Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 69 U 313/99
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 U 3/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Oktober 2000 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin wegen der Folgen eines Bandscheibenvorfalls Verletztenteilrente zu gewähren.
Die 1963 geborene Klägerin war seit März 1990 als Krankenschwester in der chirurgischen Wachstation des Uklinikums Be F beschäftigt. Am 10. Dezember 1997 half sie - der Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 22. Juni 1998 zufolge - einem Patienten beim Aufstehen aus dem Bett, als dieser sich unerwartet und heftig nach hinten warf. Bei dem Versuch, den Patienten zu halten kam es zu einer plötzlichen, ruckartigen Vorwärtsbewegung des Oberkörpers. Im selben Augenblick verspürte die Klägerin einen stechenden Schmerz in der Lendenwirbelsäule. Nachdem die Klägerin am Folgetag ihre Hausärztin aufgesucht hatte, begab sie sich am 15. Dezember 1997 in die Behandlung der Ärzte Dres. S, M und L, die ein Magnetresonanztomogram (MRT) veranlassten, das am 19. Dezember 1997 von Dr. T gefertigt wurde. Danach bestand eine Osteochondrose mit gedecktem, nach kaudal sequestriertem Bandscheibenvorfall LWK 5/SWK 1 sowie eine relative Steilstellung der Lendenwirbelsäule. Aufgrund eines der Beklagten am 2. März 1998 übersandten Zwischenberichts der Dres. S u.a., die um Klärung baten, ob es sich um einen Arbeitsunfall handele, holte die Beklagte ein Vorerkrankungsverzeichnis ein. Anschließend veranlasste sie ein Zusammenhangsgutachten, das Dr. Vam 28. September 1998 im Einvernehmen mit Prof. Dr. R erstattete. Er führte aus, der Bandscheibenvorfall im Niveau L5/S1 sei nur anlässlich des Ereignisses vom 10. Dezember 1997 aufgetreten. Die MRT-Aufnahmen vom 19. Dezember 1997 zeigten eine in ihrer Gesamtheit veränderte Bandscheibe, in denen der gesamte Faserring ein anderes Signalverhalten als die angrenzenden Bandscheiben zeige. Es sei bereits eine deutliche arthrotische Veränderung in den kleinen Wirbelgelenken vorhanden. Die degenerativen Veränderungen im Bereich der Bandscheibe seien bei der Klägerin schon weit fortgeschritten gewesen. Es liege auch kein adäquater Unfallmechanismus vor. Weder sei es zu einer schweren Stauchung der Lendenwirbelsäule noch zu einer ungewöhnlichen, überraschenden und daher unkoordinierten Kraftanstrengung wie z.B. beim Ausrutschen oder bei einem Sturz mit einer schweren Last gekommen. Vielmehr sei bei der Mobilisierung eines Patienten durch willkürliche Muskelanspannung ein Schutzmechanismus für die Wirbelsäule gegeben. Der Bandscheibenvorfall hätte bei jeder anderen Verrichtung des täglichen Lebens in naher Zukunft eintreten können.
Mit Bescheid vom 7. Dezember 1998 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Entschädigung aus Anlass des Ereignisses vom 10. Dezember 1997 ab. Es liege kein Arbeitsunfall vor, da es sich bei dem angeschuldigten Ereignis um eine so genannte Gelegenheitsursache handele. Das Ereignis sei nur ein zufälliger Auslöser für den Bandscheibenvorfall gewesen, der die Folge einer langsamen Zermürbung der Lendenwirbelscheibe sei.
Mit ihrem Widerspruch wandte die Klägerin ein, der zu mobilisierende Patient mit einem Gewicht von 90 kg habe sich, als er bereits auf der Bettkante gesessen habe, unerwartet und heftig nach hinten geworfen. Dieses plötzliche Ereignis habe keine willkürliche Muskelanspannung der Wirbelsäule zugelassen.
Durch Widerspruchsbescheid vom 25. März 1999 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ein Bandscheibenvorfall sei die Folge einer langsamen Zermürbung der Zwischenwirbelscheiben. Ein Unfallereignis gebe in der Regel nur den Anlass für das Auftreten der Beschwerden, stelle aber nicht ihre rechtlich erhebliche Ursache dar. Art und Stärke der Gewalteinwirkung auf den entsprechenden Wirbelsäulenabschnitt seien nicht ausreichend gewesen, um eine gesunde Bandscheibe zu schädigen. Ursache sei vielmehr eine degenerative Veränderung der Bandscheibe, die durch die Instabilität schon zu Veränderungen der kleinen Wirbelgelenke geführt habe, gewesen.
Das dagegen angerufene Sozialgericht hat ein Sachverständigengutachten des Chirurgen und Sozialmediziners Dr. B eingeholt. Diesem lag auch ein Entlassungsbericht der P OKlinik, B Gandersheim, über ein Heilverfahren vom 24. Juni bis zum 22. Juli 1998 vor. In seinem Gutachten vom 8. Juni 2000 ist der Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt, bei der Klägerin bestünden nicht nur die bereits von Dr. V beschriebenen Verschleißprozesse im Bereich der Lendenwirbelsäule, sondern auch eine kyphoskoliotische Fehlhaltung im Bereich der Brustwirbelsäule mit deutlichen osteochondrotischen und beginnenden spondylarthrotischen Veränderungen. Es liege ein deutlicher, das Alter überschreitender Verschleißprozess der Wirbelsäule vor. Auch seien erheblich stärkere Beschwerden im Bereich der Iliosacralfuge angegeben worden, ein Befund, der nur mittelbar mit einer Fehlstatik der Wirbelsäule im Zusammenhang zu bringen, aber nicht ursächlich auf einen etwaigen Bandscheibenvorfall zurückzuführen sei. Die Klägerin habe ihm gegenüber geschildert, dass sie nach einer etwa 10-minütigen Pause habe weiter arbeiten können und erst am nächsten Tag beim Aufheben eines Gegenstandes vom Fußboden eine noch stärkere und plötzlich auftretende Symptomatik gespürt habe. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit müsse davon ausgegangen werden, dass die degenerativen Veränderungen im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule ursächlich für den später festgestellten Bandscheibenvorfall seien, der auch bei jeder anderen Verrichtung des täglichen Lebens hätte auftreten können. Der Schilderung der Klägerin zufolge sei es erst am Tag danach beim Aufheben eines Gegenstandes vom Fußboden zu einem heftigen, plötzlichen stechenden Schmerz in der Lendenwirbelsäule gekommen.
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 27. Oktober 2000 die Klage abgewiesen. Es liege schon kein Arbeitsunfall vor. Die Kammer folge dem Gutachten von Dr. B, wonach kein geeigneter Unfallmechanismus für einen isolierten Bandscheibenvorfall vorgelegen habe. Das Ergebnis sei auch nach Auffassung der Kammer eher mit dem Heben oder plötzlichen Auffangen einer Last zu vergleichen, das nach Dr. B als Gegenbeispiel eines geeigneten Unfallereignisses dargestellt werde. Auch seien Dr. B und Prof. Dr. R übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass bei der Klägerin eine bereits vorgeschädigte Wirbelsäule vorgelegen habe. Soweit im Entlassungsbericht der P O-Klinik darauf hingewiesen werde, die dort gefertigten Röntgenbilder hätten keine degenerativen Veränderungen ausgewiesen, könne dies nur bedeuten, dass die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule auf den Röntgenbildern nicht zu sehen gewesen seien. Gegen das Vorliegen eines traumatisch bedingten Bandscheibenvorfalls spreche auch, dass die Klägerin nicht gezwungen gewesen sei, sofort ihre Arbeit einzustellen.
Gegen das ihr am 5. Dezember 2000 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 3. Januar 2001. Sie macht geltend, selbst wenn man entgegen der Befundung im Heilverfahren von einer vorgeschädigten Bandscheibe ausgehe, liege jedenfalls eine richtunggebende Verschlimmerung vor. Die Unfallschilderung spreche nicht gegen die Annahme eines Arbeitsunfalls, da sie brüsk nach vorn gerissen worden sei, so dass zumindest kein geringer Zusatzimpuls vorgelegen habe, der das aktuelle klinische Syndrom ausgelöst habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Oktober 2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. März 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 10. Dezember 1997 eine Verletztenteilrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten von dem Radiologen Prof. Dr. G vom 7. Juni 2002 eingeholt. Dieser hat dargelegt, in dem MRT vom 19. Dezember 1997 sei keine Osteochondrose, sondern eine Chondrosis intervertebralis zu erkennen. Der Nachweis eines nicht von einer Reaktion des benachbarten Knochen begleiteten Schadens der Bandscheibe deute darauf hin, dass der Verschleißprozess vor erst vergleichsweise kurzer Zeit (Monate bis wenige Jahre) eingesetzt habe. Die Steilstellung der Lendenwirbelsäule sei als Reaktion auf den Bandscheibenvorfall und nicht als vorbestehend zu deuten. Das von Dr. B gefertigte Röntgenbild der Lendenwirbelsäule zeige weder eine Osteochondrose noch die dort ebenfalls benannte Spondylosis deformans. Der Bandscheibenprolaps sei im Sinne einer wesentlichen Verschlimmerung einer unfallunabhängigen Erkrankung ursächlich auf das Ereignis vom 10. Dezember 1997 zurückzuführen. Es habe sich um eine ungewöhnliche, überraschende, daher unkoordinierte Kraftanstrengung gehandelt, bei der erhebliche Kräfte auf die Wirbelsäule eingewirkt hätten. Die Tatsache, dass die Klägerin am Unfalltag nach kurzer Pause weiter gearbeitet habe, spreche nicht gegen diese Einschätzung, da bis zum dritten Tag auftretende Beschwerden mit dem Unfall kausal in Verbindung stehen könnten. Die Biomechanik des Unfalls erkläre den Riss im hinteren Anteil des Faserringes und den anschließenden Vorfall von Anteilen des Gallertkerns hinreichend. Abrupte, mit Hyperflexion verbundene Bewegungen könnten eine vorgeschädigte Gelenkinnenscheibe ohne Fraktur der benachbarten Wirbel zerreißen. Die durch die bildgebenden Verfahren gesicherte vorbestehende Diskopathie sei klinisch stumm gewesen. Der Deutung, dass der Bandscheibenvorfall auch bei jeder anderen Verrichtung des täglichen Lebens hätte eintreten können, stehe die Tatsache entgegen, dass die Klägerin bis zum Unfalltag trotz der unzweifelhaft bestehenden Diskopathie LWK 5/SWK 1 unter den Bedingungen des täglichen beruflichen und häuslichen Lebens beschwerdefrei gewesen sei.
Hierzu hat die Beklagte ein Aktenlagegutachten des Arztes für Orthopädie und Sportmedizin Dr. B vom 9. Oktober 2002 eingeholt. Dieser hat geltend gemacht, die Interpretation der Kausalität durch Prof. Dr. G widerspreche den üblichen traumatischen Bewertungen. Der Unfallmechanismus, der auf die Wirbelsäule gewirkt habe, bestehe im Wesentlichen im Sinne eines ruckartigen Vornüberkippens aufgrund des Mitreißens durch den Patienten. Es handele sich hierbei zwar um eine stärkere körperliche Anstrengung, jedoch nicht um ein Unfallgeschehen im eigentlichen Sinne. Bei einem echten traumatischen Bandscheibenvorfall sei die Symptomatik in der Regel so heftig und gravierend, dass die sofortige Arbeitsniederlegung notwendig sei. Es könne im Hinblick darauf, dass die Klägerin am nächsten Tag ärztliche Hilfe in Anspruch genommen habe, wobei sie an diesem Tag plötzlich einen Stich verspürt habe, davon ausgegangen werden, dass zwar am 10. Dezember 1997 die Gefügelockerung bei erheblicher degenerativer Vorschädigung in einem zeitlichen Zusammenhang mit dem Ereignis bei der Mobilisierung des Patientens begonnen habe. Der entscheidende Vorfall sei offensichtlich erst am nächsten Tag eingetreten. Insoweit scheide eine traumatische Genese des Bandscheibenvorfalls am 10. Dezember 1997 mit Sicherheit aus.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akten des SG - S 69 U 313/99 -) und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Sie hat keinen Anspruch auf Verletztenteilrente. Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf eine Rente, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit. Unfälle sind gemäß Satz 2 der Vorschrift zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein derartiges äußeres Ereignis liegt hier darin, dass der auf der Bettkante sitzende Patient sich unerwartet und heftig nach hinten geworfen hat. Durch dieses Ereignis wurde die Klägerin nach vorn gerissen.
Voraussetzung für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch ist weiterhin, dass zwischen dem Unfallereignis und der bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörung ein ursächlicher Zusammenhang besteht (haftungsausfüllende Kausalität). Dieser Zusammenhang muss nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hinreichend wahrscheinlich sein (vgl. BSGE 58, 76, 79). Hierunter ist eine Wahrscheinlichkeit zu verstehen, nach der bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gestützt werden kann (BSGE 45, 285, 286).
An einem ursächlichen Zusammenhang im Rechtssinne fehlt es, wenn die Bandscheibe so leicht hätte verletzt werden können, dass es hierfür nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurft hätte. Das ist dann der Fall, wenn die akuten Erscheinungen zu derselben Zeit auch ohne äußere Einwirkungen auftreten könnten oder jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis die Erscheinungen ausgelöst hätte (BSG, Urteil vom 2. Mai 2001, HVBG-Info 2001, 1730 bis 1720 mit weiteren Nachweisen). In diesem Fall besitzt der Arbeitsunfall wegen der überragenden Bedeutung und Tragweite der unabhängigen Schadensanlage nicht die Qualität einer rechtlich wesentlichen Bedingung. Wenn es für die Auslösung der Schadensanlage nur noch eines geringfügigen Anstoßes durch beliebig austauschbare Belastungen bedurft hätte, um den konkreten Gesundheitsschaden auszulösen, überwiegt die Kausalreihe der Schadensanlage. Ist ein solches eindeutiges Überwiegen nicht hinreichend sicher und mit überzeugender Begründung feststellbar, müssen beide Kausalreihen als „annähernd gleichwertige Mitursachen“ und der Arbeitsunfall als wesentliche Teilursache gewertet werden (vgl. Erlenkemper, Arbeitsunfall, Schadensanlage und Gelegenheitsursache, SGb 1997, S. 355, 359). Bei der maßgebenden Beurteilung des Kausalzusammenhangs ist im Einzelfall festzustellen, wie stark die Vorschädigung einerseits und wie schwer die besonderen Belastungen der betrieblichen Tätigkeit andererseits waren, wobei unter der Schwere der Belastung insbesondere auch der Vorgang seiner Art nach an Bedeutung gewinnt (vgl. Krasney in Brackmann, § 8 Rdnr. 379). Betriebsbedingte Einwirkungen müssen ihrer Art und Schwere nach eine so starke Belastung bedingen, dass sie zu der Verletzung geführt haben, die bei den täglichen Verrichtungen und auch bei den allgemeinen Belastungen des Erwerbslebens wahrscheinlich nicht eingetreten wäre.
Im Hinblick darauf, dass Bandscheiben schon frühzeitig durch allgemeine degenerative Prozesse und zahlreiche Mikrotraumen einem erhöhten Verschleiß unterliegen und so bei ungünstigen Belastungen den Bandscheibenvorfall prädestinieren, ist eine rechtlich wesentliche Ursächlichkeit des Unfallereignisses dem sozialmedizinischen Schrifttum zufolge nur unter besonderen Bedingungen anzuerkennen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Auflage 1998, S. 491 f.).
Zunächst einmal muss das Unfallereignis schwer genug gewesen sein, um Rissbildungen in der Bandscheibe zu verursachen. Diese Voraussetzungen sind nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erfüllt. Dr. V hat in seinem Gutachten vom 28. September 1998 hierzu ausgeführt, dass es schon deshalb nicht zu einer unkoordinierten Kraftanstrengung gekommen sei, weil die Klägerin bei der Mobilisierung eines Patienten willkürlich die Muskeln angespannt habe, so dass ein Schutzmechanismus für die Wirbelsäule bestanden habe. Selbst wenn dies im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin, der Patient habe bereits stabil auf der Bettkante gesessen, nicht der Fall gewesen sein sollte, bestehen erhebliche Bedenken hinsichtlich eines schweren Unfallereignisses unter zwei Aspekten. Zum einen hat Dr. B darauf hingewiesen, dass die Klägerin ihm gegenüber eine noch stärkere und plötzlich auftretende Symptomatik am nächsten Tag beim Aufheben eines Gegenstandes vom Fußboden geschildert habe. Danach ist es ebenso denkbar, dass erst dieser alltägliche Vorgang zu dem später radiologisch gesicherten Bandscheibenvorfall geführt hat. Unter diesem Gesichtspunkt hat Dr. B die traumatische Genese des Bandscheibenvorfalls verneint.
Zum anderen ist Prof. Dr. G davon ausgegangen, dass es sich bei dem Ereignis um eine Situation gehandelt habe, bei der sich die Last plötzlich verlagert und unerwartet verhält. Dem hat der Sachverständige zugrunde gelegt, dass der Patient 90 kg gewogen hat. Dies mag zutreffen, wenn die Klägerin, zunächst mit dem Bewegen von 90 kg belastet, zusätzlich einer ruckartigen Bewegung ausgesetzt gewesen wäre. Dem kann jedoch vor dem Hintergrund der Schilderung der Klägerin, dass der Patient bereits stabil auf der Bettkante saß, nicht gefolgt werden. Denn durch die ruckartige Rückwärtsbewegung des Patienten wirkte auf die Wirbelsäule der Klägerin nicht überraschend die Last von 90 kg ein, sondern es kam nur die ruckhafte Vorwärtsbewegung zum Tragen. Auch diesen Aspekt hat Dr. B in seiner Stellungnahme für den Senat überzeugend dargelegt.
Bestehen schon an der schwerwiegenden besonderen Belastung durch die betriebliche Tätigkeit Bedenken, ist der Kausalzusammenhang auch im Hinblick auf die Vorschädigung der Bandscheibe der Klägerin nicht erfüllt. Zwar bestreitet Prof. Dr. G in seinem Gutachten das Vorliegen einer Osteochondrose, so dass er im Gegensatz zu Dr. V und Dr. B und der MRT-Befundung durch Dr. T davon ausgeht, dass die Bandscheibenschädigung noch nicht zu einer reparativen Reaktion der benachbarten Wirbelkörperabschlussplatten geführt hat. Auch Prof. Dr. G gibt jedoch an, dass eine Chondrosis intervertebralis, also ein Schaden der Bandscheibe, vorgelegen habe. Auch dieser Verschleißprozess hat nach seiner Auffassung Monate bis wenige Jahre vor dem Unfallereignis eingesetzt. Dem von Dr. V und Dr. B gefundenen Ergebnis einer überwiegenden Bedeutung der Schadensanlage tritt Prof. Dr. G im Übrigen nur mit dem Argument entgegen, dass die Klägerin bis zum Unfalltag trotz der unzweifelhaft bestehenden Diskopathie unter den Bedingungen des täglichen beruflichen und häuslichen Lebens beschwerdefrei gewesen sei. Allein dieser zeitliche Zusammenhang vermag, worauf Dr. B zusammenfassend hinweist, eine rechtlich wesentliche Ursächlichkeit jedoch nicht zu begründen.
Nach alledem hält der Senat aufgrund der dargelegten medizinischen Erkenntnisse die Schadensanlage für die rechtlich wesentliche Teilursache des bei der Klägerin eingetretenen Bandscheibenvorfalls mit der Folge, dass kein Anspruch auf Verletztenteilrente besteht.
Die Kostenentscheidung folgt dem Ergebnis in der Hauptsache. Sie beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin wegen der Folgen eines Bandscheibenvorfalls Verletztenteilrente zu gewähren.
Die 1963 geborene Klägerin war seit März 1990 als Krankenschwester in der chirurgischen Wachstation des Uklinikums Be F beschäftigt. Am 10. Dezember 1997 half sie - der Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 22. Juni 1998 zufolge - einem Patienten beim Aufstehen aus dem Bett, als dieser sich unerwartet und heftig nach hinten warf. Bei dem Versuch, den Patienten zu halten kam es zu einer plötzlichen, ruckartigen Vorwärtsbewegung des Oberkörpers. Im selben Augenblick verspürte die Klägerin einen stechenden Schmerz in der Lendenwirbelsäule. Nachdem die Klägerin am Folgetag ihre Hausärztin aufgesucht hatte, begab sie sich am 15. Dezember 1997 in die Behandlung der Ärzte Dres. S, M und L, die ein Magnetresonanztomogram (MRT) veranlassten, das am 19. Dezember 1997 von Dr. T gefertigt wurde. Danach bestand eine Osteochondrose mit gedecktem, nach kaudal sequestriertem Bandscheibenvorfall LWK 5/SWK 1 sowie eine relative Steilstellung der Lendenwirbelsäule. Aufgrund eines der Beklagten am 2. März 1998 übersandten Zwischenberichts der Dres. S u.a., die um Klärung baten, ob es sich um einen Arbeitsunfall handele, holte die Beklagte ein Vorerkrankungsverzeichnis ein. Anschließend veranlasste sie ein Zusammenhangsgutachten, das Dr. Vam 28. September 1998 im Einvernehmen mit Prof. Dr. R erstattete. Er führte aus, der Bandscheibenvorfall im Niveau L5/S1 sei nur anlässlich des Ereignisses vom 10. Dezember 1997 aufgetreten. Die MRT-Aufnahmen vom 19. Dezember 1997 zeigten eine in ihrer Gesamtheit veränderte Bandscheibe, in denen der gesamte Faserring ein anderes Signalverhalten als die angrenzenden Bandscheiben zeige. Es sei bereits eine deutliche arthrotische Veränderung in den kleinen Wirbelgelenken vorhanden. Die degenerativen Veränderungen im Bereich der Bandscheibe seien bei der Klägerin schon weit fortgeschritten gewesen. Es liege auch kein adäquater Unfallmechanismus vor. Weder sei es zu einer schweren Stauchung der Lendenwirbelsäule noch zu einer ungewöhnlichen, überraschenden und daher unkoordinierten Kraftanstrengung wie z.B. beim Ausrutschen oder bei einem Sturz mit einer schweren Last gekommen. Vielmehr sei bei der Mobilisierung eines Patienten durch willkürliche Muskelanspannung ein Schutzmechanismus für die Wirbelsäule gegeben. Der Bandscheibenvorfall hätte bei jeder anderen Verrichtung des täglichen Lebens in naher Zukunft eintreten können.
Mit Bescheid vom 7. Dezember 1998 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Entschädigung aus Anlass des Ereignisses vom 10. Dezember 1997 ab. Es liege kein Arbeitsunfall vor, da es sich bei dem angeschuldigten Ereignis um eine so genannte Gelegenheitsursache handele. Das Ereignis sei nur ein zufälliger Auslöser für den Bandscheibenvorfall gewesen, der die Folge einer langsamen Zermürbung der Lendenwirbelscheibe sei.
Mit ihrem Widerspruch wandte die Klägerin ein, der zu mobilisierende Patient mit einem Gewicht von 90 kg habe sich, als er bereits auf der Bettkante gesessen habe, unerwartet und heftig nach hinten geworfen. Dieses plötzliche Ereignis habe keine willkürliche Muskelanspannung der Wirbelsäule zugelassen.
Durch Widerspruchsbescheid vom 25. März 1999 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ein Bandscheibenvorfall sei die Folge einer langsamen Zermürbung der Zwischenwirbelscheiben. Ein Unfallereignis gebe in der Regel nur den Anlass für das Auftreten der Beschwerden, stelle aber nicht ihre rechtlich erhebliche Ursache dar. Art und Stärke der Gewalteinwirkung auf den entsprechenden Wirbelsäulenabschnitt seien nicht ausreichend gewesen, um eine gesunde Bandscheibe zu schädigen. Ursache sei vielmehr eine degenerative Veränderung der Bandscheibe, die durch die Instabilität schon zu Veränderungen der kleinen Wirbelgelenke geführt habe, gewesen.
Das dagegen angerufene Sozialgericht hat ein Sachverständigengutachten des Chirurgen und Sozialmediziners Dr. B eingeholt. Diesem lag auch ein Entlassungsbericht der P OKlinik, B Gandersheim, über ein Heilverfahren vom 24. Juni bis zum 22. Juli 1998 vor. In seinem Gutachten vom 8. Juni 2000 ist der Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt, bei der Klägerin bestünden nicht nur die bereits von Dr. V beschriebenen Verschleißprozesse im Bereich der Lendenwirbelsäule, sondern auch eine kyphoskoliotische Fehlhaltung im Bereich der Brustwirbelsäule mit deutlichen osteochondrotischen und beginnenden spondylarthrotischen Veränderungen. Es liege ein deutlicher, das Alter überschreitender Verschleißprozess der Wirbelsäule vor. Auch seien erheblich stärkere Beschwerden im Bereich der Iliosacralfuge angegeben worden, ein Befund, der nur mittelbar mit einer Fehlstatik der Wirbelsäule im Zusammenhang zu bringen, aber nicht ursächlich auf einen etwaigen Bandscheibenvorfall zurückzuführen sei. Die Klägerin habe ihm gegenüber geschildert, dass sie nach einer etwa 10-minütigen Pause habe weiter arbeiten können und erst am nächsten Tag beim Aufheben eines Gegenstandes vom Fußboden eine noch stärkere und plötzlich auftretende Symptomatik gespürt habe. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit müsse davon ausgegangen werden, dass die degenerativen Veränderungen im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule ursächlich für den später festgestellten Bandscheibenvorfall seien, der auch bei jeder anderen Verrichtung des täglichen Lebens hätte auftreten können. Der Schilderung der Klägerin zufolge sei es erst am Tag danach beim Aufheben eines Gegenstandes vom Fußboden zu einem heftigen, plötzlichen stechenden Schmerz in der Lendenwirbelsäule gekommen.
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 27. Oktober 2000 die Klage abgewiesen. Es liege schon kein Arbeitsunfall vor. Die Kammer folge dem Gutachten von Dr. B, wonach kein geeigneter Unfallmechanismus für einen isolierten Bandscheibenvorfall vorgelegen habe. Das Ergebnis sei auch nach Auffassung der Kammer eher mit dem Heben oder plötzlichen Auffangen einer Last zu vergleichen, das nach Dr. B als Gegenbeispiel eines geeigneten Unfallereignisses dargestellt werde. Auch seien Dr. B und Prof. Dr. R übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass bei der Klägerin eine bereits vorgeschädigte Wirbelsäule vorgelegen habe. Soweit im Entlassungsbericht der P O-Klinik darauf hingewiesen werde, die dort gefertigten Röntgenbilder hätten keine degenerativen Veränderungen ausgewiesen, könne dies nur bedeuten, dass die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule auf den Röntgenbildern nicht zu sehen gewesen seien. Gegen das Vorliegen eines traumatisch bedingten Bandscheibenvorfalls spreche auch, dass die Klägerin nicht gezwungen gewesen sei, sofort ihre Arbeit einzustellen.
Gegen das ihr am 5. Dezember 2000 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 3. Januar 2001. Sie macht geltend, selbst wenn man entgegen der Befundung im Heilverfahren von einer vorgeschädigten Bandscheibe ausgehe, liege jedenfalls eine richtunggebende Verschlimmerung vor. Die Unfallschilderung spreche nicht gegen die Annahme eines Arbeitsunfalls, da sie brüsk nach vorn gerissen worden sei, so dass zumindest kein geringer Zusatzimpuls vorgelegen habe, der das aktuelle klinische Syndrom ausgelöst habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Oktober 2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. März 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 10. Dezember 1997 eine Verletztenteilrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten von dem Radiologen Prof. Dr. G vom 7. Juni 2002 eingeholt. Dieser hat dargelegt, in dem MRT vom 19. Dezember 1997 sei keine Osteochondrose, sondern eine Chondrosis intervertebralis zu erkennen. Der Nachweis eines nicht von einer Reaktion des benachbarten Knochen begleiteten Schadens der Bandscheibe deute darauf hin, dass der Verschleißprozess vor erst vergleichsweise kurzer Zeit (Monate bis wenige Jahre) eingesetzt habe. Die Steilstellung der Lendenwirbelsäule sei als Reaktion auf den Bandscheibenvorfall und nicht als vorbestehend zu deuten. Das von Dr. B gefertigte Röntgenbild der Lendenwirbelsäule zeige weder eine Osteochondrose noch die dort ebenfalls benannte Spondylosis deformans. Der Bandscheibenprolaps sei im Sinne einer wesentlichen Verschlimmerung einer unfallunabhängigen Erkrankung ursächlich auf das Ereignis vom 10. Dezember 1997 zurückzuführen. Es habe sich um eine ungewöhnliche, überraschende, daher unkoordinierte Kraftanstrengung gehandelt, bei der erhebliche Kräfte auf die Wirbelsäule eingewirkt hätten. Die Tatsache, dass die Klägerin am Unfalltag nach kurzer Pause weiter gearbeitet habe, spreche nicht gegen diese Einschätzung, da bis zum dritten Tag auftretende Beschwerden mit dem Unfall kausal in Verbindung stehen könnten. Die Biomechanik des Unfalls erkläre den Riss im hinteren Anteil des Faserringes und den anschließenden Vorfall von Anteilen des Gallertkerns hinreichend. Abrupte, mit Hyperflexion verbundene Bewegungen könnten eine vorgeschädigte Gelenkinnenscheibe ohne Fraktur der benachbarten Wirbel zerreißen. Die durch die bildgebenden Verfahren gesicherte vorbestehende Diskopathie sei klinisch stumm gewesen. Der Deutung, dass der Bandscheibenvorfall auch bei jeder anderen Verrichtung des täglichen Lebens hätte eintreten können, stehe die Tatsache entgegen, dass die Klägerin bis zum Unfalltag trotz der unzweifelhaft bestehenden Diskopathie LWK 5/SWK 1 unter den Bedingungen des täglichen beruflichen und häuslichen Lebens beschwerdefrei gewesen sei.
Hierzu hat die Beklagte ein Aktenlagegutachten des Arztes für Orthopädie und Sportmedizin Dr. B vom 9. Oktober 2002 eingeholt. Dieser hat geltend gemacht, die Interpretation der Kausalität durch Prof. Dr. G widerspreche den üblichen traumatischen Bewertungen. Der Unfallmechanismus, der auf die Wirbelsäule gewirkt habe, bestehe im Wesentlichen im Sinne eines ruckartigen Vornüberkippens aufgrund des Mitreißens durch den Patienten. Es handele sich hierbei zwar um eine stärkere körperliche Anstrengung, jedoch nicht um ein Unfallgeschehen im eigentlichen Sinne. Bei einem echten traumatischen Bandscheibenvorfall sei die Symptomatik in der Regel so heftig und gravierend, dass die sofortige Arbeitsniederlegung notwendig sei. Es könne im Hinblick darauf, dass die Klägerin am nächsten Tag ärztliche Hilfe in Anspruch genommen habe, wobei sie an diesem Tag plötzlich einen Stich verspürt habe, davon ausgegangen werden, dass zwar am 10. Dezember 1997 die Gefügelockerung bei erheblicher degenerativer Vorschädigung in einem zeitlichen Zusammenhang mit dem Ereignis bei der Mobilisierung des Patientens begonnen habe. Der entscheidende Vorfall sei offensichtlich erst am nächsten Tag eingetreten. Insoweit scheide eine traumatische Genese des Bandscheibenvorfalls am 10. Dezember 1997 mit Sicherheit aus.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akten des SG - S 69 U 313/99 -) und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Sie hat keinen Anspruch auf Verletztenteilrente. Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf eine Rente, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit. Unfälle sind gemäß Satz 2 der Vorschrift zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein derartiges äußeres Ereignis liegt hier darin, dass der auf der Bettkante sitzende Patient sich unerwartet und heftig nach hinten geworfen hat. Durch dieses Ereignis wurde die Klägerin nach vorn gerissen.
Voraussetzung für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch ist weiterhin, dass zwischen dem Unfallereignis und der bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörung ein ursächlicher Zusammenhang besteht (haftungsausfüllende Kausalität). Dieser Zusammenhang muss nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hinreichend wahrscheinlich sein (vgl. BSGE 58, 76, 79). Hierunter ist eine Wahrscheinlichkeit zu verstehen, nach der bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gestützt werden kann (BSGE 45, 285, 286).
An einem ursächlichen Zusammenhang im Rechtssinne fehlt es, wenn die Bandscheibe so leicht hätte verletzt werden können, dass es hierfür nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurft hätte. Das ist dann der Fall, wenn die akuten Erscheinungen zu derselben Zeit auch ohne äußere Einwirkungen auftreten könnten oder jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis die Erscheinungen ausgelöst hätte (BSG, Urteil vom 2. Mai 2001, HVBG-Info 2001, 1730 bis 1720 mit weiteren Nachweisen). In diesem Fall besitzt der Arbeitsunfall wegen der überragenden Bedeutung und Tragweite der unabhängigen Schadensanlage nicht die Qualität einer rechtlich wesentlichen Bedingung. Wenn es für die Auslösung der Schadensanlage nur noch eines geringfügigen Anstoßes durch beliebig austauschbare Belastungen bedurft hätte, um den konkreten Gesundheitsschaden auszulösen, überwiegt die Kausalreihe der Schadensanlage. Ist ein solches eindeutiges Überwiegen nicht hinreichend sicher und mit überzeugender Begründung feststellbar, müssen beide Kausalreihen als „annähernd gleichwertige Mitursachen“ und der Arbeitsunfall als wesentliche Teilursache gewertet werden (vgl. Erlenkemper, Arbeitsunfall, Schadensanlage und Gelegenheitsursache, SGb 1997, S. 355, 359). Bei der maßgebenden Beurteilung des Kausalzusammenhangs ist im Einzelfall festzustellen, wie stark die Vorschädigung einerseits und wie schwer die besonderen Belastungen der betrieblichen Tätigkeit andererseits waren, wobei unter der Schwere der Belastung insbesondere auch der Vorgang seiner Art nach an Bedeutung gewinnt (vgl. Krasney in Brackmann, § 8 Rdnr. 379). Betriebsbedingte Einwirkungen müssen ihrer Art und Schwere nach eine so starke Belastung bedingen, dass sie zu der Verletzung geführt haben, die bei den täglichen Verrichtungen und auch bei den allgemeinen Belastungen des Erwerbslebens wahrscheinlich nicht eingetreten wäre.
Im Hinblick darauf, dass Bandscheiben schon frühzeitig durch allgemeine degenerative Prozesse und zahlreiche Mikrotraumen einem erhöhten Verschleiß unterliegen und so bei ungünstigen Belastungen den Bandscheibenvorfall prädestinieren, ist eine rechtlich wesentliche Ursächlichkeit des Unfallereignisses dem sozialmedizinischen Schrifttum zufolge nur unter besonderen Bedingungen anzuerkennen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Auflage 1998, S. 491 f.).
Zunächst einmal muss das Unfallereignis schwer genug gewesen sein, um Rissbildungen in der Bandscheibe zu verursachen. Diese Voraussetzungen sind nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erfüllt. Dr. V hat in seinem Gutachten vom 28. September 1998 hierzu ausgeführt, dass es schon deshalb nicht zu einer unkoordinierten Kraftanstrengung gekommen sei, weil die Klägerin bei der Mobilisierung eines Patienten willkürlich die Muskeln angespannt habe, so dass ein Schutzmechanismus für die Wirbelsäule bestanden habe. Selbst wenn dies im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin, der Patient habe bereits stabil auf der Bettkante gesessen, nicht der Fall gewesen sein sollte, bestehen erhebliche Bedenken hinsichtlich eines schweren Unfallereignisses unter zwei Aspekten. Zum einen hat Dr. B darauf hingewiesen, dass die Klägerin ihm gegenüber eine noch stärkere und plötzlich auftretende Symptomatik am nächsten Tag beim Aufheben eines Gegenstandes vom Fußboden geschildert habe. Danach ist es ebenso denkbar, dass erst dieser alltägliche Vorgang zu dem später radiologisch gesicherten Bandscheibenvorfall geführt hat. Unter diesem Gesichtspunkt hat Dr. B die traumatische Genese des Bandscheibenvorfalls verneint.
Zum anderen ist Prof. Dr. G davon ausgegangen, dass es sich bei dem Ereignis um eine Situation gehandelt habe, bei der sich die Last plötzlich verlagert und unerwartet verhält. Dem hat der Sachverständige zugrunde gelegt, dass der Patient 90 kg gewogen hat. Dies mag zutreffen, wenn die Klägerin, zunächst mit dem Bewegen von 90 kg belastet, zusätzlich einer ruckartigen Bewegung ausgesetzt gewesen wäre. Dem kann jedoch vor dem Hintergrund der Schilderung der Klägerin, dass der Patient bereits stabil auf der Bettkante saß, nicht gefolgt werden. Denn durch die ruckartige Rückwärtsbewegung des Patienten wirkte auf die Wirbelsäule der Klägerin nicht überraschend die Last von 90 kg ein, sondern es kam nur die ruckhafte Vorwärtsbewegung zum Tragen. Auch diesen Aspekt hat Dr. B in seiner Stellungnahme für den Senat überzeugend dargelegt.
Bestehen schon an der schwerwiegenden besonderen Belastung durch die betriebliche Tätigkeit Bedenken, ist der Kausalzusammenhang auch im Hinblick auf die Vorschädigung der Bandscheibe der Klägerin nicht erfüllt. Zwar bestreitet Prof. Dr. G in seinem Gutachten das Vorliegen einer Osteochondrose, so dass er im Gegensatz zu Dr. V und Dr. B und der MRT-Befundung durch Dr. T davon ausgeht, dass die Bandscheibenschädigung noch nicht zu einer reparativen Reaktion der benachbarten Wirbelkörperabschlussplatten geführt hat. Auch Prof. Dr. G gibt jedoch an, dass eine Chondrosis intervertebralis, also ein Schaden der Bandscheibe, vorgelegen habe. Auch dieser Verschleißprozess hat nach seiner Auffassung Monate bis wenige Jahre vor dem Unfallereignis eingesetzt. Dem von Dr. V und Dr. B gefundenen Ergebnis einer überwiegenden Bedeutung der Schadensanlage tritt Prof. Dr. G im Übrigen nur mit dem Argument entgegen, dass die Klägerin bis zum Unfalltag trotz der unzweifelhaft bestehenden Diskopathie unter den Bedingungen des täglichen beruflichen und häuslichen Lebens beschwerdefrei gewesen sei. Allein dieser zeitliche Zusammenhang vermag, worauf Dr. B zusammenfassend hinweist, eine rechtlich wesentliche Ursächlichkeit jedoch nicht zu begründen.
Nach alledem hält der Senat aufgrund der dargelegten medizinischen Erkenntnisse die Schadensanlage für die rechtlich wesentliche Teilursache des bei der Klägerin eingetretenen Bandscheibenvorfalls mit der Folge, dass kein Anspruch auf Verletztenteilrente besteht.
Die Kostenentscheidung folgt dem Ergebnis in der Hauptsache. Sie beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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