L 14 RA 51/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 14 RA 48/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 14 RA 51/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 RA 202/03 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 02.07.2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem nach Maßgabe des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) verpflichtet ist, für den Kläger Beschäftigungszeiten als Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz zu berücksichtigen und entsprechende Verdienste festzustellen.

Der am ...1938 in L ... geborene Kläger studierte zunächst von 1956 - 1958 an der Universität G ... und 1958 bis 1962 an der Universität H ... Geologie und schloss sein Studium am 05.07.1962 mit der Prüfung zum Diplom-Geologen ab. Ab Oktober 1962 bis August 1978 war er sodann bei dem VEB G ... E ... N ..., einem volkseigenen Betrieb in S ..., der später mit dem Kombinat VEB g ... F ... und E ... zusammengefasst wurde, beschäftigt. Hier war der Kläger mit technischen Arbeiten befasst und führte im Wesentlichen die Bemusterung von Bohrkern und Peilstangenbohrungen durch. Außerdem war er hier mit der Erstellung eines geologischen Kartenwerks für M ... befasst (vgl. Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung, Beurteilungen vom 22.04.1990, 12.04.1990 und 11.07.1974).

Seit dem 01.07.1998 bezieht der Kläger Altersrente seitens der Bundesknappschaft. Mit Schreiben vom 13.10.1999, eingegangen bei der Beklagten am 18.10.1999, beantragte der Kläger die Anerkennung der Zeiten vom 08.10.1962 bis 04.08.1978 als Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz. Hierzu berief er sich auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) und legte die bereits erwähnten Arbeitsdokumente vor.

Mit Bescheid vom 09.01.2001 lehnte die Beklagte die Feststellung dieser Beschäftigungszeit als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 (zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz) der Anlage 1 zum AAÜG ab. Eine positive Versorgungszusage habe zu Zeiten der DDR nicht bestanden. Ohne erteilte Versorgungszusage lägen Zeiten der Zugehörigkeit zur Zusatzversorgung im Sinne des § 5 Abs. 1 AAÜG nur vor, wenn eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden sei, die ihrer Art nach von einem Versorgungssystem erfasst sei, also in einem der in der Anlage 1 zum AAÜG genannten Texte aufgelistet sei. Daher müßten alle dort aufgelisteten Voraussetzungen erfüllt sein. Als Angehörige der technischen Intelligenz im Sinne des § 1 der Verordnung vom 17.08.1950 (GBl 1, S. 844) über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben seien Ingenieure, Konstrukteure, Architekten und Techniker aller Spezialgebiete wie Ingenieure und Techniker des Bergbaus, der Metallurgie, des Maschinenbaus, der Elektrotechnik, der Feinmechanik und Optik, der Chemie, des Bauwesens und Statiker einbezogen gewesen. Zu diesem Kreis hätten ferner Werkdirektoren und Lehrer technischer Fächer an den Fachhochschulen gehört. Nur dieser Personenkreis könne nach dem Wortlaut der Versorgungsordnung damit rechnen, einbezogen zu werden. Die Beschäftigung müsse zudem in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder diesem gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden sein (2. Durchführungsbestimmung vom 24.05.1951 - GBl S. 487). Der Beruf des Geologen werde von der Versorgungsordnung schon ihrem Wortlaut nach nicht erfasst. Es seien auch keine allgemeinen Regelungen zur Versorgungsordnung bekannt, nach denen diese Beschäftigung generell der eines Ingenieurs oder Technikers gleichgestellt worden sei, von einigen berufsspezifischen Regelungen abgesehen, die aber nicht in den Rang einer allgemeinen gleichartigen Verwaltungspraxis der DDR gehoben werden könnten.

Hiergegen erhob der Kläger fristgerecht Widerspruch und machte geltend, er sei mit den in der Verordnung genannten Personen gleichzustellen. Er habe mit den dort genannten Berufsgruppen gleichrangig zusammengearbeitet und sei ihnen gleichgestellt gewesen. Er berufe sich insoweit auf Artikel 3 Grundgesetz (GG).

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zwar habe das BSG in einer Reihe von Entscheidungen festgelegt, dass die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem in der ehemaligen DDR nicht von einer erteilten Versorgungszusage abhänge. Es genüge, wenn konkret eine entgeltliche Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden sei, derentwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen sei, d.h. die ausgeübte Tätigkeit oder Beschäftigung müsse konkret in einem der Texte (Versorgungsordnung) in der Anlage 1 zum AAÜG genannten Zusatzversorgungssystemen Nr. 1 - 27 ohne Einschränkung aufgelistet sein. Es komme also auf die Art der ausgeübten Tätigkeit, die erforderliche Qualifikation und den zutreffenden Beschäftigungsbereich an. Mit dem Berufsabschluss als Diplom-Geologe erfülle der Kläger nicht die Voraussetzungen einer ingenieurtechnischen Fach- oder Hochschulausbildung. Es könne daher keine Zuordnung zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz vorgenommen werden.

Hiergegen hat der Kläger am 20.04.2001 Klage vor dem Sozialgericht Gelsenkirchen erhoben und vorgetragen, er habe 16 Jahre in einem volkseigenen Betrieb zusammen mit Ingenieuren und Technikern vorwiegend auf Bohrfeldern praktisch technische Aufgaben wahrgenommen. Er sei genauso wie die Techniker und Ingenieure bezahlt worden. Rentenrechtlich dürfe er deshalb nicht anders behandelt werden als diese, da ansonsten gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in Artikel 3 GG verstoßen werde. Ergänzend hat er die Rehabilitierungsbescheinigung des Amtes für Familie und Soziales C ... vom 07.11.1995 vorgelegt. Hieraus geht die Anerkennung einer Verfolgungszeit vom 05.11.1964 bis 11.11.1966 (Haft), 12.11.1966 bis 14.12.1966 (haftbedingte Arbeitslosigkeit) und 05.08.1978 bis 29.09.1979 (Berufsverbot) hervor.

Die Beklagte hat demgegenüber ausgeführt, maßgebend sei der erworbene Titel. Die Qualifikation als Diplom-Geologe entspreche nicht dem Titel eines Ingenieurs oder Technikers im Sinne der Versorgungsordnung. Die tatsächliche Ausübung einer ingenieurtechnischen Tätigkeit sei insoweit unbeachtlich. Urkunden über die Feststellung der Gleichwertigkeit eines Bildungsabschlusses im Sinne von Art. 37 Abs. 1 des Einigungsvertrages seien nicht geeignet, den Nachweis eines Titels "Ingenieur" oder "Techniker" zu erbringen, wenn ein solcher zu Zeiten der DDR nicht durch Diplom oder Zeugnis verliehen worden sei.

Mit Urteil vom 02.07.2002 hat das Sozialgericht unter Bezugnahme auf diverse Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Feststellung der Beschäftigungszeiten vom 08.10.1962 bis 04.08.1978 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem nach Nr. 1 der Anlage 1 AAÜG und der entsprechenden Entgelte. Ihm sei für den streitigen Zeitraum weder eine Versorgungszusage erteilt worden, die nach Bundesrecht als Verwaltungsakt verbindlich sein könnte, noch habe er eine Tätigkeit ausgeübt, für die der Art nach eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen gewesen sei. Einschlägig sei das AAÜG nur, wenn aus bundesrechtlicher Sicht zum 01.08.1991 Versorgungsansprüche oder Versorgungsanwartschaften bestanden hätten bzw. nach den Regelungen der Versorgungssysteme die Voraussetzungen hierfür bis zum 30.06.1990 vorgelegen hätten oder wenn einmal vor dem 30.06.1990 nach den Gegebenheiten der DDR in deren System eine Versorgungsanwartschaft erlangt worden sei, die nach den Regelungen der Versorgungssysteme bei einem Ausscheiden entfalle (§ 1 Abs. 1 S. 1 und S. 2 AAÜG). Nach § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG gelte das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sondersystemen im Beitrittsgebiet erworben worden seien. Erworben worden seien in diesem Sinne aus der Perspektive des am 01.08.1991 in Kraft getretenen AAÜG vom 25.07.1991 Versorgungsanwartschaften, wenn die nicht einbezogenen Ansprüche rückschauend nach den Regeln der Versorgungssysteme, soweit sie aufgrund des Einigungsvertrages Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 am 03.10.1990 zu Bundesrecht geworden seien, praktisch und rechtsgrundsätzlich im Regelfall am 30.06.1990 hätten einbezogen werden müssen; hierzu gehörten Rechtspositionen ohne erfolgte Einzelfallregelung (Versorgungszusage, Einzelentscheidung, Einzelvertrag), wenn der Nichteinbezogene aus bundesrechtlicher Sicht einen Rechtsanspruch auf eine Versorgungszusage nach den Regelungen der Versorgungssysteme unter Beachtung des Gleichheitsgebotes gehabt hätten. Nach § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG gelte das AAÜG auch in Fällen, in denen nach dieser Vorschrift eine Versorgunganwartschaft fingiert werde. Das sei der Fall, wenn in der DDR zu irgend einem Zeitpunkt einmal durch eine Einzelfallregelung konkretisierte Aussicht bestanden habe, im Versorgungsfall Leistungen zu erhalten, diese Aussicht (Anwartschaft) aber aufgrund der Regelungen der Versorgungssysteme vor dem 01.07.1990 wieder entfallen sei. Da der Kläger in der ehemaligen DDR keine Versorgungszusage und keinen Einzelvertrag mit der konkreten Aussicht besessen habe, bei Eintritt des Versorgungsfalls Leistungen zu erhalten, scheide § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG aus. Nach § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG hätten auch diejenigen eine Versorgungsanwartschaft erworben, die aus bundesrechtlicher Sicht nach den Gegebenheiten der DDR, d.h., nach den insofern vom Einigungsvertrag noch teilweise übernommenen Regelungen der Versorgungssysteme, sofern diese unter Beachtung des Gleichheitsgebot umgesetzt worden seien, eine Anwartschaft auf eine Versorgung durch Einzelfallregelung am 30.06.1990 hätten bekommen müssen. Hierzu gehörten diejenigen, die, wäre der Versorgungsfall zu diesem Zeitpunkt eingetreten, am 01.07.1990 kraft Gesetzes Leistungen aus dem Versorgungssystem hätten erhalten können. Es gehe folglich um einen Personenkreis, der nicht miteinbezogen worden sei, der jedoch nach den Regelungen der Versorgungssysteme obligatorisch in den Kreis der Versorgungsberechtigten hätte aufgenommen werden müssen, weil er die abstrakt generellen Voraussetzungen hierfür am 30.06.1990 erfüllt habe, und zwar nach der Art der ausgeführten Beschäftigung, der hierfür vorgesehenen beruflichen Qualifikation sowie der Beschäftigungsstelle. Dagegen seien zu diesem Zeitpunkt aus bundesrechtlicher Sicht diejenigen nicht einzubeziehen gewesen, die nach den Versorgungsordnungen oder Durchführungsbestimmungen oder sonstigen Regelungen der ehemaligen DDR lediglich durch Einzelvertrag oder Einzelentscheid oder Ermessensentscheidung bloß hätten einbezogen werden können. Solche Ermessensentscheidungen, die auch der Erzeugung politischen und gesellschaftlichen Wohlverhaltens gedient hätten, hätten allein aus Sicht der DDR und nach deren Maßstäben getroffen werden können. Mangels sachlicher objektivierbarer und bundesrechtlich nicht nachvollziehbarer Grundlage dürften solche fehlenden Entscheidungen nicht rückwirkend ersetzt werden.

Der Kläger habe in der streitigen Zeit keine Zeit der Zugehörigkeit beim Versorgungssystem zurückgelegt. Er habe keine Beschäftigung ausgeübt, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung zu einem System vorgesehen sei, das in der Anlage 1 zum AAÜG aufgelistet sei. Eine Zeit der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem - hier dem der technischen Intelligenz (Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG) - liege nur vor, wenn zu irgendeinem Zeitpunkt eine Beschäftigung ausgeübt worden sei, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in dem genannten System vorgesehen sei. Ob dies der Fall sei, sei ausschließlich nach objektiver Auslegung des Bundesrechts und der Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes zu ermitteln. Es komme mithin weder auf die Auslegung der Versorgungsordnung durch die Staatsorgane der DDR an noch auf deren Verwaltungspraxis. Nur in faktischer Anknüpfung an die von der DDR erlassenen Versorgungsordnungen sei zu klären, ob zum 30.06.1990 eine nach den jeweiligen Kriterien der Versorgungsordnungen in Verbindung mit den Durchführungsbestimmungen sowie den sonstigen, diese ergänzenden bzw. ausfüllenden abstrakt-generellen Regelungen eine in der Versorgungsordnung genannte Beschäftigung oder Tätigkeit individuell und konkret ausgeübt worden sei und ob die in der Versorgungsordnung als zwingende Voraussetzung für eine Einbeziehung genannte notwendige berufliche Qualifikation zur Ausübung dieser konkreten Beschäftigung bei der entsprechenden Arbeitsstelle vorgelegen habe. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erfülle der Kläger in dem streitigen Zeitraum, in dem er als Diplom-Geologe tätig gewesen sei, die nach der Versorgungsordnung für eine Einbeziehung in das Versorgungssystem der technischen Intelligenz gemäß § 1 der Durchführungsbestimmungen notwendigen persönlichen Voraussetzungen nicht. Der Kläger habe keinen abstrakt von der Versorgungsordnung erfassten Beruf ausgeübt, denn in der Verordnung seien u.a. Ingenieure und Techniker genannt, Diplom- Geologen jedoch nicht aufgeführt.

Eine Berücksichtigung des streitigen Zeitraums nach Nr. 4 der Anlage 1 AAÜG scheide ebenfalls aus. In die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen seien u.a. Hochschullehrer, Wissenschaftler, Chefredakteure, Lehrer/Erzieher mit abgeschlossener pädagogischer Ausbildung, Theaterdirektoren und andere künstlerisch Tätige, Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker in den staatlichen Einrichtungen einbezogen. Zu diesem Personenkreis habe der Kläger ebenfalls nicht gezählt. Soweit der Kläger geltend mache, es sei mit dem Grundgesetz und zwar insbesondere mit Art. 3 GG unvereinbar, dass Personen mit gleichwertiger beruflicher Tätigkeit und gleichwertiger beruflicher Qualifikation keine Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem erlangen könnten, sei dem entgegen zu halten, dass der Gesetzgeber mit dem Einigungsvertrag nicht gezwungen gewesen sei, eine bereits in der Versorgungsverordnung angelegte Ungleichbehandlung nachträglich zu korrigieren, wenn man überhaupt eine derartige Ungleichbehandlung unterstelle. Vielmehr habe er an die insoweit vorgefundenen Versorgungsordnungen im Rahmen der Rentenüberleitung angeknüpfen dürfen. Soweit bestimmte Betriebe nicht einbezogen worden seien, sei anzumerken, dass es auch in den alten Bundesländern Betriebe gebe, in denen Arbeitnehmern einen Anspruch auf betriebliche Altersversorgung nicht eingeräumt werde. Im Übrigen sei es nicht Aufgabe der gesetzesgebundenen Staatsorgane, eine Regelung zu beschließen, um nachträglich eine die Ungleichbehandlung beseitigende Einzelfallentscheidung zu ermöglichen, auch dann könnten entsprechende willkürliche Abgrenzungen gegenüber anderen Personen möglich sein.

Gegen das ihm am 10.07.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12.07.2002 Berufung eingelegt.

Der Kläger vertritt die Ansicht, er falle unter die Anlage 1 Nr. 1 AAÜG, da er mit seinem Berufsabschluss als Diplom-Geologe die Ingenieursvoraussetzungen in höchstem Maße erfülle und im Hinblick auf seine technischen Tätigkeiten nicht nur dem Ingenieur, sondern auch dem Techniker des Bergbaus gleich zu achten sei, so dass er von der zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben erfasst werde. Außerdem sei er auch wissenschaftlich tätig gewesen und habe erdgeschichtliche Forschung durchgeführt. Er sei zwar dem VEB weiter zugeordnet geblieben. Die Abteilung, in der er tätig gewesen sei, sei jedoch als wissenschaftliche Einrichtung ab dem 01.01.1968 in das Forschungsinstitut Erdöl/Erdgas Gomann-FIEE - Außenstelle Schwerin umgewandelt worden. Die dort weiter tätigen Diplom-Ingenieure und Diplom-Geologen hätten Anwartschaften nach Nr. 4 der Anlage 1 AAÜG erworben. Er selbst hätte im Hinblick auf seine fachlichen Qualifikationen eigentlich ebenfalls von der FIEE zum 01.01.1968 übernommen werden müssen. Er sei aber aufgrund des DDR-Unrechts in seiner beruflichen Laufbahn behindert und benachteiligt worden. Im Rahmen der Anwendung des AAÜG müsse insoweit auch sein persönliches Verfolgungsschicksal berücksichtigt werden.

Der Kläger beantragt ,

das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 02.07.2002 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 09.01.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2001 zu verpflichten, die Zeiten vom 08.10.1962 bis 04.08.1978 als Zeiten der Zugehörigkeit zu der Zusatzversorgung der technischen Intelligenz, hilfsweise zur wissenschaftlichen Intelligenz (Anlage 1 Nr. 1 bzw. Nr. 4 zum AAÜG) sowie die entsprechenden Verdienste festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte beider Rechtszüge sowie die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG) ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung von Zeiten seiner Zugehörigkeit zur Zusatzversorgung der technischen oder wissenschaftlichen Intelligenz nach Maßgabe der Nrn. 1 und 4 der Anlage 1 zum AAÜG. Dabei hat das Sozialgericht die rechtlichen Voraussetzungen, unter denen die Beklagte verpflichtet ist, die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem sowie die entsprechenden Verdienste festzustellen, zutreffend und vollständig dargelegt, so dass zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen gem. § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden kann. Das Sozialgericht hat zutreffend herausgearbeitet, dass der Kläger zu DDR-Zeiten nicht in ein Zusatzversorgungssystem einbezogen worden ist und damit lediglich die fiktive Zugehörigkeit zu einem solchen Zusatzversorgungssystem im Sinne einer gleichgestellten Pflichtbeitragszeit nach § 5 Abs. 1 AAÜG in Betracht käme, was jedoch voraussetzt, dass das vom Kläger behauptete Versorgungsrechtsverhältnis im Sinne von § 1 AAÜG überhaupt besteht.

Nach der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich der Senat aus eigener Überzeugung anschließt, ist Maßstabsnorm für die Einbeziehung der Versicherten in den persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG allein § 1 Abs. 1 AAÜG (vgl. Urteile des BSG vom 09.04.2002, Az.: B 4 RA 3/02 R; B 4 RA 31/01 R; B 4 RA 36/01 R; B 4 RA 31/01 R; Urteil vom 10.04.2002, Az.: B 4 RA 18/01 R; Urteil vom 31.07.2002; Az.: B 4 RA 62/01 R).

Danach gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem im Beitrittsgebiet erworben worden sind (S. 1). Soweit die Regelung der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaft beim Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (S. 2). Beide Tatbestände erfüllt der Kläger nicht. Der Kläger unterliegt nicht dem Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 S. 1 AAÜG. Einen Anspruch auf Versorgung hatte er bei Inkrafttreten des AAÜG am 01.08.1991 nicht. Denn u.a. war der Versorgungsfall (Alter, Invalidität) bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingetreten. Der Kläger war auch nicht Inhaber einer bei Inkrafttreten des AAÜG am 01.08.1991 bestehenden Versorgungsanwartschaft (positive Versorgungszusage). Wie das Sozialgericht unter Darlegung der einschlägigen gesetzlichen Grundlagen ausgeführt hat, war dem Kläger eine Versorgungszusage in Form eines nach Artikel 19 S. 1 Einigungsvertrag bindend gebliebenen Verwaltungsaktes unstreitig nicht erteilt worden. Er war auch nicht durch Einzelentscheidung der DDR (etwa aufgrund eines Einzelvertrages) einbezogen worden. Eine solche Einzelentscheidung oder ein Einzelvertrag ist auch nicht aufgehoben worden. Daher konnte auch keine nach Art. 19 S. 2 oder 3 Einigungsvertrag wegen grober Rechtswidrigkeit unbeachtliche Aufhebung einer solchen Einbeziehung, verbunden mit deren Fortwirkung nach Art. 19 S. 1 Einigungsvertrag, vorliegen. Die Rehabilitierungsentscheidung vom 17.11.1995 kann dem Kläger daher nicht zum Vorteil gereichen (vgl. insoweit BSG Urteil vom 31.07.2002, aaO).

Streitentscheidend ist daher alleine, ob nach den vom Sozialgericht ebenfalls bereits dargelegten Kriterien in Erweiterung der gesetzlichen Vorgaben ein fiktiv bundesrechtlicher Anspruch auf Erteilung einer solchen Zusage über die Anlage 1 des AAÜG konstruiert werden kann, wobei in erster Linie die Zugehörigkeit zur "zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz nach der Verordnung vom 17.08.1950" (VO-AVITech) und der "2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung vom 24.05.1951" (2. DB) in Betracht kommt, (Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG).

Dabei setzt eine Einbeziehung in dieses System voraus, dass die betreffenden Personen berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und die entsprechende Tätigkeit tatsächlich auch ausgeübt haben, und zwar in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens. Es müssen somit sämtliche persönliche, sachliche und betriebliche Voraussetzungen gegeben sein.

Bei Anwendung dieser Grundsätze hat der Kläger keinen fiktiven Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage, denn er erfüllt die abstrakt-generellen Kriterien nicht, die den Versorgungsträger im Rahmen einer gebundenen Entscheidung zur Erteilung einer derartigen Zusage verpflichtet hätten.

Der Kläger war nach Ablegung der Diplom-Prüfung zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter und später dann mit der beschriebenen Tätigkeit beim VEB G ... E ... N ... eingesetzt. Auch kann man zugunsten des Klägers unterstellen, dass er Tätigkeiten wie ein Ingenieur oder Techniker ausgeübt hat. Es fehlt jedoch an der vorgeschriebenen Berufsbezeichnung. Hierzu hat das BSG zwischenzeitlich in mehreren Entscheidungen zu verschiedenen Berufen, u.a. zum Diplom-Chemiker und Diplom-Physiker ausgeführt, dass sich die Prüfung der Berufsbezeichnung allein an den entsprechenden DDR-Verordnungen zu orientieren hat. Insoweit macht § 1 Abs. 1 S. 1 der 2. DB deutlich, dass die technische Intelligenz - wie auch immer dieser Ausdruck verstanden worden sein mag - nicht insgesamt erfasst war, sondern innerhalb dieser sozialen Gruppe nur ganz bestimmte Professionen. Diese Norm benennt nicht die Berufsgruppe der Diplom-Physiker, der Diplom-Chemiker und auch nicht die Berufsgruppe der Diplom-Geologen, zu denen der Kläger zählte (hierzu beispielhaft BSG, Urteil vom 31.07.2002, aaO - Diplom-Physiker -; Urteil vom 10.04.2003, Az. B 4 RA 18/01 R - Diplom-Chemiker - und Urteil vom 09.04.2002 - B 4 RA 42/01 R - Diplomingenieur Gebäudewirtschaft). Dem Kläger war in der DDR auch nicht das Recht zugebilligt worden, den Titel eines Ingenieurs zu führen. Dabei kann der Kläger auch nicht damit gehört werden, er habe hinsichtlich seiner beruflichen Qualifikation weit über den Ingenieuren gestanden und sei im Übrigen auch den Technikern des Bergbaus gleich zu achten. Wie das BSG in der bereits zitierten Entscheidung vom 31.07.2002 weiter dargelegt hat, verdeutlicht insbesondere Satz 3 des § 1 der 2. DB, dass unter "Ingenieur" nur solche Personen verstanden wurden, die den Titel eines Ingenieurs hatten. Es musste also das Recht zur Führung des Titels Ingenieur bestanden haben. Ein solches Recht war dem Kläger nicht verliehen worden. Entsprechendes gilt für die Behauptung des Klägers, er sei als Techniker des Bergbaues anzusehen. Der Kläger war nach seinem Berufsabschluss Diplom-Geologe und eben kein Techniker. Nach den dargestellten formalen Kriterien kann er auch nicht einem Techniker gleichgestellt werden, wenngleich er wie ein Techniker des Bergbaus gearbeitet haben mag.

Ausgehend von den Gegebenheiten am 30.06.1990 bestand für den Kläger somit bei Inkrafttreten des AAÜG am 01.08.1991 kein fiktiver Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage in der AVITech.

Schließlich kann auch keine Versorgungsanwartschaft in der VO-AVIWiss vom 12.07.1951 (GBl S.675) nach dem AAÜG Anlage 1 Nr. 4, konstruiert werden. Zwar stand dieses Versorgungssystem sämtlichen Angehörigen der wissenschaftlich tätigen Intelligenz offen, wobei der Senat nicht näher geprüft hat, inwieweit der Kläger tatsächlich auch "wissenschaftlich" tätig gewesen ist. Jedoch gehörte der Kläger im Hinblick auf die von ihm ausgeübte Tätigkeit in einem volkseigenen Betrieb nicht in den Kreis der obligatorisch in diese Versorgungsordnung Einzubeziehenden. Denn ein VEB zählte, auch wenn er über wissenschaftliche Forschungseinrichtungen bzw. Abteilungen verfügte, nicht zu den wissenschaftlichen Einrichtungen der DDR, er ist nicht unter den in § 2 a und 6 der VO-AVIWiss genannten Richtungen aufgeführt, (BSG, Urteil vom 31.07.2002 a.a.O.).

Hierzu hat das BSG erläutert, dass nach § 34 Abs. 3 der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 08. November 1979 (GBl. I S. 355) der Betrieb verpflichtet war, die wissenschaftlich-technische Arbeit konsequent auf die Leistungs- und Effektivitätsentwicklung der Volkswirtschaft auszutrichten. Nach § 2 dieser Verordnung hatten die Kombinate die Verantwortung nicht nur für die bedarfsgerechte Produktion, sondern auch für die Entwicklung neuer Erzeugnisse mit wissenschaftlich-technischem Höchststand. Soweit der Kläger darauf hinweist, dass er selbst an Grundlagenforschung und angewandter Forschung mitgewirkt habe, gehörte dies nach den genannten rechtlichen Grundlagen zu den Aufgaben eines jeden VEB. Dies machte den VEB jedoch nicht zu einer selbständigen staatlichen Forschungseinrichtung im Sinne des § 6 VO-AVIWiss.

Den Gerichten ist es versagt, im Wege einer Gesetzes- bzw. Rechtsanalogie entweder den Kläger aufgrund seiner beruflichen Qualifikation den in § 1 Abs. 1 S. 1 der 2. DB zur VO-AVITech genannten Gruppen oder seinen Betrieb einer Forschungseinrichtung im Sinne des § 6 VO-AVIWiss gleichzustellen. Ein solches Analogieverbot ergibt sich zwangsläufig aus den vom Sozialgericht bereits dargelegten Verbot der Neueinbeziehung. Eine nachträgliche Korrektur der im Bereich der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme am 30.06.1990 bestehenden abstrakt-generellen Regelungen der DDR ist den Gerichten ebenfalls versagt und unterliegt auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BSG, Urteil vom 09.04.2002, B 4 RA 31/01 R; Urteil vom 31.07.2002, aaO). Damit ist es dem Senat nicht möglich, eine mutmaßliche und folgerichtige berufliche Entwicklung des Klägers - die wohl durch DDR Unrecht behindert worden ist - in die Anspruchsprüfung mit einzubeziehen. Das AAÜG bietet aus den dargestellten Gründen keine Möglichkeit, hier eine "Berufsschadensausgleichskomponente" miteinfließen zu lassen und etwa hypothetische Lebensläufe zugrunde zu legen, so dass auch das besondere Verfolgungsschicksal des Klägers keine andere Entscheidung erlaubt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nach Ansicht des Senats nicht vor. Die hier maßgeblichen Rechtsfragen sind durch die zitierten Entscheidungen des BSG geklärt.
Rechtskraft
Aus
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