L 3 B 54/00 U ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 68 U 437/00 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 B 54/00 U ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 7. Juli 2000 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin, die ein Unternehmen des Bewachungsgewerbes betreibt, begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen einen Beitragsbescheid der Antragsgegnerin.

Durch Bescheid vom 25. April 2000 setzte die Antragsgegnerin den von der Antragstellerin für das Jahr 1999 zu entrichtenden Gesamtbeitrag auf 83.029,91 DM fest. Dieser Betrag errechnete sich aus dem Bruttoarbeitsentgelt von 3.930.607,00 DM, der Gefahrklasse 3,61 und einem Beitragsfuß von 5,15, was einen reinen Betrag von 73.075,88 DM ergab. Hinzu kamen der Anteil am gemeinsamen Ausgleich in Höhe von 3.285,76 DM sowie die Insolvenzgeld-Umlage in Höhe von 6.668,27 DM. Weiterhin wies der Beitragsbescheid wie auch die am 2. Juni 2000 erfolgte Mahnung einen Beitragsrückstand von insgesamt 468.567,17 DM aus. Gegen den Beitragsbescheid erhob die Antragstellerin mit Schreiben vom 26. Mai 2000 Widerspruch.

Am 31. Mai 2000 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Berlin beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruches vom 26.Mai 2000 gegen den Beitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 25. April 2000 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens anzuordnen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Beitrag sei unangemessen hoch festgesetzt worden. So sei eine zu hohe Lohnsumme unter Berücksichtigung von Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschlägen sowie vermögenswirksamer Leistungen und unter Zugrundelegung der Gesamtarbeitszeit anstatt der Regelarbeitszeit ermittelt worden. Ihre Veranlagung zur Gefahrklasse 3,61 sei unzutreffend. Letztere stehe im Widerspruch zu dem gesetzgeberischen Grundgedanken, nach dem Unternehmen entsprechend ihrem konkreten Gefährdungsgrad veranlagt werden müssten. Sie, die Antragstellerin, führe gefahrgeneigte Überwachungstätigkeiten nicht durch, sie senke im Übrigen die Risiken durch ein umfassendes Arbeits- und Gesundheitsschutzmanagement. Die Antragsgegnerin habe bisher weder die Beitragsentwicklung noch die den Beitragssätzen zu Grunde gelegten Lohnsummen und Entschädigungsleistungen nachvollziehbar dargestellt. Auch habe die Antragsgegnerin bei den besonderen Sportvereinen für die Jahre 1995 bis 1997 auf 2/3 des festgesetzten Beitrages, etwa 160.000.000,00 DM verzichtet, was zu Lasten der übrigen Mitglieder gehe. Mit anderen Mitgliedsunternehmen der Bewachungsbranche seien in den Jahren 1984 bis 1994 Vereinbarungen getroffen worden, aus denen sich für die Unternehmen eine geringere Beitragsschuld ergebe. Über einen Herabsetzungsantrag habe die Antragsgegnerin bisher noch nicht entschieden. Bei dieser Sachlage müssten ernste Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beitragsforderung bejaht werden.

Die Antragsgegnerin hat in ihrer Stellungnahme dargelegt, es fehle schon an einem Anordnungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung. So sei von der Antragstellerin nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden, dass ihr durch den Vollzug des Beitragsbescheides schwere und unzumutbare Nachteile drohen, die auch durch eine ihr günstige Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht rückgängig zu machen wären. Es sei der Antragstellerin daher zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Insoweit verweise sie auch auf die vorangegangene Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin in dem Verfahren L 3 B 90/99 U ER vom 25. November 1999. Im Übrigen würde durch die Aussetzung der Beitragspflicht eine Gefährdung ihrer Leistungsfähigkeit eintreten. Die der Beitragsberechnung zu Grunde gelegte Lohnsumme entspreche den gesetzlichen Regelungen, denn als Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 Viertes Sozialgesetzbuch (SGB IV) würden jegliche Einnahmen aus einer Beschäftigung gelten und zwar unabhängig davon, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet würden.

Das Sozialgericht hat durch Beschluss vom 7. Juli 2000 den Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruches vom 26. Mai 2000 gegen den Beitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 25. April 2000 für das Jahr 1999 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens anzuordnen, abgelehnt. Es hat im Einzelnen ausgeführt:

Die Antragstellerin hat keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die nach summarischer Prüfung des Rechtsstreits ein Obsiegen im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher erscheinen lassen als einen Misserfolg.

Die Antragstellerin geht erkennbar von einem falschen Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne des § 14 SGB IV aus, der der Lohnsummenermittlung zugrunde zu legen ist. Auch einmalige Zahlungen und Zuschläge, die im Zusammenhang mit einem Beschäftigungsverhältnis gezahlt werden wie z.B. vermögenswirksame Leistungen stellen Arbeitseinkommen dar. Auch Entgelte, die für über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleistete Arbeit entrichtet werden, sind bei der für die Beitragsberechnung maßgeblichen Lohnsumme zu berücksichtigen, sie stellen Arbeitseinkommen dar.

Somit kann nicht festgestellt werden, dass die Antragstellerin zu Unrecht Entgelte bei der Ermittlung der Beitragsförderung berücksichtigt hat.

Ob die besonderen Anstrengungen der Antragstellerin zur Unfallverhütung, wie z.B. die Gewährung von Nachlässen oder Prämien im Sinne des § 162 SGB VII rechtfertigen, vermag auf entsprechenden Antrag - einen Herabsetzungsantrag hat die Antragstellerin nach Mitteilung der Antragsgegnerin bisher nicht gestellt - geklärt werden, das Ergebnis ist offen, ein Obsiegen kann als wahrscheinlich nicht festgestellt werden.

In der Vergangenheit liegende Sachverhalte, etwa Vereinbarungen, die die Antragsgegnerin 1984 bis 1994 bei anderen Unternehmen der Bewachungsbranche getroffen haben soll und für 1995 bis 1997 gewährte Beitagsverzichte bei den Besonderen Sportvereinen sind nicht geeignet, die auf dem ab dem 1. Januar 1998 geltenden Gefahrtarif fußende Beitragsforderung in Zweifel zu ziehen.

Eine unbillige Härte, die nur durch Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs abgewendet werden könnte, hat die Klägerin nicht behauptet, sie ist auch sonst nicht ersichtlich. Umstände, die die Annahme einer Ausnahmesituation, in der es gerechtfertigt erscheinen könnte, entgegen dem gesetzlichen Regelfall einem Widerspruch aufschiebende Wirkung zukommen zu lassen, werden weder vorgetragen noch sind sie ersichtlich. Allein die möglicherweise bestehende Rechtswidrigkeit eines Beitragsbescheides oder ein Anspruch auf Herabsetzung der Beitragsforderung rechtfertigt die beantrage Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht, solange sich die Rechtswidrigkeit nicht bereits deutlich im summarischen Verfahren herausstellt. Daran fehlt es hier.“

Gegen den ihr am 14. Juli 2000 zugestellten Beschluss richtet sich die Antragstellerin mit ihrer am 2. August 2000 beim Sozialgericht eingegangenen Beschwerde, die nicht weiter begründet worden ist.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt. Der Antragsgegnerin ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

II.

Die frist- und formgerecht (§ 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) erhobene Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig (§ 172 SGG), jedoch unbegründet. Zutreffend hat das Sozialgericht die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz abgelehnt, weil im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz im sozialgerichtlichen Verfahren nicht erfüllt sind.

Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 25. November 1999 betreffend das von der Antragstellerin zum Beitragsbescheid für das Jahr 1998 betriebene einstweilige Rechtsschutzverfahren (L 3 B 90/99 U ER) ausführlich dargelegt hat, ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), Urteil vom 19. Oktober 1977 - 2 BvR 42/76 - in BVerfGE 46, 166 ff, im Hinblick auf die in Artikel 19 Absatz 4 Grundgesetz (GG) enthaltene Garantie des effektiven Rechtsschutzes ein über die sozialgerichtlichen Regelungen hinaus gehender vorläufiger Rechtsschutz auch bei einem Widerspruchs- oder Klageverfahren gegen einen Veranlagungs- und Beitragsbescheid zu gewähren. Er setzt jedoch voraus, dass ohne ihn dem Antragsteller schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglichen Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, da die Antragstellerin derartige durch die Zahlung der Beitragsforderung für das Jahr 1999 drohende Nachteile weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht hat. Bereits in dem Verfahren L 3 B 90/99 U ER vermochte sie auch auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung vom 25. November 1999 eine Existenzgefährdung ihres Betriebes durch die Begleichung der Beitragsforderung (für das Jahr 1998) nicht darzulegen. Im Übrigen liegen hier auch nicht die Voraussetzungen des entsprechend anzuwendenden § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vor, wonach das Gericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Klage bis zur Entscheidung in der Hauptsache ganz oder teilweise sowie, sofern der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung vollzogen ist, die Aufhebung der Vollziehung anordnen kann. Auch nach Auffassung des Senats bestehen bei summarischer Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Beitragsbescheides für das Jahr 1999. Insoweit folgt der Senat der zutreffenden Begründung des Sozialgerichts und sieht gemäß § 136 Abs. 3 SGG, der im Beschlussverfahren gemäß §§ 176, 142 Abs. 1 SGG entsprechend Anwendung findet, von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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