Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 15 U 892/98
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 99/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juni 1999 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin eine Verletztenrente wegen der Folgen einer Berufskrankheit ihres verstorbenen Ehemannes zu gewähren hat.
Die Klägerin ist die Witwe des am 17. August 1932 geborenen und am 4. Februar 1998 verstorbenen Th. R. , im Folgenden Versicherter genannt. In den Jahren 1947 bis 1950 absolvierte der Versicherte eine Tischlerlehre und war anschließend in der Tischlerei seines Vaters bis zum Jahr 1956 beschäftigt. In den Jahren 1957 bis 1966 betrieb er dieses Unternehmen selbständig, von Juni 1966 bis August 1992 war er in einer Tischlerei des Landes Berlin in einer Jugendstrafanstalt angestellt. Auf Grund einer Satzungsänderung der damals zuständigen Norddeutschen Holz-Berufsgenossenschaft zum 1. Januar 1958 verlor er die Eigenschaft als Pflichtversicherter. Von der Möglichkeit zur freiwilligen Versicherung machte er keinen Gebrauch.
Im April 1997 zeigte das Krankenhaus Z. den Verdacht einer Berufskrankheit an. Die Beklagte leitete daraufhin ein Verwaltungsverfahren ein. Hierin gab der Versicherte an, bis Mai 1966 bei der Norddeutschen Holz- Berufsgenossenschaft als Selbständiger versichert gewesen zu sein. Unterlagen über die Zeit von 1957 bis 1966 besitze er nicht. Die Beklagte holte sodann weitere Auskünfte bei behandelnden Ärzten, dem Arbeitgeber und der Eigenunfallversicherung Berlin ein. In der Stellungnahme des Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) vom 21. Juli 1997 stellte dieser fest, dass sich unter Zugrundelegung einer Tätigkeit als Tischler in den Jahren 1950 bis 1966 für die kumulative Asbest-Dosis ein Wert von 27 sogenannten Faserjahren ergebe. Am 31. Juli 1997 fertigte im Auftrage der Beklagten der Facharzt für Arbeitsmedizin Prof. Dr. Bi. eine gutachtliche Stellungnahme. Darin empfahl er die Anerkennung einer Berufskrankheit der Nr. 4104 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV), wobei davon auszugehen sei, dass die Erkrankung am 1. März 1997 begonnen habe. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei auf 100 Prozent einzuschätzen. Am 15. August 1997 stimmte die Gewerbeärztin Dr. Sch. des Landesinstituts für Arbeitsmedizin -Landesgewerbearzt- dieser Einschätzung zu. In einer weiteren Stellungnahme vom 16. Dezember 1997 gelangte der TAD zu der Einschätzung, für die Zeit von Januar 1950 bis Dezember 1957 ergebe sich eine kumulative Asbest-Dosis von etwa 13 Faserjahren.
Mit Bescheid vom 20. Januar 1998 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit der Nr. 4104 der Anlage 1 zur BKV mit der Begründung ab, Voraussetzung für die Anerkennung einer Berufskrankheit seien 25 Faserjahre. Für den Zeitraum bis 1957 habe eine Asbestfaserdosis von etwa 13 Faserjahren ermittelt werden können, die Tätigkeit von 1958 bis 1966 sei nicht zu berücksichtigen, weil er hier nicht versichert gewesen sei. Für die Zeit von 1966 bis 1992 habe keine Exposition mit Asbest vorgelegen.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren teilte der TAD am 18. März 1998 mit, für die Lehrzeit des Versicherten ergebe sich eine zusätzliche Asbestbelastung von etwa 4 Faserjahren; insgesamt führe dies zu 17 Faserjahren. Am 28. Mai 1998 stellte im Auftrage der Beklagten der Facharzt für Lungenheilkunde Prof. Dr. Lo. bei dem Versicherten ein lokal fortgeschrittenes kleinzelliges Bronchialkarzinom fest. Die kumulative Asbest-Dosis von 13 Faserjahren würde zwar für die Anerkennung als Berufskrankheit nicht ausreichen, durch die versicherte Tätigkeit sei die Krankheit aber wesentlich mitverursacht worden. Es bestehe weder eine Asbeststaublunge noch eine asbeststaubbedingte Erkrankung der Pleura. Nach dem Tode des Versicherten führte die Klägerin dessen Widerspruchsverfahren fort. Mit Widerspruchsbescheid vom 5. November 1998 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Mit ihrer am 24. November 1998 bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Ziel weiter verfolgt, eine Verletztenrente nach dem Versicherten zu erhalten. Durch Urteil vom 29. Juni 1999 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Eine Asbeststaublunge oder eine asbeststaubbedingte Erkrankung der Pleura im Sinne der ersten bzw. im Sinne der zweiten Alternative der Nr. 4104 der Anlage 1 zur BKV liege nicht vor. Auch die Voraussetzungen der dritten Alternative der Nr. 4104 seien nicht erfüllt, da für den Zeitraum von 1947 bis 1957 lediglich insgesamt 17 Faserjahre festzustellen seien. Für die Zeit von 1947 bis 1950 ergäben sich 4 Faserjahre, für die Zeit anschließend bis 1957 weitere 13 Faserjahre, zusammen also 17 Faserjahre. Eine weitere Exposition sei jedoch nicht zu berücksichtigen. Die Zeit von 1958 bis 1966 bleibe außer Betracht, weil in dieser Zeit der Versicherte nicht der gesetzlichen Unfallversicherung angehört habe bzw. bei dieser versichert gewesen sei. Auch die Entschädigung wie eine Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sei nicht möglich, weil keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse vorlägen.
Gegen dieses ihr am 17. September 1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12. Oktober 1999 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin eingelegt. Sie meint, rechtlich müsse von einer Belastung von 31 statt von 17 Faserjahren ausgegangen werden, weil eine Aufteilung in einen versicherten und einen nichtversicherten Expositionszeitraum nicht zulässig sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juni 1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Januar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr als Rechtsnachfolgerin des Versicherten Th. R. wegen der von diesem erlittenen Folgen einer Berufskrankheit der Nr. 4104 der Anlage 1 zur BKV Verletztenvollrente für die Zeit vom 1. März 1997 bis 28. Februar 1998 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und bezieht sich dabei u.a. auch auf das Mitteilungsblatt der Süddeutschen Holz-Berufsgenossenschaft Dezember 1957, KS. 1, aus der sich die Satzungsänderung dieser Berufsgenossenschaft zum 1. Januar 1958 ergibt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsakten der Beklagten, welche im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Anspruch der Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Versicherten auf Gewährung von Verletztenrente nach dem Versicherten. Zwar bezieht sich das angefochtene Urteil des Sozialgerichts auf die Gewährung von Hinterbliebenenrente, doch handelte es sich dabei lediglich um eine Falschbezeichnung, weil die Hinterbliebenenrente weder in den angefochtenen Bescheiden noch im Gerichtsverfahren Gegenstand des Streites war. Ebenfalls nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Frage einer Entschädigung der Erkrankung des Versicherten wie eine Berufskrankheit gemäß § 551 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung -RVO- bzw. gemäß § 9 Abs. 2 SGB VII. Die angefochtenen Bescheide behandeln diese Frage nicht. Soweit das angefochtene erstinstanzliche Urteil hierauf eingeht, hätte eine Sachentscheidung nicht ergehen dürfen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17. Oktober 2000 hat die Klägerin nach richterlichem Hinweis die Berufung insoweit teilweise zurückgenommen gemäß § 156 SGG.
Die frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 143 SGG), jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Ihr steht auch als Rechtsnachfolgerin des Versicherten im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Erstes Sozialgesetzbuch - SGB I - kein Anspruch auf Verletztenrente nach dem Versicherten zu, weil dieser zu Lebzeiten keinen Anspruch dieser Art gegen die Beklagte besaß.
Gemäß §§ 212, 214 Abs. 3 SGB VII sind auf den vorliegenden Rechtsstreit nicht die Vorschriften der RVO, sondern diejenigen des SGB VII anzuwenden, denn die hier geltend gemachte Verletztenrente wäre, sofern der Anspruch bestünde, erst nach In-Kraft-Treten des SGB VII am 1. Januar 1997 erstmals festzusetzen gewesen. Eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wird gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII an Versicherte gewährt, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist. Versicherungsfälle sind gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Berufskrankheiten sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Zur Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist somit erforderlich, dass eine Krankheit vorliegt, die in der zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles geltenden BKV aufgeführt ist.
Durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Berufskrankheitenverordnung vom 18. Dezember 1992 - Zweite Änd-VO - (Bundesgesetzblatt I S. 2343) ist unter der Nr. 4104 in die Anlage I zur BKV als Berufskrankheit aufgenommen worden:
Lungenkrebs bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Astbestfaserstaub-Dosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren (25 x 106 [(Fasern/m3) x Jahre])“.
Der Tatbestand dieser Berufskrankheit Nr. 4104 ist demnach erfüllt, wenn die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen sowie eine Lungenkrebserkrankung vorliegen und wenn zwischen der beruflichen Belastung und der Lungenkrebserkrankung ein Kausalzusammenhang besteht. Während die Lungenkrebserkrankung ebenso wie die arbeitstechnischen Voraussetzungen voll bewiesen sein müssen, d. h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen (vgl. BSGE 61, 127, 128; 45, 285, 287), genügt es zur Anerkennung eines Leidens als Berufskrankheit, wenn der ursächliche Zusammenhang zwischen der Erkrankung und den arbeitstechnischen Voraussetzungen hinreichend wahrscheinlich ist; die bloße Möglichkeit reicht jedoch nicht (vgl. BSG in SozR 2200 § 581 Nr. 26). Ein Zusammenhang ist wahrscheinlich, wenn bei der Abwägung der für den Zusammenhang sprechenden Erwägungen mit den dagegen sprechenden Erwägungen Erstere so stark überwiegen, dass darauf die Überzeugung der entscheidenden Stelle gegründet werden kann (vgl. BSGE 61, 127, 128; 58, 76, 78). Lassen sich unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze die anspruchsbegründenden Tatsachen nicht nachweisen, so geht dies nach dem auch im Sozialrecht geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Versicherten, wenn er aus diesen Voraussetzungen eine für ihn günstige Rechtsfolge herleiten will (BSG in SozR 3-2200 § 548 Nrn. 11 und 14; BSGE 58, 76, 79; 43, 110, 111; 41, 297, 300 und 6, 70, 72).
Diese Voraussetzungen sind im Falle des Versicherten nicht erfüllt. Zwar steht zur Überzeugung des Senats fest und wird auch von der Beklagten nicht bestritten, dass der Versicherte jedenfalls ab dem Jahre 1997 an einer Lungenkrebserkrankung litt. Ebenso steht nach sämtlichen im gesamten Verfahren eingeholten ärztlichen Feststellungen, von deren Richtigkeit auch der Senat überzeugt ist, fest, dass die im Berufsleben erfolgte Belastung des Versicherten mit Asbestfaserstaub mit Wahrscheinlichkeit für das Lungenkrebsleiden ursächlich ist, welches zu einer MdE von 100 Prozent geführt hat. Insbesondere auf Grund der Feststellungen des Facharztes für Lungenheilkunde Prof. Dr. Lo. in dessen für die Beklagte erstatteten Sachverständigengutachten vom 28. Mai 1998 ist der Senat auch davon überzeugt, dass die vom Versicherten im versicherten Zeitraum von 1947 bis 1957 zurückgelegten rechnerischen 17 Faserjahre mit Wahrscheinlichkeit die wesentliche Ursache für das Lungenkrebsleiden des Klägers gewesen sind.
Jedoch ist der Anspruch deswegen zu verneinen, weil die arbeitstechnischen Voraussetzungen der vorgenannten Berufskrankheit nicht erfüllt sind. Diese setzen eine kumulative Asbestfaserstaubdosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren voraus. Zwar hat der Versicherte nach den Feststellungen der Beklagten, die auf den Erhebungen des TAD beruhen und auch vom Senat nicht in Zweifel gezogen werden, an seinem Arbeitsplatz insgesamt rechnerisch sogar mehr als 25 Faserjahre, nämlich in der Zeit von 1947 bis 1966 rechnerisch 31 Faserjahre, zurück gelegt. Diese stellen aber keine 25 Faserjahre im Sinne der Nr. 4104 der Anlage 1 zur BKV dar, weil diese Vorschrift 25 versicherte Faserjahre voraussetzt, die der Versicherte nicht erreichte. Denn versichert war nur seine Tätigkeit in den Jahren 1947 bis 1957, und für diesen Zeitraum sind rechnerisch nur 17 und nicht 25 Faserjahre in Ansatz zu bringen. Das Erfordernis von 25 versicherten Faserjahren ergibt sich daraus, dass die Formulierung „am Arbeitsplatz“ im Wortlaut der Nr. 4104 der Anlage 1 zur BKVO im Sinne von „am versicherten Arbeitsplatz“ auszulegen ist. Auch wenn diese Auslegung durch den Wortlaut der Vorschrift nicht zwingend geboten ist, so ergibt sie sich aus Sinn und Zweck und systematischem Zusammenhang. So setzt § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII für alle Berufskrankheiten voraus, dass sie der Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erlitten hat. Diese Voraussetzungen erfüllte der Versicherte nicht, denn er war für die Zeit ab dem 1. Januar 1958 weder kraft Gesetzes gemäß § 2 SGB VII noch - nach erfolgter Satzungsänderung - kraft Satzung gemäß § 3 SGB VII versichert und hatte auch nicht von der Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung gemäß § 6 SGB VII Gebrauch gemacht. Dieser Sachverhalt steht zur Überzeugung des Senats fest und ist im Übrigen auch von den Beteiligten nicht bestritten worden. Allerdings hat die Beklagte im Berufungsverfahren lediglich die Satzungsänderung der Süddeutschen-Metall-Berufsgenossenschaft, die für den Versicherten nicht zuständig war, vorgelegt. Sie hat jedoch gleichzeitig darauf hingewiesen, dass eine gleichartige Satzungsänderung auch bei der für den Versicherten damals zuständigen Norddeutschen Holz-Berufsgenossenschaft erfolgt war. Darüber hinaus verfügen weder die Beklagte noch die Klägerin über Unterlagen, die eine Versicherung des Versicherten kraft Satzung oder eine freiwillige Versicherung des Versicherten für die Zeit ab dem 1. Januar 1958 begründen könnten. Auch der Bruder des Versicherten hat im Termin zur mündlichen Verhandlung bekundet, er wisse nicht, ob dieser freiwillig versichert gewesen sei.
Zur Überzeugung des Senats muss die Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII auch so verstanden werden, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen insgesamt zwingend einer versicherten Tätigkeit zugeordnet werden müssen. Denn hierin kommt das gerade im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung maßgebliche Versicherungsprinzip zum Ausdruck, welches besagt, dass nur solche Risiken versichert und entschädigt werden sollen, die bei Tätigkeiten entstanden sind, auf die sich Versicherungsschutz erstreckte. Nichts anderes ergibt sich auch aus den Gesetzgebungsmaterialien zur Zweiten Verordnung zur Änderung der Berufskrankheitenverordnung (Bundesratsdrucksache 773/92 vom 5. November 1992, S. 12 bis 14). Zwar enthalten diese Gesetzgebungsmaterialien keinen ausdrücklichen Hinweis darauf, dass der Verordnungsgeber den Begriff des Arbeitsplatzes als versicherten Arbeitsplatz verstanden wissen wollte. Aus den Materialien insgesamt ergibt sich jedoch zwingend der Schluss, dass der Verordnungsgeber dies als selbstverständlich vorausgesetzt hat. Hierfür sprechen insbesondere die auf Seite 13 der vorgenannten Materialien genannten Beispiele aus der Asbestzementindustrie, Asbesttextilindustrie und Asbestisolierbranche. Denn hierbei handelt es sich um typische industrielle Tätigkeiten, welche nahezu ausschließlich oder gar vollständig von Versicherten ausgeübt werden. An keiner Stelle der vorgenannten Materialien lässt der Verordnungsgeber erkennen, dass er bereit war, in Abweichung von hergebrachten Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung auch solche Risiken zu versichern, denen sich die Betroffenen an nicht versicherten Arbeitsplätzen ausgesetzt haben.
Zu keiner anderen Entscheidung führen schließlich auch die Grundsätze einer sogenannten „gemischten Tätigkeit“ (hierzu zuletzt BSG vom 22. August 2000, B 2 U 18/99). Hierbei lässt der Senat ausdrücklich offen, ob diese für das Recht des Arbeitsunfalls entwickelten Grundsätze überhaupt auf Berufskrankheiten übertragbar sind. Denn jedenfalls können sie nicht im vorliegenden Fall Anwendung finden. Ist hiernach eine Tätigkeit sowohl versicherten als auch unversicherten Zwecken zu dienen bestimmt und ist sie nicht eindeutig in einen versicherten und einen unversicherten Teil zu zerlegen, so ist entscheidend, ob die Tätigkeit im Einzelfall dem versicherten Zweck, wenn auch nicht überwiegend, so doch wesentlich dient (BSG SozR 3-2700 § 8 Nr. 1; SozR 2200 § 548 Nrn. 19, 90; SozR 2200 § 548 Nr. 93; SozR 3-2200 § 548 Nr. 27). Nur bei Erfüllung aller dieser Voraussetzungen besteht Versicherungsschutz. Hieran fehlt es jedoch im vorliegenden Fall. Zwar sind die von dem Versicherten zurückgelegten Faserjahre nicht identisch mit Kalenderjahren, so dass sich keine unmittelbare Zuordnung zu dem versicherten bzw. zum unversicherten Arbeitszeitraum ergibt. Auf Grund der durch den TAD der Beklagten festgestellten jeweiligen durchschnittlichen Dosis bei den vom Versicherten verrichteten Tätigkeiten lässt sich jedoch zumindest rechnerisch und mittelbar eine Zuordnung zu den einzelnen Zeiträumen vornehmen. Dies hat zur Folge, dass für den versicherten Zeitraum von 1947 bis 1957 eine rechnerische Dosis von 17 Faserjahren und für die Zeit von 1958 bis Mitte 1966 eine rechnerische Dosis von 14 Faserjahren in Ansatz gebracht werden kann. Bei diesen Faserjahren handelt es sich im strengen Sinne nicht um einen Zeitraum, der als solcher als versichert bzw. als nichtversichert angesehen werden kann, sondern lediglich um eine in Abhängigkeit zur Zeit gesetzte formelmäßige Dosisbeschreibung. Ausschlaggebend ist jedoch, dass diese Dosis in klarer Trennung verschiedenen versicherten bzw. unversicherten Arbeits- und Belastungszeiträumen zugeordnet werden kann. Dies hat zur Folge, dass die vom Kläger erlittene Gesamtdosis von rechnerisch 31 Faserjahren in Höhe von 17 Faserjahren auf einen versicherten Zeitraum und in Höhe von 14 Faserjahren auf einen unversicherten Zeitraum bezogen werden kann, was gleichzeitig dazu führt, im vorliegenden Fall eine versicherte Faserdosis von einer unversicherten Faserdosis zu unterscheiden. Dies verbietet zugleich eine entsprechende Anwendung der Grundsätze der gemischten Tätigkeit, weil hinsichtlich der Dosisbelastung sehr wohl von unterschiedlichen Zeiträumen auszugehen ist und gerade keine gemischte Tätigkeit vorliegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war zuzulassen, weil die Rechtssache gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG grundsätzliche Bedeutung besitzt. Die Frage der Zuordnung einer versicherten und einer nichtversicherten Dosis ist nicht nur in Fällen der Berufskrankheit der Nr. 4104 der Anlage 1 zur BKV ausschlaggebend, sondern sie kann darüber hinaus auch Bedeutung für alle weiteren neuen Berufskrankheiten erlangen, die durch die Zweite Änd-VO in die Anlage 1 zur BKV aufgenommen worden sind und denen auf Belastungen während einer bestimmten Dauer abgestellt wird (z.B. Nrn. 2108 bis 2110 der Anlage 1 zur BKV).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin eine Verletztenrente wegen der Folgen einer Berufskrankheit ihres verstorbenen Ehemannes zu gewähren hat.
Die Klägerin ist die Witwe des am 17. August 1932 geborenen und am 4. Februar 1998 verstorbenen Th. R. , im Folgenden Versicherter genannt. In den Jahren 1947 bis 1950 absolvierte der Versicherte eine Tischlerlehre und war anschließend in der Tischlerei seines Vaters bis zum Jahr 1956 beschäftigt. In den Jahren 1957 bis 1966 betrieb er dieses Unternehmen selbständig, von Juni 1966 bis August 1992 war er in einer Tischlerei des Landes Berlin in einer Jugendstrafanstalt angestellt. Auf Grund einer Satzungsänderung der damals zuständigen Norddeutschen Holz-Berufsgenossenschaft zum 1. Januar 1958 verlor er die Eigenschaft als Pflichtversicherter. Von der Möglichkeit zur freiwilligen Versicherung machte er keinen Gebrauch.
Im April 1997 zeigte das Krankenhaus Z. den Verdacht einer Berufskrankheit an. Die Beklagte leitete daraufhin ein Verwaltungsverfahren ein. Hierin gab der Versicherte an, bis Mai 1966 bei der Norddeutschen Holz- Berufsgenossenschaft als Selbständiger versichert gewesen zu sein. Unterlagen über die Zeit von 1957 bis 1966 besitze er nicht. Die Beklagte holte sodann weitere Auskünfte bei behandelnden Ärzten, dem Arbeitgeber und der Eigenunfallversicherung Berlin ein. In der Stellungnahme des Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) vom 21. Juli 1997 stellte dieser fest, dass sich unter Zugrundelegung einer Tätigkeit als Tischler in den Jahren 1950 bis 1966 für die kumulative Asbest-Dosis ein Wert von 27 sogenannten Faserjahren ergebe. Am 31. Juli 1997 fertigte im Auftrage der Beklagten der Facharzt für Arbeitsmedizin Prof. Dr. Bi. eine gutachtliche Stellungnahme. Darin empfahl er die Anerkennung einer Berufskrankheit der Nr. 4104 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV), wobei davon auszugehen sei, dass die Erkrankung am 1. März 1997 begonnen habe. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei auf 100 Prozent einzuschätzen. Am 15. August 1997 stimmte die Gewerbeärztin Dr. Sch. des Landesinstituts für Arbeitsmedizin -Landesgewerbearzt- dieser Einschätzung zu. In einer weiteren Stellungnahme vom 16. Dezember 1997 gelangte der TAD zu der Einschätzung, für die Zeit von Januar 1950 bis Dezember 1957 ergebe sich eine kumulative Asbest-Dosis von etwa 13 Faserjahren.
Mit Bescheid vom 20. Januar 1998 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit der Nr. 4104 der Anlage 1 zur BKV mit der Begründung ab, Voraussetzung für die Anerkennung einer Berufskrankheit seien 25 Faserjahre. Für den Zeitraum bis 1957 habe eine Asbestfaserdosis von etwa 13 Faserjahren ermittelt werden können, die Tätigkeit von 1958 bis 1966 sei nicht zu berücksichtigen, weil er hier nicht versichert gewesen sei. Für die Zeit von 1966 bis 1992 habe keine Exposition mit Asbest vorgelegen.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren teilte der TAD am 18. März 1998 mit, für die Lehrzeit des Versicherten ergebe sich eine zusätzliche Asbestbelastung von etwa 4 Faserjahren; insgesamt führe dies zu 17 Faserjahren. Am 28. Mai 1998 stellte im Auftrage der Beklagten der Facharzt für Lungenheilkunde Prof. Dr. Lo. bei dem Versicherten ein lokal fortgeschrittenes kleinzelliges Bronchialkarzinom fest. Die kumulative Asbest-Dosis von 13 Faserjahren würde zwar für die Anerkennung als Berufskrankheit nicht ausreichen, durch die versicherte Tätigkeit sei die Krankheit aber wesentlich mitverursacht worden. Es bestehe weder eine Asbeststaublunge noch eine asbeststaubbedingte Erkrankung der Pleura. Nach dem Tode des Versicherten führte die Klägerin dessen Widerspruchsverfahren fort. Mit Widerspruchsbescheid vom 5. November 1998 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Mit ihrer am 24. November 1998 bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Ziel weiter verfolgt, eine Verletztenrente nach dem Versicherten zu erhalten. Durch Urteil vom 29. Juni 1999 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Eine Asbeststaublunge oder eine asbeststaubbedingte Erkrankung der Pleura im Sinne der ersten bzw. im Sinne der zweiten Alternative der Nr. 4104 der Anlage 1 zur BKV liege nicht vor. Auch die Voraussetzungen der dritten Alternative der Nr. 4104 seien nicht erfüllt, da für den Zeitraum von 1947 bis 1957 lediglich insgesamt 17 Faserjahre festzustellen seien. Für die Zeit von 1947 bis 1950 ergäben sich 4 Faserjahre, für die Zeit anschließend bis 1957 weitere 13 Faserjahre, zusammen also 17 Faserjahre. Eine weitere Exposition sei jedoch nicht zu berücksichtigen. Die Zeit von 1958 bis 1966 bleibe außer Betracht, weil in dieser Zeit der Versicherte nicht der gesetzlichen Unfallversicherung angehört habe bzw. bei dieser versichert gewesen sei. Auch die Entschädigung wie eine Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sei nicht möglich, weil keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse vorlägen.
Gegen dieses ihr am 17. September 1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12. Oktober 1999 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin eingelegt. Sie meint, rechtlich müsse von einer Belastung von 31 statt von 17 Faserjahren ausgegangen werden, weil eine Aufteilung in einen versicherten und einen nichtversicherten Expositionszeitraum nicht zulässig sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. Juni 1999 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Januar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. November 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr als Rechtsnachfolgerin des Versicherten Th. R. wegen der von diesem erlittenen Folgen einer Berufskrankheit der Nr. 4104 der Anlage 1 zur BKV Verletztenvollrente für die Zeit vom 1. März 1997 bis 28. Februar 1998 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und bezieht sich dabei u.a. auch auf das Mitteilungsblatt der Süddeutschen Holz-Berufsgenossenschaft Dezember 1957, KS. 1, aus der sich die Satzungsänderung dieser Berufsgenossenschaft zum 1. Januar 1958 ergibt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsakten der Beklagten, welche im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Anspruch der Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Versicherten auf Gewährung von Verletztenrente nach dem Versicherten. Zwar bezieht sich das angefochtene Urteil des Sozialgerichts auf die Gewährung von Hinterbliebenenrente, doch handelte es sich dabei lediglich um eine Falschbezeichnung, weil die Hinterbliebenenrente weder in den angefochtenen Bescheiden noch im Gerichtsverfahren Gegenstand des Streites war. Ebenfalls nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Frage einer Entschädigung der Erkrankung des Versicherten wie eine Berufskrankheit gemäß § 551 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung -RVO- bzw. gemäß § 9 Abs. 2 SGB VII. Die angefochtenen Bescheide behandeln diese Frage nicht. Soweit das angefochtene erstinstanzliche Urteil hierauf eingeht, hätte eine Sachentscheidung nicht ergehen dürfen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17. Oktober 2000 hat die Klägerin nach richterlichem Hinweis die Berufung insoweit teilweise zurückgenommen gemäß § 156 SGG.
Die frist- und formgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 143 SGG), jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Ihr steht auch als Rechtsnachfolgerin des Versicherten im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Erstes Sozialgesetzbuch - SGB I - kein Anspruch auf Verletztenrente nach dem Versicherten zu, weil dieser zu Lebzeiten keinen Anspruch dieser Art gegen die Beklagte besaß.
Gemäß §§ 212, 214 Abs. 3 SGB VII sind auf den vorliegenden Rechtsstreit nicht die Vorschriften der RVO, sondern diejenigen des SGB VII anzuwenden, denn die hier geltend gemachte Verletztenrente wäre, sofern der Anspruch bestünde, erst nach In-Kraft-Treten des SGB VII am 1. Januar 1997 erstmals festzusetzen gewesen. Eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wird gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII an Versicherte gewährt, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist. Versicherungsfälle sind gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Berufskrankheiten sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Zur Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist somit erforderlich, dass eine Krankheit vorliegt, die in der zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles geltenden BKV aufgeführt ist.
Durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Berufskrankheitenverordnung vom 18. Dezember 1992 - Zweite Änd-VO - (Bundesgesetzblatt I S. 2343) ist unter der Nr. 4104 in die Anlage I zur BKV als Berufskrankheit aufgenommen worden:
Lungenkrebs bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Astbestfaserstaub-Dosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren (25 x 106 [(Fasern/m3) x Jahre])“.
Der Tatbestand dieser Berufskrankheit Nr. 4104 ist demnach erfüllt, wenn die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen sowie eine Lungenkrebserkrankung vorliegen und wenn zwischen der beruflichen Belastung und der Lungenkrebserkrankung ein Kausalzusammenhang besteht. Während die Lungenkrebserkrankung ebenso wie die arbeitstechnischen Voraussetzungen voll bewiesen sein müssen, d. h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen (vgl. BSGE 61, 127, 128; 45, 285, 287), genügt es zur Anerkennung eines Leidens als Berufskrankheit, wenn der ursächliche Zusammenhang zwischen der Erkrankung und den arbeitstechnischen Voraussetzungen hinreichend wahrscheinlich ist; die bloße Möglichkeit reicht jedoch nicht (vgl. BSG in SozR 2200 § 581 Nr. 26). Ein Zusammenhang ist wahrscheinlich, wenn bei der Abwägung der für den Zusammenhang sprechenden Erwägungen mit den dagegen sprechenden Erwägungen Erstere so stark überwiegen, dass darauf die Überzeugung der entscheidenden Stelle gegründet werden kann (vgl. BSGE 61, 127, 128; 58, 76, 78). Lassen sich unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze die anspruchsbegründenden Tatsachen nicht nachweisen, so geht dies nach dem auch im Sozialrecht geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Versicherten, wenn er aus diesen Voraussetzungen eine für ihn günstige Rechtsfolge herleiten will (BSG in SozR 3-2200 § 548 Nrn. 11 und 14; BSGE 58, 76, 79; 43, 110, 111; 41, 297, 300 und 6, 70, 72).
Diese Voraussetzungen sind im Falle des Versicherten nicht erfüllt. Zwar steht zur Überzeugung des Senats fest und wird auch von der Beklagten nicht bestritten, dass der Versicherte jedenfalls ab dem Jahre 1997 an einer Lungenkrebserkrankung litt. Ebenso steht nach sämtlichen im gesamten Verfahren eingeholten ärztlichen Feststellungen, von deren Richtigkeit auch der Senat überzeugt ist, fest, dass die im Berufsleben erfolgte Belastung des Versicherten mit Asbestfaserstaub mit Wahrscheinlichkeit für das Lungenkrebsleiden ursächlich ist, welches zu einer MdE von 100 Prozent geführt hat. Insbesondere auf Grund der Feststellungen des Facharztes für Lungenheilkunde Prof. Dr. Lo. in dessen für die Beklagte erstatteten Sachverständigengutachten vom 28. Mai 1998 ist der Senat auch davon überzeugt, dass die vom Versicherten im versicherten Zeitraum von 1947 bis 1957 zurückgelegten rechnerischen 17 Faserjahre mit Wahrscheinlichkeit die wesentliche Ursache für das Lungenkrebsleiden des Klägers gewesen sind.
Jedoch ist der Anspruch deswegen zu verneinen, weil die arbeitstechnischen Voraussetzungen der vorgenannten Berufskrankheit nicht erfüllt sind. Diese setzen eine kumulative Asbestfaserstaubdosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren voraus. Zwar hat der Versicherte nach den Feststellungen der Beklagten, die auf den Erhebungen des TAD beruhen und auch vom Senat nicht in Zweifel gezogen werden, an seinem Arbeitsplatz insgesamt rechnerisch sogar mehr als 25 Faserjahre, nämlich in der Zeit von 1947 bis 1966 rechnerisch 31 Faserjahre, zurück gelegt. Diese stellen aber keine 25 Faserjahre im Sinne der Nr. 4104 der Anlage 1 zur BKV dar, weil diese Vorschrift 25 versicherte Faserjahre voraussetzt, die der Versicherte nicht erreichte. Denn versichert war nur seine Tätigkeit in den Jahren 1947 bis 1957, und für diesen Zeitraum sind rechnerisch nur 17 und nicht 25 Faserjahre in Ansatz zu bringen. Das Erfordernis von 25 versicherten Faserjahren ergibt sich daraus, dass die Formulierung „am Arbeitsplatz“ im Wortlaut der Nr. 4104 der Anlage 1 zur BKVO im Sinne von „am versicherten Arbeitsplatz“ auszulegen ist. Auch wenn diese Auslegung durch den Wortlaut der Vorschrift nicht zwingend geboten ist, so ergibt sie sich aus Sinn und Zweck und systematischem Zusammenhang. So setzt § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII für alle Berufskrankheiten voraus, dass sie der Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erlitten hat. Diese Voraussetzungen erfüllte der Versicherte nicht, denn er war für die Zeit ab dem 1. Januar 1958 weder kraft Gesetzes gemäß § 2 SGB VII noch - nach erfolgter Satzungsänderung - kraft Satzung gemäß § 3 SGB VII versichert und hatte auch nicht von der Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung gemäß § 6 SGB VII Gebrauch gemacht. Dieser Sachverhalt steht zur Überzeugung des Senats fest und ist im Übrigen auch von den Beteiligten nicht bestritten worden. Allerdings hat die Beklagte im Berufungsverfahren lediglich die Satzungsänderung der Süddeutschen-Metall-Berufsgenossenschaft, die für den Versicherten nicht zuständig war, vorgelegt. Sie hat jedoch gleichzeitig darauf hingewiesen, dass eine gleichartige Satzungsänderung auch bei der für den Versicherten damals zuständigen Norddeutschen Holz-Berufsgenossenschaft erfolgt war. Darüber hinaus verfügen weder die Beklagte noch die Klägerin über Unterlagen, die eine Versicherung des Versicherten kraft Satzung oder eine freiwillige Versicherung des Versicherten für die Zeit ab dem 1. Januar 1958 begründen könnten. Auch der Bruder des Versicherten hat im Termin zur mündlichen Verhandlung bekundet, er wisse nicht, ob dieser freiwillig versichert gewesen sei.
Zur Überzeugung des Senats muss die Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII auch so verstanden werden, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen insgesamt zwingend einer versicherten Tätigkeit zugeordnet werden müssen. Denn hierin kommt das gerade im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung maßgebliche Versicherungsprinzip zum Ausdruck, welches besagt, dass nur solche Risiken versichert und entschädigt werden sollen, die bei Tätigkeiten entstanden sind, auf die sich Versicherungsschutz erstreckte. Nichts anderes ergibt sich auch aus den Gesetzgebungsmaterialien zur Zweiten Verordnung zur Änderung der Berufskrankheitenverordnung (Bundesratsdrucksache 773/92 vom 5. November 1992, S. 12 bis 14). Zwar enthalten diese Gesetzgebungsmaterialien keinen ausdrücklichen Hinweis darauf, dass der Verordnungsgeber den Begriff des Arbeitsplatzes als versicherten Arbeitsplatz verstanden wissen wollte. Aus den Materialien insgesamt ergibt sich jedoch zwingend der Schluss, dass der Verordnungsgeber dies als selbstverständlich vorausgesetzt hat. Hierfür sprechen insbesondere die auf Seite 13 der vorgenannten Materialien genannten Beispiele aus der Asbestzementindustrie, Asbesttextilindustrie und Asbestisolierbranche. Denn hierbei handelt es sich um typische industrielle Tätigkeiten, welche nahezu ausschließlich oder gar vollständig von Versicherten ausgeübt werden. An keiner Stelle der vorgenannten Materialien lässt der Verordnungsgeber erkennen, dass er bereit war, in Abweichung von hergebrachten Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung auch solche Risiken zu versichern, denen sich die Betroffenen an nicht versicherten Arbeitsplätzen ausgesetzt haben.
Zu keiner anderen Entscheidung führen schließlich auch die Grundsätze einer sogenannten „gemischten Tätigkeit“ (hierzu zuletzt BSG vom 22. August 2000, B 2 U 18/99). Hierbei lässt der Senat ausdrücklich offen, ob diese für das Recht des Arbeitsunfalls entwickelten Grundsätze überhaupt auf Berufskrankheiten übertragbar sind. Denn jedenfalls können sie nicht im vorliegenden Fall Anwendung finden. Ist hiernach eine Tätigkeit sowohl versicherten als auch unversicherten Zwecken zu dienen bestimmt und ist sie nicht eindeutig in einen versicherten und einen unversicherten Teil zu zerlegen, so ist entscheidend, ob die Tätigkeit im Einzelfall dem versicherten Zweck, wenn auch nicht überwiegend, so doch wesentlich dient (BSG SozR 3-2700 § 8 Nr. 1; SozR 2200 § 548 Nrn. 19, 90; SozR 2200 § 548 Nr. 93; SozR 3-2200 § 548 Nr. 27). Nur bei Erfüllung aller dieser Voraussetzungen besteht Versicherungsschutz. Hieran fehlt es jedoch im vorliegenden Fall. Zwar sind die von dem Versicherten zurückgelegten Faserjahre nicht identisch mit Kalenderjahren, so dass sich keine unmittelbare Zuordnung zu dem versicherten bzw. zum unversicherten Arbeitszeitraum ergibt. Auf Grund der durch den TAD der Beklagten festgestellten jeweiligen durchschnittlichen Dosis bei den vom Versicherten verrichteten Tätigkeiten lässt sich jedoch zumindest rechnerisch und mittelbar eine Zuordnung zu den einzelnen Zeiträumen vornehmen. Dies hat zur Folge, dass für den versicherten Zeitraum von 1947 bis 1957 eine rechnerische Dosis von 17 Faserjahren und für die Zeit von 1958 bis Mitte 1966 eine rechnerische Dosis von 14 Faserjahren in Ansatz gebracht werden kann. Bei diesen Faserjahren handelt es sich im strengen Sinne nicht um einen Zeitraum, der als solcher als versichert bzw. als nichtversichert angesehen werden kann, sondern lediglich um eine in Abhängigkeit zur Zeit gesetzte formelmäßige Dosisbeschreibung. Ausschlaggebend ist jedoch, dass diese Dosis in klarer Trennung verschiedenen versicherten bzw. unversicherten Arbeits- und Belastungszeiträumen zugeordnet werden kann. Dies hat zur Folge, dass die vom Kläger erlittene Gesamtdosis von rechnerisch 31 Faserjahren in Höhe von 17 Faserjahren auf einen versicherten Zeitraum und in Höhe von 14 Faserjahren auf einen unversicherten Zeitraum bezogen werden kann, was gleichzeitig dazu führt, im vorliegenden Fall eine versicherte Faserdosis von einer unversicherten Faserdosis zu unterscheiden. Dies verbietet zugleich eine entsprechende Anwendung der Grundsätze der gemischten Tätigkeit, weil hinsichtlich der Dosisbelastung sehr wohl von unterschiedlichen Zeiträumen auszugehen ist und gerade keine gemischte Tätigkeit vorliegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war zuzulassen, weil die Rechtssache gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG grundsätzliche Bedeutung besitzt. Die Frage der Zuordnung einer versicherten und einer nichtversicherten Dosis ist nicht nur in Fällen der Berufskrankheit der Nr. 4104 der Anlage 1 zur BKV ausschlaggebend, sondern sie kann darüber hinaus auch Bedeutung für alle weiteren neuen Berufskrankheiten erlangen, die durch die Zweite Änd-VO in die Anlage 1 zur BKV aufgenommen worden sind und denen auf Belastungen während einer bestimmten Dauer abgestellt wird (z.B. Nrn. 2108 bis 2110 der Anlage 1 zur BKV).
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