Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SB 2442/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 2330/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. März 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Verschlimmerung von Funktionsbeeinträchtigungen beim Kläger die Erhöhung des Grads der Behinderung (GdB) von 40 auf 50 rechtfertigt.
Bei dem 1963 geborenen Kläger stellte das damals zuständige Versorgungsamt Heilbronn (VA) mit Bescheid vom 9. Dezember 2002 aufgrund einer entzündlich rheumatischen Erkrankung einen GdB von 40 seit dem 22. Juli 2002 fest. Ein Widerspruch des Klägers hiergegen blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2003).
Am 14. Dezember 2004 beantragte der Kläger die Erhöhung des GdB, da sich seine Knie- und Wirbelsäulenbeschwerden verschlimmert hätten. Das VA holte den Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr. G. vom 6. Februar 2005 ein. Dieser nannte als Diagnosen einen Morbus Bechterew mit peripherer Gelenkbeteiligung sowie ein Sjögren-Syndrom. Nach Auswertung durch den versorgungsärztlichen Dienst lehnte das zwischenzeitlich zuständig gewordene Landratsamt Heilbronn (LRA) den Antrag mit Bescheid vom 18. Februar 2005 ab. Seit der letzten Feststellung des GdB hätte sich keine wesentliche Änderung ergeben. Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 8. März 2005, in dem er zusätzlich auf einen Bandscheibenvorfall und Ellenbogenschmerzen hinwies. Das LRA holte einen Befundbericht von dem behandelnden Hausarzt Dr. H. (Eingang beim LRA am 4. April 2005) ein, der verschiedene Arztbriefe beifügte, sowie den weiteren Befundbericht von Dr. G. vom 7. Mai 2005. Hierzu nahm Dr. B. für den versorgungsärztlichen Dienst am 16. Juni 2005 Stellung. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juli 2005 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Beim Kläger liege ein Morbus Bechterew mit peripherer Gelenkbeteiligung vor. Es werde über eine gute Entfaltbarkeit der Wirbelsäule berichtet. Nervenwurzelreizerscheinungen träten nur vorüB.ehend auf. Bezüglich der Kniegelenke würden intermitierende Bewegungseinschränkungen beschrieben. Eine Funktionsbeeinträchtigung des Ellenbogengelenks sei nicht objektiviert. Anderweitige Funktionsbeeinträchtigungen mit Dauerwirkung könnten den vorliegenden Berichten nicht entnommen werden.
Deswegen erhob der Kläger am 5. August 2005 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage. Die Wirbelsäulenbeschwerden hätten sich durch einen Bandscheibenvorfall deutlich verschlechtert. Auch der Morbus Bechterew sei schlimmer geworden. Er leide unter schmerzhaften, entzündlichen Veränderungen an beiden Kniegelenken und nicht, wie im Widerspruchsbescheid ausgeführt, nur an einem. Das SG zog den Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik Höhenblick (Baden-Baden) vom 29. April 2005, in der sich der Kläger in der Zeit vom 24. März bis 21. April 2005 aufgehalten hatte, bei. Darin wurden eine Spondylarthritis, z. B. Spondylitis ankylosans, mit peripherer Gelenkbeteiligung, ein Bandscheibenvorfall L5/S1 ohne neurologische Symptomatik und ein sekundäres Fibromyalgiesyndrom als Diagnosen genannt. Der Kläger war für seine Tätigkeit als Maschinenwerker arbeitsfähig entlassen worden. In der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 12. Januar 2006 sah Dr. Götz den festgestellten GdB durch den Inhalt des Entlassberichtes bestätigt. Das SG holte das orthopädische Gutachten des Dr. R. vom 10. Juli 2007 ein. Dieser diagnostizierte eine Spondylitis ankylosans/Morbus Bechterew mit Befall beider Kreuzdarmbeinfugen und wiederkehrender Gelenkreizsymptomatik, die er mit einem Teil-GdB von 40 bewertete, sowie eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule bei degenerativen Aufbraucherscheinungen der Halswirbelsäule (HWS) sowie erworbenen Formveränderungen im Bereich der Brustwirbelsäule (BWS) und initialen Aufbraucherscheinungen der Lendenwirbelsäule (LWS) mit wiederkehrenden Reizzuständen, die er mit einem Teil-GdB von 20 bewertete. Der Gesamt-GdB liege bei 50. Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule sei nicht rheumatisch assoziiert und von daher als eigenständiges Erkrankungsbild zu bewerten. Die im Entlassbericht gestellte Diagnose eines sekundären Fibromyalgiesyndroms sei irreführend, da es sich hierbei um ein sogenanntes aufgepfropftes Fibromyalgiesyndrom handle, welches den in der Folge der Gelenkbeteiligung entstehenden Schmerz im Bereich des gesamten Stütz- und Bewegungsapparates beschreiben solle. Gegen die Einschätzung von Dr. R. wandte Medizinaldirektor D. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 12. November 2007 ein, ein Teil-GdB von 20 für die Einschränkungen der Wirbelsäule sei angesichts der dokumentierten Funktionsdaten nicht gerechtfertigt. Bei der Bewertung komme es nicht auf röntgenologische Befunde, sondern auf funktionelle Auswirkungen an. Aus deren Ausmaß resultiere kein zusätzlicher GdB gegenüber der entzündlich-rheumatischen Erkrankung, von der der Bereich der Wirbelsäule mit betroffen sei. Mit Urteil vom 19. März 2008 gab das SG der Klage statt und verurteilte den Beklagten, beim Kläger ab dem 14. Dezember 2004 einen GdB von 50 festzustellen. Es stützte sich auf die Einschätzung des Sachverständigen Dr. R ... Auf den Inhalt des dem Beklagten am 28. April 2008 zugestellten Urteils wird Bezug genommen.
Hiergegen hat der Beklagte am 15. Mai 2008 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Der Auffassung von Dr. R. könne nicht beigetreten werden. Eine klinische Untersuchung habe keine funktionell relevanten Einschränkungen der Wirbelsäule erbracht. Wenigstens mittelgradige funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt seien damit nicht nachgewiesen. Der Beklagte hat hierzu ergänzend die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 6. Mai 2008 vorgelegt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. März 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Erwiderung trägt er vor, die Einschätzung von Dr. R. sei zutreffend.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig.
Die Berufung ist auch begründet. Das SG hätte den Beklagten nicht verurteilen dürfen, beim Kläger einen GdB von 50 festzustellen. Der Bescheid des Beklagten vom 18. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Juli 2005 erweist sich entgegen der Auffassung des SG als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass in den Verhältnissen, wie sie der Feststellung vom 9. Dezember 2002 zugrunde gelegen haben, keine wesentliche Änderung eingetreten ist und der GdB nach wie vor 40 beträgt.
Nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Von einer solchen ist im vorliegenden Zusammenhang bei einer Änderung im Gesundheitszustand des Behinderten, auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung oder Herabsetzung des GdB um wenigstens 10 folgt (BSG, Urteil vom 11. November 2004, B 9 SB 1/03 R, zitiert nach Juris Rn. 12 mit Hinweis auf BSG, Urteil vom 24. Juni 1998, B 9 SB 17/97 R, BSGE 82, 176, SozR 3-3870 § 4 Nr. 24).
Nach § 69 Abs. 1 Satz 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) werden die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als GdB (im Sinne des Gesamt-GdB nach Rn. 19 Abs. 1 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz (AHP), Herausgeber: Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Bonn, 2008) nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Bei der Feststellung des GdB sind im Interesse der gleichmäßigen Beurteilung der Behinderungen die AHP zugrunde zu legen, bei denen es sich nach der Rechtsprechung um antizipierte Sachverständigengutachten handelt und die wie untergesetzliche Normen anzuwenden sind (BSG, Urteil vom 11. November 2004, B 9 SB 1/03 R, zitiert nach Juris Rn. 13). Der im Verfügungssatz des Bescheids festzustellende GdB ist Ergebnis einer Gesamtwürdigung der Auswirkungen der verschiedenen Teilhabebeeinträchtigungen unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander (vgl. AHP Rn. 19, Seite 24).
Unter Beachtung dieser Grundsätze wird der Kläger durch die Ablehnung des Änderungsantrags unter Zugrundelegung eines nach wie vor bestehenden GdB von 40 nicht beschwert.
Beim Kläger liegt eine entzündlich-rheumatische Krankheit vor. Diese wird von Dr. G. eindeutig als Morbus Bechterew, von Dr. H. als Morbus Bechterew sowie Spondylarthritis, im Reha-Entlassbericht vom 29. April 2005 als Spondylarthritis, z. B. Spondylitis ankylosans sowie vom Sachverständigen Dr. R. als Spondylitis ankylosans, Morbus Bechterew diagnostiziert. Nach den AHP S. 112 wird bei den entzündlich-rheumatischen Krankheiten zwischen solchen ohne wesentliche Funktionseinschränkung, mit geringen Auswirkungen, mit mittelgradigen Auswirkungen und mit schweren Auswirkungen unterschieden. Dabei werden die geringen Auswirkungen näher mit leichtgradigen Funktionseinbußen und Beschwerden je nach Art und Umfang des Gelenkbefalls sowie geringer Krankheitsaktivität einhergehend beschrieben. Für die Annahme mittelgradiger Auswirkung werden dauernde erhebliche Funktionseinbußen und Beschwerden sowie eine therapeutisch schwer beeinflussbare Krankheitsaktivität vorausgesetzt. Von Letzterem kann nach der überzeugenden Einschätzung des versorgungsärztlichen Dienstes, die in Übereinstimmung mit der Bewertung durch den Sachverständigen Dr. R. steht, nicht ausgegangen werden. Insbesondere konnte Dr. R. keine dauernden erheblichen Funktonseinbußen objektivieren. Aus dem Reha-Entlassbericht ergeben sich auch keine Anhaltspunkte für eine therapeutisch schwer beeinflussbare Krankheitsaktivität. Der Kläger wurde am 21. April 2005 als arbeitsfähig entlassen. Die Symptomatik wurde zwar als weiterhin behandlungsbedürftig, aber ohne daraus resultierende aktuelle sozialmedizinsch relevante Teilhabestörungen angesehen. Nach den anamnestischen Angaben des Klägers gegenüber Dr. R. konsultiert er nur selten seinen behandelnden Orthopäden und Rheumatologen Dr. G ... Er hat sich keine Krankengymnastik mehr rezeptieren lassen und übt lieber zuhause selbst. Dies spricht ebenfalls gegen eine erhebliche und therapeutisch schwer beeinflussbare Krankheitsaktivität.
Der Senat verkennt nicht, dass der Kläger aufgrund seiner Erkrankung Beschwerden hat. Diese sind jedoch mit dem GdB von 40, der bei entzündlich-rheumatischen Krankheiten mit geringeren Auswirkungen die obere Grenze des in den AHP vorgesehenen Korridors von 20 bis 40 darstellt, angemessen berücksichtigt. Das hat auch der Sachverständige Dr. R. bestätigt.
Das im Reha-Entlassbericht vom 29. April 2005 zusätzlich genannte sekundäre Fibromyalgiesyndrom rechtfertigt keine eigenständige GdB-Bewertung. Überzeugend weist Dr. R. darauf hin, dass es sich hierbei allenfalls um ein sogenanntes aufgepfropftes Fibromyalgiesyndrom handelt, welches den in der Folge der entzündlich-rheumatischen Krankheit entstehenden Schmerz in Bereich des gesamten Stütz- und Bewegungsapparats beschreiben soll. Eine doppelte Berücksichtigung dieses Beschwerdebilds kommt nicht in Betracht.
Entgegen der Einschätzung des Sachverständigen Dr. R., der sich das SG insoweit angeschlossen hat, ist es nicht gerechtfertigt, eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit einem eigenständigen GdB von 20 zu berücksichtigen. Völlig zu Recht hat Medizinaldirektor D. in der Stellungnahme vom 12. November 2007 darauf hingewiesen, dass die von Dr. R. erhobenen Befunde eine solche Bewertung nicht rechtfertigen. Nach den AHP S. 116 kommt ein GdB von 20 erst bei Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) in Betracht. Derartiges liegt beim Kläger nicht vor. Vielmehr hat die klinische Untersuchung durch Dr. R. keine funktionell relevante Einschränkung der HWS-Dreh-Neige- und Vor- und Rückwärtsbeweglichkeit gezeigt. Die BWS erwies sich als nahezu uneingeschränkt entfaltbar. Entsprechendes gilt für die LWS. Maßgeblich für die Bestimmung des GdB sind die funktionellen Auswirkungen und nicht röntgenologische Befunde, auf die Dr. R. hinweist. Im Übrigen hat Dr. R. neurologische Ausfallerscheinungen, die eine eventuelle Höherbewertung rechtfertigen könnten, ausgeschlossen.
Ferner spricht die Grunderkrankung des Klägers gegen eine eigenständige Bewertung der Wirbelsäulenschäden. Medizinaldirektor D. führt überzeugend aus, dass die entzündlich-rheumatische Erkrankung auch den Bereich der Wirbelsäule mit betrifft. Beschwerden an der Wirbelsäule sind infolge dessen bereits von der Bewertung der entzündlich-rheumatischen Erkrankung umfasst. In dieser Frage erweist sich die Einschätzung von Dr. R. zudem als widersprüchlich. Hinsichtlich der nicht zusätzlich zu erfolgenden Bewertung des Fibromyalgiesyndroms (s. o.) argumentierte auch er sinngemäß dahingehend, dass dieses als Folge der wegen der Gelenkbeteiligung (der Spondylitis ankylosans) entstehenden Schmerzen im Bereich des gesamten Stütz- und Bewegungsapparates - mithin auch der Wirbelsäule - zu sehen ist. Es ist aber nicht ersichtlich, weswegen dies nicht auch für die von Dr. R. beschriebenen Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule gelten soll. Dabei ist anzumerken, dass auch Dr. R. dem Bandscheibenvorfall offensichtlich keine erhebliche Bedeutung beimisst. Selbst wenn dem nicht so wäre, müsste im Übrigen von einer Überschneidung der Funktionsbeeinträchtigungen ausgegangen werden. Darüber hinaus ist es nach den AHP S. 26 bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Davon müsste hier in jedem Fall ausgegangen werden.
Einer Bewertung mit einem GdB von 50 aufgrund von Beschwerden auf dem orthopädischen Fachgebiet sowie wegen Schmerzen stehen auch die Schilderungen des Klägers zu seinem Tagesablauf und zu seiner Berufsausübung gegenüber Dr. R. entgegen. Der Kläger ist danach in einem Zweischichtbetrieb berufstätig. Er war am Tag der Untersuchung in der Lage, zwei Stunden ohne Pause mit dem Auto selbst zum Sachverständigen zu fahren, obwohl er, befragt nach seinen Beschwerden, angab, vielleicht nur zehn Minuten sitzen zu können. Bei der Schilderung seines Alltags gab der Kläger keine Einschränkungen an, er führte vielmehr aus, er erledige alle anfallenden Arbeiten zuhause, nehme Arzt- und Behördentermine war und erledige seine Büroarbeiten. Vor diesem Hintergrund ist der Kläger, ungeachtet der von ihm angegebenen Schmerzen, doch nicht so stark beeinträchtigt, wie etwa beim Verlust einer Hand oder eines Unterschenkels, bei einer vollständigen Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule, bei Herz-Kreislaufschäden oder Einschränkung der Lungenfunktion mit nachgewiesener Leistungsbeeinträchtigung bereits bei leichter Belastung oder bei Hirnschäden mit mittelschwerer Leistungsbeeinträchtigung - alles Funktionsbeeinträchtigungen, bei denen nach den AHP ein GdB von 50 gerechtfertigt ist (S. 25), und die hier als Vergleichsmaßstab heranzuziehen sind.
Der Berufung des Beklagten war mithin stattzugeben, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Verschlimmerung von Funktionsbeeinträchtigungen beim Kläger die Erhöhung des Grads der Behinderung (GdB) von 40 auf 50 rechtfertigt.
Bei dem 1963 geborenen Kläger stellte das damals zuständige Versorgungsamt Heilbronn (VA) mit Bescheid vom 9. Dezember 2002 aufgrund einer entzündlich rheumatischen Erkrankung einen GdB von 40 seit dem 22. Juli 2002 fest. Ein Widerspruch des Klägers hiergegen blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2003).
Am 14. Dezember 2004 beantragte der Kläger die Erhöhung des GdB, da sich seine Knie- und Wirbelsäulenbeschwerden verschlimmert hätten. Das VA holte den Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr. G. vom 6. Februar 2005 ein. Dieser nannte als Diagnosen einen Morbus Bechterew mit peripherer Gelenkbeteiligung sowie ein Sjögren-Syndrom. Nach Auswertung durch den versorgungsärztlichen Dienst lehnte das zwischenzeitlich zuständig gewordene Landratsamt Heilbronn (LRA) den Antrag mit Bescheid vom 18. Februar 2005 ab. Seit der letzten Feststellung des GdB hätte sich keine wesentliche Änderung ergeben. Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 8. März 2005, in dem er zusätzlich auf einen Bandscheibenvorfall und Ellenbogenschmerzen hinwies. Das LRA holte einen Befundbericht von dem behandelnden Hausarzt Dr. H. (Eingang beim LRA am 4. April 2005) ein, der verschiedene Arztbriefe beifügte, sowie den weiteren Befundbericht von Dr. G. vom 7. Mai 2005. Hierzu nahm Dr. B. für den versorgungsärztlichen Dienst am 16. Juni 2005 Stellung. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juli 2005 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Beim Kläger liege ein Morbus Bechterew mit peripherer Gelenkbeteiligung vor. Es werde über eine gute Entfaltbarkeit der Wirbelsäule berichtet. Nervenwurzelreizerscheinungen träten nur vorüB.ehend auf. Bezüglich der Kniegelenke würden intermitierende Bewegungseinschränkungen beschrieben. Eine Funktionsbeeinträchtigung des Ellenbogengelenks sei nicht objektiviert. Anderweitige Funktionsbeeinträchtigungen mit Dauerwirkung könnten den vorliegenden Berichten nicht entnommen werden.
Deswegen erhob der Kläger am 5. August 2005 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage. Die Wirbelsäulenbeschwerden hätten sich durch einen Bandscheibenvorfall deutlich verschlechtert. Auch der Morbus Bechterew sei schlimmer geworden. Er leide unter schmerzhaften, entzündlichen Veränderungen an beiden Kniegelenken und nicht, wie im Widerspruchsbescheid ausgeführt, nur an einem. Das SG zog den Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik Höhenblick (Baden-Baden) vom 29. April 2005, in der sich der Kläger in der Zeit vom 24. März bis 21. April 2005 aufgehalten hatte, bei. Darin wurden eine Spondylarthritis, z. B. Spondylitis ankylosans, mit peripherer Gelenkbeteiligung, ein Bandscheibenvorfall L5/S1 ohne neurologische Symptomatik und ein sekundäres Fibromyalgiesyndrom als Diagnosen genannt. Der Kläger war für seine Tätigkeit als Maschinenwerker arbeitsfähig entlassen worden. In der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 12. Januar 2006 sah Dr. Götz den festgestellten GdB durch den Inhalt des Entlassberichtes bestätigt. Das SG holte das orthopädische Gutachten des Dr. R. vom 10. Juli 2007 ein. Dieser diagnostizierte eine Spondylitis ankylosans/Morbus Bechterew mit Befall beider Kreuzdarmbeinfugen und wiederkehrender Gelenkreizsymptomatik, die er mit einem Teil-GdB von 40 bewertete, sowie eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule bei degenerativen Aufbraucherscheinungen der Halswirbelsäule (HWS) sowie erworbenen Formveränderungen im Bereich der Brustwirbelsäule (BWS) und initialen Aufbraucherscheinungen der Lendenwirbelsäule (LWS) mit wiederkehrenden Reizzuständen, die er mit einem Teil-GdB von 20 bewertete. Der Gesamt-GdB liege bei 50. Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule sei nicht rheumatisch assoziiert und von daher als eigenständiges Erkrankungsbild zu bewerten. Die im Entlassbericht gestellte Diagnose eines sekundären Fibromyalgiesyndroms sei irreführend, da es sich hierbei um ein sogenanntes aufgepfropftes Fibromyalgiesyndrom handle, welches den in der Folge der Gelenkbeteiligung entstehenden Schmerz im Bereich des gesamten Stütz- und Bewegungsapparates beschreiben solle. Gegen die Einschätzung von Dr. R. wandte Medizinaldirektor D. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 12. November 2007 ein, ein Teil-GdB von 20 für die Einschränkungen der Wirbelsäule sei angesichts der dokumentierten Funktionsdaten nicht gerechtfertigt. Bei der Bewertung komme es nicht auf röntgenologische Befunde, sondern auf funktionelle Auswirkungen an. Aus deren Ausmaß resultiere kein zusätzlicher GdB gegenüber der entzündlich-rheumatischen Erkrankung, von der der Bereich der Wirbelsäule mit betroffen sei. Mit Urteil vom 19. März 2008 gab das SG der Klage statt und verurteilte den Beklagten, beim Kläger ab dem 14. Dezember 2004 einen GdB von 50 festzustellen. Es stützte sich auf die Einschätzung des Sachverständigen Dr. R ... Auf den Inhalt des dem Beklagten am 28. April 2008 zugestellten Urteils wird Bezug genommen.
Hiergegen hat der Beklagte am 15. Mai 2008 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Der Auffassung von Dr. R. könne nicht beigetreten werden. Eine klinische Untersuchung habe keine funktionell relevanten Einschränkungen der Wirbelsäule erbracht. Wenigstens mittelgradige funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt seien damit nicht nachgewiesen. Der Beklagte hat hierzu ergänzend die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 6. Mai 2008 vorgelegt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. März 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Erwiderung trägt er vor, die Einschätzung von Dr. R. sei zutreffend.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig.
Die Berufung ist auch begründet. Das SG hätte den Beklagten nicht verurteilen dürfen, beim Kläger einen GdB von 50 festzustellen. Der Bescheid des Beklagten vom 18. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Juli 2005 erweist sich entgegen der Auffassung des SG als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass in den Verhältnissen, wie sie der Feststellung vom 9. Dezember 2002 zugrunde gelegen haben, keine wesentliche Änderung eingetreten ist und der GdB nach wie vor 40 beträgt.
Nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Von einer solchen ist im vorliegenden Zusammenhang bei einer Änderung im Gesundheitszustand des Behinderten, auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung oder Herabsetzung des GdB um wenigstens 10 folgt (BSG, Urteil vom 11. November 2004, B 9 SB 1/03 R, zitiert nach Juris Rn. 12 mit Hinweis auf BSG, Urteil vom 24. Juni 1998, B 9 SB 17/97 R, BSGE 82, 176, SozR 3-3870 § 4 Nr. 24).
Nach § 69 Abs. 1 Satz 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) werden die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als GdB (im Sinne des Gesamt-GdB nach Rn. 19 Abs. 1 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz (AHP), Herausgeber: Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Bonn, 2008) nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Bei der Feststellung des GdB sind im Interesse der gleichmäßigen Beurteilung der Behinderungen die AHP zugrunde zu legen, bei denen es sich nach der Rechtsprechung um antizipierte Sachverständigengutachten handelt und die wie untergesetzliche Normen anzuwenden sind (BSG, Urteil vom 11. November 2004, B 9 SB 1/03 R, zitiert nach Juris Rn. 13). Der im Verfügungssatz des Bescheids festzustellende GdB ist Ergebnis einer Gesamtwürdigung der Auswirkungen der verschiedenen Teilhabebeeinträchtigungen unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander (vgl. AHP Rn. 19, Seite 24).
Unter Beachtung dieser Grundsätze wird der Kläger durch die Ablehnung des Änderungsantrags unter Zugrundelegung eines nach wie vor bestehenden GdB von 40 nicht beschwert.
Beim Kläger liegt eine entzündlich-rheumatische Krankheit vor. Diese wird von Dr. G. eindeutig als Morbus Bechterew, von Dr. H. als Morbus Bechterew sowie Spondylarthritis, im Reha-Entlassbericht vom 29. April 2005 als Spondylarthritis, z. B. Spondylitis ankylosans sowie vom Sachverständigen Dr. R. als Spondylitis ankylosans, Morbus Bechterew diagnostiziert. Nach den AHP S. 112 wird bei den entzündlich-rheumatischen Krankheiten zwischen solchen ohne wesentliche Funktionseinschränkung, mit geringen Auswirkungen, mit mittelgradigen Auswirkungen und mit schweren Auswirkungen unterschieden. Dabei werden die geringen Auswirkungen näher mit leichtgradigen Funktionseinbußen und Beschwerden je nach Art und Umfang des Gelenkbefalls sowie geringer Krankheitsaktivität einhergehend beschrieben. Für die Annahme mittelgradiger Auswirkung werden dauernde erhebliche Funktionseinbußen und Beschwerden sowie eine therapeutisch schwer beeinflussbare Krankheitsaktivität vorausgesetzt. Von Letzterem kann nach der überzeugenden Einschätzung des versorgungsärztlichen Dienstes, die in Übereinstimmung mit der Bewertung durch den Sachverständigen Dr. R. steht, nicht ausgegangen werden. Insbesondere konnte Dr. R. keine dauernden erheblichen Funktonseinbußen objektivieren. Aus dem Reha-Entlassbericht ergeben sich auch keine Anhaltspunkte für eine therapeutisch schwer beeinflussbare Krankheitsaktivität. Der Kläger wurde am 21. April 2005 als arbeitsfähig entlassen. Die Symptomatik wurde zwar als weiterhin behandlungsbedürftig, aber ohne daraus resultierende aktuelle sozialmedizinsch relevante Teilhabestörungen angesehen. Nach den anamnestischen Angaben des Klägers gegenüber Dr. R. konsultiert er nur selten seinen behandelnden Orthopäden und Rheumatologen Dr. G ... Er hat sich keine Krankengymnastik mehr rezeptieren lassen und übt lieber zuhause selbst. Dies spricht ebenfalls gegen eine erhebliche und therapeutisch schwer beeinflussbare Krankheitsaktivität.
Der Senat verkennt nicht, dass der Kläger aufgrund seiner Erkrankung Beschwerden hat. Diese sind jedoch mit dem GdB von 40, der bei entzündlich-rheumatischen Krankheiten mit geringeren Auswirkungen die obere Grenze des in den AHP vorgesehenen Korridors von 20 bis 40 darstellt, angemessen berücksichtigt. Das hat auch der Sachverständige Dr. R. bestätigt.
Das im Reha-Entlassbericht vom 29. April 2005 zusätzlich genannte sekundäre Fibromyalgiesyndrom rechtfertigt keine eigenständige GdB-Bewertung. Überzeugend weist Dr. R. darauf hin, dass es sich hierbei allenfalls um ein sogenanntes aufgepfropftes Fibromyalgiesyndrom handelt, welches den in der Folge der entzündlich-rheumatischen Krankheit entstehenden Schmerz in Bereich des gesamten Stütz- und Bewegungsapparats beschreiben soll. Eine doppelte Berücksichtigung dieses Beschwerdebilds kommt nicht in Betracht.
Entgegen der Einschätzung des Sachverständigen Dr. R., der sich das SG insoweit angeschlossen hat, ist es nicht gerechtfertigt, eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit einem eigenständigen GdB von 20 zu berücksichtigen. Völlig zu Recht hat Medizinaldirektor D. in der Stellungnahme vom 12. November 2007 darauf hingewiesen, dass die von Dr. R. erhobenen Befunde eine solche Bewertung nicht rechtfertigen. Nach den AHP S. 116 kommt ein GdB von 20 erst bei Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) in Betracht. Derartiges liegt beim Kläger nicht vor. Vielmehr hat die klinische Untersuchung durch Dr. R. keine funktionell relevante Einschränkung der HWS-Dreh-Neige- und Vor- und Rückwärtsbeweglichkeit gezeigt. Die BWS erwies sich als nahezu uneingeschränkt entfaltbar. Entsprechendes gilt für die LWS. Maßgeblich für die Bestimmung des GdB sind die funktionellen Auswirkungen und nicht röntgenologische Befunde, auf die Dr. R. hinweist. Im Übrigen hat Dr. R. neurologische Ausfallerscheinungen, die eine eventuelle Höherbewertung rechtfertigen könnten, ausgeschlossen.
Ferner spricht die Grunderkrankung des Klägers gegen eine eigenständige Bewertung der Wirbelsäulenschäden. Medizinaldirektor D. führt überzeugend aus, dass die entzündlich-rheumatische Erkrankung auch den Bereich der Wirbelsäule mit betrifft. Beschwerden an der Wirbelsäule sind infolge dessen bereits von der Bewertung der entzündlich-rheumatischen Erkrankung umfasst. In dieser Frage erweist sich die Einschätzung von Dr. R. zudem als widersprüchlich. Hinsichtlich der nicht zusätzlich zu erfolgenden Bewertung des Fibromyalgiesyndroms (s. o.) argumentierte auch er sinngemäß dahingehend, dass dieses als Folge der wegen der Gelenkbeteiligung (der Spondylitis ankylosans) entstehenden Schmerzen im Bereich des gesamten Stütz- und Bewegungsapparates - mithin auch der Wirbelsäule - zu sehen ist. Es ist aber nicht ersichtlich, weswegen dies nicht auch für die von Dr. R. beschriebenen Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule gelten soll. Dabei ist anzumerken, dass auch Dr. R. dem Bandscheibenvorfall offensichtlich keine erhebliche Bedeutung beimisst. Selbst wenn dem nicht so wäre, müsste im Übrigen von einer Überschneidung der Funktionsbeeinträchtigungen ausgegangen werden. Darüber hinaus ist es nach den AHP S. 26 bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Davon müsste hier in jedem Fall ausgegangen werden.
Einer Bewertung mit einem GdB von 50 aufgrund von Beschwerden auf dem orthopädischen Fachgebiet sowie wegen Schmerzen stehen auch die Schilderungen des Klägers zu seinem Tagesablauf und zu seiner Berufsausübung gegenüber Dr. R. entgegen. Der Kläger ist danach in einem Zweischichtbetrieb berufstätig. Er war am Tag der Untersuchung in der Lage, zwei Stunden ohne Pause mit dem Auto selbst zum Sachverständigen zu fahren, obwohl er, befragt nach seinen Beschwerden, angab, vielleicht nur zehn Minuten sitzen zu können. Bei der Schilderung seines Alltags gab der Kläger keine Einschränkungen an, er führte vielmehr aus, er erledige alle anfallenden Arbeiten zuhause, nehme Arzt- und Behördentermine war und erledige seine Büroarbeiten. Vor diesem Hintergrund ist der Kläger, ungeachtet der von ihm angegebenen Schmerzen, doch nicht so stark beeinträchtigt, wie etwa beim Verlust einer Hand oder eines Unterschenkels, bei einer vollständigen Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule, bei Herz-Kreislaufschäden oder Einschränkung der Lungenfunktion mit nachgewiesener Leistungsbeeinträchtigung bereits bei leichter Belastung oder bei Hirnschäden mit mittelschwerer Leistungsbeeinträchtigung - alles Funktionsbeeinträchtigungen, bei denen nach den AHP ein GdB von 50 gerechtfertigt ist (S. 25), und die hier als Vergleichsmaßstab heranzuziehen sind.
Der Berufung des Beklagten war mithin stattzugeben, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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