Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
SG Gotha (FST)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
14
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 14 SO 998/06
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 22.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2006 verurteilt, den Antrag der Klägerin auf Berechnung des Eigenanteils der Klägerin an Heimkosten unter Beachtung der Rechtsauffassung der Gerichts neu zu bescheiden.
2. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Die 1940 geborene Klägerin liegt seit 2002 im Wachkoma und wird im Senioren- und Pflegeheim in M.gepflegt. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung beurteilt sie als erheblich pflegebedürftig (Pflegestufe III). Die Klägerin bezieht eine Rente in Höhe von 624,99 EUR. Der 1941 geborene Ehegatte der Klägerin bezieht eine Rente in Höhe von 1.156,87 EUR und wohnt in einer 2-Zimmer-Wohnung mit 45,5 qm Wohnfläche. Die Kaltmiete beträgt 122,13 EUR, für Heizung- und Warmwasser sind 77,35 EUR angefallen. Sonstige Betriebskosten wurden mit 48,85 EUR angegeben. Die Warmmiete betrug 248,33 EUR. Nachdem das einsetzbare Vermögen aufgebraucht war, wurde der Klägerin mit Bescheid vom 03.03.2004 ab dem 01.07.2003 bis auf weiteres Hilfe zur Pflege bewilligt. Es wurde ein Betrag in Höhe von 527,55 EUR als einzusetzendes Einkommen festgesetzt. Mit Bescheid vom22.11.2004 wurde der Klägerin weiterhin Hilfe zur Pflege bewilligt und der Betrag des einzusetzenden Einkommens auf 426,- EUR für die Zeit ab Juli 2003 festgesetzt. Mit Änderungsbescheid des Beklagten vom 11.05.2005 wurde das einzusetzende Einkommen auf insgesamt auf 1.015,97 EUR festgesetzt. Mit Bescheid vom 29.06.2005 wurde der Klägerin weiterhin Hilfe zur Pflege bewilligt und der Gesamteigenanteil der Klägerin auf 826,08 EUR festgesetzt. Mit Abhilfebescheid vom 15.11.2005 wurde der Bescheid vom 29.06.2005 aufgehoben. Mit Bescheid vom 22.11.2005 wurde der Klägerin ab dem 01.01.2005 bis 30.04.2005 und vom 01.05.2005 bis 30.06.2005 Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen in Höhe von monatlich 117,23 EUR und Leistungen der Hilfe zur Pflege in Einrichtungen in Höhe von 1.822,31 EUR monatlich gewährt. Der Eigenanteil wurde auf 814,66 EUR festgesetzt. Mit Bescheid vom 22.11.2005 wurde der Klägerin ab dem 01.07.2005 Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen in Höhe von monatlich 120,26 EUR und Leistungen der Hilfe zur Pflege in Einrichtungen in Höhe monatlich 1.828,46 EUR gewährt. Der Eigenanteil wurde auf 805,48 EUR festgesetzt. Die Berechnung wurde wie folgt vorgenommen: "Anlage zum Bescheid vom 22.11.2005
Ermittlung des Eigenanteils des Hilfesuchenden und der in § 19 SGB XII genannten Personen bei Hilfen nach dem Dritten und Sechsten bzw. Siebten Kapitel
Name des HS: K., K.
1. Zusammenstellung des Einkommens:
Monatliches bereinigtes Einkommen (§ 82 SGB XII) des HS; hier: 624,69 EUR abzgl. Kontoführungsgebühren mtl. 1,50 EUR 623,19 EUR
Monatliches bereinigtes Einkommen seines nicht getrennt lebenden 1.141,36 EUR Ehegatten (§82 SGB XII); hier: 1.156,87 EUR abzgl.
Hausratversicherung mtl. 15,51 EUR
abzüglich des bei einem weiteren Bedarf ggf. bereits eingesetzten
Einkommens (§ 89 Abs. 1 SGB XII)
maßgebendes Einkommen 1.764,55
1.1 Ermittlung des Garantiebetrages des Ehegatten Eckregelsatz 331,00 EUR
Kosten der Unterkunft 206,86
Garantiebetrag 537,86
2. Kostenbeitrag für Leistungen nach dem Dritten Kapitel - Ermittlung der Häuslichen Ersparnis - gem. § 82 Abs. 4 SGB Xll
2-1 § 82 Abs. 4 S. 1 SGB Xll
2.1.1 Ermittlung des gemeinsamen Bedarfs an HLU außerhalb der Einrichtung
Garantiebetrag des Ehegatten 537,86 EUR
Regelsatz Haushaltsangehöriger 265,00 EUR
Mehrbedarf gem. § 30 SGB XII 45.05
Bedarf an HLU außerhalb der Einrichtung 847,91 EUR
2.1.2 Ermittlung der Häuslichen Ersparnis
Bedarf an HLU außerhalb der Einrichtung 847,91 EUR
./. maßgebendes Einkommen nach 1. 1.764,55 EUR
übersteigendes Einkommen 916,64 EUR 108,11 % liegt das übersteigende Einkommen über dem Bedarf an HLU (2.1.1) (Häusliche Ersparnis = max. 150 % des RS HA- 265,00 EUR)
Häusliche Ersparnis 286,49 EUR
2-2 § 82 Abs. 4 S.2 SGB XII
2.2.1 Bedarf an HLU des/r Hilfesuchenden in der Einrichtung
Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsunfähigkeit 590,05 EUR Barbetrag 86,06 EUR
Bedarf an HLU in der Einrichtung 676,11 EUR
2.2.2 Ermittlung des übersteigenden Einkommens des/r Hilfe- Suchenden
Einkommen des/r Hilfesuchenden (1.) 623,19 EUR./. Häusliche Ersparnis aus 2.1 286,49 EUR
übersteigendes Einkommen 336,70 EUR
2.2.3 Ermittlung des übersteigenden Bedarfs in der Einrichtung
Bedarf in der Einrichtung (2.2.1) 676,11 EUR ,/. Häusliche Ersparnis aus 2.1 X 286,49 EUR
übersteigender Bedarf 389,62 EUR
2.2.4 Ermittlung des darüber hinaus angemessenen Kostenbeitrages
Kostenbeitrag = Ermessensentscheidung 80-100 % des übersteigenden Einkommens (2.2.2); wenn dieser Betrag den übersteigenden Bedarf (2.2.3) nicht übersteigt; hier: 80 % für sonstige besondere Belastungen, die nicht einzeln nachgewiesen wurden Kostenbeitrag 269,36 EUR
2.3. Häusliche Ersparnis und Kostenbeitrag gesamt (aus 2.1 +2.2) 555,85 EUR
3. Kostenbeitrag für Leistungen nach dem Sechsten bzw. Siebten Kapitel
3.1 Ermittlung der Einkommensgrenze gem. § 85 SGB XII
Grundbetrag 662,00 EUR
kalte Kosten der Unterkunft (außerhalb der Einrichtung) 148,14 EUR
Kosten der Unterkunft in der Einrichtung) 280,00 EUR
Familienzuschläge - 70% Eckregelsatz 331,00 EUR x 1. 232,00 EUR
Einkommensgrenze 1322,14 EUR
3.2 Ermittlung des übersteigenden Einkommens
maßgebendes Einkommen aus 1. 1.764,55 EUR
./. besondere Belastungen:
- Haftpflichtversicherung Auto mtl. 8,54 EUR - Verkehrrechtsschutzversicherung mtl. 13,23 EUR Hausratversicherung mtl. - vom Einkommen (1.) abgesetzt -Kfz-Steuer mtl. 6,82 EUR - Antennenanlage mtl. - in Kosten der Unterkunft (3.1) enthalten
Fahrtkosten zum Besuch Ehefrau 2-mal mtl. (0,22 EUR x 65 km 57,20 EUR x2)
./. Einkommensgrenze 1.322,14 EUR
übersteigendes Einkommen 356,62 EUR
3.3 Ermittlung des Einkommenseinsatzes gem. § 87 Abs. 1 SGB XII
70 % aus dem Betrag nach Nr. 3.2 gem. § 87 Abs. 1 SGB XII 249,63 EUR
Begründung: Ermessensspielraum zwischen 70 und 100 % bei einer Bedarfsgemeinschaft von 2 Personen - weitere Fahrten zur Ehefrau - für sonstige besondere Belastungen, die nicht einzeln nachgewiesen wurden
3.4 Kostenbeitrag 249,63 EUR
4. Eigenanteil gesamt
Summe aus 2.3 und 3.4 805,48 EUR
5.Kontrolle bzw. Berücksichtigung des Garantiebetrages - Gegenüberstellung des verbleibenden Einkommens mit dem Garantiebetrag
verbleibendes Einkommen (maßgeb. Einkommen aus 1.) 959,07 EUR 1.764,55 EUR./. Eigenanteil aus 4.) 805,48 EUR
Garantiebetrag des Ehegatten aus 1.1 537,86 EUR
Das verbleibende Einkommen liegt über dem Garantiebetrag"
Mit Schreiben vom 22.12.2005 legte die Bevollmächtigte der Klägerin gegen diesen Bescheid Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass der Bescheid gegen das Vertrauensschutzgebot verstoße. Zudem verstoße der Bescheid gegen § 89 SGB XII. Die Berechnung der häuslichen Ersparnis sei rechtswidrig und die Kosten der Unterkunft seien fehlerhaft ermittelt. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.2006 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Mit dem Inkrafttreten des SGB XII seien rückwirkend zu Recht neue Kostenbeiträge entsprechend der gesetzlichen Neuregelung erfolgt. Vertrauensschutz sei berücksichtigt worden, aber nicht hier einschlägig. § 89 SGB XII sei rechtens angewendet worden. Es sei entsprechend der Handhabungsempfehlung des LASF (Landesamt für Soziales und Familie) vorgegangen worden. Die Sozialhilferichtlinien seien vorliegend nicht angewandt worden. Aufgrund der systematischen Stellung des § 89 SGB XII im Zweiten Kapitel des Elften Kapitels SGB XII sei die Anwendung nur auf die in § 19 Abs. 3 SGB XII angesprochenen Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel beschränkt. Eine Anwendung auch auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel sei systemwidrig. Auch im Bezug auf die Häusliche Ersparnis sei § 82 Abs. 4 SGB XII zutreffend angewandt worden. Dem Beklagten sei zwar ein Ermessensspielraum eingeräumt, ob er einen Kostenbeitrag erhebt. Im Zuge der Gleichbehandlung habe sich der Beklagte an der Handlungsempfehlung des LASF orientiert. Entsprechend der Handlungsempfehlungen des LASF sei der Prozentsatz, um welches das Einkommen den Bedarf übersteige, auf das übersteigende Einkommen anzuwenden; der Kostenbeitrag dürfe jedoch 150% des Regelsatzes für den Haushaltsangehörigen nicht überschreiten. Die Angemessenheit sei entsprechend berücksichtigt worden und nur ein Prozentsatz von 80 % angesetzt worden. Nach Einsatz des Einkommens verblieben dem Ehegatten noch 959,07 EUR. Dieses Einkommen übersteige den Garantiebetrag um 421,21 EUR, so dass keine Gefahr bestünde, dass der Ehegatte der Klägerin selbst bedürftig werden könnte. Die Kosten der Unterkunft seien ebenfalls korrekt berücksichtigt worden. Mit der am 31.03.2006 erhoben Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor, dass die Ermittlung des Eigenanteils fehlerhaft sei. § 82 Abs. 4 Satz 2 SGB XII sei fehlerhaft angewendet worden. Schon der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, dass Satz 2 in der Regel nur bei Personen Anwendung finden soll, die alleinstehend seien und in einer Einrichtung lebten. Auch sei die Ermittlung des Einkommenseinsatzes gem. § 87 Abs. 1 SGB XII fehlerhaft. Die Klägerin sei in Pflegestufe 3 eingestuft. Es sei deshalb nur ein Einkommenseinsatz in Höhe von 40 % zulässig gem. § 87 Abs. 1 Satz 3 SGB XII.
Die Klägerin beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 22.11.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2006 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, den Eigenanteil an den Heimkosten der Klägerin neu zu berechnen und die Klägerin neu zu verbescheiden.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hält seine Bescheide für zutreffend. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen. Die die Klägerin betreffenden Akten des Beklagten (3 Bände) haben dem Gericht vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 22.11.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2006 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat Anspruch auf Berechnung des Eigenanteils ohne Einsatz der häuslichen Ersparnis, hier nach § 82 Abs. Abs. 4 SGB XII sowie unter Beachtung der Auslegung der §§ 87 Abs. 1 Satz 3, 88 und 89 SGB XII durch das Gericht. Nach § 82 Abs. 4 SGB XII in der damals gültigen Fassung vom 30.03.2005 (eingef. durch Art. 2 Nr. 4 G. v. 09.12.2004, BGBl. I, 3305; Art. 10 Nr. 5 G. v. 21.03.2005, BGBl. I, 818) bis 06.12.2006 (aufgehoben durch Art. 1 Nr. 13 Buchst. c G v. 2.12.2006, BGBl. I, 2670) kann die Aufbringung der Mittel verlangt werden, soweit eine Person in einer teilstationären oder stationären Einrichtung lebt, soweit Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden. Darüber hinaus soll in angemessenem Umfange die Aufbringung der Mittel verlangt werden von Personen, die auf voraussichtlich längere Zeit der Pflege in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung bedürfen, solange sie nicht einen Anderen überwiegend unterhalten. Das Gericht geht davon aus, dass diese Vorschrift für Ehegatten nicht anwendbar ist, es sei denn, es liegt der Fall vor, dass beide Eheleute sich auf Dauer in einer stationären Einrichtung befinden. Das Einkommen des Ehegatten wurde bereits im Rahmen des § 19 Abs. 1 SGB XII mitberücksichtigt, so dass er nicht bei der Prüfung des § 82 Abs. 4 SGB XII als Person angesehen werden kann, die nicht überwiegend unterhalten wird. Es wird von den Ehegatten "aus einem Topf" gewirtschaftet. Ein weiterer Grund für die Nichtanwendbarkeit dieser Vorschrift ist, dass sie zu ungereimten Ergebnissen führt. Nimmt man z.B. zwei Ehepaare, die jeweils zusammen das gleiche Gesamteinkommen (Familieneinkommen) haben, so würde bei dem Ehepaar, bei dem der Ehegatte, der weiter in der ehelichen Wohnung lebt, ein geringes oder gar kein Einkommen hat, kein Einsatz von Einkommen unter der Einkommensgrenze vorgenommen werden, weil in diesem Fall der Ehegatte im Heim den zu Hause Verbliebenen überwiegend unterhält. Hat dagegen der Ehegatte, der zu Hause verbleibt, ein annähernd gleich hohes oder höheres Einkommen als der Ehegatte im Heim, so würde eine Einkommensanrechnung unter der Einkommensgrenze stattfinden, obwohl das Familieneinkommen genau so hoch ist. Unausgewogen erscheint dieses Ergebnis auch im Hinblick darauf, dass umso eher eine Einkommensanrechnung unter der Einkommensgrenze stattfindet, umso höher das Einkommen des die Kosten nicht verursachenden Ehegatten ist. (vgl. zu dem Ganzen Niemann, Nachrichtendienst des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge 2006, 35). Die Kammer folgt der Argumentation des Deutschen Vereins in seinem Gutachten vom 10. Oktober 1985 (G 6-173/85 = Nachrichtendienst des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge - NDV - 1986, 58). Die dortige Argumentation ist schlüssig und führt nicht zu den von Niemann, a.a.O., Seite 36, benannten und oben bereits erwähnten ungereimten Ergebnissen (so auch Krahmer in LPK-BSHG, § 85 Rdnr. 15). Dieses Ergebnis wird durch die Neuregelung "der häuslichen Ersparnis" im § 92a SGB XII, der durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2. Dezember 2006 mit Wirkung vom 7. Dezember 2006 (BGBl. I, 2670) eingeführt worden ist und den Einkommenseinsatz bei Leistungen für Einrichtungen regelt, gestützt. Nach § 92a Absatz 1 SGB XII kann die Aufbringung der Mittel für die Leistungen in der Einrichtung nach dem Dritten (Hilfe zum Lebensunterhalt) und Vierten (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) Kapitel von einer Person, die Leistungen in einer stationären Einrichtung erhält, von dieser und ihrem nicht getrennt lebenden Ehegatten aus dem gemeinsamen Einkommen verlangt werden, soweit Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 16/2711) begrenzt Abs. 1 die Heranziehung zu den Kosten der erbrachten Leistungen auf die tatsächlich vorliegenden Einsparungen für den Lebensunterhalt, wenn eine Person in einer stationären Einrichtung lebt. Die Regelung stellt darüber hinaus ausdrücklich sicher, dass die Einkommensschonregelung auch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung Anwendung findet. § 92 a Abs. 2 SGB XII bestimmt, dass, wenn - wie hier - eine Person auf voraussichtlich längere Zeit Leistungen in einer stationären Einrichtung bedarf, die Aufbringung der Mittel über die häusliche Ersparnis des Abs. 1 hinaus in angemessenem Umfang verlangt werden soll. Hierzu ergibt sich aus der Gesetzesbegründung (aaO), dass mit der Änderung dem Grundsatz der Gleichbehandlung Rechnung getragen wird und damit die sich aus dem bisherigen Recht (§ 82 Abs. 4 SGB XII) ergebende Privilegierung der zu Hause lebenden und überwiegend vom Heimbewohner unterhaltenen (Ehe-)Partner beseitigt worden ist. Welche Beteiligung an den Kosten der Heimunterbringung angemessen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Neben der Dauer der erforderlichen Aufwendungen sind die besonderen Belastungen des Leistungsberechtigten und nach Abs. 3 der Vorschrift auch die bisherige Lebenssituation des im Haushalt verbliebenen (Ehe-)Partners sowie der im Haushalt lebenden unverheirateten Kinder zu berücksichtigen; insoweit handelt es sich im Verhältnis zu § 19 Abs. 1 und 2 SGB XII um eine Spezialnorm. Welcher Selbstbehalt dem im Haushalt verbliebenen (Ehe-)Partner zu belassen ist, richtet sich ebenfalls nach den Gegebenheiten des Einzelfalles, wobei dem Betroffenen nach dem Willen des Gesetzgebers (aaO) ein angemessener Betrag oberhalb des sozialhilferechtlich notwendigen Lebensunterhalts verbleiben soll. Bei der Prüfung der Frage des Selbstbehalts des im Haushalt verbliebenen (Ehe-)Partners ist dem Sozialhilfeträger vom Gesetzgeber weiterhin Ermessen eingeräumt worden, was die Träger der Sozialhilfe in die Lage versetzen soll, die frühere Praxis nach dem BSHG fortzuführen (aaO). In Anwendung dieser rechtlichen Grundsätze ist § 82 Abs. 4 SGB XII durch den beklagten im angegriffenen Bescheid fehlerhaft angewandt worden. Eine Anwendung des § 82 Abs. 4 SGB XII auf Ehegatten, die nicht beide stationär untergebracht sind, kommt nicht in Betracht. Hierfür spricht schon allein, dass mit der Neuregelung in § 92a SGB XII diese Privilegierung durch den Gesetzgeber aufgehoben wurde. Die Neuregelung der "häuslichen Ersparnis" dürfte nach § 92a SGB XII der Auffassung des Beklagten entsprechen, ist aber auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht anzuwenden; die Vorschrift ist erst am 07.12.2006 in Kraft getreten, also nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens. Darüber hinaus wäre der Bescheid auch unter Zugrundelegung des § 92a SGB XII rechtswidrig. Zunächst ist aus dem angegriffenen Bescheid in keiner Weise zu erkennen, ob und wie der Beklagte das ihm eingeräumte Ermessen ausgeübt hat. Der pauschale Hinweis auf die Verwendung Handlungsempfehlungen des LASF ersetzt nicht eine eigenständige Ermessensprüfung. Im Übrigen hat der Beklagte in diesem Bescheid seiner Prüfung den - aufgehobenen - § 82 Abs. 4 SGB XII zu Grunde gelegt; die nunmehr geltende Vorschrift des § 92a SGB XII hat er - ersichtlich - nicht geprüft und damit auch insbesondere nicht den Gesichtspunkt, dass die bisherige Lebenssituation des im Haushalt Verbliebenen zu berücksichtigen ist. Die pauschale Berechnung der häuslichen Ersparnis ist nach § 92a SGB XII nicht möglich. Der Beklagte hat im Rahmen seines Ermessens im Einzelnen die häusliche Ersparnis zu prüfen und dabei die vorherige Lebenssituation der Klägerin und ihres Ehemannes zu überprüfen. Das Gleiche gilt im Fall des § 88 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII in der bis zum 06.12.2006 gültigen Fassung. Danach kann die Aufbringung der Mittel, auch soweit das Einkommen unter der Einkommensgrenze liegt, verlangt werden, soweit bei teilstationären und stationären Leistungen Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden. Darüber hinaus soll in angemessenem Umfang die Aufbringung der Mittel verlangt werden von Personen, die auf voraussichtlich längere Zeit der Pflege in einer Einrichtung bedürfen, solange sie nicht einen Anderen überwiegend unterhalten. Auch in diesem Fall hält die Kammer einen Einkommenseinsatz nach § 88 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII a. F. für Ehegatten, die nicht beide stationär oder teilstationär untergebracht sind, nicht für gerechtfertigt. Niemann, a.a.O., Seite 36 ff hat schlüssig aufgezeigt, dass sich nach dem Willen des Gesetzgebers an der bisherigen Regelung nach dem BSHG grundsätzlich nichts ändern sollte. Auch weiterhin gilt vorliegend die Argumentation, dass die hier in Rede stehende Vorschrift vor allem Alleinstehende betreffen sollte, da diesbezüglich kein Schutzbedürfnis besteht, da sie niemanden zu versorgen haben bzw. ihr Einkommen nicht auch für andere mit zu berücksichtigen ist. Die oben genannten Argumente gegen einen Einsatz des Einkommens unter der Einkommensgrenze sind auch für das neue Recht (§ 88 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII in der bis zum 06.12.2006 geltenden Fassung) zutreffend. In der Neuregelung des § 88 SGB XII wurde die Ziffer 3 des Absatzes 1 ersatzlos gestrichen. Die Neuregelung ist vorliegend nicht anzuwenden, da auch diese erst mit dem 07.12.2006 in Kraft getreten ist. § 89 SGB XII ist ebenfalls seitens des Beklagten fehlerhaft angewendet worden. Nach Auffassung der Kommentarliteratur (vgl. nur Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2005, § 89 Rdnr. 2) handelt es sich vorliegend um eine Kollisionsnorm. Aus der systematischen Stellung im Zweiten Abschnitt des Elften Kapitels ergibt sich, dass § 89 SGB XII nur bei gleichzeitigem Mehrbedarf in Fällen der Hilfe des Fünften und Neunten Kapitels anzuwenden ist, so auch zum § 87 BSHG, VGH München, Urteil vom 30.07.1998, - 12 B 96.100 -. Dies erlangt vorliegend Bedeutung, weil bei Gewährung stationärer Leistungen zugleich der darin nicht eingeschlossene Lebensunterhalt sicherzustellen war. In einem solchem Fall, wie dem Vorliegenden ist es angemessen, zunächst das Einkommen zur Deckung des Bedarfs im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt heranzuziehen. Dabei ist entsprechend der Sozialhilferichtlinien des Thüringischen Landkreistages und des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen in der Fassung vom 01.07.2005, zuletzt geändert am 01.07.2007 (SHR 89.01) der Kostenbeitrag nach § 82 Abs. 4 SGB XII einkommensmindernd zu berücksichtigen. Denn auch in diesem Zusammenhang gilt, dass diese Vorschrift nur für Alleinstehende Berücksichtigung finden sollte wie auch in dem Fall, dass beide Ehepartner stationär oder teilstationär untergebracht sind. Auch in diesem Fall sollte der nicht stationär oder teilstationär untergebrachte Ehegatte privilegiert werden. Die Kammer geht deshalb davon aus, dass der Beklagte entgegen seiner Rechtsansicht, den Kostenbeitrag nach § 82 Abs. 4 SGB XII einkommensmindernd zu berücksichtigen hatte. In diesem Fall kommt hinzu, dass der Beklagte die ihm für die Ermessensausübung gesetzten Schranken verletzt hat. Der Beklagte wich vorliegend von den sonst regelmäßig befolgten Sozialhilferichtlinien ab, obwohl diese sich im Rahmen des Gesetzes gehalten haben und diese nicht zu rechtswidrigen Ergebnissen geführt haben. Ein Abweichen wurde auch nicht durch hinreichende sachliche Gründe gerechtfertigt. Folglich liegt darin allein schon eine Verletzung subjektiven Rechts. Von dieser Selbstbindung der Verwaltung durfte vorliegend nicht ohne sachliche Gründe abgewichen werden. Solche sind aber in den angegriffenen Bescheiden nicht erkennbar. Der pauschale Hinweis auf die Handreichung des LASF reicht hierfür jedenfalls nicht. Letztlich hält die Kammer auch die Anwendung des § 87 Abs. 1 Satz 2 SGB XII durch den Beklagten für rechtsfehlerhaft. Zwar ist es in der Rechtsliteratur streitig, ob mit der Bezugnahme in § 87 Abs. 1 Satz 3 SGB XII auf § 64 Abs. 3 SGB XII bzw. § 72 SGB XII der weite Einkommensschutz (Anrechnung des übersteigenden Einkommens nur i.H.v. maximal 40%) lediglich für die Fälle des Bezugs von Pflegegeld nach § 64 Abs. 3 SGB XII bzw. Blindengeld nach § 72 Abs. 2 SGB XII gilt oder ob diese Privilegierung für den Bezug von sämtlichen Leistungen für Schwerstpflegebedürftige bzw. Blinde gelten soll, vgl. Krahmer, ZfF 2007, 226. Die Kammer legt die Vorschrift dahingehend aus, dass - auch aufgrund der Entstehungsgeschichte (BT-Drucksache 15/1514, S. 66) - § 87 Abs. 1 Satz 3 SGB XII auf den Bezug aller Leistungen der Pflege für Schwerstpflegebedürftige bzw. Blinde, auch für die der häuslichen und für die der teil- bzw. vollstationären Pflege, anzuwenden ist. Die Vorschrift ist erst aufgrund der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 16.12.2003, BT-Drucks. 15/2260, Seite 9, dem Absatz 1 angefügt worden. Sie dient erkennbar dem Zweck, die durch die Vereinheitlichung der Einkommensgrenze auf erheblich niedrigerem Niveau als nach bisheriger Rechtslage belasteten behinderten und pflegebedürftigen Menschen zu privilegieren und einen teilweisen Ausgleich für die Absenkung der Einkommensgrenzen zu schaffen. Die Regelung hat nach Ansicht der Kammer zur Folge, dass das Einkommen von schwerstpflegebedürftigen oder blinden Menschen bzw. ihrer zum Einsatz verpflichteten Angehörigen i.S.d. § 19 Abs. 3, das über der Einkommensgrenze des § 85 SGB XII liegt, höchstens im Umfang von 40 % herangezogen werden darf. Erfasst sind von Satz 3 des § 87 Abs. 1 SGB XII die schwerstpflegebedürftigen Menschen nach § 64 Abs. 3 SGB XII, d.h. die Personen, die die Voraussetzungen der Pflegestufe III erfüllen. Eine Beschränkung auf die Personen, die Pflegegeld erhalten ist aus dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen. Nach einer am Wortlaut orientierte Auslegung kommt die Kammer zum Ergebnis, dass alle Schwerstpflegebedürftigen privilegiert werden. Dies entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers. Der Gesetzgeber wollte, das ist offensichtlich, nur hinsichtlich der Voraussetzungen für die Privilegierung auf § 64 Abs. 3 SGB XII verweisen, nicht aber um den Personenkreis zusätzlich noch weiter einzugrenzen. Der Gesetzgeber wollte den § 43 BSHG inhaltsgleich übertragen. Die Entstehungsgeschichte lässt ebenfalls kein anderes Ergebnis erkennen, vgl. BT-Drucks. 15/1514, Seite 66. Mit § 87 wurde inhaltsgleich der bisherige § 43 BSHG übertragen. Des Verweises bedurfte es, um den Personenkreis als solches zu definieren, nicht um Einschränkungen innerhalb des Personenkreises vorzunehmen. Hinsichtlich der Berechnung der Kosten der Unterkunft ist ebenfalls auf die zuvor dargestellte Problematik des § 82 Abs. 4 SGB XII hinzuweisen. Demzufolge ist die Berechnung, die den angegriffenen Bescheiden zugrunde liegt fehlerhaft, weil der Beklagte die den angegriffenen Bescheiden zugrunde liegenden Vorschriften rechtswidrig angewendet hat. Rechtsfolge ist ein Anspruch auf Neuberechnung des Eigenanteils der Klägerin nach den §§ 84, 87, 88 und 89 SGB XII in der bis zum 06.12.2006 gültigen Fassung. Was angemessen ist, entscheidet der Träger der Sozialhilfe nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
2. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Die 1940 geborene Klägerin liegt seit 2002 im Wachkoma und wird im Senioren- und Pflegeheim in M.gepflegt. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung beurteilt sie als erheblich pflegebedürftig (Pflegestufe III). Die Klägerin bezieht eine Rente in Höhe von 624,99 EUR. Der 1941 geborene Ehegatte der Klägerin bezieht eine Rente in Höhe von 1.156,87 EUR und wohnt in einer 2-Zimmer-Wohnung mit 45,5 qm Wohnfläche. Die Kaltmiete beträgt 122,13 EUR, für Heizung- und Warmwasser sind 77,35 EUR angefallen. Sonstige Betriebskosten wurden mit 48,85 EUR angegeben. Die Warmmiete betrug 248,33 EUR. Nachdem das einsetzbare Vermögen aufgebraucht war, wurde der Klägerin mit Bescheid vom 03.03.2004 ab dem 01.07.2003 bis auf weiteres Hilfe zur Pflege bewilligt. Es wurde ein Betrag in Höhe von 527,55 EUR als einzusetzendes Einkommen festgesetzt. Mit Bescheid vom22.11.2004 wurde der Klägerin weiterhin Hilfe zur Pflege bewilligt und der Betrag des einzusetzenden Einkommens auf 426,- EUR für die Zeit ab Juli 2003 festgesetzt. Mit Änderungsbescheid des Beklagten vom 11.05.2005 wurde das einzusetzende Einkommen auf insgesamt auf 1.015,97 EUR festgesetzt. Mit Bescheid vom 29.06.2005 wurde der Klägerin weiterhin Hilfe zur Pflege bewilligt und der Gesamteigenanteil der Klägerin auf 826,08 EUR festgesetzt. Mit Abhilfebescheid vom 15.11.2005 wurde der Bescheid vom 29.06.2005 aufgehoben. Mit Bescheid vom 22.11.2005 wurde der Klägerin ab dem 01.01.2005 bis 30.04.2005 und vom 01.05.2005 bis 30.06.2005 Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen in Höhe von monatlich 117,23 EUR und Leistungen der Hilfe zur Pflege in Einrichtungen in Höhe von 1.822,31 EUR monatlich gewährt. Der Eigenanteil wurde auf 814,66 EUR festgesetzt. Mit Bescheid vom 22.11.2005 wurde der Klägerin ab dem 01.07.2005 Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen in Höhe von monatlich 120,26 EUR und Leistungen der Hilfe zur Pflege in Einrichtungen in Höhe monatlich 1.828,46 EUR gewährt. Der Eigenanteil wurde auf 805,48 EUR festgesetzt. Die Berechnung wurde wie folgt vorgenommen: "Anlage zum Bescheid vom 22.11.2005
Ermittlung des Eigenanteils des Hilfesuchenden und der in § 19 SGB XII genannten Personen bei Hilfen nach dem Dritten und Sechsten bzw. Siebten Kapitel
Name des HS: K., K.
1. Zusammenstellung des Einkommens:
Monatliches bereinigtes Einkommen (§ 82 SGB XII) des HS; hier: 624,69 EUR abzgl. Kontoführungsgebühren mtl. 1,50 EUR 623,19 EUR
Monatliches bereinigtes Einkommen seines nicht getrennt lebenden 1.141,36 EUR Ehegatten (§82 SGB XII); hier: 1.156,87 EUR abzgl.
Hausratversicherung mtl. 15,51 EUR
abzüglich des bei einem weiteren Bedarf ggf. bereits eingesetzten
Einkommens (§ 89 Abs. 1 SGB XII)
maßgebendes Einkommen 1.764,55
1.1 Ermittlung des Garantiebetrages des Ehegatten Eckregelsatz 331,00 EUR
Kosten der Unterkunft 206,86
Garantiebetrag 537,86
2. Kostenbeitrag für Leistungen nach dem Dritten Kapitel - Ermittlung der Häuslichen Ersparnis - gem. § 82 Abs. 4 SGB Xll
2-1 § 82 Abs. 4 S. 1 SGB Xll
2.1.1 Ermittlung des gemeinsamen Bedarfs an HLU außerhalb der Einrichtung
Garantiebetrag des Ehegatten 537,86 EUR
Regelsatz Haushaltsangehöriger 265,00 EUR
Mehrbedarf gem. § 30 SGB XII 45.05
Bedarf an HLU außerhalb der Einrichtung 847,91 EUR
2.1.2 Ermittlung der Häuslichen Ersparnis
Bedarf an HLU außerhalb der Einrichtung 847,91 EUR
./. maßgebendes Einkommen nach 1. 1.764,55 EUR
übersteigendes Einkommen 916,64 EUR 108,11 % liegt das übersteigende Einkommen über dem Bedarf an HLU (2.1.1) (Häusliche Ersparnis = max. 150 % des RS HA- 265,00 EUR)
Häusliche Ersparnis 286,49 EUR
2-2 § 82 Abs. 4 S.2 SGB XII
2.2.1 Bedarf an HLU des/r Hilfesuchenden in der Einrichtung
Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsunfähigkeit 590,05 EUR Barbetrag 86,06 EUR
Bedarf an HLU in der Einrichtung 676,11 EUR
2.2.2 Ermittlung des übersteigenden Einkommens des/r Hilfe- Suchenden
Einkommen des/r Hilfesuchenden (1.) 623,19 EUR./. Häusliche Ersparnis aus 2.1 286,49 EUR
übersteigendes Einkommen 336,70 EUR
2.2.3 Ermittlung des übersteigenden Bedarfs in der Einrichtung
Bedarf in der Einrichtung (2.2.1) 676,11 EUR ,/. Häusliche Ersparnis aus 2.1 X 286,49 EUR
übersteigender Bedarf 389,62 EUR
2.2.4 Ermittlung des darüber hinaus angemessenen Kostenbeitrages
Kostenbeitrag = Ermessensentscheidung 80-100 % des übersteigenden Einkommens (2.2.2); wenn dieser Betrag den übersteigenden Bedarf (2.2.3) nicht übersteigt; hier: 80 % für sonstige besondere Belastungen, die nicht einzeln nachgewiesen wurden Kostenbeitrag 269,36 EUR
2.3. Häusliche Ersparnis und Kostenbeitrag gesamt (aus 2.1 +2.2) 555,85 EUR
3. Kostenbeitrag für Leistungen nach dem Sechsten bzw. Siebten Kapitel
3.1 Ermittlung der Einkommensgrenze gem. § 85 SGB XII
Grundbetrag 662,00 EUR
kalte Kosten der Unterkunft (außerhalb der Einrichtung) 148,14 EUR
Kosten der Unterkunft in der Einrichtung) 280,00 EUR
Familienzuschläge - 70% Eckregelsatz 331,00 EUR x 1. 232,00 EUR
Einkommensgrenze 1322,14 EUR
3.2 Ermittlung des übersteigenden Einkommens
maßgebendes Einkommen aus 1. 1.764,55 EUR
./. besondere Belastungen:
- Haftpflichtversicherung Auto mtl. 8,54 EUR - Verkehrrechtsschutzversicherung mtl. 13,23 EUR Hausratversicherung mtl. - vom Einkommen (1.) abgesetzt -Kfz-Steuer mtl. 6,82 EUR - Antennenanlage mtl. - in Kosten der Unterkunft (3.1) enthalten
Fahrtkosten zum Besuch Ehefrau 2-mal mtl. (0,22 EUR x 65 km 57,20 EUR x2)
./. Einkommensgrenze 1.322,14 EUR
übersteigendes Einkommen 356,62 EUR
3.3 Ermittlung des Einkommenseinsatzes gem. § 87 Abs. 1 SGB XII
70 % aus dem Betrag nach Nr. 3.2 gem. § 87 Abs. 1 SGB XII 249,63 EUR
Begründung: Ermessensspielraum zwischen 70 und 100 % bei einer Bedarfsgemeinschaft von 2 Personen - weitere Fahrten zur Ehefrau - für sonstige besondere Belastungen, die nicht einzeln nachgewiesen wurden
3.4 Kostenbeitrag 249,63 EUR
4. Eigenanteil gesamt
Summe aus 2.3 und 3.4 805,48 EUR
5.Kontrolle bzw. Berücksichtigung des Garantiebetrages - Gegenüberstellung des verbleibenden Einkommens mit dem Garantiebetrag
verbleibendes Einkommen (maßgeb. Einkommen aus 1.) 959,07 EUR 1.764,55 EUR./. Eigenanteil aus 4.) 805,48 EUR
Garantiebetrag des Ehegatten aus 1.1 537,86 EUR
Das verbleibende Einkommen liegt über dem Garantiebetrag"
Mit Schreiben vom 22.12.2005 legte die Bevollmächtigte der Klägerin gegen diesen Bescheid Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, dass der Bescheid gegen das Vertrauensschutzgebot verstoße. Zudem verstoße der Bescheid gegen § 89 SGB XII. Die Berechnung der häuslichen Ersparnis sei rechtswidrig und die Kosten der Unterkunft seien fehlerhaft ermittelt. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.2006 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Mit dem Inkrafttreten des SGB XII seien rückwirkend zu Recht neue Kostenbeiträge entsprechend der gesetzlichen Neuregelung erfolgt. Vertrauensschutz sei berücksichtigt worden, aber nicht hier einschlägig. § 89 SGB XII sei rechtens angewendet worden. Es sei entsprechend der Handhabungsempfehlung des LASF (Landesamt für Soziales und Familie) vorgegangen worden. Die Sozialhilferichtlinien seien vorliegend nicht angewandt worden. Aufgrund der systematischen Stellung des § 89 SGB XII im Zweiten Kapitel des Elften Kapitels SGB XII sei die Anwendung nur auf die in § 19 Abs. 3 SGB XII angesprochenen Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel beschränkt. Eine Anwendung auch auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel sei systemwidrig. Auch im Bezug auf die Häusliche Ersparnis sei § 82 Abs. 4 SGB XII zutreffend angewandt worden. Dem Beklagten sei zwar ein Ermessensspielraum eingeräumt, ob er einen Kostenbeitrag erhebt. Im Zuge der Gleichbehandlung habe sich der Beklagte an der Handlungsempfehlung des LASF orientiert. Entsprechend der Handlungsempfehlungen des LASF sei der Prozentsatz, um welches das Einkommen den Bedarf übersteige, auf das übersteigende Einkommen anzuwenden; der Kostenbeitrag dürfe jedoch 150% des Regelsatzes für den Haushaltsangehörigen nicht überschreiten. Die Angemessenheit sei entsprechend berücksichtigt worden und nur ein Prozentsatz von 80 % angesetzt worden. Nach Einsatz des Einkommens verblieben dem Ehegatten noch 959,07 EUR. Dieses Einkommen übersteige den Garantiebetrag um 421,21 EUR, so dass keine Gefahr bestünde, dass der Ehegatte der Klägerin selbst bedürftig werden könnte. Die Kosten der Unterkunft seien ebenfalls korrekt berücksichtigt worden. Mit der am 31.03.2006 erhoben Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor, dass die Ermittlung des Eigenanteils fehlerhaft sei. § 82 Abs. 4 Satz 2 SGB XII sei fehlerhaft angewendet worden. Schon der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, dass Satz 2 in der Regel nur bei Personen Anwendung finden soll, die alleinstehend seien und in einer Einrichtung lebten. Auch sei die Ermittlung des Einkommenseinsatzes gem. § 87 Abs. 1 SGB XII fehlerhaft. Die Klägerin sei in Pflegestufe 3 eingestuft. Es sei deshalb nur ein Einkommenseinsatz in Höhe von 40 % zulässig gem. § 87 Abs. 1 Satz 3 SGB XII.
Die Klägerin beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 22.11.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2006 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, den Eigenanteil an den Heimkosten der Klägerin neu zu berechnen und die Klägerin neu zu verbescheiden.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hält seine Bescheide für zutreffend. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen. Die die Klägerin betreffenden Akten des Beklagten (3 Bände) haben dem Gericht vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 22.11.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2006 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat Anspruch auf Berechnung des Eigenanteils ohne Einsatz der häuslichen Ersparnis, hier nach § 82 Abs. Abs. 4 SGB XII sowie unter Beachtung der Auslegung der §§ 87 Abs. 1 Satz 3, 88 und 89 SGB XII durch das Gericht. Nach § 82 Abs. 4 SGB XII in der damals gültigen Fassung vom 30.03.2005 (eingef. durch Art. 2 Nr. 4 G. v. 09.12.2004, BGBl. I, 3305; Art. 10 Nr. 5 G. v. 21.03.2005, BGBl. I, 818) bis 06.12.2006 (aufgehoben durch Art. 1 Nr. 13 Buchst. c G v. 2.12.2006, BGBl. I, 2670) kann die Aufbringung der Mittel verlangt werden, soweit eine Person in einer teilstationären oder stationären Einrichtung lebt, soweit Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden. Darüber hinaus soll in angemessenem Umfange die Aufbringung der Mittel verlangt werden von Personen, die auf voraussichtlich längere Zeit der Pflege in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung bedürfen, solange sie nicht einen Anderen überwiegend unterhalten. Das Gericht geht davon aus, dass diese Vorschrift für Ehegatten nicht anwendbar ist, es sei denn, es liegt der Fall vor, dass beide Eheleute sich auf Dauer in einer stationären Einrichtung befinden. Das Einkommen des Ehegatten wurde bereits im Rahmen des § 19 Abs. 1 SGB XII mitberücksichtigt, so dass er nicht bei der Prüfung des § 82 Abs. 4 SGB XII als Person angesehen werden kann, die nicht überwiegend unterhalten wird. Es wird von den Ehegatten "aus einem Topf" gewirtschaftet. Ein weiterer Grund für die Nichtanwendbarkeit dieser Vorschrift ist, dass sie zu ungereimten Ergebnissen führt. Nimmt man z.B. zwei Ehepaare, die jeweils zusammen das gleiche Gesamteinkommen (Familieneinkommen) haben, so würde bei dem Ehepaar, bei dem der Ehegatte, der weiter in der ehelichen Wohnung lebt, ein geringes oder gar kein Einkommen hat, kein Einsatz von Einkommen unter der Einkommensgrenze vorgenommen werden, weil in diesem Fall der Ehegatte im Heim den zu Hause Verbliebenen überwiegend unterhält. Hat dagegen der Ehegatte, der zu Hause verbleibt, ein annähernd gleich hohes oder höheres Einkommen als der Ehegatte im Heim, so würde eine Einkommensanrechnung unter der Einkommensgrenze stattfinden, obwohl das Familieneinkommen genau so hoch ist. Unausgewogen erscheint dieses Ergebnis auch im Hinblick darauf, dass umso eher eine Einkommensanrechnung unter der Einkommensgrenze stattfindet, umso höher das Einkommen des die Kosten nicht verursachenden Ehegatten ist. (vgl. zu dem Ganzen Niemann, Nachrichtendienst des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge 2006, 35). Die Kammer folgt der Argumentation des Deutschen Vereins in seinem Gutachten vom 10. Oktober 1985 (G 6-173/85 = Nachrichtendienst des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge - NDV - 1986, 58). Die dortige Argumentation ist schlüssig und führt nicht zu den von Niemann, a.a.O., Seite 36, benannten und oben bereits erwähnten ungereimten Ergebnissen (so auch Krahmer in LPK-BSHG, § 85 Rdnr. 15). Dieses Ergebnis wird durch die Neuregelung "der häuslichen Ersparnis" im § 92a SGB XII, der durch Art. 1 des Gesetzes zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2. Dezember 2006 mit Wirkung vom 7. Dezember 2006 (BGBl. I, 2670) eingeführt worden ist und den Einkommenseinsatz bei Leistungen für Einrichtungen regelt, gestützt. Nach § 92a Absatz 1 SGB XII kann die Aufbringung der Mittel für die Leistungen in der Einrichtung nach dem Dritten (Hilfe zum Lebensunterhalt) und Vierten (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) Kapitel von einer Person, die Leistungen in einer stationären Einrichtung erhält, von dieser und ihrem nicht getrennt lebenden Ehegatten aus dem gemeinsamen Einkommen verlangt werden, soweit Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 16/2711) begrenzt Abs. 1 die Heranziehung zu den Kosten der erbrachten Leistungen auf die tatsächlich vorliegenden Einsparungen für den Lebensunterhalt, wenn eine Person in einer stationären Einrichtung lebt. Die Regelung stellt darüber hinaus ausdrücklich sicher, dass die Einkommensschonregelung auch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung Anwendung findet. § 92 a Abs. 2 SGB XII bestimmt, dass, wenn - wie hier - eine Person auf voraussichtlich längere Zeit Leistungen in einer stationären Einrichtung bedarf, die Aufbringung der Mittel über die häusliche Ersparnis des Abs. 1 hinaus in angemessenem Umfang verlangt werden soll. Hierzu ergibt sich aus der Gesetzesbegründung (aaO), dass mit der Änderung dem Grundsatz der Gleichbehandlung Rechnung getragen wird und damit die sich aus dem bisherigen Recht (§ 82 Abs. 4 SGB XII) ergebende Privilegierung der zu Hause lebenden und überwiegend vom Heimbewohner unterhaltenen (Ehe-)Partner beseitigt worden ist. Welche Beteiligung an den Kosten der Heimunterbringung angemessen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Neben der Dauer der erforderlichen Aufwendungen sind die besonderen Belastungen des Leistungsberechtigten und nach Abs. 3 der Vorschrift auch die bisherige Lebenssituation des im Haushalt verbliebenen (Ehe-)Partners sowie der im Haushalt lebenden unverheirateten Kinder zu berücksichtigen; insoweit handelt es sich im Verhältnis zu § 19 Abs. 1 und 2 SGB XII um eine Spezialnorm. Welcher Selbstbehalt dem im Haushalt verbliebenen (Ehe-)Partner zu belassen ist, richtet sich ebenfalls nach den Gegebenheiten des Einzelfalles, wobei dem Betroffenen nach dem Willen des Gesetzgebers (aaO) ein angemessener Betrag oberhalb des sozialhilferechtlich notwendigen Lebensunterhalts verbleiben soll. Bei der Prüfung der Frage des Selbstbehalts des im Haushalt verbliebenen (Ehe-)Partners ist dem Sozialhilfeträger vom Gesetzgeber weiterhin Ermessen eingeräumt worden, was die Träger der Sozialhilfe in die Lage versetzen soll, die frühere Praxis nach dem BSHG fortzuführen (aaO). In Anwendung dieser rechtlichen Grundsätze ist § 82 Abs. 4 SGB XII durch den beklagten im angegriffenen Bescheid fehlerhaft angewandt worden. Eine Anwendung des § 82 Abs. 4 SGB XII auf Ehegatten, die nicht beide stationär untergebracht sind, kommt nicht in Betracht. Hierfür spricht schon allein, dass mit der Neuregelung in § 92a SGB XII diese Privilegierung durch den Gesetzgeber aufgehoben wurde. Die Neuregelung der "häuslichen Ersparnis" dürfte nach § 92a SGB XII der Auffassung des Beklagten entsprechen, ist aber auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht anzuwenden; die Vorschrift ist erst am 07.12.2006 in Kraft getreten, also nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens. Darüber hinaus wäre der Bescheid auch unter Zugrundelegung des § 92a SGB XII rechtswidrig. Zunächst ist aus dem angegriffenen Bescheid in keiner Weise zu erkennen, ob und wie der Beklagte das ihm eingeräumte Ermessen ausgeübt hat. Der pauschale Hinweis auf die Verwendung Handlungsempfehlungen des LASF ersetzt nicht eine eigenständige Ermessensprüfung. Im Übrigen hat der Beklagte in diesem Bescheid seiner Prüfung den - aufgehobenen - § 82 Abs. 4 SGB XII zu Grunde gelegt; die nunmehr geltende Vorschrift des § 92a SGB XII hat er - ersichtlich - nicht geprüft und damit auch insbesondere nicht den Gesichtspunkt, dass die bisherige Lebenssituation des im Haushalt Verbliebenen zu berücksichtigen ist. Die pauschale Berechnung der häuslichen Ersparnis ist nach § 92a SGB XII nicht möglich. Der Beklagte hat im Rahmen seines Ermessens im Einzelnen die häusliche Ersparnis zu prüfen und dabei die vorherige Lebenssituation der Klägerin und ihres Ehemannes zu überprüfen. Das Gleiche gilt im Fall des § 88 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII in der bis zum 06.12.2006 gültigen Fassung. Danach kann die Aufbringung der Mittel, auch soweit das Einkommen unter der Einkommensgrenze liegt, verlangt werden, soweit bei teilstationären und stationären Leistungen Aufwendungen für den häuslichen Lebensunterhalt erspart werden. Darüber hinaus soll in angemessenem Umfang die Aufbringung der Mittel verlangt werden von Personen, die auf voraussichtlich längere Zeit der Pflege in einer Einrichtung bedürfen, solange sie nicht einen Anderen überwiegend unterhalten. Auch in diesem Fall hält die Kammer einen Einkommenseinsatz nach § 88 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII a. F. für Ehegatten, die nicht beide stationär oder teilstationär untergebracht sind, nicht für gerechtfertigt. Niemann, a.a.O., Seite 36 ff hat schlüssig aufgezeigt, dass sich nach dem Willen des Gesetzgebers an der bisherigen Regelung nach dem BSHG grundsätzlich nichts ändern sollte. Auch weiterhin gilt vorliegend die Argumentation, dass die hier in Rede stehende Vorschrift vor allem Alleinstehende betreffen sollte, da diesbezüglich kein Schutzbedürfnis besteht, da sie niemanden zu versorgen haben bzw. ihr Einkommen nicht auch für andere mit zu berücksichtigen ist. Die oben genannten Argumente gegen einen Einsatz des Einkommens unter der Einkommensgrenze sind auch für das neue Recht (§ 88 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII in der bis zum 06.12.2006 geltenden Fassung) zutreffend. In der Neuregelung des § 88 SGB XII wurde die Ziffer 3 des Absatzes 1 ersatzlos gestrichen. Die Neuregelung ist vorliegend nicht anzuwenden, da auch diese erst mit dem 07.12.2006 in Kraft getreten ist. § 89 SGB XII ist ebenfalls seitens des Beklagten fehlerhaft angewendet worden. Nach Auffassung der Kommentarliteratur (vgl. nur Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2005, § 89 Rdnr. 2) handelt es sich vorliegend um eine Kollisionsnorm. Aus der systematischen Stellung im Zweiten Abschnitt des Elften Kapitels ergibt sich, dass § 89 SGB XII nur bei gleichzeitigem Mehrbedarf in Fällen der Hilfe des Fünften und Neunten Kapitels anzuwenden ist, so auch zum § 87 BSHG, VGH München, Urteil vom 30.07.1998, - 12 B 96.100 -. Dies erlangt vorliegend Bedeutung, weil bei Gewährung stationärer Leistungen zugleich der darin nicht eingeschlossene Lebensunterhalt sicherzustellen war. In einem solchem Fall, wie dem Vorliegenden ist es angemessen, zunächst das Einkommen zur Deckung des Bedarfs im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt heranzuziehen. Dabei ist entsprechend der Sozialhilferichtlinien des Thüringischen Landkreistages und des Gemeinde- und Städtebundes Thüringen in der Fassung vom 01.07.2005, zuletzt geändert am 01.07.2007 (SHR 89.01) der Kostenbeitrag nach § 82 Abs. 4 SGB XII einkommensmindernd zu berücksichtigen. Denn auch in diesem Zusammenhang gilt, dass diese Vorschrift nur für Alleinstehende Berücksichtigung finden sollte wie auch in dem Fall, dass beide Ehepartner stationär oder teilstationär untergebracht sind. Auch in diesem Fall sollte der nicht stationär oder teilstationär untergebrachte Ehegatte privilegiert werden. Die Kammer geht deshalb davon aus, dass der Beklagte entgegen seiner Rechtsansicht, den Kostenbeitrag nach § 82 Abs. 4 SGB XII einkommensmindernd zu berücksichtigen hatte. In diesem Fall kommt hinzu, dass der Beklagte die ihm für die Ermessensausübung gesetzten Schranken verletzt hat. Der Beklagte wich vorliegend von den sonst regelmäßig befolgten Sozialhilferichtlinien ab, obwohl diese sich im Rahmen des Gesetzes gehalten haben und diese nicht zu rechtswidrigen Ergebnissen geführt haben. Ein Abweichen wurde auch nicht durch hinreichende sachliche Gründe gerechtfertigt. Folglich liegt darin allein schon eine Verletzung subjektiven Rechts. Von dieser Selbstbindung der Verwaltung durfte vorliegend nicht ohne sachliche Gründe abgewichen werden. Solche sind aber in den angegriffenen Bescheiden nicht erkennbar. Der pauschale Hinweis auf die Handreichung des LASF reicht hierfür jedenfalls nicht. Letztlich hält die Kammer auch die Anwendung des § 87 Abs. 1 Satz 2 SGB XII durch den Beklagten für rechtsfehlerhaft. Zwar ist es in der Rechtsliteratur streitig, ob mit der Bezugnahme in § 87 Abs. 1 Satz 3 SGB XII auf § 64 Abs. 3 SGB XII bzw. § 72 SGB XII der weite Einkommensschutz (Anrechnung des übersteigenden Einkommens nur i.H.v. maximal 40%) lediglich für die Fälle des Bezugs von Pflegegeld nach § 64 Abs. 3 SGB XII bzw. Blindengeld nach § 72 Abs. 2 SGB XII gilt oder ob diese Privilegierung für den Bezug von sämtlichen Leistungen für Schwerstpflegebedürftige bzw. Blinde gelten soll, vgl. Krahmer, ZfF 2007, 226. Die Kammer legt die Vorschrift dahingehend aus, dass - auch aufgrund der Entstehungsgeschichte (BT-Drucksache 15/1514, S. 66) - § 87 Abs. 1 Satz 3 SGB XII auf den Bezug aller Leistungen der Pflege für Schwerstpflegebedürftige bzw. Blinde, auch für die der häuslichen und für die der teil- bzw. vollstationären Pflege, anzuwenden ist. Die Vorschrift ist erst aufgrund der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 16.12.2003, BT-Drucks. 15/2260, Seite 9, dem Absatz 1 angefügt worden. Sie dient erkennbar dem Zweck, die durch die Vereinheitlichung der Einkommensgrenze auf erheblich niedrigerem Niveau als nach bisheriger Rechtslage belasteten behinderten und pflegebedürftigen Menschen zu privilegieren und einen teilweisen Ausgleich für die Absenkung der Einkommensgrenzen zu schaffen. Die Regelung hat nach Ansicht der Kammer zur Folge, dass das Einkommen von schwerstpflegebedürftigen oder blinden Menschen bzw. ihrer zum Einsatz verpflichteten Angehörigen i.S.d. § 19 Abs. 3, das über der Einkommensgrenze des § 85 SGB XII liegt, höchstens im Umfang von 40 % herangezogen werden darf. Erfasst sind von Satz 3 des § 87 Abs. 1 SGB XII die schwerstpflegebedürftigen Menschen nach § 64 Abs. 3 SGB XII, d.h. die Personen, die die Voraussetzungen der Pflegestufe III erfüllen. Eine Beschränkung auf die Personen, die Pflegegeld erhalten ist aus dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen. Nach einer am Wortlaut orientierte Auslegung kommt die Kammer zum Ergebnis, dass alle Schwerstpflegebedürftigen privilegiert werden. Dies entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers. Der Gesetzgeber wollte, das ist offensichtlich, nur hinsichtlich der Voraussetzungen für die Privilegierung auf § 64 Abs. 3 SGB XII verweisen, nicht aber um den Personenkreis zusätzlich noch weiter einzugrenzen. Der Gesetzgeber wollte den § 43 BSHG inhaltsgleich übertragen. Die Entstehungsgeschichte lässt ebenfalls kein anderes Ergebnis erkennen, vgl. BT-Drucks. 15/1514, Seite 66. Mit § 87 wurde inhaltsgleich der bisherige § 43 BSHG übertragen. Des Verweises bedurfte es, um den Personenkreis als solches zu definieren, nicht um Einschränkungen innerhalb des Personenkreises vorzunehmen. Hinsichtlich der Berechnung der Kosten der Unterkunft ist ebenfalls auf die zuvor dargestellte Problematik des § 82 Abs. 4 SGB XII hinzuweisen. Demzufolge ist die Berechnung, die den angegriffenen Bescheiden zugrunde liegt fehlerhaft, weil der Beklagte die den angegriffenen Bescheiden zugrunde liegenden Vorschriften rechtswidrig angewendet hat. Rechtsfolge ist ein Anspruch auf Neuberechnung des Eigenanteils der Klägerin nach den §§ 84, 87, 88 und 89 SGB XII in der bis zum 06.12.2006 gültigen Fassung. Was angemessen ist, entscheidet der Träger der Sozialhilfe nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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