L 3 U 83/98

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 8 U 1069/95
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 83/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. September 1998 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung der Atemwegserkrankung des Klägers als Berufskrankheit.

Der am 27. September 1957 geborene Kläger war seit 1. August 1990 bis zum Eintritt der dauernden Arbeitsunfähigkeit am 13. Oktober 1993 bei der Firma D D GmbH und KG in Berlin als Maschinenführer beschäftigt. Zuvor war er bei der Firma D Da in Berlin ab 11. April 1988 anfangs als Produktionshelfer und ab 1. August 1988 als Maschinenführer tätig gewesen. Im Dezember 1993 zeigte der behandelnde Lungenfacharzt Prof. Dr. H bei der Beklagten den „hochgradigen“ Verdacht auf ein berufsbedingtes Asthma bronchiale des Klägers an. Dieser sei Zigarettenraucher. Eine „spezifische“ bronchiale Provokation m it den Arbeitsstoffen Gummituchreiniger, Plattenreiniger und Walzenwaschmittel sei positiv verlaufen. Seit Juni 1993 klage der Kläger über Atemnot nach der Arbeit.

Die Beklagte zog zunächst ärztliche Berichte und Atteste der behandelnden Internisten Dr. L, der die Lungenfunktion des Klägers (November 1993) als altersentsprechend unauffällig beschrieb, und Dr. O, der Arbeitsunfähigkeitszeiten des Klägers wegen grippaler Infekte und Bronchitiden vom 21. November bis 5. Dezember 1989, 14. Februar bis 21. Februar 1990, 5. Februar bis 19. Februar 1991, 29. April bis 10. Mai 1991, 25. Mai bis 5. Juni 1992 und 24. Juni bis 2. Juli 1993 (Tracheobronchitis) mitteilte und die Atemwegserkrankungen als „Komplikationen bei grippalen Infekten“ qualifizierte, sowie ein Vorerkrankungsverzeichnis der AOK B bei, das neben den genannten Zeiten weitere Arbeitsunfähigkeitszeiten des Klägers vom 31. März 1989 bis 14. April 1989 (fieberhafter grippaler Infekt) und 2. August 1993 bis 4. September 1993 (Asthmaanfall) ausweist.

Der letzte Arbeitgeber des Klägers reichte auf Anforderung der Beklagten die Sicherheitsdatenblätter der von dem Kläger verwendeten Arbeitsstoffe (Offsetdruckfarben, hacogum, UNIL Transway 150, UNIL EP SAE 90, Novan CGLP 68, Astron HLP 68, Endlosfarben, modifiziertes Weichharz, Natur- und Kunstharze, Firnis, Ambassador-SR Super, Wischwasserzusatz ZW 700, Roto-Wash 60, Aluvator, Anti-Trockner 1220, BP Isopropanol) ein, die die Beklagte zu einer Stellungnahme ihres Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) veranlassten. Dieser führte nach einer Arbeitsplatzbesichtigung vom 9. Juni 1994 u.a. aus, der Kläger habe als Maschinenführer Tabellierpapiermaschinen einrichten, deren Produktion verfolgen und technisch überwachen und die Maschinen reinigen müssen. Die Hälfte seiner Tätigkeit habe das Verpacken der fertigen Computerrollen ausgemacht. Das Auffüllen des Farbwerks sei manuell mittels eines Spachtels nur selten erforderlich gewesen, da nur zu 25 % bereits bedrucktes Papier verarbeitet worden sei. Die meisten Reinigungsarbeiten und das Auffüllen der Farben sei vorwiegend von den Maschinenhelfern ausgeführt worden. Papierstaub sei nur in geringem Umfang angefallen, da an den Maschinen Absaugvorrichtungen vorhanden gewesen seien. Es habe kein Kontakt des Klägers zu den aufgeführten Mineralölen (UNIL Transway 150, UNIL EP SAE 90, Novan CGLP 68, Astron HLP 68, Ambassador-SR Super) bestanden, da der Ölwechsel nicht zu den Aufgaben des Klägers gehört habe. Auch habe kein direkter Hautkontakt zum Wischwasserzusatz ZW 700 und nur in geringem Umfang zu Aluvator und Anti-Trock-ner 1220 bestanden. Die Substanz Roto-Wash 60 sei erst seit 1993 eingesetzt worden. Isopropylalkohol sei bis 1993 verwendet worden. Der Kläger habe es abgelehnt, Schutzhandschuhe, Gehörschutz, Schutzschuhe und Berufskleidung zu tragen und habe nie über Atemnot geklagt. Er sei auch nie beim Betriebsarzt gewesen. Der TAD fertigte auch eine Fotodokumentation des Arbeitsplatzes.

Die staatliche Gewerbeärztin Dr. Z-B veranlasste ein lungenfachärztliches Gutachten des Prof. Dr. G. K /Privatdozent Dr. C. B vom Universitätsklinikum R V vom 25. Januar 1995 (Untersuchungstage 28. und 30. September 1994).

Anamnestisch wurde dort ein Zigarettenkonsum des Klägers von 10 bis 20 Stück täglich von 1980 bis 1993 angegeben. Die Gutachter stellten bei dem Kläger eine mäßige Sensibilisierung auf Gräser und Schimmelpilze und eine beginnende Sensibilisierung auf Latex sowie eine mäßige obstruktive Ventilationsstörung mit massiver bronchialer Hyperreaktivität nach unspezifischer Provokation - überwiegend auf dem Boden einer anlagebedingten Gräserpollen- und Schimmelpilzsensibilisierung - fest. Daneben bestehe eine berufsspezifische beginnende Latexsensibilisierung - hervorgerufen durch den Gummiwalzenrollenstaub -, die als Teilursache der Respirationsbeschwerden anzusehen sei. Insgesamt sei nach dem TAD-Bericht nicht von einer wesentlichen richtunggebenden Verschlimmerung aufgrund einer unspezifischen irritativen Arbeitsplatzkomponente auszugehen. Die arbeitsplatzbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 10 v.H. bei einer Gesamt-MdE von 20 v.H.

Der Landesgewerbearzt Dr. S schloss sich dieser Beurteilung in seiner Stellungnahme vom 15. März 1995 an und verneinte das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 4301 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO).

Die Beklagte holte hierauf eine Stellungnahme nach Aktenlage von dem Dipl.-Chemiker und Arbeitsmediziner Dr. M vom 31. Mai 1995 ein, der die Atemwegserkrankung des Klägers sowie die Ursache der bronchialen Hyperreaktivität auf die seit 1989 zahlreich dokumentierten Atemwegsinfekte zurückführte und eine außerberufliche Sensibilisierung bei beträchtlich erhöhtem IgE-Wert und bei Rauchgewohnheiten feststellte, jedoch eine chemisch-irritative Einwirkung laut Arbeitsplatzbeschreibung weitgehend ausschloss.

Mit Bescheid vom 12. Juli 1995 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Atemwegserkrankung des Klägers als Berufskrankheit nach den Nrn. 4301 bzw. 4302 der Anlage zur BKVO und die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab, da sich nach den eingeholten Gutachten und der Arbeits- und Krankheitsvorgeschichte ein Zusammenhang zwischen der Atemwegserkrankung und der beruflichen Tätigkeit weder im Sinne der Verursachung noch der wesentlichen Verschlimmerung habe wahrscheinlich machen lassen. Die Einwirkung der Arbeitsstoffe sei nach Art und Menge nicht geeignet gewesen, die Erkrankung zu verursachen bzw. richtunggebend zu verschlimmern, so dass schon die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht gegeben seien. Es handle sich vielmehr um ein anlagebedingtes Leiden (unspezifische bronchiale Hyperreaktivität, verursacht durch eine anlagebedingte Gräser-, Pollen- und Schimmelpilzsensibilisierung und seit 1989 rezidivierende Atemwegsinfekte), so dass die medizinischen Voraussetzungen ebenfalls nicht erfüllt seien. Auch habe kein Zwang zur Aufgabe der beruflichen Tätigkeit bestanden.

Im anschließenden Widerspruchsverfahren rügte der Kläger die nach seiner Einschätzung unzutreffende Arbeitsplatzanalyse des TAD. Es sei ein erheblicher Papierstaub angefallen, der durch die in ihrer Funktion beeinträchtigten Absauganlagen auf den Maschinen häufig bis zu 2 mm betragen habe. Er habe die Platten der Maschinen im 40-Minuten-Takt mit jeweils 20 ml Plattenreiniger gereinigt. Auch habe er die Ölreste entsorgen müssen und beim Maschinenumbau sehr häufig mit Ölen Kontakt gehabt. Er habe mit der Substanz Roto-Wash 60 gearbeitet und Isopropylalkohol bei sämtlichen Nass-Offset-Arbeiten verwendet. Im Übrigen habe er regelmäßig Reinigungsarbeiten an den Maschinen durchgeführt. Zur Stützung dieses Vortrags legte er den Reinigungs- und Wartungsplan der Firma D vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. November 1995 wies die Beklagte den Widerspruch unter Bestätigung ihrer Rechtsauffassung als unbegründet zurück.

Mit seiner am 1. Dezember 1995 bei dem Sozialgericht Berlin eingereichten Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Ergänzend hat er vorgetragen, noch im Jahre 1993 nicht allergisch auf Gräser, Pollen und Schimmelpilze reagiert zu haben (Testbogen Dr. W vom 22. Dezember 1993). Auch ein jahrelanger Nikotinabusus habe ebensowenig vorgelegen wie rezidivierende Atemwegsinfekte. Die eingeholten Gutachten könnten nicht überzeugen, da sie nicht - worauf Prof. H zu Recht verweise - aufgrund der Durchführung einer spezifischen bronchialen Provokation mit Arbeitsstoffen erstellt worden seien. Der Kläger hat ergänzend - zu den vom Arbeitgeber benannten - weitere Arbeitsstoffe angegeben (Feucht-wasserzusatz violett 3100 dH, Color-Stabil, rust-Oleum, Smash, Schwego-Quick und ein namentlich nicht benanntes weißes Waschmittel), denen er täglich ausgesetzt gewesen sei.

Das Gericht hat im Wege der Amtsermittlung das internistische Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Berlin vom 19. Januar 1994 (Dr. Ha) beigezogen, in dem anamnestisch auf einen Zigarettenkonsum des Klägers von „zur Zeit“ 7 - 8 Stück täglich, „bis vor ein paar Monaten“ 20 Stück täglich hingewiesen wurde. Die Beklagte hat eine weitere Stellungnahme nach Aktenlage des Dipl.-Chemikers und Arbeitsmediziners Dr. M vom 26. Mai 1996 vorgelegt, in der dieser auf die dokumentierten wiederkehrenden Infektbronchitiden des Klägers seit 1989 hinweist, die zu einer Hyperreagibilität des Atemwegsystems geführt hätten. Ein Asthmatiker reagiere auf alle Luftverunreinigungen, auch berufsbedingte, mit Beschwerden. Die von Prof. Dr. H durchgeführte bronchiale Testung mit Lösemitteln stelle eine unspezifische Provokation dar, deren positiver Ausfall nichts über die primäre Kausalität aussage. Auch die Erstmanifestation der Erkrankung im Juni 1993 und das Fortbestehen nach der Tätigkeitsaufgabe des Klägers im Oktober 1993 sprächen gegen einen beruflichen Zusammenhang. Der anlässlich der Begutachtung im Verwaltungsverfahren durchgeführte RAST-Test auf Latex sei „grenzwertig“ und demnach „nicht beweisend“.

Das Sozialgericht hat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Beweis erhoben durch Einholung eines lungenfachärztlichen Gutachtens der Sachverständigen Prof. Dr. R. L /Dr. S von der Lungenklinik H vom 17. Juni 1997. Die Gutachter haben u.a. ausgeführt, der Kläger habe bei der Untersuchung angegeben, seit „Ende 1993“ abends an Luftnot gelitten zu haben. Am Arbeitsplatz habe er diese Beschwerden nicht verspürt. Von 1980 bis 1993 habe der Kläger täglich eine Packung Zigaretten geraucht, manchmal auch mehr. Es liege bei dem Kläger in Ruhe lungenfunktionell eine mäßiggradige Obstruktion vor, die nach Spasmolyse weitgehend reversibel sei. Daher werde von einer erneuten Testung der bronchialen Hyperreaktivität abgesehen. Die Sachverständigen haben eine chronisch obstruktive Bronchitis mit bronchialer Hyperreaktivität „überwiegend“ infolge des Nikotinkonsums des Klägers diagnostiziert, bei gleichzeitiger anlagebedingter Atopieneigung mit klinisch nicht manifester Pollen- und Schimmelpilzsensibilisierung. Eine manifeste Latexsensibilisierung des Klägers erscheine „sehr unwahrscheinlich“. Nicht genau geklärt sei ein möglicher Einfluss unspezifisch irritativer Substanzen am Arbeitsplatz, die vielleicht zu einer richtungsweisenden Verschlimmerung der Erkrankung geführt haben könnten - z.B. Kontakt zu Latex, Schimmelpilzen in Lüftungsbefeuchtungsanlagen, Isopropanol und Lycopodium -. Sollte der TAD bei den von den Sachverständigen für erforderlich gehaltenen Ermittlungen bei seiner Beurteilung hinsichtlich der unspezifischen Irritantien bleiben und einen beruflichen Kontakt mit den genannten Allergenen ausschließen, sei die Erkrankung des Klägers als nicht berufsbedingt anzusehen. Die Gesamt-MdE betrage 20 bis 30 %, bei Bejahung eines berufsbedingten Anteils von höchstens 50 % belaufe sich die berufsbedingte MdE auf höchstens 15 Prozent.

Der Kläger hat hierauf den täglichen Arbeitsablauf unter Benennung von Zeugen erneut geschildert und ergänzend vorgetragen, er habe bei Verpackungsarbeiten lediglich ausnahmsweise geholfen. Eine Papierstaubsauganlage habe nicht existiert. Er habe auch am Arbeitsplatz Husten und Luftnot verspürt.

Der TAD der Beklagten hat in einer vom Gericht veranlassten ergänzenden Stellungnahme vom 2. Oktober 1997 aufgrund einer erneuten Arbeitsplatzanalyse vom 8. September 1997 im Beisein des Klägers und seines Bevollmächtigten berichtet, die Verpackungstätigkeiten seien von den Helfern des Klägers durchgeführt worden. Durchschnittlich 10 % der Tätigkeit hätten das Einrichten der Maschine, 70 % die Produktionsüberwachung und 20 % Reinigungsarbeiten umfasst. Der Kläger habe Kontakt zu den Stoffen Testbenzin 135/180, Schnellreiniger 220 212, Roto-Wash 60 (1993), Kristallöl 21 (bis ca. 1990), Isopropanol, Wischwasserzusatz ZW 700, Feuchtwasserzusatz violett 3100 dH, Offsetdruckfarben, Anti-Trockner 1220, Color-Stabil, den Plattenreinigern hacogum und Aluvator, dem Gummituchregenerierer Smash, dem Abbeizmittel Rust-Oleum (bis 1992), dem Farblöser Schwego-Quick, Ambassador-SR Super und Maschinenölen gehabt. Die Gummitücher der Walzen seien nicht aus Latex, sondern aus synthetischem Kautschuk hergestellt worden. Auch die selten verwendeten Schutzhandschuhe seien aus Polyvinylalkohol und nicht aus Latex hergestellt worden. Das Vorkommen von Lycopodium im Arbeitsbereich des Klägers sei auszuschließen. Eine Bahnentstaubungsanlage sei während der Tätigkeit des Klägers noch nicht vorhanden gewesen. Regelmäßiger täglicher Atemwegskontakt habe mit allen genannten Lösemitteln bestanden, insbesondere gegenüber den leicht flüchtigen Lösemitteln Kristallöl 21, Testbenzin 135/180 und dem Feuchtwasserzusatz Isopropanol. Die Expositionshöhe könne bei Reinigungstätigkeiten gegenüber den verwendeten Lösemitteln anhand der verwendeten Mengen und der Raum- und Lüftungsverhältnisse als „durchaus beträchtlich“ angesehen werden. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass der Drucker bei Waschungen von Hand mit leicht verdunstenden Lösemitteln im Allgemeinen mit seinen Atemwegsorganen sehr nahe an die Wasch- und damit Verdunstungsstelle komme. Trotz der sehr hohen Flüchtigkeit der verwendeten Arbeitsstoffe Schwego-Quick, Rust-Oleum und Smash sei aufgrund der geringen Verbrauchsmengen die damit verbundene Exposition „von untergeordneter Bedeutung“.

Die hierzu ergänzend gehörten Sachverständigen Prof. Dr. L/Dr. S haben in ihrer Stellungnahme vom 5. März 1998 ausgeführt, es ergebe sich zusammenfassend „am ehesten“ das Bild einer durch unspezifische Irritantien ausgelösten beruflichen Verschlechterung einer anlagebedingten Atemwegserkrankung und bronchialen Hyperreaktivität, die durch den Nikotinkonsum verstärkt worden sei. Die berufsbedingte MdE nach Ende der Arbeitsunfähigkeit belaufe sich auf 10 bis 15 %.

Die Beklagte hat eine erneute Stellungnahme nach Aktenlage von Dr. med. M vom 26. Mai 1998 vorgelegt, in der dieser seine Einschätzung bekräftigt hat. Angesichts der dokumentierten Arbeitsunfähigkeitszeiten des Klägers wegen fieberhafter, zuletzt eitriger Bronchitiden mit Asthma sei von einer chronischen Bronchitis auszugehen. Eine wesentliche Verschlimmerung dieser Erkrankung durch Lösemitteldämpfe habe sich nicht wahrscheinlich machen lassen, da diese nicht habe symptomlos verlaufen können. Im Übrigen seien die Lösemitteldämpfe nach Art und Konzentration - wie man sie in anderen Offset-Druckereien gefunden habe - nicht geeignet gewesen, die Bronchialschleimhaut zu schädigen oder wesentlich zu reizen. Die gerichtlichen Sachverständigen seien durch unzutreffende Angaben des TAD irregeführt worden. Die Substanz Testbenzin 135/180 habe einen Flammpunkt über 21 Grad Celsius und sei nicht leicht flüchtig, ebensowenig Kristallöl 21 und der Schnellreiniger 220 212. Die Exposition gegenüber diesen Stoffen könne wegen des geringen Dampfdrucks nicht beträchtlich gewesen sein. Isopropanol sei bei der Firma D seit 1993 nicht mehr verwendet worden, die vormals erreichten Konzentrationen seien nicht bekannt. Insgesamt sei die eitrige Tracheobronchitis als entscheidender und überragender Schritt zur weiteren Krankheitsentwicklung anzusehen.

Durch Urteil vom 14. September 1998 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die arbeitstechnischen Voraussetzungen sowohl der Berufskrankheit Nr. 4301 als auch der Nr. 4302 der Anlage 1 zur BKVO seien nicht erfüllt. Weder die Gummitücher der vom Kläger bedienten Maschinen noch die Handschuhe hätten Latex enthalten, berufstypische Allergene seien nicht festgestellt worden. Desgleichen seien auch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe nicht in einer ausreichenden Konzentration festzustellen gewesen, wie sich insbesondere aus den Ausführungen von Dr. M ergebe. Abgesehen von diesen fehlenden arbeitstechnischen Voraussetzungen liege auch ein wahrschein-lich zu machender medizinischer Kausalzusammenhang zwischen der beruflichen Belastung einerseits und den Beschwerden des Klägers andererseits nicht vor. So könne das Gericht insbesondere nicht der Auffassung des Sachverständigen Prof. Dr. L folgen, es ergebe sich am ehesten das Bild einer durch unspezifische Irritantien ausgelösten beruflichen Verschlimmerung einer anlagebedingten Atemwegserkrankung des Klägers, weil diese Schlussfolgerung teilweise auf unzutreffenden Einschätzungen des TAD beruhe. Der Sachverständige habe außerdem keine nachvollziehbare und umfassende Diskussion der zahlreichen außerberuflichen Kausalfaktoren und des Verlaufs der Atemwegserkrankung des Klägers vorgenommen.

Gegen dieses ihm am 16. Oktober 1998 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16. November 1998 Berufung eingelegt. Er hält insbesondere die arbeitstechnischen Feststellungen, die durch den TAD der Beklagten und Dr. M getroffen wurden, für unzutreffend. Er sei insbesondere bei Reinigungsarbeiten einer höheren Konzentration von allergisierenden bzw. chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Stoffen ausgesetzt gewesen. Insbesondere erinnere er sich an ein häufig verwendetes Mittel mit dem Namen „Papan“.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgericht Berlin vom 14. September 1998 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12. Juli 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. November 1995 zu verurteilen, seine Atemwegserkrankung als Berufskrankheit nach der Nr. 4302, hilfsweise nach der Nr. 4301 der Anlage 1 zur BKVO anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat der Senat eine erneute Stellungnahme des TAD der Beklagten eingeholt. In dieser Stellungnahme vom 23. Juni 2000 hat der Dipl.-Chemiker Dr. Z unter Bezugnahme auf den wissenschaftlichen Aufsatz zu dem Thema „Atemwegsreizende Arbeitsstoffe: Kennzeichnung und Berufskrankheiten-Geschehen“ der Autorin van Kampen u.a. (Zentralblatt Arbeitsmedizin 1998, S. 34 bis 46) ausgeführt, im Offsetdruck käme eine Reihe von Produkten zum Einsatz, die z.B. als Gummituchwaschmittel, Walzenwaschmittel, Farblöser, Lacke, Farbauffrischer, Feuchtwasserzusätze und Trockenstoffe verwendet würden. Aus zahlreichen praxisgerechten Messungen der dem Arbeitsort des Klägers vergleichbaren Betriebe ergebe sich im Allgemeinen nur eine geringe Schadstoffbelastung. In diesem Zusammenhang sei auch die Angabe zu beachten, dass Reinigungsarbeiten des Klägers etwa 20 % seiner Tätigkeit in Anspruch genommen hätten. Die zugrunde gelegten Messergebnisse stammten überwiegend aus stationären Messungen, die die durchschnittliche Belastung des Drucksaals widerspiegelten, ohne die sogenannten Spitzenbelastungen im Bereich der Atemwege - z.B. bei Reinigungsarbeiten - zu berücksichtigen. Werde die Reinigungstätigkeit des Klägers entsprechend den vorgenannten 20 % der Gesamttätigkeit herangezogen, so ergebe sich unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen Belastung des Drucksaals von 55 ppm eine durchschnittliche Exposition des Klägers gegenüber Kohlenwasserstoffgemischen in einer Größenordnung von ca. 80 ppm. Hinsichtlich der chemisch-irritativen oder toxischen Stoffe sei insbesondere der Stoff Mesitylen zu nennen, der mit einem Anteil von ca. 2 % in dem vom Kläger bis 1990 verwendeten Walzenwaschmittel Kristallöl 21 enthalten gewesen sei. Unter Zugrundelegung der vorher angenommenen Luftkonzentration von durchschnittlich 80 ppm für Kohlenwasserstoffe und einem Gehalt von ca. 2 % 1,2,4,-Trimethyl-benzol ergebe sich rein rechnerisch eine Luftkonzentration von 1,6 ppm im Schichtmittel. Hinsichtlich einer möglichen Belastung durch Papierstaub gebe es nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft keine konkreten Hinweise auf fibrogene, toxische oder allergisierende Wirkung von Papierstaub. Auch eine Einwirkung durch Latex sei auszuschließen, weil weder die Gummitücher noch die Schutzhandschuhe Latex enthalten hätten. Die darüber hinaus bestehende Exposition mit Leinöl sei nicht relevant, da es schwerflüchtig sei und keine Einstufung in die Liste der gefährlichen Stoffe und Zubereitungen nach der Gefahrstoffverordnung vorliege. Möglicherweise seien Schimmelpilze in der Raumluft enthalten gewesen, deren genaue Bestimmung sich aber nachträglich nicht mehr vornehmen lasse. Konkrete Hinweise auf eine erhöhte Konzentration an den Arbeitsplätzen des Klägers - z.B. aus der Art des Luftbefeuchtungssystems - hätten sich jedoch nicht ermitteln lassen. Das Walzenwaschmittel mit der Bezeichnung Papan, das der Kläger benannt habe, sei wahrscheinlich ein Produkt mit 35 % n-Hexan auf der Basis von Kohlenwasserstoffgemischen. Zur Exposition des Klägers von solchen Kohlenwasserstoffgemischen gelte das bereits zuvor Gesagte.

Der Kläger hat dieser Einschätzung des TAD ausdrücklich widersprochen und insbesondere gerügt, die Einschätzung der Schadstoffbelastung des Drucksaals sei ohne Berücksichtigung der Belastung im Bereich der Atemwege bei Reinigungsarbeiten erfolgt. In Wirklichkeit habe aber gerade durch diese Reinigungsmittel eine hohe Schadstoffexposition vorgelegen.

Mit Schreiben vom 24. April 2001 hat er eine von ihm selbst eingeholte Stellungnahme von Privat-Dozent Dr. med. B , Allergie- und Asthma-Poliklinik der C vom 11. Dezember 2000 vorgelegt, auf die Bezug genommen wird.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Anerkennung seiner Atemwegserkrankung als eine Berufskrankheit weder nach Nr. 4302 noch nach Nr. 4301 der Anlage 1 zur BKVO zu.

Der Anspruch des Klägers richtet sich auch nach Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997 nach den bis dahin geltenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), denn nach § 212 SGB VII gilt das neue Recht grundsätzlich erst für Versicherungsfälle, die nach dem 31. Dezember 1996 eingetreten sind. Einer der Ausnahmetatbestände nach den §§ 213 ff. SGB VII ist nicht gegeben.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung seiner Atemwegserkrankung als eine Berufskrankheit nach § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO. Danach sind Berufskrankheiten solche Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten erleidet. Durch § 551 Abs. 1 Satz 3 RVO wird die Bundesregierung ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Maße als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Dies geschieht in der BKVO, der in der Anlage 1 die Liste der entschädigungspflichtigen Berufskrankheiten angefügt ist. Mit der Aufnahme einer Krankheit in die Liste der Berufskrankheiten wird jedoch nur die Ursächlichkeit einer beruflichen Schädigung generell anerkannt und die Erkrankung als solche für entschädigungswürdig befunden (vgl. Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, E § 9 SGB VII, RdNr. 14). Die Anerkennung im konkreten Einzelfall setzt jedoch voraus, dass die schädigende Einwirkung ihre rechtlich wesentliche Ursache in der versicherten Tätigkeit haben muss (haftungsbe-gründende Kausalität) und die schädigende Einwirkung die Gesundheitsstörung verursacht haben muss (haftungsausfüllende Kausalität). Hierbei reicht sowohl bei der haftungsbegründenden wie auch bei der haftungsausfüllenden Kausalität die Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhanges aus; d.h. dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände die auf die berufliche Verursachung der Krankheit deutenden Faktoren so stark überwiegen müssen, dass darauf die Entscheidung gestützt werden kann (vgl. BSG SozR 2200 § 548 Nr. 38).

I.
Nach der BK Nr. 4302 sind durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, als Berufskrankheiten anzuerkennen. Bei dem Kläger liegt als eine Atemwegserkrankung eine chronisch obstruktive Bronchitis mit bronchialer Hyperreaktivität vor. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem eingeholten Sachverständigengutachten von Prof. Dr. L/Dr. S vom 17. Juni 1997 sowie aus dem im Wege des Urkundenbeweises zu würdigenden Gutachten des Privatdozenten Dr. med. B, Universitätsklinikum R V vom 25. Januar 1995. Diese Feststellungen wurden aufgrund eingehender lungenfunktionsanalytischer und kardiopulmonaler Untersuchungen des Klägers durch den Sachverständigen unter Berücksichtigung der Krankenvorgeschichte und der Vorbefunde getroffen, so dass der Senat keine Bedenken hat, sich dieser Krankheitsdiagnose anzuschließen. Diese Atemwegserkrankung ist jedoch weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung wesentlich ursächlich auf die beruflich bedingte durch chemisch-irritative oder toxisch wirkende Stoffe verursachte Einwirkung zurückzuführen.

Zwar war der Kläger während seiner beruflichen Tätigkeit als Maschinenführer bei der Firma D Da sowie bei der Firma D an Rollenrotationsdruckmaschinen von 1988 bis Oktober 1993 der Einwirkung einer Vielzahl von Arbeitsstoffen ausgesetzt, deren Aufnahme über die Atemwege erfolgen kann. So hatte er Kontakt zu den Maschinenölen UNIL Transway 150, UNIL EP SAE 90, Novan CGLP 68 und Astron HLP 68, bei denen es sich um äußerst schwerflüchtige Kohlenwasserstoffgemische handelt, die teilweise Zusätze wie Schwefel oder Phosphor enthalten können. Außerdem bestand ein täglicher Atemwegskontakt mit einer Vielzahl von Lösemitteln - wie z.B. die leichtflüchtigen Lösemittel Kristallöl 21, Testbenzin 135/180, Schnellreiniger 220 212, dem Waschmittel Roto-Wash 60, bei denen es sich um ein Gemisch von Kohlenwasserstoffen mit weiteren Emulgatoren und Zusätzen handelt, sowie den Feuchtwasserzusätzen Isopropanol, Wischwasserzusatz ZW 700, Feuchtwasserzusatz violett 3100 dH sowie Offsetdruckfarben. Außerdem wurde der Plattenreiniger hacogum, Aluvator, der Gummituchregenerierer Smash und das Abbeizmittel rust-Oleum sowie der Farblöser Schwego-Quick verwandt. Dies ergibt sich aus den Angaben des Klägers, des Unternehmens sowie des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten in seiner Stellungnahme vom 2. Oktober 1997. Nach Auffassung des Senats lässt sich jedoch eine rechtlich wesentliche berufliche Einwirkung dieser Stoffe nicht feststellen, da die Expositionssituation am Arbeitsplatz eine Überschreitung der Grenzwerte und damit eine krankheitserregende Einwirkung nicht wahrscheinlich macht. Der Senat stützt sich hierbei auf die Ausführungen des Diplom-Chemikers Dr. Z (TAD) in seiner Stellungnahme vom 23. Juni 2000. Danach beruhen die Feststellungen des Dr. Z auf der in Anwesenheit des Klägers erfolgten Arbeitsplatzbesichtigung vom 8. September 1997 sowie den Angaben des Klägers zum Arbeitsablauf mit den erforderlichen Korrekturen zum vorher zugrunde gelegten Sachverhalt, der Verwendung aller Arbeitsstoffe am Arbeitsplatz unter Auswertung der spezifischen Sicherheitsdatenblätter. Bei seinen Ausführungen zum Umfang und der Intensität der Einwirkungen der verschiedenen Schadstoffgruppen, denen der Kläger ausgesetzt war, hat Dr. Z zulässigerweise sowohl auf vorhandene Messergebnisse vergleichbarer Betriebe zurückgegriffen wie auch neuere wissenschaftliche Arbeiten über atemwegsreizende Arbeitsstoffe berücksichtigt.

Soweit der Kläger hiergegen einwendet, dass die Feststellungen des Technischen Aufsichtsdienstes nicht auf konkreten Messungen am Arbeitsplatz beruhten und insbesondere die Spitzenbelastungen für die Atemwege bei den Reinigungsvorgängen und der Anzahl der laufenden Maschinen unberücksichtigt ließen, ist dem entgegenzuhalten, dass die vom Kläger geforderte Messung am Arbeitsplatz nachträglich nicht mehr herbeigeführt werden kann und hinsichtlich des Ausmaßes einer inhalative Noxe durch die Reinigungsmittel berücksichtigt werden muss, dass lediglich 20 % der Arbeiten des Klägers auf Reinigungsarbeiten entfielen, so dass eine weitere Relativierung einer möglichen Schadstoffexposition sachgerecht erscheint. Im Übrigen ist, wenn im Einzelfall konkrete Messungen nicht mehr möglich sind, es üblich und sachgerecht, auf Kenntnisse und Erfahrungen sowie Messergebnisse aus vergleichbaren Arbeitsbereichen zurückzugreifen. Die von Dr. Z beschriebenen 43 Messwerte wurden in anderen Druckereien ermittelt. Eine Vergleichbarkeit ergibt sich unter Berücksichtigung der qualitativen Eigenschaften eines Stoffes und der quantitativen durchschnittlichen Einwirkungen (Verbrauchsmengen, Raumgröße, Be- und Entlüftungsverhältnisse). Zutreffend hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass der Kläger für die von den zugrunde gelegten Durchschnittswerten abweichende Belastung beweispflichtig ist. Ein entsprechender Nachweis konnte nicht geführt werden.

Auch der Hinweis des Klägers auf die fehlenden Gefahrbezeichnungen im Bericht von Dr. Z, wie sie in den Sicherheitsdatenblättern aufgeführt werden, entwertet nicht die Überzeugungskraft der Feststellung von Dr. Z zum Umfang der Schadstoffbelastungen. Die Sicherheitsdatenblätter stellen Informationen zur Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen dar, sind jedoch nicht der Maßstab zum Nachweis der individuellen Exposition am Arbeitsplatz. Auch die MAK-Werte (Maximale Arbeitsplatzkonzentration) zeigen lediglich die Konzentration eines Arbeitsstoffes als Gas, Dampf oder Schwebstoff in der Luft am Arbeitsplatz an, die nach dem gegenwärtigen Stand der Kenntnisse im Allgemeinen die Gesundheit des Beschäftigten nicht beeinträchtigt.

Unabhängig von der Frage des Vorliegens der arbeitstechnischen Voraussetzungen und damit der haftungsbegründenden Kausalität steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die bei dem Kläger vorliegende chronisch obstruktive Bronchitis mit bronchialer Hyperreagibilität weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung wesentlich ursächlich auf die inhalativen Noxen am Arbeitsplatz zurückzuführen ist. Denn sowohl die zahlreichen Infekte wie auch die Rauchgewohnheiten des Klägers haben vorgelegen und sind ihrerseits geeignet, eine Bronchitis auszulösen und zu unterhalten. Soweit der Kläger verneint, dass er an entsprechenden Bronchitiden gelitten hat, sieht der Senat dies durch die im Vorerkrankungsverzeichnis dokumentierten Zeiten der Arbeitsunfähigkeit mit Diagnosen sowie den ärztlichen Feststellungen des behandelnden Internisten O in seinem Befundbericht vom 22. März 1994 als widerlegt an. Auch hinsichtlich der Raucheranamnese ergibt sich aus den früheren zeitnahen Angaben des Klägers (Gutachten Priv.Doz. Dr. B vom 25. Januar 1995, MDK-Gutachten Dr. Ha vom 19. Januar 1994) ein entsprechender Nikotinabusus von mindestens einer Packung Zigaretten pro Tag in dem Zeitraum von 1980 bis 1993. Auch eine Verschlimmerung der chronischen Bronchitis durch Lösemitteldämpfe lässt sich nicht wahrscheinlich machen, da einschlägige beweisende Symptome wie Husten, Auswurf und Atembeklemmung am Arbeitsplatz bei dem Kläger nicht beobachtet wurden. Der Senat bezieht sich insoweit auf die überzeugenden Darlegungen von Dr. med. M in seiner Stellungnahme vom 26. Mai 1998. Auch der Sachverständige Prof. Dr. L geht beim Kläger von dem Vorliegen einer chronischen Bronchitis - die möglicherweise schon seit 1989 bestehe - aus. Auch Prof. Dr. L hat in seinem Gutachten vom 17. Juni 1997 ebenfalls ausgeführt, dass die Erkrankung des Klägers als nicht berufsbedingt anzusehen sei, falls die weiteren Ermittlungen des TAD keine wesentliche Einwirkung unspezifischer Irritantien am Arbeitsplatz oder einen beruflichen Kontakt mit den Allergenen feststellen könnten. Diese erforderlichen chemisch-irritative oder toxische Einwirkungen in einem schädigenden Ausmaß konnten jedoch nach Auffassung des Senats gemäß der Stellungnahme des Technischen Aufsichtsdienstes vom 23. Juni 2000 unter weiterer Berücksichtigung der Ausführungen von Dr. med. M vom 26. Mai 1998 nicht festgestellt werden, so dass sich auch nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. L /Dr. S keine berufsbedingte Erkrankung des Klägers durch chemisch-irritative oder toxische Einwirkung wahrscheinlich machen lässt.

Ein Anspruch auf Anerkennung der Atemwegserkrankung als eine Berufskrankheit nach Nr. 4302 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung besteht nicht.

II.
Die chronische Bronchitis mit bronchialer Hyperreaktivität stellt auch keine Berufskrankheit nach Nr. 4301 der Anlage 1 zur BKVO dar. Hiernach ist eine durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankung (einschließlich Rhinopathie), die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hat, die für das Entstehen, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können, eine Berufskrankheit. Anhaltspunkte dafür, dass die beruflich bedingte Einwirkung von allergisierenden Stoffen ursächlich für die bei dem Kläger vorliegende Atemwegserkrankung sind, bestehen nicht. Als maßgebende Stoffe kämen im vorliegenden Fall nur der Kontakt zu Latex, Lycopodium und zu Gräserpollen und Schimmelpilzen in Betracht. Soweit Prof. Dr. L im Allergietest des V -K eine Sensibilisierung des Klägers gegenüber Gräserpollen und Schimmelpilzen festgestellt hat, ist diese eindeutig als anlagebedingt zu charakterisieren. Eine beruflich bedingte Schimmelpilzallergisierung konnte aufgrund der am Arbeitsplatz gegebenen Bedingungen - Art der Luftbefeuchtungsanlage - nicht gesichert werden. Eine Lycopodiumexposition hat in keinem Falle angesichts der Bedingungen am Arbeitsplatz vorgelegen.

Soweit hier eine fraglich positive Reaktion auf „Latex“ erfolgt ist, fehlt es schon an dem beruflichen Kontakt mit diesem Stoff, so dass er als Noxe ausscheidet, da weder die Gummiwalzen noch die Arbeitshandschuhe Latex enthielten.

Nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft gibt es auch keine konkreten Hinweise auf fibrogene, toxische oder allergisierende Wirkungen von Papierstaub. Ebenso hat Leinöl nach dem derzeitigen Kenntnisstand keine giftigen, gesundheitsschädlichen, ätzenden, reizenden oder sensibilisierenden Eigenschaften.

Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 4301 der Anlage 1 zur BKVO sind nicht ersichtlich.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht gegeben sind.
Rechtskraft
Aus
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