L 9 SO 3/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
9
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 22 SO 33/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 SO 3/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 25.10.2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme der Bewilligung von Sozialhilfe für die Zeit vom 18.06.1999 bis zum 31.10.2005 und die Rückforderung überzahlter Sozialhilfe in Höhe von 15.472,87 EUR.

Der am 00.00.1936 geborene Kläger ist als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung von 60 und dem Merkzeichen "G" anerkannt. Er bezieht seit 2001 Altersrente in Höhe von derzeit 384,94 EUR.

Der Kläger ist gegenwärtig - und war auch bereits während des Zeitraums vom 12.06.1999 bis zum 31.10.2005 - Eigentümer verschiedener Grundstücke in Dortmund, Schwerte, Unna und Kamen.

Bereits seit 1975 ist er Eigentümer des jedenfalls zeitweilig von ihm bewohnten 1789 qm großen Hausgrundstücks L Straße 00 in Dortmund (Gemarkung L, Flur 00, Flurstück 00, der angrenzenden Straßenparzelle 00 sowie der unbebauten 3102 qm großen Nachbarparzelle 00.

Ebenfalls in Dortmund (Gemarkung L) gehören ihm bereits seit vor 1999 die als Acker-/Weideland verpachteten, insgesamt 31757 qm großen Parzellen 00,00 und 00 der Flur 0 sowie die in derselben Flur gelegenen Parzellen 00 und 00.

Weiterhin ist er Eigentümer von 2 unbebauten, jeweils 454 qm großen Grundstücken in Schwerte. (Gemarkung F, Grundbuchblatt xx, Flur 00 und Grundbuchblatt xx, Flur 00). Das Grundstück Flur 00 wurde ihm im Wege einer Teilungsversteigerung am 19.10.1989 durch Beschluss des Amtsgerichts Schwerte für 110.000 DM zugeschlagen. Für das Grundstück Flur 00 wurde der Kläger ebenfalls im Jahre 1989 als Alleineigentümer eingetragen. Das Grundstück Flur 00 war während des Zeitraums vom 12.06.1999 bis zum 31.10.2005 mit zwei Sicherungshypotheken belastet, die in Höhe von 988,80 DM bzw. 1360,50 DM valutierten. Das Grundstück 18551 war mit einer Sicherungshypothek über 651,80 DM belastet.

Schließlich gehören ihm noch ein 547 qm großes im Grundbuchblatt xx eingetragenes und dort als Ackerland bezeichnetes Grundstück in Unna sowie ein 716 qm großes Hausgrundstück (C-weg 00; Gemarkung I; Flur 0, Parzelle 00) in Kamen.

Ausweislich einer Mitteilung des Bundesamts für Finanzen vom 15.05.2001 war der Kläger im Jahr 1999 Kontoinhaber von Konten bei der Volksbank Dortmund (BLZ 4416001, freigestellter Kapitalertrag 291,00 DM), der Citibank Düsseldorf (BLZ 30020900) und der Norisbank Nürnberg (BLZ 7602600, freigestellter Kapitalertrag 682,00 DM). Darüber hinaus bestand ein Konto bei der Dresdner Bank (BLZ 44080050, Kto-Nr. 000). Ausweislich einer weiteren einer Mitteilung des Bundesamts für Finanzen vom 07.10.2003 war der Kläger im Jahr 2002 Inhaber eines Kontos bei der Sparda Bank F mit einem freigestellten Kapitalertrag von 1198,00 EUR.

Der Kläger, der seit 1988 ohne Bezug von Leistungen arbeitslos gemeldet war, wandte sich am 22.06.1999 während eines stationären Krankenhausaufenthalts erstmals an die Beklagte und beantragte die Übernahme der Krankenhauskosten nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG), wobei er angab, arbeitsloser Klempner/Installateur zu sein und an Vermögen über ca. 3000,00 DM Bargeld zu verfügen. Er wohne unter der Anschrift L Str. 00 mietfrei in einem abbruchreifen Haus mit Kohleheizung. Seine Einkünfte beständen aus ca. 200,00 DM Pachtzins aus der Verpachtung von Ackerland. Vor seiner Unterschrift fügte er den Hinweis "Angaben unter Vorbehalt wegen Krankheit" ein. In einer ergänzenden Erklärung zu seinen Vermögensverhältnissen gab er unter dem 13.07.1999 zu der Frage nach Grundvermögen an: "Grundstück, Ackerland, abbruchreifes Haus. 1975 vom Onkel geerbt." Es handele sich um ca. 13 Morgen Land. Das Ackerland sei für 2200,00 DM jährlich verpachtet. Bei der Frage nach sonstigem Vermögen und den Fragen nach Girokonten, Sparbüchern, Festgeldkonten, Sparverträgen, Wertpapieren kreuzte er jeweils "Nein" an.

Die Beklagte übernahm für die Dauer des stationären Aufenthalts vom 18.06.1999 bis 01.07.1999 Krankenhauskosten in Höhe von 5242,51 DM und für die Zeit vom 02.07.1999 bis 08.07.1999 in Höhe von 2419,62 DM. Außerdem zahlte sie dem Kläger für die Zeit vom 01.07.1999 bis 31.10.1999 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG, und zwar zunächst in Höhe von 363,70 DM monatlich, dann nach Anerkennung eines Bedarfs für Hilfe bei hauswirtschaftlichen Verrichtungen für die Zeit ab 01.01.2000 in Höhe von 531,70 DM und nach Erhöhung des Regelsatzes ab 01.07.2000 in Höhe von 534,70 DM monatlich. Daneben bewilligte sie dem Kläger einmalige Beihilfen, nämlich im November 1999 und im Oktober 2000 jeweils 715,00 DM als Kohlebeihilfe, im Dezember 1999 eine Renovierungsbeihilfe und eine Weihnachtsbeihilfe in Höhe von 275,00 DM bzw. 122,00 DM sowie im März 2000 eine Hausratsbeihilfe in Höhe von 540,00 DM.

Durch Mietvertrag vom 29.02.2000 vermietete der Kläger eine 55 qm große Wohnung im Obergeschoss des Hauses L Str. 00 in Dortmund zu einem Mietzins von 600,00 DM monatlich an eine Frau K. Nachdem die Beklagte erfahren hatte, dass Frau K, die zum damaligen Zeitpunkt Arbeitslosenhilfe bezog, in das Haus des Klägers umgezogen war, stellte sie die laufenden Sozialhilfeleistungen wegen der Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft zum 31. Oktober 2000 ein. Der Kläger trat im Jahre 2001 für Frau K als Prozessbevollmächtigter in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf (Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Az. 3 L 1149/01).

Im November 2000 beantragte der Kläger die Fortzahlung der Sozialhilfeleistungen. Die Beklagte gewährte dem Kläger in der Folgezeit im Bedarfsfall weiterhin Krankenhilfe. Sie übernahm die Kosten für einen am 02.05.2002 durchgeführten Krankentransport (51,66 EUR), für die Einsätze des Rettungsdienstes am 09.03.2002 und 02.05.2002 (365,58 EUR bzw. 224,97 EUR) sowie für zwei Krankenhausaufenthalte des Klägers (371,67 EUR bzw. 1683,58 EUR), die in der Zeit vom 02.05.2002 bis 03.05.2002 bzw. 13.12.2002 bis 17.12.2002 stattfanden.

Mit Antrag vom 06.12.2002 beantragte der Kläger Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG). Im Antragsformular gab er an, dass er an Einkünften neben der Altersrente noch Pachtzins in Höhe von "1124,84 jährlich" beziehe. Bei der Frage nach Hauseigentum trug er "abbruchreifes Haus" ein. Die Frage nach sonstigem Grundbesitz verneinte er ebenso wie die Fragen nach Girokonten und Sparbüchern. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 22.08.2003 ab, weil der Kläger über ausreichendes Einkommen verfüge. Sie gewährte ihm jedoch für die Zeit vom 25.08.2003 bis 31.12.2004 wieder die Kosten für eine Haushaltshilfe nach dem BSHG; und zwar für August 2003 in Höhe von 26,07 EUR; für die Folgemonate bis einschließlich November 2004 jeweils in Höhe von 110,72 EUR und für Dezember 2004 in Höhe von 76,72 EUR. Neben diesen laufenden Leistungen bewilligte sie mit Bescheid vom 05.11.2004 eine einmalige Beihilfe für Heizkosten, Renovierung, Hausrat und Bekleidung in Höhe von 1713,10 EUR sowie mit Bescheiden vom 23.12.2003 und 02.12.2004 Weihnachtsbeihilfen für 2003 und 2004 jeweils in Höhe von 18,60 EUR. Außerdem gewährte die Beklagte für das Jahr 2004 in den einzelnen Quartalen Krankenhilfe in Höhe von 118,35 EUR, 115,99 EUR, 83,73 EUR und 330,09 EUR.

Für die Zeit ab Inkrafttreten des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XII) am 01.01.2005 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 06.01.2005 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII in Höhe von zunächst 80,77 EUR monatlich und dann ab dem 01.03.2005 in Höhe von 94,10 EUR monatlich. In einem unter dem 3.9.2005 gestellten Weiterbewilligungsantrag verneinte der Kläger die Frage nach Vermögen und gab in dem zugehörigen Anhang an: "Grundstück wie bekannt" und trug auch zu der Frage nach Grundvermögen ein: "wie bekannt". Nachdem der Gutachterausschuss für Grundstückswerte in der Stadt Dortmund der Beklagten mitgeteilt hatte, dass Acker- und Weideflächen in Dortmund aktuell mit 4,90 EUR/qm gehandelt würden, stellte die Beklagte die laufenden Grundsicherungszahlungen zum 31.10.2005 ein und lehnte die Weiterbewilligung über den 31.10.2005 hinaus ab. Unter Berücksichtigung eines durchschnittlichen Quadratmeterpreises von 4,90 EUR für Acker- und Weideflächen in Dortmund hätten die Grundstücke in der Gemarkung L einen Wert von ca. 155.000,00 EUR. Mit Schreiben vom 11.10.2005 und 03.11.2005 bot die Beklagte dem Kläger an, gegen entsprechende Sicherung, Leistungen in Form eines Darlehns zu erbringen, falls dem Kläger eine kurzfristige Verwertung des einzusetzenden Vermögens nicht möglich sei.

Nach einem anonymen Hinweis brachte die Beklagte im Oktober 2005 in Erfahrung, dass der Kläger Eigentümer des Grundstücks in Unna und der beiden Grundstücke in Schwerte ist. Der Bürgermeister der Stadt Schwerte teilte der Beklagten mit, dass die Grundstücke in Schwerte erschlossen seien und eine Bebauung zulässig sei. Die Bodenrichtwertkarte weise für die Grundstücke einen Wert von 190,00 EUR/qm aus. Mit Schreiben vom 10.01.2006 hörte die Beklagte den Kläger zu einer Rückforderung der bis zum 31.10.2005 gezahlten Sozialhilfe an. Der Kläger trug hierzu am 31.07.2006 vor, dass er sich wegen seiner schweren und chronischen Krankheiten des Inhalts eines von ihm "unter Vorbehalt" unterschriebenen Antrags nicht bewusst gewesen und kaum in der Lage gewesen sei, den Vordruck zu lesen. Im Übrigen nehme er Bezug auf seine früheren Schriftsätze und beantrage, die Niederschlagung eventueller Forderungen der Beklagten.

Mit Bescheid vom 09.08.2006 hob die Beklagte die in der Zeit vom 18.06.1999 bis 31.10.2005 ergangenen Verwaltungsakte über die Gewährung von Sozialhilfe unter Hinweis auf § 45 SGB X auf. Sie führte aus, dass der Kläger sein nicht unerhebliches Grundvermögen bei der Antragstellung teilweise verschwiegen habe. Bei entsprechender Kenntnis hätte die Beklagte ihm keine Leistungen gewähren können. Der Kläger habe bei der Antragstellung am 22.06.1999 und 13.07.1999 grob fahrlässig, wenn nicht sogar vorsätzlich, unvollständige Angaben gemacht, so dass die Leistungsbewilligung nach § 45 Abs. 1 und 2 Nr. 2 SGB X zurückgenommen werden könne. Gründe, die gegen eine Rücknahme sprächen, seien nicht ersichtlich. Sie machte eine Erstattung zu Unrecht geleisteter Beträge in Höhe von 15.472,87 EUR gemäß § 50 SGB X geltend und führte die zu Unrecht erbrachten Leistungen in zweiundfünfzig Einzelpositionen auf.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 04.09.2006 Widerspruch ein und machte im Wesentlichen geltend, dass sein Grundbesitz, sofern er überhaupt einen Wert habe, zunächst zur Schuldentilgung und zur Bezahlung seiner Pflegepersonen verwertet werden müsse. Er habe bei der Antragstellung im Jahr 1999 auch nicht vorsätzlich falsche Angaben gemacht. Den Vordruck habe eine andere Person ausgefüllt. Er habe den Antrag bei schwerer Krankheit und im Krankenhaus unter Vorbehalt unterschrieben. Der Inhalt sei ihm bis heute nicht bewusst. Die Rückforderung der Beklagten bestreite er dem Grunde und der Höhe nach.

Mit Bescheid vom 19.01.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen richtet sich die am 19.02.2007 erhobene Klage. Der Kläger hat sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und außerdem vorgetragen, dass die Grundstücke in Schwerte vom Gutachterausschuss völlig falsch bewertet worden seien. Auf Grund eines davor verlaufenden Wassergrabens sei das Land weder begehbar, befahrbar noch erreichbar. Im Übrigen hat er sich auf Verjährung berufen.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 09.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2007 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 25.10.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Sämtliche, der im angefochtenen Bescheid nach Bewilligungszeitraum sowie nach Art und Höhe der Leistung hinreichend bestimmt aufgelisteten und nachweislich auch tatsächlich durch entsprechende Zahlungen umgesetzten Leistungsbewilligungen im Zeitraum von Juni 1999 bis einschließlich Oktober 2005 seien rechtswidrig gewesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf diese Leistungen gehabt, weil ihm jedenfalls in Gestalt der beiden Grundstücke in Schwerte verwertbares Vermögen jenseits der gesetzlichen Schongrenze zur Verfügung gestanden habe, mit dem er seinen sozialhiferechtlich relevanten Bedarf habe decken können. Die gesetzliche Schongrenze habe im Anwendungsbereich des BSHG bei 2301,00 EUR (4500,00 DM) und im Anwendungsbereich des SGB XII bei 2600,00 EUR gelegen. Der Wert beider Grundstücke überschreite zweifelsfrei den Gesamtbetrag der dem Kläger geleisteten Sozialhilfe. Auch der 20. Senat des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen habe in seinem Urteil vom 30.07.2007, Az.: L 20 SO 51/06 entsprechende Ausführungen zum Wert dieser Grundstücke gemacht. Dabei habe dieser sich auch auf eine Bewertung des Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Kreis Unna vom 05.04.2007 hinsichtlich der zwei Grundstücke in Schwerte gestützt. Danach seien die Grundstücksflächen im Flächennutzungsplan vom 30.12.2004 als Wohnbauflächen ausgewiesen und es werde derzeit ein Bebauungsplan erstellt. Die Grundstücke könnten nach § 33 Baugesetzbuch (BauGB) bebaut werden. Es werde ein erschließungsbeitagsfreier Quadratmeterpreis von 190,00 EUR für angemessen erachtet. Das Bauordnungsamt der Stadt Schwerte habe unter dem 23.10.2007 auch nochmals die seit Jahren bestehende Bebaubarkeit dieser Grundstücke mit dem Hinweis bestätigt, dass sich auch aus der Lage in der Wasserschutzzone III keine Einschränkungen der Nutzbarkeit ergäben. Dass der vom Kläger geltend gemachte hohe Grundwasserspiegel einer Bebauung entgegenstehen könnte, sei angesichts der Bebauung der Nachbargrundstücke ebenso wenig nachvollziehbar, wie die Behauptung, dass man wegen eines an der Grundstücksgrenze verlaufenden Grabens die Grundstücke nicht betreten könne. Die Erschließung der Grundstücke sei nach Auskunft des Bauordnungsamtes gesichert. Es seien auch keine Umstände ersichtlich oder vorgetragen, die eine Verwertung als unzumutbar bzw. als Härte im Sinne von §§ 88 Abs. 3 BSHG, 90 Abs. 3 SGB XII erscheinen ließen. Die grundsätzliche Verwertbarkeit scheitere auch nicht daran, dass die Verwertung bei Grundstücken einige Zeit in Anspruch nehme. Das Vertrauen des Klägers auf den Fortbestand der in vollem Umfang rechtswidrigen Leistungsbewilligungen sei nicht schutzwürdig. Der Kläger habe wiederholt nicht nur grob fahrlässig, sondern sogar vorsätzlich unvollständige Angaben gemacht. Es könne dahinstehen, ob der Kläger, wie er behauptet habe, bei der Antragstellung am 22.6.1999 krankheitsbedingt den Antragsinhalt nicht verstanden habe. Allerdings erscheine es kaum vorstellbar, dass jemand im Umgang mit der Behörde umsichtig genug sei, im Antrag unter Hinweis auf seine Erkrankung vorsichtshalber einen Vorbehalt bezüglich der Richtigkeit seiner Angaben aufzunehmen, gleichzeitig aber bei der Frage nach Bargeld, Guthaben und sonstigem Vermögen angesichts der dazu beigefügten u. a. die Beispiele "Hauseigentum" und "sonstiger Grundbesitz" umfassenden Auflistung in Betracht kommender Vermögensarten seine wertvollsten Grundstücke vergesse. Eher sei der Vorbehalt daher wohl im Sinne einer bewussten Mentalreservation zu verstehen. Jedenfalls finde sich aber in der Erklärung vom 13.07.1999, bei deren Abgabe der Kläger bereits aus dem Krankenhaus entlassen war, wie auch bei den späteren Leistungsanträgen kein solcher Vorbehalt mehr. Der Kläger habe auch zu keinem späteren Zeitpunkt seine tatsächlichen Vermögensverhältnisse offenbart. Auch im Antrag vom 06.12.2002 habe er an Grundvermögen nur das von ihm bewohnte Grundstück sowie das verpachtete Land angegeben und die Fragen nach sonstigem Grundvermögen verneint und im Antrag vom 3.9.2005 die Frage nach Vermögen ebenfalls verneint und bei der ausdrücklichen Frage nach Grundvermögen auf die der Beklagten bekannten Grundstücke verwiesen. Nicht zuletzt unter Berücksichtigung seines Auftretens in der mündlichen Verhandlung und angesichts der Tatsache, dass der Kläger bei seiner durchaus umfänglichen Korrespondenz mit Gerichten und Behörden stets im Wesentlichen den Überblick behalten, insbesondere bei Verweisungen auf frühere Schreiben immer den zutreffenden datumsmäßigen Bezug hergestellt habe, erscheine es ausgeschlossen, dass der Kläger alters- oder krankheitsbedingt den Überblick über sein Grundvermögen verloren haben könnte.

Zur Begründung der gegen das am 08.01.2008 zugestellte Urteil am 06.02.2008 eingelegten Berufung macht der Kläger zunächst Verfahrensmängel geltend. Unter anderem rügt er eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs durch das Sozialgericht. Der Sachverhalt sei hinsichtlich seiner Ausführungen in der öffentlichen Sitzung nicht vorgetragen worden. Es sei ihm auch nicht das Wort erteilt worden. Angesichts der Kürze der Zeit - es sei nur von 10.20 Uhr bis 10.55 Uhr verhandelt worden - sei eine vollständige Verhandlung auch überhaupt nicht möglich gewesen. Auch die ehrenamtlichen Richter seien nicht informiert worden und hätten daher auch zur Entscheidung nichts beitragen können. Auffällig sei außerdem, dass die Kammervorsitzende stets nur mir weiblichen ehrenamtlichen Richtern entscheide. Dies offenbar vor dem Hintergrund, dass sie diese besser zu seinem Nachteil beeinflussen könne. Schließlich habe er im Verhandlungstermin auch einen Befangenheitsantrag gegen die Kammervorsitzende gestellt, den diese aber nicht in das Sitzungsprotokoll aufgenommen habe. In der Sache beruft er sich auf sein bisheriges Vorbringen. Darüber hinaus bestreite er aufs schärfste, dass er im Jahre 1989 Land bei einer Teilungsversteigerung für 110.000 DM erworben habe. Der hierzu gehörige private Sachverhalt sei vielmehr völlig anders gelagert. Zudem zweifle er die von der Beklagten gegen ihn erhobenen Forderungen auch der Höhe nach an. Er bestreite außerdem mit Nichtwissen, dass die im Urteil angeführten Beträge tatsächlich geleistet worden seien, da er entsprechende Belege nie gesehen habe. Die Grundstücke stellten kein Vermögen dar, da sie nicht bebaubar seien. Selbst wenn sie Vermögen darstellten, müsse der Veräußerungserlös zunächst für behinderungsgerechtes Wohneigentum, teure Diäternährung, Kleidung und laufende hohe Krankenkosten eingesetzt werden, da die Beklagte die laufenden Leistungen eingestellt habe. Der Kläger trägt ferner vor, dass seine laufenden Lebenshaltungskosten derzeit monatlich ca. 7000,00 Euro betrügen, wovon eine großer Teil auf Pflegeleistungen entfalle. Er wohne bereits seit mehreren Jahren bei einem Bekannten in Dortmund, der ihn auch pflege. Gemeldet sei er aber weiter in der L Straße 00. Das Haus sei aber unbewohnbar. Er schaue hier nur alle paar Tage nach dem Rechten und hole seine Post ab.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 25.10.2007 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 09.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2007 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

Sie hält die angefochtene Entscheidung für rechtmäßig.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der beigezogenen Gerichtsakten des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen zu Az. L 20 SO 48/ 06, L 20 SO 50/06 und L 20 SO 51/06 Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Die Beklagte war berechtigt, die Bewilligung der Sozialhilfe für die Zeit vom 18.06.1999 bis zum 31.10.2005 zurückzunehmen und die Erstattung der überzahlten Beträge zu verlangen.

Die Entscheidung war nicht wegen der vom Kläger behaupteten Verfahrensfehler aufzuheben und an das Sozialgericht zurückzuverweisen. Die vom Kläger gerügte Verletzung seines rechtlichen Gehörs durch das Sozialgericht liegt nicht vor. Ausweislich des Inhalts der Gerichtsakte und des Sitzungsprotokolls vom 25.10.2007 hatte der Kläger vor der Entscheidung des Sozialgerichts ausreichend Gelegenheit, sich zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern und dies in der 80-minütigen öffentlichen Verhandlung auch getan hat. Davon abgesehen wäre dieser Verfahrensmangel ohnhehin als im Berufungsverfahren geheilt anzusehen, weil der Kläger hier erneut Gelegenheit erhalten hat, sich umfassend zu äußern. Auch das Vorbringen des Klägers, er habe gegen die Kammervorsitzende einen Befangenheitsantrag gestellt, den diese nicht protokolliert habe und über den auch nicht entschieden worden sei, führt nicht zu einer Aufhebung und Zurückverweisung. Es kann offenbleiben, ob der Kläger überhaupt einen entsprechenden Antrag gestellt hat. Zwar stellt es einen Verfahrensfehler dar, wenn über ein Befangenheitsgesuch vor dem Urteil nicht entschieden worden ist. Dieser mögliche Verfahrensfehler führte aber nicht zu einer Zurückverweisung an das Sozialgericht gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG, da ein möglicher Mangel des gesetzlichen Richters durch die Entscheidung des Landessozialgerichts geheilt wird (Keller in Meyer-Ladewig a.a.O. Rn. 14, m.w.N.).

Rechtsgrundlage für die Rücknahme der Bewilligungsbescheide ist § 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 SGB X. Danach ist ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Diese Voraussetzungen liegen vor.

Die Bescheide waren bereits zum Zeitpunkt ihres Erlasses rechtswidrig, weil die Voraussetzungen für den Bezug von Sozialhilfe im Zeitraum vom 18.06.1999 bis zum 31.10.2005 nicht vorgelegen haben. Der Kläger war während des Leistungsbezuges nicht bedürftig, da er bereits zum Zeitpunkt der erstmaligen Antragstellung im Juni 1999 und von da an während des gesamten Zeitraums bis zum 31.10.2005 über Vermögen im Sinne von § 88 BSHG (bis zum 31.12.2004) bzw. § 90 SGB XII (ab dem 01.01.2005) verfügte, das der Gewährung von Sozialhilfe entgegenstand.

Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann (11 Abs. 1 Satz1 BSHG, § 2 Abs. 1 Satz 1, 19 Abs. 1 Satz 1, 41 Abs. 1 Satz SGB XII). Der Einsatz von Vermögen bestimmt sich dabei nach § 88 BSHG bzw. § 90 SGB XII. Einzusetzen ist danach grundsätzlich das gesamte verwertbare Vermögen, sofern nicht eine Ausnahme nach § 88 Abs. 2 BSHG bzw. § 90 Abs. 2 SGB XII oder aber eine besondere Härte nach § 88 Abs. 3 BSHG bzw. § 90 Abs. 3 SGB XII vorliegt. Gemäß § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG bzw. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII sind nicht einzusetzen kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte. Die gesetzliche Grenze, ab der Vermögen einzusetzen ist, lag nach Maßgabe des § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG in Verbindung mit § 1 der hierzu ergangenen Durchführungsverordnung vorliegend sowohl für die Hilfe zum Lebensunterhalt als auch für die Krankenhilfe nach dem BSHG bei 2301,00 EUR (4500,00 DM). Im Anwendungsbereich des SGB XII liegt sie gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII in Verbindung mit § 1 der hierzu ergangenen Durchführungsverordnung für die nach dem SGB XII geleistete Hilfe zum Lebensunterhalt bei 2600,00 EUR.

Bereits mit den beiden Grundstücken in Schwerte-Ergste stand dem Kläger verwertbares Vermögen jenseits dieses gesetzlichen Schonbetrages zur Verfügung, mit dem er seinen sozialhiferechtlich relevanten Bedarf decken konnte. Es kommt insoweit, anders als das Sozialgericht offenbar meint, nicht darauf an, dass der Wert des vorhandenen Vermögens nach Abzug des Schonbetrages über den Gesamtbetrag der an den Kläger geleisteten Sozialhilfe hinausgeht. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Kläger zu irgendeinem Zeitpunkt des Leistungsbezuges bedürftig war, d. h. über kein Vermögen oberhalb des Schonbetrages verfügte. Die beiden Grundstücke in Schwerte-Ergste haben aber schon nach dem Vorbringen des Klägers einen Wert, der deutlich über den geschützten Vermögensbetrag von 2301,00 EUR bzs. 2600,00 EUR hinausgeht. So hat der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem 20. Senat am 30.07.2007 zu Protokoll gegeben, es seien ihm für die Grundstücke 20.000,00 EUR geboten worden.

Der Senat geht indes davon aus, dass der tatsächliche Wert der Grundstücke in Schwerte weitaus höher zu veranschlagen ist. Nach den Angaben des Bewertungsausschusses im Verfahren L 20 SO SO 48/06 ist von einem Wert von ca. 170.000 EUR (190,00 Euro x 910 qm) auszugehen. Für einen höheren Wert als die vom Kläger angegebenen 20.000,00 EUR spricht im Übrigen entscheidend auch der Umstand, dass der Kläger das Grundstück im Jahre 1989 im Wege der Teilungsversteigerung selbst für 110.000,00 DM erworben hat. Soweit der Kläger erstmals im Berufungsverfahren vorgetragen hat, dies sei tatsächlich nicht der Fall gewesen, "weil der private Sachverhalt ganz anders gelagert sei", hat er dies im Weiteren nicht weiter ausgeführt. Auch das Vorbringen des Klägers, ein hoher Grundwasserspiegel bzw. ein Wassergraben vor dem Grundstück stehe einer Bebauung entgegen, so dass eine Bewertung als Bauland nicht erfolgen dürfe, ist ausweislich der bereits erfolgten Bebauung der Nachbargrundstücke und der gesicherten Erschliessung des Grundstücks nicht nachvollziehbar. Vor allem steht der Behauptung der Unbebaubarkeit auch die wiederholte gegenteilige Auskunft des Bauordnungsamtes der Stadt Schwerte entgegen, das zuletzt noch einmal im Oktober 2007 die Bebaubarkeit bestätigt hat.

Auch wenn es hierauf nach dem Gesagten für das vorliegende Verfahren nicht ankommt, ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger noch Eigentümer mehrerer weiterer Grundstücke von zum Teil erheblicher Größe ist, die - unabhängig von den Grundstücken in Schwerte - mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls dem Bezug von Sozialhilfe im streitgegenständlichen Zeitraum entgegengestanden haben. Es erscheint kaum vorstellbar, dass die Grundstücke in Dortmund, Unna und Kamen keinen wirtschaftlichen Wert haben sollen, der über den Vermögensschonbetrag hinausgeht. So ist ein wirtschaftlicher Wert des mehr als 30000 qm großen Ackergrundstückes in L schon dadurch belegt, dass der Kläger hierfür seit Jahren Pacht bezieht. Abgesehen von dem beim Kläger vorhandenen Grundvermögen hat der Senat an einer Bedürftigkeit des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum überdies auch noch auf Grund der Auskünfte des Bundesamtes für Finanzen aus den Jahren 1999 und 2003 erhebliche Zweifel. Nach diesen Auskünften verfügte der Kläger im Jahre 1999 und im Jahr 2002 über verschiedene Bankkonten bei mehreren Banken. Noch im Jahr 2002 war er danach Inhaber eines Kontos bei der Sparda Bank in F mit einem freigestellten Kapitalertrag von 1198,00 EUR. Da es auf diese Vermögenswerte im vorliegenden Verfahren aber wegen des zweifelsfrei vorhandenen Grundvermögens nicht ankommt, konnte diesbezüglich von einer weiteren Aufklärung des Sachverhaltes abgesehen werden.

Ohne dass es auch hierauf ankäme, ergeben sich für den Senat weitere Zweifel an einer Bedürftigkeit des Klägers schließlich auch noch auf Grund von dessen Vorbringen, er habe derzeit einen erheblichen monatlichen Finanzbedarf in Höhe von 7000,00 Euro. Unterstellt man die Richtigkeit dieser Angaben, stellt sich auch insoweit die Frage, auf welche Weise der Kläger diesen Bedarf derzeit - ohne nach eigenen Angaben über weiteres Einkommen und Vermögen zu verfügen - zu decken in der Lage ist.

Es liegt auch kein Härtegrund im Sinne von § 90 Abs. 3 SGB XII (bzw. § 88 Abs. 3 BSHG) vor, der einer Verwertung des Vermögens entgegenstünde. Nach diesen Vorschriften darf die Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigen Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Der Kläger hat weder vorgetragen, dass er auf die Grundstücke für eine angemessene Lebensführung angewiesen ist, noch, dass durch die Verwertung die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung erschwert würde. Letzteres wäre für die Zeit ab 2001 ohnehin auch deswegen nicht mehr zu berücksichtigen, weil Kläger seitdem bereits Altersrentner ist.

Es sind auch keine sonstigen Umstände ersichtlich, die gegen eine Verwertbarkeit sprechen. Den Umstand, dass eine Verwertung möglicherweise nicht sofort möglich ist bzw. in der Vergangenheit nicht möglich gewesen ist, hat die Beklagte durch ihr wiederholtes Angebot, Leistungen gegen entsprechende Sicherung als Darlehen zu erbringen, bereits berücksichtigt. Es bestehen keine Zweifel daran, dass die Beklagte hierzu bei ordnungsgemäßer Angabe der Grundstücke durch den Kläger im Jahre 1999 auch bereits zu diesem Zeitpunkt bereit gewesen wäre. Die im streitgegenständlichen Zeitraum bestehenden Hypotheken in geringer Höhe (Flur 18550: 2349,30 DM; Flur 18551: 651,80 DM) standen einer Verwertung ebenfalls nicht entgegen. Soweit der Kläger im Rahmen der öffentlichen Sitzung am 07.08.2008 erstmals vorgetragen hat, dass das Grundstück in Schwerte-Ergste, Flur 18551 von ihm jetzt nicht mehr verwertet werden könne, weil die Stadt Schwerte wegen nicht abgeführter Grundstücksabgaben die Zwangsvollstreckung in dieses Grundstücks betreibe, stand dies einer Verwertbarkeit zumindest im streitgegenständlichen Leistungszeitraum nicht entgegen. Denn nach Angaben des Klägers besteht ein diesbezüglicher möglicher Verwertungsausschluss allenfalls seit wenigen Wochen.

Die Beklagte durfte die Bescheide auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurücknehmen, weil die rechtswidrigen Bewilligungsbescheide auf Angaben beruhen, die der Kläger vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 SGB X). Der aktiven Angabe von Umständen steht das Verschweigen von Umständen gleich, wenn eine Mitteilungspflicht nach § 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB I deshalb bestand, weil die Umstände für die fragliche Leistung rechtlich erheblich waren und dies dem Betroffenen auch bekannt war oder sein musste (Schütze in Meyer-Ladewig, SGB X, 6. Aufl. § 45 Rn. 49). Es bestand für den Kläger eine Verpflichtung, seine Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen und sämtliches Grundvermögen mitzuteilen. Eine entsprechende Mitteilungspflicht ergibt sich schon aus der allgemeinen Mitwirkungsverpflichtung nach § 60 SGB I. Danach hat derjenige, der Sozialleistungen erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind (§ 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB I). Es ist für jedermann ohne weiteres ersichtlich, dass der Bezug von Leistungen der Sozialhilfe Bedürftigkeit voraussetzt und deswegen vor dem Bezug dem Leistungsträger eine umfassende Überprüfung dahingehend zu ermöglichen ist, ob eine entsprechende Bedürftigkeit vorliegt. Unabhängig von dieser offensichtlichen und für jedermann erkennbaren Verpflichtung, hat die Beklagten auch in allen Antragsformularen, die vom Kläger ausgefüllt wurden, ausdrücklich und unmissverständlich nach Vermögen und speziell auch nach Grundeigentum gefragt.

Der Kläger hat es trotz dieser Verpflichtung über Jahre hinweg unterlassen, wahrheitsgemäße Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen zu machen. Das Unterlassen der vollständigen Mitteilung über seine Vermögensverhältnisse ist dem Kläger auch vorwerfbar. Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts, dass der Kläger nicht nur grob fahrlässig, sondern vorsätzlich gehandelt hat, d. h. wissentlich und willentlich unrichtige Angaben gemacht hat. Auch für den Senat steht auf Grund des Eindrucks, den der Kläger auf ihn in der mündlichen Verhandlung gemacht hat, außer Frage, dass der Kläger sehr wohl dazu in der Lage war, während des mehrjährigen Leistungsbezuges die wiederholt gestellte Frage nach seinen Vermögensverhältnissen und seinem Grundvermögen richtig zu verstehen und die Bedeutung dieser Angaben für den Leistungsanspruch zu erkennen. Ebenso schließt er sich der Einschätzung des Sozialgerichtes an, dass sich auch aus den zahlreichen und zum Teil umfangreichen Schriftsätzen des Klägers in diesem und verschiedenen anderen gerichtlichen Verfahren das Bild einer gut informierten Person ergibt, die sehr wohl in der Lage ist, auch komplexe rechtliche Sachverhalte zu erfassen. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch noch, dass der Kläger im Jahr 2001 in wenigstens einem Verfahren sogar als Prozessbevollmächtigter vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen aufgetreten ist (Az. 3 L 1149/01). Wer aber vor diesem Hintergrund über Jahre hinweg bei verschiedenen Gelegenheiten trotz mehrfacher ausdrücklicher Nachfrage beträchtliches Grundvermögen nicht angibt, handelt nicht nur grob fahrlässig, sondern vorsätzlich. Von einem vorsätzlichen Verhalten des Klägers ist darüber hinaus aber auch deswegen auszugehen, weil der Kläger nicht nur unzutreffende Angaben über sein Grundvermögen gemacht hat, sondern es auch darüber hinaus unterlassen hat, wahrheitsgemäße Angaben zu seinen weiteren Vermögensverhältnissen zu machen. So hat er die Beklagte auch nicht über seine zumindest in den Jahren 1999 und 2002 bestehenden Konten bei verschiedenen Banken in Kenntnis gesetzt. Vielmehr hat er sowohl bei der Erklärung über seine Vermögensverhältnisse vom 13.07.1999 als auch bei der Antragstellung am 06.12.2002 die Frage nach Bankguthaben wahrheitswidrig verneint.

Soweit der Kläger vorgetragen hat, er sei zumindest zum Zeitpunkt der Erstanstragstellung am 22.06.1999 krankheitsbedingt nicht in der Lage gewesen, ordnungsgemäße Angaben zu machen bzw. eine dritte Person habe den Antrag ausgefüllt und er habe seine Angaben deswegen "unter Vorbehalt" gemacht, vermag dies an der Beurteilung schon deswegen nichts zu ändern, weil sich dieser Vorbehalt bereits bei seiner Erklärung über die Vermögensverhältnisse wenige Tage später (am 13.07.1999) nicht mehr findet. Dieser Vorbehalt taucht auch in den Angaben, die der Kläger bei weiteren Antragstellungen in den folgenden Jahren gemacht hat, nicht mehr auf. Unabhängig davon wäre dem Kläger aber auch in Bezug auf den Antrag vom 22.06.1999 zumindest der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit zu machen und eine Rücknahme der Leistungsbewilligung wäre damit ebenfalls möglich gewesen. Denn zumindest wäre der Kläger verpflichtet gewesen, seine "unter Vorbehalt" getätigten Angaben schnellstmöglich auf deren Richtigkeit zu überprüfen und seine unzutreffenden Angaben entsprechend zu korrigieren.

Die Beklagte hat bei der Rücknahme auch ihr Ermessen pflichtgemäß ausgeübt. Ermessenfehler sind nicht erkennbar. Auf die Frage, ob eine Ermessensreduzierung auf Null vorgelegen hat, kommt es bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ermessensentscheidung nicht an.

Die Einjahresfrist aus § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X hat die Beklagte eingehalten. Auch eine Verjährung der Ansprüche liegt nicht vor, weil gemäß § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bis zum Ablauf von 10 Jahren zurückgenommen werden kann, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X – wie hier - gegeben sind.

Der Anspruch der Beklagten auf die Erstattung der überzahlten Sozialhilfe ergibt sich aus § 50 Abs. 1 SGB X. Die Beklagte hat ihre Forderung auch der Höhe nach richtig berechnet. Die Forderungen sind im angefochtenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid in zweiundfünfzig Positionen im Einzelnen jeweils nach Art und Höhe aufgeführt, und die entsprechenden Zahlungen sind sämtlich durch Nachweise in der Verwaltungsakte belegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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