Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 3755/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 5474/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 15.10.2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger, dem Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bewilligt ist, begehrt (noch) Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der 1957 geborene Kläger (GdB 60, Merkzeichen G, Verwaltungsakte S. 15) hat den Beruf des Mechanikers erlernt und arbeitete als solcher bis 1989. Im Anschluss daran war er als Maschineneinsteller versicherungspflichtig beschäftigt.
Am 25.2.2003 beantragte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog Arztunterlagen bei und veranlasste eine Begutachtung auf internistischem, nervenärztlichem und orthopädischem Fachgebiet. Der Internist und Sozialmediziner Dr. M. hielt im zusammenfassenden Gutachten vom 6.5.2003 folgende Diagnosen fest: fortgeschrittener, rechtsbetonter Kniegelenksverschleiß beidseits, Sarkoidose, in Rückbildung begriffen mit leichter Einschränkung der Atemleistung, Schulterverschleiß rechtsbetont beidseits, geringer Verschleiß der Lendenwirbelsäule, Anpassungsstörung, Schuppenflechte und leichtgradiger nutritiv-toxischer Leberschaden. Er gelangte zu der abschließenden Einschätzung, dass der Kläger als Maschineneinsteller nur noch unter drei Stunden täglich arbeiten, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts im Wechselrhythmus, überwiegend im Sitzen (unter qualitativen Einschränkungen: ohne Zeitdruck, ohne Überkopfarbeit, zu ebener Erde, ohne inhalative Belastungen, ohne hautreizende Stufe) aber sechs Stunden täglich und mehr verrichten könne. Die Neurologin, Psychiaterin und Sozialmedizinerin St. hatte in ihrem Zusatzgutachten vom 25.4.2003 eine Anpassungsstörung als Reaktion auf Arbeitsplatzprobleme und Zukunftssorgen ohne Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit beschrieben und leichte Tätigkeiten (sowie die Arbeit als Maschineneinsteller) sechs Stunden täglich und mehr für möglich erachtet. Der Orthopäde Gr. hatte in seinem Zusatzgutachten vom 27.4.2003 eine Gonarthrose beidseits, rechts mehr als links, Spondylarthrose L5, Impingementsyndrom beider Schultergelenke, rechts mehr als links bei Zustand nach Resektionsarthroplastik rechts am 1.4.2003 diagnostiziert und leichte bis grenzwertig mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen (unter qualitativen Einschränkungen) für vollschichtig zumutbar gehalten, während rein stehende Tätigkeiten unterbleiben sollten; eine vornehmlich sitzende Tätigkeit erscheine günstig.
Mit Bescheid vom 25.8.2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 1.12.2002 (monatlich 597,84 EUR netto ab 1.10.2003, Verwaltungsakte S. 173). Die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung wurde abgelehnt. Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2003 zurück.
Am 12.12.2003 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Reutlingen. Er trug vor, die Leistungsbeurteilung der Beklagten sei fehlerhaft. Wegen orthopädischer Beschwerden, insbesondere wegen Kniegelenksverschleißes leide er unter erheblichen Schmerzen. Die Implantation eines künstlichen Kniegelenkes sei empfohlen worden. Insgesamt sei er voll erwerbsgemindert.
Das Sozialgericht zog Arztunterlagen bei, befragte behandelnde Ärzte und erhob - teils von Amts wegen, teils auf Antrag des Klägers gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - weitere Gutachten. Die Beklagte legte beratungsärztliche Stellungnahmen vor.
Im Bericht der Klinik St. Georg, Höchenschwand, vom 20.7.2005 (SG-Akte I S. 129) ist ausgeführt, beim Kläger liege eine zur Zeit röntgenmorphologisch stabile Sarkoidose IIIa vor. Funktionell bestehe ebenfalls relative Befundstabilität. Eine Reduzierung der Kortisontherapie sei empfohlen worden.
Der Orthopäde Dr. Sp. teilte Diagnosen mit und vertrat die Auffassung, der Kläger sei voll erwerbsgemindert (Bericht vom 21.7.2004, SG-Akte I S. 24). Der Neurologe Dr. Sch., der den Kläger am 19.2., 7.3. und 7.4.2003 untersucht hatte, gab an, aufgrund des komplexen Krankheitsbildes mit wohl schwerer Gonarthrose und der Unfähigkeit zu einer längerfristig stehenden Tätigkeit sowie diagnostizierter Sarkoidose und der wegen fehlender Möglichkeit zur innerbetrieblichen Umschulung aufgetretenen depressiven Symptomatik bestünden Bedenken, ob der Kläger leichte Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne, zumal eine solche Tätigkeit schwer zu finden sein dürfte (Bericht vom 19.8.2004, SG-Akte I S. 57). Der Allgemeinarzt Dr. Schu. nahm an, aufgrund der erheblich eingeschränkten Belastbarkeit von Seiten des Bewegungsapparates seien leichte Tätigkeiten allenfalls bis zu drei Stunden täglich möglich; darüber hinausgehende Belastungen seien nicht mehr zumutbar (Bericht vom 21.12.2004, SG-Akte I S. 68). Der Hautarzt Dr. E. gab an, beim Kläger liege eine mittelschwere Form der Psoriasis vulgaris vor. Durch die ambulante UV-Lichttherapie sei eine wesentliche Besserung des Hautzustandes erreicht worden; bereits vor Beendigung der Therapie habe sich der Hautbefund um 80 bis 90 Prozent gebessert. Gegen eine leichte Tätigkeit von sechs Stunden täglich bestünden, ungeachtet der Fortführung der Schuppenflechtebehandlung, keine Bedenken (Bericht vom 7.10.2005, SG-I Akte S. 131).
Nachdem die Beklagte im Hinblick auf beratungsärztliche Stellungnahmen vom 27.12.2004 und 8.2.2005 (SG-Akte I S. 76, 79) an der bisherigen Leistungseinschätzung festgehalten hatte, erhob das Sozialgericht von Amts wegen das Gutachten des Orthopäden PD Dr. Dr. St. vom 22.6.2005 (SG-Akte I S. 106). Dieser diagnostizierte ein Verschleißleiden der Lendenwirbelsäule (Spondylosis deformans, Spondylarthrose und Osteochondrose) mit unterschiedlicher Ausprägung in den einzelnen Abschnitten der Lendenwirbelsäule; linkskonvexe Skoliose der Lendenwirbelsäule in mäßiger Ausprägung; Arthrosis deformans der Kreuz-Darmbeinfuge; Gonarthrose beidseits sowie beginnende Arthrosis deformans der Schultergelenke beidseits und des Schultereckgelenks rechts. Im Vordergrund der Klagen stünden Beschwerden im Bereich der Kniegelenke. Schwere und mittelschwere Arbeiten sowie vorwiegend oder ausschließlich sitzende und stehende bzw. vorwiegend oder ausschließlich kniende oder gehende Tätigkeiten seien nicht mehr möglich. Im Beruf des Maschineneinstellers könne der Kläger nicht mehr eingesetzt werden. Erwerbsunfähigkeit sei jedoch nicht anzunehmen. Leichte Arbeiten bei wechselnder Körperhaltung, ohne größere Wegstrecken, ohne Witterungseinflüsse, ohne häufiges Bücken, ohne Akkord- und Fließbandarbeit, ohne Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über fünf Kilogramm Gewicht ohne Hilfsmittel seien sechs Stunden täglich möglich. Öffentliche Verkehrsmittel könnten ohne Einschränkung benutzt werden.
In der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vom 22.11.2005 (Sitzungsniederschrift SG-Akte I S. 139) wurde eine der Beklagten (anonym) zugesandte Mappe mit Bildern, auf denen der Kläger beim Verrichten von Arbeiten zu sehen ist, erörtert (schriftsätzliche Erläuterungen des Klägers hierzu SG-Akte I S. 145, Schriftsatz vom 13.12.2005). Der Kläger gab an, auf den Bildern seien mithelfende Personen nicht festgehalten; außerdem seien die Arbeiten nicht an einem Tag, sondern über Wochen verrichtet worden. Er könne schon "stundenweise etwas machen". Schmerzen in den Gelenken lägen vor, bei feuchter Witterung sei es schlimmer. Behandlungen neueren Datums bei einem Neurologen oder Psychiater bzw. bei einem Rheumatologen fänden nicht statt.
Im auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG erhobenen Gutachten des Internisten und Rheumatologen PD Dr. R. vom 1.3.2006 (SG-I Akte S. 167) ist zur Anamnese (u.a.) ausgeführt, die rechtsbetonten Kniegelenksbeschwerden seien eher zunehmend, vorwiegend beim Anlaufen und in Ruhe nach St.erer Belastung vorhanden. Die Schmerzen in der Lendenwirbelsäule seien seit regelmäßiger Durchführung von "Nordic-Walking" geringer ausgeprägt. Der Gutachter fand keinen sicheren Hinweis auf eine entzündliche rheumatische Systemerkrankung, insbesondere auf eine Arthritis psoriatica, beginnende Fingerpolyarthrose, Femuropatellar- und Gonarthrose beidseits, rechtsbetont, rezidivierendes Lumbalsyndrom bei bekannten degenerativen Veränderungen, Spreiz- und Senkfuß, Psoriasis vulgaris, Sarkoidose IIIa ED 1999, derzeit stationär und einen Zustand nach Schulter-OP rechts 4/03. Aufgrund der erhobenen Befunde werde der Einschätzung des PD Dr. Dr. St. zugestimmt. Als Maschineneinsteller könne der Kläger nicht mehr arbeiten, leichte, vorwiegend im Sitzen auszuführende Tätigkeiten seien aber sechs Stunden täglich zumutbar. In den nächsten Jahren sei mit einer Zunahme der Verschleißveränderungen an den Kniegelenken zu rechnen; die Prognose der Sarkoidose sei eher gut.
Das Sozialgericht erhob außerdem auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG das Gutachten des Neurologen Dr. Sch. vom 29.11.2006 (SG-Akte I S. 186). Dieser führte aus, er habe den Kläger, wie im Bericht vom 19.8.2004 mitgeteilt, zunächst insgesamt dreimal untersucht; mittlerweile habe ihn der Kläger am 19.12.2005, 11.1., 8.2. und 4.4.2006 konsultiert. Der Kläger habe immer wieder eine gedrückte Stimmung, vermehrte Reizbarkeit bzw. Aggressivität und Schlafstörungen angegeben. Der Gutachter diagnostizierte - auf neurologischem Fachgebiet - eine Anpassungsstörung sowie ein reaktiv depressives Syndrom. In organisch-neurologischer Hinsicht fänden sich keine Auffälligkeiten. Aufgrund der Chronifizierung des psychiatrischen Krankheitsbildes einer Anpassungsstörung mit reaktiv depressivem Syndrom sei der Kläger nicht mehr in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten drei Stunden täglich oder mehr zu verrichten. Da er, der Gutachter, allerdings nur Facharzt für Neurologie und nicht für Psychiatrie sei und sich seine Einschätzung von der Auffassung der Dr. St. unterscheide, wäre gegebenenfalls ein neutrales fachpsychiatrisches Gutachten sinnvoll.
Die Beklagte legte die beratungsärztliche Stellungnahme des Internisten und Sozialmediziners Dr. B. vom 21.12.2006 (SG-Akte I S. 196) vor. Dieser führte (u. a.) aus, es überrasche, dass zu Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet ein neurologisches Gutachten veranlasst worden sei. Dr. Sch. habe auch klargestellt, dass er nur Facharzt für Neurologie und nicht für Psychiatrie sei. Er habe deshalb etwaige Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet fachfremd beurteilt. Demzufolge finde sich in seinem Gutachten auch nur ein ausgesprochen spärlicher psychischer Untersuchungsbefund; so heiße es nur lapidar, die Stimmung des Klägers sei gedrückt. Die Anamnese sie auf drei Zeilen festgehalten. Damit fehle eine nachvollziehbare Begründung für die Leistungseinschätzung des Gutachters. Schließlich erfolge bislang offensichtlich keinerlei psychiatrische Behandlung.
Der Kläger trug vor, wegen einer Leukämieerkrankung seines Sohnes habe er eine bei dem Dipl.-Psych. Gl. begonnene Gesprächstherapie unterbrochen (Attest des Dipl.-Psych- Gl. vom 22.1.2007: nach fünf probatorischen Gesprächen seither 14 Gesprächstermine im Rahmen der bewilligten Regelpsychotherapie, zuletzt am 25.10.2006; SG-Akte II S. 209, 210).
Das Sozialgericht erhob sodann von Amts wegen das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. St. vom 5.4.2007 (SG-Akte II S. 212). Zur Anamnese ist (u. a.) ausgeführt, die in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vorgelegten Bilder habe ein Nachbar wohl aus Rache gemacht; er, der Kläger, habe einen Kachelofen und mache sein Holz selbst. Er sei mit Geräten ausgestattet, einer Kreissäge, einem Holzspalter und einem Bulldog. Er könne durchaus manches noch machen, etwa auch den Rasen selbst mähen. Er habe versucht, eine andere Arbeit zu finden; er könne allerdings nicht acht Stunden stehen wie früher im Betrieb und auch nicht mehr in Maschinen klettern, komme auch nicht mehr in die Hocke. Er bräuchte eine Arbeit mit einem Wechsel zwischen Stehen und Sitzen. Auf Frage, ob er sich eine leichte Arbeit, etwa als Pförtner, vorstellen könne, habe der Kläger geantwortet, für eine Umschulung sei er zu alt und Arbeitsstellen dieser Art würden wegrationalisiert. Grundsätzlich könnte er eine Pförtnertätigkeit machen. Das Arbeitsamt könne ihm eine solche Arbeit aber nicht vermitteln; insoweit habe er sich erkundigt. Sein Arbeitgeber habe ihm ebenfalls eine Stelle angeboten, wo er im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen hätte arbeiten können. Er habe die Abteilung aber gekannt und das Angebot deshalb abgelehnt. Derzeit halte er sich wegen der Erkrankung seines Sohnes im Elternhaus der Tübinger Kinderklinik auf. Er sei meistens bei seinem Sohn, gehe aber auch mal zu Fuß um den Block, da dies wegen der Kniegelenke nötig sei; am Vortag der Begutachtung sei er nach Hause gefahren. Er habe Freunde und Bekannte, sei ein Vereinsmensch und Mitglied im Sportverein und im Verkehrsverein. Am Freitagabend gehe er zum Stammtisch. Fußball und Tennis spiele er wegen der Gelenke nicht mehr. Stationäre nervenärztliche oder psychosomatische Behandlungen hätten nicht stattgefunden; alle sechs Wochen suche er den Neurologen Dr. Sch. auf, der ihm ein Medikament verschreibe. Den Dipl.-Psych. Gl. habe er dieses Jahr erst einmal aufgesucht; wegen der Erkrankung seines Sohnes sei er anderweit beschäftigt.
Der Gutachter legte dar, der keinesfalls antriebsgestörte Kläger habe fast ausschließlich körperliche Beschwerden vorgetragen und nicht depressiv gewirkt. Er erscheine etwas gedrückt und nachdenklich wegen der Leukämie-Erkrankung seines Sohnes. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei erhalten. Störungen des Sozialverhaltens aus psychiatrischen Gründen seien nicht feststellbar; eine Angespanntheit oder Aggressivität falle nicht auf. Ein relevantes psychisches Krankheitsgefühl sei nicht herauszuarbeiten gewesen.
Der Gutachter diagnostizierte auf seinem Fachgebiet eine leichte, ins Depressive gehende Herabgestimmtheit unterhalb des Schweregrades einer Dysthymia. Es stelle sich allerdings die Frage, ob man dies überhaupt noch mit einer psychiatrischen Diagnosebezeichnung versehen könne. Eine in irgendeiner Form leistungsrelevante psychische Erkrankung bestehe sicher nicht. Eine stationäre oder relevante medikamentöse Behandlung sei auch nicht notwendig geworden. Der Neurologe Dr. Sch. verschreibe dem Kläger ein mild beruhigend wirkendes Medikament, das man (von pflanzlichen Substanzen abgesehen) als das schwächste psychopharmakologische Beruhigungsmittel einstufen könne; dieses nehme der Kläger außerdem in sehr niedriger Dosierung ein. Eine quantitative Leistungsminderung liege zweifelsfrei nicht vor. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) sechs Stunden täglich verrichten.
Dr. Sch. sei Facharzt für Neurologie und nicht für Psychiatrie. Entsprechend der für ihn deshalb fachfremden Beurteilung psychiatrischer Krankheitsbilder umfasse der psychische Befund in seinem Gutachten 10 Worte. Auch die Befund- und Anamneseerhebung im Übrigen sei so knapp, das eine Diagnose (Anpassungsstörung mit reaktiv depressivem Syndrom) aus dem Gutachten nicht begründet werden könne. Die Diagnose sei "frei in den Raum gestellt". Die weiteren Ausführungen des Dr. Sch. hierzu seien zudem fachlich falsch; so könnten Anpassungsstörungen definitionsgemäß gar nicht chronifizieren. Unter einer Anpassungsstörung leidende Menschen seien meist nur wenige Tage arbeitsunfähig und ansonsten parallel zu ihrem Störungsbild unter fortlaufender Behandlung weiter berufstätig. Eine regelmäßige Tätigkeit trage sogar meist zur weiteren Stabilisierung bei. Die von Dr. Sch. angenommene quantitative Leistungseinschränkung sei sozialmedizinisch nicht nachvollziehbar.
Nachdem die Beklagte die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. B. vom 10.5.2007 (SG-Akte II S. 238: Zustimmung zum Gutachten des Dr. St.) vorgelegt hatte, erhob das Sozialgericht auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG noch das Gutachten des Internisten, Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. Gr. vom 5.9.2007 (SG-Akte II S. 247). Dieser führte aus, eine psychologische Behandlung finde nach Angaben des Klägers nicht statt. Die Leukämie-Erkrankung des Sohnes sei eine große Belastung gewesen; eine durchgeführte Stammzellenbehandlung habe allerdings angeschlagen, Gewissheit gebe es aber noch nicht. Der Gutachter erhob den Tagesablauf des Klägers (Aufstehen um 8:00 Uhr, Kaffee kochen, Zeitung lesen und gemütliches Frühstück, sodann Einkaufen gehen, manchmal auch Arztbesuch, Vorbereitung des Mittagessens, eine halbe Stunde auf dem Sofa liegen, jetzt in der Pilzsaison Pilze suchen, nachmittags ab und zu Holz machen oder Rasen mähen, spazieren gehen, wenn es das Wetter zulasse, dabei auch zweistündiger Spaziergang, mit zwischenzeitlicher Unterbrechung durch Sitzen auf einer Bank, mitunter auch aber schon nach einer 3/4 Stunde wieder zu Hause, Abendessen, Fernsehen oder Aufenthalt auf der Terrasse). Das Gehen auf der Ebene funktioniere gut, während insbesondere das Hinabgehen Kniebeschwerden verursache. Größere Autofahrten seien aus finanziellen Gründen nicht möglich. Am Sonntag gehe der Kläger mit der Ehefrau zum Sportplatz.
Der Gutachter diagnostizierte eine Gonarthrose beidseits mit mittelgradigen Funktionseinschränkungen, Arthrosis deformans der Kreuz-Darmbeinfuge ohne wesentliche Funktionsbehinderungen, Arthrosis deformans des Schultergelenks rechts, insbesondere Schultereckgelenk rechts, Psoriasis vulgaris leicht bis mäßiggradig ausgeprägt, Gicht, medikamentös und diätetisch behandelbar, arterielle Hypertonie, medikamentös einstellbar, bekannte Sarkoidose Grad III, medikamentös behandelbar, derzeit keine wesentliche Beeinträchtigung, sowie ein mäßiggradig ausgeprägtes depressives Syndrom, am ehesten psychoreaktiv. Eine schwergradige Depression könne nicht bescheinigt werden. Die Tagesstrukturierung sei erhalten, Gartenarbeit und Arbeiten im Hausbereich seien möglich. Der Kläger könne auch ein bis zwei Stunden dauernde Spaziergänge absolvieren und Bastelarbeiten tätigen. In Übereinstimmung mit der Leistungseinschätzung des Dr. St. werde der Kläger für fähig erachtet, leichte Tätigkeiten sechs Stunden täglich unter qualitativen Einschränkungen (keine schwere oder schwere bis mittelschwere Arbeit mit Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über zehn Kilogramm, keine Nacht- oder Wechselschicht, keine Akkord- und Fließbandarbeit bzw. Arbeit mit besonderer Verantwortung und besonderem Einstellungs- oder Umstellungsvermögen und vermehrter geistiger Beanspruchung, keine Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten oder an gefährdenden Maschinen) zu verrichten. Eine quantitative Erwerbsminderung könne nicht gerechtfertigt werden; immerhin sei der Kläger in der Lage, Alltags- und Freizeitbelangen voll und ganz nachkommen zu können. Deshalb müsse er in der Lage sein, mindestens sechs Stunden täglich leichte Arbeiten zu verrichten, überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit des gelegentlichen Umhergehens und Stehens. Möglich wären beispielsweise einfache Kontroll- oder Sortierarbeiten oder das Bedienen einfacher Maschinen. Was das Gutachten des Dr. Sch. angehe, müsste dieser auf Grund seiner Facharztqualifikation in der Lage sein, das Ausmaß einer Anpassungsstörung oder auch den Schweregrad einer Depression zu beurteilen; seiner Leistungseinschätzung könne aber nicht zugestimmt werden.
Mit Gerichtsbescheid vom 15.10.2007 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, Rente wegen voller Erwerbsminderung stehe dem Kläger gem. § 43 Abs. 2 und 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) nicht zu, da er leichte Tätigkeiten unter qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Das gehe (insbesondere) aus den Gutachten des PD Dr. Dr. St., Dr. St., PD Dr. R. und Dr. Gr. sowie den von der Beklagten vorgelegten beratungsärztlichen Stellungnahmen schlüssig hervor. Abweichende Auffassungen behandelnder Ärzte und das Gutachten des Dr. Sch. könnten nicht überzeugen. Dass dessen Leistungseinschätzung nicht gefolgt werden könne, habe Dr. B. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 21.12.2006 zutreffend dargelegt.
Auf den ihm am 19.10.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 19.11.2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, bei ihm liege ein weitgefächertes Krankheitsbild vor. Er sei nur unter ganz erheblichen Einschränkungen leistungsfähig. Wie aus den vorliegenden Gutachten hervorgehe, seien schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten, vorwiegend oder ausschließlich sitzende oder stehende Arbeiten, Arbeiten mit Witterungseinflüssen, das Heben, Tragen oder Bewegen von Gegenständen über fünf Kilogramm, Überkopfarbeiten und Akkord-/Fließbandarbeiten sowie Arbeiten mit besonderer geistiger Beanspruchung oder Verantwortung und erhöhtem Zeitdruck oder besonderem Einstellungs- bzw. Umstellungsvermögen, in Nacht- und Wechselschicht und auf Leitern und Gerüsten oder an gefährdenden Maschinen nicht möglich. Angesichts der Summierung dieser Leistungseinschränkungen liege eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, die die Gewährung vor Erwerbsminderungsrente rechtfertige. Das Sozialgericht habe nicht festgestellt, in welchem Umfang und in welcher Häufigkeit ein Wechsel der Körperhaltung notwendig sei; wegen ungewöhnlich häufigem Haltungswechsel könne er, mittlerweile fünfzig Jahre alt, jedenfalls nicht mehr vollschichtig arbeiten.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 15.10.2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 25.8.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.11.2003 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
In der Erörterungsverhandlung vor dem Berichterstatter des Senats vom 9.7.2008 hat der Kläger ergänzend angegeben, es komme auf die Schmerzen an und hänge auch vom Wetter ab, wie lange er am Stück sitzen könne; bei feuchtem und regnerischem Wetter seien die Schmerzen St.er als bei schönem und warmem Wetter. Was seinen Tagesablauf angehe, stehe er morgens gegen 7:30 bzw. 8:00 Uhr auf, frühstücke und lese Zeitung und gehe mitunter einkaufen oder kümmere sich um das Mittagessen. Nachmittags gehe er spazieren, je nachdem; das komme allerdings auf die Jahreszeit an. In der Pilzsaison gehe er auch Pilze sammeln. Wie häufig er (aus sitzender Haltung) aufstehen müsse, hänge ebenfalls insbesondere vom Wetter ab. Wenn er, was vorkommen könne, beim Gehen den Fuß verdrehe, bekomme er Wasser im Knie und brauche dann ein bis zwei Wochen Ruhe; ggf. werde punktiert.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Er hat darauf keinen Anspruch.
Das Sozialgericht hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§ 43 SGB VI) das Rentenbegehren des Klägers zu beurteilen ist, und weshalb ihm danach Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten bzw. die Angaben des Klägers in der Erörterungsverhandlung vom 9.7.2008 anzumerken:
Aus den Verwaltungsgutachten und den vom Sozialgericht (teils von Amts wegen, teils gem. § 109 SGG auf Antrag des Klägers) erhobenen Gutachten des PD Dr. Dr. St., PD Dr. R. und Dr. Gr. geht schlüssig und überzeugend hervor, dass der Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten kann. Die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung ist daher ausgeschlossen, zumal volle Erwerbsminderung nur dann vorliegt, wenn das (quantitative) Leistungsvermögen auf unter drei Stunden täglich abgesunken ist (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI); davon kann keine Rede sein. Dass das gemäß § 109 SGG erhobene Gutachten des Dr. Sch. ebenso wenig überzeugen kann wie die dem Rentenbegehren des Klägers günstigen Leistungseinschätzungen behandelnder Ärzte, hat das Sozialgericht ebenfalls zutreffend dargelegt. Das Gutachten des Dr. Sch. enthält in der Sache eine sozialmedizinisch nachvollziehbare Leistungseinschätzung im Hinblick auf etwaige Erkrankungen des Klägers auf psychiatrischem Fachgebiet nicht. Das haben Dr. B. in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 21.12.2006 und Dr. St. im Gutachten vom 5.4.2007 schlüssig dargelegt; deshalb mag dahinstehen, inwieweit Dr. Sch. als Facharzt (allein) für Neurologie (nicht für Psychiatrie) zu einer fachlich hinreichend fundierten Begutachtung auf psychiatrischem Fachgebiet in der Lage ist.
Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liegt ebenso wenig vor wie eine schwere spezifische Leistungsbehinderung (dazu und zu den damit verbundenen rechtlichen Folgen einer Pflicht zur Benennung von Verweisungstätigkeiten KassKomm-Niesel, SGB VI § 43 Rdnr. 47 und § 240 Rdnr. 115, 116 m.N.). Die in den erhobenen Gutachten festgelegten qualitativen Leistungseinschränkungen kennzeichnen (abgesehen etwa vom Ausschluss bestimmter Witterungseinsflüsse) vielmehr nur die dem Kläger noch vollschichtig möglichen leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (vgl. auch BSG, Urt. v. 11.5.1999, - B 13 RJ 71/97 R -). Für die vom Kläger (zuletzt) unsubstantiiert behauptete, teils auf die Wetterverhältnisse bezogene, Notwendigkeit eines ungewöhnlich häufigen Haltungswechsels ist ebenfalls nichts ersichtlich. Eine Leistungseinschränkung dieser Art haben die Gutachter nicht gefunden; hierfür ist auch nichts dokumentiert. Auch die eigenen Angaben des Klägers stehen dem letztendlich entgegen. So hat er geschildert, er gehe einkaufen, absolviere mitunter auch längere Spaziergänge, wobei das Gehen auf der Ebene gut funktioniere und das Herabgehen Kniebeschwerden verursache. Er hat (bei PD Dr. Dr. R.) über regelmäßiges "Nordic-Walking" berichtet und (bei Dr. St.) ohne weitere Einschränkungen anzugeben, vorgebracht, er benötige eine Arbeit im Wechsel von Stehen und Sitzen. Eine Pförtnertätigkeit hat der Kläger selbst für möglich erachtet; dass ihm die Arbeitsverwaltung – auf seine Nachfrage – einen Arbeitsplatz dieser Art nicht vermitteln konnte, ist rentenrechtlich ohne Belang. Einen ihm von seinem Arbeitgeber angebotenen Arbeitsplatz mit einer Tätigkeit im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen hat der Kläger nicht unter Hinweis auf gesundheitliche Einschränkungen, sondern weil er "die Abteilung gekannt" habe, abgelehnt. In der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vom 22.11.2005 hat er schließlich – ohne weitere Einschränkungen geltend zu machen – eingeräumt, er könne schon "stundenweise etwas machen". Insgesamt steht zur Überzeugung des Senats damit ein gesundheitliches Leistungsvermögen fest, das eine Rentengewährung (wegen voller Erwerbsminderung) ausschließt. Weitere Ermittlungen drängen sich dem Senat angesichts der vorliegenden Arztunterlagen und Gutachten nicht auf.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger, dem Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bewilligt ist, begehrt (noch) Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der 1957 geborene Kläger (GdB 60, Merkzeichen G, Verwaltungsakte S. 15) hat den Beruf des Mechanikers erlernt und arbeitete als solcher bis 1989. Im Anschluss daran war er als Maschineneinsteller versicherungspflichtig beschäftigt.
Am 25.2.2003 beantragte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog Arztunterlagen bei und veranlasste eine Begutachtung auf internistischem, nervenärztlichem und orthopädischem Fachgebiet. Der Internist und Sozialmediziner Dr. M. hielt im zusammenfassenden Gutachten vom 6.5.2003 folgende Diagnosen fest: fortgeschrittener, rechtsbetonter Kniegelenksverschleiß beidseits, Sarkoidose, in Rückbildung begriffen mit leichter Einschränkung der Atemleistung, Schulterverschleiß rechtsbetont beidseits, geringer Verschleiß der Lendenwirbelsäule, Anpassungsstörung, Schuppenflechte und leichtgradiger nutritiv-toxischer Leberschaden. Er gelangte zu der abschließenden Einschätzung, dass der Kläger als Maschineneinsteller nur noch unter drei Stunden täglich arbeiten, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts im Wechselrhythmus, überwiegend im Sitzen (unter qualitativen Einschränkungen: ohne Zeitdruck, ohne Überkopfarbeit, zu ebener Erde, ohne inhalative Belastungen, ohne hautreizende Stufe) aber sechs Stunden täglich und mehr verrichten könne. Die Neurologin, Psychiaterin und Sozialmedizinerin St. hatte in ihrem Zusatzgutachten vom 25.4.2003 eine Anpassungsstörung als Reaktion auf Arbeitsplatzprobleme und Zukunftssorgen ohne Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit beschrieben und leichte Tätigkeiten (sowie die Arbeit als Maschineneinsteller) sechs Stunden täglich und mehr für möglich erachtet. Der Orthopäde Gr. hatte in seinem Zusatzgutachten vom 27.4.2003 eine Gonarthrose beidseits, rechts mehr als links, Spondylarthrose L5, Impingementsyndrom beider Schultergelenke, rechts mehr als links bei Zustand nach Resektionsarthroplastik rechts am 1.4.2003 diagnostiziert und leichte bis grenzwertig mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen (unter qualitativen Einschränkungen) für vollschichtig zumutbar gehalten, während rein stehende Tätigkeiten unterbleiben sollten; eine vornehmlich sitzende Tätigkeit erscheine günstig.
Mit Bescheid vom 25.8.2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 1.12.2002 (monatlich 597,84 EUR netto ab 1.10.2003, Verwaltungsakte S. 173). Die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung wurde abgelehnt. Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2003 zurück.
Am 12.12.2003 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Reutlingen. Er trug vor, die Leistungsbeurteilung der Beklagten sei fehlerhaft. Wegen orthopädischer Beschwerden, insbesondere wegen Kniegelenksverschleißes leide er unter erheblichen Schmerzen. Die Implantation eines künstlichen Kniegelenkes sei empfohlen worden. Insgesamt sei er voll erwerbsgemindert.
Das Sozialgericht zog Arztunterlagen bei, befragte behandelnde Ärzte und erhob - teils von Amts wegen, teils auf Antrag des Klägers gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - weitere Gutachten. Die Beklagte legte beratungsärztliche Stellungnahmen vor.
Im Bericht der Klinik St. Georg, Höchenschwand, vom 20.7.2005 (SG-Akte I S. 129) ist ausgeführt, beim Kläger liege eine zur Zeit röntgenmorphologisch stabile Sarkoidose IIIa vor. Funktionell bestehe ebenfalls relative Befundstabilität. Eine Reduzierung der Kortisontherapie sei empfohlen worden.
Der Orthopäde Dr. Sp. teilte Diagnosen mit und vertrat die Auffassung, der Kläger sei voll erwerbsgemindert (Bericht vom 21.7.2004, SG-Akte I S. 24). Der Neurologe Dr. Sch., der den Kläger am 19.2., 7.3. und 7.4.2003 untersucht hatte, gab an, aufgrund des komplexen Krankheitsbildes mit wohl schwerer Gonarthrose und der Unfähigkeit zu einer längerfristig stehenden Tätigkeit sowie diagnostizierter Sarkoidose und der wegen fehlender Möglichkeit zur innerbetrieblichen Umschulung aufgetretenen depressiven Symptomatik bestünden Bedenken, ob der Kläger leichte Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne, zumal eine solche Tätigkeit schwer zu finden sein dürfte (Bericht vom 19.8.2004, SG-Akte I S. 57). Der Allgemeinarzt Dr. Schu. nahm an, aufgrund der erheblich eingeschränkten Belastbarkeit von Seiten des Bewegungsapparates seien leichte Tätigkeiten allenfalls bis zu drei Stunden täglich möglich; darüber hinausgehende Belastungen seien nicht mehr zumutbar (Bericht vom 21.12.2004, SG-Akte I S. 68). Der Hautarzt Dr. E. gab an, beim Kläger liege eine mittelschwere Form der Psoriasis vulgaris vor. Durch die ambulante UV-Lichttherapie sei eine wesentliche Besserung des Hautzustandes erreicht worden; bereits vor Beendigung der Therapie habe sich der Hautbefund um 80 bis 90 Prozent gebessert. Gegen eine leichte Tätigkeit von sechs Stunden täglich bestünden, ungeachtet der Fortführung der Schuppenflechtebehandlung, keine Bedenken (Bericht vom 7.10.2005, SG-I Akte S. 131).
Nachdem die Beklagte im Hinblick auf beratungsärztliche Stellungnahmen vom 27.12.2004 und 8.2.2005 (SG-Akte I S. 76, 79) an der bisherigen Leistungseinschätzung festgehalten hatte, erhob das Sozialgericht von Amts wegen das Gutachten des Orthopäden PD Dr. Dr. St. vom 22.6.2005 (SG-Akte I S. 106). Dieser diagnostizierte ein Verschleißleiden der Lendenwirbelsäule (Spondylosis deformans, Spondylarthrose und Osteochondrose) mit unterschiedlicher Ausprägung in den einzelnen Abschnitten der Lendenwirbelsäule; linkskonvexe Skoliose der Lendenwirbelsäule in mäßiger Ausprägung; Arthrosis deformans der Kreuz-Darmbeinfuge; Gonarthrose beidseits sowie beginnende Arthrosis deformans der Schultergelenke beidseits und des Schultereckgelenks rechts. Im Vordergrund der Klagen stünden Beschwerden im Bereich der Kniegelenke. Schwere und mittelschwere Arbeiten sowie vorwiegend oder ausschließlich sitzende und stehende bzw. vorwiegend oder ausschließlich kniende oder gehende Tätigkeiten seien nicht mehr möglich. Im Beruf des Maschineneinstellers könne der Kläger nicht mehr eingesetzt werden. Erwerbsunfähigkeit sei jedoch nicht anzunehmen. Leichte Arbeiten bei wechselnder Körperhaltung, ohne größere Wegstrecken, ohne Witterungseinflüsse, ohne häufiges Bücken, ohne Akkord- und Fließbandarbeit, ohne Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über fünf Kilogramm Gewicht ohne Hilfsmittel seien sechs Stunden täglich möglich. Öffentliche Verkehrsmittel könnten ohne Einschränkung benutzt werden.
In der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vom 22.11.2005 (Sitzungsniederschrift SG-Akte I S. 139) wurde eine der Beklagten (anonym) zugesandte Mappe mit Bildern, auf denen der Kläger beim Verrichten von Arbeiten zu sehen ist, erörtert (schriftsätzliche Erläuterungen des Klägers hierzu SG-Akte I S. 145, Schriftsatz vom 13.12.2005). Der Kläger gab an, auf den Bildern seien mithelfende Personen nicht festgehalten; außerdem seien die Arbeiten nicht an einem Tag, sondern über Wochen verrichtet worden. Er könne schon "stundenweise etwas machen". Schmerzen in den Gelenken lägen vor, bei feuchter Witterung sei es schlimmer. Behandlungen neueren Datums bei einem Neurologen oder Psychiater bzw. bei einem Rheumatologen fänden nicht statt.
Im auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG erhobenen Gutachten des Internisten und Rheumatologen PD Dr. R. vom 1.3.2006 (SG-I Akte S. 167) ist zur Anamnese (u.a.) ausgeführt, die rechtsbetonten Kniegelenksbeschwerden seien eher zunehmend, vorwiegend beim Anlaufen und in Ruhe nach St.erer Belastung vorhanden. Die Schmerzen in der Lendenwirbelsäule seien seit regelmäßiger Durchführung von "Nordic-Walking" geringer ausgeprägt. Der Gutachter fand keinen sicheren Hinweis auf eine entzündliche rheumatische Systemerkrankung, insbesondere auf eine Arthritis psoriatica, beginnende Fingerpolyarthrose, Femuropatellar- und Gonarthrose beidseits, rechtsbetont, rezidivierendes Lumbalsyndrom bei bekannten degenerativen Veränderungen, Spreiz- und Senkfuß, Psoriasis vulgaris, Sarkoidose IIIa ED 1999, derzeit stationär und einen Zustand nach Schulter-OP rechts 4/03. Aufgrund der erhobenen Befunde werde der Einschätzung des PD Dr. Dr. St. zugestimmt. Als Maschineneinsteller könne der Kläger nicht mehr arbeiten, leichte, vorwiegend im Sitzen auszuführende Tätigkeiten seien aber sechs Stunden täglich zumutbar. In den nächsten Jahren sei mit einer Zunahme der Verschleißveränderungen an den Kniegelenken zu rechnen; die Prognose der Sarkoidose sei eher gut.
Das Sozialgericht erhob außerdem auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG das Gutachten des Neurologen Dr. Sch. vom 29.11.2006 (SG-Akte I S. 186). Dieser führte aus, er habe den Kläger, wie im Bericht vom 19.8.2004 mitgeteilt, zunächst insgesamt dreimal untersucht; mittlerweile habe ihn der Kläger am 19.12.2005, 11.1., 8.2. und 4.4.2006 konsultiert. Der Kläger habe immer wieder eine gedrückte Stimmung, vermehrte Reizbarkeit bzw. Aggressivität und Schlafstörungen angegeben. Der Gutachter diagnostizierte - auf neurologischem Fachgebiet - eine Anpassungsstörung sowie ein reaktiv depressives Syndrom. In organisch-neurologischer Hinsicht fänden sich keine Auffälligkeiten. Aufgrund der Chronifizierung des psychiatrischen Krankheitsbildes einer Anpassungsstörung mit reaktiv depressivem Syndrom sei der Kläger nicht mehr in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten drei Stunden täglich oder mehr zu verrichten. Da er, der Gutachter, allerdings nur Facharzt für Neurologie und nicht für Psychiatrie sei und sich seine Einschätzung von der Auffassung der Dr. St. unterscheide, wäre gegebenenfalls ein neutrales fachpsychiatrisches Gutachten sinnvoll.
Die Beklagte legte die beratungsärztliche Stellungnahme des Internisten und Sozialmediziners Dr. B. vom 21.12.2006 (SG-Akte I S. 196) vor. Dieser führte (u. a.) aus, es überrasche, dass zu Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet ein neurologisches Gutachten veranlasst worden sei. Dr. Sch. habe auch klargestellt, dass er nur Facharzt für Neurologie und nicht für Psychiatrie sei. Er habe deshalb etwaige Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem Fachgebiet fachfremd beurteilt. Demzufolge finde sich in seinem Gutachten auch nur ein ausgesprochen spärlicher psychischer Untersuchungsbefund; so heiße es nur lapidar, die Stimmung des Klägers sei gedrückt. Die Anamnese sie auf drei Zeilen festgehalten. Damit fehle eine nachvollziehbare Begründung für die Leistungseinschätzung des Gutachters. Schließlich erfolge bislang offensichtlich keinerlei psychiatrische Behandlung.
Der Kläger trug vor, wegen einer Leukämieerkrankung seines Sohnes habe er eine bei dem Dipl.-Psych. Gl. begonnene Gesprächstherapie unterbrochen (Attest des Dipl.-Psych- Gl. vom 22.1.2007: nach fünf probatorischen Gesprächen seither 14 Gesprächstermine im Rahmen der bewilligten Regelpsychotherapie, zuletzt am 25.10.2006; SG-Akte II S. 209, 210).
Das Sozialgericht erhob sodann von Amts wegen das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. St. vom 5.4.2007 (SG-Akte II S. 212). Zur Anamnese ist (u. a.) ausgeführt, die in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vorgelegten Bilder habe ein Nachbar wohl aus Rache gemacht; er, der Kläger, habe einen Kachelofen und mache sein Holz selbst. Er sei mit Geräten ausgestattet, einer Kreissäge, einem Holzspalter und einem Bulldog. Er könne durchaus manches noch machen, etwa auch den Rasen selbst mähen. Er habe versucht, eine andere Arbeit zu finden; er könne allerdings nicht acht Stunden stehen wie früher im Betrieb und auch nicht mehr in Maschinen klettern, komme auch nicht mehr in die Hocke. Er bräuchte eine Arbeit mit einem Wechsel zwischen Stehen und Sitzen. Auf Frage, ob er sich eine leichte Arbeit, etwa als Pförtner, vorstellen könne, habe der Kläger geantwortet, für eine Umschulung sei er zu alt und Arbeitsstellen dieser Art würden wegrationalisiert. Grundsätzlich könnte er eine Pförtnertätigkeit machen. Das Arbeitsamt könne ihm eine solche Arbeit aber nicht vermitteln; insoweit habe er sich erkundigt. Sein Arbeitgeber habe ihm ebenfalls eine Stelle angeboten, wo er im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen hätte arbeiten können. Er habe die Abteilung aber gekannt und das Angebot deshalb abgelehnt. Derzeit halte er sich wegen der Erkrankung seines Sohnes im Elternhaus der Tübinger Kinderklinik auf. Er sei meistens bei seinem Sohn, gehe aber auch mal zu Fuß um den Block, da dies wegen der Kniegelenke nötig sei; am Vortag der Begutachtung sei er nach Hause gefahren. Er habe Freunde und Bekannte, sei ein Vereinsmensch und Mitglied im Sportverein und im Verkehrsverein. Am Freitagabend gehe er zum Stammtisch. Fußball und Tennis spiele er wegen der Gelenke nicht mehr. Stationäre nervenärztliche oder psychosomatische Behandlungen hätten nicht stattgefunden; alle sechs Wochen suche er den Neurologen Dr. Sch. auf, der ihm ein Medikament verschreibe. Den Dipl.-Psych. Gl. habe er dieses Jahr erst einmal aufgesucht; wegen der Erkrankung seines Sohnes sei er anderweit beschäftigt.
Der Gutachter legte dar, der keinesfalls antriebsgestörte Kläger habe fast ausschließlich körperliche Beschwerden vorgetragen und nicht depressiv gewirkt. Er erscheine etwas gedrückt und nachdenklich wegen der Leukämie-Erkrankung seines Sohnes. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei erhalten. Störungen des Sozialverhaltens aus psychiatrischen Gründen seien nicht feststellbar; eine Angespanntheit oder Aggressivität falle nicht auf. Ein relevantes psychisches Krankheitsgefühl sei nicht herauszuarbeiten gewesen.
Der Gutachter diagnostizierte auf seinem Fachgebiet eine leichte, ins Depressive gehende Herabgestimmtheit unterhalb des Schweregrades einer Dysthymia. Es stelle sich allerdings die Frage, ob man dies überhaupt noch mit einer psychiatrischen Diagnosebezeichnung versehen könne. Eine in irgendeiner Form leistungsrelevante psychische Erkrankung bestehe sicher nicht. Eine stationäre oder relevante medikamentöse Behandlung sei auch nicht notwendig geworden. Der Neurologe Dr. Sch. verschreibe dem Kläger ein mild beruhigend wirkendes Medikament, das man (von pflanzlichen Substanzen abgesehen) als das schwächste psychopharmakologische Beruhigungsmittel einstufen könne; dieses nehme der Kläger außerdem in sehr niedriger Dosierung ein. Eine quantitative Leistungsminderung liege zweifelsfrei nicht vor. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten (unter qualitativen Einschränkungen) sechs Stunden täglich verrichten.
Dr. Sch. sei Facharzt für Neurologie und nicht für Psychiatrie. Entsprechend der für ihn deshalb fachfremden Beurteilung psychiatrischer Krankheitsbilder umfasse der psychische Befund in seinem Gutachten 10 Worte. Auch die Befund- und Anamneseerhebung im Übrigen sei so knapp, das eine Diagnose (Anpassungsstörung mit reaktiv depressivem Syndrom) aus dem Gutachten nicht begründet werden könne. Die Diagnose sei "frei in den Raum gestellt". Die weiteren Ausführungen des Dr. Sch. hierzu seien zudem fachlich falsch; so könnten Anpassungsstörungen definitionsgemäß gar nicht chronifizieren. Unter einer Anpassungsstörung leidende Menschen seien meist nur wenige Tage arbeitsunfähig und ansonsten parallel zu ihrem Störungsbild unter fortlaufender Behandlung weiter berufstätig. Eine regelmäßige Tätigkeit trage sogar meist zur weiteren Stabilisierung bei. Die von Dr. Sch. angenommene quantitative Leistungseinschränkung sei sozialmedizinisch nicht nachvollziehbar.
Nachdem die Beklagte die beratungsärztliche Stellungnahme des Dr. B. vom 10.5.2007 (SG-Akte II S. 238: Zustimmung zum Gutachten des Dr. St.) vorgelegt hatte, erhob das Sozialgericht auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG noch das Gutachten des Internisten, Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. Gr. vom 5.9.2007 (SG-Akte II S. 247). Dieser führte aus, eine psychologische Behandlung finde nach Angaben des Klägers nicht statt. Die Leukämie-Erkrankung des Sohnes sei eine große Belastung gewesen; eine durchgeführte Stammzellenbehandlung habe allerdings angeschlagen, Gewissheit gebe es aber noch nicht. Der Gutachter erhob den Tagesablauf des Klägers (Aufstehen um 8:00 Uhr, Kaffee kochen, Zeitung lesen und gemütliches Frühstück, sodann Einkaufen gehen, manchmal auch Arztbesuch, Vorbereitung des Mittagessens, eine halbe Stunde auf dem Sofa liegen, jetzt in der Pilzsaison Pilze suchen, nachmittags ab und zu Holz machen oder Rasen mähen, spazieren gehen, wenn es das Wetter zulasse, dabei auch zweistündiger Spaziergang, mit zwischenzeitlicher Unterbrechung durch Sitzen auf einer Bank, mitunter auch aber schon nach einer 3/4 Stunde wieder zu Hause, Abendessen, Fernsehen oder Aufenthalt auf der Terrasse). Das Gehen auf der Ebene funktioniere gut, während insbesondere das Hinabgehen Kniebeschwerden verursache. Größere Autofahrten seien aus finanziellen Gründen nicht möglich. Am Sonntag gehe der Kläger mit der Ehefrau zum Sportplatz.
Der Gutachter diagnostizierte eine Gonarthrose beidseits mit mittelgradigen Funktionseinschränkungen, Arthrosis deformans der Kreuz-Darmbeinfuge ohne wesentliche Funktionsbehinderungen, Arthrosis deformans des Schultergelenks rechts, insbesondere Schultereckgelenk rechts, Psoriasis vulgaris leicht bis mäßiggradig ausgeprägt, Gicht, medikamentös und diätetisch behandelbar, arterielle Hypertonie, medikamentös einstellbar, bekannte Sarkoidose Grad III, medikamentös behandelbar, derzeit keine wesentliche Beeinträchtigung, sowie ein mäßiggradig ausgeprägtes depressives Syndrom, am ehesten psychoreaktiv. Eine schwergradige Depression könne nicht bescheinigt werden. Die Tagesstrukturierung sei erhalten, Gartenarbeit und Arbeiten im Hausbereich seien möglich. Der Kläger könne auch ein bis zwei Stunden dauernde Spaziergänge absolvieren und Bastelarbeiten tätigen. In Übereinstimmung mit der Leistungseinschätzung des Dr. St. werde der Kläger für fähig erachtet, leichte Tätigkeiten sechs Stunden täglich unter qualitativen Einschränkungen (keine schwere oder schwere bis mittelschwere Arbeit mit Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten über zehn Kilogramm, keine Nacht- oder Wechselschicht, keine Akkord- und Fließbandarbeit bzw. Arbeit mit besonderer Verantwortung und besonderem Einstellungs- oder Umstellungsvermögen und vermehrter geistiger Beanspruchung, keine Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten oder an gefährdenden Maschinen) zu verrichten. Eine quantitative Erwerbsminderung könne nicht gerechtfertigt werden; immerhin sei der Kläger in der Lage, Alltags- und Freizeitbelangen voll und ganz nachkommen zu können. Deshalb müsse er in der Lage sein, mindestens sechs Stunden täglich leichte Arbeiten zu verrichten, überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit des gelegentlichen Umhergehens und Stehens. Möglich wären beispielsweise einfache Kontroll- oder Sortierarbeiten oder das Bedienen einfacher Maschinen. Was das Gutachten des Dr. Sch. angehe, müsste dieser auf Grund seiner Facharztqualifikation in der Lage sein, das Ausmaß einer Anpassungsstörung oder auch den Schweregrad einer Depression zu beurteilen; seiner Leistungseinschätzung könne aber nicht zugestimmt werden.
Mit Gerichtsbescheid vom 15.10.2007 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, Rente wegen voller Erwerbsminderung stehe dem Kläger gem. § 43 Abs. 2 und 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) nicht zu, da er leichte Tätigkeiten unter qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Das gehe (insbesondere) aus den Gutachten des PD Dr. Dr. St., Dr. St., PD Dr. R. und Dr. Gr. sowie den von der Beklagten vorgelegten beratungsärztlichen Stellungnahmen schlüssig hervor. Abweichende Auffassungen behandelnder Ärzte und das Gutachten des Dr. Sch. könnten nicht überzeugen. Dass dessen Leistungseinschätzung nicht gefolgt werden könne, habe Dr. B. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 21.12.2006 zutreffend dargelegt.
Auf den ihm am 19.10.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 19.11.2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, bei ihm liege ein weitgefächertes Krankheitsbild vor. Er sei nur unter ganz erheblichen Einschränkungen leistungsfähig. Wie aus den vorliegenden Gutachten hervorgehe, seien schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten, vorwiegend oder ausschließlich sitzende oder stehende Arbeiten, Arbeiten mit Witterungseinflüssen, das Heben, Tragen oder Bewegen von Gegenständen über fünf Kilogramm, Überkopfarbeiten und Akkord-/Fließbandarbeiten sowie Arbeiten mit besonderer geistiger Beanspruchung oder Verantwortung und erhöhtem Zeitdruck oder besonderem Einstellungs- bzw. Umstellungsvermögen, in Nacht- und Wechselschicht und auf Leitern und Gerüsten oder an gefährdenden Maschinen nicht möglich. Angesichts der Summierung dieser Leistungseinschränkungen liege eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, die die Gewährung vor Erwerbsminderungsrente rechtfertige. Das Sozialgericht habe nicht festgestellt, in welchem Umfang und in welcher Häufigkeit ein Wechsel der Körperhaltung notwendig sei; wegen ungewöhnlich häufigem Haltungswechsel könne er, mittlerweile fünfzig Jahre alt, jedenfalls nicht mehr vollschichtig arbeiten.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 15.10.2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 25.8.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.11.2003 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
In der Erörterungsverhandlung vor dem Berichterstatter des Senats vom 9.7.2008 hat der Kläger ergänzend angegeben, es komme auf die Schmerzen an und hänge auch vom Wetter ab, wie lange er am Stück sitzen könne; bei feuchtem und regnerischem Wetter seien die Schmerzen St.er als bei schönem und warmem Wetter. Was seinen Tagesablauf angehe, stehe er morgens gegen 7:30 bzw. 8:00 Uhr auf, frühstücke und lese Zeitung und gehe mitunter einkaufen oder kümmere sich um das Mittagessen. Nachmittags gehe er spazieren, je nachdem; das komme allerdings auf die Jahreszeit an. In der Pilzsaison gehe er auch Pilze sammeln. Wie häufig er (aus sitzender Haltung) aufstehen müsse, hänge ebenfalls insbesondere vom Wetter ab. Wenn er, was vorkommen könne, beim Gehen den Fuß verdrehe, bekomme er Wasser im Knie und brauche dann ein bis zwei Wochen Ruhe; ggf. werde punktiert.
Die Beteiligten haben sich mit einer Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Er hat darauf keinen Anspruch.
Das Sozialgericht hat in seinem Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften (§ 43 SGB VI) das Rentenbegehren des Klägers zu beurteilen ist, und weshalb ihm danach Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht zusteht. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Beteiligten bzw. die Angaben des Klägers in der Erörterungsverhandlung vom 9.7.2008 anzumerken:
Aus den Verwaltungsgutachten und den vom Sozialgericht (teils von Amts wegen, teils gem. § 109 SGG auf Antrag des Klägers) erhobenen Gutachten des PD Dr. Dr. St., PD Dr. R. und Dr. Gr. geht schlüssig und überzeugend hervor, dass der Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten kann. Die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung ist daher ausgeschlossen, zumal volle Erwerbsminderung nur dann vorliegt, wenn das (quantitative) Leistungsvermögen auf unter drei Stunden täglich abgesunken ist (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI); davon kann keine Rede sein. Dass das gemäß § 109 SGG erhobene Gutachten des Dr. Sch. ebenso wenig überzeugen kann wie die dem Rentenbegehren des Klägers günstigen Leistungseinschätzungen behandelnder Ärzte, hat das Sozialgericht ebenfalls zutreffend dargelegt. Das Gutachten des Dr. Sch. enthält in der Sache eine sozialmedizinisch nachvollziehbare Leistungseinschätzung im Hinblick auf etwaige Erkrankungen des Klägers auf psychiatrischem Fachgebiet nicht. Das haben Dr. B. in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 21.12.2006 und Dr. St. im Gutachten vom 5.4.2007 schlüssig dargelegt; deshalb mag dahinstehen, inwieweit Dr. Sch. als Facharzt (allein) für Neurologie (nicht für Psychiatrie) zu einer fachlich hinreichend fundierten Begutachtung auf psychiatrischem Fachgebiet in der Lage ist.
Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liegt ebenso wenig vor wie eine schwere spezifische Leistungsbehinderung (dazu und zu den damit verbundenen rechtlichen Folgen einer Pflicht zur Benennung von Verweisungstätigkeiten KassKomm-Niesel, SGB VI § 43 Rdnr. 47 und § 240 Rdnr. 115, 116 m.N.). Die in den erhobenen Gutachten festgelegten qualitativen Leistungseinschränkungen kennzeichnen (abgesehen etwa vom Ausschluss bestimmter Witterungseinsflüsse) vielmehr nur die dem Kläger noch vollschichtig möglichen leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts (vgl. auch BSG, Urt. v. 11.5.1999, - B 13 RJ 71/97 R -). Für die vom Kläger (zuletzt) unsubstantiiert behauptete, teils auf die Wetterverhältnisse bezogene, Notwendigkeit eines ungewöhnlich häufigen Haltungswechsels ist ebenfalls nichts ersichtlich. Eine Leistungseinschränkung dieser Art haben die Gutachter nicht gefunden; hierfür ist auch nichts dokumentiert. Auch die eigenen Angaben des Klägers stehen dem letztendlich entgegen. So hat er geschildert, er gehe einkaufen, absolviere mitunter auch längere Spaziergänge, wobei das Gehen auf der Ebene gut funktioniere und das Herabgehen Kniebeschwerden verursache. Er hat (bei PD Dr. Dr. R.) über regelmäßiges "Nordic-Walking" berichtet und (bei Dr. St.) ohne weitere Einschränkungen anzugeben, vorgebracht, er benötige eine Arbeit im Wechsel von Stehen und Sitzen. Eine Pförtnertätigkeit hat der Kläger selbst für möglich erachtet; dass ihm die Arbeitsverwaltung – auf seine Nachfrage – einen Arbeitsplatz dieser Art nicht vermitteln konnte, ist rentenrechtlich ohne Belang. Einen ihm von seinem Arbeitgeber angebotenen Arbeitsplatz mit einer Tätigkeit im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen hat der Kläger nicht unter Hinweis auf gesundheitliche Einschränkungen, sondern weil er "die Abteilung gekannt" habe, abgelehnt. In der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts vom 22.11.2005 hat er schließlich – ohne weitere Einschränkungen geltend zu machen – eingeräumt, er könne schon "stundenweise etwas machen". Insgesamt steht zur Überzeugung des Senats damit ein gesundheitliches Leistungsvermögen fest, das eine Rentengewährung (wegen voller Erwerbsminderung) ausschließt. Weitere Ermittlungen drängen sich dem Senat angesichts der vorliegenden Arztunterlagen und Gutachten nicht auf.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung des Klägers erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved