebse hervorzurufen. In jedem Einzelfall seien die individuellen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK zu prüfen. Mit der Berechnung der konkreten Organdosis des Klägers und der sich hieraus ergebenden Wahrscheinlichkeit für die Verursachung seiner Erkrankung durch die Strahlenbelastung seien die individuellen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK bereits bei der Entscheidung vom 14. Oktober 1996 betrachtet worden. Nach den Feststellungen des TAD für die Zeit vom 01. September 1974 bis 30. September 1976 mit der Beschäftigung als Hauerlehrling über- und untertags sowie als Hauer unter Tage bei der W habe sich eine kumulative Äquivalentdosis (Dosis für das erkrankte Organ) von insgesamt 193,57 mSv ergeben auf der Grundlage des Abschlussberichtes zum Forschungsvorhaben (Belastung durch ionisierende Strahlung im Uranerzbergbau der ehemaligen DDR). Nach dieser Strahlenbelastung ergebe sich nach dem Berechnungsmodell von Prof. J eine Verursachungswahrscheinlichkeit von einem Prozent. Sie legte zugrunde eine Stellungnahme des TAD vom 21. Dezember 2004, die eine kumulative Äquivalentdosis von 193,57 mSv und eine Verursachungswahrscheinlichkeit von 1% ergab. Aus dieser Strahlenbelastung ergebe sich nach dem Berechnungsmodell von Prof. J eine Verursachungswahrscheinlichkeit von einem Prozent. Die im Einzelnen bezeichneten Werte für die einzelnen Belastungen wichen nur geringfügig von den in den Jahren 1996 bzw. 2000 für den Kläger ermittelten Werten ab.
Wegen der Kürze der Tätigkeit als Hauer könne auch nicht von einer potentiell erhöhten Gefahr für die Erkrankung an einem Kehlkopfkarzinom im Sinne des § 9 Abs. 3 SGB VII ausgegangen werden. Insgesamt ergebe sich also keine neue Sachlage, die eine andere Entscheidung rechtfertigen würde. Weder aus der Entscheidung des BSG noch aus dem Antrag des Klägers ergäben sich neue Tatsachen, die Anlass für eine Überprüfung des bindend gewordenen Bescheides gäben. Auch fänden sich keine Anhaltspunkte, dass das Recht unrichtig angewandt worden sei.
Mit weiterem Bescheid vom 10. Februar 2005 wies die Beklagte den Antrag auf Überprüfung des Verwaltungsaktes vom 22. April 1996 über die Ablehnung der Anerkennung der Erkrankung an einem Tonsillenkarzinom als BK gemäß § 44 SGB X ab.
Mit gesonderten Widerspruchsbescheiden vom 16. Juni 2005 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 10. Februar 2005 hinsichtlich der Erkrankung an einem Kehlkopfkarzinom und Tonsillenkarzinom zurück. Insbesondere sei unter Berücksichtigung der vom Kläger genannten Rechtsprechung des BSG nicht ausreichend die Tatsache, dass er bei der W beschäftigt und dabei einer Strahlenbelastung ausgesetzt gewesen war, um eine berufliche Verursachung der Krebserkrankung wahrscheinlich zu machen. Die individuelle Strahlenbelastung ergäbe sich aus dem Schlussbericht, in dem für jedes Produktionsjahr Belastungswerte für alle Schächte, Tagebaue und Aufbereitungsanlagen enthalten seien. Dieser Bericht sei zusammen mit der Studie von Prof. J in einem EDV-Programm des TAD und Verwaltung verarbeitet worden. Es würden hier realistische Daten der Strahlenbelastung von Versicherten mit den biologischen Auswirkungen der ionisierenden Strahlen auf den Menschen verbunden. Es bestehe keine Veranlassung, an der Richtigkeit dieses Berechnungsmodells zu zweifeln, zumal es auch als Entscheidungsgrundlage in der Sozialgerichtsbarkeit Anwendung finde.
Mit der am 14. Juli 2005 beim Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, es sei davon auszugehen, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den eingetretenen Karzinomerkrankungen und der bestandenen radioaktiven Strahlung gegeben sei. Nach gesicherten medizinischen Erkenntnissen sei eine Strahlenbelastung geeignet, die eingetretenen Erkrankungen ursächlich hervorgerufen zu haben. Andere Risikofaktoren lägen beim Kläger nicht vor. Die von der Beklagten vorgenommene Festsetzung von 50 Prozent für eine Verursacherwahrscheinlichkeit sei willkürlich gewählt und könne nicht mit wissenschaftlichen Erkenntnissen in Übereinstimmung gebracht werden. Die von der Beklagten vertretene Auffassung widerspreche höchstrichterlicher Rechtsprechung. So habe das BSG im Urteil vom 18. August 2004 (B 8 KN 1/03 UR) ausgeführt, dass es bei der notwendigen Konkretisierung des Begriffs "Erkrankungen" nicht genüge, auf diejenigen Erkenntnisse zurückzugreifen, die den Verordnungsgeber zur Aufnahme der Krankheit in die BK-Liste bewogen hätten. Nach Auffassung des BSG sei Voraussetzung für die Anerkennung der Erkrankung als BK in diesen Fällen zum einen, dass die schädigende Einwirkung generell geeignet sei, das betreffende Krankheitsbild zum Entstehen zu bringen oder zu verschlimmern; zum andern müsse die vorliegende Erkrankung konkret individuell durch entsprechende Einwirkungen wesentlich verursacht bzw. verschlimmert worden und diese Einwirkungen müssten wesentlich durch die durch die versicherte Tätigkeit verursacht worden sein. Diese Voraussetzungen lägen beim Kläger vor.
In der Klagschrift vom 14. Juli 2005 beantragt der Kläger:
1. Der Bescheid der Beklagten vom 10.02.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.06.2005 zum Az.: 96/026721-R/41 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verpflichtet, die erlittenen Strahlenschäden des Klägers, der in der Zeit vom 01.09.1974 bis zum 30.09.1976 bei der SAG/SDAG W als Hauer unter Tage unter strahlenexponierten Bedingungen gegenüber ionisierender Strahlung beschäftigt war, die die gesetzlich zulässigen Werte um ein Vielfaches überschritten und an den der Kläger infolge schwer erkrankte, als Berufskrankheit nach Nr. 92 BKVO-DDR bzw. bundesdeutscher BK Nr. 2402 der Anlage zur BKVO anzuerkennen.
3. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Verletztenrente aus der zuständigen Unfallversicherung zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie wiederholte ihr Vorbringen und führte des Weiteren aus, die Ausführungen des BSG in seiner Entscheidung vom 18. August 2004 führten ebenfalls zu keiner anderen Betrachtung, da die darin geforderten Prüfkriterien eingehalten worden seien.
Der Kläger erwiderte auf den Schriftsatz der Beklagten, dass erhebliche Widersprüche hinsichtlich der festgestellten Messwerte vorlägen. Auffallend sei, dass der durch die Beklagte angegebene Messwert von 0,37 Sv knapp unter dem zulässigen Grenzwert von 0,4 Sv für die Beschäftigten im Uranbergbau liege. Daraus würde sich logischerweise eine weit geringere Wahrscheinlichkeit für eine Erkrankung ergeben.
Die durch die Beklagte angenommene Verursacherwahrscheinlichkeit von 50 Prozent sei eine willkürliche Festlegung der Beklagten und entspreche nicht den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Nach Auffassung der behandelnden Ärzte des Klägers sei eine spontane Entstehung der beiden Krebserkrankungen auszuschließen.
Dem Kläger sei nicht nachvollziehbar, dass seine gesamten Gesundheitsunterlagen, die Auskunft über Erkrankungen während seiner Tätigkeit bei der W geben könnten, nicht mehr vorhanden seien. Die Jacobi-Methoden unterlägen seitens der Wissenschaft seit längerem schwerster Kritik. Die durch die Beklagte angegebene Studie werde selbst in einer Stellungnahme des Hauptverbandes der Berufsgenossenschaften zur Anwendbarkeit relativiert und zum Teil als problematisch beurteilt.
Mit Gerichtsbescheid vom 07. Juni 2006 hat das SG die Klage abgewiesen und den Antrag des Klägers des SG zugrunde gelegt,
den Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 14.Oktober 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07. Juli 1997 zu verurteilen, ein Kehlkopfkarzinom als Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage zur BKVO anzuerkennen und zu entschädigen.
Zur Begründung hat das SG insbesondere ausgeführt, nach der Rechtsprechung des BSG zu § 44 SGB X (BSG SozR 1300 §44 Nr. 33, Urteil vom 02. März 1998) habe die Verwaltung eine erneute Sachverhaltsüberprüfung dann nicht vorzunehmen, wenn das Vorbringen, auf welches der Überprüfungsantrag gestützt werde, bei der Entscheidung schon bekannt gewesen sei. Dies sei im Hinblick auf den Bescheid vom 14. Oktober 1996 im Ergebnis hier der Fall, da das Landessozialgericht in seinem Urteil vom 14. Januar 2003 bereits zu den jetzt vom Kläger wiederholten Einwendungen Stellung bezogen habe. So habe der 2. Senat des Landessozialgerichts Berlin der W GmbH zu den Arbeitsbedingungen des Klägers ermittelt und die Gutachter verpflichtet, diese bei der Bewertung des medizinischen Sachverhalts zu beurteilen. Soweit der Kläger nun weiter sinngemäß rüge, dass die Auskünfte seines Erachtens nach nicht zutreffend seien, so schließe sich die Kammer der Bewertung des Landessozialgerichts an. Aus den Urteilen des BSG vom 18. August 2004 ergäbe sich nichts Neues. In diesen Urteilen sei im Grundsatz ausgeführt, dass auch extra pulmonale Krebserkrankungen im Rahmen der Nr. 2402 der Anlage zur BKVO entschädigungsfähig seien. Davon sei aber bereits das Landessozialgericht ausgegangen. Im Weiteren sei dargelegt, dass die Verursachungswahrscheinlichkeit im Fall des Klägers nur bei etwa 1 Prozent liege. Daran habe sich nichts geändert. Die Jacobi-Gutachten seien weiterhin der Maßstab zur Überprüfung der Entschädigung ehemaliger W-Mitarbeiter. Der Umstand, dass der Kläger zu Recht darauf hinweise, dass die Gutachten von Prof. Dr. J in der wissenschaftlichen Diskussion auch angegriffen würden, vermöge daran nichts zu ändern. Dies sei ein normaler Vorgang in der wissenschaftlichen Diskussion. Dies habe jedenfalls bisher nicht zu dem Ergebnis geführt, dass die überwiegende Meinung der wissenschaftlichen Forschung die Gutachten für unzutreffend halte.
Soweit der Kläger darauf hinweise, dass bei ihm keine weiteren Risikofaktoren vorlägen, die bei einem 35jährigen Menschen zur Entstehung von Kehlkopfkrebs führen könnten, sei dies nicht zutreffend. So habe Prof. Dr. S von der HNO-Klinik des Klinikums B darauf hingewiesen, dass Zigarettenrauchen und Alkoholkonsum - beide bei dem Kläger bekannt - letztere sogar chronischer Alkoholabusus - die weitaus häufigste Ursache für die Entstehung von bösartigen Geschwülsten im Bereich des Rachens und des Kehlkopfs seien. Gegenüber der Verursachungswahrscheinlichkeit hierdurch sei die durch die berufliche Exposition gegenüber ionisierenden Strahlungen anzunehmende Verursachungswahrscheinlichkeit verschwindend gering.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 19. Juni 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 12. Juli 2006 beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung des Klägers.
Mit Schriftsatz vom 10. Januar 2007 wird zur Begründung der Berufung im Wesentlichen vorgetragen, das SG habe zu Unrecht den Antrag auf Anerkennung eines Kehlkopfkarzinoms als BK und die entsprechend geforderte Entschädigung abgewiesen. Gegen diese Entscheidung des SG richte sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen Klagantrag weiter verfolge. Das erstinstanzliche Gericht sei von falschen rechtlichen Erwägungen ausgegangen. Das Urteil des BSG vom 18. August 2004 (B 8 KN 1/03 UR) sei wegweisend für die Behandlung des vorliegenden Falles. Entgegen der im Urteil vertretenden Auffassung sei nach Auffassung des BSG Voraussetzung für die Anerkennung als BK in diesen Fällen zum einen, dass die schädigende Einwirkung generell geeignet sei, das betreffende Krankheitsbild zum Entstehen zu bringen oder zu verschlimmern; zum anderen müsse die vorliegende Erkrankung konkret individuell durch entsprechende Einwirkung wesentlich verursacht bzw. verschlimmert worden und diese Einwirkungen müssen wesentlich durch die versicherte Tätigkeit verursacht worden sein. Hinzu komme, dass das BSG die Auffassung vertrete, dass jede ionisierende Strahlung zum Entstehen entsprechender Krankheiten führen könne. Dabei sei es unerheblich, dass die Verursachungswahrscheinlichkeit nach Auffassung des Gerichts im Fall des Klägers nur bei etwa 1 Prozent liege. Im Rahmen des Amtsermittlungsprinzips wäre es Aufgabe des Gerichts gewesen, weitere Gutachten einzuholen, da unterschiedliche Gutachten vorlägen. Dies wäre umso erforderlicher gewesen, da die Gutachten von Prof. J in erheblichem Umfang durch andere Gutachter kritisiert würden, so dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass die durch Prof. J erstatteten Gutachten nicht mehr die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse reflektierten. In diesem Zusammenhang werde auf das Gutachten von Prof. Dr. K vom 18. September 2000 zum Aktenzeichen L 2 U 7/98 verwiesen. Dieser habe sich bereits teilweise mit vorliegendem Gutachten auseinandergesetzt. So sei beispielsweise darauf hinzuweisen, dass der Gutachter Dr. A nachweislich früher für das A der DDR gearbeitet habe und heute gutachterlich für die Berufsgenossenschaft tätig sei. Erkenntnisse der Birthler-Behörde verwiesen auf eine enge Zusammenarbeit des MfS der DDR und des S der DDR. Ausweislich bei der Birthler-Behörde vorliegender Unterlagen habe das MfS an das S z. B. den Auftrag formuliert, dass die durch das S durchzuführenden Kontrollen, Messungen und Prüfungen sowie die Auswertung/Verwertung ihrer Ergebnisse politisch verantwortungsbewusst erfolgte und nicht zur Beunruhigung der Werktätigen bzw. der Bevölkerung führen dürften. Es lasse sich hieraus schlussfolgern, dass ehemalige Mitarbeiter des S(S) der DDR daran beteiligt gewesen seien, die Strahlengefahren und Strahlenbelastungen im Uranbergbau der W zu verheimlichen bzw. zu vertuschen. Offensichtlich sei in den bisherigen durch den Kläger geführten Verfahren übersehen worden, dass im Anerkennungsverfahren für Berufskrankheiten mehrere Strahlendosen als Grundlage zur Berechnung der Strahlenbelastung zugrunde gelegt würden. Erstaunlich sei auch, dass dem Kläger die durch seinen ehemaligen Arbeitgeber übermittelten Strahlendaten im nach hinein als fiktiv und unrealistisch und als Versehen dargestellt würden und eine weit niedrigere Strahlenbelastung durch die Beklagte nachgereicht werde. Dabei sei nicht nachzuvollziehen, wie diese Messungen ermittelt worden seien, da in der DDR keine individuellen Messungen erfolgt seien. Durch das erstinstanzliche Gericht werde die Wahrscheinlichkeitsberechnung der Beklagten kritiklos übernommen. Danach betrage vereinfacht dargestellt die Wahrscheinlichkeitsberechnung für die Tätigkeit 1 Prozent für ein Arbeitsjahr. Dies hätte zur Folge, dass erst nach 50 Arbeitsjahren eine 50prozentige Wahrscheinlichkeit erreicht wäre. Allein ein derartiger Widerspruch werde durch zu erstattende Gutachten geklärt werden können.
Das erstinstanzliche Gericht setze sich auch nicht damit auseinander, dass durch den Gutachter des Klägers im Gutachten darauf hingewiesen werde, dass es in den nach Aktenlage erstellten Gutachten der Beklagten Rechenfehler gebe. Es handele sich bei Gutachten, die durch die Beklagte in das Verfahren eingeführt worden sei, durchweg um Parteigutachten. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Richtigkeit derselben. Die falschen Voraussetzungen, von denen bei der Tätigkeit des Klägers ausgegangen werde, seien dadurch gekennzeichnet, dass z. B. die Zeit als Hauerlehrling überwiegend im Übertagebereich behandelt werde und nicht Berücksichtigung finde, dass tatsächlich bereits Lehrlinge voll im Arbeitsprozess integriert worden seien. Damit werde versucht, von Anfang an den Eindruck zu erwecken, dass zwar für die Tätigkeit bei der SDAG W unter Tage eine erhebliche Exposition gegenüber ionisierenden Strahlungen außer Zweifel stehe, aber der Zeitraum der Tätigkeit eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit der Schädigung begründe. Der Kläger sei von Anfang an als Hauerlehrling voll in Abbaubrigaden integriert gewesen. Daraus ergebe sich eine deutlich längere Tätigkeit des Klägers unter Einfluss schädigender Strahlen als die vom Gericht bisher angenommene.
Soweit die Beklagte davon ausgehe, dass erst bei einer Verursachungswahrscheinlichkeit von mehr als 50 Prozent ein Karzinom durch die ionisierende Strahlung verursacht werde und dies bedeute, dass dann die Wahrscheinlichkeit, dass die Erkrankung durch die Strahlung verursacht worden sei, größer sei als das bestehende Spontanrisiko, wenn man davon ausgehe, dass der errechnete Wert für die Verursachungswahrscheinlichkeit weit unter diesem Wert liege, verkenne sie, dass es nicht möglich sei, aus statistisch bestimmten Größen und Zusammenhängen wieder "rückwärts" auf den Einzelfall zu schließen. Dem BK-Einzelfall könne im Grunde genommen kein Risiko zugeordnet werden, weil hier der Fall der Erkrankung bereits eingetreten sei. Das von der Beklagten angewandte Konzept der Verdopplungsdosis in der Praxis bewirke, dass bei allen Personen, bei denen eine Exposition oberhalb der Verdopplungsdosis nachgewiesen werden könne, automatisch eine BK anerkannt werde. Bei anderen jedoch, deren Exposition nur gering darunter läge, würde eine BK nicht anerkannt. Unzutreffend sei, dass das Risikoverdopplungsmodell Bestandteil der Legaldefinition von BKen sei. Weder im Gesetz noch in der Ermächtigungsklausel sei von der Doppeldosis die Rede. Der Gesetzgeber spreche vielmehr "besonderen Einwirkungen", denen "bestimmte Personengruppen durch die versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt seien". Es werde bestritten, dass "besondere Einwirkungen" in dem Begriff "Dosis" übersetzbar seien. Im Übrigen sei das im Gesetzestext ausgedrückte Verhältnis der Exposition Berufstätiger "in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung" überhaupt nicht quantifizierbar. Die Forderung der Beklagten, es müsse die Doppeldosis nachgewiesen sein, damit die Erkrankung generell als BK gelte und in der BK-Liste bezeichnet werden könne, lasse sich dem Gesetzestext an keiner Stelle entnehmen. Das BSG habe in seinem "LWS-Grundsatzurteil vom 23. März 1999" geschrieben, es wäre nicht verständlich, aus welchem Grunde der Gesetzgeber den Umfang der Erhöhung des Erkrankungsrisikos ausdrücklich mit "in erheblich höherem Grade" überschrieben habe, wenn es eine klar ausdrückbare Verdopplung gemeint haben solle.
Auch § 9 Abs. 3 SGB VII könne bei der Entscheidung nicht außer Acht gelassen werden. Die Bestimmung sei mit der Absicht ins Gesetz aufgenommen worden, Versicherungsnehmern Beweislasterleichterungen zu gewähren.
Letztlich werde auf "Folgen des Uranbergbaus der SDAG W" von Prof. S im Strahlentelex Nr. 494-495/207 hingewiesen. In diesem Beitrag setze sich die Referentin mit Erkrankungen durch den Uranbergbau auseinander. Der Kläger mache sich die Ausführungen zu Eigen und zum Gegenstand seines Vortrags. Er überreicht Ablichtungen des genannten Strahlentelex.
Die Beklagte trug vor, sie erachte die Ausführungen zur Zusammenarbeit mit dem MfS und dem S für nicht zielführend. Sie verwies darauf, dass Grundlage der Expositionsberechnung der Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben "Belastung durch ionisierende Strahlung im Uranerzbergbau der ehemaligen DDR" sei, welcher vom BSG in seinen Urteilen vom 18. August 2004 ausdrücklich als geeignete Grundlage zur Einschätzung der Strahlenbelastung bewertet werde. Hinsichtlich der Kausalitätsbeurteilung weise das BSG zusätzlich darauf hin, dass mit dem Jacobi-II-Gutachten eine verlässliche individuelle Feststellung der Verursachungswahrscheinlichkeit extrapulmonaler Krebserkrankungen möglich sei. Die der Verwaltungsentscheidung zugrunde gelegten Belastungsdaten und die Methode zur Darstellung von Kausalzusammenhängen seien demnach eindeutig höchstrichterlich vom BSG bestätigt worden.
Die Beklagte wies darauf hin, dass Hauerlehrlinge wie alle anderen Lehrlinge einen gewissen Teil theoretischer Ausbildungsabschnitte in Schulen absolviert hätten (ca. die Hälfte der Lehrzeit). Während dieser Zeit sei der Kläger natürlich nicht untertage und demzufolge auch keiner zusätzlichen Strahlenbelastung ausgesetzt gewesen. Insoweit sei die Einschätzung der Strahlenbelastung nicht zu beanstanden. Es sei nach der Rechtsprechung des BSG zu § 44 SGB X eine erneute Sachverhaltsprüfung durch die Verwaltung nicht vorzunehmen, wenn das Vorbringen, auf welches der Überprüfungsantrag gestützt werde, bei der Entscheidung schon bekannt gewesen sei. Dies sei hier der Fall. Eine Rücknahme der Ausgangsbescheide scheide schon bereits deshalb unabhängig von den oben stehenden Ausführungen aus.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 07. Juni 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 10. Februar 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Juni 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 14. Oktober 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07. Juli 1997 zurückzunehmen, ein Kehlkopfkarzinom als BK nach Nr. 2402 der Anlage zur BKVO anzuerkennen und dem Kläger eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten der Beklagten zum Aktenzeichen 96.026721/04 und auf den Inhalt der Gerichtsakten zu den Geschäftszeichen S 69 U Bb 751/96 und L 22 U 112/08, die dem Senat bei seiner Entscheidung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige und im Übrigen statthafte Berufung ist unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Beurteilung der Erkrankung des Klägers an einem Kehlkopfkarzinom als BK und die Zahlung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung für die Folgen des Kehlkopfkarzinoms und die Rücknahme der Bescheide vom 14. Oktober 1996 und 07. Juli 1997.
Hierauf hat der Kläger ausweislich des Schriftsatzes vom 10. Januar 2007 seinen Anspruch im Berufungsverfahren begrenzt. Die Erkrankung des Klägers an einem Tonsillenkarzinom und die hierzu ergangenen Bescheide der Beklagten sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.
Soweit im Schriftsatz vom 10. Januar 2007 beantragt worden war, "ein Kehlkopfkarzinom als BK nach Nr. 2402 der Anlage zur BKVO anzuerkennen und zu entschädigen", hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der nichtöffentlichen Sitzung am 06. März 2008 entsprechend seinem erstinstanzlich schriftsätzlich gestellten Antrag ausdrücklich als Entschädigungsleistung eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung Klägers beansprucht.
Die Klage ist nicht begründet. Das SG hat zutreffender Weise die Klage abgewiesen. Die hier streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 SGG) vermag der Senat die Voraussetzungen des § 44 SGB X nicht festzustellen. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den die Beklagte auf Rücknahme ihres bindenden Bescheides vom 14. Oktober 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Juli 1997 und Anerkennung seiner Erkrankung als Bk und damit auch nicht auf Zahlung einer Rente.
Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zugunsten letzterer aufzulösen (BSG, SozR 3-1300 § 44 Nr. 24). Entsprechend dem Umfang des Vorbringens des Versicherten muss die Verwaltung grundsätzlich in eine erneute Prüfung eintreten und den Antragsteller bescheiden (BSGE 51, 139, 141). Dies hat die Beklagte getan: Sie hat eine weitere Ermittlung der Exposition des Klägers durch ihren TAD veranlasst (Auskunft vom 21. Dezember 2004) und hat den Kläger beschieden. Die entsprechenden Bescheide vom 10. Februar 2005 und 16. Juni 2005 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Die richtige Anwendung des Rechts durch die Beklagte wurde durch das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 14. Januar 2003 (L 2 U 7/98) bereits ausführlich begründet. Der Senat nimmt Bezug auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils und macht sie sich zu Eigen.
Ergänzend bleibt darauf hinzuweisen, dass dieses Gericht zutreffenderweise davon ausgegangen ist, dass sich die Beurteilung der Erkrankung des Klägers an einem Kehlkopfkarzinom nach den vor In-Kraft-Treten des SGB VII am 01. Januar 1997 geltenden Vorschriften richtet, da der Kläger einen im Jahr 1995 eingetretenen Versicherungsfall geltend macht, § 212, § 214 SGB VII i. V. m. Art. 36 des Unfallversicherungseinordnungsgesetzes. Denn diese Erkrankung des Klägers trat im Jahr 1995 ein.
Nicht zu beurteilen ist damit die Erkrankung nach dem SGB VII und auch nicht nach dem ehemals geltenden Recht der DDR. Vielmehr ist der Anspruch nach dem bis zum In-Kraft-Treten des SGB VII geltenden bundesdeutschen Recht der RVO zu beurteilen. Dies ergibt sich aus § 1150 Abs. 2 Satz 2 Reichsversicherungsordnung, der nach §§ 212, 215 Abs. 1 SGB VII in der am Tag vor In-Kraft-Treten (01. Januar 1997) geltenden Fassung für die Übernahme der vor dem 01. Januar 1992 eingetretenen Krankheiten als BKen nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung weiter anzuwenden ist.
Der Ausgangsbescheid der Beklagten vom 14. Oktober 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Juli 1997 ist nach der im Zeitpunkt seiner Bekanntgabe gegebenen Sach- und Rechtslage rechtmäßig. Im Rahmen des § 44 Abs. 1 SGB X stellt sich allein die Frage, ob die Beklagte nach der Sach- und Rechtslage bei Erlass der zu überprüfenden Bescheide, jedoch aus heutiger Sicht, die Kehlkopfkrebserkrankung des Klägers hätte anerkennen müssen (BSGE, Urteil vom 18. August 2004, B 8 KN 2/03, zitiert nach Juris).
Auch aus heutiger Sicht - insbesondere auch Berücksichtigung der vom Kläger herangezogenen Rechtsprechung des BSG - hat die Beklagte zutreffenderweise die Anerkennung der Kehlkopferkrankung des Kläger als BK abgelehnt. Die Beklagte hat sich ebenso wie das LSG im Urteil vom 14. Januar 2003 (L 2 U 7/98) an den Maßstäben orientiert, die das BSG im Jahre 2004 genannt hat.
Das BSG hat in der Entscheidung vom 18. August 2004 (B 8 KN 1/03) im Anschluss an die bereits vorliegende ständige Rechtsprechung des BSG ausgeführt: "Voraussetzung für die Anerkennung und ggf. Entschädigung einer Erkrankung als BK ist in diesen Fällen zum einen, dass die schädigende Einwirkung generell geeignet ist, das betreffende Krankheitsbild zum Entstehen zu bringen oder zu verschlimmern. Zum andern muss die vorliegende Erkrankung konkret-individuell durch entsprechende Einwirkungen wesentlich verursacht bzw. verschlimmert worden und diese Einwirkungen müssen wesentlich durch die versicherte Tätigkeit verursacht worden sein (Rz. 22 des Urteils). Die generelle Eignung ionisierender Strahlen, das hier in Rede stehende Larynxkarzinom hervorzurufen, ist gegeben. Insoweit bedarf es auch bei Anwendung der Nr. 2402 der bundesdeutschen BK-Liste für den hier maßgeblichen Zeitpunkt keines Nachweises, dass diese Erkrankung in einem bestimmten Kollektiv gehäuft auftritt beziehungsweise aufgetreten ist.
Die Anerkennung und ggf. Entschädigung des Larynxkarzinoms im Einzelfall setzt (lediglich) voraus, dass es auch konkret- individuell durch die entsprechenden Einwirkungen wesentlich verursacht und diese Einwirkungen wesentlich durch die versicherte Tätigkeit verursacht worden sind." (Rz 23)
Die generelle Eignung ionisierender Strahlen, ein Kehlkopfkarzinom hervorzurufen, war bereits im Ausgangsverfahren im Urteil des LSG Berlin vom 14. Januar 2003 der Beurteilung zugrunde gelegt worden. Jedoch lässt sich die weitere Voraussetzung, dass die vorliegende Erkrankung konkret individuell durch entsprechende Einwirkungen wesentlich verursacht worden ist, nicht feststellen. Auch insoweit haben sich die Beklagte in den angefochtenen Ausgangsbescheiden und das Landessozialgericht Berlin in seiner Entscheidung vom 14. Januar 2003 an den Maßstäben des BSG orientiert.
Das BSG hat in der o. g. Entscheidung darauf hingewiesen, dass es sich nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft bei einer Krebserkrankung um ein multifaktorielles Geschehen handelt, bei dem auch andere Faktoren zur Auslösung und Entwicklung eines Tumors beitragen könnten und Körpergewebe bzw. -organe nicht von gleicher Strahlenempfindlichkeit seien und andererseits die Bevölkerung auch außerberuflich einer Strahlenbelastung ausgesetzt sei (natürliche Strahlung, medizinische Behandlung mit Röntgen- und anderen ionisierenden Strahlen). Daher komme es für den ursächlichen Zusammenhang zwischen der maßgebenden beruflichen Strahleneinwirkung und dem aufgetretenen Larynxkarzinom darauf an, ob die beim Kläger festgestellte berufliche Strahleneinwirkung nach Art und Dosis ausreiche, um nach der im Recht der Unfallversicherung geltenden Kausallehre als wesentliche Bedingung für diese Erkrankung angesehen zu werden (unter Hinweis auf das Urteil des BSG vom 29. Januar 1974 - 8/7 RU 18/72).
Das Vorliegen dieser individuellen Voraussetzungen für die Anerkennung und Berentung der Kehlkopfkrebsleiden des Klägers hat die Beklagte in den Ausgangsbescheiden vom 14. Oktober 1996 und 07. Juli 1997 rechtsfehlerfrei nicht feststellen können. Der Senat nimmt Bezug auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Landessozialgerichts Berlin vom 14. Januar 2003 und macht sie sich zu Eigen.
Soweit der Kläger meint, § 9 Abs. 3 SGB VII könne bei der Entscheidung nicht außer Acht gelassen werden, so vermag der Senat der Auffassung nicht zu folgen.
Wie dargelegt richtet sich die Beurteilung der Erkrankung des Klägers an Kehlkopfkrebs nach den Vorschriften der RVO. § 9 Abs. 3 SGB VII ist hier nicht einschlägig. Dass diese Vorschrift hier keine Bedeutung hat, ergibt sich daraus, dass diese Norm zeitlich später als die hier relevante BK-Listen Nr. 2402 entstanden ist und auch einen anderen Anwendungsbereich hat (vgl. BSG Urteil 20. Januar 2007; B 2 U 15/05, zitiert nach Juris).
Auch im Fall seiner Anwendbarkeit würde die Klage nicht erfolgreich sein.
§ 9 Abs. 3 SGB VII besagt: "Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versicherten Tätigkeit in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverordnung nach Abs. 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren an einer solchen Krankheit und können Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, dass diese infolge der versicherten Tätigkeit verursacht worden ist."
Hier liegen aufgrund des Tabakkonsums des Klägers ausreichende Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit vor, worauf insbesondere auch Prof. Dr. W in seinem Gutachten hingewiesen hat.
Auch soweit der Kläger rügt, die Beklagte habe sich in den Ausgangsbescheiden nicht auf das Gutachten J-II-Gutachten beziehen dürfen, steht dieses Vorgehen mit der Rechtsprechung des BSG Übereinstimmung. Im Urteil vom 18. August 2004 (B 8 KN 2/03) hat das BSG bei der Beurteilung der Kehlkopferkrankung des dortigen Klägers ausgeführt:
"Dank dem im Dezember 1998 vorliegenden Abschlussberichts zum Forschungsvorhaben des Hauptverbandes der Gewerblichen Berufsgenossenschaften "Belastungen durch ionisierende Strahlung im Uranerzbergbau der ehemaligen DDR" (HVBG, St. Augustin 1998, S. 20 f.) existiert erst jetzt eine Datenbasis, und es sind nunmehr mit dem Berechnungsmodell nach dem Gutachten Jacobi II verlässliche individuelle Feststellungen der Verursachungswahrscheinlichkeit extrapulmonaler Krebserkrankungen möglich." (Rz. 21 des Urteils).
Insoweit ist auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG aus dem Jahre 2004 das Vorgehen der Beklagten im Ausgangsbescheid aus heutiger Sicht rechtmäßig, als Grundlage der Expositionsberechnung des Klägers den Abschlussbericht zum genannten Forschungsvorhaben aufgrund des Gutachtens Jacobi II zugrunde zu legen
Der weitere Vortrag, die Gutachten von Prof. J seien in der wissenschaftlichen Diskussion angegriffen worden, ist bereits im Ausgangsverfahren berücksichtigt worden und begründet keinen neuen Sachverhalt.
Auch ansonsten ergeben sich auch keine Hinweise darauf, dass von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und dass deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht wurden.
Das Vorbringen des Klägers, von Anfang an als Hauerlehrling in Abbaubrigaden integriert gewesen zu sein, ist ebenfalls bereits Gegenstand des Ausgangsverfahrens und der Begutachtungen gewesen. Schon Prof. Dr. W hat in seinem Gutachten vom 15. November 2001 die gesamte Zeitdauer von der Lehre bis nachfolgender Hauertätigkeit zugrunde gelegt. Er hat dabei die Auskunft der W GmbH über die Tätigkeit des Klägers zugrunde gelegt, die mitgeteilt hat, dass die Ausbildung in den ersten beiden Jahren zu etwa 50 Prozent untertage stattgefunden habe. Auch in Anbetracht der vom Kläger nicht in Abrede gestellten, von der Beklagten konkret dargelegten Zeit des theoretischen Ausbildungsabschnitts ergibt sich auch insoweit kein Vorbringen des Klägers, dass die Beurteilung rechtfertigt, Sozialleistungen seien infolge dessen zu Unrecht nicht erbracht worden.
Soweit der Kläger meint, weitere Gutachten seien einzuholen, ist dies nicht nachzuvollziehen. Im Gerichtsverfahren sind Gutachten nicht nur von Amts wegen sondern auch auf Antrag des Klägers eingeholt worden. Die Einholung weiterer Gutachten ist nach Auffassung des Senats nicht erforderlich.
Auch der vom Kläger eingereichte Beitrag von Prof. I S ergibt keine neuen Hinweise darauf, dass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
Nach allem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
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