L 6 U 168/04

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 13 U 67/01
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 168/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 12. Oktober 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob ein Ereignis vom 12. Mai 1993 als Arbeitsunfall anzuerkennen ist.

Der am 1944 geborene Kläger war seinerzeit bei der Firma J T als Garten- und Landschaftsbauer beschäftigt. Am 12. Mai 1993 habe er sich beim Entladen eines LKW W 50 das rechte Handgelenk verletzt. 5 ½ Jahre später, während einer stationären Behandlung in der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie im Kreiskrankenhaus H vom 6. bis 15. Dezember 1998, erfolgte wegen einer deutlichen Arthrose des rechten Handgelenkes am 7. Dezember 1998 eine Arthrodese (operative Gelenkversteifung) dieses Gelenkes. Operateure waren Dr. H (Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie und Chefarzt der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie im Klinikum M Land, Haus H , sowie Frau F ). Unter dem 25. Januar 1999 erstellte Dr. H nachträglich einen Durchgangsarztbericht, nachdem ihm der Kläger von einem Trauma des rechten Handgelenkes 5 ½ Jahre zuvor berichtet hatte.

In der am 23. Februar 1999 bei der Beklagten eingegangenen Unfallanzeige des Arbeitgebers (ohne Datum) ist ausgeführt, der Kläger sei am 12. Mai 1993 auf der Baustelle "D M " in W bei Erdarbeiten eingesetzt gewesen. Dabei sei die Ladeklappe eines W 50 beim seitlichen Öffnen heruntergefallen, habe die rechte Hand des Klägers getroffen, die dabei nach hinten weggeklappt sei. In den nächsten Tagen habe der Kläger ein Leder getragen, welches der rechten Hand etwas Halt gegeben habe. Deshalb sei auch kein Arzt aufgesucht worden.

Mit Arztbrief vom 29. März 1999 nahm Dr. H zur Frage des Zusammenhangs mit dem Ereignis vom 12. Mai 1993 (Dr. H nennt – wie schon in seinem D-Arzt-Bericht – als Unfalldatum den 12. März 1993) Stellung. Infolge des Traumas von 1993 habe der Kläger aller Wahrscheinlichkeit nach eine Navicularefraktur (Kahnbeinbruch) sowie eine schwere Schädigung der scapholunären Bänder (Scaphoid = Kahnbein) erlitten. Im weiteren Verlauf sei es zu einer schweren Gefügestörung der proximalen Handwurzelkette gekommen, die zu einer Inkongruenzarthrose des Radiokarpalgelenkes geführt habe. Andere prädisponierende Faktoren wie Rheuma, Gicht oder sonstige degenerativen Veränderungen bzw. Unfallfolgezustände, die anderen Unfallereignissen angelastet werden könnten, schieden aus. Wegen der schwerwiegenden Arthrose sei am 8. Dezember 1998 die Arthrodese durchgeführt worden. Dem Arztbrief war ein Befundbericht vom 27. März 1996 über Röntgenaufnahmen beider Handgelenke vom 25. März 1996 durch den Facharzt für Radiologie Dr. H beigefügt. Darin hatte dieser den Hausärzten des Klägers Dipl.-Med. S und Dr. T K über erhebliche degenerative Veränderungen in der carporadialen Gelenkfläche rechts mit Deformierung des Os naviculare (Kahnbein) und Sklerosierung der Radiusepiphyse (krankhafte Verhärtung des Gelenkendes der Speiche) berichtet. Einen Hinweis für eine Rheumatoidarthritis hatte er nicht gefunden. Ebenfalls beigefügt war ein Befundbericht der orthopädischen Gemeinschaftspraxis Dres. C L und H S vom 9. Juli 1998 an die Hausärzte. Darin hatten diese über eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenkes berichtet. Im Röntgenbefund hatten sie arthrotische Veränderungen im radiocarpalen Gelenk rechts beschrieben. Das Os naviculare sei auch etwas abgeschmolzen, der Gelenkspalt sei vollständig aufgehoben.

Auf Anraten des beratenden Arztes Dr. K in seiner Stellungnahme vom 14. Oktober 1999 veranlasste die Beklagte ein Zusammenhangsgutachten, und zwar durch Prof. Dr. O , B Kliniken H (B ). Daraufhin teilte Dr. S , Fachärztin für Chirurgie/Handchirurgie in den B Kliniken H (B ) durch Arztbrief vom 21. Februar 2000 mit, da Voraufnahmen aus der Zeit vor der Arthrodese nicht vorgelegt worden seien, könne nur der Operateur Dr. H zu dem vermutlichen Unfallschaden Stellung nehmen. Anhand der ihnen vorgelegten Unterlagen könne die Zusammenhangsfrage nicht objektiv geklärt werden. Auf Anfrage der Beklagten konnten die Hausärzte Dipl.-Med./Dr. K lediglich die bereits aktenkundigen Befunde ab März 1996 übersenden.

In einer weiteren Stellungnahme vom 17. Oktober 2000 führte der beratende Arzt Dr. K aus, ohne Röntgenaufnahmen von einem unfallnahen Zeitpunkt sei die Kausalitätsproblematik aus medizinischer Sicht nicht zu klären. Es bestehe eine objektive Beweislosigkeit.

Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. November 2000 einen Anspruch auf Entschädigung aus Anlass des Ereignisses vom 12. Mai 1993 ab. Es existierten weder ärztliche Berichte noch Röntgenbilder aus unfallnaher Zeit, die belegen könnten, welcher Gesundheitsschaden auf das Ereignis zurückzuführen sei.

Dagegen erhob der Kläger am 8. Dezember 2000 Widerspruch. Der Unfall sei am 12. Mai 1993 eingetreten. Dies habe sein damaliger Arbeitgeber bestätigt. Sein Hausarzt Dr. K müsste die entsprechenden Vermerke in der Krankenakte haben. Außerdem ergäben sich aus der Unfallanzeige auch zwei Zeugen, die befragt werden könnten.

Die Beklagte zog zunächst das Vorerkrankungsverzeichnis der Techniker Krankenkasse bei. Dort ist u.a. vermerkt: "UNF 120593". In diesem Zusammenhang ist eine Arthrose des rechten Handgelenkes erwähnt. Darüber hinaus zog sie medizinische Unterlagen von der Bau-Berufsgenossenschaft H bei, bei der wegen der Arthrose des rechten Handgelenkes ein Verfahren zur Prüfung der Berufskrankheit der Nr. 2103 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (Erkrankungen durch Erschütterung bei Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen) anhängig war. Darunter befand sich der Entlassungsbericht über eine stationäre Maßnahme zur Rehabilitation im S -R -Klinikum II in B K vom 7. bis 28. Januar 1998. Dieser enthält weder bei den Diagnosen noch bei der Eigenanamnese und den geschilderten Beschwerden sowie funktionellen Einschränkungen einen Hinweis auf eine Verletzung des rechten Handgelenkes oder auf eine Arthrose in diesem Bereich.

Sodann wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2001 zurück. Zur Begründung führte sie aus, es lägen weder ereignisnahe ärztliche Berichte noch Röntgenaufnahmen vor, die einen Körperschaden bewiesen. Der Kläger habe sich wegen der Handgelenkserkrankung erstmals Ende 1998 in ärztliche Behandlung begeben.

Dagegen hat der Kläger am 4. Mai 2001 Klage beim Sozialgericht (SG) Magdeburg erhoben. Sein Unfall sei ordnungsgemäß gemeldet und bei seinem damaligen Arbeitgeber registriert worden. Er habe sich wegen der Handgelenkserkrankung auch nicht erstmals Ende 1998 in ärztliche Behandlung begeben. Sein Hausarzt habe einen Arztbericht vom 27. März 1996 über Röntgenaufnahmen beider Handgelenke vom 25. März 1996 durch den Facharzt für Radiologie Dr. H erhalten.

Das SG hat zunächst einen Befundbericht der Hausärzte Dipl.-Med./Dr. K vom 24. Februar 2004 über den Zeitraum von Ende 1991 bis 1999 eingeholt. Darin haben die Hausärzte über Beschwerden im rechten Handgelenk seit dem Ereignis vom 12. Mai 1993 berichtet. Im Laufe der Jahre sei es zu einer Verschlechterung bis zur Notwendigkeit der Arthrodese im Dezember 1998 gekommen. Die beigefügten Unterlagen enthalten als dem Ereignis vom 12. Mai 1993 zeitnächsten Befund bezüglich des rechten Handgelenkes den bereits erwähnten Arztbericht des Dr. H vom 27. März 1996. Darüber hinaus hat das SG eine schriftliche Auskunft des Herrn J D , dem Schwiegersohn des Klägers, eingeholt. Dieser hat unter dem 10. Mai 1993 ausgeführt, er sei am 12. Mai 1993 als Arbeitskollege des Klägers bei der Firma T beschäftigt gewesen. Beim Arbeiten auf der Baustelle "D M " in W sei von einem W 50 Erde angeliefert worden. Beim Öffnen der Seitenklappe des W 50 sei diese heruntergefallen und habe die rechte Hand des Klägers getroffen. Die Hand sei übers Handgelenk nach hinten weggeknickt. Ab diesem Moment habe der Kläger starke Schmerzen gehabt. Er selbst habe 3 Meter entfernt gestanden.

Mit Gerichtsbescheid vom 12. Oktober 2004 hat das SG die Klage abgewiesen. Es sei nicht voll bewiesen, dass der Kläger am 12. Mai 1993 eine Körperschädigung erlitten habe, die genauer bezeichnet werden könnte. Zeitnah zum 12. Mai 1993 erstellte ärztliche Unterlagen lägen nicht vor. Dr. K sowie Herr D hätten sich lediglich an Beschwerden bzw. Schmerzen des rechten Handgelenks erinnern können. Eine Anerkennung des Ereignisses vom 12. Mai 1993 als Arbeitsunfall scheide auch deshalb aus, weil nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit feststehe, dass dieses Ereignis die im rechtlichen Sinne wesentliche Ursache für eine Schädigung des Handgelenkes sei.

Gegen den ihm am 19. Oktober 2004 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16. November 2004 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Er habe zwar nach dem Unfall keinen Arzt aufgesucht. Dies habe aber darauf beruht, dass er erst seit kurzem bei der Firma gewesen sei und deshalb auf keinen Fall habe arbeitsunfähig sein wollen. Deshalb habe er lediglich eine Ledermanschette getragen, um die Arbeit nicht zu unterbrechen. Sein Begehren werde jedoch unterstützt durch die Einschätzung von Chefarzt Dr. H. Außerdem sei durch die Auskunft von Herrn Damm das Unfallereignis bewiesen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 12. Oktober 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 23. November 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2001 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 12. Mai 1993 ein Arbeitsunfall mit der Folge einer deutlichen Arthrose des rechten Handgelenkes nach Navicularefraktur (Kahnbeinbruch) mit schwerer Schädigung der scapholunären Bänder ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 12. Oktober 2004 zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Gründe des Gerichtsbescheides.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Akten haben bei der Entscheidungsfindung des Senats vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.

Die nach § 143 SGG statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Entgegen der Ansicht des Klägers ist der Bescheid der Beklagten vom 23. November 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2001 nicht zu beanstanden und verletzt ihn nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Denn das Ereignis vom 12. Mai 1993 erfüllt nicht die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls. Deshalb hat das Begehren des Klägers, welches er gemäß den §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG zulässigerweise im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage verfolgen kann (siehe Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 7. September 2004 – B 2 U 46/03 RSozR 4-2700 § 2 Nr. 3; Urteil vom 20. März 2007 – B 2 U 19/06 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 23), keinen Erfolg.

Der Kläger hat gegen die Beklagte weder nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), die im Beitrittsgebiet seit dem 1. Januar 1992, mithin auch am 12. Mai 1993, anzuwenden waren noch nach den seit dem 1. Januar 1997 für die gesetzliche Unfallversicherung geltenden Bestimmungen des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) wegen des angeschuldigten Geschehens einen Anspruch auf die Feststellung eines Arbeitsunfalls.

Nach § 548 Abs. 1 RVO ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den eine versicherte Person bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten (versicherte Tätigkeit) erleidet. Ein Unfall ist ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt – so die heutige Legaldefinition in § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII, die auf die Jahrzehnte alte Definition in Rechtsprechung und Literatur zurückgeht (vgl. BSG, Urteil vom 5. September 2006 – B 2 U 1/05 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 17, m.w.Nw.) und auch 1993 galt. Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach erforderlich, dass die Verrichtung, die der Versicherte zur Zeit des Unfalls ausübt, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (sachlicher bzw. innerer Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem von außen auf den Körper wirkenden Ereignis geführt hat (Unfallkausalität) und dass dieses Unfallereignis einen Gesundheits(erst)schaden verursacht hat (siehe nur BSG, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 11/04 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 14, Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 17 oder Urteil vom 5. September 2006 – B 2 U 24/05 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 18).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar sind der sachliche Zusammenhang zwischen dem Öffnen der Seitenklappe des LKW W 50 am 12. Mai 1993 als unfallbringende Verrichtung und der versicherten Tätigkeit des Klägers sowie die Kausalität zwischen diesem Vorgang und dem Treffen der rechten Hand des Klägers unstrittig. Darüber hinaus muss zwischen dem Unfallereignis und der als Unfallfolge geltend gemachten Gesundheitsstörung im Bereich des rechten Handgelenkes (Zustand nach operativer Gelenkversteifung wegen einer deutlichen Arthrose) – entweder direkt oder vermittelt durch den Gesundheitserstschaden – ein Zusammenhang im Sinne einer haftungsausfüllenden Kausalität bestehen (vgl. BSG, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 11/04 RBSGE 94, 262 ff.). Letzteres ist hier nicht gegeben, denn die vom Kläger geltend gemachte Gesundheitsstörung kann deshalb nicht als Folge des Ereignisses vom 12. Mai 1993 anerkannt werden, weil die Arthrose des rechten Handgelenkes nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich auf den angeschuldigten Unfall zurückzuführen ist.

Für die Beurteilung des Kausalzusammenhangs zwischen einem Unfall und der geltend gemachten Gesundheitsstörung gilt der Beweismaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit. Sie liegt vor, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann. Dabei setzt die im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltende "Theorie der wesentlichen Bedingung" in Eingrenzung der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie, nach der jede nicht hinwegzudenkende Bedingung (conditio-sine-qua-non) kausal ist, voraus, dass das versicherte Geschehen nicht nur irgendeine Bedingung in der Kette der Faktoren für die Entstehung des Gesundheitsschadens, sondern die wesentliche Ursache war (vgl. KassKomm-Ricke, Stand April 2008, § 8 SGB VII Rn. 4 und 15 m.w.Nw.). Rechtlich erheblich ist deshalb nur diejenige Ursache, die bei wertender Betrachtung zumindest als gleichwertige Mitursache einen wesentlichen Einfluss auf den Eintritt des Gesundheitsschadens gehabt hat. Von einer Wesentlichkeit im Rechtssinne kann allerdings dann nicht ausgegangen werden, wenn ein anderer (unversicherter) Umstand einen überwiegenden kausalen Einfluss auf den Eintritt des Schadens hatte. Das bedeutet, dass ein Gesundheitsschaden einem Versicherungsfall selbst dann nicht rechtlich zugerechnet werden kann, wenn das versicherte Geschehen zwar geeignet war, den Schadenseintritt zu verursachen, und ihn als letzte Bedingung in der Kausalkette gelegentlich der versicherten Tätigkeit bewirkt hat (Adäquanztheorie), es jedoch keine wesentliche Bedeutung hatte (Auslöser bzw. Gelegenheitsursache). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Erfolges (Gesundheitsschaden) wertend abgeleitet werden. Gesichtspunkte hierfür sind Art und Ausmaß der versicherten Einwirkung sowie der konkurrierenden Ursachen, der zeitliche Ablauf des Geschehens, das Verhalten des Versicherten nach dem Unfall, die Krankheitsgeschichte unter Berücksichtigung der aktuellen medizinischen Erkenntnisse sowie ergänzend auch der Schutzzweck der Norm (siehe BSG, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 27/04 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 15; Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – a.a.O.).

Anknüpfend hieran ist der Senat unter Berücksichtigung der ermittelten medizinischen Anknüpfungstatsachen bei der gebotenen wertenden Betrachtung zu der Überzeugung gelangt, dass das Geschehen vom 12. Mai 1993, nämlich das Treffen der rechten Hand durch die Ladeklappe des LKW W 50, nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die rechtlich wesentliche Bedingung für die Arthrose des rechten Handgelenkes war. Denn es spricht mehr gegen als für eine solche Kausalität.

Entscheidend gegen einen Zusammenhang spricht, dass ein einschlägig gesicherter Gesundheitserstschaden fehlt, der beweisrechtlich eine Brücke zu den beim Kläger gegenwärtig bestehenden Gesundheitsstörungen im Bereich des rechten Handgelenkes herstellen könnte. Aus dem unfallnahen Zeitraum liegen weder ärztliche Berichte noch Röntgenaufnahmen vor, die den erforderlichen Vollbeweis eines Gesundheitsschadens erbringen. Die Hausärzte Dipl.-Med./Dr. K haben in ihrem Befundbericht vom 24. Februar 2004 nur über seit dem Ereignis vom 12. Mai 1993 zunehmende Beschwerden im rechten Handgelenk berichtet. Damit haben sie lediglich ein nicht näher bestimmbares Ausmaß von Beschwerden wiedergeben, jedoch keinen dafür verantwortlichen Gesundheitserstschaden objektiv belegt. Dies gilt umso mehr für die schriftliche Auskunft von Herrn D , der das Ereignis vom 12. Mai 1993 im Wesentlichen übereinstimmend mit der Unfallanzeige des Arbeitgebers geschildert und von starken Schmerzen des Klägers seit dem Ereignis berichtet hat. Die Hausärzte konnten im Übrigen schon deshalb keine zeitnahen Befunde mitteilen, weil der Kläger nach dem Ereignis keinen Arzt aufgesucht hat. Der dem Ereignis vom 12. Mai 1993 zeitnächste Befund bezüglich des rechten Handgelenkes ist dem Arztbericht des Radiologen Dr. H vom 27. März 1996 über Röntgenaufnahmen beider Handgelenke vom 25. März 1996 zu entnehmen. Diese Röntgenaufnahmen sind also fast drei Jahre nach dem hier in Rede stehenden Ereignis erstellt worden. Sie können somit nicht mehr als zeitnah bezeichnet werden. Erst recht keine zeitnahen Befunde können die Dres. C L und H S in ihrem Bericht vom 9. Juli 1998 sowie Dr. H , der den Kläger am 7. Dezember 1998 – also mehr als 5 ½ Jahre nach dem angeschuldigten Ereignis – operiert hat, in seinem Durchgangsarztbericht vom 25. Januar 1999 mit Anlagen mitteilen. Erschwerend kommt hinzu, dass keine Röntgenaufnahmen aus der Zeit vor dem 12. Mai 1993 ermittelt werden konnten, die zum Vergleich mit den Röntgenaufnahmen vom 25. März 1996 hätten herangezogen werden können. Gegen einen Unfallzusammenhang spricht schließlich, dass der Kläger nach dem angeschuldigten Ereignis keinen Arzt aufgesucht hat.

Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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