L 10 U 3402/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 2425/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 3402/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29.06.2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente auf Dauer nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 60 v. H. ab 22.11.1996 hat.

Der am 1965 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger und stieß am 03.05.1994 auf der Heimfahrt von seiner Arbeitsstelle mit seinem Fahrrad mit einem Pkw zusammen und wurde über dessen Motorhaube zu Boden geschleudert. Dabei erlitt er eine Stirnplatzwunde rechts, multiple Hautabschlürfungen, eine Nasenbeinfraktur, und einen im Kreiskrankenhauses B. , wo er sich bis 26.05.1994 in stationärer Behandlung befand, operierten knöchernen Ausriss des rechten hinteren Kreuzbandes in Form eines Abrisses mit Tibiakopffraktur (D-Arztbericht von Dr. A. , Kommissarischer Leiter der Chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses B. ). Spätere Arbeitsversuche gab der Kläger jeweils noch am selben Tag auf, seit 22.11.1996 erhält er wegen psychischer Störungen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, seit 17.11.2006 ist er als Schwerbehinderter anerkannt (GdB 50). In nahezu allen im Verwaltungs- und mehreren Gerichtsverfahren erstellten Gutachten sind Aggravations- und Demonstrationstendenzen des Klägers dokumentiert.

Die Nervenärztin Dr. H. diagnostizierte am 06.06.1994 ein postkommotionelles Syndrom, unter dem 07.07.1994 gab sie an, der Kläger klage über diffusen Kopfdruck, uncharakteristischen Drehschwindel und Konzentrations- sowie Apperzeptionsstörungen. Insgesamt lasse sich keine hirntraumatische Dauerschädigung nachweisen, Konzentrations- sowie Apperzeptionsstörungen seien nicht erkennbar, das postkommotionelle Syndrom abgeklungen. Die jetzt geklagten Beschwerden seien in Form neurotischer Fehlverarbeitung überwiegend funktioneller Art und ließen sich erfahrungsgemäß auftrainieren.

Auf Grund einer stationären Heilbehandlung in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. im November/Dezember 1994 trat nach Angaben von deren Ärztlichem Direktor Prof. Dr. W. eine deutliche Verbesserung ein mit Reduzierung der Muskelminderung des rechten Beines sowie der unsicheren Bewegung. Das wegen geklagter Kopfschmerzen, Schwindel und unsicherem Stehen bzw. Laufen durchgeführte neurologische (postkommotionelle Restbeschwerden mit psychischer Überlagerung) bzw. hno-ärztliche Konsil (geringe Abweichung der Nasenachse) habe keinen Anhalt für ein organisches Leiden ergeben. In seinem im Auftrag der Beklagten erstatteten Rentengutachten bezeichnete er eine Narbe im Bereich der Stirn, eine geringgradige Nasenseptumdeviation, eine Narbe im Bereich des Kniegelenkes, eine Muskelminderung am rechten Oberschenkel. sowie ein geringes postkommotionelles Restsyndrom als Unfallfolgen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) hierfür schätzte er chirurgisch bis 11.12.1995 auf 20 v. H., insgesamt auf 30 v.H., unter Berücksichtigung der nervenärztlich angenommenen Unfallfolgen (Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch. vom Januar 1995: leichte bis mittelstarke Gehirnerschütterung sei anzunehmen, nicht aber eine darüber hinausgehende Schädigung des Gehirns, etwa im Sinne einer Contusio cerebri oder im Sinne einer posttraumatischen intracraniellen Komplikation; eine jetzt durchgeführte computertomographische Untersuchung habe am Gehirn keine traumatischen Veränderungen ergeben, die vom Kläger vorgebrachten Schwindelerscheinungen seien in diesem Ausmaß nach Schädelhirntraumata vergleichbarer Art ungewöhnlich, die unfallbedingte MdE betrage bis zum Ende des ersten Unfalljahres 20 v. H.).

Mit Bescheid vom 23.02.1995 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine vorläufige Rente nach einer MdE um 30 v. H. ab 19.01.1995 (von den Gutachtern angenommener Eintritt der Arbeitsfähigkeit).

Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch brachte der Kläger vor, er sei an der Stirn bis zum Hinterkopf gefühllos und habe beim Bewegen und Nicken des Kopfes Schmerzen. Er könne sich nicht mehr konzentrieren und leide unter starker Vergesslichkeit, Gleichgültigkeit, Lärmüberempfindlichkeit sowie Libido- und Potenzproblemen.

Vom 24.05. bis 30.08.1995 befand sich der Kläger in der Landesklinik N. C ... Der dortige Oberarzt Dr. F.-E. teilte der Beklagten im November 1995 mit, bei der apparativen Diagnostik habe sich kein Hinweis auf eine Hirnsubstanzschädigung in Folge des Unfalls ergeben. Beim Kläger liege neben einem ausgeprägten depressiven Syndrom eine Persönlichkeitsstörung auf neurotischem Niveau vor, am ehesten eine so genannte histrionische Persönlichkeitsstörung, die auch die Aggravationstendenzen erkläre. Nach dem Unfall sei es durch die Kombination von körperlichen Verletzungen und durch die Persönlichkeitsstörung eingeschränkten psychischen Kompensationsmöglichkeiten zu einer anhaltenden Dekompensation im Sinne einer richtunggebenden Verschlimmerung gekommen, was auch durch den zeitlichen Zusammenhang verdeutlicht werde. Schließlich sei im Gefolge der Dekompensation eine schwere depressive Episode aufgetreten, die nach der stationären Behandlung gebessert sei, sodass nunmehr die Symptome der dekompensierten Persönlichkeitsstörung im Vordergrund stünden.

Am 19.02.1996 erstattete Prof. Dr. Dr. M. (mit fachpsychologischem Gutachten des Dipl.-Psych. N. ) im Auftrag der Beklagten ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten. Er bezeichnete eine folgenlos ausgeheilte Gehirnerschütterung, Gefühlsstörungen im Bereich des ersten Trigeminusastes rechts im Narbenbereich sowie eine umschriebene Gefühlsstörung im Narbenbereich der rechten Kniekehle als Unfallfolgen, die ab dem 16.01.1995 keine messbare MdE mehr bedingten. An unfallfremden Krankheiten bestehe eine mittelschwere depressive Episode auf dem Boden einer histrionischen Persönlichkeitsstörung.

Prof. Dr. W. , Ärztlicher Direktor der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Tübingen, bezeichnete in seinem chirurgischen Gutachten auf Grund einer Untersuchung im März 1999 eine knöchern ausgeheilte Nasenbeinfraktur ohne Fehlstellung, eine Muskelminderung am rechten Oberschenkel, eine Narbenbildung am rechten Kniegelenk und eine Sensibilitätsminderung an der rechten Kniekehle als Unfallfolgen und schätzte die (Gesamt)MdE auf 10 v. H.

Nach Anhörung des Klägers entzog die Beklagte mit Bescheid vom 25.04.1996 die vorläufige Rente mit Ablauf des Monats Mai 1996. Ein Anspruch auf Dauerrente an Stelle dieser vorläufigen Rente bestehe nicht. Der Widerspruch wurde unter Einbeziehung dieses Bescheides zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 24.09.1996).

Dagegen hat der Kläger am 02.10.1996 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben (S 4 U 3220/96) und die Bescheinigung von Dr. B. , Oberarzt an der Psychiatrischen Klinik des Städtischen Klinikums K. , vorgelegt (Anpassungsstörung im Rahmen einer depressiv-neurotischen Entwicklung nach Wegeunfall).

Das Sozialgericht hat die AOK K. , die dem Kläger bis zur Aussteuerung am 21.11.1996 Krankengeld zahlte, zum Verfahren beigeladen und den behandelnden Orthopäden Dr. B. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört sowie auf Antrag des Klägers gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten von Dr. F.-E. (mit testpsychologischem Gutachten des Dipl.-Psych. K. ) vom Juni 1998 eingeholt. Er hat Hinweise. auf eine gestörte Persönlichkeitsentwicklung des Klägers gesehen, die allerdings lange Zeit ohne Krankheitssymptome bleiben könne. Der Unfall habe dem Kläger seine Kompensationsmöglichkeiten genommen. In dem Zustand der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins sei es zu einer intensiven regressiven Entwicklung, die als Überflutung mit Angst, Schmerz, Verlust der Identität und Verlust der Selbststeuerung und damit als Katastrophe und schwere Kränkung erlebt würde. Im Vordergrund stehe jetzt eine mittelschwere Depression mit ausgeprägten Einschränkungen der geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit. Infolge dieser Erkrankungen sei der Kläger in seiner Leistungsfähigkeit so schwer und anhaltend beeinträchtigt, dass er auf absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit nicht mehr ausüben könne. Diese Einschätzung treffe für den Zeitraum ab dem 19.01.1995 zu. Die MdE betrage für die chronischen Knie- und Kopfschmerzen 20 v. H., für die mittelgradige Depression 60 v. H., insgesamt 80 v. H.

Die Beklagte hat hierzu eine gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr. Dr. M. vorgelegt. Er hat darauf hingewiesen, dass es sich bei der mitgeteilten Störung der Erlebnisverarbeitung auf dem Hintergrund einer narzisstischen Persönlichkeit um eindeutig unfallfremde Momente handle. Das Unfallereignis könne dabei höchstens als Gelegenheitsursache gewertet werden. Im Übrigen sei dem Gutachten nicht zu entnehmen, inwiefern das Unfallereignis die depressive Störung hervorgerufen haben solle.

Das Sozialgericht hat nach zwischenzeitlichem Ruhen des Verfahrens (im Hinblick auf das beim Sozialgericht ebenfalls anhängige Verfahren wegen Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, S 2 KN 1529/98) das Gutachten von Prof. Dr. K. , Leiterin der Sektion Forensische Psychiatrie und Psychotherapie an der Universitätsklinik F. , vom Oktober 2003 eingeholt, mit neuroradiologischem Zusatzgutachten von Prof. Dr. Sch. und testpsychologischem Zusatzgutachten der Dipl.-Psych. Dr. D. und B ... Prof. Dr. K. hat ausgeführt, beim Kläger liege eine unfallbedingte Anpassungsstörung mit ungewöhnlich langer, d. h. über zwei Jahre andauernder depressiver Reaktion vor. Die Unfallfolgen bestünden in einem schweren depressiven Syndrom mit erheblicher Einschränkung der kognitiven Fähigkeiten und mit affektiven Störungen, aus vegetativen Störungen und aus erheblichen Funktionseinschränkungen im privaten, beruflichen und sozialen Bereich. Die MdE sei auf psychiatrischem Fachgebiet gemäß der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsgesetz (1996)" als unfallbedingte schwere psychische Störung mit schwerwiegenden persönlichen und sozialen Anpassungsstörungen ab 19.01.1995 mit mindestens 40 und höchstens 60 v. H. einzuschätzen. Eine präzisere Staffelung sei nicht möglich.

Nachdem der Kläger aus einer im März 2004 durchgeführten stationären Rehabilitation in der psychosomatischen Abteilung der Vogelsbergklinik als arbeitsunfähig entlassen worden war (chronifizierte Anpassungsstörung, schwere depressive Episode, Verdacht auf posttraumatische Belastungsstörung, Verdacht auf Morbus Parkinson, LWS-Syndrom), hat Dr. H. , Chefarzt der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie im Klinikum am W. in W. , im Juni 2004 im Auftrag des Sozialgerichts ein Gutachten erstattet (ambulante Untersuchung am 03.04.2004). Er hat eine nicht unfallbedingte leichte bis mittelgradige depressive Episode festgestellt. Das Unfallgeschehen sei lediglich als eine Gelegenheitsursache aufzufassen, in deren Folge sich eine bewusstseinsnahe Begehrenshaltung verfestigt habe. Eine Erkrankung auf neurologischem Fachgebiet lasse sich nicht nachweisen.

Dr. D. , Oberarzt an der Klinik für Unfallchirurgie im M. S., hat in seinem Gutachten für das Sozialgericht im August 2004 eine Muskelminderung des rechten Oberschenkels nicht mehr feststellen können. Die unfallbedingte MdE hat er vom 01.06.1996 bis 03.08.2004 auf 10 v. H. und für die Zeit danach auf unter 10 v. H. geschätzt.

Mit Urteil vom 29.06.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Verletztenrente über den 30.04.1996 hinaus, da auf psychiatrischem Fachgebiet keine unfallbedingten Gesundheitsstörungen vorlägen und die Unfallfolgen auf unfallchirurgischem Fachgebiet keine messbare MdE bedingten.

Gegen das am 18.07.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.08.2005 Berufung eingelegt und vorgebracht, es sei sehr wohl von einem wesentlichen ursächlichen Zusammenhang seiner Leiden auf psychiatrischem Gebiet mit dem Unfall auszugehen.

Der Kläger beantragt (sachdienlich ausgelegt),

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29.06.2005 und den Bescheid der Beklagten vom 25.04.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.09.1996 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 22.11.1996 Verletztenrente nach einer MdE um 60 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie beruft sich auf das erstinstanzliche Urteil.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die beigezogenen Akten des Sozialgerichts Freiburg (S 2 Kn 1529/98) sowie die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist nicht begründet. Der Kläger hat ab 22.11.1996 keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 25.04.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.09.1996, soweit dort die Gewährung einer Dauerrente abgelehnt wurde. Die ursprüngliche vorläufige Rentenbewilligung (Bescheid vom 23.02.1995) ficht der Kläger angesichts des beantragten Beginns der Verletztenrente am 22.11.1996 ebenso wenig mehr an, wie die Entziehung der vorläufigen Rente durch den Bescheid vom 25.04.1996 mit Ablauf des Monats Mai 1996. Da er die Auffassung vertritt, eine zur Arbeitsunfähigkeit bis zur Aussteuerung (Zahlung von Krankengeld durch die Beigeladene) führende psychische Störung sei Unfallfolge, ist es konsequent, die in diesem Fall erst nach Ende der Arbeitsunfähigkeit bzw. nach Ende des Verletztengeldanspruchs beginnende (vgl. § 580 der damals geltenden Reichsversicherungsordnung - RVO -) Verletztenrente auch erst ab diesem Zeitpunkt zu beantragen. Damit ist im vorliegenden Rechtsstreit nicht die reine Anfechtungsklage die sachdienliche Klageart, weil im Hinblick auf die gesetzliche Umwandlung der vorläufigen Rente in eine Dauerrente durch Zeitablauf (§ 1585 Abs. 2 RVO) dem Begehren durch Aufhebung des Entziehungsbescheides Rechnung getragen würde. Richtige Klageart ist vielmehr die kombinierte Anfechtungs- (hinsichtlich der Ablehnung von Dauerrente) und Leistungsklage (auf Gewährung einer solchen Rente). Im Rahmen der Pflicht, auf eine sachdienliche Antragstellung hinzuweisen (§ 106 Abs. 1 SGG), hat der Senat den schriftsätzlich gestellten Antrag, an dessen Fassung er ohnehin nicht gebunden ist (§ 123 SGG), mit dem im Tatbestand wiedergegebenen Ergebnis ausgelegt.

Die Klage ist aber nicht begründet. Die verbliebenen Unfallfolgen führen zu keiner rentenberechtigenden MdE. Der Senat vermag insbesondere keine wesentlich auf den Unfall zurückzuführende psychische Störung zu bejahen.

Obgleich hier die Gewährung von Rente auch für einen Zeitraum ab Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) im Streit steht, kommen noch die bis 31.12.1996 geltenden Bestimmungen der RVO zur Anwendung, da das SGB VII nach seinem § 212 nur für Versicherungsfälle nach seinem Inkrafttreten gilt und der Ausnahmefall des § 214 Abs. 3 SGB VII, dass die Rente erstmals nach dem 31.12.1996 festzusetzen war, nicht vorliegt.

Unter "erstmals festzusetzen" ist nach der Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 20.02.2001, B 2 U 1/00 R) auch eine Rente ablehnende Entscheidung zu verstehen, sodass es für die Frage der Anwendbarkeit alten oder neuen Rechts ausschließlich darauf ankommt, ob die erste tatsächliche Entscheidung über die Leistung durch Bescheid - gleich welchen Inhalts und unabhängig vom späteren Schicksal des Bescheids (bestandskräftig oder geändert) - bis zum 31.12.1996 erfolgte (BSG, a.a.O.). Im Ergebnis bedeutet dies (Urteil des Senats vom 29.06.2006, L 10 U 3308/03), dass altes Recht jedenfalls dann anwendbar bleibt, wenn unter der Geltung der RVO einmal durch Bescheid entschieden wurde. Dies gilt unabhängig davon, welches Schicksal der Bescheid nahm, ob ein Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X, ein Verfahren nach § 48 SGB X oder wegen einer Verschlechterung (aber - weil ursprünglich die Leistung versagt wurde - mangels vorliegendem Dauerverwaltungsakt unabhängig von § 48 SGB X) ein "originäres" Verfahren durchgeführt wird und ob sich der geltend gemacht Leistungsanspruch jeweils (auch) auf Zeiträume vor oder ab dem 01.01.1997 bezieht (Senatsurteil a.a.O.).

Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wird gemäß § 581 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 548 RVO in der dem Grad der Erwerbsminderung entsprechenden Höhe gewährt, wenn und solange ein Verletzter infolge des Arbeitsunfalls in seiner Erwerbsfähigkeit um wenigstens ein Fünftel gemindert ist und diese Minderung der Erwerbsfähigkeit über die 13. Woche nach dem Arbeitsunfall hinaus andauert (§ 580 Abs. 1 RVO). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch einen früheren Versicherungsfall Anspruch auf Rente (§ 581 Abs. 3 Satz 1 RVO). Die Folgen eines Arbeitsunfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern (§ 581 Abs. 3 Satz 2 RVO). Die MdE richtet sich nach dem konkreten Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (BSG, Urteil vom 18.03.2003, B 2 U 31/02 R; vgl. jetzt: § 56 Abs 2 Satz 1 SGB VII).

Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).

Ein Anspruch auf Verletztenrente ab 22.11.1996 besteht nicht, denn die Erwerbsfähigkeit des Klägers ist ab diesem Zeitpunkt unfallbedingt nur noch um 10 v. H. gemindert und ein Stützrententatbestand liegt nicht vor. Ab 04.08.2004 (ambulante Untersuchung durch Dr. D. ) beträgt die MdE lediglich noch weniger als 10 v. H.

Beim Kläger lagen als Folgen des Unfalls vom 03.05.1994 ab November 1996 im Wesentlichen noch eine Muskelminderung am rechten Oberschenke und Gefühlsstörungen im Bereich der durch den Unfall bzw. die Operation des Knies verursachten Narben vor. Die Muskelminderung ist zwischenzeitlich nicht mehr feststellbar. Dies ergibt sich für den Senat überzeugend aus den Gutachten von Prof. Dr. W. vom 05.03.1996 und von Dr. D. vom 16.08.2004. Danach war bei der Untersuchung durch Prof. Dr. W. am 27.03.1996 die Nase äußerlich nicht deformiert, das Nasenseptum gerade und es lag keine Behinderung der Nasenatmung vor. Die Muskelminderung am rechten Oberschenkel - die Dr. D. später nicht mehr festgestellt hat - betrug 1 cm. Die Narben am rechten Kniegelenk waren reizlos und es lag an beiden Kniegelenken keine Kapselschwellung vor und die Bandführung beidseits war stabil bezüglich der Kreuz- und Seitenbänder. Im Übrigen bestanden eine verminderte Hautempfindung distal der Narbe in der rechten Kniekehle und geringfügige Reizzustände im Bereich der Narben am Kopf. Zutreffend ist Prof. Dr. W. hierfür von einer MdE von 10 v. H. ausgegangen und hat Dr. D. ab 04.08.2004 die MdE auf unter 10 v. H. geschätzt.

Auf neurologischem Fachgebiet lagen und liegen für den streitigen Zeitraum keine Unfallfolgen vor. Mehrmalige neurologische Untersuchungen seit dem Unfall haben keinen pathologischen Befund erbracht. Keiner der mit der Begutachtung des Klägers befassten Ärzte, angefangen von Dr. Sch. im Gutachten vom Januar 1995 und Prof. Dr. Dr. M. im Gutachten vom Februar 1996 bis zu Dr. H. im Gutachten vom Juni 2004 und auch nicht zuletzt die Nervenärztin O.-P. im Rechtsstreit um die Gewährung von Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (Gutachten vom Juli 2007 im Verfahren vor dem Sozialgericht S 2 KN R 4051/06) haben neurologisch einen pathologischen Befund erhoben. Soweit Dr. H. im Juni 1994 von einem postkommotionellen Syndrom ausging, war dies - so Dr. H. - im Juli 1994 bei der Nachuntersuchung abgeklungen. Dr. Sch. ging dann zwar im Dezember 1994 wieder von postkommotionellen Beschwerden aus (Befundbericht vom 01.12.1994 als "vorläufige Diagnose") und schätzte die MdE in seinem Gutachten auf 20 v.H. Diese Beurteilung beruhte aber vor allem auf den Angaben des Klägers über seine Beschwerden und ist durch keine neurologische Untersuchung bestätigt. Dementsprechend gelangte Prof. Dr. Dr. M. im Februar 1996 auch nicht mehr zu einer solchen Diagnose, ebenso wenig wie die nachfolgend behandelnden und begutachtenden Ärzte.

Unfallbedingte psychiatrische Gesundheitsstörungen liegen nicht vor.

Unklar ist schon, inwieweit bzw. an welcher psychischen Störung der Kläger leidet. Die Erklärungsversuche und Diagnosen der mit der Behandlung und Begutachtung des Klägers befassten Ärzte differieren in erheblichem Umfang, diskutiert wird eine durch den Unfall und seine unmittelbaren Folgen dekompensierte Persönlichkeitsstörung mit zwischenzeitlich aufgetretener Depression (so insbesondere Dr. F.-E. und die Nervenärztin O.-P. ), eine Anpassungsstörung mit schwerer Depression (so insbesondere Prof. Dr. K. ) und eine leichte bis mittelschwere Depression (so Dr. H. und Prof. Dr. Dr. M. ) sowie eine Begehrensneurose (Prof. Dr. D. in seinem für das Landgericht K. im Zivilrechtsstreit 8 O 416/98 erstatteten Gutachten). Dabei sind über die Jahre der Behandlung und Sachaufklärung hinweg von den Ärzten und Psychologen durchgehend Aggravationstendenzen des Klägers festgestellt worden. So wies beispielsweise bereits Prof. Dr. W. in seinem Schreiben vom 19.12.2004 auf ein auffälliges, auf Entschädigung gerichtetes Verhalten des Klägers hin: Sowohl der Kläger wie seine Ehefrau hätten in allen Gesprächen die Entschädigungspflicht des Unfallverursachers thematisiert. Besonders verwunderte die Tatsache, dass der sich selbst als schwer verletzt empfindende Kläger unmittelbar nach dem Unfall die erlittene Kopfplatzwunde sorgfältig dokumentieren ließ und daraus eine entsprechende Schwere der erlittenen Verletzungen abzuleiten versuchte. Der vom Kläger dem Sozialgericht vorgelegten Bescheinigung von Dr. B. über eine teilstationäre tagesklinische Behandlung im Jahr 1996 ist zu entnehmen, dass der Kläger wegen angeblicher Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen zur Einhaltung von Terminen Erinnerungshilfen benötigte, während er andererseits wenig Schwierigkeiten bei der Einhaltung von Terminen hatte, an denen ihm persönlich etwas gelegen war. Weiter ergibt sich aus der vom Sozialgericht Freiburg eingeholten sachverständigen Zeugenaussage (S 2 KN 1529/98) des den Kläger von Januar 1995 behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr. D. vom 03.08.1998, dass der Kläger dort bei der Untersuchung eine eigenartige fast autistische Verhaltensweise zeigte, jedoch im Wartezimmer ungehemmt und lebhaft redete, besonders wenn er sich nicht beobachtet glaubte, was Dr. D. konsequent und für den Senat überzeugend als Kennzeichen wunsch- und begehrenstendierten Verhaltens wertete. Auch der Dipl.-Psych. K. berichtet in seinem testpsychologischen Gutachten vom 27.05.1998 von Verdeutlichungstendenzen, inkonsistenten Ergebnissen der hirnorganischen psychologischen Testung, einer untypischen hohen Differenz zwischen prämorbidem Intelligenzquotient und aktuellem Intelligenzquotient und sieht die Ergebnisse im Persönlichkeitsbereich als nicht sehr valide an. Auch in dem vom Kläger im Verfahren S 2 KN 1529/98 vorgelegten Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. D. , Psychiatrische Klinik am Universitätsklinikum H. , das dieser im Zivilrechtsverfahren für das Landgericht K. am 28.05.1999 erstattete, wird berichtet, dass sich die Untersuchung des Klägers schwierig gestaltete, weil dieser nur eine geringe Bereitschaft zur Mitarbeit gezeigt und bei einfachsten Fragen lange mit der Antwort gezögert habe, wobei erkennbar gewesen sei, dass es sich bei diesen verzögerten Reaktionen keineswegs um eine echte Verlangsamung gehandelt habe. Er habe vielmehr das Bild einer Pseudodemenz geboten und auch bei der neurologischen Untersuchung demonstrative Verhaltensweisen gezeigt. Prof. Dr. D. diagnostizierte deshalb beim Kläger auch eine tendenziöse Fehlentwicklung im Sinne einer Begehrensneurose, die Ausdruck einer psychischen Fehlhaltung der Persönlichkeit sei und keineswegs eine psychische Folge des Verkehrsunfalls. Auch in dem vom Sozialgericht Freiburg (S 2 KN 1529/98) eingeholten Gutachten von Dr. R., Oberärztin an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Städtischen Klinikum K. vom 21.06.2000 wird von einer deutlichen Aggravationstendenz des Klägers berichtet. So wird ein demonstrativ leerer auf den Boden gerichteter Blick des Klägers mit langem Schweigen vor Abgabe einer Antwort berichtet und dies bei Fragen, welche häufig sehr einfach waren und bei denen es im allgemeinen inhaltlich wenig zu bedenken gab, Fragen, die normalerweise spontan beantwortet werden können. Auch war das leicht hinkende Gangbild nicht zu jedem Zeitpunkt auffällig. Weiter haben die Dipl.-Psych. Dr. D. und B. in ihrem testpsychologischen Zusatzgutachten vom 09.09.2003 auf die begrenzte Interpretierbarkeit der Befunde hingewiesen mit Blick auf eine fehlende Motivation des Klägers seine derzeitige Situation zu ändern, auch im Hinblick auf den möglichen Einfluss einer weiteren Berentung. Auch die im Reha-Entlassungsbericht der Vogelsbergklinik vom 09.06.2004 beschriebenen Verhaltensweisen wie "Zustände von Desorientiertheit" bzw. "akinetischen Mutismus" müssen - so zutreffend Dr. H. - im Zusammenhang mit der beschriebenen Begehrenshaltung interpretiert werden, nachdem der Kläger anlässlich der Begutachtung bei Dr. H. weder dement war und die vorgefundene Ausprägung der depressiven Symptomatik derartige Verhaltensweisen nicht erklärt. Dr. H. hat ebenfalls demonstrative Tendenzen, Aggravation und eine Begehrenshaltung beschrieben. Schließlich hat auch zuletzt die Nervenärztin O.-P. eine Begehrenshaltung, Verdeutlichungstendenz, mangelnde Mitarbeit und manipulative Anteile beschrieben.

Vor diesem Hintergrund - die Darlegung von Aggravationen ist nur beispielhaft - gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass jedenfalls anfangs, in der ersten Zeit nach dem Unfallereignis keine relevante feststellbare psychische Störung vorlag, die damals geäußerten Beschwerden des Klägers vielmehr Ausdruck seines bewussten Entschädigungsbegehrens waren. So lassen sich nach Auffassung des Senats die Diskrepanzen in den Verhaltensweisen des Klägers, wie sie insbesondere Dr. B. (Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen bzgl. Einhaltung von Terminen, nicht aber, wenn dem Kläger diesen Terminen gelegen war) und Dr. D. (fast autistische Verhaltensweise in der Untersuchung, im Wartezimmer jedoch ungehemmt und lebhaftes Reden) beschrieben, am ehesten erklären. Mit den oben dargestellten Feststellungen von Prof. Dr. W. ergibt sich für den Senat damit das Bild eines bewusst auf Entschädigung ausgerichteten Verletzten.

Grundsätzlich können auch psychische Reaktionen durch ein Unfallereignis verursacht und als einen Anspruch auf Verletztenrente auslösende Unfallfolge anzusehen sein (vgl. BSG, Beschluss vom 19.05.2000, B 2 U 138/00 B), wenn sie nicht im Wesentlichen auf wunschbedingten Vorstellungen beruhen (BSG, a.a.O.). Gerade Letzteres ist aber - wie dargelegt - nach Überzeugung des Senats der Fall.

Nicht zu folgen vermag der Senat der Auffassung, beim Kläger liege eine histrionische Persönlichkeitsstörung vor auf deren Grundlage es durch den Unfall zu einer Dekompensation gekommen sei. Zwar legt Dr. F.-E. in seinem Bericht an die Beklagte dar, dass in diesem Fall das Aggravationsverhalten durch diese Persönlichkeitsstörung erklärt und nicht bewusstseinsnah sei. Ob dem angesichts des Dr. F.-E. nicht bekannten Ausmaßes der Aggravation gefolgt werden kann, bleibt offen. Jedenfalls fehlt es an einer hinreichenden Begründung für die Annahme einer solchen Persönlichkeitsstörung. Andere Sachverständige, wie beispielsweise Dr. R. vom Städtischen Klinikum K. im Rentenrechtsstreit S 2 KN 1529/98, Prof. Dr. K. und Dr. H. haben eine Persönlichkeitsstörung verneint. Auch Dr. F.-E. hat in seinem für das Sozialgericht erstatteten Gutachten eingeräumt, dass die Annahme einer solchen Persönlichkeitsstörung lediglich eine Hypothese ist, die nicht durch eine entsprechende Exploration getragen worden ist (der Kläger habe keine entsprechenden Informationen mitteilen können), und dies trotz dreimonatigen stationären Aufenthaltes des Klägers in der Landesklinik. Die von ihm zur Stützung seiner Hypothese angeführten Umstände (Dekompensation durch den Unfall) setzen aber, so die Argumentation im Bericht an die Beklagte, die behauptete Störung voraus, sodass sich die Beurteilung des Sachverständigen als Zirkelschluss erweist, jedenfalls nicht hinreichend objektiviert ist. Soweit andere Gutachter, insbesondere die Sachverständige O.-P. eine Persönlichkeitsstörung annehmen, wird dies ebenfalls nicht begründet. Auch die Ausführungen von Dr. F.-E. im Gutachten über ein unfallbedingtes chronisches Kopfschmerzsyndrom, eine mittelschwere depressive Verstimmung mit Antriebsstörungen, Interessenverlust, sozialem Rückzug und zeitweilige Selbstmordgedanken sowie eine Pseudodemenz mit Konzentrations- und Gedächtnisstörungen und verminderter geistiger und allgemeiner Leistungsfähigkeit überzeugen den Senat vor diesem Hintergrund nicht.

Auch vermag sich der Senat nicht von der von Prof. Dr. K. diagnostizierten unfallbedingten Anpassungsstörung mit ungewöhnlich lange andauernder schwerer depressiver Reaktion zu überzeugen. Prof. Dr. K. hat die bereits dargestellten ausgeprägten demonstrativen Tendenzen mit bewusstseinsnaher Begehrenshaltung nicht hinreichend berücksichtigt und das Verhalten des Klägers - anders als Dr. H. - nicht hinterfragt. Auch der vom Kläger bei ihr und bei Dr. H. geschilderte Tagesablauf spricht gegen eine solche Diagnose, insbesondere eine schwere depressive Reaktion. So hilft der Kläger bei der Vorbereitung des Frühstücks, bringt anschließend seine drei Kinder zu Fuß in die Schule bzw. in den Kindergarten, hilft im Haushalt, kümmert sich um Geschirrspülen, Staubsaugen, Einkaufen, versorgt einen kleinen Garten, unternimmt kurze Spaziergänge, geht mit den Kindern auf den Spielplatz bzw. zum Schwimmen. Weiter trifft sich der Kläger mit verschiedenen befreundeten türkischen Familien, wobei gespielt und Musik gemacht wird, und fährt hin und wieder in seine Heimat in die Türkei. Selbst in dem zwei Jahre vor dem Unfall von ihm eröffneten Reisebüro, das bis heute besteht und das nach seinen Angaben überwiegend von seiner Ehefrau geführt wird, hilft der Kläger bei Verhinderung seiner Ehefrau. Im Übrigen liest der Kläger Zeitungen oder Bücher und interessiert sich für Geschichte. Er macht die Reparaturen an seinem Haus selbst und fährt Auto. Schließlich begründet Prof. Dr. K. den von ihr angenommenen ursächlichen Zusammenhang mit dem Fehlen anderer Kausalfaktoren, insbesondere einer vorbestehenden psychopathologischen Störung. Damit vernachlässigt sie nicht nur die Frage eines bewussten Rentenbegehrens als Grundlage der angegebenen Beschwerden, sondern lässt auch eine positive Begründung für den angenommenen Kausalzusammenhang vermissen.

Weiter vermag sich der Senat nicht den Ausführungen der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie O.-P. anzuschließen. Diese sieht den Wegeunfall vom 03.05.1994 als Ursache für die durch den Unfall ausgelöste Dekompensation einer zuvor vorhandenen Persönlichkeitsstörung an und geht von einer unfallbedingten Anpassungsstörung mit ungewöhnlich langer depressiver Reaktion aus. Dies ist für den Senat aus den o.g. Gründen nicht überzeugend. Im Übrigen bestätigt sie, dass der Kläger zur Simulation neigt. So wird berichtet, dass er Hilflosigkeit und Dependenz demonstriert und die Arzthelferinnen zu Beginn der Untersuchung dazu bringt, ihm alles vorzulesen, obwohl eindeutig festzustellen sei, dass der Kläger lesen könne. Außerdem ist der Kläger unbequemen Fragen sofort ausgewichen und hat abgewehrt. Auch bei der testpsychologischen Untersuchung sind nur bedingt verwertbare bzw. keine verwertbaren Befunde entstanden.

Im Ergebnis vermag der Senat mit Dr. H. allenfalls von einer leichten bis mittelschweren depressiven Episode auszugehen. Derartige depressive Erkrankungen (Episoden) sind allerdings - so Dr. H. - häufig, können unter ganz unterschiedlichen Umständen und Bedingungen entstehen und nicht selten lässt sich auch keine spezifische ursächliche Belastungen herausarbeiten. Beim Kläger kam es über die Zeit des Bestehens des Entschädigungs- und insbesondere Rentenbegehrens zu einer Art Verfestigung und / oder Verselbstständigung. Ob es dadurch ursächlich (im Sinne eines naturwissenschaftlichen Zusammenhangs) auch zur Ausbildung der von Dr. H. diagnostizierten depressiven Episode gekommen ist, erscheint angesichts der von Dr. H. dargestellten vielfältigen Ätiologie zweifelhaft, und ist damit nicht wahrscheinlich. Jedenfalls wäre diese depressive Episode dann (im Falle eines bestehenden naturwissenschaftlichen Zusammenhangs) allein wesentlich durch das Entschädigungsbegehren verursacht. Denn der bereits dargelegte - nicht versicherte - Umstand einer schon unmittelbar nach dem Unfall vorhandenen und von Dr. H. bei seiner Untersuchung erneut festgestellten eindeutigen und bewusstseinsnahen Begehrenshaltung mit dem Streben nach einer Entschädigung macht einen ursächlichen Zusammenhang im Rechtssinne zwischen der beim Kläger vorhandenen Störung und dem Unfall unwahrscheinlich.

Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden die Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 27/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Ist dies zu bejahen, ist im Rahmen einer wertenden Entscheidung zu klären, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Gab es neben der versicherten Ursache noch andere, konkurrierende Ursachen (im naturwissenschaftlichen Sinn), so war die versicherte Ursache wesentlich, sofern die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war. War die unversicherte Ursache von überragender Bedeutung, so ist die versicherte naturwissenschaftliche Ursache nicht als wesentlich anzusehen und scheidet als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts aus. Sie ist dann bloß eine so genannte Gelegenheitsursache.

Dem Unfallereignis vom 03.05.1994 kommt vor diesem Hintergrund allenfalls die Qualität einer Gelegenheitsursache zu. Wenn - entgegen der Auffassung des Senats und insoweit zugunsten des Klägers - davon ausgegangen wird, dass die in Gefolge des Unfalls aufgetretene bewusstseinsnahe Begehrenshaltung des Klägers tatsächlich zu psychischen Störungen führte, wäre zwar ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang zu bejahen. Denn das Unfallereignis ließe sich nicht hinwegdenken, ohne dass die auf Entschädigung gerichteten Wunschvorstellungen des Klägers und die daraus hervorgegangene psychische Störung entfielen. Allerdings stellen solche Entschädigungsbegehren keine versicherte Ursache dar, jedenfalls dann nicht, wenn sie nicht ihrerseits durch feststellbare Gesundheitsstörungen als bewusstseinsfern erklärbar sind, was hier, wie dargelegt, nicht der Fall ist. Verselbstständigen sich - der oben aufgestellten Hypothese folgend - solche wunschbedingten Vorstellungen zu einer manifesten psychischen Störung, ohne dass - so im vorliegenden Fall - relevante objektive oder zumindest objektivierbare Unfallfolgen verblieben sind, kommt dieser Begehrenshaltung die überragende Bedeutung zu. Die psychischen Störungen beruhen dann wesentlich allein auf diesen Wunschvorstellungen, sodass eine Entschädigung hierfür ausgeschlossen ist (BSG, Beschluss vom 19.05.2000, B 2 U 138/00 B). Mit Dr. H. ist der Senat daher der Auffassung, dass die beim Kläger allenfalls vorliegende leichte bis mittelgradige depressive Episode nicht mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis vom 03.05.1994 zurückzuführen ist.

Der Senat verkennt nicht, dass die gesetzliche Rentenversicherung beim Kläger - anfangs über eine sozialgerichtliche Verurteilung (Urteil des Sozialgerichts vom 29.03.2001, S 2 KN 1529/98) - eine Erwerbsunfähigkeit auf Dauer wegen der in Rede stehenden psychischen Auffälligkeiten anerkannt hat und damit von einer erheblichen psychisch bedingten Einschränkung der Leistungsfähigkeit ausgeht. Abgesehen davon, dass die dieser Beurteilung zu Grunde liegenden Gutachten (u.a. Dr. R.: leichte bis mittelgradige depressive Verstimmung, unter halbschichtig; O.-P.: unter drei Stunden) möglicherweise das Ausmaß der Aggravationen nicht hinreichend berücksichtigt bzw. vor dem Hintergrund einer dekompensierten Persönlichkeitsstörung - aus Sicht des Senats zu Unrecht - als bewusstseinsfern angesehen haben, spielen die Auswirkungen der beim Kläger tatsächlich vorhandenen Störungen im vorliegenden Rechtsstreit keine Rolle. Denn über das Ausmaß der dadurch verursachten Einschränkungen hätte der Senat erst im Rahmen der MdE zu entscheiden. Der Senat verneint aber bereits eine unfallbedingte Gesundheitsstörung auf psychischem Gebiet. Im Übrigen stimmt die der anfänglichen Rentengewährung auch zu Grunde liegende diagnostische Beurteilung von Dr. R. mit jener von Dr. H. überein.

Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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