Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
27
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 27 AS 154/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 62/08
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 13.11.06 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10.01.07 sowie des Widerspruchsbescheides vom 13.03.07 verurteilt, den Klägern für den Bewilligungszeitraum vom 01.12.06 bis zum 31.05.07 jeweils monatlich weitere Kosten der Unterkunft i. H. v. 50,- EUR zu bewilligen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt 2/5 der notwendigen außergerichtlichen Kosten
der Kläger.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der den Klägern für die Zeit von Dezember 2006 bis Mai 2007 bewilligten Kosten der Unterkunft. Streitig ist insofern eine monatliche Differenz in Höhe von 252,40 EUR bei der Nettokaltmiete.
Die am 07.02.1950 und 07.02.1956 geborenen Kläger sind verheiratet. Sie leben seit über dreißig Jahren im E. Stadtteil Kettwig. Seit November 2002 bewohnen sie eine 77 qm große Drei-Zimmer-Küche-Bad-Wohnung, für die eine monatliche Nettokaltmiete in Höhe von 535,15 EUR anfällt. Die Wohnung liegt in der ersten Etage eines Zweifamilienhauses. Das Erdgeschoss wird von dem Sohn der Kläger und dessen Ehefrau bewohnt. Diese haben das gesamte Haus von den Eigentümern gemietet und einen separaten Mietvertrag mit den Klägern über die im ersten Stock liegende Wohnung geschlossen.
Seit dem 01.01.2005 beziehen die Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - SGB II -. Auf den Erstantrag, nachdem kein anrechenbares Vermögen vorhanden war, wird Bezug genommen.
Die Beklagte bewilligte im Folgenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II unter Berücksichtigung der tatsächlichen Nettokaltmiete sowie der tatsächlichen Neben- und Heizkosten. Zwischenzeitlich erzieltes Nebeneinkommen des Klägers zu 1) wurde angerechnet.
Zuletzt mit Bewilligungsbescheid vom 27.10.2006 bewilligte die Beklagte der Bedarfsgemeinschaft Leistungen für den Monat November 2006 in Höhe von insgesamt 1308,23 EUR.
Mit Schreiben vom 19.05.2006 wies die Beklagte die Kläger darauf hin, dass für einen Zwei-Personen-Haushalt im Bereich der Stadt Essen eine Nettokaltmiete ohne Betriebs-, Neben- und Heizkosten in Höhe von 282,49 EUR angemessen sei. Die tatsächliche Nettokaltmiete liege bei 535,- EUR und übersteige den angemessenen Umfang um monatlich 252,51 EUR. Den Klägern wurde empfohlen, die Aufwendungen für die Unterkunft durch Wohnungswechsel, durch vermieten oder auf andere Weise zu senken. Die entsprechenden Bemühungen sollten dokumentiert werden, da diese gegebenenfalls später nachgewiesen werden müssten. Die unangemessenen Unterkunftskosten könnten längstens bis zum 30.11.2006 übernommen werden.
Auf den Fortzahlungsantrag der Kläger vom 09.11.2006 bewilligte die Beklagte mit dem Bescheid vom 13.11.2006 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10.01.2007 monatliche Leistungen für den Bewilligungszeitraum vom 01.12.2006 bis zum 31.05.2007. Hinsichtlich der Kosten für Unterkunft und Heizung war ingesamt ein Betrag in Höhe von 433, 83 EUR anerkannt, der sich zusammensetzt aus der von der Beklagten für angemessen erachteten Nettokaltmiete in Höhe von 282,75 EUR, den tatsächlichen Heizkosten in Höhe von 89,- EUR sowie den tatsächlichen Neben-/Betriebskosten in Höhe von 62,08 EUR. Auf die Bescheide wird Bezug genommen.
Mit ihrem hiergegen gerichteten Widerspruch trugen die Kläger vor, sie wohnten in einem Haus, in dem auch der Sohn und die Schwiegertochter wohnten. Bereits aus familiären Gründen sei ein Umzug nicht zumutbar. Auf Grund von Krankheit seien sie auf die Unterstützung der Kinder angewiesen; sie könnten nicht selbst einkaufen gehen.
Die Beklagte lies die Kläger darauf hin, von Dr. O., amtsärztlicher Dienst der Stadt E., untersuchen. Dieser kam in seinen Stellungnahmen vom 05.03.2007 und 06.03.2007, auf die jeweils Bezug genommen wird, zu dem Ergebnis, dass die Kläger erwerbsfähig seien und im Rahmen der festgestellten Leistungseinschränkungen ein Umzug zumutbar sei.
Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2007 als unbegründet zurück. Bei der Beurteilung der angemessenen Unterkunftskosten orientiere sie sich hinsichtlich der Wohnungsgröße an den Richtwerten des Wohnungsbindungsgesetzes und hinsichtlich des Quadratmeterpreises am unteren Bereich des örtlichen Mietspiegels. Die Wohnflächenobergrenze für zwei Personen betrage damit 60 qm. Für die Grundmiete ohne Nebenkosten sei ein Betrag in Höhe von 282,75 EUR angemessen. Im E. Bereich sei eine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt zu beobachten; es sei ausreichend Wohnraum im vorgegebenen Preisrahmen erhältlich. Auf den Widerspruchsbescheid im Übrigen wird Bezug genommen.
Mit der hiergegen gerichteten Klage vertreten die Kläger die Auffassung, ein Umzug in eine andere Wohnung sei ihnen bereits aus gesundheitlichen Gründen unzumutbar. Sie seien bei der Haushaltsführung auf die Unterstützung ihrer Kinder angewiesen. Diese erledigten die Einkäufe und begleiteten die Kläger zu Arztterminen. Im Übrigen sei die Wohnsitznahme in Kettwig schon vor dessen Eingemeindung nach Essen erfolgt. In dem Ort hätten sie soziale Bindungen aufgebaut. Auch wohnten alle drei Kinder in Kettwig.
Die von der Beklagten zu Grunde gelegten Angemessenheitsgrenzen würden bestritten.
Auf Anfrage des Gerichtes haben die Kläger keine konkreten Umzugsbemühungen dargelegt.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 13.11.2006 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2007 zu verurteilen, den Klägern für den Bewilligungszeitraum vom 01.12.2006 bis zum 31.05.2007 weitere Kosten der Unterkunft unter Berücksichtigung der tatsächlichen Nettokaltmiete und unter Anrechnung der von der Beklagten als angemessen berücksichtigten Nettokaltmiete zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bleibt auch im Klageverfahren bei ihrer bisher vertretenen Auffassung. Allerdings seien in Kettwig die Wohnungsangebote im allgemeinen Angemessenheitsrahmen die Ausnahme. Aktuell könne lediglich ein Angebot benannt werden. Im Durchschnitt liege das Mietniveau in Kettwig 100,- EUR über den ansonsten für E. maßgeblichen Grenzen.
Das Gericht hat Befundberichte des behandelnden Hausarztes der Kläger vom 23.08.2007 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, bei der Klägerin zu 2) komme es auf Grund einer zunehmenden Schwellneigung in beiden Beinen zu einer schmerzhaften Anschwellung bei längerem Stehen oder Sitzen (ab ca. 20 Minuten). Sie sei auf Hilfestellungen bei allen Tätigkeiten angewiesen, die zwingend ein längeres Sitzen oder Stehen als 20 Minuten erforderten. Ein Umzug in eine andere Wohnung oder in ein anderes soziales Umfeld sei ihr möglich. Für den Umzug sei Hilfe erforderlich. Auf den Bericht im Übrigen wird Bezug genommen.
Auch dem Kläger zu 1) sei ein Umzug in eine andere Wohnung und in ein anderes soziales Umfeld möglich. Auch dieser benötige in gewissem Maße Hilfe bei einem Umzug. Auch auf diesen Bericht wird Bezug genommen.
Des Weiteren hat das Gericht dem Kläger-Bevollmächtigen Ermittlungsergebnisse der Kammer zu den Angemessenheitsgrenzen im Bereich der Stadt E. aus den Verfahren S 27 AS 199/06 und S 27 AS 88/06 zur Kenntnis gebracht. Diese Ergebnisse sind der Beklagten aus zahlreichen anderen Verfahren bereits bekannt. Auf die Ermittlungsergebnisse wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Vorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 13.11.2006 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10.01.2007 sowie des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2007 ist rechtswidrig und beschwert die Kläger im Sinne des § 54 Abs 2 SGG in ihren Rechten, soweit ihnen lediglich Kosten der Unterkunft unter Berücksichtigung einer Nettokaltmiete von 282,49 EUR bewilligt worden sind. Beide Kläger haben insofern einen Anspruch auf weitere Leistungen in Höhe von jeweils 50,- EUR monatlich.
Die Kläger sind grundsätzlich nach dem SGB II leistungsberechtigt.
Nach § 7 Abs 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige) oder die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft leben.
Die Kläger zu 1) und 2) erfüllen die Voraussetzungen nach § 7 Abs 1 SGB II. Sie sind hilfebedürftig iSd § 9 Abs 1 SGB II, da sie ihren Lebensunterhalt nicht ausreichend aus eigenen Mitteln decken können. Hilfebedürftig iS von § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 iVm § 9 Abs 1 SGB II ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Diese Voraussetzungen sind gegeben.
Die Kläger haben weder Einkommen, das ihren Bedarf, bestehend aus der Regelleistung und den Kosten der Unterkunft, deckt, noch Vermögen.
Auch bestehen an der Erwerbsfähigkeit der Kläger zu 1) und 2) iSd § 8 SGB II keine Zweifel. Die bestehenden Erkrankungen erreichen offensichtlich kein die Erwerbsfähigkeit ausschließendes Ausmaß.
Die Kläger haben damit dem Grunde nach Anspruch auf Übernahme der Kosten der Unterkunft – KdU - einschließlich Heizkosten nach § 22 SGB II.
Sie haben auch jeweils einen Anspruch auf weitere Kosten der Unterkunft iHv monatlich 50,00 EUR für den Bewilligungszeitraum vom 01.12.06 bis zum 31.05.07 unter Berücksichtigung einer angemessenen Nettokaltmiete iHv 382,75 EUR, kopfanteilig verteilt auf die Kläger zu 1) und 2), statt der von der Beklagten für angemessen gehaltenen Nettokaltmiete iHv 282,75 EUR
Ein Anspruch auf Übernahme der kopfanteiligen vollen tatsächlichen Unterkunftskosten unter Berücksichtigung der tatsächlichen Nettokaltmiete iHv 535,00 EUR besteht hingegen nicht, da die tatsächlich zu entrichtende Nettokaltmiete unangemessen ist. Sie ist weder angemessen im Sinne von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II noch ist es den Klägern nicht möglich oder zumutbar, iSd sind § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, die Unterkunftskosten zu senken.
Maßgebliche Rechtslage ist die zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung gültige, hier also die zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2007 gültige Fassung von § 22 SGB II.
Nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die Angemessenheit der Kosten für Unterkunft und Heizung unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle.
Die Wohnung der Kläger ist weder hinsichtlich der Größe noch hinsichtlich der Nettokaltmiete angemessen im Sinne von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB.
Sie liegt mit einer Größe von 77 qm über den ihnen maximal zustehenden 60 qm und die monatlich von Ihnen zu entrichtende Nettokaltmiete iHv 535,15 EUR ist unangemessen iSd § 22 Abs 1 SGB II.
Der von der Beklagten zugrunde gelegte Betrag iHv 282,75 EUR, der bei einer angemessenen Wohnungsgröße von 60 qm einen Quadratmeterpreis iHv 4,71 EUR ergibt, ist grundsätzlich für das Gebiet der Stadt E. nicht zu beanstanden.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 07.11.2006, B 7 b AS 7/07 R; Urteil v. 7.11.2006, B 7b AS 18/06 R; Urteil vom 7.11.2006, B 7b AS 10/06 R, abrufbar jeweils unter www.sozialgerichtsbarkeit.de) setzt die Prüfung der Angemessenheit von Kosten für Unterkunft eine Einzelfallprüfung voraus:
Hierfür ist zunächst die maßgebliche - angemessene - Größe der Wohnung zu bestimmen, und zwar typisierend anhand der landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen für die Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus (dazu unter 1.).
Sodann ist der Wohnstandard festzulegen, wobei dem Hilfebedürftigen lediglich ein einfacher und im unteren Segment liegende Ausstattungsgrad der Wohnung zusteht (BSG aaO). Als Vergleichsmaßstab ist regelmäßig die Miete am Wohnort heranzuziehen. In Einzelfällen sind bei kleineren Gemeinden größere, bei Großstädten kleinere räumliche Bereiche denkbar (BSG, aaO, mwN). Insoweit kommt es letztlich darauf an, ob das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, der Angemessenheit entspricht. Gibt es - insbesondere in Kleinstgemeinden - keinen Wohnungsmarkt, so muss auf größere räumliche Bereiche abgestellt werden. Diese sind so zu wählen, dass dem grundsätzlich zu respektierenden Recht des Leistungsempfängers auf Verbleib in seinem sozialen Umfeld ausreichend Rechnung getragen wird (dazu unter 2.).
Nach Festlegung der abstrakten Angemessenheitsmaßstäbe muss im Rahmen einer konkreten Angemessenheitsprüfung (dazu unter 3.) festgestellt werden, ob eine bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnung konkret verfügbar und zugänglich war. Bei nicht angemessenen Unterkunftskosten ist in jedem Fall der Teil der Unterkunftskosten zu zahlen, der im Rahmen der Angemessenheit liegt (BSG aaO, mwN).
1.
Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Wohnung der Kläger der Größe nach unangemessen ist.
Mit ihren 77 qm überschreitet die Wohnung den angemessenen Wohnraum von 60 qm für einen Zweipersonenhaushalt.
Für eine alleinstehende Person ist unter Berücksichtigung der o. g. Grundsätze des BSG eine Wohnungsgröße von maximal 45 qm Wohnfläche angemessen. Dies folgt aus Ziffer 5.71 der Verwaltungsvorschriften zum Wohnungsbindungsgesetz 1990 (Ministerialblatt für das Land NRW 1989, 1714, 1716). In Ziffer 2 der Verwaltungsvorschriften zum Wohnungsbindungsgesetz vom 05.07.2004 (Ministerialblatt für das Land NRW 2004, 660) ist geregelt, dass diese Verwaltungsvorschriften auch für die Zeit nach Aufhebung des Wohnungsbindungsgesetzes und nach Inkrafttreten des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung vom 13.09.2001 (Bundesgesetzblatt I, 2376) weiterhin entsprechend anzuwenden sind. Dieser Wert ist für jede weitere Person um 15 qm zu erhöhen, so dass sich für eine aus zwei Personen bestehende Bedarfsgemeinschaft eine maximal zustehende Größe von 60 qm ergibt.
2.
Die Wohnung der Kläger ist auch im Hinblick auf die Grundmiete in Höhe von 535,15 EUR unangemessen.
Bei einer angemessenen Wohnfläche von maximal 60 qm ist für einen Zwei-Personen-Haushalt der von der Beklagten zugrunde gelegte Wert iHv 4,71 EUR/qm (282,75 EUR: 60 qm) für das Gebiet der Stadt E. grundsätzlich noch angemessen, so dass die Grundmiete ohne Nebenkosten grundsätzlich maximal 282,75 EUR betragen darf, um angemessen zu sein.
Insofern sind die Angemessenheitsgrenzen dem Mietspiegel der Stadt E. zu entnehmen, da es keine anderweitigen validen Datengrundlagen gibt.
Nach der o. g. Rechtsprechung des BSG ist als Vergleichsmaßstab regelmäßig die Miete am Wohnort heranzuziehen. Insoweit hält die Kammer es in mittlerweile ständiger Rechtsprechung grundsätzlich für ausreichend, dass auf einen Mietspiegel entsprechend § 558 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - abgestellt wird. Ein solcher ist ein hinreichend repräsentativer Vergleichsmaßstab am Wohnort. Abweichungen vom Mietspiegel zu Lasten der Leistungsempfänger müssen im Einzelnen dargelegt und nachgewiesen werden.
Dass die Beklagte sich bei der Ermittlung ihrer Angemessenheitsgrenzen tatsächlich nicht explizit auf den Mietspiegel der Stadt E. bezogen hat, ist unerheblich, da sich die von ihr ermittelten Grenzen – noch – aus dem Mietspiegel rechtfertigen lassen.
Wohnort in diesem Sinne ist nach Auffassung der erkennenden Kammer die Kommune, in der der Betroffene wohnt, vorliegend Essen. Die kreisfreie Stadt E. zählt mit knapp 583.000 Einwohnern zu den größten deutschen Städten (Daten nach wikipedia).
Es handelt sich um eine Großstadt (Definition nach Meyers Lexikon: ab 100.000 Einwohnern), die nach der Rechtsprechung des BSG in Einzelfällen ggf. auch in kleinere räumliche Bereiche zu unterteilen sein kann.
Die erkennende Kammer geht jedoch in st. Rspr. davon aus, dass zumindest bei der Festlegung der abstrakten Angemessenheitsgrenzen, ein für das gesamte Stadtgebiet existierender Mietspiegel zu Grunde zu legen ist, ohne dass die Grenzen bezogen auf Stadtteile zu ermitteln sind.
Die üblichen Mietschwankungen zwischen weniger beliebten und beliebten Wohnlagen und dadurch bedingte Härten können ggf. bei der konkreten Angemessenheitsprüfung ausgeglichen werden. Hier ist dann zu prüfen, ob in dem räumlichen Umzugsbereich, der noch zu definieren wäre, konkrete Wohnungen zu erlangen sind.
Des Weiteren geht die erkennende Kammer in st. Rspr. davon aus, dass es nur eine abstrakte Angemessenheitsgrenze für eine Kommune (anders z.T. die erstinstanzliche Rspr.) gibt und sich die Grenze nicht individuell anhand der Baualtersklasse und der zugehörigen Gruppe im Mietspiegel der tatsächlich bewohnten Wohnung bestimmt.
Nach dem E. Mietspiegel in der hier maßgeblichen Fassung 2005 (der Mietspiegel 2007 wurde erst am 01.03.2007 veröffentlicht) setzt sich der Mietwert aus dem Mietrichtwert, dem Einfluss der Wohnlage und dem Einfluss sonstiger Ausstattungsmerkmale und Gegebenheiten zusammen. Der Mietwert errechnet sich aus dem Produkt dieser Faktoren (Miete = Mietrichtwert x Wohnlage x Ausstattung), wobei für die Wohnlage und die Ausstattungsmerkmale Punktwerte vergeben werden.
Hinsichtlich des Mietrichtwertes finden sich abhängig vom Baujahr des Gebäudes Beträge zwischen 5,25 EUR je qm für bis 1912 erbaute Gebäude und 6,80 EUR je qm für ab 2004 erbaute Gebäude. Im Einzelnen:
Baujahr
Mietrichtwert EUR/qm
1912 5,25
1930 5,40
1948 5,60
1961 5,70
1974 5,75
1984 6,15
Zwischensumme 33,85
1994 6,50
1999 6,65
2004 6,80
Der sich aus der Wohnlage ergebende Faktor liegt zwischen 91 und 116 und wird zur Ermittlung des Mietwerts durch 100 dividiert. Im Einzelnen:
Wohnlage von - bis
einfach 91 - 93 - 94
einfach bis mittel 94 - 95 - 97
mittel 97 - 100 - 102
mittel bis gut 102 - 108 - 110
gut 106 - 108 - 110
sehr gut 110 - 113 - 116
Bezüglich der Ausstattung sind Heizung, Fassade, Treppenhaus, Fenster, Elektroanschlüsse, Warmwasserversorgung, sanitäre Einrichtungen, Wandfliesen und Fußboden zu bewerten. Wird jeweils der unterste Ausstattungswert addiert, ergibt sich eine Punktsumme von 83, die maximal zu erreichende Punktsumme liegt bei 120 bei überwiegend gehobener Ausstattung.
Für sonstige Einflüsse (Geschosslage, Aufzug, Anzahl der Wohneinheiten, Balkon/Loggia/Terrasse, Gartennutzung und sonstige Besonderheiten) sind weitere Werte zwischen –14 und +14 zu addieren. Insgesamt ergibt sich somit eine Punktsumme zwischen 69 und 134, die durch 100 zu dividieren ist, was einem Faktor zwischen 0,69 und 1,34 entspricht.
Der sich aus dem Mietspiegel ergebende niedrigste Mietwert für eine Wohnung zwischen 50 qm und 119 qm beträgt somit 3,49 EUR bei einer Wohnung mit Baujahr bis 1912 (= Mietrichtwert 5,25 EUR), einfach Wohnlage unterer Bereich (0,91), einfacher Ausstattung und allen in Betracht kommenden Abzügen bei sonstigen Einflüssen, jedoch unter Berücksichtigung des Wertes 0 für die Wohnungsgröße 0,73 (83 - 10: 100) (5,25 EUR x 0,91 x 0,73).
Der höchste Mietwert liegt hingegen bei 10,57 EUR (6,80 EUR x 1,16 x 1,34) unter Berücksichtigung eines 2004 oder später errichteten Gebäudes (6,80 EUR/qm), bei sehr guter Wohnlage (116), durchgehender gehobener Ausstattung (120) und allen in Betracht kommenden Aufschläge bei sonstigen Einflüssen (+14) (120 + 14: 100 = 1,34).
Der von der Beklagten zu Grunde gelegte Quadratmeterpreis iHv 4,71 EUR liegt somit im unteren, nicht aber im untersten Bereich des Mietspiegels.
Dieser Betrag lässt sich auch konkret dem Mietspiegel zuordnen:
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG (aaO), nach der Empfängern von Transferleistungen ein einfacher und im unteren Segment liegende Ausstattungsgrad einer Wohnung zusteht, hält das Gericht in st. Rspr. grundsätzlich Neubauwohnungen bis zu einem Alter von ca 20 Jahren für nicht angemessen.
Abzustellen ist damit auf älteren Baualtersgruppen eines Mietspiegels, hier die Gebäude mit einem Baujahr bis 1984.
Unter Anwendung des Anfang 2006 geltenden Mietspiegels und bei Addition der Mietrichtwerte der bis 1984 fertig gestellten Gebäude (Bezugsfertigkeit vor 1912 bis 1984) ergibt sich daraus ein durchschnittlicher Wert von 5,64 EUR (5,25 EUR +5,40 EUR + 5,60 EUR + 5,70 EUR + 5,75 EUR = 33,85 EUR: 6 Vergleichsgruppen = 5,64 EUR).
Hinsichtlich des Einfluss der Wohnlage hält die Kammer unter Berücksichtigung der Rspr des BSG (aaO) den oberen Punktwert für einfache Wohnlagen (94) für ausreichend.
In Bezug auf die Ausstattungsmerkmale geht die Kammer davon aus, dass sich die Ausstattung nicht zwingend nur im untersten sondern im unteren Bereich zu bewegen hat, so dass grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet wird, zB auch Wohnungen mit Zentralheizung und Isolierverglasung anzumieten. Insoweit hält die Kammer einen Wert von 91 Punkten (: 100) für ausreichend.
Bei den sonstigen Einflüssen ist der Punktwert für die angemessene Wohnungsgröße, hier 0, zu vergeben. In Bezug auf die Geschosslage sind auch Wohnungen im Erdgeschoss oder im vierten Obergeschoss zumutbar, so dass sich daraus ein Punktwert von -1 ergibt. Da auch Wohnungen mit mehr als 12 Wohneinheiten und Wohnungen ohne Balkon dem vom BSG geforderten einfachen Segment zuzuordnen sind, sind für diese Ausstattungsmerkmale weiter Abzüge von -6 zu machen, so dass sich für die Ausstattung insgesamt ein Punktwert von 0,84 (91 - 7 = 84: 100) ergibt.
Aus den obigen Ausführungen folgt ein Quadrameterpreis iHv 4,45 EUR (5,64 x 0,94 x 0,84), der nach Auffassung der erkennenden Kammer den untersten Wert bildet, der unter Berücksichtigung der Rspr. des BSG noch als angemessen angesehen werden kann.
Die Beklagte liegt mit ihrer Angemessenheitsgrenze von 4,71 EUR/qm über diesem Wert, was den erforderlichen und notwendigen Spielraum bei diversen Ausstattungsmerkmalen oder der Lage eröffnet.
Die Kammer verkennt nicht, dass der Mietspiegel an sich keine validen Aussagen zu der Frage zulässt, ob und in welchem Umfang tatsächlich frei verfügbare Wohnungen auf dem Markt vorhanden sind und ob die Bildung eines Mittelwerts aus den verschiedenen Vergleichsgruppen eines Mietspiegels tatsächlich den Mittelwert der Mieten in einer Kommune wiederspiegelt, da der Mietspiegel keine Angaben dazu enthält, wie viele Wohnungen jeweils den einzelnen Gruppen zuzuordnen sind.
Dennoch hält es die Kammer zur Ermittlung der abstrakten Angemessenheitsgrenzen für zulässig und ausreichend, entsprechende Mietspiegel wie vorstehend zu verwerten.
Durch die Ermittlung der abstrakten Angemessenheitsgrenze bedingte Härten können - soweit Anhaltspunkte bestehen - im Wege der konkreten Angemessenheitsprüfung ausgeglichen werden.
Im Übrigen hat das BSG (B 7b AS 18/06 R, Rz 23, aaO) die Bezugnahme auf örtliche Mietspiegel für zulässig erachtet, ohne jedoch festzulegen, welche Wohnlagen, Ausstattungsmerkmale und Altersklassen Berücksichtigung finden müssen.
3.
Hinsichtlich der konkreten Angemessenheitsgrenzen hält es die erkennende Kammer für grundsätzlich ausreichend, wenn nach summarischer Prüfung unter Zuhilfenahme frei verfügbarer Erkenntnisquellen (Internet, Zeitungsinserate) Wohnungen zu den abstrakten Angemessenheitskriterien des Leistungsträgers grundsätzlich auf dem Markt der entsprechenden Kommune bzw im zumutbaren Umzugsbereich (dazu unter a) angeboten werden (dazu unter b).
Soweit der Hilfesuchende substantiiert darlegt und nachweist, dass eine andere kostengünstigere und den abstrakten Angemessenheitsgrenzen entsprechende Unterkunft im Bedarfszeitraum auf dem örtlichen Wohnungsmarkt im zumutbaren Umzugsbereich nicht vorhanden bzw. trotz ernsthafter und intensiver Bemühungen nicht auffindbar war, muss der Leistungsträger konkrete Unterkunftsalternativen benennen, die dem Hilfebedürftigen im Bedarfszeitraum konkret zugänglich gewesen wären (dazu unter c).
ad a)
Da nach der Rechtsprechung des BSG (aaO) jeder einen Anspruch auf Verbleib im sozialen Umfeld hat, hält es das Gericht grundsätzlich und vorbehaltlich besonderer Umstände eines Einzelfalls für ausreichend, wenn im entsprechenden Stadtbezirk - nicht im Stadtteil - oder im Umkreis von 5 Kilometern zum bisherigen Wohnort ausreichend konkrete Unterkunftsalternativen vorhanden sind.
Dies gilt jedenfalls für den Bereich der Stadt E ...
Hinsichtlich des räumlichen Vergleichsmaßstabs, den die erkennende Kammer mit dem zumutbaren Umzugsbereich gleich setzt, hat das BSG (B 7b AS 18/06 R, Rz 21, aaO) ausgeführt, dass in erster Linie der Wohnort des Hilfebedürftigen maßgebend ist. Ein Umzug in einen anderen Wohnort, der mit einer Aufgabe des sozialen Umfeldes verbunden wäre, könne von ihm im Regelfall nicht verlangt werden. Dies bedeute jedoch nicht, dass sich der räumliche Vergleichsmaßstab strikt am kommunalverfassungsrechtlichen Begriff der "Gemeinde" nach dem jeweiligen landesrechtlichen Kommunalrecht orientieren müsse. Bei der Bildung des räumlichen Vergleichsmaßstabs könne es - insbesondere im ländlichen Raum - geboten sein, größere Gebiete als Vergleichsgebiete zusammenzufassen, während in größeren Städten andererseits eine Unterteilung in mehrere kleinere Vergleichsgebiete, die kommunalverfassungsrechtlich keine selbständigen Einheiten darstellten, geboten sein kann. Für eine Stadt der Größenordnung von ca 75.000 Einwohner könne das Gebiet der Stadt insgesamt den räumlichen Vergleichsmaßstab bilden.
Das Gebiet der kreisfreien Stadt E., die sich auf eine Gesamtfläche von 210,32 km² erstreckt (zu diesen und allen weiteren folgenden Angaben zur Kommunalstatistik und den geografischen Gegebenheiten vgl. www.essen.de). Die maximale Nord-Süd-Ausdehnung beträgt 21 km, die maximale Ost-West-Ausdehnung 17 km. In der Stadt leben knapp 600.000 Menschen verteilt auf 50 Stadtteile, die wiederum in 9 größere Stadtbezirke zusammengefasst sind. Die Einzelheiten zur Größe und Lage der Stadtteile bzw. Stadtbezirke ist der Karte unter www.exx.de/Deutsch/Rathaus/Statistik/Stadtbezirke.pdf) zu entnehmen. Hinsichtlich der Verteilung der Einwohner auf die Stadtteile bzw. Stadtbezirke gilt im Einzelnen folgendes:
Im Stadtbezirk I, bestehend aus den Stadtteilen Stadtkern, Ostviertel, Nordviertel, Westviertel, Südviertel, Südostviertel, Huttrop und Frillendorf leben ca. 62.000 Einwohner. Im Stadtbezirk II, bestehend aus den Stadtteilen Rüttenscheid, Rellinghausen, Bergerhausen, Stadtwald, leben ca. 54.000 Einwohner. Im Stadtbezirk III, bestehend aus den Stadtteilen Altendorf, Frohnhausen, Holsterhausen, Fulerum, Margarethenhöhe und Haarzopf leben ca. 95.000 Einwohner. Der Stadtbezirk IV besteht aus den Stadtteilen Schönebeck, Bedingrade, Frintrop, Dellwig, Gerschede, Borbeck, Bochold und Bergeborbeck und hat ca. 85.000 Einwohner. Im Stadtbezirk V, bestehend aus den Stadtteilen Altenessen-Nord, Altenessen-Süd, Karnap und Vogelheim leben ca. 57.000 Einwohner. Im Stadtbezirk VI, der sich aus den Stadtteilen Schonnebeck, Stoppenberg und Katernberg zusammen setzt, leben ca. 52.000 Bürger. Der Stadtbezirk VII, bestehend aus den Stadtteilen Steele, Kray, Freisenbruch, Horst und Leithe, umfasst ca. 71.000 Einwohner. Im Stadtbezirk VIII, bestehend aus den Stadtteilen Heisingen, Kupferdreh, Byfang, Überruhr-Hinsel, Überruhr-Holthausen und Burgaltendorf, leben ca. 50.000 Menschen. Im Stadtbezirk IX, der aus den Stadtteilen: Bredeney, Schuir, Werden, Heidhausen, Fischlaken und Kettwig besteht, leben ca, 51.000 Einwohner.
Die einzelnen Bezirke haben demnach jeweils die Größe einer Mittelstadt.
Die Kläger wohnen im Stadtbezirk IX und dort in dem südlichsten Stadtteil Kettwig. Als räumlicher Umzugsbereich kommt damit grundsätzlich dieser Bezirk in Betracht.
Abweichend von diesem Grundsatz ist jedoch vorliegend aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls der zumutbare Umzugsbereich zum Erhalt des sozialen Umfeldes auf das Gebiet des Stadtteils L beschränkt.
Dies aus folgenden Gründen:
L ist nach Kenntnis der ortskundig besetzten Richterbank und den Angaben unter wikipedia.de der jüngste und südlichst gelegene Stadtteil F1. Aufgrund seiner ländlich gelegenen Lage hat er die größte Gesamtfläche mit 15 qkm bei knapp 18.000 Einwohnern. Am 1. Januar 1975 wurde die damalige Stadt Kettwig, aus dem Kreis Düsseldorf-Mettmann in die Stadt Essen eingemeindet; der westlichste L Stadtteil N fiel an N. Die Entfernung zwischen L und dem Zentrum von F1 beträgt knapp 15 km.
L ist durch S-Bahn und Busverbindungen gut an die Stadt angeschlossen, allerdings entstehen aufgrund der Entfernung durchaus Fahrzeiten von 20 Minuten und mehr, um andere Stadtteile zu erreichen.
Die Kläger leben seit über 30 Jahren in L; ihr gesamtes soziales Umfeld befindet sich nach eigenen glaubhaften Angaben in diesem Stadtteil.
Die Klägerin zu 2) leidet zudem an einer Schwellneigung beider Beine, die nach dem Befundbericht von Dr. S. dazu führt, dass längeres Sitzen oder Stehen als 20 Minuten ohne Pause nicht möglich ist. Letzteres bedingt nach Auffassung der Kammer, dass auch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel nur eingeschränkt möglich ist.
In derartigen Fällen, in denen die Empfänger von Leistungen in fortgeschrittenem Alter sind und langjährig in einem bestimmten Stadtteil leben, dort fest verwurzelt sind und dieser Stadtteil durch geografische Gegebenheiten isoliert von den übrigen Stadtteilen liegt, so dass die Anreise aus anderen Stadtteilen mit öffentlichen Verkehrsmitteln langwierig ist und den Betroffenen die Anreise aus gesundheitlichen Gründen nur erschwert möglich ist, beschränkt sich der zumutbare räumliche Umzugsbereich - wie vorliegend - auf diesen Stadtteil, um den Erhalt des sozialen Umfeld zu gewährleisten.
Da aber nach Auskunft der Beklagten das Mietniveau in Kettwig um 100 Euro über den ansonsten für das Gebiet der Stadt Essen liegenden Grenzen liegt, ist im konkreten Einzelfall aufgrund der besonderen Umstände und zum Erhalt des sozialen Umfelds die Angemessenheitsgrenze um diesen Betrag auf insgesamt 382,74 EUR für einen Zwei-Personen-Haushalt zu erhöhen, was zu dem austenorierten weiteren Leistungsanspruch der Kläger iHv jeweils 50,00 EUR führt.
Innerhalb des Stadtteils werden grundsätzlich Wohnungen zu dem Betrag iHv 382,74 EUR angeboten. Dies folgt aus der Kenntnis des Gerichts aus anderen Verfahren und ständiger Recherche unter www.immobilienscout.de sowie der Stellungnahme der Beklagten vom 14.08.2007.
Das BSG (aaO) hat ausgeführt, dass zu überprüfen sei, ob nach der Struktur des Wohnungsmarktes am Wohnort tatsächlich auch die konkrete Möglichkeit bestanden habe, eine abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung konkret auf dem Wohnungsmarkt anmieten zu können (vgl hierzu Berlit, aaO, RdNr 31; zur sog Unterkunftsalternative vgl auch BVerwGE 97, 110, 115 ff; BVerwGE 101, 194, 198 ff). Bestehe eine solche konkrete Unterkunftsalternative nicht, seien die Aufwendungen für die tatsächlich gemietete Unterkunft als konkret angemessen anzusehen (BVerwG, aaO).
Insoweit geht die erkennende Kammer aufgrund der obigen nicht ganz klaren Formulierungen davon aus, dass bei der konkreten Angemessenheitsprüfung eine wechselseitige Darlegungslast besteht (vgl. Fuchsloch, in: Sgb 9/07, 550, 551). Ein Hilfesuchender, der die Übernahme einer unangemessen hohen Miete für eine bereits bezogene Wohnung begehrt, ist verpflichtet, substantiiert darzulegen, dass eine andere bedarfsgerechte, kostengünstigere Unterkunft auf dem örtlichen Wohnungsmarkt trotz ernsthafter und intensiver Bemühungen nicht vorhanden war/ist (so bereits BVerwG, Urteil vom 11.9.2000 - 5 C 9/00, NJW 2001, 386; Fuchsloch, in: Sgb 9/07, 550, 551).
An einem solchen substantiierten Vortrag fehlt es. Die Kläger haben sich nicht hinreichend um eine Unterkunftsalternative bemüht.
Das Gericht hat vor diesem Hintergrund auch keinen weiteren Ermittlungsbedarf gesehen. Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht aus Sicht des Gerichtes nur dann, wenn entweder keine Angebote vorhanden sind oder wenn trotz konkreter Angebote angemessenen Wohnraums in den Tageszeitungen, im Internet und bei der kommunalen Wohnraumvermittlung der Betroffene glaubhaft macht, dass es ihm trotz ausreichender Bemühungen nicht möglich war, kostenangemessenen Wohnraum zu erhalten.
Ein Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten über den austenorierten Betrag hinaus ergibt sich daher nicht aus § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II, da die tatsächlichen Kosten nicht angemessen sind.
Ein Anspruch der Kläger auf eine Leistungsbewilligung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Nettokaltmiete lässt sich auch nicht auf § 22 Abs 2 Satz 3 SGB II stützen.
Danach sind Aufwendungen für eine Unterkunft, soweit sie den wegen der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft solange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für 6 Monate.
Nach der Rechtsprechung (st. Rechtsprechung seit BVerwG, Urteil v. 21.1.1993, Az.: 5 C 3.91 - E 92,1) fallen grundsätzlich Personen, die bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit bereits in einer unangemessen Wohnung leben, bzw. bei denen die Unterkunftskosten während des Leistungsbezuges - z. B. durch eine Mieterhöhung - unangemessen werden, unter den Schutzbereich des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II.
Den Klägern war es jedoch möglich und zumutbar, die Aufwendungen durch einen Wohnungswechsel zu senken, da anderweitiger Wohnraum zur Verfügung stand.
Insoweit war zwar die Unterkunftskostensenkungsaufforderung im konkreten Fall fehlerhaft, da den Klägern nicht die für sie zutreffenden Angemessenheitsgrenzen benannt wurden.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 27.02.2008, B 14/7b AS 70/06 R, abrufbar unter www.sozialgerichtsbarkeit.de) kann dem Wortlaut des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II das Erfordernis einer sog Kostensenkungsaufforderung nicht entnommen werden. § 22 Abs 1 Satz 2 (jetzt Satz 3) SGB II stelle auch keine sonstigen erhöhten inhaltlichen oder formellen Anforderungen an diese Erklärung. Dementsprechend habe der 7b. Senat des Bundessozialgerichts ((BSG) SozR 4-4200 § 22 Nr 2 RdNr 29 ff) bereits entschieden, dass es sich hierbei lediglich um ein Informationsschreiben handelt, dem keine Verwaltungsaktqualität zukommt. Der Hinweis auf die Rechtslage nach § 22 Abs 1 Satz 2 (jetzt Satz 3) SGB II habe allein Aufklärungs- und Warnfunktion, damit der Hilfebedürftige Klarheit über die aus Sicht des Leistungsträgers angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft und ggf die Heizung und einen Hinweis auf die Rechtslage erhält (BSG aaO; vgl auch Berlit, NDV 2006, 5, 13).
Halten die Grundsicherungsempfänger die vom Grundsicherungsträger vorgenommene Einschätzung über die Angemessenheit der Kosten für nicht zutreffend bzw einschlägig, so sei der Streit hierüber bei der Frage auszutragen, welche Kosten der Unterkunft angemessen seien. Insofern stelle die Kostensenkungsaufforderung seitens der Grundsicherungsträger ein "Angebot" dar, in einen Dialog über die angemessenen Kosten der Unterkunft einzutreten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
Das Gericht hat die Berufung zugelassen weil der Frage, wie die Angemessenheitsgrenzen nach § 22 Abs. 1 SGB II zu konkretisieren sind, trotz der zwischenzeitlich vorliegenden Rechtsprechung des BSG grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Insbesondere ist trotz der zwischenzeitlich vorliegenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts unklar, welche Faktoren eines Mietspiegels in welcher Form für die Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen relevant sind und unter Berücksichtigung welcher Umstände der zumutbare räumliche Umzugsbereich definiert wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt 2/5 der notwendigen außergerichtlichen Kosten
der Kläger.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der den Klägern für die Zeit von Dezember 2006 bis Mai 2007 bewilligten Kosten der Unterkunft. Streitig ist insofern eine monatliche Differenz in Höhe von 252,40 EUR bei der Nettokaltmiete.
Die am 07.02.1950 und 07.02.1956 geborenen Kläger sind verheiratet. Sie leben seit über dreißig Jahren im E. Stadtteil Kettwig. Seit November 2002 bewohnen sie eine 77 qm große Drei-Zimmer-Küche-Bad-Wohnung, für die eine monatliche Nettokaltmiete in Höhe von 535,15 EUR anfällt. Die Wohnung liegt in der ersten Etage eines Zweifamilienhauses. Das Erdgeschoss wird von dem Sohn der Kläger und dessen Ehefrau bewohnt. Diese haben das gesamte Haus von den Eigentümern gemietet und einen separaten Mietvertrag mit den Klägern über die im ersten Stock liegende Wohnung geschlossen.
Seit dem 01.01.2005 beziehen die Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - SGB II -. Auf den Erstantrag, nachdem kein anrechenbares Vermögen vorhanden war, wird Bezug genommen.
Die Beklagte bewilligte im Folgenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II unter Berücksichtigung der tatsächlichen Nettokaltmiete sowie der tatsächlichen Neben- und Heizkosten. Zwischenzeitlich erzieltes Nebeneinkommen des Klägers zu 1) wurde angerechnet.
Zuletzt mit Bewilligungsbescheid vom 27.10.2006 bewilligte die Beklagte der Bedarfsgemeinschaft Leistungen für den Monat November 2006 in Höhe von insgesamt 1308,23 EUR.
Mit Schreiben vom 19.05.2006 wies die Beklagte die Kläger darauf hin, dass für einen Zwei-Personen-Haushalt im Bereich der Stadt Essen eine Nettokaltmiete ohne Betriebs-, Neben- und Heizkosten in Höhe von 282,49 EUR angemessen sei. Die tatsächliche Nettokaltmiete liege bei 535,- EUR und übersteige den angemessenen Umfang um monatlich 252,51 EUR. Den Klägern wurde empfohlen, die Aufwendungen für die Unterkunft durch Wohnungswechsel, durch vermieten oder auf andere Weise zu senken. Die entsprechenden Bemühungen sollten dokumentiert werden, da diese gegebenenfalls später nachgewiesen werden müssten. Die unangemessenen Unterkunftskosten könnten längstens bis zum 30.11.2006 übernommen werden.
Auf den Fortzahlungsantrag der Kläger vom 09.11.2006 bewilligte die Beklagte mit dem Bescheid vom 13.11.2006 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10.01.2007 monatliche Leistungen für den Bewilligungszeitraum vom 01.12.2006 bis zum 31.05.2007. Hinsichtlich der Kosten für Unterkunft und Heizung war ingesamt ein Betrag in Höhe von 433, 83 EUR anerkannt, der sich zusammensetzt aus der von der Beklagten für angemessen erachteten Nettokaltmiete in Höhe von 282,75 EUR, den tatsächlichen Heizkosten in Höhe von 89,- EUR sowie den tatsächlichen Neben-/Betriebskosten in Höhe von 62,08 EUR. Auf die Bescheide wird Bezug genommen.
Mit ihrem hiergegen gerichteten Widerspruch trugen die Kläger vor, sie wohnten in einem Haus, in dem auch der Sohn und die Schwiegertochter wohnten. Bereits aus familiären Gründen sei ein Umzug nicht zumutbar. Auf Grund von Krankheit seien sie auf die Unterstützung der Kinder angewiesen; sie könnten nicht selbst einkaufen gehen.
Die Beklagte lies die Kläger darauf hin, von Dr. O., amtsärztlicher Dienst der Stadt E., untersuchen. Dieser kam in seinen Stellungnahmen vom 05.03.2007 und 06.03.2007, auf die jeweils Bezug genommen wird, zu dem Ergebnis, dass die Kläger erwerbsfähig seien und im Rahmen der festgestellten Leistungseinschränkungen ein Umzug zumutbar sei.
Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.03.2007 als unbegründet zurück. Bei der Beurteilung der angemessenen Unterkunftskosten orientiere sie sich hinsichtlich der Wohnungsgröße an den Richtwerten des Wohnungsbindungsgesetzes und hinsichtlich des Quadratmeterpreises am unteren Bereich des örtlichen Mietspiegels. Die Wohnflächenobergrenze für zwei Personen betrage damit 60 qm. Für die Grundmiete ohne Nebenkosten sei ein Betrag in Höhe von 282,75 EUR angemessen. Im E. Bereich sei eine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt zu beobachten; es sei ausreichend Wohnraum im vorgegebenen Preisrahmen erhältlich. Auf den Widerspruchsbescheid im Übrigen wird Bezug genommen.
Mit der hiergegen gerichteten Klage vertreten die Kläger die Auffassung, ein Umzug in eine andere Wohnung sei ihnen bereits aus gesundheitlichen Gründen unzumutbar. Sie seien bei der Haushaltsführung auf die Unterstützung ihrer Kinder angewiesen. Diese erledigten die Einkäufe und begleiteten die Kläger zu Arztterminen. Im Übrigen sei die Wohnsitznahme in Kettwig schon vor dessen Eingemeindung nach Essen erfolgt. In dem Ort hätten sie soziale Bindungen aufgebaut. Auch wohnten alle drei Kinder in Kettwig.
Die von der Beklagten zu Grunde gelegten Angemessenheitsgrenzen würden bestritten.
Auf Anfrage des Gerichtes haben die Kläger keine konkreten Umzugsbemühungen dargelegt.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 13.11.2006 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2007 zu verurteilen, den Klägern für den Bewilligungszeitraum vom 01.12.2006 bis zum 31.05.2007 weitere Kosten der Unterkunft unter Berücksichtigung der tatsächlichen Nettokaltmiete und unter Anrechnung der von der Beklagten als angemessen berücksichtigten Nettokaltmiete zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bleibt auch im Klageverfahren bei ihrer bisher vertretenen Auffassung. Allerdings seien in Kettwig die Wohnungsangebote im allgemeinen Angemessenheitsrahmen die Ausnahme. Aktuell könne lediglich ein Angebot benannt werden. Im Durchschnitt liege das Mietniveau in Kettwig 100,- EUR über den ansonsten für E. maßgeblichen Grenzen.
Das Gericht hat Befundberichte des behandelnden Hausarztes der Kläger vom 23.08.2007 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, bei der Klägerin zu 2) komme es auf Grund einer zunehmenden Schwellneigung in beiden Beinen zu einer schmerzhaften Anschwellung bei längerem Stehen oder Sitzen (ab ca. 20 Minuten). Sie sei auf Hilfestellungen bei allen Tätigkeiten angewiesen, die zwingend ein längeres Sitzen oder Stehen als 20 Minuten erforderten. Ein Umzug in eine andere Wohnung oder in ein anderes soziales Umfeld sei ihr möglich. Für den Umzug sei Hilfe erforderlich. Auf den Bericht im Übrigen wird Bezug genommen.
Auch dem Kläger zu 1) sei ein Umzug in eine andere Wohnung und in ein anderes soziales Umfeld möglich. Auch dieser benötige in gewissem Maße Hilfe bei einem Umzug. Auch auf diesen Bericht wird Bezug genommen.
Des Weiteren hat das Gericht dem Kläger-Bevollmächtigen Ermittlungsergebnisse der Kammer zu den Angemessenheitsgrenzen im Bereich der Stadt E. aus den Verfahren S 27 AS 199/06 und S 27 AS 88/06 zur Kenntnis gebracht. Diese Ergebnisse sind der Beklagten aus zahlreichen anderen Verfahren bereits bekannt. Auf die Ermittlungsergebnisse wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Vorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 13.11.2006 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 10.01.2007 sowie des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2007 ist rechtswidrig und beschwert die Kläger im Sinne des § 54 Abs 2 SGG in ihren Rechten, soweit ihnen lediglich Kosten der Unterkunft unter Berücksichtigung einer Nettokaltmiete von 282,49 EUR bewilligt worden sind. Beide Kläger haben insofern einen Anspruch auf weitere Leistungen in Höhe von jeweils 50,- EUR monatlich.
Die Kläger sind grundsätzlich nach dem SGB II leistungsberechtigt.
Nach § 7 Abs 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige) oder die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft leben.
Die Kläger zu 1) und 2) erfüllen die Voraussetzungen nach § 7 Abs 1 SGB II. Sie sind hilfebedürftig iSd § 9 Abs 1 SGB II, da sie ihren Lebensunterhalt nicht ausreichend aus eigenen Mitteln decken können. Hilfebedürftig iS von § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 iVm § 9 Abs 1 SGB II ist, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Diese Voraussetzungen sind gegeben.
Die Kläger haben weder Einkommen, das ihren Bedarf, bestehend aus der Regelleistung und den Kosten der Unterkunft, deckt, noch Vermögen.
Auch bestehen an der Erwerbsfähigkeit der Kläger zu 1) und 2) iSd § 8 SGB II keine Zweifel. Die bestehenden Erkrankungen erreichen offensichtlich kein die Erwerbsfähigkeit ausschließendes Ausmaß.
Die Kläger haben damit dem Grunde nach Anspruch auf Übernahme der Kosten der Unterkunft – KdU - einschließlich Heizkosten nach § 22 SGB II.
Sie haben auch jeweils einen Anspruch auf weitere Kosten der Unterkunft iHv monatlich 50,00 EUR für den Bewilligungszeitraum vom 01.12.06 bis zum 31.05.07 unter Berücksichtigung einer angemessenen Nettokaltmiete iHv 382,75 EUR, kopfanteilig verteilt auf die Kläger zu 1) und 2), statt der von der Beklagten für angemessen gehaltenen Nettokaltmiete iHv 282,75 EUR
Ein Anspruch auf Übernahme der kopfanteiligen vollen tatsächlichen Unterkunftskosten unter Berücksichtigung der tatsächlichen Nettokaltmiete iHv 535,00 EUR besteht hingegen nicht, da die tatsächlich zu entrichtende Nettokaltmiete unangemessen ist. Sie ist weder angemessen im Sinne von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II noch ist es den Klägern nicht möglich oder zumutbar, iSd sind § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, die Unterkunftskosten zu senken.
Maßgebliche Rechtslage ist die zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung gültige, hier also die zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides vom 13.03.2007 gültige Fassung von § 22 SGB II.
Nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die Angemessenheit der Kosten für Unterkunft und Heizung unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle.
Die Wohnung der Kläger ist weder hinsichtlich der Größe noch hinsichtlich der Nettokaltmiete angemessen im Sinne von § 22 Abs 1 Satz 1 SGB.
Sie liegt mit einer Größe von 77 qm über den ihnen maximal zustehenden 60 qm und die monatlich von Ihnen zu entrichtende Nettokaltmiete iHv 535,15 EUR ist unangemessen iSd § 22 Abs 1 SGB II.
Der von der Beklagten zugrunde gelegte Betrag iHv 282,75 EUR, der bei einer angemessenen Wohnungsgröße von 60 qm einen Quadratmeterpreis iHv 4,71 EUR ergibt, ist grundsätzlich für das Gebiet der Stadt E. nicht zu beanstanden.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 07.11.2006, B 7 b AS 7/07 R; Urteil v. 7.11.2006, B 7b AS 18/06 R; Urteil vom 7.11.2006, B 7b AS 10/06 R, abrufbar jeweils unter www.sozialgerichtsbarkeit.de) setzt die Prüfung der Angemessenheit von Kosten für Unterkunft eine Einzelfallprüfung voraus:
Hierfür ist zunächst die maßgebliche - angemessene - Größe der Wohnung zu bestimmen, und zwar typisierend anhand der landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen für die Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus (dazu unter 1.).
Sodann ist der Wohnstandard festzulegen, wobei dem Hilfebedürftigen lediglich ein einfacher und im unteren Segment liegende Ausstattungsgrad der Wohnung zusteht (BSG aaO). Als Vergleichsmaßstab ist regelmäßig die Miete am Wohnort heranzuziehen. In Einzelfällen sind bei kleineren Gemeinden größere, bei Großstädten kleinere räumliche Bereiche denkbar (BSG, aaO, mwN). Insoweit kommt es letztlich darauf an, ob das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, der Angemessenheit entspricht. Gibt es - insbesondere in Kleinstgemeinden - keinen Wohnungsmarkt, so muss auf größere räumliche Bereiche abgestellt werden. Diese sind so zu wählen, dass dem grundsätzlich zu respektierenden Recht des Leistungsempfängers auf Verbleib in seinem sozialen Umfeld ausreichend Rechnung getragen wird (dazu unter 2.).
Nach Festlegung der abstrakten Angemessenheitsmaßstäbe muss im Rahmen einer konkreten Angemessenheitsprüfung (dazu unter 3.) festgestellt werden, ob eine bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnung konkret verfügbar und zugänglich war. Bei nicht angemessenen Unterkunftskosten ist in jedem Fall der Teil der Unterkunftskosten zu zahlen, der im Rahmen der Angemessenheit liegt (BSG aaO, mwN).
1.
Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Wohnung der Kläger der Größe nach unangemessen ist.
Mit ihren 77 qm überschreitet die Wohnung den angemessenen Wohnraum von 60 qm für einen Zweipersonenhaushalt.
Für eine alleinstehende Person ist unter Berücksichtigung der o. g. Grundsätze des BSG eine Wohnungsgröße von maximal 45 qm Wohnfläche angemessen. Dies folgt aus Ziffer 5.71 der Verwaltungsvorschriften zum Wohnungsbindungsgesetz 1990 (Ministerialblatt für das Land NRW 1989, 1714, 1716). In Ziffer 2 der Verwaltungsvorschriften zum Wohnungsbindungsgesetz vom 05.07.2004 (Ministerialblatt für das Land NRW 2004, 660) ist geregelt, dass diese Verwaltungsvorschriften auch für die Zeit nach Aufhebung des Wohnungsbindungsgesetzes und nach Inkrafttreten des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung vom 13.09.2001 (Bundesgesetzblatt I, 2376) weiterhin entsprechend anzuwenden sind. Dieser Wert ist für jede weitere Person um 15 qm zu erhöhen, so dass sich für eine aus zwei Personen bestehende Bedarfsgemeinschaft eine maximal zustehende Größe von 60 qm ergibt.
2.
Die Wohnung der Kläger ist auch im Hinblick auf die Grundmiete in Höhe von 535,15 EUR unangemessen.
Bei einer angemessenen Wohnfläche von maximal 60 qm ist für einen Zwei-Personen-Haushalt der von der Beklagten zugrunde gelegte Wert iHv 4,71 EUR/qm (282,75 EUR: 60 qm) für das Gebiet der Stadt E. grundsätzlich noch angemessen, so dass die Grundmiete ohne Nebenkosten grundsätzlich maximal 282,75 EUR betragen darf, um angemessen zu sein.
Insofern sind die Angemessenheitsgrenzen dem Mietspiegel der Stadt E. zu entnehmen, da es keine anderweitigen validen Datengrundlagen gibt.
Nach der o. g. Rechtsprechung des BSG ist als Vergleichsmaßstab regelmäßig die Miete am Wohnort heranzuziehen. Insoweit hält die Kammer es in mittlerweile ständiger Rechtsprechung grundsätzlich für ausreichend, dass auf einen Mietspiegel entsprechend § 558 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - abgestellt wird. Ein solcher ist ein hinreichend repräsentativer Vergleichsmaßstab am Wohnort. Abweichungen vom Mietspiegel zu Lasten der Leistungsempfänger müssen im Einzelnen dargelegt und nachgewiesen werden.
Dass die Beklagte sich bei der Ermittlung ihrer Angemessenheitsgrenzen tatsächlich nicht explizit auf den Mietspiegel der Stadt E. bezogen hat, ist unerheblich, da sich die von ihr ermittelten Grenzen – noch – aus dem Mietspiegel rechtfertigen lassen.
Wohnort in diesem Sinne ist nach Auffassung der erkennenden Kammer die Kommune, in der der Betroffene wohnt, vorliegend Essen. Die kreisfreie Stadt E. zählt mit knapp 583.000 Einwohnern zu den größten deutschen Städten (Daten nach wikipedia).
Es handelt sich um eine Großstadt (Definition nach Meyers Lexikon: ab 100.000 Einwohnern), die nach der Rechtsprechung des BSG in Einzelfällen ggf. auch in kleinere räumliche Bereiche zu unterteilen sein kann.
Die erkennende Kammer geht jedoch in st. Rspr. davon aus, dass zumindest bei der Festlegung der abstrakten Angemessenheitsgrenzen, ein für das gesamte Stadtgebiet existierender Mietspiegel zu Grunde zu legen ist, ohne dass die Grenzen bezogen auf Stadtteile zu ermitteln sind.
Die üblichen Mietschwankungen zwischen weniger beliebten und beliebten Wohnlagen und dadurch bedingte Härten können ggf. bei der konkreten Angemessenheitsprüfung ausgeglichen werden. Hier ist dann zu prüfen, ob in dem räumlichen Umzugsbereich, der noch zu definieren wäre, konkrete Wohnungen zu erlangen sind.
Des Weiteren geht die erkennende Kammer in st. Rspr. davon aus, dass es nur eine abstrakte Angemessenheitsgrenze für eine Kommune (anders z.T. die erstinstanzliche Rspr.) gibt und sich die Grenze nicht individuell anhand der Baualtersklasse und der zugehörigen Gruppe im Mietspiegel der tatsächlich bewohnten Wohnung bestimmt.
Nach dem E. Mietspiegel in der hier maßgeblichen Fassung 2005 (der Mietspiegel 2007 wurde erst am 01.03.2007 veröffentlicht) setzt sich der Mietwert aus dem Mietrichtwert, dem Einfluss der Wohnlage und dem Einfluss sonstiger Ausstattungsmerkmale und Gegebenheiten zusammen. Der Mietwert errechnet sich aus dem Produkt dieser Faktoren (Miete = Mietrichtwert x Wohnlage x Ausstattung), wobei für die Wohnlage und die Ausstattungsmerkmale Punktwerte vergeben werden.
Hinsichtlich des Mietrichtwertes finden sich abhängig vom Baujahr des Gebäudes Beträge zwischen 5,25 EUR je qm für bis 1912 erbaute Gebäude und 6,80 EUR je qm für ab 2004 erbaute Gebäude. Im Einzelnen:
Baujahr
Mietrichtwert EUR/qm
1912 5,25
1930 5,40
1948 5,60
1961 5,70
1974 5,75
1984 6,15
Zwischensumme 33,85
1994 6,50
1999 6,65
2004 6,80
Der sich aus der Wohnlage ergebende Faktor liegt zwischen 91 und 116 und wird zur Ermittlung des Mietwerts durch 100 dividiert. Im Einzelnen:
Wohnlage von - bis
einfach 91 - 93 - 94
einfach bis mittel 94 - 95 - 97
mittel 97 - 100 - 102
mittel bis gut 102 - 108 - 110
gut 106 - 108 - 110
sehr gut 110 - 113 - 116
Bezüglich der Ausstattung sind Heizung, Fassade, Treppenhaus, Fenster, Elektroanschlüsse, Warmwasserversorgung, sanitäre Einrichtungen, Wandfliesen und Fußboden zu bewerten. Wird jeweils der unterste Ausstattungswert addiert, ergibt sich eine Punktsumme von 83, die maximal zu erreichende Punktsumme liegt bei 120 bei überwiegend gehobener Ausstattung.
Für sonstige Einflüsse (Geschosslage, Aufzug, Anzahl der Wohneinheiten, Balkon/Loggia/Terrasse, Gartennutzung und sonstige Besonderheiten) sind weitere Werte zwischen –14 und +14 zu addieren. Insgesamt ergibt sich somit eine Punktsumme zwischen 69 und 134, die durch 100 zu dividieren ist, was einem Faktor zwischen 0,69 und 1,34 entspricht.
Der sich aus dem Mietspiegel ergebende niedrigste Mietwert für eine Wohnung zwischen 50 qm und 119 qm beträgt somit 3,49 EUR bei einer Wohnung mit Baujahr bis 1912 (= Mietrichtwert 5,25 EUR), einfach Wohnlage unterer Bereich (0,91), einfacher Ausstattung und allen in Betracht kommenden Abzügen bei sonstigen Einflüssen, jedoch unter Berücksichtigung des Wertes 0 für die Wohnungsgröße 0,73 (83 - 10: 100) (5,25 EUR x 0,91 x 0,73).
Der höchste Mietwert liegt hingegen bei 10,57 EUR (6,80 EUR x 1,16 x 1,34) unter Berücksichtigung eines 2004 oder später errichteten Gebäudes (6,80 EUR/qm), bei sehr guter Wohnlage (116), durchgehender gehobener Ausstattung (120) und allen in Betracht kommenden Aufschläge bei sonstigen Einflüssen (+14) (120 + 14: 100 = 1,34).
Der von der Beklagten zu Grunde gelegte Quadratmeterpreis iHv 4,71 EUR liegt somit im unteren, nicht aber im untersten Bereich des Mietspiegels.
Dieser Betrag lässt sich auch konkret dem Mietspiegel zuordnen:
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG (aaO), nach der Empfängern von Transferleistungen ein einfacher und im unteren Segment liegende Ausstattungsgrad einer Wohnung zusteht, hält das Gericht in st. Rspr. grundsätzlich Neubauwohnungen bis zu einem Alter von ca 20 Jahren für nicht angemessen.
Abzustellen ist damit auf älteren Baualtersgruppen eines Mietspiegels, hier die Gebäude mit einem Baujahr bis 1984.
Unter Anwendung des Anfang 2006 geltenden Mietspiegels und bei Addition der Mietrichtwerte der bis 1984 fertig gestellten Gebäude (Bezugsfertigkeit vor 1912 bis 1984) ergibt sich daraus ein durchschnittlicher Wert von 5,64 EUR (5,25 EUR +5,40 EUR + 5,60 EUR + 5,70 EUR + 5,75 EUR = 33,85 EUR: 6 Vergleichsgruppen = 5,64 EUR).
Hinsichtlich des Einfluss der Wohnlage hält die Kammer unter Berücksichtigung der Rspr des BSG (aaO) den oberen Punktwert für einfache Wohnlagen (94) für ausreichend.
In Bezug auf die Ausstattungsmerkmale geht die Kammer davon aus, dass sich die Ausstattung nicht zwingend nur im untersten sondern im unteren Bereich zu bewegen hat, so dass grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet wird, zB auch Wohnungen mit Zentralheizung und Isolierverglasung anzumieten. Insoweit hält die Kammer einen Wert von 91 Punkten (: 100) für ausreichend.
Bei den sonstigen Einflüssen ist der Punktwert für die angemessene Wohnungsgröße, hier 0, zu vergeben. In Bezug auf die Geschosslage sind auch Wohnungen im Erdgeschoss oder im vierten Obergeschoss zumutbar, so dass sich daraus ein Punktwert von -1 ergibt. Da auch Wohnungen mit mehr als 12 Wohneinheiten und Wohnungen ohne Balkon dem vom BSG geforderten einfachen Segment zuzuordnen sind, sind für diese Ausstattungsmerkmale weiter Abzüge von -6 zu machen, so dass sich für die Ausstattung insgesamt ein Punktwert von 0,84 (91 - 7 = 84: 100) ergibt.
Aus den obigen Ausführungen folgt ein Quadrameterpreis iHv 4,45 EUR (5,64 x 0,94 x 0,84), der nach Auffassung der erkennenden Kammer den untersten Wert bildet, der unter Berücksichtigung der Rspr. des BSG noch als angemessen angesehen werden kann.
Die Beklagte liegt mit ihrer Angemessenheitsgrenze von 4,71 EUR/qm über diesem Wert, was den erforderlichen und notwendigen Spielraum bei diversen Ausstattungsmerkmalen oder der Lage eröffnet.
Die Kammer verkennt nicht, dass der Mietspiegel an sich keine validen Aussagen zu der Frage zulässt, ob und in welchem Umfang tatsächlich frei verfügbare Wohnungen auf dem Markt vorhanden sind und ob die Bildung eines Mittelwerts aus den verschiedenen Vergleichsgruppen eines Mietspiegels tatsächlich den Mittelwert der Mieten in einer Kommune wiederspiegelt, da der Mietspiegel keine Angaben dazu enthält, wie viele Wohnungen jeweils den einzelnen Gruppen zuzuordnen sind.
Dennoch hält es die Kammer zur Ermittlung der abstrakten Angemessenheitsgrenzen für zulässig und ausreichend, entsprechende Mietspiegel wie vorstehend zu verwerten.
Durch die Ermittlung der abstrakten Angemessenheitsgrenze bedingte Härten können - soweit Anhaltspunkte bestehen - im Wege der konkreten Angemessenheitsprüfung ausgeglichen werden.
Im Übrigen hat das BSG (B 7b AS 18/06 R, Rz 23, aaO) die Bezugnahme auf örtliche Mietspiegel für zulässig erachtet, ohne jedoch festzulegen, welche Wohnlagen, Ausstattungsmerkmale und Altersklassen Berücksichtigung finden müssen.
3.
Hinsichtlich der konkreten Angemessenheitsgrenzen hält es die erkennende Kammer für grundsätzlich ausreichend, wenn nach summarischer Prüfung unter Zuhilfenahme frei verfügbarer Erkenntnisquellen (Internet, Zeitungsinserate) Wohnungen zu den abstrakten Angemessenheitskriterien des Leistungsträgers grundsätzlich auf dem Markt der entsprechenden Kommune bzw im zumutbaren Umzugsbereich (dazu unter a) angeboten werden (dazu unter b).
Soweit der Hilfesuchende substantiiert darlegt und nachweist, dass eine andere kostengünstigere und den abstrakten Angemessenheitsgrenzen entsprechende Unterkunft im Bedarfszeitraum auf dem örtlichen Wohnungsmarkt im zumutbaren Umzugsbereich nicht vorhanden bzw. trotz ernsthafter und intensiver Bemühungen nicht auffindbar war, muss der Leistungsträger konkrete Unterkunftsalternativen benennen, die dem Hilfebedürftigen im Bedarfszeitraum konkret zugänglich gewesen wären (dazu unter c).
ad a)
Da nach der Rechtsprechung des BSG (aaO) jeder einen Anspruch auf Verbleib im sozialen Umfeld hat, hält es das Gericht grundsätzlich und vorbehaltlich besonderer Umstände eines Einzelfalls für ausreichend, wenn im entsprechenden Stadtbezirk - nicht im Stadtteil - oder im Umkreis von 5 Kilometern zum bisherigen Wohnort ausreichend konkrete Unterkunftsalternativen vorhanden sind.
Dies gilt jedenfalls für den Bereich der Stadt E ...
Hinsichtlich des räumlichen Vergleichsmaßstabs, den die erkennende Kammer mit dem zumutbaren Umzugsbereich gleich setzt, hat das BSG (B 7b AS 18/06 R, Rz 21, aaO) ausgeführt, dass in erster Linie der Wohnort des Hilfebedürftigen maßgebend ist. Ein Umzug in einen anderen Wohnort, der mit einer Aufgabe des sozialen Umfeldes verbunden wäre, könne von ihm im Regelfall nicht verlangt werden. Dies bedeute jedoch nicht, dass sich der räumliche Vergleichsmaßstab strikt am kommunalverfassungsrechtlichen Begriff der "Gemeinde" nach dem jeweiligen landesrechtlichen Kommunalrecht orientieren müsse. Bei der Bildung des räumlichen Vergleichsmaßstabs könne es - insbesondere im ländlichen Raum - geboten sein, größere Gebiete als Vergleichsgebiete zusammenzufassen, während in größeren Städten andererseits eine Unterteilung in mehrere kleinere Vergleichsgebiete, die kommunalverfassungsrechtlich keine selbständigen Einheiten darstellten, geboten sein kann. Für eine Stadt der Größenordnung von ca 75.000 Einwohner könne das Gebiet der Stadt insgesamt den räumlichen Vergleichsmaßstab bilden.
Das Gebiet der kreisfreien Stadt E., die sich auf eine Gesamtfläche von 210,32 km² erstreckt (zu diesen und allen weiteren folgenden Angaben zur Kommunalstatistik und den geografischen Gegebenheiten vgl. www.essen.de). Die maximale Nord-Süd-Ausdehnung beträgt 21 km, die maximale Ost-West-Ausdehnung 17 km. In der Stadt leben knapp 600.000 Menschen verteilt auf 50 Stadtteile, die wiederum in 9 größere Stadtbezirke zusammengefasst sind. Die Einzelheiten zur Größe und Lage der Stadtteile bzw. Stadtbezirke ist der Karte unter www.exx.de/Deutsch/Rathaus/Statistik/Stadtbezirke.pdf) zu entnehmen. Hinsichtlich der Verteilung der Einwohner auf die Stadtteile bzw. Stadtbezirke gilt im Einzelnen folgendes:
Im Stadtbezirk I, bestehend aus den Stadtteilen Stadtkern, Ostviertel, Nordviertel, Westviertel, Südviertel, Südostviertel, Huttrop und Frillendorf leben ca. 62.000 Einwohner. Im Stadtbezirk II, bestehend aus den Stadtteilen Rüttenscheid, Rellinghausen, Bergerhausen, Stadtwald, leben ca. 54.000 Einwohner. Im Stadtbezirk III, bestehend aus den Stadtteilen Altendorf, Frohnhausen, Holsterhausen, Fulerum, Margarethenhöhe und Haarzopf leben ca. 95.000 Einwohner. Der Stadtbezirk IV besteht aus den Stadtteilen Schönebeck, Bedingrade, Frintrop, Dellwig, Gerschede, Borbeck, Bochold und Bergeborbeck und hat ca. 85.000 Einwohner. Im Stadtbezirk V, bestehend aus den Stadtteilen Altenessen-Nord, Altenessen-Süd, Karnap und Vogelheim leben ca. 57.000 Einwohner. Im Stadtbezirk VI, der sich aus den Stadtteilen Schonnebeck, Stoppenberg und Katernberg zusammen setzt, leben ca. 52.000 Bürger. Der Stadtbezirk VII, bestehend aus den Stadtteilen Steele, Kray, Freisenbruch, Horst und Leithe, umfasst ca. 71.000 Einwohner. Im Stadtbezirk VIII, bestehend aus den Stadtteilen Heisingen, Kupferdreh, Byfang, Überruhr-Hinsel, Überruhr-Holthausen und Burgaltendorf, leben ca. 50.000 Menschen. Im Stadtbezirk IX, der aus den Stadtteilen: Bredeney, Schuir, Werden, Heidhausen, Fischlaken und Kettwig besteht, leben ca, 51.000 Einwohner.
Die einzelnen Bezirke haben demnach jeweils die Größe einer Mittelstadt.
Die Kläger wohnen im Stadtbezirk IX und dort in dem südlichsten Stadtteil Kettwig. Als räumlicher Umzugsbereich kommt damit grundsätzlich dieser Bezirk in Betracht.
Abweichend von diesem Grundsatz ist jedoch vorliegend aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls der zumutbare Umzugsbereich zum Erhalt des sozialen Umfeldes auf das Gebiet des Stadtteils L beschränkt.
Dies aus folgenden Gründen:
L ist nach Kenntnis der ortskundig besetzten Richterbank und den Angaben unter wikipedia.de der jüngste und südlichst gelegene Stadtteil F1. Aufgrund seiner ländlich gelegenen Lage hat er die größte Gesamtfläche mit 15 qkm bei knapp 18.000 Einwohnern. Am 1. Januar 1975 wurde die damalige Stadt Kettwig, aus dem Kreis Düsseldorf-Mettmann in die Stadt Essen eingemeindet; der westlichste L Stadtteil N fiel an N. Die Entfernung zwischen L und dem Zentrum von F1 beträgt knapp 15 km.
L ist durch S-Bahn und Busverbindungen gut an die Stadt angeschlossen, allerdings entstehen aufgrund der Entfernung durchaus Fahrzeiten von 20 Minuten und mehr, um andere Stadtteile zu erreichen.
Die Kläger leben seit über 30 Jahren in L; ihr gesamtes soziales Umfeld befindet sich nach eigenen glaubhaften Angaben in diesem Stadtteil.
Die Klägerin zu 2) leidet zudem an einer Schwellneigung beider Beine, die nach dem Befundbericht von Dr. S. dazu führt, dass längeres Sitzen oder Stehen als 20 Minuten ohne Pause nicht möglich ist. Letzteres bedingt nach Auffassung der Kammer, dass auch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel nur eingeschränkt möglich ist.
In derartigen Fällen, in denen die Empfänger von Leistungen in fortgeschrittenem Alter sind und langjährig in einem bestimmten Stadtteil leben, dort fest verwurzelt sind und dieser Stadtteil durch geografische Gegebenheiten isoliert von den übrigen Stadtteilen liegt, so dass die Anreise aus anderen Stadtteilen mit öffentlichen Verkehrsmitteln langwierig ist und den Betroffenen die Anreise aus gesundheitlichen Gründen nur erschwert möglich ist, beschränkt sich der zumutbare räumliche Umzugsbereich - wie vorliegend - auf diesen Stadtteil, um den Erhalt des sozialen Umfeld zu gewährleisten.
Da aber nach Auskunft der Beklagten das Mietniveau in Kettwig um 100 Euro über den ansonsten für das Gebiet der Stadt Essen liegenden Grenzen liegt, ist im konkreten Einzelfall aufgrund der besonderen Umstände und zum Erhalt des sozialen Umfelds die Angemessenheitsgrenze um diesen Betrag auf insgesamt 382,74 EUR für einen Zwei-Personen-Haushalt zu erhöhen, was zu dem austenorierten weiteren Leistungsanspruch der Kläger iHv jeweils 50,00 EUR führt.
Innerhalb des Stadtteils werden grundsätzlich Wohnungen zu dem Betrag iHv 382,74 EUR angeboten. Dies folgt aus der Kenntnis des Gerichts aus anderen Verfahren und ständiger Recherche unter www.immobilienscout.de sowie der Stellungnahme der Beklagten vom 14.08.2007.
Das BSG (aaO) hat ausgeführt, dass zu überprüfen sei, ob nach der Struktur des Wohnungsmarktes am Wohnort tatsächlich auch die konkrete Möglichkeit bestanden habe, eine abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung konkret auf dem Wohnungsmarkt anmieten zu können (vgl hierzu Berlit, aaO, RdNr 31; zur sog Unterkunftsalternative vgl auch BVerwGE 97, 110, 115 ff; BVerwGE 101, 194, 198 ff). Bestehe eine solche konkrete Unterkunftsalternative nicht, seien die Aufwendungen für die tatsächlich gemietete Unterkunft als konkret angemessen anzusehen (BVerwG, aaO).
Insoweit geht die erkennende Kammer aufgrund der obigen nicht ganz klaren Formulierungen davon aus, dass bei der konkreten Angemessenheitsprüfung eine wechselseitige Darlegungslast besteht (vgl. Fuchsloch, in: Sgb 9/07, 550, 551). Ein Hilfesuchender, der die Übernahme einer unangemessen hohen Miete für eine bereits bezogene Wohnung begehrt, ist verpflichtet, substantiiert darzulegen, dass eine andere bedarfsgerechte, kostengünstigere Unterkunft auf dem örtlichen Wohnungsmarkt trotz ernsthafter und intensiver Bemühungen nicht vorhanden war/ist (so bereits BVerwG, Urteil vom 11.9.2000 - 5 C 9/00, NJW 2001, 386; Fuchsloch, in: Sgb 9/07, 550, 551).
An einem solchen substantiierten Vortrag fehlt es. Die Kläger haben sich nicht hinreichend um eine Unterkunftsalternative bemüht.
Das Gericht hat vor diesem Hintergrund auch keinen weiteren Ermittlungsbedarf gesehen. Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht aus Sicht des Gerichtes nur dann, wenn entweder keine Angebote vorhanden sind oder wenn trotz konkreter Angebote angemessenen Wohnraums in den Tageszeitungen, im Internet und bei der kommunalen Wohnraumvermittlung der Betroffene glaubhaft macht, dass es ihm trotz ausreichender Bemühungen nicht möglich war, kostenangemessenen Wohnraum zu erhalten.
Ein Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten über den austenorierten Betrag hinaus ergibt sich daher nicht aus § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II, da die tatsächlichen Kosten nicht angemessen sind.
Ein Anspruch der Kläger auf eine Leistungsbewilligung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Nettokaltmiete lässt sich auch nicht auf § 22 Abs 2 Satz 3 SGB II stützen.
Danach sind Aufwendungen für eine Unterkunft, soweit sie den wegen der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft solange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für 6 Monate.
Nach der Rechtsprechung (st. Rechtsprechung seit BVerwG, Urteil v. 21.1.1993, Az.: 5 C 3.91 - E 92,1) fallen grundsätzlich Personen, die bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit bereits in einer unangemessen Wohnung leben, bzw. bei denen die Unterkunftskosten während des Leistungsbezuges - z. B. durch eine Mieterhöhung - unangemessen werden, unter den Schutzbereich des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II.
Den Klägern war es jedoch möglich und zumutbar, die Aufwendungen durch einen Wohnungswechsel zu senken, da anderweitiger Wohnraum zur Verfügung stand.
Insoweit war zwar die Unterkunftskostensenkungsaufforderung im konkreten Fall fehlerhaft, da den Klägern nicht die für sie zutreffenden Angemessenheitsgrenzen benannt wurden.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 27.02.2008, B 14/7b AS 70/06 R, abrufbar unter www.sozialgerichtsbarkeit.de) kann dem Wortlaut des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II das Erfordernis einer sog Kostensenkungsaufforderung nicht entnommen werden. § 22 Abs 1 Satz 2 (jetzt Satz 3) SGB II stelle auch keine sonstigen erhöhten inhaltlichen oder formellen Anforderungen an diese Erklärung. Dementsprechend habe der 7b. Senat des Bundessozialgerichts ((BSG) SozR 4-4200 § 22 Nr 2 RdNr 29 ff) bereits entschieden, dass es sich hierbei lediglich um ein Informationsschreiben handelt, dem keine Verwaltungsaktqualität zukommt. Der Hinweis auf die Rechtslage nach § 22 Abs 1 Satz 2 (jetzt Satz 3) SGB II habe allein Aufklärungs- und Warnfunktion, damit der Hilfebedürftige Klarheit über die aus Sicht des Leistungsträgers angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft und ggf die Heizung und einen Hinweis auf die Rechtslage erhält (BSG aaO; vgl auch Berlit, NDV 2006, 5, 13).
Halten die Grundsicherungsempfänger die vom Grundsicherungsträger vorgenommene Einschätzung über die Angemessenheit der Kosten für nicht zutreffend bzw einschlägig, so sei der Streit hierüber bei der Frage auszutragen, welche Kosten der Unterkunft angemessen seien. Insofern stelle die Kostensenkungsaufforderung seitens der Grundsicherungsträger ein "Angebot" dar, in einen Dialog über die angemessenen Kosten der Unterkunft einzutreten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
Das Gericht hat die Berufung zugelassen weil der Frage, wie die Angemessenheitsgrenzen nach § 22 Abs. 1 SGB II zu konkretisieren sind, trotz der zwischenzeitlich vorliegenden Rechtsprechung des BSG grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Insbesondere ist trotz der zwischenzeitlich vorliegenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts unklar, welche Faktoren eines Mietspiegels in welcher Form für die Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen relevant sind und unter Berücksichtigung welcher Umstände der zumutbare räumliche Umzugsbereich definiert wird.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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