L 3 U 81/97

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 69 U 1021/96
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 81/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juli 1997 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist noch ein Anspruch des Klägers auf Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen einer Berufskrankheit (BK) der Nr. 2109 - bandscheibenbedingte Erkrankung der Halswirbelsäule (HWS) - der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).

Der am 11. Januar 1939 geborene Kläger absolvierte vom 1. April 1954 bis 31. März 1957 eine Lehre zum Fleischergesellen. Anschließend war er als Fleischergeselle bis ca. 1967 in einer Fleischerei tätig und dort nach seinem schriftlichen Vortrag ca. 2 Stunden täglich jeweils mit Aufhau, Zerlegen und Ausschneiden sowie 1 1/2 Stunden mit der Wurstherstellung und 1/2 Stunde mit Abladetätigkeiten beschäftigt. Hierbei trug er verschiedene Teile zwischen 45 kg bis 85 kg Gewicht vor dem Körper und auf der Schulter und zwar ca. 80 Mal pro Arbeitstag. Von 1968 bis 1970 arbeitete er als Abträger (ca. 4 Stunden täglich) und Fahrer (ca. 4 Stunden täglich) bei der Firma Kl. im Fleischgroßhandel und trug nach seinen schriftlichen Angaben täglich ca. 300 Mal verschiedene Teile zwischen 20 kg und 125 kg Gewicht vor dem Körper und auf der Schulter. Von 1970 bis 1981 war der Kläger bei der Firma Kr. im Berliner Fleischgroßhandel als Abträger (ein- und ausladen) beschäftigt. Nach seinen schriftlichen Angaben trug er ca. 400 Mal pro Schicht Fleischteile zwischen 45 kg und 125 kg Gewicht vor dem Körper und auf der Schulter. Vom 16. Dezember 1981 bis 16. Dezember 1983 arbeitete der Kläger bei der Firma a. -m. GmbH & Co. Betriebs KG. Nach der Arbeitsplatzbeschreibung der Firma a. -m. vom 5. Oktober 1998 bestand die Arbeitsaufgabe des Klägers hauptsächlich in der Herstellung von Hackfleischprodukten. Hierzu habe der Kläger nach Aufteilung der Fleischmasse in 30 kg fassende Kästen diese per Hand zur Waage gehoben und von der Waage die Fleischkästen per Hand zum Fleischwolf weitertransportiert. Vom 30. Januar 1984 bis zum 30. Mai 1995 stand der Kläger in einem Beschäftigungsverhältnis bei der Firma "m. " K. GmbH & Co KG als Ausschneider. Hierbei war er nach seinen schriftlichen Angaben ca. 6 Stunden arbeitstäglich mit dem Ausschneiden, 1/2 Stunde mit dem Abladen und ca. 1 1/2 Stunden mit dem Holen von Fleisch aus dem Kühlraum beschäftigt.

Seit dem 4. Januar 1994 war der Kläger u.a. wegen Halswirbelsäulenbeschwerden und Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall arbeitsunfähig erkrankt. Nach Durchführung eines Heilverfahrens in der Sp. Kurklinik in Bad N. in der Zeit vom 6. Dezember 1994 bis 3. Januar 1995, aus dem der Kläger als erwerbsunfähig entlassen wurde, bewilligte ihm die LVA B. mit Wirkung ab 1. Mai 1995 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Auf die am 9. Juni 1995 eingegangene Berufskrankheitenanzeige der Innungskrankenkasse (IKK) B. nahm die Beklagte ihre Ermittlungen hinsichtlich des Bestehens von Berufskrankheiten der Hals- und Lendenwirbelsäule auf und befragte den Kläger zum Verlauf seiner Erkrankung sowie zum Umfang der Hebe- und Tragetätigkeit im Laufe seines Berufslebens. Hierbei gab der Kläger an, bereits seit 1968 an Beschwerden der Hals- und Lendenwirbelsäule zu leiden und legte ein Attest seines behandelnden Allgemeinmediziners Dr. med. Fl. vom 19. Juni 1995 nebst eines neurologischen Befundes der Praxis W. Br. /Dr. De B. vom 31. Mai 1994, einen CT-Befund des Röntgeninstituts am Rathaus St. vom 2. Juni 1994 und einen Kernspintomographiebefund der Röntgenpraxis Dr. med. K. vom 17. Mai 1994 vor. Auf Nachfrage der Beklagten erstellte die Firma "m. " K. GmbH und Co. KG unter dem 21. Juli 1995/19. Oktober 1995 eine Arbeitsplatzbeschreibung, wonach der Kläger Gewichte über 20 kg maximal 3 Mal täglich gehoben und getragen habe. Großmengen seien zu zweit bzw. zu dritt gehoben und getragen worden. Der Kläger sei jedoch nicht in der Warenannahme sondern ausschließlich in der Ausschneiderei beschäftigt worden. Seit März 1991 sei die Ausschneideabteilung mit einer Rohrbahn ausgerüstet, so dass auch Schweinehälften oder Rinderviertel nicht mehr getragen werden mussten.

Der Empfehlung der Gewerbeärztin Dr. F. vom Landesinstitut für Arbeitsmedizin/Landesgewerbearzt vom 19. Januar 1996 folgend lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. April 1996 die Gewährung von Entschädigungsleistungen wegen Wirbelsäulenberufskrankheiten der Nrn. 2108 und 2109 der Anlage 1 zur BKV mit der Begründung ab, die arbeitstechnischen Voraussetzungen seien nicht gegeben. Insbesondere seien nach dem für die Einführung dieser Berufskrankheiten maßgeblichen Stichtag 31. März 1988 keine belastenden Tätigkeiten im Sinne der BK-Nrn. 2108 und 2109 ausgeübt wurden. Hiergegen erhob der Kläger unter Vorlage eines weiteren Attestes des behandelnden Allgemeinmediziners Dr. Fl. vom 23. April 1996 Widerspruch. Er habe bis zur Inbetriebnahme des Förderbandes im Jahre 1990 auch bei der Firma "m. " schwere Lasten bis zu 80/90 kg gehoben.

Die Beklagte holte ein Vorerkrankungsverzeichnis der IKK vom 9. August 1996 sowie eine weitere Auskunft der Firma "m. " vom 4. November 1996 zur Arbeitsbelastung des Klägers ein. Hierbei teilte die Firma "m. " mit, bis Februar 1992 habe sich die Zerlegeabteilung im "Altbau" befunden. Erst dann sei die Abteilung mit einem Förderband und einer Rohrbahn ausgerüstet worden. Vor Installation der Rohrbahn und des Förderbandes hätten die Fleischteile aus den Rollwagen bzw. Hängewagen der Warenannahme herausgenommen und nach Bearbeitung zum nächsten Bearbeiter geworfen werden müssen. Die mit Fleisch und Fett gefüllten Kisten mit einem Gewicht von 40 bis 50 kg hätten zwar gehoben und auf einen Rollwagen gestellt werden müssen. Diese Tätigkeit sei jedoch immer zu zweit erfolgt. Bei der Anlieferung der Fleischteile (Warenannahme) seien diese vom Lieferanten in Rollwagen bzw. auf Hängewagen verbracht worden. Die in der Warenannahme beschäftigten Arbeitnehmer hätten die Behälter zur Bodenwaage und dann in die Ausschneiderei bzw. in die Kühlräume schieben müssen. Der Kläger sei nicht direkt mit der Warenannahme betraut gewesen. Des Weiteren nahm die Beklagte die im Schwerbehindertenverfahren erstatteten ärztlichen Gutachten des Chirurgen Dr. Kr. vom 18. April 1990, der Ärztin T. vom 31. Juli 1993 und des Arztes Bra. vom 5. September 1996 sowie aus den Akten der LVA B. den ärztlichen Kurentlassungsbericht der Kurklinik L. Sch. vom 25. Februar 1992 sowie der S. -Kurklinik Bad N. vom 3. Januar 1995 und das Gutachten des Arztes H. vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) B. vom 15. Februar 1994 sowie des Chirurgen Dr. M. vom 4. Juli 1994 in Kopie zur Akte. Durch Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 1996 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, eine Anerkennung der Berufskrankheiten der Nrn. 2108 und 2109 der Anlage 1 zur BKV könne auch aus medizinischen Gründen nicht erfolgen. So entspreche das Erkrankungsbild der Halswirbelsäule nicht dem von der Nr. 2109 geforderten Schadensbild. Im Übrigen leide der Kläger an einer vermehrten Rundrückenbildung der Brustwirbelsäule und einer seitlichen Verbiegung der Lendenwirbelsäule mit Drehung der einzelnen Wirbelkörper sowie an einem Beckenschiefstand links. Bei derartigen Fehlhaltungen der Wirbelsäule und deren Auswirkungen auf die Bandscheiben der Lendenwirbelsäule handele es sich um eine anlage- und nicht berufsbedingte Erkrankung. Auch sei eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule anhand der vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht erwiesen. Ein bloßes Lumbalsydrom mit guten Behandlungsmöglichkeiten ohne funktionelle Beeinträchtigungen erfülle noch nicht die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Berufskrankheit im Sinne der Nr. 2108. Abgesehen davon seien die arbeitstechnischen Voraussetzungen der geltend gemachten Wirbelsäulenberufskrankheiten für die Zeit nach dem Stichtag 31. März 1988 nicht nachgewiesen. Zudem habe bei Einstellung der Tätigkeit bei der Firma "m. " ein objektiver Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit wegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Hals- oder Lendenwirbelsäule nicht bestanden, da der Kläger durch zahlreiche Erkrankungen sonstiger Art in seiner Leistungsfähigkeit wesentlich eingeschränkt gewesen sei.

Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner am 12. Dezember 1996 beim Sozialgericht Berlin erhobenen und auf die Anerkennung einer Berufskrankheit der Hals- oder Lendenwirbelsäule gerichteten Klage gewandt. Er hat sich zum Nachweis der belastenden Tätigkeit auf das Zeugnis ehemaliger Kollegen bei der Firma "m. " berufen und zur Tätigkeit im Fleischgroßhandel in den Jahren 1970 bis 1981 eine schriftliche Erklärung des Zeugen W. St. vom 10. April 1997 vorgelegt. Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht Berlin durch Gerichtsbescheid vom 25. Juli 1997 die Klage mit der Begründung abgewiesen, beim Kläger fehle es unabhängig vom Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen schon an den nach den Ziffern 2108 und 2109 geforderten Erkrankungen im Sinne von primären degenerativen Bandscheibenschädigungen mit entsprechenden Funktionsbehinderungen.

Gegen den ihm am 21. August 1997 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Kläger am 13. September 1997 beim Landessozialgericht Berlin eingelegten Berufung. Zu deren Begründung überreicht er Atteste des Allgemeinmediziners Dr. Fl. vom 9. September 1997 sowie des Orthopäden Dr. R. vom 9. Oktober 1997, eine Arbeitsplatzbeschreibung der Firma a. -m. GmbH & Co Betriebs KG vom 5. Oktober 1998 und eine schriftliche Erklärung des Zeugen A. L. vom Januar 1999 betreffend die von 1970 bis 1981 im Fleischgroßhandel ausgeübte Tätigkeit.

In der mündlichen Verhandlung vom 17. August 2000 hat der Kläger erklärt, Ansprüche wegen einer Berufskrankheit der Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV nicht mehr geltend zu machen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juli 1997 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. April 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 1996 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen einer Berufskrankheit der Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKV Verletztenteilrente in Höhe von 20 v.H. der Vollrente ab dem 4. Januar 1994 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, dass auch nach der durchgeführten Beweisaufnahme weder die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK Nr. 2109 nachgewiesen seien, noch im Hinblick auf das vorliegende Schadensbild die beim Kläger bestehende HWS-Erkrankung auf das Tragen von Lasten von 50 kg und mehr auf der Schulter zurückgeführt werden könne. Im Übrigen müsse zumindest von einer Aufgabe der schädigenden Tätigkeit vor dem Stichtag 31. März 1988 ausgegangen werden, so dass auch aus diesem Grunde eine Entschädigung wegen einer BK Nr. 2109 ausgeschlossen sei.

Der Senat hat zunächst Befund- und Behandlungsberichte von den behandelnden Ärzten, dem Orthopäden Dr. R. vom 22. Juni 1998, dem Allgemeinmediziner Dr. Fl. vom 4. Juli 1998, dem Orthopäden Dr. med. L. als Praxisnachfolger von Dr. Cz. vom 30. November 1998 und dem Neurologen Dr. Br. vom 20. Juli 1999 sowie Vorerkrankungsverzeichnisse der IKK B. für die Jahre 1957 bis 1969 und 1984 bis 1995 und der AOK B. für die Jahre 1970 bis 1983 eingeholt. Weiterhin sind die den Kläger betreffenden Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule sowie die rückverfilmte Verwaltungsakte der LVA B. zum Verfahren beigezogen worden. Auf Veranlassung des Senats hat der Dipl.-Physiker M. vom Technischen Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten am 7. Dezember 1998 eine Arbeitsplatzanalyse betreffend die Tätigkeit bei der Firma "m. " erstellt, und zwar unter Zugrundelegung der Angaben des Klägers und seines Kollegen U. St ... Danach hat der Kläger auch in den Jahren 1984 bis Anfang 1992 täglich im Rahmen der Warenanlieferung ca. 5 bis 6 Rindervorderviertel und 5 bis 8 Rinderhinterviertel (Einzelgewicht ca. 70 bis 90 kg) auf der Schulter ca. 20 m zum Kühlhaus getragen. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten der Arbeitsplatzanalyse wird auf Bl. 135 bis 142 und 149 bis 150 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Durch Beweisanordnung der Berichterstatterin vom 10. November 1999 ist der Oberarzt der Orthopädischen Klinik des Krankenhausbetriebes H. /örtlicher Bereich K. , der Orthopäde Dr. med. J. mit der Erstellung eines medizinischen Sachverständigengutachtens betreffend das Vorliegen von Berufskrankheiten der Nrn. 2108 und 2109 und der daraus resultierenden Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) beauftragt worden. Hierbei ist dem Sachverständigen aufgegeben worden, hypothetisch der Beurteilung eine LWS-belastende Tätigkeit im Sinne der BK Nr. 2108 für die berufliche Tätigkeit des Klägers als Fleischergeselle und Fleischabträger in den Jahren 1957 bis 1982 und von 1984 bis 1991 sowie eine HWS-belastende Tätigkeit im Sinne der BK Nr. 2109 in der Zeit von 1968 bis 1982 zu Grunde zu legen. Dr. J. hat in seinem Gutachten vom 15. Februar 2000 nebst ergänzender Stellungnahme vom 14. Juni 2000 als bei dem Kläger auf orthopädischem Gebiet bestehende Gesundheitsstörungen festgestellt:
- Chronisches lumbales, lokales Schmerzsyndrom bei Spondylolisthesis L5/S1, Baastrup-Phänomen L3-S1, segmentaler Degeneration L 1/2 und L2/L3,
- Dysfunktion beider Iliosakralgelenke (ISG),
- VD Coxarthrose bds.,
- Gonarthrose links,
- Chronisches Cervicocephal- und linksbetontes Cervicobrachialsyndrom bei degenerativen Veränderungen der mittleren und unteren HWS-Segmente,
- "Cervicale Myelopathie mit Gangataxie" (vgl. Bl. 96 d. GA),
- "Degeneratives BWS-Syndrom" (vgl. Bl. 88 d. GA),
- sekundäre frozen shoulder links bei Omarthrose,
- Acromioclaviculargelenkarthrose links,
- Ellenbogengelenksarthrose rechts,
- Bewegungseinschränkung V.Finger beidseits wegen M.Dupuytren.

Weiter hat der Sachverständige ausgeführt, für die LWS lasse sich nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit belegen, dass der Beschwerdekomplex des Klägers seine wesentliche Ursache in degenerativen Prozessen der Bandscheiben besitze. Zwar fänden sich diskrete Zeichen einer primären Bandscheibendegeneration in den oberen LWS-Segmenten L1 bis L3 mit sekundärer Spondylosis deformans, welche jedoch allein nicht zur Erklärung der klinisch vieldeutigen Befundkonstellation ausreiche. In wesentlicherem Ausmaß seien nämlich andere Ursachen für die geklagte Symptomatik verantwortlich, wie die Instabilität im Segment L5/S1 auf dem Boden einer konstitutionell bedingten Spondylolisthesis (Wirbelgleiten) bei rechtsseitiger Spondylolyse (Kontinuitätstrennung des Wirbelbogens) von L5, das Baastrup-Phänomen ("kissing spines") von L3 bis S1, die beidseitige Störung des Kreuz-Darmbein-Gelenkes, die beidseitige initiale Coxarthrose und die degenerative Schädigung höher gelegener Wirbelsäulenabschnitte. Eine berufliche Verursachung der lumbalen Beschwerden insbesondere der diskreten Bandscheibenveränderungen der oberen LWS sei nicht wahrscheinlich. Im Übrigen zeige die Lendenwirbelsäule des Klägers hinsichtlich der bandscheibenbedingten Veränderungen einen altersentsprechenden Befund. Insbesondere die Schlüsselsegmente L4/5 und L5/S1 würden keine sicheren, bandscheibenassoziierten Segmentverschleißzeichen erkennen lassen.

Dagegen liege beim Kläger eine bandscheibenbedingte Erkrankung der HWS in Form einer Bandscheibendegeneration bei C3/4 mit segmentaler Instabilität, bei C5/6 mit Bandscheibenprolaps und C6/7 mit Bandscheibenprotrusion und mit deutlichen sekundären Degradationsmerkmalen (dorsale Spondylophyten) von C3 bis C7, welche insgesamt die zugehörigen (vor allem linksseitigen) Nervenwurzeln und das Halsmark selbst irritieren würden, vor. Als Beginn der manifesten, bandscheibenbedingten HWS-Erkrankung sei der 31. Juli 1993 anzusehen, da sie zu diesem Zeitpunkt erstmals als Behinderung erfasst worden sei. Im Jahr 1993 habe sich das cervical ausgelöste Beschwerdebild manifestiert und relativ schnell in ein chronisches, weitgehend therapieresistentes Stadium fortentwickelt. Außerberufliche, lokale Ursachen für die HWS-Symptomatik seien nicht ersichtlich. Mitverantwortlich für die Beschwerden seien allerdings die schmerzhafte Schultersteife auf dem Boden einer Arthrose des linken Schultergelenkes sowie des Schultereckgelenkes. Die degenerativen Veränderungen der HWS gingen deutlich über das altersentsprechende Maß hinaus und würden erhebliche Funktionseinschränkungen sowie eine radikuläre Symptomatik bedingen, die daraus folgende MdE betrage 20 v.H ... Die Aufgabe der schädigenden Tätigkeit habe definitiv mit dem Eintritt in die Langzeit-Arbeitsunfähigkeit am 4. Januar 1994 stattgefunden. Erst dann seien alle Tätigkeiten unterlassen worden, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.

Der Kläger hat hierzu eine schriftliche Stellungnahme seines behandelnden Arztes für Allgemeinmedizin Dr. Fl. vom 15. August 2000 vorgelegt.

In der mündlichen Verhandlung vom 17. August 2000 sind zu Art und Umfang der Hebe- und Tragetätigkeit der Kläger ergänzend zu den Beschäftigungsverhältnissen in den Jahren 1957 bis 1982 gehört sowie die Zeugen A. L. und W. St. zu der Tätigkeit des Klägers bei der Fa. Kr. in den Jahren 1970 bis 1981 vernommen worden. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte (2 Bände) sowie der Verwaltungsakte der Beklagten und der rückverfilmten Akte der LVA B. (Vers.-Nr. ), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§ 143 SGG), jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Vorliegend hatte der Senat nur noch über Ansprüche wegen einer BK der Nr. 2109 zu entscheiden, da der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 17. August 2000 erklärt hatte, Ansprüche wegen einer BK der Nr. 2108 nicht mehr geltend zu machen. Insoweit liegt eine teilweise Rücknahme der Berufung (§ 156 SGG) vor.

Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente aus Anlass einer Berufskrankheit der Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKV, weil deren Voraussetzungen nicht vorliegen.

Gemäß §§ 212, 214 Abs. 3 des Siebten Sozialgesetzbuches (SGB VII) sind auf den vorliegenden Rechtsstreit die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) anzuwenden, denn die hier geltend gemachte Verletztenrente wäre, sofern der Anspruch bestehen würde, bereits vor In-Kraft-Treten des SGB VII am 1. Januar 1997 erstmals festzusetzen gewesen.

Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung werden nach § 547 RVO nach Eintritt eines Arbeitsunfalls gewährt. Als Arbeitsunfall gilt nach § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO auch eine Berufskrankheit. Berufskrankheiten sind nach § 551 Abs. 1 Satz 2 RVO die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten erleidet. Zur Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist somit erforderlich, dass eine Krankheit vorliegt, die in der zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles (§ 551 Abs. 3 RVO) geltenden BKV aufgeführt ist. Die Gewährung von Verletztenrente setzt ein bestimmtes Ausmaß der berufskrankheitsbedingten Schädigung voraus. Als Verletztenrente wird der Teil der Vollrente gewährt, der dem Grad der MdE des Versicherten entspricht (§ 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO), solange in Folge der Berufskrankheit die Erwerbsfähigkeit des Versicherten um wenigstens ein Fünftel (20 v.H.) gemindert ist.

Durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Berufskrankheitenverordnung vom 18. Dezember 1992 - 2. Änd-VO- (Bundesgesetzblatt I S. 2343) ist unter die Nr. 2109 in die Anlage I zur BKV als Berufskrankheit aufgenommen worden:

"Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule durch langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können".

Der Tatbestand der BK Nr. 2109 ist demnach erfüllt, wenn die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen sowie eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Halswirbelsäule vorliegen, zwischen der beruflichen Belastung und der bandscheibenbedingten Erkrankung der Halswirbelsäule ein Kausalzusammenhang besteht und jegliche Tätigkeit aufgegeben worden ist, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich war oder sein kann. Während die bandscheibenbedingte Erkrankung als solche sowie die arbeitstechnischen Voraussetzungen voll bewiesen sein müssen, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen (vgl. BSGE 61, 127,128; 45, 285, 287), genügt es zur Anerkennung eines Leidens als Berufskrankheit, wenn der ursächliche Zusammenhang zwischen der Erkrankung und den arbeitstechnischen Voraussetzungen hinreichend wahrscheinlich ist; die bloße Möglichkeit reicht jedoch nicht (vgl. BSG in SozR 2200 § 581 Nr. 26). Ein Zusammenhang ist wahrscheinlich, wenn bei der Abwägung der für den Zusammenhang sprechenden Erwägungen diese so stark überwiegen, dass darauf die Überzeugung der entscheidenden Stelle gegründet werden kann (vgl. BSGE 61, 127, 128; 58, 76, 78). Lassen sich unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze die anspruchsbegründenden Tatsachen nicht nachweisen, so geht dies nach dem auch im Sozialrecht geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Versicherten, wenn er hieraus eine ihm günstigere Rechtsfolge herleiten will (BSG in SozR 3-2200 § 548 Nrn. 11 und 14; BSGE 58, 76, 79; 43, 110, 111; 41, 297, 300 und 6, 70, 72).

Der Kläger leidet zwar seit 1993 an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der HWS, die ihn auch mit Eintritt in die Dauerarbeitsunfähigkeit ab 4. Januar 1994 zur Aufgabe seiner beruflichen Tätigkeit als Fleischergeselle gezwungen hat. Gemessen an den zuvor genannten Kriterien steht zur Überzeugung des Senats jedoch nicht fest, dass die bandscheibenbedingte Erkrankung der HWS mit Wahrscheinlichkeit durch langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter verursacht worden ist, weil die vom Kläger bis Januar 1994 ausgeführten beruflichen Tätigkeiten nicht den tatbestandlichen Voraussetzungen der BK Nr. 2109 entsprechen. Die diesbezügliche Überzeugung des Senats gründet sich auf alle im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren gewonnenen Erkenntnisse (§ 128 SGG), insbesondere auf das Ergebnis der in der mündlichen Verhandlung vom 17. August 2000 durchgeführten Beweisaufnahme, die hierbei gemachten Angaben des Klägers und den in der Arbeitsplatzanalyse des TAD der Beklagten vom 7. Dezember 1998 dokumentierten Sachverhalt.

Dem Verordnungstext zur BK Nr. 2109 können zwar die einzelnen Tatbestandsmerkmale der arbeitstechnischen Voraussetzungen dieser Berufskrankheit (langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter) nicht genau entnommen werden. Insoweit handelt sich um einen auslegungsbedürftigen und -fähigen unbestimmten Rechtsbegriff, der jedoch noch nicht gegen das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot verstößt (vgl. BSG Urteil vom 23. März 1999 - B 2 U 12/98 R - zur gleichgelagerten Problematik bei der BK Nr. 2108). Unter Berücksichtigung der in den Gesetzesmaterialien (Begründung zur Änderung der BKV, Abschnitt B zu Artikel 1 Nr. 4a) in BR-Drucks. 773/92, S. 9) und in dem vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMA) herausgegebenen Merkblatt für die ärztliche Untersuchung zur BK Nr. 2109 (in Bundesarbeitsblatt 3/1993, S. 53) - im folgenden: Merkblatt zur BK 2109 - genannten arbeitstechnischen Kriterien, hält der Senat zur Bejahung einer berufliche Exposition im Sinne der BK Nr. 2109 eine mindestens 10-jährige Tätigkeit mit dem Tragen von Lastgewichten von 50 kg und mehr auf der Schulter für erforderlich. Die Lasten müssen mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Häufigkeit in der überwiegenden Zahl der Arbeitsschichten getragen worden sein. Hierbei sieht der Senat eine gewisse Regelmäßigkeit und Häufigkeit nur dann als gegeben an, sofern pro Arbeitsschicht mindestens eine Stunde lang Lasten von 50 kg und mehr auf der Schulter getragen worden sind (so auch: SG Gießen, Urteil vom 21. Oktober 1999 - S 1 U 692/96 - und LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 11. November 1998 - L 2 U 883/98 -). Denn nach dem Willen der Verordnungsgeberin (vgl. BR-Drucks. 773/92, S. 8 und 9) sollen von dieser Berufskrankheit nur die Berufsgruppen erfasst werden, bei denen außergewöhnlich hohe Belastungen der Wirbelsäule durch Heben und Tragen von Lasten regelmäßig wiederkehrende Tätigkeitsmerkmale sind. Als hierfür typische Tätigkeiten sind bezüglich der BK Nr. 2109 die Fleischträger in Schlachthäusern, die Lasten auf der Schulter oder über Kopf unter Zwangshaltung im Bereich der HWS und maximaler Anspannung der Nackenmuskulatur transportieren, sowie als Berufsgruppe mit vergleichbaren Belastungen die Lastenträger, die schwere Säcke auf der Schulter tragen, genannt worden. Der Aufnahme der BK Nr. 2109 in die BKV lagen die epidemiologischen Studien über das Verhältnis zwischen HWS-Veränderungen und der Tätigkeit von Fleischabträgern von L. Hult von 1954 ("Cervical, dorsal and lumbar spinal syndromes, a field investigation of a non-selected material of 1 200 workers in different occupations with special reference to disc degeneration and so-called muscular rheumatism" in Acta Orthop. Suppl. 17, 1954) sowie von G. Schröter und W. Rademacher von 1971 ("Die Bedeutung von Belastung und außergewöhnlicher Haltung für das Entstehen von Verschleißschäden der Halswirbelsäule, dargestellt an einem Kollektiv von Fleischabträgern" in Zeitschrift für die gesamte Hygiene und ihre Grenzgebiete 17 (1971) 11, S. 841 bis 843) zu Grunde (vgl. Merkblatt zur BK 2109 S. 5). Danach war die Arbeit der Fleischabträger durch das Tragen von Tierhälften oder -vierteln von 50 kg und mehr auf dem Kopf bzw. dem Schultergürtel geprägt. Die hierbei nach vorn und seitwärts erzwungene Kopfbeugehaltung und das gleichzeitige maximale Anspannen der Nackenmuskulatur führten zu einer Hyperlordisierung und auch zu einer Verdrehung der HWS. Das im Vergleich zu dem im vom BMA herausgegebenen Merkblatt für die ärztliche Untersuchung zur BK Nr. 2108 (in Bundesarbeitsblatt 3/1993, S. 50) genannte höhere Lastgewicht begründet sich mit dem Umstand, dass auf der Schulter bzw. dem Kopf die getragene Last achsennah einwirkt und der Hebelarm, der bei der Belastung der LWS durch Heben und Tragen schwerer Lasten zu berücksichtigen ist, entfällt. Zwar sind zur Frage der Häufigkeit oder zum Zeitanteil der Tragevorgänge je Arbeitsschicht weder den Gesetzesmaterialien noch dem Merkblatt zur BK 2109 konkrete Hinweise zu entnehmen, auch sind nach den Erkenntnissen des Senats bisher keine epidemiologischen Studien bekannt, in denen eine statistisch abgesicherte Korrelation zwischen der Häufigkeit der Tragevorgänge auf der Schulter und einer Erkrankung der HWS aufgestellt wurde. Gleichwohl sieht der Senat es als sachgerecht an, als Mindestkriterium einen täglichen Zeitanteil pro Arbeitsschicht von 1 Stunde (netto) für die spezifische Tragetätigkeit zu fordern. Denn nach dem Willen der Verordnungsgeberin sollen von der BK Nr. 2109 nur Tätigkeiten, die mit einer außergewöhnlich hohen spezifischen Tragebelastung verbunden sind, erfasst werden. Orientiert man sich an den in den Gesetzesmaterialien genannten Berufsgruppen, der vollschichtig als Fleischabträger oder Lastenträger eingesetzten Versicherten, und berücksichtigt man weiterhin, dass die zugrundeliegenden Studien aus den Jahren 1954 und 1971 noch auf Arbeitsbedingungen beruhen, die seit Ende der sechziger Jahre wegen der massiv eingetretenen Mechanisierung des Lastentransportes durch Einführung von Kränen, Lastenaufzügen, Förderbänder, Rohrbahnen, Gabelstapler u.ä. kaum noch anzutreffen sind, so muss die spezifische Tragetätigkeit einen deutlichen Teil der täglichen Arbeitszeit ausmachen, um sie als gefährdend im Sinne der BK Nr. 2109 ansehen zu können. Schließlich wird auch in den der Einführung der BK Nr. 2108 zugrundeliegenden epidemiologischen Studien (vgl. Merkblatt zur BK 2108 a.a.O. S. 6) bezüglich der gefährdeten Berufsgruppe der Schwesternhelferinnen als tägliche spezifische Belastungsdauer ein Zeitanteil von ca. 12 % der Arbeitsschicht genannt, der bei einem 8-Stunden-Arbeitstag ca. 58 Minuten, d.h. etwa 1 Stunde, entspricht. Zwar sind die arbeitstechnischen Kriterien zur BK 2108 im Hinblick auf die anders geartete Belastung der LWS durch Hebe- und Tragetätigkeiten nicht direkt auf die BK Nr. 2109 zu übertragen. Bis zum Vorliegen anderer Anhaltspunkte, insbesondere konkreter epidemiologischen Belastungsstudien betreffend die HWS, sieht der Senat hierin jedoch eine angemessene Orientierungshilfe (so auch: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 11. November 1998 - L 2 U 883/98 -; SG Gießen, Urteil vom 22. Januar 1997 - S 1 U 509/95 - in Breithaupt 1997, 771, 780).

Der Kläger hat zwar in den von ihm im Anschluss an die Lehrzeit bis Anfang 1994 in verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen ausgeübten Tätigkeiten als Fleischergeselle, Fleischabträger und Auslieferungsfahrer mit wechselnder Intensität Lasten von 50 kg und mehr auf der Schulter getragen. Jedoch erfüllt er hierbei nicht das Kriterium der gewissen Regelmäßigkeit und Häufigkeit, für das - wie zuvor dargelegt - eine Netto-Tragebelastung von mindestens einer Stunde pro Arbeitsschicht erforderlich ist. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats schon aus den Angaben des Klägers zu den einzelnen von ihm ausgeführten Tätigkeiten. So war der Kläger bei der im Anschluss an die Lehrzeit bis ca. 1967 in einer Fleischerwerkstatt ausgeübten Tätigkeit maximal eine ½ Stunde arbeitstäglich mit dem Heben und Tragen von Lasten sowohl vor dem Körper als auch auf der Schulter beschäftigt gewesen (vgl. schriftliche Angaben des Klägers im Fragebogen vom 18. Mai 1998, Bl. 79 GA). Nach seinem konkretisierenden Vortrag in der mündlichen Verhandlung vom 17. August 2000 hatte der Kläger hierbei täglich zusammen mit den Lehrlingen 6 bis 7 Rinderviertel (Einzelgewicht ca. 70 bis 90 kg) aus dem Fahrzeuganhänger des Arbeitgebers gezogen und anschließend auf der Schulter über eine Entfernung von 4 bis 5 Meter und ca. 14 bis 15 Stufen hinab in den Keller der Fleischerwerkstatt getragen.

Von 1968 bis 1970 war der Kläger bei der Fa. Kl. als Fleischabträger und Auslieferungsfahrer beschäftigt gewesen. Die wöchentliche Arbeitszeit hatte ca. 58 Stunden betragen, und zwar von Sonntags abends 23.00 Uhr bis Montags nachmittags 15.00 Uhr, von Montags abends 23.00 Uhr bis Dienstags mittags 14.00 Uhr, von Dienstags abends 24.00 Uhr bis Mittwochs nachmittags 16.00 Uhr und von Donnerstags morgens 4.00 Uhr bis nachmittags 16.00 Uhr. Dort waren täglich 5 bis 6, in Stoßzeiten auch mehr, Sattelschlepper, davon 2 bis 3 mit Rindervierteln und der Rest mit Schweinehälften (Einzelgewicht ca. 40 bis 45 kg) ausgeladen worden und zwar in der Zeit von 23.00 Uhr bis 4.30 Uhr morgens. Hierbei wurde im Team von 5 bis 6 Kollegen gearbeitet, die sich bezüglich der einzelnen Tätigkeiten abwechselten. So reichte ein Teil der Kollegen die Tierhälften/-viertel herab und der andere Teil trug sie auf der Schulter über eine Strecke von 3 bis 4 Meter zum Förderband. Danach wurden die Tierhälften/-viertel gewogen und entsprechend den Bestellungen auf die einzelnen Lastwagen zur Auslieferung an die Kunden (Fleischer) gepackt. Hierbei wurden die Teile nicht auf der Schulter getragen. Anschließend brachte der Kläger mit dem Lieferwagen die Waren zu den Kunden und entlud sie dort auch wieder. Hierbei nahm das Fahren gegenüber dem Ausladen die größere Zeit in Anspruch. In der Regel fielen ca. 2 Auslieferungsfahrten täglich an. Beim Ausladen trug der Kläger die großen Stücke, also die Rinderviertel, die Schweinehälften und auch die zusammengebundenen Schinken auf der Schulter in die jeweilige Fleischerwerkstatt und zwar über unterschiedlich weite Entfernungen, den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten entsprechend. Nach Schilderung des Klägers hatten die Schinken ein Einzelgewicht von 15 bis 18 kg und waren zu Dreierpacks zusammengebunden. An Hand dieses, vom Kläger geschilderten Sachverhaltes lässt sich eine BK-2109-relevante Tragebelastung (netto) nur annähernd und auch nur für die Entladetätigkeit der Sattelschlepper bestimmen. Gewichte von 50 kg und mehr fielen nur bezüglich der Sattelschlepper mit Rindervierteln an, die ca. die Hälfte der angelieferten Ware ausmachten, so dass ausgehend von einer Entladezeit von täglich 23.00 Uhr abends bis 4.30 Uhr morgens (ca. 330 Minuten) diese sich um die Hälfte auf 165 Minuten reduziert. Eine weitere (hälftige) Reduktion auf ca. 82 Minuten ergibt sich aus dem Umstand, dass sich der Kläger bei der Entladetätigkeit mit seinen Kollegen regelmäßig beim Herabreichen der Teile und Tragen zum Förderband abwechselte. Auch ist die verbleibende maßgebliche Tragedauer nochmals um die Hälfte im Hinblick auf den jeweils anfallenden Leerweg (Rückweg vom Förderband zum Sattelschlepper) zu reduzieren, so dass sich eine Netto-Tragedauer von ca. 41 Minuten errechnet. Dabei hat der Senat nicht berücksichtigt, ob sich bei Berücksichtigung der üblichen Arbeits- (Frühstücks-)Pausen ein noch geringerer Wert ergeben würde. Zum konkreten Umfang der Tragebelastung im Rahmen der Ausliefertätigkeit vermochte der Kläger bei seiner Befragung im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17. August 2000 keine Angaben zu machen. Auch konnten Zeugen für die Tätigkeit von 1968 bis 1970 von ihm nicht benannt werden. Abgesehen davon, dass schon nach der Schilderung des Klägers die bei der Warenauslieferung angefallene Tragebelastung mit 50 kg und mehr auf der Schulter im Gegensatz zum Entladen der Sattelschlepper kein die Tätigkeit prägendes Merkmal war, geht der Umstand, dass sich die konkrete BK-2109-relevante Tragebelastung für die Ausliefertätigkeit heute nicht mehr feststellen lässt, nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers.

Eine gefährdende Tätigkeit im Sinne der BK Nr. 2109 ließ sich auch nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 17. August 2000, die im Wesentlichen von den Zeugen A. L. und W. St. bestätigt wurden, für die Beschäftigung als Fleischabträger bei der Fa. Kr. in der Zeit von 1970 bis Ende 1981 nicht feststellen. Danach war der Kläger zunächst als Fleischergeselle eingestellt und am Band bei den Zerlegern eingesetzt worden. Nach ca. 5 Wochen war er zur Verladetätigkeit abgestellt und erst ab 1980 wieder mit anderen Tätigkeiten (am Stand und beim Fleischkistenpacken) betraut worden. Die tägliche Arbeitszeit hatte von 5.00 Uhr morgens bis ca. 13.00 bis 14.00 Uhr mittags gedauert. Nach seinen Angaben waren bei der Fa. Kr. , die führend in B. im Ost- und Westhandel gewesen ist, täglich zu ca. 80 % Schweinehälften und zu 20 % Rinderviertel angeliefert worden. Es wurden täglich ca. 10 bis 14 Lastzüge mit Schweinehälften und ca. 2 bis 4 Lastzüge mit Rindervierteln ent- bzw. beladen. Hierbei waren pro Lastzug bis zu 10 Mann eingesetzt und die Arbeit gleichmäßig unter ihnen verteilt gewesen. Das Ent- bzw. Beladen eines Lastzuges dauerte ca. 20 Minuten an. Hierbei wurden die Rindervorderviertel in der Regel vor dem Bauch und die Rinderhinterviertel auf der Schulter vom Lastzug zum Stand über eine Strecke von 2 bis 12 Meter - je nach Länge des Lastzuges - getragen. Manchmal wurden die Rindervorderviertel je nach Art der Beladung der Lastzüge auch auf der Schulter getragen. Die Lastzüge waren in der Regel jeweils zur Hälfte mit Rindervorder- und -hintervierteln bepackt. Aus diesem vom Kläger geschilderten Sachverhalt ergibt sich eine BK-2109-relevante Tragebelastung (netto) von täglich ca. 20 bis 30 Minuten. Lastgewichte von 50 kg und mehr fielen nur beim Ent- bzw. Beladen der Lastzüge mit Rindervierteln (max. 4 Lastzüge täglich) an, so dass sich bei einer Ladedauer von ca. 20 Minuten pro Lastzug eine Bruttotragedauer von 80 Minuten täglich errechnet. Diese reduziert sich im Hinblick auf den - leeren - Rückweg vom Stand zum Sattelschlepper (bzw. umgekehrt) um ca. die Hälfte auf 40 Minuten. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass in der Regel lediglich die Hälfte der Rinderviertel und zwar die schwereren Rinderhinterviertel auf der Schulter getragen wurden. Daher bleibt als Netto-Tragebelastung im Sinne der BK 2109 nur noch eine Dauer von ca. 20 bis 30 Minuten arbeitstäglich übrig. Dieses Ergebnis wird auch durch die Angaben des Zeugen A. L. in der mündlichen Verhandlung vom 17. August 2000, der von 1967 bis 1975 bei der Fa. Kr. als Fleischermeister (Standleiter) beschäftigt und für 3 Zerlegungsabteilungen, das Auf- und Abladen sowie einen Teil des Gefrierhauses zuständig war, bestätigt. Nach der glaubhaften Aussage des Zeugen ist der Kläger von ihm als "Allgemeingeselle" eingestellt und zu 80 bis 90 % als Abträger, d.h. beim Be- und Entladen der Lastzüge beschäftigt worden. Beim Auf- und Abladen, auch wenn die Rinderviertel in den Lastzügen hoch/tief geladen waren, sind die Tierteile überwiegend vor dem Bauch getragen worden. Lediglich die schweren Rinderviertel, insbesondere die gefrorenen Rinderviertel, sind auf der Schulter getragen worden. Die Fleischabträger haben demgemäß innerhalb einer Arbeitsschicht maximal eine halbe Stunde auf der Schulter getragen; an Tagen, an denen das Gefrierhaus nicht beliefert worden ist, auch gar nicht. Letztendlich führen auch die Angaben des Zeugen W. St. , der von 1972 bis 1981 bei der Fa. Kr. als 2. Fleischermeister unter dem Zeugen L. beschäftigt war, zu keinem anderen Ergebnis. Danach ist der Kläger überwiegend zum Ent- und Wiederbeladen der im Durchschnitt täglich ankommenden 7 Lastzüge, die ca. zur Hälfte mit Schweinehälften und Rindervierteln bepackt waren, eingesetzt gewesen. Der Kläger hat sowohl Schweinehälften als auch Rinderviertel auf die Schulter genommen und dann zwischen 2 bis 15 Meter getragen. Er - der Zeuge - selbst hat nicht dabeigestanden, da er ja auch die Zerlegung und Fertigmachung für den Versand zu überwachen hatte. Seines Erachtens lässt es sich auf dem Rücken besser tragen, da dies leichter sei; wenn der Rücken schmerze, würde man jedoch die Tierhälften/-viertel auch vor dem Bauch tragen.

Die vom 16. Dezember 1981 bis 16. Dezember 1983 bei der Fa. A. -m. ausgeübte Tätigkeit beinhaltete sowohl nach den schriftlichen Angaben des Klägers vom 18. Mai 1998 (Bl. 79 GA) als auch nach der Arbeitsplatzbeschreibung der Fa. A. -m. vom 5. Oktober 1998 nicht das Tragen von Lasten auf der Schulter. Ebenso erwies sich die Tragebelastung bei der vom 20. Januar 1984 bis 3.Januar 1994 bei der Fa. "m. " K. GmbH & Co. KG ausgeübten Tätigkeit als Ausschneider als geringfügig. Nach der auf Grundlage einer persönlichen Anhörung des Klägers gefertigten Arbeitsplatzanalyse des TAD der Beklagten vom 7. Dezember 1998 hatte der Kläger in der Zeit von Januar 1984 bis Anfang 1992 im Rahmen der Warenanlieferung eine durchschnittliche arbeitstägliche Tragetätigkeit auf der Schulter von Lasten von 50 kg und mehr in Form von 5 bis 6 Rindervordervierteln und 5 bis 8 Rinderhintervierteln über eine Strecke von 20 Meter zum Kühlhaus. Diese Belastung liegt weit unter einer Stunde der täglichen Arbeitsschicht. Ab Anfang 1992 war der Kläger auf Grund baulicher und technischer Veränderungen des Betriebes (Einsatz eines Transportbandes sowie einer Rohrbahn) nicht mehr mit dem Tragen von Lasten auf der Schulter beschäftigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht ersichtlich sind.
Rechtskraft
Aus
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