Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 69 U 406/96
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 107/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6. Oktober 1997 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles Verletztenrente zu gewähren hat.
Der am 16. August 1935 geborene Kläger erlitt am 11. März 1995 einen Arbeitsunfall. An diesem Tage suchte er als selbständiger Gewerbetreibender einen Großmarkt auf, um dort für seinen Betrieb Einkäufe zu tätigen. Er geriet dabei zwischen einen plötzlich nach hinten fahrenden Gabelstapler und ein eisernes Regal und wurde von dem Gabelstapler an dieses Regal gedrückt. Der Kläger verspürte sofort starke Schmerzen im Thorax und im Bauch, begab sich aber erst am 16. März 1995 in ärztliche Behandlung. Bis zum 26. Mai 1995 und erneut ab dem 6. Juni 1995 war der Kläger arbeitsunfähig, seit dem
1. September 1995 ist er erwerbsunfähig. Bereits am 24. April 1995 war eine ambulante Operation einer Narbenhernie erfolgt, weitere Operationen (Hernioplastiken) erfolgten am 6. Februar 1996, am 19. Februar 1997 und am 12. Dezember 1997.
Am 10. Oktober 1995 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen wegen des Unfallereignisses vom 11. März 1995. Die Beklagte holte u.a. ein Gutachten des Arztes für Orthopädie und Durchgangsarztes Dr. Ko. vom 28. Dezember 1995 ein. Dieser gelangte zu der Einschätzung, bis zum August 1995 sei die Dauer der Arbeitsunfähigkeit überwiegend durch Unfallfolgen eingetreten, danach lasse sich die Arbeitsunfähigkeit mit dem Unfallereignis nicht in einen ursächlichen Zusammenhang bringen. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Grade sei durch das Unfallereignis nicht entstanden. Mit Bescheid vom 23. Februar 1996 lehnte die Beklagte eine Entschädigung wegen der Beschwerden des Klägers im Bauchbereich (Narbenbruch) über den 31. August 1995 hinaus ab und stellte gleichfalls fest, dass die Kosten für die operativen Versorgungen des Narbenbruches im April 1995 und Anfang 1996 nicht übernommen würden. Zur Begründung stützte sie sich im Wesentlichen auf das Gutachten des Dr. Ko ... Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 1996 mit ähnlicher Begründung zurück.
Mit seiner am 29. Mai 1996 bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger sein Ziel weiterverfolgt, ab September 1995 im Anschluss an das bis dahin gewährte Verletztengeld eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu erhalten. Auf Grund richterlicher Beweisanordnung hat am 23. November 1996 der Facharzt für Chirurgie und Orthopädie Dr. R. ein medizinisches Sachverständigengutachten erstattet. Darin hat der Sachverständige festgestellt, durch das Unfallereignis vom 11. März 1995 sei im Sinne der erstmaligen Entstehung ein Oberbauchnarbenbruch hervorgerufen worden. Zugleich sei eine richtungsgebende Verschlimmerung der bereits vorher bestehenden gesundheitlichen Veränderungen eingetreten. Die unfallbedingte MdE betrage 30 %. Auf Veranlassung der Beklagten hat sich hierzu Dr. Ko. am 2. Januar 1997 geäußert und dabei der Einschätzung des Dr. R. widersprochen. Es habe eine wesentliche Vorerkrankung mit der Notwendigkeit des Tragens einer Bandage bestanden, der Unfall sei nicht die wesentliche Ursache gewesen. Ebenfalls auf Grund richterlicher Beweisanordnung von Amts wegen hat am 30. Juni 1997 der Facharzt für Chirurgie Prof. Dr. F. ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten erstattet. Darin hat er ausgeführt, im Sinne einer erstmaligen Entstehung seien im Bauchbereich nicht mit Sicherheit Schäden entstanden. Die beim Kläger bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen seien nicht richtungsgebend durch das Unfallereignis vom 11. März 1995 beeinflusst worden.
Durch Urteil vom 6. Oktober 1997 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Die nach dem 31. August 1995 bei dem Kläger bestehenden Gesundheitsschäden hätten nicht mit dem zu fordernden Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit ursächlich auf das Unfallereignis vom 11. März 1995 zurückgeführt werden können. Bei einer traumatischen Verursachung am 11. März 1995 hätte diese zunächst einmal Beschwerden ausgelöst, die die sofortige Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe erforderlich gemacht hätten. Außerdem hätte es zwangsläufig zu Einblutungen im Bauchbereich bzw. in der Bauchdecke kommen müssen, die sowohl klinisch wie auch am 24. März 1995 noch sonographisch nachweisbar gewesen wären. Dem stehe auch nicht die Einschätzung des Dr. R. entgegen, denn dieser stelle letztendlich allein auf die vom Kläger gegebene Unfallschilderung ab und lasse die objektiven medizinischen Befunde, auf die es entscheidend ankomme, außer Betracht.
Gegen dieses ihm am 30. Oktober 1997 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11. November 1997 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin eingelegt und sich dabei auf einen Krankheitsbericht des behandelnden Arztes für Chirurgie Prof. Dr. M. vom 23. Dezember 1997 gestützt. Ferner hat er in Kopie eine Abfindungsvereinbarung mit dem Betreiberunternehmen des Großmarktes, bei dem der Unfall passiert war, zu den Akten gereicht. Ausweislich dieser Vereinbarung vom 24. August 1998 hat der Kläger gegen Zahlung auf Kulanz und ohne Präjudiz einen Betrag von 83.000,00 DM von dem Unternehmen erhalten und sich damit hinsichtlich aller Schadensersatzansprüche als abgefunden erklärt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6. Oktober 1997 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. Februar 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Mai 1996 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 11. März 1995 ab dem 1. September 1995 Verletztenteilrente in Höhe von 30 vom Hundert der Vollrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Auf Grund richterlicher Beweisanordnung im Berufungsverfahren hat am 15. August 1999 der Facharzt für Chirurgie Dr. Me. ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten erstattet. Darin ist er zu der Einschätzung gelangt, bei dem Kläger bestünden als Gesundheitsstörungen eine stabilitätsgeschwächte Bauchwand mit Rektusdiastase sowie eine ausgedehnte Narbenbildung. Keine dieser genannten Gesundheitsstörungen sei mit Wahrscheinlichkeit unmittelbare oder mittelbare Folge des Unfallereignisses vom 11. März 1995.
Auf Grund richterlicher Beweisanordnung nach Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat am 11. Mai 2000 der Facharzt für Chirurgie Prof. Dr. B. ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten erstattet. Darin ist er entgegen den Einschätzungen des Dr. Ko. , des Dr. Fa. und des Dr. Me. zu der Einschätzung gelangt, durch den Unfall sei mit Sicherheit die Integrität der Bauchdecke gestört und zerstört worden. Der weitere Krankheitsverlauf sei zu einem bestimmten Prozentsatz Unfallfolge, zumal die Ganzkörperuntersuchung vom 27. März 2000 keine signifikante Bindegewebsschwäche ergeben habe. Unter diesem Gesichtspunkt müsse auch der bei der genannten Untersuchung festgestellte eigroße Narbenbruch als mittelbare Unfallfolge angesehen werden. Unter Berücksichtigung des Verlaufes nach dem Unfall, der Anamnese, des derzeitigen klinischen Befundes und der unterschiedlichen Aussagen in zahlreichen Gutachten sehe er das Unfallereignis vom 11. März 1995 als eine deutliche Verschlimmerung der Gesundheitsstörung an und bewerte die verbleibende dauernde unfallbedingte MdE mit 30 %.
Im Auftrage der Beklagten hat sich hierzu deren beratender Arzt Dr. Z. am 12. Juli 2000 ergänzend geäußert. Darin hat er der Einschätzung des Prof. Dr. B. widersprochen. Er hat ausgeführt, der unmittelbare Verlauf der Krankheit nach dem angeschuldigten Unfallereignis hinsichtlich schwerer Krankheitserscheinungen sei nicht adäquat gewesen, denn er hätte keine sofortige Behandlungs- und Operationsnotwendigkeit unmittelbar nach dem Ereignis nach sich gezogen. Die erhobenen Erstbefunde einschließlich des Operationsbefundes stünden nicht in Übereinstimmung mit den bei einem unfallbedingten Bauchwandbruch notwendig zu erwartenden krankhaften Veränderungen wie Zerreißungen und Blutergüssen der Bauchwandschichten und der inneren Organe. Dies entspreche der anerkannten Lehrmeinung und den Einschätzungen in der maßgeblichen Begutachtungsliteratur. Der Sachverständige Prof. Dr. B. sei hiervon abgewichen, ohne dies offen zulegen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsakten der Beklagten, welche im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG- frist- und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§ 143 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Ihm steht kein Anspruch auf Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 11. März 1995 gegen die Beklagte zu.
Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sind die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) über die gesetzliche Unfallversicherung. Die am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Vorschriften des Siebten Sozialgesetzbuches (SGB VII) finden gemäß §§ 212, 214 Abs. 3 SGB VII für vor dem 1. Januar 1997 eingetretene Versicherungsfälle nur Anwendung, wenn Rentenleistungen erstmals nach In-Kraft-Treten des SGB VII festzusetzen wären. Die vom Kläger begehrten Rentenleistungen wären jedoch - wenn der Rentenanspruch bestünde - schon für Zeiten vor dem 1. Januar 1997 erstmals festzusetzen.
Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung werden gemäß § 547 RVO nach Eintritt eines Arbeitsunfalls gewährt. Gemäß § 548 Abs. 1 RVO ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer in den §§ 539, 540 und 543 - 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Erforderlich ist damit zunächst, dass ein Unfall vorliegt, d. h. ein von außen her auf den Menschen einwirkendes körperlich schädigendes plötzliches Ereignis. Weiter ist erforderlich, dass zwischen der unfallbringenden Tätigkeit und dem Unfallereignis ein innerer ursächlicher Zusammenhang besteht. Dieser ursächliche Zusammenhang muss auch zwischen dem Unfallereignis und der Gesundheitsschädigung gegeben sein. Dabei müssen das Unfallereignis und die Gesundheitsstörung nachgewiesen sein, während es für die Feststellung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und der Gesundheitsstörung ausreicht, wenn eine Wahrscheinlichkeit vorliegt, weil es im Regelfall nicht mit einer jeden Zweifel ausschließenden vollkommenen Sicherheit möglich sein wird, die Kausalität nachzuweisen. Ein Zusammenhang ist wahrscheinlich, wenn bei der Erwägung alle für den Zusammenhang sprechenden Erwägungen so stark überwiegen, dass darauf die Überzeugung der entscheidenden Stelle gegründet werden kann. Verletztenrente wird gemäß § 581 Abs. 1 RVO gewährt, solange in Folge des Arbeitsunfalls die Erwerbsfähigkeit des Verletzten wenigstens um ein Fünftel (20 v. H.) gemindert ist. Der Anspruch besteht gemäß § 580 Abs. 2 RVO ab dem Tage, der auf die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Verletzten folgt.
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen besteht zu Gunsten des Klägers kein Anspruch auf Verletztenrente gegen die Beklagte. Zwar stellt sich das Ereignis vom 11. März 1995 als Unfallereignis im Sinne der vorgenannten Definition dar, und der Kläger hat diesen Unfall im Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit erlitten. Auch wenn damit die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalles erfüllt sind, hat dieser Arbeitsunfall nicht die vom Kläger geltend gemachten gesundheitlichen Störungen im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung verursacht. Ursache im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung ist stets dasjenige Ereignis, welches mit Wahrscheinlichkeit für den geltend gemachten Erfolg die wesentliche Bedingung gesetzt hat (Ricke, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, vor § 548 RVO Rdnr. 2 unter Bezug auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts -BSG-), d. h. dem nach den Anschauungen des täglichen Lebens die wesentliche Bedeutung für den eingetretenen Erfolg zukommt (ständige Rechtsprechung seit BSGE 1, 150, 156; siehe auch BSG SozR 2200 § 548 Nr. 13). Wesentlich sind unter mehreren Bedingungen immer solche von derart überragender Bedeutung, dass ihnen gegenüber die anderen Bedingungen in ihrer Wirksamkeit in den Hintergrund treten (Kater/Leube, SGB VII, vor § 7-13 Rdnr. 46 m.w.N.).
Gemessen an diesen Kriterien steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Arbeitsunfall vom 11. März 1995 nicht die für die bei dem Kläger festzustellenden gesundheitlichen Einschränkungen wesentliche Ursache gesetzt hat. Dies beruht auf den im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren gewonnenen medizinischen Erkenntnissen, vor allem aber auf dem Sachverständigengutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. Me. vom 15. August 1999. Hiernach leidet der Kläger zwar unter beträchtlichen Gesundheitsstörungen, nämlich insbesondere an einer stabilitätsgeschwächten Bauchwand mit Rektusdiastase sowie einer ausgedehnten Narbenbildung. Diese genannten Gesundheitsstörungen sind aber nicht mit Wahrscheinlichkeit unmittelbar oder mittelbar auf das Unfallereignis vom 11. März 1995 zurückzuführen.
Das Unfallereignis stellt nicht die für den erstmalige Entstehung dieser Gesundheitsstörungen wesentliche Bedingung dar. Zwar bestand beim Kläger zuvor keine Krankheitsanlage, wohl aber litt er bereits an einer erheblichen Gesundheitsstörung. Es bestand ein Vorschaden im Sinne eines unfallfremden Narbenbruches, und zwar bereits zum Zeitpunkt des Unfalles, der vom Kläger jedoch noch nicht bemerkt worden war und seine volle Ausbildung damals auch noch nicht erreicht hatte. Der Rückschluss auf einen losgelöst vom Unfallereignis bestehenden Narbenbruch ist zwingend, weil die Verletzung des Klägers nicht die Voraussetzungen erfüllt, die bei einer allein durch ein traumatisches Ereignis - die traumatische Zerreißung einer Operationsnarbe - herbeigeführten Beschädigung vorliegen müssten. Der Kläger hatte bereits vor dem Unfall eine Operationsnarbe als Folge einer Bauchoperation. Jede Narbe dieser Art beinhaltet stets im Vergleich zu einem intakten Gewebe eine gewisse gewebliche Veränderung mit einer Risseigenschaft und stellt damit eine gewebliche Schwäche des betreffenden Weichteilabschnittes dar. Eine solche Narbe kann - insbesondere bei zunehmendem Alter des betreffenden Menschen - brechen, ohne dass es eines maßgeblichen Ereignisses von außen bedarf. Hingegen reißen Narben, bei denen sich noch kein Riss manifestiert hat, nur dann auf, wenn unter einer entsprechenden Gewalteinwirkung eine plötzliche Zerreißung von außen erfolgt. Als Symptome eines solchen Geschehens sind aber vor allem die Blutung in der Bauchwand, starke Schmerzen mit dem Eintritt eines relevanten Krankheitsbildes und Störung des Allgemeinzustandes, die sofortige Arbeitsniederlegung, die schnellstmögliche Inanspruchnahme ärztlicher Behandlung und damit auch die sofortige Einleitung operativer Maßnahmen verbunden. Diese Voraussetzungen sind jedoch bei dem Kläger im Wesentlichen nicht erfüllt gewesen. Insbesondere war eine sofortige ärztliche Behandlung auch nach eigener Einschätzung des Klägers nicht notwendig, denn diese wurde erst drei Tage nach dem Unfall durchgeführt. Die Verursachung des Narbenbruches im Sinne einer erstmaligen Entstehung durch das Unfallereignis vom 11. März 1995 ist nicht wahrscheinlich, weil eine unfallfremde Vorverursachung wahrscheinlicher ist.
Das Unfallereignis vom 11. März 1995 hat aber auch nicht im Sinne einer richtunggebenden Verschlimmerung zu einer dauerhaften Verschlimmerung des unfallunabhängig bestehenden Narbenbruches geführt. Zwar bestand vorübergehend eine solche Verschlimmerung, nämlich solange der Narbenbruch äußerlich bei dem Kläger in Erscheinung getreten war. Das Ende dieser unfallbedingten Verschlimmerung muss aber mit dem Zeitpunkt der Operation gleichgesetzt werden, bei der der Narbenbruch operativ beseitigt wurde. Denn ab diesem Zeitpunkt bestand wieder der Zustand, der auch dann bestanden hätte, wenn ein unfallunabhängiger Vorschaden in Gestalt eines Narbenbruches operativ behandelt worden wäre. Dies bedeutet, dass jedenfalls nach der Operation und dem Eintritt der Arbeitsfähigkeit ab dem 26. Mai 1995 die unfallbedingte Verschlimmerung beendet war und eine unfallbedingte MdE nicht bejaht werden kann. Dies gilt auch dann, wenn es kurze Zeit nach Eintritt der Arbeitsfähigkeit entsprechend den Angaben der behandelnden Ärzte zu einem Rezidiv gekommen sein sollte, d. h. wenn wieder an der alten Stelle ein Narbenbruch in Erscheinung trat. Denn dieser kann nicht mehr mit dem Unfallereignis und seinen Folgen in einen kausalen Zusammenhang gebracht werden - weder im Sinne der neuen Entstehung noch im Sinne einer vollen Ausprägung mit Sichtbarwerden im Bereich der Bauchwand. Denn nun war nicht mehr der Unfall mit seinen Folgen als relevant für den erneuten Eintritt des Narbenbruches zu bezeichnen, sondern die wesentliche Teilursache lag in den geweblichen Veränderungen verankert, die durch die ursprüngliche Magenoperation und die durch diese Operation entstandene Narbenbildung bedingt waren.
Der Senat hat keine Zweifel, dass die vorgenannten Schlussfolgerungen des Sachverständigen zutreffen. Sie beruhen auf korrekt erhobenen Befunden und sind entsprechend den allgemeinen Begutachtungsgrundsätzen für die gesetzliche Unfallversicherung gezogen worden. Der Sachverständige Dr. Me. ist dem Senat aus zahlreichen Verfahren als ein gerade in Fragen der Arbeitsunfallbegutachtung außerordentlich erfahrener und verlässlicher Sachverständiger bekannt. Er hat gerade die verschiedenen konkurrierenden Ursachen sowohl für eine mögliche erstmalige Entstehung als auch für eine richtunggebende Verschlimmerung im Einzelnen abgegrenzt und sorgfältig gegeneinander abgewogen.
Diese Einschätzung kann auch nicht durch die entgegenstehenden Auffassungen des Sachverständigen Dr. R. und des auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. B. erschüttert werden. So geht Dr. R. insbesondere unzutreffend davon aus, durch das Unfallereignis sei es im Sinne einer wesentlichen Teilursache zur Hernienentstehung, d.h. zur erstmaligen Herbeiführung eines Narbenbruches, gekommen. Der Sachverständige lässt dabei die oben genannten anerkannten Kriterien außer Acht, die erfüllt sein müssen, um einen solchen Narbenbruch im Sinne einer erstmaligen Entstehung auf ein traumatisches, schweres Unfallereignis zurückführen zu können. Keine Beweiskraft besitzt das Gutachten des Prof. Dr. B., weil dieser Sachverständige sich nicht an die allgemein anerkannten Begutachtungsgrundsätze der gesetzlichen Unfallversicherung gehalten hat. Der Sachverständige verletzt diese Grundsätze insbesondere dann, wenn er ausführt, der weitere Krankheitsverlauf sei zu einem bestimmten Prozentsatz Unfallfolge, weil er damit die gerade für das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung unerlässliche Abwägung verschiedener, mit einander konkurrierender Teilursachen unterlässt und es ebenfalls unterlässt, eine Festlegung hinsichtlich einer wesentlichen Teilursache vorzunehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, denn Nichtzulassungsgründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger wegen der Folgen eines Arbeitsunfalles Verletztenrente zu gewähren hat.
Der am 16. August 1935 geborene Kläger erlitt am 11. März 1995 einen Arbeitsunfall. An diesem Tage suchte er als selbständiger Gewerbetreibender einen Großmarkt auf, um dort für seinen Betrieb Einkäufe zu tätigen. Er geriet dabei zwischen einen plötzlich nach hinten fahrenden Gabelstapler und ein eisernes Regal und wurde von dem Gabelstapler an dieses Regal gedrückt. Der Kläger verspürte sofort starke Schmerzen im Thorax und im Bauch, begab sich aber erst am 16. März 1995 in ärztliche Behandlung. Bis zum 26. Mai 1995 und erneut ab dem 6. Juni 1995 war der Kläger arbeitsunfähig, seit dem
1. September 1995 ist er erwerbsunfähig. Bereits am 24. April 1995 war eine ambulante Operation einer Narbenhernie erfolgt, weitere Operationen (Hernioplastiken) erfolgten am 6. Februar 1996, am 19. Februar 1997 und am 12. Dezember 1997.
Am 10. Oktober 1995 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen wegen des Unfallereignisses vom 11. März 1995. Die Beklagte holte u.a. ein Gutachten des Arztes für Orthopädie und Durchgangsarztes Dr. Ko. vom 28. Dezember 1995 ein. Dieser gelangte zu der Einschätzung, bis zum August 1995 sei die Dauer der Arbeitsunfähigkeit überwiegend durch Unfallfolgen eingetreten, danach lasse sich die Arbeitsunfähigkeit mit dem Unfallereignis nicht in einen ursächlichen Zusammenhang bringen. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in rentenberechtigendem Grade sei durch das Unfallereignis nicht entstanden. Mit Bescheid vom 23. Februar 1996 lehnte die Beklagte eine Entschädigung wegen der Beschwerden des Klägers im Bauchbereich (Narbenbruch) über den 31. August 1995 hinaus ab und stellte gleichfalls fest, dass die Kosten für die operativen Versorgungen des Narbenbruches im April 1995 und Anfang 1996 nicht übernommen würden. Zur Begründung stützte sie sich im Wesentlichen auf das Gutachten des Dr. Ko ... Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 1996 mit ähnlicher Begründung zurück.
Mit seiner am 29. Mai 1996 bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger sein Ziel weiterverfolgt, ab September 1995 im Anschluss an das bis dahin gewährte Verletztengeld eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu erhalten. Auf Grund richterlicher Beweisanordnung hat am 23. November 1996 der Facharzt für Chirurgie und Orthopädie Dr. R. ein medizinisches Sachverständigengutachten erstattet. Darin hat der Sachverständige festgestellt, durch das Unfallereignis vom 11. März 1995 sei im Sinne der erstmaligen Entstehung ein Oberbauchnarbenbruch hervorgerufen worden. Zugleich sei eine richtungsgebende Verschlimmerung der bereits vorher bestehenden gesundheitlichen Veränderungen eingetreten. Die unfallbedingte MdE betrage 30 %. Auf Veranlassung der Beklagten hat sich hierzu Dr. Ko. am 2. Januar 1997 geäußert und dabei der Einschätzung des Dr. R. widersprochen. Es habe eine wesentliche Vorerkrankung mit der Notwendigkeit des Tragens einer Bandage bestanden, der Unfall sei nicht die wesentliche Ursache gewesen. Ebenfalls auf Grund richterlicher Beweisanordnung von Amts wegen hat am 30. Juni 1997 der Facharzt für Chirurgie Prof. Dr. F. ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten erstattet. Darin hat er ausgeführt, im Sinne einer erstmaligen Entstehung seien im Bauchbereich nicht mit Sicherheit Schäden entstanden. Die beim Kläger bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen seien nicht richtungsgebend durch das Unfallereignis vom 11. März 1995 beeinflusst worden.
Durch Urteil vom 6. Oktober 1997 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Die nach dem 31. August 1995 bei dem Kläger bestehenden Gesundheitsschäden hätten nicht mit dem zu fordernden Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit ursächlich auf das Unfallereignis vom 11. März 1995 zurückgeführt werden können. Bei einer traumatischen Verursachung am 11. März 1995 hätte diese zunächst einmal Beschwerden ausgelöst, die die sofortige Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe erforderlich gemacht hätten. Außerdem hätte es zwangsläufig zu Einblutungen im Bauchbereich bzw. in der Bauchdecke kommen müssen, die sowohl klinisch wie auch am 24. März 1995 noch sonographisch nachweisbar gewesen wären. Dem stehe auch nicht die Einschätzung des Dr. R. entgegen, denn dieser stelle letztendlich allein auf die vom Kläger gegebene Unfallschilderung ab und lasse die objektiven medizinischen Befunde, auf die es entscheidend ankomme, außer Betracht.
Gegen dieses ihm am 30. Oktober 1997 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11. November 1997 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin eingelegt und sich dabei auf einen Krankheitsbericht des behandelnden Arztes für Chirurgie Prof. Dr. M. vom 23. Dezember 1997 gestützt. Ferner hat er in Kopie eine Abfindungsvereinbarung mit dem Betreiberunternehmen des Großmarktes, bei dem der Unfall passiert war, zu den Akten gereicht. Ausweislich dieser Vereinbarung vom 24. August 1998 hat der Kläger gegen Zahlung auf Kulanz und ohne Präjudiz einen Betrag von 83.000,00 DM von dem Unternehmen erhalten und sich damit hinsichtlich aller Schadensersatzansprüche als abgefunden erklärt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6. Oktober 1997 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. Februar 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Mai 1996 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 11. März 1995 ab dem 1. September 1995 Verletztenteilrente in Höhe von 30 vom Hundert der Vollrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Auf Grund richterlicher Beweisanordnung im Berufungsverfahren hat am 15. August 1999 der Facharzt für Chirurgie Dr. Me. ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten erstattet. Darin ist er zu der Einschätzung gelangt, bei dem Kläger bestünden als Gesundheitsstörungen eine stabilitätsgeschwächte Bauchwand mit Rektusdiastase sowie eine ausgedehnte Narbenbildung. Keine dieser genannten Gesundheitsstörungen sei mit Wahrscheinlichkeit unmittelbare oder mittelbare Folge des Unfallereignisses vom 11. März 1995.
Auf Grund richterlicher Beweisanordnung nach Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat am 11. Mai 2000 der Facharzt für Chirurgie Prof. Dr. B. ein weiteres medizinisches Sachverständigengutachten erstattet. Darin ist er entgegen den Einschätzungen des Dr. Ko. , des Dr. Fa. und des Dr. Me. zu der Einschätzung gelangt, durch den Unfall sei mit Sicherheit die Integrität der Bauchdecke gestört und zerstört worden. Der weitere Krankheitsverlauf sei zu einem bestimmten Prozentsatz Unfallfolge, zumal die Ganzkörperuntersuchung vom 27. März 2000 keine signifikante Bindegewebsschwäche ergeben habe. Unter diesem Gesichtspunkt müsse auch der bei der genannten Untersuchung festgestellte eigroße Narbenbruch als mittelbare Unfallfolge angesehen werden. Unter Berücksichtigung des Verlaufes nach dem Unfall, der Anamnese, des derzeitigen klinischen Befundes und der unterschiedlichen Aussagen in zahlreichen Gutachten sehe er das Unfallereignis vom 11. März 1995 als eine deutliche Verschlimmerung der Gesundheitsstörung an und bewerte die verbleibende dauernde unfallbedingte MdE mit 30 %.
Im Auftrage der Beklagten hat sich hierzu deren beratender Arzt Dr. Z. am 12. Juli 2000 ergänzend geäußert. Darin hat er der Einschätzung des Prof. Dr. B. widersprochen. Er hat ausgeführt, der unmittelbare Verlauf der Krankheit nach dem angeschuldigten Unfallereignis hinsichtlich schwerer Krankheitserscheinungen sei nicht adäquat gewesen, denn er hätte keine sofortige Behandlungs- und Operationsnotwendigkeit unmittelbar nach dem Ereignis nach sich gezogen. Die erhobenen Erstbefunde einschließlich des Operationsbefundes stünden nicht in Übereinstimmung mit den bei einem unfallbedingten Bauchwandbruch notwendig zu erwartenden krankhaften Veränderungen wie Zerreißungen und Blutergüssen der Bauchwandschichten und der inneren Organe. Dies entspreche der anerkannten Lehrmeinung und den Einschätzungen in der maßgeblichen Begutachtungsliteratur. Der Sachverständige Prof. Dr. B. sei hiervon abgewichen, ohne dies offen zulegen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsakten der Beklagten, welche im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG- frist- und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§ 143 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Ihm steht kein Anspruch auf Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 11. März 1995 gegen die Beklagte zu.
Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sind die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) über die gesetzliche Unfallversicherung. Die am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Vorschriften des Siebten Sozialgesetzbuches (SGB VII) finden gemäß §§ 212, 214 Abs. 3 SGB VII für vor dem 1. Januar 1997 eingetretene Versicherungsfälle nur Anwendung, wenn Rentenleistungen erstmals nach In-Kraft-Treten des SGB VII festzusetzen wären. Die vom Kläger begehrten Rentenleistungen wären jedoch - wenn der Rentenanspruch bestünde - schon für Zeiten vor dem 1. Januar 1997 erstmals festzusetzen.
Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung werden gemäß § 547 RVO nach Eintritt eines Arbeitsunfalls gewährt. Gemäß § 548 Abs. 1 RVO ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer in den §§ 539, 540 und 543 - 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Erforderlich ist damit zunächst, dass ein Unfall vorliegt, d. h. ein von außen her auf den Menschen einwirkendes körperlich schädigendes plötzliches Ereignis. Weiter ist erforderlich, dass zwischen der unfallbringenden Tätigkeit und dem Unfallereignis ein innerer ursächlicher Zusammenhang besteht. Dieser ursächliche Zusammenhang muss auch zwischen dem Unfallereignis und der Gesundheitsschädigung gegeben sein. Dabei müssen das Unfallereignis und die Gesundheitsstörung nachgewiesen sein, während es für die Feststellung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und der Gesundheitsstörung ausreicht, wenn eine Wahrscheinlichkeit vorliegt, weil es im Regelfall nicht mit einer jeden Zweifel ausschließenden vollkommenen Sicherheit möglich sein wird, die Kausalität nachzuweisen. Ein Zusammenhang ist wahrscheinlich, wenn bei der Erwägung alle für den Zusammenhang sprechenden Erwägungen so stark überwiegen, dass darauf die Überzeugung der entscheidenden Stelle gegründet werden kann. Verletztenrente wird gemäß § 581 Abs. 1 RVO gewährt, solange in Folge des Arbeitsunfalls die Erwerbsfähigkeit des Verletzten wenigstens um ein Fünftel (20 v. H.) gemindert ist. Der Anspruch besteht gemäß § 580 Abs. 2 RVO ab dem Tage, der auf die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Verletzten folgt.
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen besteht zu Gunsten des Klägers kein Anspruch auf Verletztenrente gegen die Beklagte. Zwar stellt sich das Ereignis vom 11. März 1995 als Unfallereignis im Sinne der vorgenannten Definition dar, und der Kläger hat diesen Unfall im Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit erlitten. Auch wenn damit die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalles erfüllt sind, hat dieser Arbeitsunfall nicht die vom Kläger geltend gemachten gesundheitlichen Störungen im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung verursacht. Ursache im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung ist stets dasjenige Ereignis, welches mit Wahrscheinlichkeit für den geltend gemachten Erfolg die wesentliche Bedingung gesetzt hat (Ricke, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, vor § 548 RVO Rdnr. 2 unter Bezug auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts -BSG-), d. h. dem nach den Anschauungen des täglichen Lebens die wesentliche Bedeutung für den eingetretenen Erfolg zukommt (ständige Rechtsprechung seit BSGE 1, 150, 156; siehe auch BSG SozR 2200 § 548 Nr. 13). Wesentlich sind unter mehreren Bedingungen immer solche von derart überragender Bedeutung, dass ihnen gegenüber die anderen Bedingungen in ihrer Wirksamkeit in den Hintergrund treten (Kater/Leube, SGB VII, vor § 7-13 Rdnr. 46 m.w.N.).
Gemessen an diesen Kriterien steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Arbeitsunfall vom 11. März 1995 nicht die für die bei dem Kläger festzustellenden gesundheitlichen Einschränkungen wesentliche Ursache gesetzt hat. Dies beruht auf den im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren gewonnenen medizinischen Erkenntnissen, vor allem aber auf dem Sachverständigengutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. Me. vom 15. August 1999. Hiernach leidet der Kläger zwar unter beträchtlichen Gesundheitsstörungen, nämlich insbesondere an einer stabilitätsgeschwächten Bauchwand mit Rektusdiastase sowie einer ausgedehnten Narbenbildung. Diese genannten Gesundheitsstörungen sind aber nicht mit Wahrscheinlichkeit unmittelbar oder mittelbar auf das Unfallereignis vom 11. März 1995 zurückzuführen.
Das Unfallereignis stellt nicht die für den erstmalige Entstehung dieser Gesundheitsstörungen wesentliche Bedingung dar. Zwar bestand beim Kläger zuvor keine Krankheitsanlage, wohl aber litt er bereits an einer erheblichen Gesundheitsstörung. Es bestand ein Vorschaden im Sinne eines unfallfremden Narbenbruches, und zwar bereits zum Zeitpunkt des Unfalles, der vom Kläger jedoch noch nicht bemerkt worden war und seine volle Ausbildung damals auch noch nicht erreicht hatte. Der Rückschluss auf einen losgelöst vom Unfallereignis bestehenden Narbenbruch ist zwingend, weil die Verletzung des Klägers nicht die Voraussetzungen erfüllt, die bei einer allein durch ein traumatisches Ereignis - die traumatische Zerreißung einer Operationsnarbe - herbeigeführten Beschädigung vorliegen müssten. Der Kläger hatte bereits vor dem Unfall eine Operationsnarbe als Folge einer Bauchoperation. Jede Narbe dieser Art beinhaltet stets im Vergleich zu einem intakten Gewebe eine gewisse gewebliche Veränderung mit einer Risseigenschaft und stellt damit eine gewebliche Schwäche des betreffenden Weichteilabschnittes dar. Eine solche Narbe kann - insbesondere bei zunehmendem Alter des betreffenden Menschen - brechen, ohne dass es eines maßgeblichen Ereignisses von außen bedarf. Hingegen reißen Narben, bei denen sich noch kein Riss manifestiert hat, nur dann auf, wenn unter einer entsprechenden Gewalteinwirkung eine plötzliche Zerreißung von außen erfolgt. Als Symptome eines solchen Geschehens sind aber vor allem die Blutung in der Bauchwand, starke Schmerzen mit dem Eintritt eines relevanten Krankheitsbildes und Störung des Allgemeinzustandes, die sofortige Arbeitsniederlegung, die schnellstmögliche Inanspruchnahme ärztlicher Behandlung und damit auch die sofortige Einleitung operativer Maßnahmen verbunden. Diese Voraussetzungen sind jedoch bei dem Kläger im Wesentlichen nicht erfüllt gewesen. Insbesondere war eine sofortige ärztliche Behandlung auch nach eigener Einschätzung des Klägers nicht notwendig, denn diese wurde erst drei Tage nach dem Unfall durchgeführt. Die Verursachung des Narbenbruches im Sinne einer erstmaligen Entstehung durch das Unfallereignis vom 11. März 1995 ist nicht wahrscheinlich, weil eine unfallfremde Vorverursachung wahrscheinlicher ist.
Das Unfallereignis vom 11. März 1995 hat aber auch nicht im Sinne einer richtunggebenden Verschlimmerung zu einer dauerhaften Verschlimmerung des unfallunabhängig bestehenden Narbenbruches geführt. Zwar bestand vorübergehend eine solche Verschlimmerung, nämlich solange der Narbenbruch äußerlich bei dem Kläger in Erscheinung getreten war. Das Ende dieser unfallbedingten Verschlimmerung muss aber mit dem Zeitpunkt der Operation gleichgesetzt werden, bei der der Narbenbruch operativ beseitigt wurde. Denn ab diesem Zeitpunkt bestand wieder der Zustand, der auch dann bestanden hätte, wenn ein unfallunabhängiger Vorschaden in Gestalt eines Narbenbruches operativ behandelt worden wäre. Dies bedeutet, dass jedenfalls nach der Operation und dem Eintritt der Arbeitsfähigkeit ab dem 26. Mai 1995 die unfallbedingte Verschlimmerung beendet war und eine unfallbedingte MdE nicht bejaht werden kann. Dies gilt auch dann, wenn es kurze Zeit nach Eintritt der Arbeitsfähigkeit entsprechend den Angaben der behandelnden Ärzte zu einem Rezidiv gekommen sein sollte, d. h. wenn wieder an der alten Stelle ein Narbenbruch in Erscheinung trat. Denn dieser kann nicht mehr mit dem Unfallereignis und seinen Folgen in einen kausalen Zusammenhang gebracht werden - weder im Sinne der neuen Entstehung noch im Sinne einer vollen Ausprägung mit Sichtbarwerden im Bereich der Bauchwand. Denn nun war nicht mehr der Unfall mit seinen Folgen als relevant für den erneuten Eintritt des Narbenbruches zu bezeichnen, sondern die wesentliche Teilursache lag in den geweblichen Veränderungen verankert, die durch die ursprüngliche Magenoperation und die durch diese Operation entstandene Narbenbildung bedingt waren.
Der Senat hat keine Zweifel, dass die vorgenannten Schlussfolgerungen des Sachverständigen zutreffen. Sie beruhen auf korrekt erhobenen Befunden und sind entsprechend den allgemeinen Begutachtungsgrundsätzen für die gesetzliche Unfallversicherung gezogen worden. Der Sachverständige Dr. Me. ist dem Senat aus zahlreichen Verfahren als ein gerade in Fragen der Arbeitsunfallbegutachtung außerordentlich erfahrener und verlässlicher Sachverständiger bekannt. Er hat gerade die verschiedenen konkurrierenden Ursachen sowohl für eine mögliche erstmalige Entstehung als auch für eine richtunggebende Verschlimmerung im Einzelnen abgegrenzt und sorgfältig gegeneinander abgewogen.
Diese Einschätzung kann auch nicht durch die entgegenstehenden Auffassungen des Sachverständigen Dr. R. und des auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. B. erschüttert werden. So geht Dr. R. insbesondere unzutreffend davon aus, durch das Unfallereignis sei es im Sinne einer wesentlichen Teilursache zur Hernienentstehung, d.h. zur erstmaligen Herbeiführung eines Narbenbruches, gekommen. Der Sachverständige lässt dabei die oben genannten anerkannten Kriterien außer Acht, die erfüllt sein müssen, um einen solchen Narbenbruch im Sinne einer erstmaligen Entstehung auf ein traumatisches, schweres Unfallereignis zurückführen zu können. Keine Beweiskraft besitzt das Gutachten des Prof. Dr. B., weil dieser Sachverständige sich nicht an die allgemein anerkannten Begutachtungsgrundsätze der gesetzlichen Unfallversicherung gehalten hat. Der Sachverständige verletzt diese Grundsätze insbesondere dann, wenn er ausführt, der weitere Krankheitsverlauf sei zu einem bestimmten Prozentsatz Unfallfolge, weil er damit die gerade für das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung unerlässliche Abwägung verschiedener, mit einander konkurrierender Teilursachen unterlässt und es ebenfalls unterlässt, eine Festlegung hinsichtlich einer wesentlichen Teilursache vorzunehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, denn Nichtzulassungsgründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
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