L 3 AL 89/06

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 8 AL 221/05
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 89/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Versicherungspflicht ist die Folge einer abhängigen Beschäftigung. Persönliche Abhängigkeit erfordert die Eingliederung in den Betrieb und die Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers. Im Gegensatz dazu steht die selbständige Tätigkeit in der der Beschäftigte seine Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten kann. Sie ist in der Regel zusätzlich durch das Unternehmerrisiko gekennzeichnet. Diese Grundsätze gelten auch für Künstler und Künstlerinnen auch dann, wenn der Künstler kein internationaler Star ist, kann sein Engagement als selbstständige Tätigkeit gewertet werden.
I. Das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 9. Februar 2006 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Insolvenzgeld.

Die Klägerin ist Sängerin und Musical-Darstellerin. Von 1993 bis 2000 studierte sie an der Hochschule für Musik und Theater F. –M. –B. in L. im Studiengang Musical. Dieses Studium schloss sie als Diplom-Musicaldarstellerin und Diplom-Gesangspädagogin ab. 1995 erhielt sie beim dem Bundeswettbewerb Gesang in der Kategorie Musical die Auszeichnung: beste weibliche Darstellerin. Bereits ab 1994 hatte die Klägerin diverse Engagements bei Konzerten und Galas. Hierzu gehörten u.a. folgende Engagements: - 1997 Staatsoperette D. Jenny Dillingham in "Aspects Of Love", deutsche Erstaufführung - 1998 Theater Z.: Mina in "Dracula", - 1999 Staatsoperette D.: Minnie Fay in "Hello Dolly" - 2000 Schauspielhaus der Bühnen der Landeshauptstadt K.: Lilian in "Die Drei von der Tankstelle", - 2001 Musikalischen Komödie der Oper L.: Cecily in "Mein Freund Bunbury", Theater des Westens in B.: Konny in "Falco Meets Amadeus", - 2002 Theatro Centro O. und W. in K.: Konny in "Falco Meets Amadeus", - 2003 Staatsoperette D. und Staatstheater B.: Gastspiele Eliza in "My fair Lady" Zu allen Engagements und Workshops wird auf Blatt 104 - 105 der LSG-Akte verwiesen.

Am 31. Januar 2003 schloss die Klägerin mit der Y. S. und M. GmbH L./H., vertreten durch den Geschäftsführer G. K. , einen "Honorarvertrag". Dieser Vertrag enthielt u. a. folgende Regelungen:

"1.) Funktion und Dauer 1.1 Die Darstellerin wird als Musicaldarsteller für die Tournee-Produktion "FMA – Falco Meets Amadeus" für die Rolle der "Konny" engagiert. 1.2 Das Engagement gilt für den 17.02.2003, für eine Aufführung der Tournee-Produktion "FMA-Falco meets Amadeus" in C. Notwendige Proben im Vorfeld werden in gegenseitiger Absprache vereinbart. Ein erster Probetag wird für den 5. Februar 2003 festgelegt.

2.) Vergütung 2.1 Es wird ein Pauschalhonorar von EURO 1.500—(in Worten tausendfünfhundert Euro) zuzüglich MwSt gezahlt 2.2 Ist die Darstellung aus einem in Ihrer Person liegenden Grund (dazu zählt auch Krankheit und Urlaub) verhindert aufzutreten, entfällt das Honorar. Y. ist nicht verpflichtet die Vorstellung nachzuholen.

3.) Einsatz 3.1 Sollte die Vorstellung, aus welchem Grund auch immer, ausfallen, besteht kein Anspruch auf das Honorar. 3.2 Kann Y. auf Grund von höherer Gewalt oder aus anderen Gründen, zum Beispiel betriebliche Störung, Streik, notwendige bauliche Maßnahmen, behördliche Anordnungen, Theaterbrand, Stromausfall oder Erkrankung im Ensemble eine angesetzte Probe/Aufführung nicht in der vorgesehenen Weise durchführen, ist Y. nicht zur Nachholung verpflichtet. Das Mitglied verliert seinen für die Aufführung bestehenden Honoraranspruch, wenn ihm die Absage drei Werktage vor der geplanten Aufführung zugegangen ist.

4.) [ ]

5.) Garderobe/Maske/Requisite 5.1 Tanzschuhe und die zur Aufführung des Musicals erforderlichen Kleidungs-, Ausrüstungs- und Schmuckstücke sowie Perücken werden zur Verfügung gestellt, müssen aber nach der Vorstellung in der Garderobe abgegeben werden. 5.2 [ ] 5.3 [ ]

6. Promotion 6.1 Das Mitglied stimmt zu, Y. für jegliche Form der Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für die Produktion (z.B. Live-, Radio- und Fernsehauftritte, Interviews, Promotion-Videos, Werbespots, Pressekonferenzen) ohne zusätzliche Zahlungen zur Verfügung zu stehen. Y. wählt den notwendigen Transfer, die Unterbringung/Verpflegung und kommt für die Kosten auf. Sollte Y. vor Vertragsbeginn das Mitglied für ein Event/Promotion benötigen, so gilt das gemäß Ziffer 2.3 vereinbarte Vorstellungshonorar gegebenenfalls zuzüglich Mehrwertsteuer als Auftrittshonorar vereinbart. Y. kommt auch in diesem Fall für die Kosten des Transfers sowie die Unterbringung/Verpflegung auf. 6.2 Die Mitwirkungspflicht umfasst auch die Mitwirkung bei Darbietungen für Rundfunk- und Fernsehzwecke (live oder aufgezeichnet) oder im Rundfunk- bzw. Fernsehstudio sowie zur Mitwirkung bei Ton- und Bildaufnahmen sowie die Einwilligung in die Verwertung der für die Aufnahme und die Ausstrahlung erforderlichen Rechte. Das Mitglied erkennt an, dass mit dem oben genannten Honorar sowohl die Leistung als Mitwirkender an den Ton- und Bildträgeraufnahmen wie auch die Vergütungsansprüche im Zusammenhang mit der Rechtsübertragung vollständig abgegolten sind. [ ] 6.3 Das Mitglied überträgt auf Y. an den entsprechenden Bild- und Tonträgeraufnahmen exklusiv und zeitlich, örtlich und inhaltlich unbeschränkt seine Leistungsschutzrechte als Interpret sowie das Recht an der bildlichen Darstellung seiner Person und die daraus folgenden Ansprüche. Y. hat das ausschließliche Recht, die Aufnahmen ohne jede Beschränkungen in jeder technischen Aufführung (z.B. CD, MC, Audio-DVD, Video-DVD, CD-Rom, DVD-Rom, SACD) in analoger und digitaler Wiedergabe-Form auszuwerten bzw. auswerten zu lassen. [ ] 6.4 Das Mitglied erklärt sein Einverständnis zur Verwendung von allen Bild- und Datenträgern, die im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bei Y. angefertigt werden, auch über die Vertragslaufzeit dieses Vertrages hinaus. Y. ist berechtigt, solche Fotos auch zur Verwendung an Dritte abzugeben. 6.5 Das Mitglied erklärt sein Einverständnis zur Verwendung von Photos, die im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für diese Produktion angefertigt werden. Die Vergütung des Mitgliedes ist durch Ziffer 2 abgegolten.

7. Haftung [ ] 8. Verschwiegenheitspflicht [ ] 9. Vertragsstrafe Das Mitglied verpflichtet sich zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 2 Monatsgrundgehältern für den Fall der Zuwiderhandlung gegen folgende Verpflichtung: 9.1 Das Mitglied nimmt seine Tätigkeit nicht auf. 9.2 Das Mitglied beendet seine Tätigkeit ohne Einhaltung der Kündigungsfrist. 9.3 [ ] 9.4 [ ]

10. Sonstiges 10.1 Der Darstellerin wird für den Vertragszeitraum eine Unterkunft im Einzelzimmer gestellt. Reisekosten werden erstattet. 10.2 [ ] 10.3 [ ] 10.4 [ ] 10.5 Sofern die Bedingungen des Arbeitsverhältnisses durch diesen Vertrag nicht gesondert geregelt sind, gelten die gesetzlichen Bestimmungen. 10.6 [ ]"

Dieser Vertrag betraf lediglich das Engagement für den 17. Februar 2003. Zu der Aufführung kam es jedoch nicht, denn die Veranstaltung, welche in der Stadthalle C. geplant war, wurde vom Veranstalter kurzfristig storniert (LSG-Akte Bl. 62).

Am 2. Juni 2003 und 30. Juni 2003 stellte die Klägerin durch das Arbeitsgericht Leipzig der Y. S. GmbH einen "Mahn- und Vollstreckungsbescheid über 1900 EUR Arbeitslohn" zu.

Am 1. August 2003 beantragte die Klägerin die Gewährung von Insolvenzgeld. Hierbei gab sie gleichfalls einen Betrag von 1900 EUR an. Sie sei monatelang nicht darüber unterrichtet worden, weshalb ihr kein Arbeitsentgelt gezahlt werden könne. Nach einigen Monaten habe sie schließlich einen Rechtsanwalt beauftragt, der ihr eine Antragsstellung für Insolvenzgeld geraten habe.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 2. Dezember 2003 lehnte dieses die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse ab.

Mit Bescheid vom 9. März 2004 lehnte die Beklagte die Gewährung von Insolvenzgeld ab, da dieses nur für Arbeitnehmer vorgesehen sei. Künstler im Rahmen kurzfristiger Engagements unterlägen dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG), wenn es sich um einen konzertmäßigen Auftritt im Rahmen sog. genannter Tagesgeschäfte handle. Hier habe die Klägerin einen "Honorarvertrag" geschlossen und es sei nur ein einziger Auftritt am 17. Februar 2003 vorgesehen gewesen. Dies begründe noch kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Indiz für die selbständige Tätigkeit sei ferner die Tatsache, dass keine Lohnsteuer entrichtet werden müsse und zum Honorar die Mehrwertsteuer zu entrichten sei.

Hiergegen legte die Klägerin am 13. April 2004 Widerspruch ein. Entscheidend sei der Vertragscharakter nicht die Bezeichnung. Es komme allein darauf an, ob es sich um eine fremdbestimmte und weisungsgebundene Tätigkeit handle. Ob jemand zu Recht oder zu Unrecht der Künstlersozialversicherung unterläge bzw. einmal oder mehrfach auftrete, sei kein Abgrenzungsmerkmal. Daher sei bei Stück- oder Gastverträgen von einer Arbeitnehmereigenschaft der Künstler auszugehen.

Durch Widerspruchsbescheid vom 31. März 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Formal liege ein "Honorarvertrag". Von dem vereinbarten Lohn seien keine Lohnsteuer- und Sozialversicherungsabgaben abgeführt worden. Da die Klägerin nicht als Aushilfe, sondern als Solistin beschäftigt worden sei, habe sie eine stärkere Position inne gehabt, als ein weisungsabhängig beschäftigter Arbeitnehmer.

Hiergegen hat sich die Klägerin am 11. April 2005 an das Sozialgericht Leipzig gewandt. Auch Künstler im Rahmen eines Erstvertrages seien Arbeitnehmer. Zur weiteren Klagebegründung verwies sie auf den Tarifvertrag (Normalvertrag Bühne, Bereich Solo der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger), der dem Sozialgericht vorlag.

Durch Urteil vom 9. Februar 2006 hat das Sozialgericht Leipzig dem Begehren der Klägerin entsprochen und die Beklagte zur Zahlung von Insolvenzgeld in gesetzlicher Höhe verurteilt. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen und in Abwägung der Umstände des Einzelfalles sei hier eine abhängige Beschäftigung anzunehmen. Nicht entscheidend sei die Bezeichnung des Vertrages als "Honorarvertrag"; maßgebend sei vielmehr der Vertragsinhalt. Die weiteren Bestimmungen des Vertrages seien vom Text her insoweit widersprüchlich. Ähnlich einer Arbeitnehmerin habe die Klägerin jedoch sämtliche Verwertungsrechte an das Unternehmen abgetreten. Der Vertrat enthalte mehrfach die Begriffe "Arbeitsverhältnis" und "Anstellungsvertrag". Zwar könnte die der Klägerin obliegende Verpflichtung zum Schadensersatz im Zusammenhang mit einem eigenen Ausfall bei Proben sowie der Aufführung für eine Selbständigkeit sprechen; dennoch sei sie in den Bühnenbetrieb eingegliedert gewesen. Sie habe nach Weisung des Unternehmens an den Proben teilnehmen müssen. Die Garderobe sei gestellt worden. Zeit und Ort der Ausführung seien ihr vorgeschrieben gewesen. Sie sei in eine fest bestimmte Programmabfolge eingebunden gewesen, ohne den Ablauf bestimmen zu können. Bei der Darstellung der "Konny" habe sie den Weisungen des Spielleiters unterlegen. Auch für die Probentage habe sie sich jeweils am Arbeitsort einfinden müssen und zur Zusammenarbeit mit den übrigen Darstellern verpflichtet. Nach § 1 Abs. 2 des Normalvertrages Bühne Solo seien Solomitglieder Einzeldarsteller. Weiter seien nach Abs. 5 Solomitglieder, mit denen Gastspielverträge abgeschlossen würden, nicht von dem Tarifvertrag erfasst. Gastspielverträge seien Verträge, die der Arbeitgeber zur Ergänzung seines ständigen Personals und zur Ausgestaltung seines Spielplans mit Solomitgliedern in der Weise abschließe, dass sie nicht als ständige Solomitglieder angestellt, sondern nur zur Mitwirkung für eine bestimmte Anzahl von Aufführungen verpflichtet würden. Bei Serientheatern liege ein Gastspielvertrag nur vor, wenn das dem Gast bewilligte Entgelt die festen Bezüge der meisten der von dem Arbeitgeber fest angestellten Mitglieder weit übersteige. Der Tarifvertrag gelte weiter nicht für Mitglieder, die von Fall zu Fall (Aushilfen) oder auf Stückdauer für einzelne Inszenierungen beschäftigt würden. Hieraus folge, dass bei einer Beschäftigung im Rahmen einer einzigen vorgesehenen Aufführung von einer Arbeitnehmereigenschaft ausgegangen werden könne. Nur ausnahmsweise sei nach dem Abgrenzungskatalog der "Spitzenorganisationen der Sozialversicherung" vom 13. Mai 1992 für künstlerisch tätige Personen eine selbständige Tätigkeit anzunehmen. Dies sei der Fall, wenn der Schauspieler auf Grund seiner hervorragenden künstlerischen Stellung maßgeblich zum künstlerischen Erfolg einer Aufführung beizutragen verspreche und wenn nach dem jeweiligen Gastspielvertrag nur wenige Vorstellungen vereinbart sein. Hierunter fielen in erster Linie Star-Gastspiele, in denen dem Gast eine herausragende künstlerische Stellung zukomme. Es müsse sich hierbei um Künstler mit überregionaler künstlerischer Wertschätzung und wirtschaftlicher Unabhängigkeit handeln, die in der Lage seien, ihre Bedingungen dem Vertragspartner gegenüber durchzusetzen. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Das vereinbarte "Honorar" von 1500 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer habe keinen außergewöhnlichen Umfang angenommen. Zudem sei die Klägerin als Künstlerin nicht derart bekannt gewesen, dass sie in der Lage gewesen wäre, einseitig ihre Bedingungen zu diktieren.

Gegen dieses, der Beklagten am 6. April 2006 zugegangene Urteil, hat diese am 28. April 2006 Berufung eingelegt. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts sei die Klägerin gerade nicht als Arbeitnehmerin in den Betrieb der Arbeitgeberin eingegliedert gewesen. Die Klägerin sei von der "Y. S. GmbH" als Darstellerin der "Konny" in der Tournee-Produktion "Falco meets Amadeus" für eine einzige Aufführung verpflichtet worden. Hierbei habe der Bühnenbetrieb unstreitig im Opernhaus C. stattgefunden, welches selbst nicht Vertragspartner der Klägerin gewesen sei. Bereits hieran scheitere eine Eingliederung in den (Bühnen-) Betrieb des Arbeitgebers, da bei der "Y. S. GmbH" keine Eingliederung in eine betriebliche Organisation stattgefunden habe. Eine persönliche Abhängigkeit habe weder zu "Y. S. " als Vertragspartner noch zum Opernhaus C. als Aufführungsort im Sinne eines Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnisses vorgelegen. Allein die Tatsache, dass der Ort (Opernhaus C. ) und die Zeit (17. Februar 2003) der Tätigkeit der Klägerin feststanden, spreche noch nicht für eine arbeitnehmerähnliche Weisungsgebundenheit. Diese Bindungen, denen die Klägerin insoweit unterlag, hätten sich aus der Natur der Sache ergeben. Ohne die Pflicht aller Mitglieder eines Musicals, feste Zeiten einzuhalten und sich zu bestimmten Zeiten an einem bestimmten Ort zu treffen, könne eine Aufführung nicht stattfinden. Durch den Honorarvertrag sei darüber hinaus sowohl der Inhalt der Tätigkeit (Rolle der "Konny") sowie auch das Tourneedatum vertraglich geregelt und damit dem Weisungsrecht des Arbeitgebers entzogen gewesen. Auf Grund dieser einzelvertraglichen Regelung sei es dem Veranstalter nicht möglich gewesen, anderweitige Weisungen zu erteilen (z.B. die Klägerin an einem anderen Tag auftreten zu lassen). Entsprechendes gelte für die künstlerisch-fachlichen Vorgaben. Verpflichtungen dieser Art seien kein Beleg für eine arbeitnehmerähnliche Eingliederung in den Tourneebetrieb. Sie seien vielmehr üblich und unerlässlich. Zwar könne die vertragliche Verpflichtung der Klägerin zur Teilnahme an Proben für eine Eingliederung in den Tourneebetrieb sprechen. Das Engagement der Klägerin habe sich jedoch ausschließlich auf die Tourneestation C. bezogen. Demnach habe sie nur an Proben für diese eine Aufführung teilnehmen müssen. Angesichts dessen habe die Probe Verpflichtungen der Klägerin als Bewertungskriterium für eine abhängige Beschäftigung eine untergeordnete Rolle. Die Klägerin habe als Darstellerin der "Konny" das volle Unternehmerrisiko getragen. Nach dem Honorarvertrag habe sie eine Pauschalhonorar von 1500 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer erhalten. Soweit eine Vorstellung ausgefallen sei, habe kein Anspruch auf Honorar und Nachholung der Vorstellung bestanden. Es sei weder ein Ausfallhonorar vereinbart worden noch eine Urlaubsvergütung oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Dies entspreche dem typischen Bild eines Werk- oder Dienstvertrages im Sinne der §§ 611 bzw. 631 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Hinzu käme, dass zu Lasten der Klägerin eine Vertragsstrafe vereinbart worden sei, wenn die Tätigkeit nicht aufgenommen oder ohne Einhaltung einer Kündungsfrist der Vertrag beendet worden wäre. Der Tätigkeit der Klägerin fehle auch das Moment der Dauer, welches viele abhängige Beschäftigungsverhältnisse kennzeichne. Es sei lediglich ein einziger Auftritt vereinbart worden. Die Klägerin sei daher nur temporär und nicht auf Dauer tätig geworden. Eine kontinuierliche Zusammenarbeit zwischen der Klägerin und der "Y. S. GmbH" sei von vorn herein nicht beabsichtigt gewesen und habe auch nicht stattgefunden. Diese Tatsache widerspreche ebenfalls dem Wesen des Versicherungsverhältnisses, welches eine auf unbestimmte Zeit begründete und an den typischen Vorsorgebedarf des Arbeitnehmers orientierte Rechtsbeziehung darstelle. Schließlich sei es auch unüblich, dass der Arbeitgeber die Kosten von Arbeitnehmern zur Arbeitsstätte übernehme. Vielmehr würden diese üblicherweise gerade nicht vom Arbeitgeber übernommen, sondern im Regelfall erst später steuerlich als Werbungskosten geltend gemacht.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 9. Februar 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin sei in den Betrieb des Tourneetheaters eingegliedert gewesen. Auch zu einem Tourneetheater gehöre ein Betrieb. Dieser setze sich neben der Geschäftsleitung, den Künstlern, einem Fahrer, einem Tourneeleiter sowie den verantwortlichen für Bühne und Requisiten zusammen. In diesen Betrieb sei die Klägerin mit ihrer Verpflichtung zu Proben und einer Veranstaltung eingegliedert gewesen. Ein Weisungsrecht folge daraus, dass eine künstlerische Produktion vorliege. Eine künstlerische Produktion verändere sich, wenn nicht der Regisseur oder Abendspielleiter Weisungen erteilen könne, unter Umständen von Tag zu Tag. Gerade die künstlerische Tätigkeit beinhalte die Weisungsgebundenheit. Zudem sei die Weisungsgebundenheit manifestiert durch die vertragliche Festlegung der Rolle und des Auftrittsdatums. Typisch für ein Arbeitsverhältnis sei auch die mehrfache Probenverpflichtung. Das Moment der Dauer stehe einem Arbeitsverhältnis nicht entgegen. Denn es gebe sowohl Zeitarbeitsverhältnisse als auch Arbeitsverhältnisse für nur einen Tag. Die Übertragung der Rechte gemäß Ziffer 6 des Vertrages lasse sich ebenfalls mit der Tätigkeit einer selbständigen Künstlerin nicht vereinbaren. Gleiches gelte für die Mitwirkungspflicht, welche für Arbeitnehmerhandlungen typisch sei.

In der mündlichen Verhandlung vom 08.05.2008 hat der Senat die Klägerin angehört und den Geschäftsführer der "Y. S. GmbH" als Zeugen vernommen. Zu den Einzelheiten der Angaben wird auf die LSG-Akte, Bl. 189/191 verwiesen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge, die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Auszüge der Insolvenzakte des Amtsgerichts Leipzig (93 IN 715/03) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist statthaft gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie wurde auch form- und fristgerecht eingelegt.

Die Berufung ist auch begründet.

Denn das Sozialgericht Leipzig hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, der Klägerin Insolvenzgeld zu zahlen. Durch Bescheid vom 9. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. April 2004 hat die Beklagte zutreffend die beantragte Leistung abgelehnt. 1.) Gemäß § 116 Nr. 5 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) haben Anspruch auf Entgeltersatzleistungen in der Form des Insolvenzgeldes Arbeitnehmer, die wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers kein Arbeitsentgelt erhalten. Gemäß § 183 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB III haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei 1. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers, 2. Abweisung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder 3. vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt (Insolvenzereignis), für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehören alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis.

2.) Entsprechend der Rechtsauffassung der Beklagten war hier nicht von einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen.

a) Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) besteht Versicherungspflicht im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung für Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Gesetzlich rentenversichert sind Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsaubildung beschäftigt sind (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – SGB VI). Da eine gesetzgeberische Definition des Begriffes der "Beschäftigung" im Recht der Renten- sowie auch Krankenversicherung fehlt, ist auf § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) sowie zur Klärung der beitragspflichtigen Beschäftigung im Rahmen der Arbeitslosenversicherung auf §§ 24 f. SGB III zurückzugreifen.

Nach § 7 Abs. 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IV).

b) Versicherungspflicht ist danach also die Folge einer abhängigen Beschäftigung. Nach der ständigen Rechsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist wesentliches Merkmal für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses die persönliche Abhängigkeit. Persönliche Abhängigkeit erfordert die Eingliederung in den Betrieb und die Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung. Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung kann das Weisungsrecht des Arbeitgebers vornehmlich bei Diensten höherer Art eingeschränkt und "zur dienenden Teilnahme am Arbeitsprozess" verfeinert sein (vgl. Urteil des BSG vom 18. Dezember 2001, Az.: B 12 Kr 8/01 R in SozR 3-2400, § 7 Nr. 10). Im Gegensatz dazu steht die selbständige Tätigkeit, in der der Beschäftigte seine Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten kann. Sie ist in der Regel zusätzlich durch das Unternehmerrisiko gekennzeichnet (vgl. Urteil des BSG vom 31. Juli 1974, Az.: 12 Rk 26/72 in BSGE 38, 53, 58). Diese Grundsätze gelten auch für Künstler und Künstlerinnen. Diese können sowohl abhängig beschäftigt als auch selbständig tätig sein. Die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger haben nach Beratung in verschiedenen Arbeitskreisen – auch unter Beteiligung der Interessenverbände aus dem künstlerischen und publizistischen Bereich – einen sog. "Abgrenzungskatalog" für die im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen künstlerisch und publizistisch tätigen Personen vom 13. Mai 1992 erstellt (sog. Abgrenzungskatalog, veröffentlicht in: Die Beiträge, 1992, S. 94 ff.). Nach diesem Abgrenzungskatalog ist ein wichtiges Kriterium für die Beurteilung der Selbständigkeit bzw. abhängigen Beschäftigung von Künstlern, ob sie vertraglich verpflichtet sind, an festgelegten Proben teilzunehmen, ob sie eine im Voraus festgesetzte Gage bekommen, ob sie auf die Vertragsverhandlungen mit dem Veranstalter bzw. die Programmgestaltung und die Programmdurchführung einen Einfluss haben und inwieweit sie an der musikalisch-künstlerischen Gestaltung mit beteiligt werden. Dieser Abgrenzungskatalog ist für die Gerichte nicht bindend. Maßgebend sind vielmehr die von der Rechtsprechung entwickelten und oben dargestellten Kriterien der Unterscheidung zwischen abhängiger und selbständiger Tätigkeit.

c) Für den Zeitraum vom 01.01.1999 bis 31.03.2003 kann zudem § 7 Abs. 4 SGB IV a. F. berücksichtigt werden. Danach war eine Person im sozialversicherungsrechtlichen Sinne jedenfalls dann beschäftigt, wenn mindestens drei der folgenden fünf Merkmale erfüllt waren:

1. Die Person beschäftigte im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer, dessen Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig 630,00 DM überstieg, 2. sie war auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig, 3. ihr Auftraggeber oder ein vergleichbarer Auftraggeber ließ entsprechende Tätigkeiten regelmäßig durch von ihm beschäftigte Arbeitnehmer verrichten, 4. die Tätigkeit ließ typische Merkmale unternehmerischen Handelns nicht erkennen, 5. ihre Tätigkeit entsprach dem äußeren Erscheinungsbild nach der Tätigkeit, die sie für denselben Auftraggeber zuvor auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hatte.

Diese gesetzlichen Kriterien können auch nach Außer-Kraft-Treten der Regelung am 01.04.2003 zur Auslegung ergänzend herangezogen werden. Die Kriterien sind in ständiger Rechtsprechung herausgebildet und in der damaligen Gesetzesfassung lediglich aufgegriffen worden (KassKomm-Seewald, Stand: Dezember/2004, § 7 SGB IV Rdnr. 188).

3.) Unter Berücksichtigung dieser Kriterien sowie der Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalles war die Klägerin jedenfalls im Rahmen ihres Engagements für die "Y. S. GmbH" im Februar 2003 selbstständig und nicht abhängig beschäftigt. Allerdings ist der Klägerin zuzugeben, dass bei ihr auch Elemente einer abhängigen Beschäftigung vorlagen. Die Abwägung der gesamten Umstände spricht hier dennoch für eine Selbstständigkeit der Klägerin. Diese gab letztlich der hier zu beurteilenden Tätigkeit das entscheidende Gepräge. Im Einzelnen waren folgende Umstände maßgebend:

1. Entgegen der Auffassung war die Klägerin nicht – wie eine Arbeitnehmerin – in den Betrieb des Tourneetheaters eingegliedert. Allein aus dem Umstand, dass Ort und Zeit für die Aufführung des Musicals "Falco meets Amadeus" feststanden und der Klägerin das hierfür erforderliche Kostüm gestellt wurde, folgt noch keine arbeitnehmerähnliche Weisungsgebundenheit. Die Bindungen, denen die Klägerin insoweit unterlag, ergaben sich aus der Natur der Sache. Ohne die Pflicht aller Mitglieder eines Musicalensembles, feste Zeiten einzuhalten und sich zu bestimmten Zeiten an einem bestimmten Ort zu treffen, kann eine solche Aufführung nicht stattfinden. Entsprechendes gilt auch für künstlerisch-fachliche Vorgaben. Verpflichtungen dieser Art sind kein Beleg für eine arbeitnehmerähnliche Eingliederung in den Musicalbetrieb. Sie sind vielmehr üblich, unerlässlich und tätigkeitsimmanent. Hierbei handelt es sich um Bindungen und Verpflichtungen, die auch einen Star-Solisten oder Star-Schauspieler treffen können. Auch diese sind an bestimmte Zeiten, Orte der Aufführung sowie künstlerische Regievorgaben gebunden. Gleichwohl sind diese durchweg selbstständig tätig.

2. Aus diesem Grunde ist erst recht kein Kriterium für Weisungsgebundenheit, dass für die Rolle ein Textbuch und vorgegebene Noten vorhanden sind. Auch dies ist ein Umstand, der sich lediglich aus der Art dieser künstlerischen Tätigkeit ergibt.

Zu anderer Beurteilung führende Weisungsrechte der Y. S. oder des Regisseurs, die über rein künstlerisch-fachliche Vorgaben hinausgehen würden, sind nicht vereinbart und auch nicht vorgetragen. Rein künstlerisch-fachliche Vorgaben sprechen nicht gegen eine selbstständige Tätigkeit (BSG, Urteil vom 28.01.1999 – B 3 RK 2/98 R – JURIS Rdnr. 24). Im Übrigen durfte sich die Klägerin nach eigenem Bekunden in der mündlichen Verhandlung auch künstlerisch innerhalb offensichtlich nicht allzu enger Grenzen selbst "einbringen". Insoweit ist auch erheblich, dass die Klägerin gerade wegen ihrer in früheren Aufführungen gezeigten künstlerischen Leistungen in der Rolle der "Konny" für die fragliche Besetzung ausgewählt wurde (vgl. zu der Rolle, die der künstlerischen Leistung gerade des zu Beurteilenden beizumessen ist LSG für das Saarland, Urteil vom 07.03.2005 – L 1 RA 49/03 – JURIS Rdnr. 40).

3. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass die vertragliche Verpflichtung zur Teilnahme an Proben für eine Eingliederung in den Betrieb spricht. Das Engagement der Klägerin bezog sich jedoch ausschließlich auf die Partie der "Konny". Nur an den Proben für die Aufführung am 17. Februar 2003 musste die Klägerin nach dem "Honorarvertrag" vom 31. Januar 2003 teilnehmen, insofern weist hier die Probenverpflichtung nicht auf eine arbeitnehmerähnliche Eingliederung, sondern eher auf eine notwendige Vorarbeit hin, die erst das Gelingen des Premierenabends ermöglichen sollte. Angesichts dessen war die Probenverpflichtung der Klägerin nicht von so entscheidender Bedeutung, dass sie ihrer Tätigkeit für die "Y. S. GmbH" das Gepräge gab.

Zudem musste die Klägerin einen wesentlichen Teil der Vorarbeit (Einstudierung des Textes, des Gesangs) zuvor selbst in eigener Verantwortung vorbereiten. Speziell diese "Vorarbeiten" bzw. dieses Einüben der Rolle hat die Klägerin auch nicht speziell für die "Y. S. GmbH" (Y. S.) vorgenommen. Aus ihrem künstlerischen Lebenslauf ist ersichtlich, dass sie die Rolle der "Konny" in "Falco meets Amadeus" bereits 2001 für das Theater des Westens in B. sowie im Jahr 2002 für das Theatro Centro O. und die W. in K. t aufgeführt hatte.

4. Maßgebliches Indiz für eine selbstständige Tätigkeit ist, dass die Klägerin nicht nur für einen Auftraggeber, hier also die "Y. S. GmbH", sondern – je nach Angebot und Möglichkeit – wechselnd auch für andere Auftraggeber tätig war. Es stand ihr frei, andere Engagements anzunehmen bzw. selber abzulehnen. Zwar ist auch ein abhängig Beschäftigter nicht zwingend auf "Gedeih und Verderben" an einen Arbeitgeber gebunden; auch für ihn besteht die Möglichkeit der Kündigung. Dennoch ist eine auf Dauer angelegte Bindung zumindest typisch. Insbesondere arbeitnehmeruntypisch ist demgegenüber gerade das Engagement in diesem Fall: Die Klägerin hat hierzu selbst dargestellt, dass sie bereits ein anderes Engagement hatte und daher dieses nur für eine Vorstellung annahm. Hieraus wird deutlich, dass jedenfalls für dieses Engagement keine arbeitnehmertypische wirtschaftliche Abhängigkeit speziell gegenüber diesem Auftraggeber bestand.

5. Weiterhin besteht bei der Klägerin auch nicht das Moment der Dauer, welches – typischerweise – abhängige Beschäftigungsverhältnisse kennzeichnet. Vereinbart war lediglich ein Aufführungsabend. Eine kontinuierliche Zusammenarbeit zwischen der Klägerin und der "Y. S. GmbH" war von vornherein nicht beabsichtigt. Die Klägerin wollte diesen Vertrag mit der "Y. S. GmbH" auch so abschließen. Sie geht selber davon aus, dass dann, wenn alles "glattgelaufen" wäre, sich hieraus für sie auch kein Problem ergeben hätte. Demnach wollte sie zunächst auch einen Vertrag mit ebendiesem Inhalt, also gerade keinen Vertrag mit arbeitnehmertypischen Rechten und Pflichten.

Dem steht nicht entgegen, dass der Arbeitsmarkt zunehmend auch zeitlich befristete Arbeitsverhältnisse kennt. Allerdings werden auch diese gemeinhin für eine gewisse Dauer abgeschlossen. Ein Beschäftigungsverhältnis lediglich für einen Tag oder eine Woche stellt jedenfalls eine deutliche Ausnahme dar.

6. Die Art und Weise der vereinbarten Bezahlung spricht gleichfalls für Selbstständigkeit. Nach dem "Honorarvertrag" vom 31. Januar 2003 sollte die Klägerin ein Pauschalhonorar von 1.500,00 EUR (zuzüglich Mehrwertsteuer) erhalten. Weiter war die Erstattung von Fahrtkosten zum Arbeitsort vereinbart. Diese Art der Bezahlung spricht weder für eine feste Geschäftsbeziehung noch eine Eingliederung in den Betrieb der "Y. S. GmbH". Insbesondere die Vereinbarung von Mehrwertsteuer spricht nicht für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Untypisch ist aber auch die Übernahme von Fahrtkosten zum Arbeitsort, jedenfalls soweit dieser nicht regelmäßig wechselt.

7. Nach dem "Honorarvertrag" sollte die Klägerin das "Unternehmerrisiko" tragen. Bei Ausfall einer Vorstellung sollte sie gemäß Ziffer 3.1 und 3.2 des Vertrages – unabhängig von dem hierfür maßgebenden Grund – keinen Anspruch auf Honorar haben. Dies spricht ebenfalls gegen eine abhängige Beschäftigung und eher für einen Werkvertrag gemäß § 631 BGB (zu einer vergleichbaren Klausel s. BSG, Urteil vom 24.06.1981, SozR 2200 § 1227 Nr. 34).

Die Regelung der Mitwirkungspflicht unter 6.2 des Vertrages betrifft die Klägerin selber gar nicht, denn bei ihr ging es – außer der einmaligen Veranstaltung am 17. Februar 2003 – nicht um eine weitere Mitwirkung an Ton- und Bildträgeraufnahmen. Dies zeigt, dass der vorliegende Vertrag nur in Ausschnitten überhaupt auf die Klägerin anwendbar ist. Auch die Verpflichtung zur Rechtsübertragung nach Punkt 6.3 betrifft die Klägerin nicht, denn es ging hier nicht um die Anfertigung von Bild- oder/und Tonträgeraufnahmen.

8. Ein Indiz für die Selbstständigkeit ist weiter der Lebenslauf der Klägerin. Darin ist durchgehend von "Engagements" an verschiedenen Orten in Deutschland sowie zuletzt auch in Wien und "Workshops" in den USA die Rede. Beschäftigungsverhältnisse hat die Klägerin hierbei nicht benannt. Zudem betreibt die Klägerin – wenn auch nur in geringem Umfang – mit ihrer Homepage eine Art Eigenwerbung und dokumentiert damit, dass sie regelmäßig auch bereit ist, für andere Auftraggeber tätig zu werden, soweit sich für sie ein geeignetes Engagement ergibt. Schließlich macht dies deutlich, dass die Klägerin nicht mehr ganz so "unbedeutend" ist. Gerade bezüglich des hier streitigen Engagements hatte man speziell auf die Klägerin in der Rolle der "Konny" Wert gelegt. Ihre Qualitäten hierfür waren bereits bekannt. Deshalb sollte – speziell für die Premiere – die Besetzung dieser Rolle mit ihrer Person erfolgen. Insofern dürfte auch dieses Engagement – ggf. – nicht ganz vergleichbar mit anderen sein.

9. Schließlich führt auch der Umstand, dass die Klägerin kein internationaler Star ist, der ggf. seine Gagen und Vertragsbestimmungen einseitig "diktieren" kann, zu keiner anderen Bewertung. Denn die Einflussnahme des Künstlers auf die Höhe des Honorars kann von außen nicht abschließend bewertet werden; dieses ist abhängig von einer Vielzahl von Komponenten, u. a. dem Umfang des Finanzetats des Veranstalters, der finanziellen Situation des Künstlers, der Marktlage, der Dringlichkeit des Engagements, der erworbenen Auszeichnungen und der bisherigen Engagements des Künstlers (gerade für dieses Engagement könnte der Einfluss der Klägerin durchaus höher gewesen sein, da sie – wie dargestellt – mit dieser Rolle bereits bekannt war.). Im Übrigen bestehen "fließende" Übergänge zwischen Stars und anderen, in der entsprechenden Branche tätigen Personen, auch in anderen Bereichen, (beispielsweise kann der selbstständige Architekt Behnisch eben ein anderes Honorar "diktieren" als der gleichfalls selbstständig tätige Architekt. N. N.).

4.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Ein gesetzlicher Grund, die Revision zuzulassen, ist nicht gegeben, § 160 Abs. 2 SGG. Entgegen der Auffassung der Klägerseite ist insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung hier ersichtlich. Maßgebend für die Einordnung der Klägerin sind vielmehr die Umstände des Einzelfalles, insbesondere auch die Umstände dieses – hier streitigen – Engagements.
Rechtskraft
Aus
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